Repression und Überwachung

 

Neues Telemediengesetz in der Kritik

 

Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für ein neues Telemediengesetz stößt auf massive Kritik von Bürgerrechts- und Verbraucherorganisationen. Der Arbeitsentwurf sieht unter anderem vor, dass jeder „Diensteanbieter" auch ohne Zustimmung des Nutzers personenbezogene Daten speichern und weitergeben darf. Für die Zulässigkeit der Speicherung der Nutzungsdaten sollen Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Dienstes genügen - und zwar nicht nur der Verdacht, die Entgelte für den Dienst nicht zu zahlen, sondern auch der Verdacht, den Dienst „in sonstiger Weise rechtswidrig zu Lasten des Diensteinhabers oder Dritter zu nutzen". Auch ist vorgesehen, dass Auskünfte über die Nutzer nicht nur an Strafverfolger, sondern auch an Private erteilt werden sollen. Die Bürgerrechts- und Datenschutzinitiative STOP1984 kritisierte, es entstehe der Verdacht, dass über den Umweg angeblichen Verbraucherschutzes eine vorbereitende Vorratsdatenspeicherung etabliert werden solle. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnte, unter dem Vorwand, gegen illegale Downloads vorgehen zu können, drohe eine ungehemmte Datensammlung durch die Hintertür. Der neue Passus im Telemediengesetz kommt vor allem auf Druck der Unterhaltungsindustrie, die ohne Umweg über die Strafverfolgungsbehörden direkten Zugriff etwa auf die Daten von Tauschbörsennutzern haben will. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hält die damit verbundenen Einschränkungen der Privatsphäre für unverhältnismäßig. „Während kein Supermarkt auf die Idee käme, die Kfz-Kennzeichen seiner Kunden auf dem Parkplatz zu notieren, werden die IP-Adressen jedes Internetnutzers von den Zugangsprovidern über einen längeren Zeitraum gespeichert", sagte vzbv-Vorstand Edda Müller. Der Druck einer einzelnen Lobbygruppe dürfe aber nicht zu einer totalen Transparenz im Internet führen. Um dem ausufernden Sammeln von Verbraucherdaten im Internet Einhalt zu gebieten, forderte der Verbraucherzentrale Bundesverband bei einer Anhörung des Bundeswirtschaftsministeriums in Bonn auch an anderen Stellen Nachbesserungen im Telemediengesetz. So müsse für die Nutzer transparent sein, welche Daten zu welchem Zweck erhoben und gespeichert werden. Der Grundsatz von Datensparsamkeit und Datentransparenz sowie die Möglichkeit einer weitgehenden Anonymität im Internet müssten sich durch das gesamte Gesetzeswerk ziehen. Der Nutzer müsse Herr des Verfahrens und seiner persönlichen Daten bleiben. Wichtig ist den Verbraucherschützern auch eine strikte Trennung zwischen dem Vertragsschluss und der Einwilligung in die Verwendung personenbezogener Daten für Werbung und Marketing. Immer mehr Vorgänge des täglichen Lebens werden in elektronischen Netzen abgebildet. Während Bürger und Verbraucher sich im „realen Leben" (noch) weitgehend unbeobachtet und anonym bewegen können, wird ihr Verhalten im Internet beinahe lückenlos aufgezeichnet. So werden bei vielen Webadressen Nutzerdaten standardmäßig abgefragt. Der Schutz der Privatsphäre ist in elektronischen Netzen alles andere als selbstverständlich. Grund sind nicht nur die stetig wachsenden Begehrlichkeiten von Behörden, Wirtschaft und sonstiger privater Stellen nach Informationen über die Menschen und ihr Verhalten im Netz. Hinzu kommen auch neue Gefährdungen der Nutzer durch E-Mail-Spam, „Phishing" oder sonstigen Datendiebstahl. „Statt dem Bürger Möglichkeiten an die Hand zu geben, von seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Gebrauch zu machen, wird weiter der Contentindustrie in die Hände gespielt, der man erweiterte Auskunftsrechte zugestehen will", kritisierte STOP1984. Leidtragender sei wie immer der Bürger, der gegen die Begehrlichkeiten in Bezug auf seine Daten immer weniger Schutz genieße. Eine solche Gesetzgebung auch noch „unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes" zu initiieren, zeuge „von einer geradezu perversen Einstellung des Ministeriums, was den Datenschutz angeht".

Quelle: http://www.die-kommenden.net/dk/wochen/05/mai_07_13.htm#17

 

 

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