Politische Theorie

 

Reichstreue Antiimperialistische Revolution

Teil 2

 

Das Empire des Mammons

 

"Wenn nun diese Moderne am Ende ist, wenn der moderne Nationalstaat als notwendige Bedingung imperialistischer Herrschaft und unzählbarer Kriege von der Bühne der Welt abtritt, dann umso besser, wenn wir sie los sind. Von der deplacierten Nostalgie für die belle époque jener Moderne sollten wir uns los machen." (Michael Hardt / Antonio Negri, Empire)

Als Manifest einer postmodernen Linken macht "Empire" Furore. Ob es mit seine postmodernen Rhetorik auch zu einem neuen "Kommunistischen Manifest" reicht, sei dahingestellt,immerhin wandte sich jenes an eine bestehende, klar umrissene soziale Gruppe: die Arbeiterklasse. Hingegen ist Hardt/Negris erster Ansprechpartner zwar die "Antiglobalisierungsbewegung" von deren Grundanliegen sie sich jedoch deutlich distanzieren. Die Globalisierungsgegner berufen sich auf Identitäten und verteidigen regionale Räume - ein hoffnungsloses, reaktionäres Unterfangen in der Sicht der Autoren, eben reaktionär. Statt dessen setzen sie ihre Hoffnungen darauf, daß die Entortung des Kapitals und der Herrschaft in der globalisierten Welt - ihr Empire kennt kein imperialistisches Zentrum mehr - jene Menge, "Multitude" genannt, freisetzt, deren lokalen Kämpfe schließlich auf wunderbare Weise die Überwindung des Empires bewerkstelligen werden. Wir sagen zu Multitude traditionellerweise Gog und Magog, deren Herannahen, angezeigt durch die Risse in den Mauern der Ordnung/Ortung René Guénon als "Zeichen der Zeit" ankündigte. Es gibt schlimmeres als die Globalisierung, nämlich jene Gesellschaftsordnung der identitätslosen "Menge" die sich Hardt/Negri als Utopie herbeiwünschen. Gegen das Heraufkommen dieser Post-Menschen nach dem ausgerufenen "Tod des Menschen" gilt es mit den "identitätsfixierten" Globalisierungsgegnern möglichst lange mobil zu machen - katechontisch.

Das Ziel der Einflußnahme von Negri und Hardt auf die Globalisierungsbewegung ist: Verhinderung der Herausbildung einer antiimperialistischen Stoßrichtung, Verschleierung der Machtverhältnisse durch Entortung von New York, Washington und Tel Aviv in ein globales Netz von Macht, Verunmöglichung des Bündnisses mit der islamischen Welt, die aus Sicht des postmodernen Citoyens als hoffnungslos rückständig abgeschrieben werden muß, bis sich auch in ihr der Tod Gottes der zugleich der Tod des Menschen ist, ereignet.

Der globale Kasinokapitalismus wurde weitaus treffender von Fidel Castro als von Antonio Negri und Michael Hardt beschrieben. Über die überschießende Finanzblase der Aktienmärkte und Derivatgeschäfte, die nur als absolute Krisenerscheinung des Kapitalismus interpretiert werden kann - oder als Virtualisierung mit postmoderner Schaumsprache schöngeredet -, soll öffentlich nicht gesprochen werden, da eine solche Kritik - aus unerfindlichen Gründen - als antisemitisch gebrandmarkt wird. Weil die nationalsozialistischen Wirtschaftstheoretiker von einem Gegensatz von "schaffendem" und "raffendem" Kapital gesprochen haben, gilt jede Fundamentalkritik am Zins und an der Geldwirtschaft als verpönt. Hier zeigt sich die befreiende Notwendigkeit des geistigen Kontaktes mit der islamischen Welt, die nicht nur solche Tabus, die die Herrschenden ganz sicher nicht zur Verteidigung bedrohter Minderheiten sondern zum eigenen Machterhalt aufstellen, mißachtet, sondern auch die wucherfreie Wirtschaft in ihrem heiligen Buch vorgeschrieben findet. Die Durchführung entsprechender Wirtschaftsreformen wird zumindest von manchen islamistisch-fundamentalistischen Gruppen betrieben, sie wird aber auch von anderen islamischen Kräften zur Gegensteuerung gegen das Ausgeliefertsein der islamischen Regionen an den Weltmarkt und gegen die Gefahr fundamentalistischer Regression propagiert. Eine ernsthafte Umsetzung wird offenbar in Malaysia erwogen. Entscheidend ist auch hier nicht, wer diese Umstellung der Wirtschaft in Angriff nimmt, sondern daß sie geschieht. Wer den von Allah vorgezeichneten Weg des Wirtschaftens durchführt, wird die positiven Wirkungen erleben, die auch auf Begleiterscheinungen des modernen Wirtschaftssystem wie Drogenhandel, Prostitution, sowie die sittliche Korruption durch die wildgewordene Bedürfnisweckungsindustrie Auswirkungen haben muß, weil diesen parasitären Erscheinungen die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen werden wird. Da wirtschaftlich vernünftige Konzepte die Massen nicht zu begeistern pflegen, ist eine propagandistische Orientierung an den gewünschten moralischen Gesundungseffekten für die Gesellschaft, wie sie von den sogenannten Fundamentalisten betrieben wird, durchaus kein Widerspruch, solange sie nur auch tatsächlich die entsprechenden wirtschaftlichen Gebote in die Tat umsetzen. Die Frage einer Umwälzung der ökonomischen Besitzverhältnisse, wie sie die Linken wünschen, ist zweitrangig - man könnte ja argumentieren, daß der bisherige Besitz auf Diebstahl in Form von Wucher basiert, solange in der neu etablierten Wirtschaftsordnung die - nunmehr gerecht erwirtschafteten - Erträge in Privatbesitz verbleiben - unter Abgabe des Zakat.

Gegen das Empire des Mammon wird nur die Synergie von Krise des Finanzkapitalismus, ökonomische Alternative der wucherfreien Wirtschaft und weltweite Mobilmachung gegen Weltbank und WEF erfolgreich sein. Die Ausbeutungsverhältnisse sind anonym, wie im Kasino kann heute ein Nobody nach oben gespült werden und wieder abstürzen, dennoch sitzen die Profiteure nicht irgendwo in Dschenin, Grosny und Bitterfeld.

 

Der große Satan und seine Dämonen

Neben die militärische, geopolitische und ökonomische Ebene tritt die Dämonologie und Eschatologie. Nach dem Untergang des sowjetischen militär-bürokratischen Komplexes ist es ein Monstrum, das die ganze Welt für sich in Anspruch nimmt. Das heißt nicht das alle, die sich gegen die Vereinigten Staaten von Amerika stellen - und das ist objektiv gesehen die restliche Welt mit der Ausnahme Israels und der Sonderstellung Großbrittaniens - "die Guten" wären. Im Grunde sind alle Staaten, Völker und Einzelpersonen heute dämonisch infiziert, materialistisch dem Ahriman verfallen, in luziferischer Verblendung, und mehr oder weniger dekadent. Dies ist in der Stunde der vorgerückten Zeit so. Nur mit der Hilfe kleiner Satane kann jedoch der große Satan besiegt werden. Während wir im großen Dschihad den inneren Feind bekämpfen, uns um die innere Reinigung bemühen, ist im kleinen Dschihad, den es gegen die USA, Israel und Großbritannien zu führen gilt, das klassische Freund/Feind-Schema anzuwenden, wie es George W. Bush - Narrenmund tut Wahrheit kund - aus der Gegenperspektive klar formuliert hat: entweder wir sind mit ihm - oder gegen ihn. Entweder wir sind mit dem großen Satan oder gegen ihn. Der kleine Satan, der sich auf die Seite des großen gesellt, verliert seine Eigenständigkeit, er wird selbst zum großen Satan. Der kleine Satan, der sich ihm entgegenstellt, schneidet sich selbst für die Dauer der Konfrontation von der dämonischen Quelle ab und verliert seine Schrecken.

So wie uns rechte und linke Defaitisten von der Teilnahme an der globalen Intifada gegen den Imperialismus abhalten wollen, die Kritik am Finanzsystem verbieten wollen, so wollen uns nun größtenteils dieselben Leute einreden, wir müßten uns "gegen die USA und gegen den Islam" stellen, "gegen den Westen und gegen den russischen Imperialismus in Gestalt des Eurasianismus", etc. Beliebt ist hierbei der Verweis auf die "Menschenrechte". Weil im Iran Frauen die teilweise Verschleierung praktizieren müssen, dürfen wir im Konflikt zwischen USA und Iran nicht Partei ergreifen, weil der Irak den Kurden keinen eigenen Staat gibt, dürfen wir nicht gegen das US-Embargo gegen den Irak eintreten, usw. Die Frage ist doch ganz einfach: Wer beherrscht die Welt? Wer stellt sich gegen den Fürsten dieser Welt? Wer wegen - vielleicht wichtiger, aber nicht wichtigsten - zweitrangiger Fragen die Entscheidung verweigert, stellt sich auf die Seite des Großen Satan. Er kann subjektiv unser Freund sein, subjektiv zur Befreiung Europas aus dem Würgegriff des Weltterroristen beitragen wollen, er steht objektiv auf der Seite George W. Bushs.

Es ist schon seltsam, in Zeiten des Ost-West-Konflikt, nahm die "Neue Rechte" eindeutig gegen Amerika und den Liberalismus Stellung, sah die Sowjetunion als das kleinere Übel an. Heute kennen manche dieser Leute keine Hemmungen auf einer Linie mit Samuel Huntington mobil gegen die islamische Welt zu machen, die zwar nicht der einzige, aber der bedeutendste verbliebene Gegenspieler der Weltmacht ist. Sicher, vielen fehlt die Gelassenheit, weil sie sich nicht selbst als "Instrumente jener Kraft" betrachten können, die "in Ewigkeit unbesiegbar ist", nämlich der göttlichen Tradition als deren gegenwärtig stärkster Ausdruck die islamische Religion als letzte Offenbarung dieses Zeitzyklus gelten kann und muß. Sind sie jedoch nicht Instrumente, ja Schwerter dieser Kraft, dann sind sie Werkzeuge des großen Satans - oder Treibsand des Zufalls, wie sie in ihrem materialistischen Weltbild es wohl lieber sehen würden.

P.Baden

 

Lesen Sie dazu auch:

Teil 1: Von der Globalisierungskritik zum Antiimperialismus

Zur Orientierung - Ergänzung zu Reichstreuen Antiimperialistischen Revolution
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