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��Befreiungsnationalismus und Antiimperialismus

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Oglaigh na h�ireann -

Die Irisch-Republikanische Armee

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Verfasser: Richard Schapke

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Prolog

Vor mehr als zweieinhalb Jahren wurde in Belfast das Karfreitagsabkommen unterzeichnet, um den seit Jahrzehnten in Nordirland schwelenden B�rgerkrieg zu beenden. Seitdem entschwindet die Unruheprovinz zusehends aus dem Blickwinkel der �ffentlichkeit. Wie der spektakul�re Angriff der Real Irish Republican Army auf das Londoner Hauptquartier des britischen Auslandsnachrichtendienstes SIS zeigt, ist der Nordirlandkonflikt ungeachtet aller sch�nf�rberischen Berichte - zumeist wird die wahre Lage versch�mt verschwiegen - noch l�ngst nicht beendet. Grund genug, sich mit den Wurzeln und dem Ablauf des fast bis zur Jahrhundertwende zur�ckreichenden Konfliktes zwischen der Kolonialmacht England und der republikanischen Bewegung in Irland zu befassen.

Unter republikanischer Bewegung ist hier die f�r ein vereinigtes, unabh�ngiges und sozialistisches Irland eintretende politische Str�mung zu verstehen. Unionismus bezeichnet die durchaus rassistisch motivierte protestantische Zugeh�rigkeitsideologie zu Gro�britannien, und Loyalismus ist die militante Form hiervon.

Eingangs ist festzuhalten, da� die Umsetzung des Karfreitagsabkommens von 1998 vor allem durch die britische Seite auf sich warten l��t. Noch immer hat es keinerlei Reform der bei der katholisch-irischen Bev�lkerungsgruppe verha�ten Polizeitruppe RUC gegeben. Weiterhin geh�ren 92 % aller nordirischen Polizeibeamten protestantischen Konfessionen an, und zu normaler Polizeiarbeit ist diese paramilit�rische Antiterrortruppe nach wie vor nicht imstande. Fast alle Offiziere der RUC sind Mitglieder im freimaurerischen Orange Order, der eng mit der nordirischen Verwaltung und der gr��ten Unionistenpartei UUP verflochten ist. Zitat "S�ddeutsche Zeitung" vom 28. Oktober 2000: "Die RUC n�mlich, Nordirlands paramilit�rische Polizeitruppe, symbolisiert so ziemlich alles, was die protestantische Mehrheit in den Augen der lange Zeit unterdr�ckten und noch immer nicht wirklich gleichgestellten katholischen Minderheit so hassenswert gemacht hat. F�r die Katholiken ist die RUC ein brutales Instrument der Unterdr�ckung..."

Nur knapp 11 % der nordirischen Katholiken sind der Ansicht, sie w�rden von der RUC gleichberechtigt behandelt. Die festgeschriebenen Justizreformen sind bislang ausgeblieben, und angesichts der massiven Milit�rpr�senz in Tyrone, Fermanagh und South Armagh sowie in West Belfast mutet der vereinbarte Abzug der britischen Truppen aus Nordirland wie ein Hohn an. Seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 kam es zu mehr als 1000 gewaltsamen Zwischenf�llen, inbegriffen rund 300 Bombenanschl�ge und Anschlagsversuche - ohne Brandbomben und Sprengfallen. Die verschiedenen IRA-Gruppen und die INLA t�teten 41 Menschen (darunter befinden sich die 29 Opfer des Anschlages der Real IRA in Omagh), w�hrend auf das Konto der loyalistischen Paramilit�rs 27 Tote gehen.

Im Jahr 2000 hat sich die Zahl der Toten mit 20 gegen�ber dem Vorjahr mit 7 fast verdreifacht, hinzu kommen mindestens 2 Mordopfer in Irland selbst. Protestantische Gruppen verletzten 149 Personen durch Schu�waffengebrauch, die Katholiken 87. Hiervon entfielen 86 Verletzte auf loyalistische und 50 auf republikanische punishment shootings. Ferner wurden 223 Personen von Loyalisten und 129 von Republikanern zusammengeschlagen und dabei teilweise schwerstens verletzt. Hierbei handelt es sich nicht vorwiegend um Bestrafungsaktionen beider Seiten gegen kriminelle und asoziale Elemente der eigenen community, sondern mehrheitlich um �bergriffe gegen die andere Bev�lkerungsgruppe - die Loyalisten unterzogen 72 Kriminelle einem punishment beating, die Republikaner 54. W�chentlich werden mittlerweile 5 solcher Vorf�lle in Nordirland gez�hlt. Mindestens 820 Menschen suchten Hilfe, weil sie von loyalistischen oder republikanischen Paramilit�rs bedroht wurden - 39 von ihnen zogen es anschlie�end vor, Nordirland zu verlassen. Die Gerichte erhoben seit Anfang 2000 Anklage gegen 131 Loyalisten und 47 Republikaner.

Im Jahr 1995 befanden sich innerhalb der sechs Grafschaften Nordirlands 250.000 Feuerwaffen - bei etwas mehr als 1,5 Millionen Einwohnern! Auf private und zumeist protestantische Waffenscheininhaber entfielen 140.000 dieser Schu�waffen - eine von London stillschweigend geduldete B�rgerkriegsarmee in Reserve. Die nordirischen Protestanten sind die am besten bewaffnete Volksgruppe in Westeuropa. Derzeit arbeiten 38.000 Menschen �berwiegend protestantischer Herkunft im Sicherheitssektor. Zu den rund 14.000 Beamten der RUC kommen noch die 5700 Mann des Royal Irish Regiment RIR, einer unionistisch gesonnenen Truppe.

Auch die unl�ngst verabschiedete Human Rights Act hinterl��t beim Gros der Katholiken nur Bitterkeit. In den Gerichten sitzen noch immer dieselben Juristen, die w�hrend des B�rgerkrieges republikanische Widerstandsk�mpfer vor rechtsstaatlichen Prinzipien hohnsprechenden Sondergerichten (Diplock Courts) aburteilten und in die Hochsicherheitstrakte steckten. Die belastenden Aussagen kamen von Polizeibeamten, die auf Befehl ihrer Vorgesetzten Meineide ablegten. Ohne eine komplette Reorganisation der Strafjustiz und der Polizei wird das Menschenrechtsgesetz sinnlos sein, und mit derartigen Schritten ist angesichts der Haltung von Unionisten und Briten kaum zu rechnen. Die g�lische Sprache darf vor Gericht weiterhin nicht benutzt werden. Noch immer hat kein Gericht, hat kein Staatsanwalt etwas unternommen, um die Umfunktionierung loyalistischer Paramilit�rs zu Todesschwadronen durch MI-5, die RUC Special Branch oder die Force Recognition Unit der britischen Armee zu ahnden.

Unver�ndert miserabel ist der soziale Status der breiten Masse der nordirischen Katholiken - ungeachtet der Tatsache, da� sich vor allem in den l�ndlichen Gegenden und den Stadtzentren ein aufstrebendes katholisches B�rgertum gebildet hat. In North Belfast ist es noch immer unm�glich f�r katholische Familien, von der Housing Executive Sozialwohnungen zugeteilt zu bekommen. Derzeit sitzen fast 800 solcher Familien wohnungslos auf der Stra�e oder in Notunterk�nften (bei 1500 leerstehenden Wohnungen) - das entspricht 80 % aller Wohnungssuchenden in North Belfast. Auch nach offiziellen Angaben werden die Gesuche von Protestanten ungleich schneller bearbeitet, ferner verhindern die Drohungen loyalistischer Paramilit�rs die Wohnungszuweisung an Katholiken. Noch immer liegt die �berwiegende Mehrzahl aller nordirischen Krankenh�user in den mehrheitlich protestantischen Gebieten im Osten der Provinz, so da� auch auf diesem Sektor die Katholiken benachteiligt sind.

Bei der Volksz�hlung von 1991 wurden je nach Lesart zwischen 38 und 47,8 % der nordirischen Bev�lkerung als Katholiken ausgemacht. Die Unterschiede resultieren daraus, da� viele Katholiken es aus Furcht vor den von britischen Nachrichtendiensten ferngesteuerten loyalistischen Todesschwadronen nicht wagten, ihre Konfessionszugeh�rigkeit anzugeben. Mehr als 50 % der Bev�lkerung waren unter 16 Jahre alt, und 46 % aller Kinder unter 10 Jahren waren irisch-katholischer Herkunft. In Belfast waren 36 % aller Katholiken unter 20 Jahre alt gegen 23 % bei den Protestanten. Mittlerweile werden 60 % des nordirischen Territoriums mehrheitlich von Katholiken bewohnt, und westlich des Bann River sind bereits 70 % der Schulkinder katholisch-irischer Herkunft.

1993 stellten Katholiken in 45 der 50 Kommunalwahlkreise mit den h�chsten Arbeitslosenquoten die Bev�lkerungsmehrheit, w�hrend die Protestanten die 80 Wahlkreise mit den niedrigsten Quoten dominierten. Damals waren 28,4 % aller katholischen M�nner arbeitslos, w�hrend die landesweite Quote 12,8 % betrug. Im katholischen Derry-Brandywell waren 60 % aller M�nner arbeitslos, im Belfaster Falls-Viertel 58 %. 1996 gab es im vornehmlich katholischen Strabane 17,4 % Arbeitslose, von denen jedoch 60 % Langzeiterwerbslose waren - 30 % sa�en seit mehr als 5 Jahren ununterbrochen auf der Stra�e. Die Arbeitslosigkeit ist im Jahr 2000 in Nordirland zwar auf 8 % gefallen, aber im katholischen West Belfast liegt die Quote noch immer bei 24 %. Jeder dritte m�nnliche Katholik in Nordirland ist arbeitslos. Die Wahrscheinlichkeit der Arbeitslosigkeit ist f�r Katholiken um 250 % h�her als f�r Protestanten.

In Westbelfast sind noch immer 75.000 Katholiken in einem riesigen Ghetto konzentriert. Noch immer trennen hier 16� peace lines die Katholiken vom Rest der Stadt. Von den 51 Kommunalwahlkreisen in Belfast sind 16 zu mehr als 95 % protestantisch und 11 zu mehr als 95 % katholisch. 35 der Wahlkreise haben konfessionelle Mehrheiten von 90 % und mehr. 1994 arbeiteten 38 % der Berufst�tigen in Betrieben, die zu wenig Katholiken eingestellt hatten. Der EU-Parlamentsausschu� f�r Soziale Fragen, Besch�ftigung und Arbeitsentwicklung kam zu dem Ergebnis, trotz hochkar�tiger Antidiskriminierungsgesetze k�nne von einer substantiellen Verbesserung der Besch�ftigungssituation nordirischer Katholiken keine Rede sein.

"Als wichtigstes Ergebnis der skizzierten Geschichte des irischen Nordens ist festzuhalten, da� es heute in Nordirland einen verh�ngnisvollen Zusammenhang zwischen Konfessionszugeh�rigkeit, politischer Einstellung und politischem Einflu� sowie sozialem und �konomischem Status gibt. Die objektive Existenz einer vertikal gespaltenen Gesellschaft wird von niemand bestritten; ihre Auswirkungen sind offensichtlich und so tiefgreifend, da� bisjer jeder Versuch, die Kluft zwischen Protestanten und Katholiken zu �berbr�cken, gescheitert ist." (Klaus Stadler)

"Dies �ndert allerdings nichts daran, da� Nordirland ein repressives Land ist, in dem eine paramilit�rische, politisch einseitige und zu �ber 90 % protestantische Polizei f�r 'law and order' sorgt; da� Nordirland noch immer von einer mut- und visionslosen britischen Regierung verwaltet wird, die den nordirischen B�rgern, Katholiken wie Protestanten, mit tiefem Mi�trauen und elit�rer Arroganz begegnet; da� viele nordirische Politiker nach wie vor Frieden und Vers�hnung mehr f�rchten als Spaltung und Krieg. Und die Kluft zwischen den beiden Bev�lkerungsgruppen haben auch die Waffenstillst�nde kaum verringern k�nnen. Nordirland ist und bleibt eine Apartheidgesellschaft, in der sektiererische Institutionen und Strukturen t�glich aufs Neue sektiererisches Bewu�tsein produzieren." (Dietrich Schulze-Marmeling)

Abgesehen von den �blichen Auseinandersetzungen unter Drogengangs aus dem loyalistischen Milieu und den zunehmenden Spannungen innerhalb des republikanischen Lagers listen wir hier die Vorf�lle der vergangenen Wochen auf: In Belfast wurde ein 14j�hriger katholischer Sch�ler von RUC-Beamten sexuell bel�stigt. Eine von der loyalistischen UDA gelegte Sprengfalle verletzte einen katholischen Angler. In der Belfaster Divis Road bedrohen britische Soldaten die katholische Bev�lkerung. Katholische Schulkinder sind auf dem Heimweg noch immer nicht sicher vor gewaltt�tigen Angriffen durch Protestanten; in Belfast wurden gar zwei Kinder verletzt, als Randalierer ihren Schulbus mit Steinen bombardierten. Nach einem Fu�ballspiel gegen einen katholischen Verein st�rmte ein loyalistischer Mob aus der Shankill Road das Spielfeld, ohne von der anwesenden RUC in irgendeiner Form behindert zu werden. Die M�rder des Teenagers Peter McBride dienen noch immer unbehelligt in der britischen Armee. Im Gro�raum Belfast hat wieder die Vertreibung katholischer Arbeitnehmer aus traditionell protestantischen Betrieben begonnen, wobei man renitenten Katholiken schon mal mit Schu�waffen Beine macht. In Coleraine wurde ein Katholik von Loyalisten �berfallen und schwer verletzt (Quellen "An Phoblacht/Republican News" sowie RM Distribution).

Angesichts dieser Situation ist es nicht verwunderlich, da� viele Katholiken Sinn F�in, ehemals die Tr�gerin des republikanischen Widerstandes, als vom britischen System korrumpiert betrachten und sich den erstarkenden radikalen Gruppierungen wie Real IRA und Continuity IRA zuwenden. Wenn britische Regierung und Unionisten nicht mehr Entgegenkommen und vor allem echte Reformbereitschaft zeigen, ist in absehbarer Zeit mit einer erneuten Eskalation des Nordirland-Konfliktes zu rechnen, da die Unzufriedenheit auch an der Basis der Provisional IRA dramatisch w�chst.

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Literaturhinweise:

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Weitere Teile �ber die Irisch-Republikanische Armee:

Die Irisch-Republikanische Armee:�Teil 1�- Die Wurzeln des Nordirlandkonfliktes

Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 2 -�Osteraufstand, B�rgerkrieg und Zwanziger Jahre

Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 3 - Drei�iger Jahre, Zweiter Weltkrieg und Wiederauferstehung
Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 4 - Der Weg in den B�rgerkrieg
Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 5 - B�rgerkrieg in Nordirland
Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 6 - Hungerstreik

Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 7 - Waffen und Wahlurnen

Die Irisch-Republikanische Armee: Teil 8 - Der Weg zum Karfreitagsabkommen

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Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch:

Gewaltverzichtserkl�rung der Provisional IRA [von Richard Schapke]

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