Repression
und Überwachung
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Bereits am
19. Dezember 2003 schleusten Bundesregierung und „Opposition“
ein brisantes Gesetz durch den Bundestag, das zum 1. April 2005 in Kraft treten
wird. Dieses „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“
schließt die unter dem Vorwand terroristischer Bedrohung betriebene
Abschaffung des Bankgeheimnisses ab. Demnach können Finanzverwaltung,
Sozialbehörden und Arbeitsagenturen ab April 2005 die finanziellen Verhältnisse
aller Bundesbürger durchleuchten. Nun geht es hierbei allerdings nicht
um die ca. 65 Milliarden Euro, die von den vermögenden Bevölkerungsteilen
unter freundlichem Wegsehen der Verwaltung und mit gesetzlicher Ermunterung
durch die Bundesregierung beiseite geschafft werden. Wie der renommierte Steuerrechtsprofessor
und Anwalt Gunter Widmaier laut „Spiegel online“ erklärte,
werden mit diesem Gesetz „nicht die Reichen, sondern vor allem die kleinen
Leute" geschröpft. Und so halten sich auch Großbanken wie
die Deutsche Bank und die Commerzbank mit Kritik an der Aufhebung des Bankgeheimnisses
auffällig zurück. Vordergründig dient das Gesetz dem „Kampf
gegen Geldwäsche und Terrorismus". Doch real hat das rot-grüne
Durchleuchtungs-Gesetz nichts mit der Jagd auf die großen Sünder
zu tun. Schon seit 2002 können Steuerfahnder und Bundeskriminalamt auf
die KEZ-Datenbank (Konten-Evidenz-Zentrale) zugreifen, wenn sie eine schwere
Straftat vermuten. Mit dem Zugriff auf diese Datenbank können die Behörden
bald schrankenlos und vollständig über die Konto- und Depotinformationen
sämtlicher bundesdeutschen Steuerzahler verfügen - ohne Anfangsverdacht,
ohne richterliche Erlaubnis und ohne, dass die Betroffenen je davon erfahren.
Nicht einmal die jeweiligen Kreditinstitute erfahren von der Abfrage, da sie
via KEZ allesamt online durch die Frankfurter Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) angezapft werden können. Somit können die die Finanzämter
jederzeit abfragen, wer wo Geld liegen hat. Der Abruf offenbart, welche Konten,
Wertpapierdepots, Ander- oder Treuhandkonten sowie Verfügungsberechtigungen
ein Steuerzahler unterhält.
Widmaier erklärte, diese Zugriffsmöglichkeit sei „das, Stasi-Chef
Mielke gerne gehabt hätte, sich aber nicht leisten konnte". Der
Steuerrechtsprofessor hält die ins Haus stehende Ausweitung der Überwachung
nicht für mit dem Grundgesetz vereinbar und hat im Auftrag der im Kreis
Borken ansässigen Volksbank Raesfeld zwei Verfassungsbeschwerden eingelegt.
Widmaier erwartet eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits
für Anfang 2005. Ferner macht auch der Norddeutsche Genossenschaftsverband
gegen den Online-Zugriff mobil. Ein Gutachten, das die Vertretung der Genossenschafts-
und Raiffeisenbanken bei dem Hamburger Rechtswissenschaftler Erich Samson
in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass die Regelung aus „vielfältigen
Gründen eindeutig verfassungswidrig" ist. Beispielsweise verstößt
die Nichtunterrichtung der Bankkunden von der Durchleuchtung ihrer Konten
eindeutig gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die von Karlsruhe
etwa im Rahmen eines Urteils zur Volkszählung von 1983 aufgestellten
Anforderungen für eine Datenerhebung derartigen Umfangs werden nicht
im Ansatz erfüllt. Durch die Ausweitung der Zugriffsmöglichkeiten
auf die KEZ-Datenbank auf alle Behörden, die in irgendeiner Weise mit
Einkommenssteuer und Lohnabrechnungen zu tun haben (wie z.B. Arbeitsämter,
Sozialbehörden, Familienkasse oder BAFöG-Amt) sind im Zusammenhang
mit der restriktiven Sozialpolitik á la Hartz IV vor allem die geringverdienenden
Bevölkerungsschichten betroffen. Für den Zugriff auf die KEZ-Daten
eines Arbeitslosen sind ebenfalls weder eine Begründung noch die Unterrichtung
des Betroffenen vonnöten.
Quelle: http://www.die-kommenden.net/dk/wochen/04/nov_20_26.htm#2