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Tod im Juni – die SA und die NS-MachtergreifungTeil 4: Hitlers Bluthochzeit (korrigierte Version)
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Verfasser: Richard Schapke, im Juni 2005
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Die Schlinge zieht sich zu
W�hrend vordergr�ndig die Zeichen auf Entspannung standen, sch�rten die Konkurrenten der SA hinter den Kulissen das Feuer weiter. Aus unterschiedlichen Gr�nden brauchten sowohl SS und Reichswehr als auch die jungkonservative Gruppe in Papens Mitarbeiterstab die offene Krise und lancierten eine nicht abrei�ende Welle von Meldungen, Ger�chten und Falschinformationen �ber angebliche Umsturzvorbereitungen der SA. Dabei steigerten sie sich zu allem �berfluss selbst in eine wahre Hysterie hinein – die letztlich auch Hitler erfassen sollte.
Am 14. Juni 1934 begann Hitler seinen Staatsbesuch in Italien. Mussolini scheint ihm hierbei unter vier Augen nahe gelegt zu haben, endlich f�r Ordnung im innenpolitischen Chaos zu sorgen und die potenziellen Rivalen kaltzustellen – wie er es einst selber tat. Die Rolle des Duce ist hier zwielichtig, denn kurz zuvor ermunterte er Papen, das nihilistische Regime der Hitler, R�hm und Goebbels zu beseitigen und die Verh�ltnisse im Reich zu ordnen. Nach dem Blutbad soll der Duce allerdings ersch�ttert gewesen sein und �u�erte, sein deutsches Pendant erinnere ihn an Attila, den Hunnen. Hitler verdanke den Toten immerhin seine Machtergreifung. Bei der R�ckkehr �u�erte der auf dem Flugplatz Berlin-Tempelhof gelandete „F�hrer“, mit ihrem Gerede von der Zweiten Revolution trenne die SA ihn „von allen vern�nftigen Elementen in Deutschland“, womit Verwaltung, Reichswehr und Unternehmertum gemeint waren. „Ich bin kein Lenin. Ich will Ordnung.“
In die Ruhe vor dem Sturm platzte am 17. Juni 1934 die ber�hmte Marburger Rede Franz von Papens, verfasst von Edgar Jung und dazu gedacht, als Fanal die jungkonservative Gegenrevolution gegen die NS-Linke einzuleiten. Der Aktionsplan, wohl ohne genaues Wissen Papens erstellt, sah Verh�ngung des Ausnahmezustandes durch Hindenburg, Schaffung eines Direktoriums unter Einbindung von Hitler und G�ring und Ausschaltung des NS-Radikalen vor. Der Vizekanzler legte einleitend zwar ein Bekenntnis zu Hitlers F�hrerschaft ab, aber dann kam es Schlag auf Schlag: Offene Aussprache �ber die Missst�nde in Deutschland, B�ndnis zwischen konservativer und nationalsozialistischer Revolution, klare Absage an linksnationalsozialistische Experimente, geordnetes Wachstum statt revolution�rer Zust�nde, kein brauner Kollektivismus in Wirtschaft und Gesellschaft. Papen trat f�r die st�ndische Neuordnung als Alternativmodell zum angeblich durch die Parteilinke heraufbeschworenen neuen Klassenkampf ein. Faktisch forderte er die Aufl�sung der NSDAP als Relikt des Parteienstaates. Dem Vizekanzler schwebten Primat des Staates, autorit�res st�ndestaatliches System und Rechtsstaatlichkeit statt Tyrannis vor. Sein Bekenntnis zur abendl�ndisch-christlichen Kultur und zum Traditionalismus kann durchaus als Rekurs auf Julius Evola betrachtet werden, der den Faschismus ja ebenfalls als Durchgangsstadium zur europ�ischen Neuordnung ansah.
Im Propagandaministerium, in der SA und in der Partei fiel man aus allen Wolken. Goebbels untersagte die Verbreitung der Marburger Rede, obwohl er dem Vizekanzler als Minister klar untergeordnet war. Die aggressive Reaktion des RMVP mit scharfen �ffentlichen Angriffen auf die Reaktion bei mehreren Massenveranstaltungen versch�rfte die Lage au�erordentlich. Rosenberg notierte, der Agitator von 1928 habe sich gegen den Minister durchgesetzt. Goebbels attackierte in einer Sonnenwendrede die Reaktion auf das Sch�rfste. Gemeint waren die deutschnationalen Verb�ndeten, die der NSDAP noch 1932 den Weg zur Macht versperren wollten (Papen, Schleicher). Die Reaktion habe die Gutm�tigkeit der Nationalsozialisten nicht begriffen, umso besser werde sie die nationalsozialistische H�rte zu verstehen lernen. Im Gefolge der Marburger Rede kam Goebbels mit R�hm �berein, Hitler gegen die Konservativen „scharfzumachen“.
Am 18. Juni 1934 erschien Hermann G�ring bei Hitler und dr�ngte ihn, eine offene Regierungskrise durch Losschlagen gegen die SA zu verhindern. Der preu�ische Ministerpr�sident legte seinem „F�hrer“ ein von Polizeichef SS-Gruppenf�hrer Kurt Daluege zusammengestelltes Dossier vor. Die brisanten Unterlagen enthielten R�hms Kontakte zur franz�sischen Botschaft – die, wie bereits erw�hnt, von Hitler und dem Ausw�rtigen Amt gebilligt waren, Hinweise auf eine angebliche Konspiration des SA-Stabschefs mit Gregor Strasser und General von Schleicher und die Nachricht, dass die SA-F�hrer Edmund Heines und Karl Ernst mit Interna �ber die tats�chlichen Hintergr�nde des Reichstagsbrandes hausieren gingen. Hinzu kamen die �blichen Schm�hungen G�rings und der Staatsautorit�t. Hitler und sein m�chtigster Vasall kamen �berein, auf einer F�hrertagung am 30. Juni in M�nchen die SA-F�hrung zur Rechenschaft zu ziehen. �ber die genaue Art und Weise des Vorgehens war Reichskanzler sich jedoch noch nicht im Klaren. Immerhin konnte G�ring am 19. Juni 1934 vor dem Preu�ischen Staatsrat verk�nden: „W�nscht der F�hrer die zweite Revolution, dann stehen wir, wenn er es w�nscht, morgen auf der Stra�e. W�nscht er sie nicht, dann werden wir jeden unterdr�cken, der gegen den Willen des F�hrers eine solche machen will.“ Es handelte sich um die erste unverhohlene Drohung und die indirekte Ank�ndigung eines Gewaltschrittes.
Am 20. Juni 1934 (nach anderen Angaben am 19. Juni) protestierte Papen bei Hitler gegen seine G�ngelung durch einen untergeordneten Minister. Er bekundete seine Loyalit�t, drohte seinen R�cktritt und einen pers�nlichen Vortrag bei Hindenburg an (der nicht mehr zustande kommen sollte). Hitler versuchte, ihn zu beruhigen, und wandte sich in scharfen Worten gegen die Unruhestifter von der SA. Er unterrichtete seinen Vizekanzler �ber die bevorstehende Verkleinerung der Sturmabteilungen und die Ausschaltung der F�hrung um R�hm. Als Papen unter dem Einfluss seines Mitarbeiters Bose auf einem Besuch beim Reichspr�sidenten insistierte, beschloss Hitler, einer etwaigen Beeinflussung Hindenburgs durch die Jungkonservativen zuvorzukommen. Reichskanzler a.D. Br�ning verschwand an diesem Tage nach einer diskreten Warnung G�rings aus Deutschland.
Als Hitler am Folgetag zur Audienz auf Hindenburgs Domizil Gut Neudeck erschien, traten ihm Reichswehrminister Blomberg und Generalmajor von Reichenau entgegen. Die Milit�rs forderten ihn ultimativ im Namen des Reichspr�sidenten auf, seine Versprechen gegen�ber Blomberg zu erf�llen und gegen die SA bzw. die Parteilinke vorzugehen und die „Zweite Revolution“ zu verhindern. Ansonsten werde Hindenburg ihm das Vertrauen entziehen, den Belagerungszustand verh�ngen und der Armee die vollziehende Gewalt �bertragen. Der Reichswehrminister lockte Hitler erneut mit dem Pr�sidentenamt und der Vereidigung der Streitkr�fte auf seine ureigene Person. Sodann wurde der Reichskanzler zu einer viertelst�ndigen Kurzaudienz zu Hindenburg vorgelassen und von diesem abgefertigt: Das Staatsoberhaupt zeigte sich mehr als ungehalten �ber das Gerede von einer Zweiten Revolution und verwies auf die Bef�rchtungen der Landwirtschaft, die kollektivistische Tendenzen argw�hnte. Am Rande der festlichen �berf�hrung des Leichnams von Carin G�ring nach Carinhall besprachen G�ring, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit SS und Reichswehr �ber die „Abschusslisten“ verhandelte, und Hitler erneut den geplanten Schlag gegen die SA-F�hrung. Am gleichen Tag traf Goebbels in Tempelhof mit Hitler und G�ring zusammen. Der Propagandaminister fiel ungeachtet seiner Absprache mit R�hm sofort um und erkannte, dass sich bereits ein Unwetter zusammenbraute. G�ring zeigte auch ihm das Daluege-Dossier, welches wenig schmeichelhafte �u�erungen der SA-Prominenz �ber den Gauleiter von Berlin enthielt.
Am 23. Juni 1934 informierte Fromms Allgemeines Heeresamt die nachgeordneten Kommandostellen, anhand der von SD, Gestapo und Polizei eingehenden Nachrichten sei von einem bevorstehenden Putsch der SA auszugehen. Die SS stehe auf Seiten der Reichswehr, bei Bedarf seien ihr Waffen und Transportmittel auszuh�ndigen. Keine 24 Stunden sp�ter wies Freiherr von Fritschs Heeresleitung die Wehrkreisbefehlshaber an, Vorkehrungen gegen einen drohenden SA-Putsch zu treffen. Somit begann eine unauff�llige Teilmobilisierung der Reichswehr gegen die ahnungslose SA. Gegen�ber einem Korrespondenten des britischen „News Chronicle“ �u�erte Hitler an diesem 24. Juni: „Und wenn es sich darum handelt, selbst Freunde aus den ersten Tagen �ber Bord zu werfen, so muss auch das geschehen, wenn ein solches Opfer f�r die Sicherung des Vormarsches notwendig werden sollte.“ Der Br�ning-Konfident Treviranus lie� Edgar Jung vor einem bevorstehenden Rundumschlag gegen die oppositionellen Kr�fte warnen. Dieser vertraute in gewohnter Naivit�t auf den Schutz durch Papen und die Reichswehr – schon am Folgetag wurde er verhaftet und in das KZ Oranienburg verschleppt, wo er in der Nacht zum 1. Juli 1934 von der SS umgebracht wurde.
Nachdem G�rings Polizeichef SS-Gruppenf�hrer Daluege in seiner Funktion als Ministerialdirektor f�r Polizeifragen im Reichsministerium des Inneren Kapit�nleutnant Patzig, dem Chef der milit�rischen Abwehr, eine imagin�re F�hrerbesprechung der SA in Berlin zwecks Putschvorbereitung meldete (am Folgetag reichte Daluege einen gef�lschten Bewaffnungsbefehl R�hms nach), ordnete Reichswehrminister Blomberg f�r ausgew�hlte Einheiten am 25. Juni 1934 Alarmbereitschaft an. Erneut hie� es, die SS sei als Mitk�mpferin der Reichswehr anzusehen. Hitler deutete nunmehr gegen�ber Blomberg an, er werde auf der anstehenden F�hrertagung in M�nchen mit der SA-F�hrung abrechnen. Himmler und SD-Chef Heydrich alarmierten nun ebenfalls ihre Unterf�hrer. Rudolf He� betonte im Rahmen einer in K�ln gehaltenen Rede die alleinige Autorit�t Hitlers, was durchaus als Einstimmung zu einem Vorgehen gegen die SA gesehen werden kann. Nur Hitler sei imstande, Verlauf und Richtung der Revolution zu bestimmen. Provokateure w�rden versuchen, die Volksgedieses verbrecherische Spiel mit dem Ehrennamen einer Zweiten Revolution zu bem�ntelnnossen gegeneinander auszuspielen (gemeint war nat�rlich die SA) und „“. Sollte es einmal n�tig werden, die Entwicklung durch revolution�re Methoden zu beschleunigen, so werde Hitler den Befehl dazu erteilen.
Am 27. Juni 1934 stellte G�ring sich in Hamburg als Exekutor des Schlages vor: Wer gegen das Vertrauen der NS-F�hrung s�ndige, der „hat sich um seinen Kopf gebracht, sollte eines Tages das Ma� �bervoll sein, dann schlage ich zu“. G�ring forderte alle Fraktionen auf, sich um den F�hrer Hitler zu sammeln. Reichenau, Blomberg und Lutze informierten den Reichskanzler nun �ber R�hms angebliche Putschabsichten. Die Entscheidung fiel: Ausschaltung der SA-F�hrung. Hitler schwankte allerdings, was die genaue Form des Vorgehens betraf. In Berlin liefen die Vorbereitungen f�r die Verlegung der SS-Leibstandarte nach M�nchen an. Heydrich, Himmler und Reichenau waren das logistische Trio der bevorstehenden Mordaktion. Himmler und Heydrich instruierten die Oberabschnitts- und Abschnittsf�hrer von SS und SD in Berlin, dass eine „Revolte der SA unter R�hm“ drohe. An diesem Putschversuch w�rden sich auch weitere staatsfeindliche Kreise beteiligen, die man gleich mit beseitigen solle.
Im Verlaufe des 28. Juni 1934 wurden alle SS-Einheiten in Alarmbereitschaft versetzt. Generalmajor von Kleist als zust�ndiger Befehlshaber in Breslau zitierte den schlesischen SA-Chef Heines zu sich und forderte ihn auf, sich zu erkl�ren. Heines versicherte dem General, nichts im Schilde zu f�hren. Die SA habe lediglich Sicherheitsvorkehrungen gegen einen bef�rchteten Reichswehr�berfall getroffen. Kleist flog am n�chsten Tag nach Berlin und wies Fritsch, Beck und Reichenau darauf hin, SA und Truppe w�rden von Himmler gegeneinander aufgehetzt. Das Reichswehrministerium reagierte nicht - die Milit�rs wollten zwecks ungest�rter Aufr�stung und Vorzugsstellung der Reichswehr die radikale Entmachtung der SA. Fritsch ordnete wider besseres Wissen sogar einen Voralarm an. Die 7. Division in M�nchen bereitete sich auf Stra�enk�mpfe mit den Braunhemden vor. Dabei hatte Oberst Heinrici als Chef der allgemeinen Abteilung im Allgemeinen Heeresamt die Lagebilder vorliegen: Nur in Schlesien, Berlin-Brandenburg und Sachsen-Magdeburg-Anhalt gab es verd�chtige Vorbereitungen bei der SA. Diese waren allerdings teilweise durch die Ma�nahmen von SS und Reichswehr ausgel�st – begreiflicherweise machte sich Unruhe breit. Aus Lutzes Bereich Westfalen-Hannover wurde gar gemeldet, die SA bereite sich auf einen kommunistischen Aufstand vor. Keinerlei beunruhigende Nachrichten gab es �ber die SA-Verb�nde in Bayern, also aus R�hms unmittelbarer Umgebung. An diesem Tag erfuhr Reichenau, was die Gruppe um Jung und Bose im Schilde f�hrte: Papen sollte Hindenburg im Rahmen einer Audienz am 30. Juni zum Eingreifen bewegen. Heydrich und Himmler wurden umgehend unterrichtet, was wohl das endg�ltige Todesurteil f�r eine Reihe konservativer Oppositioneller bedeutete. In Gespr�ch mit Rosenberg lie� Hitler erstmals durchscheinen, dass er einen Schlag auch gegen Papens Kamarilla plante.
Am Abend des 28. Juni 1934 brach Hitler nach Essen auf, um der Hochzeit von Gauleiter Terboven beizuwohnen und die Krupp-Werke zu besichtigen. Hier unterrichtete er wahrscheinlich Thyssen und Krupp �ber bevorstehende Ma�nahmen gegen die SA. Da vor allem Krupp �ber die hohen dienstbedingten Fehlzeiten der bei ihm t�tigen SA-Leute klagte, k�ndigte er Beurlaubungen sowie die Einstellung aller Exerzier�bungen und Gro�aufm�rsche an. R�hm erhielt nun die Nachricht seines F�hrers, er werde am 30. Juni um 10.00 in Bad Wiessee erscheinen. G�ring und Himmler wussten immer noch nicht, ob Hitler eine Generalabrechnung w�nschte oder ob er die SA-F�hrung nur absetzen wollte. Auf der Terboven-Hochzeit beklagten sich ebenfalls ranghohe Industrievertreter �ber die Parteilinke und Goebbels, der mit seinen antireaktion�ren Brandreden weithin f�r Unruhe gesorgt hatte. Himmler informierte Hitler, dass eine Papen-Audienz bei Hindenburg drohe, und berichtete erneut, es drohe ein Putsch der SA. Hitler beschloss nun, Ernst R�hm durch Viktor Lutze zu ersetzen. „Ich werde ein Exempel statuieren.“ An G�ring erging der Befehl, auf das Stichwort Kolibri hin gegen die SA und die Konservativen loszuschlagen. R�hms Konkurrent Kr�ger als Chef des SA-Ausbildungswesens begab sich, offenbar vorgewarnt, nicht zur angesetzten F�hrerbesprechung in M�nchen.
Im „V�lkischen Beobachter“ vom 29. Juni 1934 erschien bereits ein triumphierender Artikel Blombergs: „Die Rolle der Wehrmacht ist eindeutig und klar. Sie dient dem Staat, den sie aus innerster �berzeugung bejaht, und sie steht zu dieser F�hrung, die ihr das vornehmste Recht wiedergab, nicht nur Tr�ger der Waffe, sondern auch der vom Volk und Staat anerkannte Tr�ger eines unbegrenzten Vertrauens zu sein...Die Kampfgemeinschaft der Sch�tzengr�ben des Weltkrieges, die Adolf Hitler zur Grundlage der neuen Volksgemeinschaft machte, wurde zum Ausgangspunkt der gro�en Tradition, die die Wehrmacht als Erbe der alten Armee angetreten hat...In enger Verbundenheit mit dem ganzen Volke steht die Wehrmacht, die mit Stolz das Zeichen der deutschen Wiedergeburt an Stahlhelm und Uniform tr�gt, in Manneszucht und Treue hinter der F�hrung des Staates, dem Feldmarschall des gro�en Krieges von Hindenburg, ihrem Oberbefehlshaber, und ihrem F�hrer des Reiches, Adolf Hitler, der einst aus unseren Reihen kam und stets einer der Unseren bleiben wird.“
M�nchen, 30. Juni 1934
Ein angesichts von G�rings bedrohlichem Schweigen �ber die Absichten der Reichsregierung bereits um seinen Kopf zitternder Goebbels wurde am 29. Juni von Hitler nach Bad Godesberg zitiert. Der Reichspropagandaminister zeigte sich trotz seiner unguten Ahnungen �berrascht, dass Hitler nicht gegen die Rechte, sondern vor allem gegen die SA losschlagen wollte. In seit 1926 geschultem Opportunismus trat Goebbels (wenn es nach Rosenberg gegangen w�re, h�tte man ihn im Rahmen der S�uberung mit kaltgestellt) die Flucht nach vorn an, hetzte seinen „F�hrer“ noch weiter auf und erhielt nach inst�ndigem Dr�ngen die Genehmigung, an der Aktion teilzunehmen. Nach einer erneuten Tatarenmeldung aus Berlin (Goebbels: „Die Rebellen r�sten“) brachen Hitler und seine Begleiter am 30. Juni 1934 um 1.00 Uhr per Flugzeug an die Isar auf. W�hrend aus Berlin weiterhin obskure Nachrichten �ber eine angebliche Mobilmachung der SA eingingen, kam es in M�nchen zu Radauszenen, an denen zahlreiche Angeh�rige der SA-Standarte 1 unter Obersturmbannf�hrer Barth beteiligt waren. Die Braunhemden hatten sich teilweise sogar bewaffnet, unter ihnen ging die Parole um: „Der F�hrer ist gegen uns, die Reichswehr ist gegen uns! SA, heraus auf die Stra�e!“ Bayerns Innenminister Adolf Wagner, zugleich auch M�nchener Gauleiter, setzte bei den zust�ndigen und v�llig ahnungslosen SA-F�hrern Schneidhuber und Schmid einen Gegenbefehl durch, beide wussten von nichts. Die Verantwortung f�r die SA-Krawalle in M�nchen ist bis auf den heutigen Tag ungekl�rt, man hat wohl von Provokateuren aus den Reihen des SD auszugehen.
Allerdings war vor allem Schneidhuber als notorischer Hitler-Kritiker bekannt. Wie auch Schmid w�hnte er den Reichskanzler und Parteif�hrer in schlechter Gesellschaft der Generalit�t, seine wahren Freunde s��en hingegen im Braunen Haus. Nach Hitlers Eintreffen wurden beide SA-F�hrer degradiert und inhaftiert. Reichswehr und SS r�ckten aus und sicherten wichtige Positionen in der Isarmetropole, w�hrend der mittlerweile ernsthaft an einen SA-Putsch glaubende Hitler wutschnaubend nach Bad Wiessee aufbrach. R�hm und seine in der Pension Hanselbauer, heute Hotel Lederer, befindlichen Kameraden lie�en ahnungslos ihre Stabswachen in M�nchen zur�ck und konnten ebenso wie alle auf der Anreise zur F�hrerbesprechung befindlichen SA-F�hrer weitgehend problemlos verhaftet werden.
Nach der Verhaftungsaktion legte man eine Liste der im Raum M�nchen festgesetzten SA-Prominenz an. Sachsens SA-Chef und Ministerpr�sident Manfred Freiherr von Killinger wurde wohl durch Hitler selbst wieder von der Liste gestrichen, wogegen die Exekution von mittlerweile 6 in Stadelheim einsitzenden SA-F�hrern befohlen wurde. Ernst R�hms Ermordung war nicht vorgesehen, woraufhin der unbegreiflicherweise als Ikone der Bewegung verehrte Rudolf He� sich erbietig machte, den SA-Stabschef h�chstpers�nlich zu erschie�en. He� war �brigens auch die treibende Kraft f�r den Mord an Edmund Heines. Hitler entschied zun�chst, R�hm wegen seiner Verdienste begnadigen. Sepp Dietrich als Kommandeur der Leibstandarte, zu dessen St�rken die Hinterfragung sinnloser Befehle damals offenkundig noch nicht geh�rte, handelte wie ein Automat, obwohl er nach eigener Aussage absolut nicht begriff, was vorgeht. Gef�ngnisdirektor Koch versuchte vergebens, die Morde zu verhindern. Er konnte sich aber nicht durchsetzen, da Wagner zu R�hms Hauptfeinden z�hlte und auch Bayerns Justizminister Hans Frank nicht eingriff.
Als erste starben Hans Peter von Heydebreck (SA-Sonderkommissar f�r Pommern und dortiger SA-Chef) und August Schneidhuber (SA-Chef M�nchen und M�nchener Polizeipr�sident), dann Wilhelm Schmid (SA-Gruppenf�hrer Hochland, Pressechef im bayerischen Innenministerium), Hans Erwin Graf Spreti (R�hms Adjutant), Edmund Heines (SA-Obergruppenf�hrer in Schlesien und Polizeipr�sident in Breslau) und Gruppenf�hrer Hans Hayn. Nach den ersten beiden Exekutionen stahl Sepp Dietrich sich davon („Ich hatte genug“).
Hitler begab sich zusammen mit Goebbels nach Berlin, wurde jedoch am 1. Juli von Himmler, G�ring und Heydrich umgedreht: R�hm bedeute eine st�ndige Gefahr f�r das Regime. Der Mordbefehl erging an den Dachauer Lagerkommandanten SS-Brigadef�hrer Theodor Eicke und dessen Wachkommandochef SS-Obersturmbannf�hrer Michael Lippert. Ernst R�hm wurde am 1. Juli 1934, 18.00 Uhr, in Zelle 474 im Stadelheimer Gef�ngnis von Eicke und Lippert gemeinsam exekutiert. Zuvor lehnte er die Aufforderung ab, innerhalb von 10 Minuten Selbstmord zu begehen: „Den Gefallen werde ich Adolf nicht tun!“.
W�hrend in den Kasinos der Reichswehr und der SS sowie in den Salons der Gro�bourgeoisie die Sektkorken knallten, setzten reichsweit Razzien, Verhaftungen und Durchsuchungen gegen die SA-Einheiten ein, ausgef�hrt sowohl durch die SS als auch durch die Polizei. Opfer waren zum einen die SA und konservative Oppositionelle wie zum anderen alte politische Gegner der NS-Bewegung. Nach der Ausschaltung der SA-F�hrung begannen im Gro�raum M�nchen wilde Aktionen vor allem der SS mit mindestens 22 weiteren Mordopfern. Zu den Toten geh�rten der Separatist und Monarchist Otto Ballerstedt, der ehemalige bayrische Staatskommissar Gustav Ritter von Kahr, Bernhard Stempfle (�berarbeitete einige Passagen von „Mein Kampf“), der Ernst-Konfident Hauptmann a.D. Paul R�hrbein, der katholische Publizist Fritz Gerlich (wenig beliebt durch ein von ihm publiziertes Gutachten, das Hitler als Angeh�rigen der ostmongolischen Rasse auswies „da er nicht das nordische Freiheitsprinzip, sondern den asiatischen Despotismus vertrete“), Gregor Strassers ehemaliger Stabsleiter Alexander Glaser, mehrere Kommunisten, R�hms Privatsekret�r Martin Sch�tzl, Karl Zehnter (als Wirt des „Bratwurstgl�ckl“ Kenner wichtiger NS-Interna aus der Kampfzeit) und Standartenf�hrer Julius Uhl. Die Leichen der in Stadelheim und Dachau etc. Ermordeten wurden im Krematorium verbrannt.
Berlin
Das am fr�hen Vormittag von Goebbels aus M�nchen durchgegebene Stichwort Kolibri setzte die Abrechnung auch in Berlin in Gang. Landespolizei, SS und Gestapo schlugen ab 11.00 Uhr los. Heydrich pers�nlich schickte die Mordkommandos aus, Mordst�tten waren unter anderem der Keller der Prinz-Albrecht-Stra�e und die ehemalige Kadettenanstalt Berlin-Lichterfelde. Im Gegensatz zum eher spontanen Massaker in M�nchen haben wir es hier mit einer sorgf�ltig vorbereiteten Mordwelle der SS zu tun. G�ring lie� Papen in Schutzhaft nehmen und rettete ihn so vor einem SS-Kommando. Ohnehin h�tte die Ermordung des Vizekanzlers im Ausland ein geradezu verheerendes Echo gehabt. Die Berliner Exekutionen erfolgten gr��tenteils am 1. Juli 1934, w�hrend Hitler seelenruhig an einer Teegesellschaft im Garten der Reichskanzlei teilnahm. An diesem 1. Juli blieb es auch Goebbels �berlassen, sich im Rundfunk zur Sache zu melden. Der Propagandaminister verkl�rte Hitler zum Retter des Vaterlandes. R�hm und Konsorten h�tten das Aufbauwerk gef�hrdet, mit der Reaktion und dem Ausland konspiriert. Goebbels erkl�rte das Blutbad gar zur Zweiten Revolution, die anders gekommen sei, als die „Putschisten“ es sich gedacht haben. Er vertrat in den folgenden Tagen energisch die These, Hitler habe vollkommen legal gehandelt.
Die Aktion in Berlin forderte ca. 25 namentlich bekannte Mordopfer. Unter ihnen befanden sich Papens Mitarbeiter Oberregierungsrat Herbert von Bose, Edgar Julius Jung und Erich Klausener, Schleichers einstige rechte Hand Generalmajor a.D. Ferdinand von Bredow, SA-Gruppenf�hrer Georg von Detten (Abteilungschef in der Obersten SA-F�hrung und Chef aller SA-Kommissare in Preu�en), SA-Gruppenf�hrer Karl Ernst (SA-Chef in Berlin, SA-Kommissar f�r Berlin-Brandenburg), SA-Oberf�hrer Hans von Falkenhausen, SA-Gruppenf�hrer Fritz von Krausser, General a.D. Kurt von Schleicher, Gregor Strasser, SA-Sanit�tschef Standartenf�hrer Erwin Villain und Ernsts Adjutant Obersturmf�hrer Daniel Gerth (Pour le m�rite-Flieger). Teilweise kam es zu Eigenm�chtigkeiten der SS, die zur Verhaftung vorgesehene Personen kurzerhand liquidierte. Das gilt vor allem f�r Gregor Strasser – Hitler war au�er sich vor Wut. Aufgebracht war auch G�ring, als er vom wahren Ausma� der SS-Aktivit�ten erfuhr, und intervenierte bei Hitler, der die umgehende Einstellung anordnete. Allerdings verz�gerten Heydrich und Himmler die Ausf�hrung dieses Befehls tagelang, um ihre Rechnungen zu begleichen und gef�hrliche Oppositionelle f�r immer zum Schweigen zu bringen.
V�llig au�er Kontrolle geriet das Blutbad in Schlesien, wo SS-Gruppenf�hrer Udo von Woyrsch (Chef SS-Oberabschnitt S�dost, pikanterweise von R�hm zum SA-Kommissar Niederschlesien bestellt) alte Rechnungen beglich und seine Unterf�hrer es ihm nachtaten. Hier gab es mindestens 21 Tote. Nicht alle mordeten mit: Erich von dem Bach-Zelewski als SS-Oberabschnittsf�hrer Nordost sabotierte das Gemetzel erfolgreich, ebenso der SD-Oberabschnitt Nord. In W�rzburg verz�gerten SS-Angeh�rige die �berstellung von Gefangenen bis zum Abebben der Gewaltorgie. Der Nationalkommunist Richard Scheringer wurde durch die Reichswehr in Schutzhaft genommen und so gerettet.
Kapit�n Ehrhardt zog sich mit zwei Gewehren in den Wald zur�ck. Da das zu seiner T�tung ausgesandte SS-Kommando dann doch lieber den R�ckzug antrat, konnte der streitbare Freikorpsf�hrer von seinen Kameraden nach �sterreich geschleust werden. Gregor Strassers ehemalige rechte Hand Feme-Schulz entkam den schwarzen H�schern schwer verwundet. Er konnte untertauchen, wurde von G�ring gerettet und musste ins Exil gehen. Gestapo-Begr�nder Rudolf Diels und Bernhard Wilhelm von B�low, als Staatssekret�r im Ausw�rtigen Amt Mitwisser von R�hms Frankreichkontakten, wurden ebenfalls durch G�ring von Heydrichs Todesliste gestrichen. SA-Standartenf�hrer Fritz Kloppe, ehemals F�hrer des Bundes Wehrwolf, verschwand in einem KZ. Der ehemalige Freikorpsf�hrer Gerhard Ro�bach wurde verhaftet, das Gleiche widerfuhr dem ehemaligen Oberland-Aktivisten Beppo R�mer und dem einstigen stellvertretenden Stahlhelm-Bundesf�hrer Theodor Duesterberg. Unbequeme Zeitgenossen wie Friedrich Wilhelm Heinz erhielten Publikationsverbot. R�hms Wirtschaftsberater Heinrich Gattineau �berlebte nur deshalb, weil die Einstellung der Exekutionen befohlen wurde. Umstritten ist die von Werner Best �berlieferte Geschichte, nach der Heydrich eine weitere Todesliste mit den Namen von rund zwei Dutzend Nationalrevolution�ren wie Karl O. Paetel, Ernst Niekisch, Hans Zehrer und Ernst J�nger erstellt hatte. Der durch Graf Reventlow alarmierte SD-Mitarbeiter Best konnte die Vollstreckung jedoch verhindern.
Am 2. Juli 1934 erhielt Hitler ein Telegramm von Reichspr�sident Hindenburg: „Aus den mir erstatteten Berichten ersehe ich, dass Sie durch Ihr entschlossenes Zugreifen und durch die tapfere Einsetzung ihrer Person alle hochverr�terischen Umtriebe im Keim erstickt haben.“ Einen Tag sp�ter wurde das Blutbad per Reichsgesetz von Hitler, Reichsjustizminister G�rtner und Reichsinnenminister Frick als Staatsnotwehr zur „Niederschlagung hoch- und landesverr�terischer Angriffe“ f�r rechtens erkl�rt. Das Gesetz war rechtlich nicht einmal g�ltig, da es nicht von dem dahinsiechenden Hindenburg gegengezeichnet wurde, was laut Reichsverfassung vorgeschrieben war. Fast alle Staatsanw�lte und Richter schwiegen oder stimmten der Rechtfertigung des Massakers zu, so auch Juristen wie Carl Schmitt und Theodor Maunz als oberste Liebediener. Schweigen kam von den Kirchen, auf die Befriedigung bei Offizieren, Parteirechter und Bourgeoisie wurde bereits oben hingewiesen. Am 13. Juli hielt Hitler seine zweist�ndige Rechtfertigungsrede vor dem Reichstag. „Ich hatte aus zahllosen Ger�chten und aus zahllosen Versicherungen und Erkl�rungen alter treuer Parteigenossen und SA-F�hrern den Eindruck gewonnen, dass von gewissenlosen Elementen eine nationalbolschewistische Aktion vorbereitet wurde, die �ber Deutschland nur namenloses Ungl�ck bringen konnte.“ Der von SS-Leibgardisten bewachte Reichskanzler spielte sich als Moralapostel auf, dabei war ihm R�hms Homosexuellen-Kamarilla seit Jahren bekannt. Zum Thema Hochverrat sei noch einmal angemerkt, dass Hitler von den Auslandskontakten der SA-F�hrung wusste und diese bef�rwortete.
Ein Dutzend der Abgeordneten fehlten: sie wurden von der SS umgebracht. Papens Biograph Joachim Petzold weist auf die frappierende �hnlichkeiten ganzer Passagen der Rede Hitlers zu Papens Marburger Rede hin: Offenbar war man sich in der Sache einig. Mit dem Blutbad des Sommer 1934, auch wenn es teilweise au�er Kontrolle geriet, hatte Hitler endg�ltig den neuen Herrschaftskompromiss des „Dritten Reiches“ etabliert: Partei, Reichswehr und Gro�bourgeoisie stimmten in ihren wesentlichen innen- wie au�enpolitischen Standpunkten �berein. In Bewegung gerieten die internen Machtverh�ltnisse erst wieder mit dem Vierjahresplan von 1936/1937.
Die Opfer des „R�hm-Putsches“
Die Schilderungen neigten lange Zeit zur �bertreibung, was die Anzahl Mordopfer angeht. Der als Quelle notorisch unzuverl�ssige Otto Strasser wusste alleine von 262 Ermordeten in Berlin und 900 Toten reichsweit zu berichten, die DDR-Geschichtsschreibung ging gar von 1000 Opfern aus. Aus nicht nachvollziehbaren Gr�nden nennt die Fachwelt derzeit rund 200 Tote. Personen wie Heinz Oskar Hauenstein oder Gerhard Ro�bach wurden oder werden als ermordet gehandelt, �berlebten jedoch eindeutig. Allerdings nannte der neue SA-Stabschef Viktor Lutze im privaten Gespr�ch mit seinem Stellvertreter Obergruppenf�hrer J�ttner 1200 Tote. Namentlich bekannt sind mittlerweile 90 Ermordete, 87 M�nner und 3 Frauen. In den Konzentrationslagern und Arbeitervierteln sind allerdings noch weitere Opfer der Generalabrechnung zu vermuten, wir erinnern hier nur an den im Gefolge des „R�hm-Putsches“ in der Nacht zum 10. Juli 1934 im KL Oranienburg - wieder unter Federf�hrung Eickes – erh�ngten Erich M�hsam. Vor allem waren die Beh�rden angewiesen, jede von SS, Gestapo und Polizei genannte Todesursache widerspruchslos zu �bernehmen. Lutze schrieb in sein Tagebuch: „Irgendwo fand man einen mit Genickschuss im Walde, einen anderen an H�nden und F��en gefesselt in einem Teich. Warum, fragt man sich, warum ert�nen immer wieder die Fragen mit Schmerz und verbissener Wut. Ein schauriges Kapitel!“
S�uberung und Verb�rgerlichung der Partei
Die Aktionen richteten sich auch gegen die Parteilinke, selbst Gauleiter wie Kaufmann, Br�ckner und Karpenstein erlebten SS- und Polizeirazzien. Die F�hrung der unruhigen Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation wurde abgesetzt, die verhinderte NS-Gewerkschaft an die Ketten von Arbeitsfront und PO gelegt. Eine Reihe ehemaliger b�ndischer Aktivisten und Parteilinker wie Werner Lass oder Joachim Haupt wurden aus der HJ ausgeschlossen. Viktor Lutze musste ausgerechnet Kurt Daluege mit S�uberung der ostelbischen SA beauftragen. Das Politische Amt, das Hochschulamt, das Presseamt und das Ministeramt der Obersten SA-F�hrung wurden aufgel�st, �brigens auch durch Daluege bzw. durch Rudolf He�, der eine Hauptantriebskraft der politischen S�uberung war. Die S�uberung erfasste auch die PO: Br�ckner/Schlesien und Karpenstein/Pommern wurden als Gauleiter gefeuert, Gottfried Feder verschwand in der Anonymit�t, Koch/Ostpreu�en und Hildebrandt/Mecklenburg hielten sich nur m�hsam. Letzterer ver�bte aus Verzweiflung �ber das Blutbad einen Selbstmordversuch. Bis Anfang 1935 wurden 40.153 Zellen-, Ortsgruppen- und Kreisleiter entlassen, also 20 % des F�hrerkorps aus der Kampfzeit. Im selben Zeitraum wurden 53,1 % aller Kreisleiter- und 43,8 % der Ortsgruppenleiterstellen neu besetzt.
Die komplette SA wurde unter �berwachung durch SS entwaffnet. Alle bewaffneten Formationen und das SA-Feldj�gerkorps wurden aufgel�st, alle Beauftragten und Kommissare der SA abgeschafft. Unter Vereinnahmung der SA-Motorst�rme avancierte das NSKK zur selbst�ndigen Formation. Kr�gers Amt Ausbildungswesen wurde von der SA gel�st und Hitler direkt unterstellt. Der Chef AW b��te dadurch seine Zubringerorganisation ein, zudem war Stabschef Lutze alles andere als ein Anh�nger des nun etablierten schrankenlosen SS-Terrors. Kr�ger verlor nun die F�hlung sowohl zur SA als auch zu Parteistellen, sein Amt wurde im Rahmen der Wiederaufr�stung von der Wehrmacht absorbiert. Nach der Aufl�sung am 01. Februar 1935 ging er zur SS zur�ck, aus der er gekommen war. Die Wehrmacht blieb keinesfalls der alleinige Waffentr�ger: Mit der �bernahme eines Gro�teils der alten Landespolizei in die Reichswehr wurde eine L�cke frei. Das Regime war auf die Kapazit�t zur Bek�mpfung innerer Unruhen angewiesen, also wurde die Ordnungspolizei mit SS-M�nnern aufgef�llt, hinzu kam bald die SS-Verf�gungstruppe als Eliteformation und Keimzelle der Waffen-SS.
Auf Befehl Hitlers erfolgte eine S�uberung des gesamten SA-F�hrerkorps. In mehreren Wellen wurden bis zum Vorabend des Zweiten Weltkrieges 1900 F�hrer gema�regelt, also 18 % des F�hrerkorps aus der Kampfzeit. Schrittweise vollzog sich die Anpassung der Sturmabteilungen an den b�rgerlichen Moralkodex, schon Ehebrecher waren als F�hrer untragbar, ebenso durch Eigentums- und Gewaltdelikte aufgefallene Personen. Entfernt wurden alle in wilder Ehe Lebenden, Schuldenmacher und Raufbolde. Derartige Verfehlungen wurden auch bei einfachen SA-M�nnern als Ausschlussgrund angesehen. Vor allem gab es keinen Raum mehr f�r Revolutionstiraden. Der Druck, endlich der Partei beizutreten, wuchs an, aber die organisatorische Erfassung durch die NSDAP war erst im Fr�hjahr 1938 weitgehend abgeschlossen. Das organisatorische Leben wurde vermehrt in die �ffentlichkeit verlagert, also starb auch die landsknechthafte SA-Subkultur. An die Stelle des Rabauken trat der bescheidene, ordentliche und Entbehrungen gew�hnte Marschierer, der neben dem SA-Dienst auch seinen beruflichen und b�rgerlichen Pflichten nachkam. Bis September 1934 wurden 300.000 SA-M�nner entlassen. Neuaufnahmen erfolgten bevorzugt nur noch aus dem Kreis der 18- bis 21-J�hrigen und der Wehrmachtsentlassenen. Ausscheiden mussten alle, die zur Wehrmacht einr�ckten oder in einem anderen Wohnort einen Arbeitsplatz fanden.
Die SA degenerierte zum vormilit�rischen Turnverein. Dennoch neigte die abgehalfterte und funktionslose Parteiarmee noch jahrelang zu Gewaltausbr�chen, die sich vor allem gegen Juden und katholische Organisationen richteten, gelegentlich kam es auch auf gr��eren Parteiveranstaltungen zu Zusammenst��en zwischen verschiedenen SA-Einheiten. Die Integration ins Arbeitsleben gelang gerade bei den Alten K�mpfern an manchen Orten noch lange Zeit nicht, das Kapital nahm Rache. In einer Beschwerde von 1935 hie� es: „Die Industrie lehnt mit wenigen Ausnahmen den SA-Mann als Arbeiter ab. Der alte SA-Mann ist den Herren Unternehmer ein unangenehmer Mitarbeiter. Diese Herren sch�tzen es nicht, von diesen SA-M�nnern in SA-m��iger, offener Weise die Wahrheit gesagt zu bekommen.“ Mancherorts (z.B. in Hamburg) erreichte die Arbeitslosigkeit unter den Braunhemden erst im Fr�hjahr 1935 ihren H�hepunkt. Die Realit�t des Dritten Reiches, so wie sie sich einem „linken“ Nationalsozialisten darbot, hatte nichts mit dem Hochglanzhitlerismus der Riefenstahl und der Wochenschauen zu tun.
Mit den Juni-Morden wurde die Krise der Konsolidierungsphase der Hitler-Diktatur beendet. Die Wirtschaft war ihre Sorge wegen der g�renden Unzufriedenheit im Volke los. Ihre Erleichterung brachte die „Deutsche Bergwerkszeitung“ am 8. Juli 1934 mit den Worten zum Ausdruck: „Die Wirtschaft hat die nationalsozialistische Machtergreifung vor allem deshalb begr��t, weil sie f�r ihre aufbauende Arbeit Ruhe, Ordnung und Sicherheit so n�tig braucht wie das liebe Brot. Das w�re in Frage gestellt, wenn es ehrgeizigen Gruppen und Cliquen gestattet sein d�rfte, den Kampf um die Macht zu entfesseln. Vor dieser Gefahr ist die Wirtschaft durch das schnelle Zupacken gerettet worden. Sie wird ihren Dank daf�r abstatten.“
H�hne: „Vielen grub sich dieser blutige Samstag sch�rfer ein als der schicksalhafte 30. Januar 1933. der Tag von Hitlers Machtantritt in Deutschland: Erst der so genannte R�hm-Putsch besiegelte das Ende der nationalsozialistischen Kampfzeit, denaturierte die einst so vielgesichtige NSDAP zu einem willenlosen Propagandainstrument der F�hrerdiktatur und begr�ndete das Herrschaftssystem, das aus dem vage noch republikanischen Deutschland das Dritte Reich machte.“
Ich lebe mit vollkommen zusammengekniffenen Lippen, innerlich u. �u�erlich. Ich kann nicht mehr mit. Gewisse Dinge haben mir den letzten Sto� gegeben. Schauerliche Trag�die! Wie gro� fing das an, wie dreckig sieht es heute aus. Aber es ist noch lange nicht zu Ende. --- Gottfried Benn
Bertolt Brecht: Das Lied vom SA-Mann
Als mir der Magen knurrte, schlief ich
Vor Hunger ein.
Da h�rt ich sie ins Ohr mir
Deutschland erwache! schrei�n.
Da sah ich viele marschieren
Sie sagten: ins Dritte Reich.
Ich hatte nichts zu verlieren
Und lief mit, wohin war mir gleich.
Als ich marschierte, marschierte
neben mir ein dicker Bauch
Und als ich „Brot und Arbeit“ schrie
Da schrie der Dicke das auch.
Der Staf hatte hohe Stiefel
Ich lief mit nassen F��en mit
Und wir marschierten beide
In gleichem Schritt und Tritt.
Ich wollte nach links marschieren
Nach rechts marschierte er
Da lie� ich mich kommandieren
Und lief blind hinterher.
Und die da Hunger hatten
Marschierten matt und bleich
Zusammen mit den Satten
In irgendein drittes Reich.
Sie gaben mir einen Revolver
Und sagten: Schie� auf unsern Feind!
Und als ich auf ihren Feind schoss
Da war mein Bruder gemeint.
Jetzt wei� ich: dr�ben steht mein Bruder.
Der Hunger ist�s, der uns eint
Und ich marschiere, marschiere
Mit seinem und meinem Feind.
So stirbt mir jetzt der Bruder
Ich schlacht� ihn selber hin
Und wei� doch, dass, wenn er besiegt ist
Ich selber verloren bin.
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