Zeitgeschichte
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Falange Espanola - Nationalsyndikalismus in Spanien
Teil 7: Zweiter Weltkrieg - die letzte Chance (1939)
Verfasser: Richard Schapke, im Oktober 2004
Bei Kriegsausbruch erklärte sich Spanien, entsetzt über den Hitler-Stalin-Pakt, für neutral. Franco nutzte jedoch im Sommer 1940 die Lage, um Tanger zu annektieren und erklärte sich als „nicht kriegführend“. Pressionen der Briten (Spanien war von amerikanischen Treibstoff- und Nahrungsmittellieferungen abhängig) verhinderten einen Kriegseintritt, eine gewichtige Rolle spielte natürlich auch die mangelnde Bereitschaft Hitlers, auf Francos zu Lasten Frankreichs gehende Forderungen einzugehen.
Die ersten Jahre des Zweiten Weltkrieges sahen eine Phase heftiger Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Fraktionen des Franco-Regimes. Zu nennen sind hier die radikalen Altfalangisten, Serrano Suners „faschistische“ Neofalangisten, autoritäre Militärs und Technokraten sowie klerikal-konservative Zirkel. In Verwaltung und Regierungsposten herrschte eine klare Dominanz der Streitkräfte, aber dichtauf kam die Falange. Zunächst kann man von einer Koherrschaft beider Gruppierungen sprechen. Die FET entwickelte sich zur Massenorganisation mit 650.000 Mitgliedern, auf dem Höhepunkt 1942 waren es sogar 932.000. An die Stelle der radikalen Kampfgruppen der mittleren 30er Jahre trat jedoch eine ineffektive, uninteressierte, opportunistische Masse. Der Aufbau eines straffen Organisationssystems nach deutschem Vorbild scheiterte. Vorgesehen waren Distrikte, Sektionen, Straßenbeauftragte und Blockwarte in den größeren Städten. Vor allem bei den Altmitgliedern machte sich bald Frustration breit, sie zogen sich aus dem politischen Kampf zurück.
Denkfabrik der Bewegung sollte ein Institut für Politische Studien werden, doch dieses operierte weitgehend im luftleeren Raum. Hervorzuheben ist der radikalfalangistische Ansatz, nachdem der Faschismus nichts anderes als die Nationalisierung der Ideen von Karl Marx sei. Zu erwähnen ist auch Juan Beneyto Pérez als spanischer Propagandist des Führerprinzips. Laín Entralgo definierte den Falangismus 1941 als Bestandteil der nationalproletarischen Revolution, zu der auch Faschismus und Nationalsozialismus zu rechnen waren. Das unter José Miguel Guitarte wiederbelebte Studentensyndikat SEU agitierte gegen die reaktionären Tendenzen in Franco-Spanien, vor allem Generalsekretär Enrique Sotomayor forderte die nationalsyndikalistische Jugendfront.
Bei Ausbruch des Weltkrieges kontrollierte die Falange sieben Ministerien. Ramón Serrano Suner fungierte als Innenminister und Chef der zum Regierungsorgan erhobenen Junta Política. Alfonso Pena Boeuf war Minister für öffentliche Arbeiten, Oberst Juan Beigbeder bekleidete des Außenministerium, General Juan Yagüe das Luftwaffenministerium. Minister ohne Fachbereich waren FET-Generalsekretär General Agustín Munoz Grandes (zugleich auch Chef der Parteimiliz), sein Vize Pedro Gamero del Castillo und Rafael Sánchez Mazas als Vizevorsitzender der Junta Política. Weitere Falangisten in wichtigen Positionen waren José Antonio Girón als Chef des Veteranenverbandes und Manuel Valdéz Larranaga als Unterstaatssekretär für Arbeit. In der Regierung saß kein einziger Altfalangist, obwohl Yagüe und Munoz Grandes den radikalen Althemden nahe standen. In der Junta Política befanden sich mit Dionisio Ridruejo, Miguel Primo de Rivera (Parteichef Madrid) und José María Alfaro nur drei Althemden, im Consejo Nacional stellten die Altfalangisten unter den 100 Mitgliedern nur 24 Vertreter.
Bei den Altfalangisten herrschte massive Unzufriedenheit mit der unter Franco betriebenen faktischen Restauration der vorrepublikanischen Zustände. Hauptprofiteure des Regimes waren die Militärs, die Kirche, die Großgrundbesitzer, die Monopolbourgeoisie und die mit beiden eng verflochtene Finanzoligarchie. Für Unmut in den Reihen der radikalen Nationalsyndikalisten sorgte nicht zuletzt die Innenpolitik Francos. Am 7. September 1939 stellte ein Gesetz die großagrarischen Besitzverhältnisse von vor 1931 wieder her. An die Stelle von Agrarreform und sozialer Umstrukturierung trat die innere Kolonisation. Das Gründungsverbot für neue Banken vom 17. Mai 1940 leitete einen massiven Konzentrationsprozess des Finanzkapitals ein. Eine Steuerreform erhöhte lediglich die Verbrauchssteuern und schonte die besitzenden Klassen. Franco strebte nach einem Konkordat mit dem Vatikan und ordnete sehr zum Unwillen der latent antiklerikalen Linksfalangisten die Steuerfinanzierung der ohnehin schon steinreichen katholischen Kirche an.
Den falangistischen
Vorstellungen ansatzweise entgegen kam die Wirtschaftspolitik des Regimes.
Ein Gesetz vom 24. Oktober 1939 sah vor, dass für „nationale Belange“
bedeutsame Industrien einen Sonderstatus erhalten konnten. Einerseits kamen
sie in den Genuss erheblicher Privilegien, andererseits erhielt der Staat
das Recht, direkt in die Unternehmensentscheidungen einzugreifen. Unter den
nationalen Belangen war zunächst der erst Ende der 40er Jahre abgeschlossene
Wiederaufbau des verwüsteten Landes zu verstehen, daneben auch die autarkistische
Ausrichtung der Wirtschaft und die Landesverteidigung. Bereits am 8. September
hatte Franco die Errichtung neuer Industriebetriebe und die Umrüstung
bestehender Firmen genehmigungspflichtig gemacht. Importe konnten nur noch
mit Lizenzen des Handels- und Industrieministeriums getätigt werden.
Faktisch wurden nur noch die allernotwendigsten Rohstoffe und Ausrüstungsgüter
eingeführt - das Regime strebte schon jetzt Importsubstitution
und nachholende Industrialisierung an. Am 24. November 1939 wurden die maximalen
Auslandskapitalbeteiligungen auf 2% begrenzt und die Stimmrechte ausländischer
Kapitaleigner beschränkt. Nichtspanische Produkte durften nur noch mit
Ausnahmegenehmigung verwendet werden, was auch für Importe galt. Grundsätzlich
war die Errichtung staatlicher Betriebe vorgesehen, die jedoch Privatunternehmen
keine Konkurrenz machen durften - es sei denn, diese wirtschafteten
unrentabel. Im Januar 1941 erfolgte die Verstaatlichung aller Eisenbahngesellschaften,
die zum Verkehrsunternehmen RENFE zusammengefasst wurden.
Bedeutsam war das Gesetz über die Einrichtung des Nationalen Industrie-Institutes INI vom 25. September 1941, das eine staatliche Holding- und Investitionsgesellschaft schuf. Madrid schwebte eine direkte Form des staatlichen Interventionismus durch Gründung und Kauf von Betrieben bzw. Erwerb von Kapitalbeteiligungen und weitreichende Vollmachten bis hin zu Enteignungen und zur Stillegung ganzer Industriezweige vor. Der noch vor Kriegsende erarbeitete Grundplan enthielt Neubauprojekte vor allem in den Grundstoffindustrien und allgemeinen Industrien. Ziel war die Stärkung grundlegender Industrie- und Wirtschaftsbereiche (Stickstofferzeugung, Kunstfaserherstellung und Baumwollanbau, ausdrücklich auch bei unrentablen Projekten. Durch die Initiativen des INI sollten die militärische Verteidigung gestärkt, die wirtschaftliche Autarkie erreicht und die privatkapitalistischen Monopole bekämpft werden. Bezeichnenderweise stand der Staatskonzern unter militärischer Leitung, erst in den 50ern wurde er an die Ministerialbürokratie abgegeben. Zunächst wies das INI einen geringen Anteil an den Investitionen auf, aber ab Ende der 40er war ein rapider Anstieg auf 11,1 % im Jahre 1957 zu verzeichnen, was einer Versiebzehnfachung gleichkam.
Weiterhin
zerfiel Spanien in drei verschiedene Grund-Stücke. Im Landesinneren befand
sich die landwirtschaftliche Zone, gekennzeichnet von extensiver Erzeugung
von Produkten mit großem Weltverbrauch. Die Produktivität war niedrig,
man produzierte vorwiegend für den Binnenmarkt und Agrarbetriebe konnten
nur durch protektionistische Maßnahmen überleben. An den Küsten
lag die
Industriezone (Katalonien, Nordspanien, Baskenland), welche infolge von Kostenstruktur,
geringer Betriebsgröße und mangelhafter Produktivität ebenfalls
für den Binnenmarkt produzierte und ebenso auf Protektionismus angewiesen
war. Zuletzt ist noch die ebenfalls am Mittelmeer gelegene Peripherie zu nennen.
Sie konsumierte zu hohen Preisen die Erzeugnisse des Inlandes und exportierte
ihre Erzeugnisse (Gartenfrüchte) auf den Weltmarkt. Durch ihre Exportgewinne
ermöglichte sie den Großteil der Importe und war essentiell für
einen wirtschaftlichen Aufbau aus eigener Kraft. Allerdings waren diese Exporte
stark von den Schwankungen des Weltmarktes abhängig, was sich naturgemäß
während des Krieges verheerend bemerkbar machte. Kapitalakkumulation
erfolgte auch durch die Großgrundbesitzer, die ihre Profite bei den
Großbanken anlegten. Zudem sammelten die Banken Kapital an, da infolge
eingefrorener Preise und mangelnder Konsummöglichkeiten der Arbeitnehmerschaft
„Zwangssparen" verordnet wurde. Bedeutend war ferner der Export
kriegswichtiger Legierungsmetalle wie Blei, Zink, Quecksilber und vor allem
Wolfram - Deutschland war zum wichtigsten Handelspartner geworden und
hatte aus militärischen, außenpolitischen und wirtschaftlichen
Gründen ein nicht unerhebliches Interesse an der innenpolitischen Entwicklung
in Spanien, die verschiedene staatliche und parteiliche Dienststellen zu ihren
Gunsten zu beeinflussen versuchten.
Vor diesem Hintergrund traten die Unentwegten in den Reihen der Falange zum letzten Gefecht für die nationalsyndikalistische Neuordnung Spaniens an. Erstmals gewannen in dieser Phase die bislang eher diffusen Vorstellungen von einem nationalsyndikalistischen Staat konkrete Form, und mit dieser Entwicklung ist die Person Gerardo Salvador Merinos untrennbar verbunden. Salvador Merino wurde am 9. September 1939 als delegado nacional zum Chef der falangistischen Syndikate ernannt. Der neue Führer der Falange-Gewerkschaften, ein Altfalangist, schreckte auch vor massiven öffentlichen Drohungen an die Adresse der reaktionären Bourgeoisie nicht zurück. Als ehemaliger Parteigänger Manuel Hedillas verfügte er durchaus über Ansehen in den Reihen des Proletariats. Salvador Merino sah in den Syndikaten ein Instrument, um den Landarbeitern und dem Industrieproletariat ein Mitbestimmungsrecht gegenüber der Finanzoligarchie zu erkämpfen. Er hielt sich mit seinem Planungsstab geschickt aus den innerparteilichen Machtkämpfen heraus und knüpfte wertvolle Kontakte zur in Spanien einflussreichen NSDAP-AO und zu den Falange-Generalen Munoz Grandes und Yagüe. Zunächst wurden die Syndikate jedoch vom Arbeitsministerium abgekoppelt und verloren damit den Großteil ihrer Autorität. Franco konzipierte die „Gewerkschaften“ als tarifliches Kontrollorgan eines Systems, das die Privilegien der Oberschicht nicht anrührte und als Vollzugsorgan für sozialpolitische Maßnahmen. Immerhin erhielten sie das beschlagnahmte Vermögen der linken Arbeiterorganisationen. Ein weiteres Warnungszeichen für die Altfalangisten war der Sturz Sotomayors: Der SEU-Generalsekretär forderte am 1. November 1939 in Madrid die Bildung einer revolutionären Jugendfront zum Kampf gegen Klerikalismus, Bourgeoisie und Reaktion. Fortan standen seine Veröffentlichungen unter Zensur, er selbst wurde aus allen Ämtern entlassen. Vor diesem Hintergrund mutet es geradezu widerwärtig an, dass auf Geheiß Francos am 20. November der Leichnam José Antonios unter großem Pomp von Alicante in den Escorial überführt wurde. Der Caudillo sollte sogar behaupten, der von den Roten ermordete Parteigründer habe ihn testamentarisch zu seinem Nachfolger bestimmt.
Im Dezember 1939 bildeten frustrierte Alte Kämpfer um Oberst Emilio Tarduchy eine illegale Junta Política, die Kontakte zu General Yagüe, dem neuen Luftfahrtminister José Antonio Girón und dem NSDAP-AO-Landesgruppenleiter Hans Thomsen aufnahm. Als informelles Netzwerk der Unzufriedenen entstand die Falange Autónoma, die in den kommenden Jahrzehnten mehrfach wieder aufleben sollte. Anfang 1941 stellte die illegale Junta Política ihre Aktivitäten frustriert ein, wobei der falangistische Untergrund auf regionaler Ebene weiter arbeitete. Ein Teil der Unzufriedenen wurde durch die Zustände in Franco-Spanien so weit radikalisiert, dass er sich linksradikalen Widerstandsgruppen anschloss.
Am 4. Januar 1940 führte Franco den nächsten Schlag gegen die SEU, indem er die katholischen und karlistischen Studentenorganisationen in das Studentensyndikat integrierte. Durch diese Verwässerung mit reaktionären Elementen sollte Guitarte der nationalsyndikalistische Zahn gezogen werden. Der Studentenführer setzte seinen Kampf dennoch fort. Er strebte weiterhin nach der totalen Kontrolle der Universitäten und betrieb den Aufbau einer studentischen Miliz. Das SEU-Organ „Haz“ wetterte weiter gegen die in Spanien grassierende Konterrevolution. Immerhin konnte das Syndikat rund 53.000 Studenten erfassen, bis ab 1942 der Niedergang einsetzte und das Regime 1943 zur Pflichtmitgliedschaft greifen musste.
Das Gesetz über die Syndikate vom 26. Januar 1940 definierte diese als Organ der staatlichen Wirtschaftslenkung, wobei das Syndikatssystem weitaus weniger total war als in der falangistischen Konzeption. Sie beschränkten sich auf die wichtigsten Industrien, und Beamte, Freiberufler und Hausbedienstete waren von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen. Über die Syndikate erfolgte die Zentralisierung der Kontrolle einzelner Wirtschaftszweige und Wirtschaftsregionen, zum anderen die organisatorische Zusammenfassung von Unternehmern und Lohnabhängigen. Das neue Ministerium für Organisation und Aktion der Syndikate blieb an Planung und Lenkung des Ministeriums für Handel und Industrie gebunden. Die Gewerkschaften hatten offiziell keine ideologisch-politische Grundlage mehr, blieben aber die Hochburg der Altfalangisten. Salvador Merino wollte die Syndikate zur Kernstruktur eines sowohl Marxismus wie Kapitalismus überwindenden Gesellschaftssystems machen. Dafür mussten nach seinen eigenen Worten „die Forderungen der Werktätigen befriedigt und die Syndikate die mächtigste zivile Institution Spaniens werden". Am 3. Mai 1940 kündigte der delegado nacional mehr oder weniger eigenmächtig an, die Syndikate würden die Zuständigkeit für Preiskontrolle und Wirtschaftsintervention übernehmen. Zudem proklamierte er die Einrichtung eines umfangreichen Sozialwerks zur Gewinnung der Arbeiterschaft. Als Ende Mai in Madrid riesige nationalsyndikalistische Kundgebungen stattfanden, zeigte sich selbst das Militär beunruhigt. Vor allem Kriegsminister Varela war entschlossen, dem Treiben der Parteilinken ein Ende zu machen.
Mitte Juni wurde die „Presse der Bewegung“ als falangistischer Medienkonzern gegründet, der bald rund 60 Zeitungen und Zeitschriften kontrollierte. Zwar war das politische und propagandistische Niveau - von Franco gewollt - niedrig, aber um Ridruejo, Entralgo, Foxá und den eher konservativen Pemán entstanden einflussreiche Intellektuellenzirkel. Zentrum falangistischer Kulturpoilitik wurde die Monatszeitschrift „Escorial“ um Ridruejo und Entralgo. Das Blatt propagierte den Faschismus als die Revolution der Moderne, durch die eine neue Epoche begründen werden sollte.
Die Spannungen zwischen der Partei und dem Staatschef trieben am 28. Juni 1940 einer ersten Eskalation zu. Generalsekretär Yagüe forderte mit einer Reihe altfalangistisch gesonnener Offiziere unumwunden die Entlassung Serrano Suners und die Reorganisation der Falange zu einer schlagkräftigen und ihrem alten Programm verpflichteten Staatspartei. Franco enthob den Meuterer sofort seines Amtes und ließ ihn unter Hausarrest stellen. Generell steigerte sich das Selbstbewusstsein der Radikalen, da die Deutschen gerade Frankreich überrannt hatten und der Nationalsozialismus faktisch Herr über Europa war. Die innenpolitische Lage wurde nicht zuletzt infolge von wirtschaftlichen Problemen verschärft. Da Spaniens Führung aus zahlreichen verschiedenen Fraktionen bestand, zwischen denen Franco lavierte, war eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik unmöglich. Hinzu kamen schwere Korruptionsfälle bei in die Nahrungsmittelverteilung verwickelten unteren Parteistellen. Die Militärs lasteten die strukturellen Wirtschaftsprobleme der falangistischen Ideologie an und forderten gar eine Restauration der Monarchie, während die Falangisten mit dem zutreffenden Hinweis auf die divergierenden Interessen in der Wirtschaftspolitik konterten. Serrano Suner wollte Salvador Merino nun ins Kabinett einbinden und als Arbeitsminister bändigen. Der selbstbewusste Arbeiterführer forderte jedoch darüber hinaus den vakanten Posten des Falange-Generalsekretärs und das Innenministerium. Da die Erfüllung dieser Forderungen den Konkurrenten zu einem der mächtigsten Männer Spaniens gemacht hätte, lehnte der selbst nach der Macht strebende Serrano Suner ab. Mit der Übernahme auch des Außenministeriums an 17. Oktober 1940 strebte er dem Höhepunkt seiner Karriere zu - Endziel war der Posten des Ministerpräsidenten.
Ein Gesetz vom 6. Dezember 1940 rief die Jugendfront als diffuse Massenorganisation ohne klare ideologische Ausrichtung ins Leben. Die von José Antonio Elola geleitete Jugendfront erfasste die Kinder aller Parteimitglieder. Als harten Kern organisierten die Falangisten die freiwilligen Falanges Juveniles de Franco, die jedoch nie mehr als 18 % der Jungen und 9 % der Mädchen erfassen konnten. Unterstützend richtete die Frauenorganisation der Bewegung, die Sección Féminina, rund 1200 Jugendzentren ein.
Am gleichen Tag erging das Gesetz über die Grundlagen der Syndikatsorganisation. Alle spanischen Erzeuger galten fortan als Glieder der nationalen und syndikalistischen Gemeinschaft. Die Syndikate finanzierten sich durch von den Unternehmen abzuführende Pflichtbeiträge (2 % des Bruttolohnes). Offiziell war es verboten, dass diese rein unternehmerseitigen Beiträge auf die Preise abgewälzt wurden. In den Betrieben waren fortan die enlaces sindicales als Vertrauensleute zu wählen. Sie fungierten als Interessenvertreter und Sprecher der Arbeitnehmerschaft eines Betriebes, die sie gegenüber dem Unternehmer und dem Syndikat vertraten. Die Falangisten installierten darüber hinaus in den Großbetrieben die Juntas de Jurados als eine Art illegalen Betriebsrat. Sie werden erst per Gesetz vom 18. August 1947 legalisiert und allgemein eingeführt. Die Führungsrolle der Falange in den Syndikaten wurde festgeschrieben. Jedes Syndikat fasste die Produktionselemente der Unternehmer (Wirtschaft) sowie der Techniker und Arbeiter (Soziales) eines Wirtschaftszweiges zusammen. Zentralorgan wurde die Nationale Syndikats-Delegation. Salvador Merino schwebte vor, durch die Aufwertung der Syndikate zum Zentrum des politischen Lebens Partei und Verwaltung zu entmachten und die Nationale Syndikats-Delegation zum „Parlament“ Spaniens zu erheben - womit er sich in äußerster Nähe zum Anarcho-Syndikalismus befand. Als vertikale Einrichtungen sind die 25 Nationalen Syndikate und die National-Syndikalistischen Zentralen der Provinzen zu nennen. Sie waren die Führungsinstrumente und hatten die Anweisungen der Falange-Zentrale durchzusetzen. Die Aufgaben der Provinzialzentralen lauteten: „1. Die soziale Disziplin der Erzeuger auf der Grundlage der Prinzipien von Einheit und Zusammenarbeit herstellen. 2. Ihre Mitglieder gesetzlich zu vertreten. 3. Für die Schlichtung von individuellen Arbeitskonflikten sorgen als obligatorisches Verfahren vor einer Übergabe an das Arbeitsgericht. 4. Für die berufliche Aus- und Weiterbildung und für eine angemessene Verteilung der Arbeitskräfte sorgen. 5. Im jeweiligen Bereich zum Funktionieren der Einrichtungen wie Arbeitsamt, für Zusammenarbeit, Fürsorge, Kredit usw. beitragen oder sie gegebenenfalls einzurichten im Rahmen der von der Provinzialdelegation der Syndikate festgesetzten Normen. 6. Bei der Aufstellung von Statistiken über Arbeits- und Produktionsbedingungen, Marktlage usw. mitarbeiten. 7. Das Funktionieren der örtlichen Syndikate anleiten und überwachen." Für die Nationalen Branchensyndikate galt: „1. Der Regierung Vorschläge machen für die zur Disziplin und Förderung der Produktion, die Erhaltung und Verteilung der Produktion sowie für die Regulierung ihrer Preise nötigen Anweisungen. 2. Der Nationalen Syndikats-Delegation bei der Erarbeitung von Vorschlägen zur Reglementierung der Arbeit beizustehen. 3. Über die unteren Syndikate disziplinarische Gewalt ausüben. 4. Jede Initiative zur besseren Produktionsorganisation fördern und unterstützen. 5. In den jeweiligen Bereichen kooperative Aktivitäten in Produktion und Verteilung fördern, anleiten und gegebenenfalls selbst entwickeln..." Chef des einflussreichen Apparates war der Nationale Syndikatsdelegierte (Salvador Merino), welcher natürlich von Franco ernannt wurde.
Anfang 1941 trieben die Dinge ihrer endgültigen Eskalation zu. Serrano Suner geriet unter den Druck der radikalen Reformer-Kreise, die ihn zu innenpolitischen Konsequenzen und zum Handeln gegen das Erstarken von Wirtschaftskreisen, Armee und Reaktion aufforderten. Zu nennen sind hier vor allem Salvador Merino, Miguel Primo de Rivera als jefe provincial von Madrid, Demetrio Carceller als Minister für Industrie und Handel und Dionisio Ridruejo als Propagandachef. Der Reformerkreis verlangte ultimativ vom vermeintlich starken Mann der Bewegung, Franco die direkte Kontrolle über die Falange zu entreißen, die Partei zu festigen und ihr die Führungsrolle im Staat zu verschaffen - oder auf seine pseudofalangistischen Posen zu verzichten und sich offen als Reaktionär zu bekennen. Franco sollte auf den repräsentativen Posten des Staatspräsidenten abgeschoben werden. Serrano Suner war als Ministerpräsident und Außenminister vorgesehen, sollte aber die Ministerien für Inneres und Erziehung an radikale Falangisten vergeben. Die Ministerien für Landwirtschaft, Handel und Industrie sollten zu einem funktionierenden Wirtschaftsministerium zusammengeschlossen werden. Zudem forderten die Parteirebellen die Säuberung von Verwaltung und Partei von den Günstlingen Serrano Suners. Bei Nichterfüllung drohten sie aktive Sabotage der Regierungs- und Verwaltungsarbeit und passive Schwächung der Partei durch Massenaustritte an. Serrrano Suner stand vor einem Dilemma: Sollte er als Kopf der Reformer Ministerpräsident werden oder das Ziel alleine anstreben?
Das politische Gewicht Salvador Merinos steigerte sich noch weiter, als er auf Betreiben der NSDAP-AO propagandawirksam ins Reich eingeladen wurde. Hier besichtigte er Anfang Mai 1941 Einrichtungen und Organisationsstruktur der Deutschen Arbeitsfront und traf mit Robert Ley und Joseph Goebbels zusammen. Eine Begegnung mit Rudolf Hess entfiel, da dieser sich auf seine nebulöse Friedensmission nach England begab. In Berlin machte Salvador Merino ein Angebot an Goebbels: Ein nationalsyndikalistisches Spanien könnte auf deutscher Seite in den Krieg eintreten. Hierfür war allerdings deutscher Druck auf Franco vonnöten, damit der Militärdiktator den Reformern den Weg freimachen und der Entmachtung Serrano Suners zustimmen würde. Zur gleichen Zeit forderten Miguel und Pilar Primo de Rivera Franco ultimativ auf, die Rolle der Falange zu stärken und eine Belebung der amorphen Partei zu gestatten. Serrano Suner trat die Flucht nach vorn an und attackierte öffentlich in scharfen Worten den politischen Stillstand und den Vormarsch der Reaktion.
Franco, in seiner phlegmatischen Haltung in innerparteilichen Fragen an Hitler erinnernd, sah sich nun zum Handeln genötigt. Am 5. Mai entzog er seinem Schwager Serrano Suner das Innenministerium und ernannte Oberst Valantín Galarza zum Nachfolger. Die Schwächung Suners nahm den Reformern den Wind aus den Segeln und provozierte - wie von Franco beabsichtigt - eine Regierungskrise. Sage und schreibe 10 jefes provinciales traten aus Protest zurück, und „Arriba“, das Organ der Madrider Falangisten, griff den neuen Innenminister heftig an. Die Militärs forderten Genugtuung und gaben Franco den Grund, einige weitere missliebige Mitarbeiter Serrano Suners zu entlassen (der keinerlei Rückendeckung von den Altkadern erhielt). Der Diktator beließ ihm dennoch das Außenministerium, dazu die vom Innenministerium abgetrennte Propaganda- und Presseabteilung, da Franco ihn als Gegengewicht gegen die monarchistischen Generäle benötigte. Zur Besänftigung der Altfalangisten trennte der angeschlagene Suner sich von einer Reihe besonders kritisierter Parteigänger. Umgekehrt ging er zusammen mit Franco gegen den Reformerkreis vor und zerschlug ihn durch eine Reihe von Versetzungen und Entlassungen, womit sich auch der Druck auf Salvador Merino verstärkte.
Bereits am 15. Mai 1941 erfolgte eine weitere Regierungsumbildung. Franco selbst ernannte drei anerkannte Falangisten zu Ministern und brach so das „Vertretungsmonopol“ Serrano Suners. José Antonio Girón erhielt das Arbeitsministerium, Miguel Primo de Rivera das Landwirtschaftsministerium und José Luís Arrese wurde Vizegeneralsekretär und Parteiminister. Dionisio Ridruejo, zweifellos der brillanteste Kopf in den Reihen der Falange, wurde als Propagandachef entlassen, ebenso sein Mitarbeiter Tovar und Sánchez Mazas. Zunächst bestand auch weiterhin eine höchst labile innenpolitische Lage, in der Francos Herrschaft jederzeit durch die Alt- und Neuhemden sowie Monarchisten in Frage gestellt werden konnte. Arrese säuberte nun zusammen mit Suner die Partei von allzu renitenten Elementen. Bizarrerweise handelte es sich bei dem neuen Besen um einen der ehemals radikalsten Altfalangisten. Arrese wurde nach dem Sturz Hedillas 1937 kurzzeitig auf Befehl Francos inhaftiert, später war er der geistige Vater der spanischen Sozialpolitik. Allerdings war auch ihm klar, dass die innenpolitischen Probleme auf Francos Politik des Taktierens und der Kompromisse zurückzuführen waren. Durch die Stärkung Arreses hoffte Franco, Serrano Suner weiter zu isolieren. Darüber hinaus sollte der neue Mann die Partei stärker zusammenfassen und weltanschaulich ausrichten, um einerseits den Hardlinern und andererseits den Monarchisten entgegenzutreten.
Bei Beginn des deutschen Ostfeldzuges sagte Spanien Berlin die Entsendung von Freiwilligen zu. Der Krieg im Osten war in der spanischen Öffentlichkeit überaus populär, bei Kriegsbeginn randalierten falangistische Demonstranten vor der britischen Botschaft in Madrid. Kriegsminister Varela verhinderte die von Arrese angestrebte Aufstellung einer falangistischen Eliteformation. Die Falange beugte sich, da ihre Milizionäre kaum dem modernen militärischen Standard entsprachen. Diese „Blaue Division“ (nach der Farbe der falangistischen Parteihemden) zählte rund 19.000 Freiwillige, die zu 70 % aus den regulären Regimentern kamen. Dennoch wurde die división azul zu einem Ventil für frustrierte Falangisten und eine Form der inneren Emigration. Als die Division im Oktober 1941 an die Ostfront abging, kämpften in ihren Reihen sieben Angehörige des consejo nacional und mehrere jefes provinciales. Unter den Freiwilligen der ersten Stunde befanden sich auch Ridruejo und Sotomayor, der im Osten den Soldatentod starb. Das Kommando führte der von den Deutschen hoch dekorierte General Munoz Grandes.
Noch im selben Monat leitete Salvador Merino die Arbeitertagung auf dem 2. Gewerkschaftskongress der Falange, aber das Hauptreferat kam bereits von Arrese. Kurz darauf unterzeichnete dieser eine Verwaltungsänderung, welche die Kompetenzen der Syndikate beschnitt. Am 7. Juli 1941 wurde Salvador Merino als ehemaliger Freimaurer denunziert (die Logenzugehörigkeit war seit 1940 strafbar), verhaftet und auf die Balearen verbannt. Ein Parteiausschlussverfahren unterblieb, da Arrese die Parteilinke nicht noch weiter gegen sich aufbringen wollte. Manuel Valdés übernahm die Leitung der Syndikate und säuberte diesen von radikalen Merino-Leuten. Salvador Merino blieb zunächst formell delegado nacional. Als er im Dezember 1941 aus der Partei ausgeschlossen wurde, meldete er sich freiwillig zur Blauen Division, um wie sein Kamerad Sotomayor an der Ostfront zu fallen. Vergebens warben die Gewerkschaftsfunktionäre um Arrese, welcher sich nun um eine Uminterpretation der Thesen José Antonios bemühte. Hierbei stand er Franco näher als jeder andere Alte Kämpfer der Bewegung. Arrese vertrat eine Art Franco-Falangismus, gleich weit entfernt vom nihilistischen Radikalismus eines Ledesma Ramos wie vom „humanistischen Voluntarismus“ José Antonios.
Salvador Merinos Sturz leitete das Ende des revolutionären Nationalsyndikalismus ein, es siegte die autoritär-korporativistische Richtung der katholischen Soziallehre. Der Parteiideologe Permartín konkretisierte die Aufgaben der Syndikate: „I) Die kapitalistische Ökonomie in einem produktiven Sinne bewahren und fördern. II) Aus ihr den Freihandel des Lohnabhängigen und das Recht auf Aussperrung oder Streik durch die Syndikal-Korporative Organisation verbannen. III) Die ökonomische Gegebenheit Kapital-Arbeit als einheitliches Ganzes betrachten, in dem ökonomisch die Arbeit der Führung des Kapitals und beide der Regelung und Orientierung des Staates unterworfen sind." Radikalfaschistische Elemente wurden zugunsten einer abendländisch-christlichen Ideologie modifiziert, die Befreiung Europas vom Kommunismus wird mit der spanischen Reconquista verglichen. Die Partei wurde noch stärker auf die Führerfigur Franco ausgerichtet. Ende November 1941 ordnete Arrese eine Parteisäuberung ein. Für 6 Monate wurde eine Aufnahmesperre verhängt, und man entfernte ehemalige Freimaurer, Kommunisten, Anarchisten, Regionalisten und alle bekehrten Volksfrontsympathisanten aus den Reihen der Bewegung, die somit einen Großteil ihrer sozialrevolutionären Potenz verlor. Auf diese Weise sollten auch die externen Parteikritiker ruhig gestellt werden.
Am 28. November
1941 wurden per Verordnung die 12 Nationalämter der Falange-Führung
aufgelöst.
Damit verlor Serrano Suner den organisatorischen Unterbau seines Planes, die
Partei nicht als Unterbau, sondern als horizontale Ergänzung zu den Ministerien
zu strukturieren. Der ehemalige starke Mann des Regimes war nun weitgehend
isoliert, da er bei allen Fraktionen verhasst war und als entbehrlich galt.
Parteiminister Arrese entwickelte sich immer mehr zum Gegengewicht zu Suner
als Chef der Junta Política, es kam zu ständigen Auseinandersetzungen.
Nunmehr bestand die Parteileitung aus vier Vizesekretariaten für Bewegung,
Sozialwerk, Erziehung und Hilfsdienste. Die Falange hatte nur noch über
die dem Außenministerium angegliederte Propagandaabteilung und in beschränktem
Maße über die Syndikate Einflussmöglichkeiten.
Ein weiterer, letzter Weg zur nationalsyndikalistischen Revolution war die populäre Division um Munoz Grandes und ihre Freiwilligen. Serrano Suner legte den Deutschen schon im November 41 nahe, durch Personalaustausch eine Reihe angeblich dringend benötigter Falangisten heimzuschicken. Die altfalangistischen Agitatoren sollen aus der Truppe entfernt und isoliert werden - hier ballte sich unter Munoz Grandes eine gefährliche radikale Gruppe zusammen, zusammengeschweißt durch die erbitterten Kämpfe am Ilmensee. Der Kommandeur erkannte jedoch, dass es Madrid um die Entpolitisierung seiner Truppe ging. Ab Anfang 1942 betrieb die deutsche Botschaft den „Großen Plan, um durch offene und verdeckte Propaganda und Sympathisanten dem wachsenden westlichen Einfluss in Spanien entgegenzutreten. Schon Ende 1941 erfolgte die Gründung der Deutsch-Spanischen Gesellschaft unter dem Alcazar-General Moscardó. Zeitweise stand das Land am Rande eines neutralistischen Militärputsches gegen Franco, da die Generalität das Land unbedingt aus dem Krieg heraushalten wollte.
Am 28. Januar 1942 gab Franco in Barcelona eine viel beachtete Erklärung über seine Einstellung zur Monarchie ab. Der Caudillo sprach sich für eine zukünftige Restauration des Königtums aus - aber erst müsse auf dem spanischen Volk eine Basis aufgebaut werden. „Wir haben nie gesagt, dass wir das Spanien, das uns die Republik bescherte, wiederherstellen werden, oder das Spanien, das die größten Teile unseres Vaterlandes verloren hat." Es handelte sich also um eine klare Absage an die liberale Monarchie. Die Falange war als Grundlage des zivilen Aufbaus vorgesehen, aber das Militär als staatserhaltende und ausschlaggebende Kraft. Der Diktator sprach auch vor den Vertretern der Syndikate: „Spanien ist keine Diktatur. Der Staat beabsichtigt nicht, die individuelle Eigeninitiative einzuschränken." Franco stärkte langsam seine Stellung, Monarchisten und Falangisten überdachten nun ihre nächsten Schritte. Die Althemden bleiben unversöhnlich und riefen zum Widerstand gegen die versöhnlerische Parteiführung auf, aber erste Teile der Partei schwenkten auf den Gedanken einer falangistischen Monarchie ein.
Die Unruhe an der Basis führte im März 1942 zu Zusammenstößen zwischen radikalen SEU-Aktivisten und Monarchisten, wobei es zwei Tote und zahlreiche Verletzte gab. Putschgerüchte gingen um, eine Bombe explodierte im Auto von Arbeitsminister Girón. Die Demonstrationen und Manifeste der Alten Kämpfer rissen nicht ab. Mit Duldung Arreses, aber teilweise außerhalb seiner Kontrolle, formierte sich innerhalb der Einheitspartei FET die Falange Auténtica um Munoz Mateo. Hier fanden sich fast ausnahmslos antimonarchistische und nationalsyndikalistische Altfalangisten zusammen. Unter den Auténticos befanden sich Arbeitsminister Girón, Landwirtschaftsminister Miguel Primo de Rivera, Syndikatsführer Valdés, dazu reaktivierte jefes provinciales, Bürgerkriegskämpfer der falangistischen Miliz, zahlreiche Freiwillige der Blauen Division und nicht zuletzt General Queipo de Llano als Querulant aus Überzeugung. Die parteiinterne Oppposition forderte unter dem Eindruck der deutschen Sommeroffensive im Osten und der Siege in Nordafrika eine stärkere Anlehnung an die Achse und wollte mit deutscher Hilfe die nationalsyndikalistische Revolution nachholen. Rückgrat der Bewegung wurden die heimkehrenden Ostfrontfreiwilligen. General Munoz Grandes hatte sich längst zum Anhänger einer radikalen innen- wie außenpolitischen Kurskorrektur entwickelt. Seine Gruppe definierte die Blaue Division als „Trägerin einer politischen Willensbildung in Spanien".
Im Mai dämmerte Franco, dass sich das Potenzial für einen falangistischen Putsch zusammenbraute. Prompt erhielt Munoz Grandes seine Ablösungsorder. Der Diktator wollte verhindern, dass der populäre Divisionskommandeur noch mehr Anhang und Gewicht gewann. Munoz Grandes sollte nach Einarbeitung seines Nachfolgers Esteban-Infantes Mitte Juni nach Spanien zurückkehren. Im Rahmen eines Besuches bei deutschen Kommandostellen nutzte er die Gelegenheit, um auf die Orientierungslosigkeit der spanischen Politik, die Entschlussschwäche Francos und die innenpolitische Unfähigkeit der heterogenen Regierung hinzuweisen. In Berlin erkannte man die Bedeutung des Generals, und Abwehrchef Canaris persönlich erreichte den Widerruf seiner Abberufung. Franco verleugnete seine Urheberschaft und schob Serrano Suner und Varela den schwarzen Peter zu. Insgeheim trug er jedoch Sorge, dass die heimkehrenden Frontkämpfer nicht in wichtige Positionen aufrückten und schaltete Freunde und Vertraute von Munoz Grandes in den folgenden Monaten zielstrebig aus. Am 12. Juli 1942 kam es in der Wolfsschanze zu einem Geheimtreffen zwischen Hitler und dem spanischen Divisionskommandeur. Beide stimmten in ihrer vernichtenden Kritik an den spanischen Verhältnissen überein, und Munoz Grandes erklärte sich bereit, die Neuordnung Spaniens in eigene Hände zu nehmen. Man kam zu dem Beschluss, die Ergebnisse der geplanten Offensive gegen Leningrad abzuwarten und propagandistisch für die Blaue Division auszunutzen - dann sollte gegen Franco vorgegangen werden. Die Deutschen nahmen in dieser Angelegenheit auch Kontakt mit Yagüe auf, doch dieser war nicht bereit, sich offen gegen Franco zu stellen. Zudem wurde er im November als Kommandierender General des X. Armeekorps nach Nordmarokko abgeschoben.
Das Gesetz über die Schaffung der Cortes als ständischer Vertretung vom 17. Juli 1942 war der Grabstein für die nationalsyndikalistischen Revolutionshoffnungen. Das geplante Parlament (seine Abgeordneten wurden erst im Februar 1943 berufen) sollte das Recht auf Vorbereitung und Ausarbeitung von Gesetzen erhalten, wobei sich der Caudillo weiterhin eine völlig unabhängige Gesetzgebungszuständigkeit bewahrte. Die Cortes waren ein Partizipationsorgan mit beratender Funktion, nicht aber ein Dezisionsorgan. Die Mitglieder der neuen Volksvertretung trugen die Bezeichnung procuradores. Ein Teil wurde ernannt, ein anderer Teil erhielt aufgrund seines Amtes einen Sitz, andere wiederum wurden direkt oder indirekt gewählt auf Grundlage von Familie, Gemeinde und Berufsverband. Franco ernannte 50 procuradores direkt aus den Reihen der Bürgermeister und Gemeinderäte, ebenso den Präsidenten der Cortes und dessen Mitarbeiter. Wählbar waren 50 Bürgermeister und Gemeinderäte als Provinzialvertreter. Unter den von Franco berufenen procuradores befanden sich zahlreiche bekannte Monarchisten. 126 Sitze gingen an die Mitglieder des von Reaktionären und Monarchisten dominierten Consejo Nacional bzw. an andere Spitzenfunktionäre der Staatspartei. Die Repräsentanten der Syndikate erhielten 150 Sitze, von denen 32 auf Amtsinhaber in der Syndikatsorganisation entfielen, also oftmals auf von Franco ernannte Personen. Weitere 10 procuradores waren gewählte Syndikatsfunktionäre, die übrigen 104 wurden indirekt aus den Syndikaten gewählt, und zwar bevorzugt unter Technikern und Arbeitgebern. Insgesamt stellten die Arbeiter- und Angestelltenunionen der Syndikate nur 35 von 424 Vertretern - aber immer noch prozentual mehr als beispielsweise der Bundestag in den 70er Jahren an Gewerkschaftsvertretern aufzuweisen hatte. Die Althemden lehnten die Parlamentarisierung ab, aber das Gros der Monarchisten zeigte sich zufrieden. Durch die Verwendung des jahrhundertealten Begriffes Cortes erfolgte zudem eine Identifikation mit der monarchischen Vergangenheit Spaniens.
Die nach wie vor bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Altfalangisten und vor allem den erzreaktionären Karlisten wurden zusehends auf der Strasse ausgetragen. Am 16. August 1942 ehrten die karlistischen Bürgerkriegskämpfer, die Requetés, ihre Gefallenen in der Kirche St. Vincent Mártir. Ein Kommando von Altfalangisten mit dem baskischen SEU-Aktivisten Berástegui als Drahtzieher im Hintergrund griff nach traditioneller nationalsyndikalistischer Manier zur direkten Aktion und attackierte die Zeremonie mit Handgranaten, wobei es erstaunlicherweise nur 3 Tote und eine Reihe von Verletzten gab. Militärs und Karlisten waren aufgebracht, Varela sah den Vorfall als einen Angriff der Falange auf das Militär. Der Kriegsminister und Galarza forderten die Generalkapitäne, also die Leiter der Militärbehörden in den Provinzen, per Zirkular zu einer Stellungnahme und zu Sympathiebekundungen auf und übergingen dabei den im Urlaub befindlichen Franco.
Ergebnis war eine erneute Regierungskrise. Franco und Serrano Suner kehrten aus dem Urlaub zurück. Der Caudillo versuchte zunächst zu vermitteln. Varela und Galarza verlangten die Amtsenthebung Serrano Suners, den sie irrtümlich als politisch Verantwortlichen ansahen und stellten demonstrativ ihre Posten als Kriegs- und Innenminister zur Verfügung. Arrese wusch seine Hände in Unschuld und plädierte für eine Regierungsumbildung bei gleichzeitiger Entlassung der Hauptkonkurrenten Varela und Serrano Suner sowie für eine milde Bestrafung der Attentäter. Franco vertagte zunächst die Entscheidung. Demonstrativ wurde der Hauptattentäter Domínguez hingerichtet, seine beiden Kameraden kamen in den Genuss einer Begnadigung. Am 3. September 1942 erfolgte eine überraschende Regierungsumbildung durch Franco. General Asensio löste Varela als Kriegsminister ab, während Serrano Suner des Außenministerium an den treuen Franco-Gefolgsmann Graf Jordana abgeben musste. Auch Galarza wurde wegen angeblicher Verletzung seiner Aufsichtspflicht gefeuert und durch den Rechtsfalangisten Blas Pérez ersetzt. Falange-Vizegeneralsekretär Luna wurde als Mitwisser am Terrorakt abgelöst. Franco ernannte sich selbst zum Präsidenten der Junta Política, womit Serrano Suner alle politischen Ämter verloren hatte und aus der politischen Szenerie Spaniens verschwand. Das neue Kabinett war weitaus homogener als die bisherigen und ein gehorsames Instrument des Caudillo ohne eigenwillige Persönlichkeiten. Franco hatte nun die spanische Innen- und Außenpolitik fest in seiner Hand. Von einer einflussreichen altfalangistischen Opposition kann keine Rede mehr sein. Arrese säuberte 1941 die Partei, nun wurde auch der letzte Einfluss in der Verwaltung gebrochen. Franco ließ fortan keinerlei Experimentierfelder für den Linksfalangismus mehr zu, die sozialrevolutionären Kader verloren damit ihre Basis und ihre politischen Arbeitsmöglichkeiten.
Ein Gesetz vom 16. Oktober 1942 schwächte die Syndikate weiter. Vorschläge zur Reglementierung der Arbeit kamen nun nicht mehr von den Syndikaten alleine, sondern vom Arbeitsministerium oder auf Empfehlung jedes anderen Ministeriums. So war es nicht weiter verwunderlich, dass die Bewegung ihren letzten Elan verlor. Nahm die Mitgliederzahl bisher jährlich deutlich zu, so trat jetzt erstmals eine rückläufige Tendenz ein, die letztlich zur Stagnation führte. Im November berief Franco einen neuen Consejo Nacional und eine neue Junta Política, in der Nationalsyndikalisten keine Rolle mehr spielten. Mitte Dezember beging Munoz Grandes den Fehler, eine Spanienreise anzutreten. Anfangs wurde der Kommandeur der división azul mit allen Ehren und unter öffentlicher Begeisterung in Madrid empfangen. Als Falangisten vor der britischen Botschaft die Besetzung Gibraltars forderten, wurden sie von der spanischen Polizei auseinander getrieben. Als Munoz Grandes in mehreren Unterredungen im deutschen Sinne auf Franco einzuwirken versuchte, stellte dieser seinen Widersacher kurzerhand zur Verfügung des Kriegsministeriums ab - der ordensgeschmückte Ostfrontkämpfer landete in der Führerreserve. Im Oktober 1943 kehrte die Blaue Division nach langen Verhandlungen von der Ostfront zurück. Insgesamt dienten 47.000 Mann in ihr, 4500 fielen, 17.000 gerieten in Gefangenschaft, wurden verwundet oder sind vermisst. Die Blaue Legion mit knapp 2000 Mann verweigerte die Heimkehr und verblieb im Osten, 1944 integrierte man ihre Überreste in die Waffen-SS. Zu den europäischen Freiwilligen, die im April 1945 die Reichskanzlei gegen die Sowjets verteidigten, gehörten auch zahlreiche Falangisten. Ab Herbst 1943 kämpften zudem Hunderte falangistischer Freiwilliger für Mussolinis linksfaschistische Republik von Saló, um wenigstens im Ausland für ihren Traum eintreten zu können.
Im Verlauf des Jahres 1943 ging nicht nur die spanische Regierung, sondern auch die Parteiführung um Arrese deutlich auf Distanz zur Achse und bemühte sich um eine „postfaschistische“ Ausrichtung. Am Tag des italienischen Waffenstillstandes (8. September 1943) verkündete Arrese: „So seht Ihr, Kameraden, wie wenig man die Falange kennt, wenn man sagt, dass sie eine Art Ableger ausländischer Regime sei und wie sehr sich die irren, welche unseren Staat totalitär nennen, um ihm die Originalität abzusprechen. Der Totalitarismus, der übrigens andererseits auch nicht etwa eine faschistische Formel, sondern eine allgemeine Formel darstellt, die man auch in vielen anderen Ländern, darunter in Russland, findet, bedeutet die Unterwerfung des Menschen unter die höheren Zwecke des Staates. Der Falangismus ist die Unterwerfung des Staates unter den höheren Zweck des Menschen." Angesichts der politischen Dominanz von Kapital, Großbourgeoisie, Klerus, Monarchisten und Großgrundbesitzern eine armselige Verbrämung der allen ursprünglichen falangistischen Zielen hohnsprechenden Verhältnisse in Franco-Spanien. Aus Arrese, einst einer der militantesten Alten Kämpfer, wurde so eine Stütze des Systems. José Antonios Alptraum wurde wahr: Die Falange Espanola degenerierte zur Hilfs- und Schocktruppe einer reaktionären Militärdiktatur.
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