Repression und Überwachung

 

Urteil im Prozeß gegen angeblichen "LANDSER"-Unterstützer

 

Am dritten und letzten Prozeßtag gegen den Kameraden Jean-René B. schloß sich die Staatsanwaltschaft dem Antrag der Verteidigung an, den Komplex "Unterstützung einer kriminellen Vereinigung" nicht weiterzuverhandeln, sondern die Sache gem. § 154a StPO auf die angebliche gefährliche (weil gemeinschaftliche) Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu beschränken.

Der Angeklagte ließ dann noch durch seinen Anwalt eine Erklärung verlesen, wobei er darauf hinwies, daß er keine Fragen dazu beantwortet. Der gelernte Maschinenschlossser räumte dabei ein, daß er tatsächlich den Verräter aufgesucht hat. Er hatte gerade auf einer privaten Feier in Dresden geweilt, wo viel getrunken wurde und er dadurch auch enthemmt, wenn auch nicht betrunken war. Da es allgemeines Gespräch war, daß der Verräter bei der Polizei gegen andere belastende Angaben bezüglich des Vertriebs der "LANDSER"-CD "Ran an den Feind" gemacht hatte, wurde er neugierig, ob dies denn stimme. Eine Kameradin, die den Verräter kannte, wollte das auch wissen. Und da dieser nicht allzuweit entfernt wohnte, beschlossen sie, dorthin zu gehen und zu fragen.

Den unbekannten Dritten hatte er nicht dorthin bestellt, was auch nachgewiesen worden wäre, da ja sein Funkfernsprecher permanent abgehört wurde. Die Kameradin war wohl nur so betrunken, daß sie nicht mitbekam, daß der Dritte schon von der Feier mitging, und alkoholbedingt verschwand sie dann auch nach dem Klingeln. Der Dritte hatte den Verräter mit dem Gesicht gegen die Rauhputzwand gedrückt und beschimpft sowie bedroht. Jean-René B. hatte diesen sogar noch beschwichtigt und zurückgehalten.

Der Staatsanwalt meinte dann in seinem Plädoyer, daß der Verräter hätte eingeschüchtert und zur Rücknahme seiner Aussage bewegt werden sollte. Das Drücken an die Wand sei eine Gewaltanwendung gewesen, dazu auch noch die Bedrohung. Der Vorfall sei mitursächlich für die Rücknahme der Aussage gewesen, obwohl ja bereits vorher die Überlegung der Rücknahme laut Zeuge vorhanden war. Der StA sah eine gemeinschaftliche vollendete Nötigung für gegeben. Weil der Verräter bei der Polizei angab, durch das Drücken seines Gesichts an die Rauhputzwand des Hausflurs "Schmerzen" gehabt zu haben, geht der StA davon aus, daß es auch so war, wenn der Zeuge sich auch jetzt vor Gericht an keine Schmerzen mehr erinnern konnte. (Tatsächlich wird die Polizei damals so lange auf ihn eingewirkt haben, bis er - mutmaßlich wahrheitswidrig - angab, Schmerzen gehabt zu haben, obwohl dies nicht so war.) Doch räumte der StA Zweifel ein, ob es tatsächlich Schmerzen gab. Also müsse man im Zweifel für den Angeklagten davon ausgehen, daß es keine gab. Da es auch keine erhebliche körperliche Beeinträchtigung gab, seien Zweifel vorhanden, ob denn eine Körperverletzung vorliege. Im Zweifel für den Angeklagten müsse also nur von einer gemeinschaftlichen Nötigung ausgegangen werden. D.h., die Staatsanwaltschaft beantragte damit also Freispruch hinsichtlich des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung!!!

Der StA anerkannte zwar die Enthemmung durch Alkohol; allerdings sei keine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gegeben gewesen. Erschwerend sei zu werten, daß eine zweite Person zur Einschüchterung zugezogen wurde. Ebenso, daß der Verräter dann noch ein zweites Mal aufgesucht wurde. Außerdem noch, daß eine Drohung mit Gewalt vorgelegen habe. Desweiteren stand der Kamerad auch noch unter Bewährung. Der StA beantragte so neun Monate Haft ohne Bewährung, da er ja Bewährungsbrecher war. Die laufende Bewährung war zwar wegen Waffenhandel, hatte also nichts mit Körperverletzung oder Nötigung zu tun, war also nicht einschlägig im Rechtssinne; doch sei sie dennoch "einschlägig", da eine "Szenestraftat".

Als dann der Verteidiger, Rechtsanwalt Schrank aus Berlin, sein Plädoyer hielt, hörten zwar die beiden beisitzenden Richter sowie die beiden Laienrichter aufmerksam zu, - nicht aber der Vorsitzende Richter Brüning der "Staatsschutzkammer" des Landgerichts Berlin. Dieser blätterte stattdessen in irgendwelchen Papieren, die er dann konzentriert las. Was der Verteidiger des Angeklagten vorzubringen hatte, interessierte ihn sichtlich nicht, weil wohl aus seiner Sicht die Verurteilung ohnehin schon feststand. Der Verteidiger wies darauf hin, daß man es anerkennen solle, daß hier ein sachlicher Prozeß geführt wurde, d.h. daß keine belastenden und verzögernden Befangenheits- und sonstige Anträge gestellt wurden, wie ansonsten durchaus nicht unüblich. Es wurde auch von der Verteidigung nicht eindringlich auf die Aufarbeitung der skandalösen Umstände bei den polizeilichen Zeugenvernehmungen hingewirkt. Das solle man doch bitteschön berücksichtigen.

Der Angeklagte hatte bei dem Vorfall nicht gesagt, daß doch die belastende mutmaßliche Falschaussage zurückgenommen werden solle. Im Gegensatz zu dem Verräter hatte er nämlich durchaus genügend Intellekt, zu erkennen, daß Rücknahmen von bei der Polizei gemachten Aussagen unsinnig sind. Im Zweifel müsse also zugunsten des Angeklagten angenommen werden, daß keine Nötigung vorlag. (Eine Körperverletzung ohnehin nicht, da ja schon der Verräter ausgesagt hatte, nicht verletzt worden zu sein.) Dennoch verzichtete der Verteidiger darauf, ausdrücklich einen Antrag auf Freispruch zu stellen, weil er wußte, daß dies bei der "Staatsschutzkammer" und diesem Vorsitzenden vergebliche Zeitverschwendung wäre (es müßte dann ja Haftentschädigung für die über fünf Monate Isolations-Untersuchungshaft gezahlt werden).

Der Verteidiger beschränkte sich also darauf, daß wenn das Gericht dem Angeklagten eine "Schuld" zuspricht wegen der angeblichen Nötigung, dann eine Strafe aber zur Bewährung ausgesetzt werden müsse. Die Umstände müßten berücksichtigt werden, daß er nicht nur stets in geordneten sozialen Verhältnisse lebte und lebt, sondern auch in den letzten Jahren keine einzige Straftat mehr begangen hat. Außerdem müsse die Isolationshaft unter dem extremsten Bedingungen (nur Guantanamo wird das noch toppen können) berücksichtigt werden. Sollte eine Nötigung konstatiert werden, so wäre dies nur ein Augenblicksversagen gewesen, bedingt durch die leichte Alkohol-Enthemmung und die Gemeinschaftsdynamik auf der Feier. Die Aktion wurde spontan angegangen, es war nichts geplant gewesen. Der verurteilte Waffenhandel ist nicht nur in rechtlichem, sondern auch in kriminologischem Sinne nicht einschlägig. Außerdem zeugt der Umstand, daß der Kamerad vor Gericht nicht herumschleimte und -heuchelte und etwas vom "Ausstieg" log, um dem Gericht in den Hintern zu kriechen, sondern aufrecht und gerade blieb und keinerlei Angaben machte, von erheblicher Charakterstärke, was doch bitteschön auch anerkannt werden solle. (Kommentar des Berichterstatters: Man kann soetwas den Gerichten nicht oft genug um die Ohren schlagen; denn leider wird ein aufrechter Charakter von dieser brd-"Justiz" genau gegenteilig, d.h. negativ bewertet, während der Abschaum mit geringeren Strafen belohnt wird!)

Als dann nach einer Dreiviertelstunde Beratung das Urteil gesprochen wurde, wunderten sich höchstens noch diejenigen, die noch an soetwas wie Recht in der brd geglaubt hatten (und die wurden in dem Moment dann auch wieder weniger!). Der Vorsitzende Richter Brüning der "Staatsschutzkammer" des Landgerichts Berlin sprach den Angeklagten Kameraden Jean-René B. entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig und verurteilte ihn zu 9 Monaten Haft ohne Bewährung.

Der erste Satz in der Urteilsbegründung lautete anschließend wie folgt: "DER ANGEKLAGTE IST IN DER RECHTEN SZENE VERHAFTET". Damit machte der Vorsitzende Brüning klar, daß er den Kameraden nicht in erster Linie wegen der von ihm angeblich begangenen "Tat", sondern vor allem wegen dessen Anschauung entgegen dem Ergebnis der Beweisaufnahme schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe verurteilt hat, was schon vor Prozeßbeginn feststand. Die ganze Verhandlung war also eine reine Farce, eine Theaterveranstaltung, das wahre Gericht des angeblich "freiheitlich demokratischen Rechtsstaates"! Der Richter rekonstruierte den Vorfall aus seiner Sicht so, daß der Mittäter den Verräter mit Gewalt an die Rauhputzwand drückte und man ihn dann gemeinsam einem fünfminütigen "Verhör" unterzog, wobei der angeklagte Kamerad der "Verhörführer" gewesen sei. Dieser hätte dann auch die Drohung ausgesprochen. Und da der erste Besuch nicht dahingehend "erfolgreich" gewesen sei, daß der Verräter seine Aussage zurücknahm, besuchte man ihn noch ein zweites Mal. Der zweite Besuch sei dann die Ursache für die Rücknahme der Aussage gewesen. Die Tatvorwürfe seien "erwiesen" aufgrund der Aussagen des Verräters, d.h. nach dem, was er vor Gericht dann doch einräumte, nachdem er von Richter und StA in die Zange genommen worden war, weil man mit dem, was er an entlastendem vorbrachte, nicht zufrieden gewesen war. Dieser Zeuge sei erst noch verängstigt gewesen; doch auf Nachfragen hätte er dann mehr in Richtung "Wahrheit" eingelenkt.

Die Zeugin, die nur die Klingel betätigt hatte und dann nicht mehr anwesend war, hätte vor Gericht den Angeklagten entlasten wollen. Ihre Aussage sei "nicht nachvollziehbar". "Lebensnah" sei, daß das Drücken mit dem Gesicht an eine Rauhputzwand "Schmerzen" verursache. Damit ist also für das Gericht entgegen den selbst vom StA vorgebrachten Zweifeln eine Körperverletzung erwiesen. Diese "Tat" sei nicht spontan erfolgt, sondern "geplant" gewesen. Auch wenn der Angeklagte die Körperverletzung nicht selbst begangen hat, sei doch eine "sukzessive" Mittäterschaft gegeben, weshalb er der gefährlichen Körperverletzung schuldig sei. Die Nötigung sei gegeben, weil das Ziel (die Rücknahme der polizeilichen Aussage des Verräters) erreicht worden sei.

Das Geständnis in seiner zuletzt durch seinen Verteidiger vorgelesenen Stellungnahme sei zwar strafmildernd berücksichtigt worden, obwohl es nicht auf Reue und Einsicht beruhte, sondern mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme abgestimmt war. Auch die leichte Enthemmung durch Alkohol sei ein wenig mildernd berücksichtigt worden. Genauso die Tatsache, daß der Widerruf der zehn Monate Haft wegen des Waffenhandels, die zur Bewährung ausgesetzt worden waren, zu erwarten ist. Erschwerend wurde gewertet, daß der Besuch zur Nachtzeit erfolgte, wo der Verräter keine Hilfe durch vorbeikommende Personen erwarten konnte. Ebenso, daß er die "Tat" nicht alleine ausgeübt hat. Außerdem sei er der Wortführer gewesen und hat die Gewalt nicht selbst ausgeübt, sondern dem anderen überlassen (es wurde also wirklich und wahrhaftig strafverschärfend gewertet, daß er selbst keine Gewalt ausgeübt hat!). Desweiteren war der Verräter ja zweimal besucht worden, wenn auch beim zweiten Besuch nur ruhig gesprochen, also nicht angegriffen, beschimpft und gedroht worden war. Schlimmste Strafverschärfung aber ist der Umstand, daß mit dieser Privataktion bezüglich eines Verräters ja ein "Angriff auf die Rechtspflege" vorliege, mit der angeblichen Nötigung zur Rücknahme einer belastenden polizeilichen Aussage also die Justiz beeinträchtig werden sollte. Der Vorsitzende Richter hat die Sache also auch noch als einen persönlichen Angriff auf seine Person empfunden!!! Und daß bereits nach 8 Monaten gegen die Bewährung verstoßen wurde, kam dann auch noch erschwerend hinzu. Als Begründung, warum die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, hat der Richter in erster Linie vorgebracht, daß der Angeklagte ja immer noch in der rechten Szene ist und die Sache eine "szenetypische Straftat" sei. (Heißt das, daß Kriminelle, wenn die ihre Verräter bezüglich Drogenhandel, Zuhälterei, Betrug, Raub o.a. aufsuchen, damit "in der rechten Szene" sind???!!!). Als besonders "verwerflich" wertete der Vorsitzende Brüning auch die "Motivlage, da der Angeklagte die Sache nicht für sich selbst, sondern für andere in der Szene" gemacht hat. Diese Erklärung des Richters verdeutlicht wie kein zweites den typischen Charakter der "demokratischen" brd-Funktionäre: Gut ist Egoismus, alles, was einem selbst nützt; schlecht ist die Selbstlosigkeit, der Einsatz für andere. Da kann es einen vor einem solchen System nur ekeln!!!

Natürlich wird der Verteidiger des Kameraden Revision einlegen. Erfahrungsgemäß wird das nach so ca. einem Jahr vom Bundesgerichtshof immer mit nur einem Satz ohne weitere Begründung (da einstimmig beschlossen) "verworfen, da kein Rechtsfehler vorliegt". Der Kamerad wird dann abzüglich der über fünf Monate Untersuchungshaft noch ca. 13 ½ Monate absitzen müssen. Ob er dies dann als Freigänger im offenen Vollzug machen kann oder ob er unter übelstem Abschaum im geschlossenen Vollzug ohne jegliche Hafterleichterung schmoren muß, wird dann vor Ort von der Anstalt entschieden.

H. Gernau

 

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