Zeitgeschichte + Hintergründe

 

Westdeutscher Separatismus und US-Kulturimperialismus -

die Wurzeln der BRD

 

Verfasser: Richard Schapke, Mai 2001

 

1. Einleitung

Unlängst geriet dem Verfasser dieses Artikels das höchst bemerkenswerte Buch "Um die Nation. Beiträge zu Deutschlands Lebensfrage"  von Albert Norden in die Hände. In diesem 1952 im Ostberliner Dietz-Verlag erschienenen Werk legt Norden ein leidenschaftliches Plädoyer für ein wiedervereinigtes, neutrales und sozialistisches Deutschland ab. Wir weisen an dieser Stelle ferner auf Winfried Loth: "Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte" (Berlin 1994) hin, dessen Thesen durchaus mit den Ausführungen Nordens in Verbindung zu bringen sind. Beiden Büchern gemeinsam ist die These, daß die Anstöße zur Teilung des besetzten Deutschland vornehmlich von der BRD und ihren westlich-kapitalistischen Kolonialherren ausgingen. Alle in diesem Aufsatz angeführten Zitate sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus Nordens Werk entnommen.

Albert Norden wurde 1904 im oberschlesischen Myslowitz als Sohn eines jüdischen Rabbiners geboren. Er trat bereits mit 15 Jahren dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands bei und 1920 der KPD. Norden, einer der wenigen wirklich brillanten Köpfe des orthodoxen deutschen Kommunismus, machte rasch Karriere und arbeitete u.a. an den "Rundbriefen der radikalsozialistischen jüdischen Jugend", der "Roten Fahne", dem "Klassenkampf", der "Hamburger Volkszeitung" und dem "Ruhr-Echo" mit. Schon von den Weimarer Demokraten mehrfach wegen kommunistischer Agitation inhaftiert, flüchtete der Journalist 1933 vor dem Hitlerismus nach Dänemark. Später fungierte er als Chefredakteur der "Antifaschistischen Nachrichten" in Paris und führender Funktionär der "Weltfront gegen imperialistischen Krieg und Faschismus". Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Norden in Frankreich interniert und setzte sich 1940 über den Atlantik ab, um im karibischen Trinidad von den Briten erneut in ein Lager gesteckt zu werden. Ab 1941 arbeitete er in New York im German-American Emergency Committee und später in der Bewegung Freies Deutschland mit, die in Anlehnung an das Nationalkomitee Freies Deutschland eine breite antihitleristische Volksfront und die Selbstbefreiung der Deutschen propagierte. 1946 kehrte Norden nach Deutschland zurück und übernahm dort die Leitung der Politbüro-Kommission für Agitation und Propaganda.

2. Wurzeln des westdeutschen Separatismus

Doch zurück zum Hauptgegenstand des Aufsatzes. Bekanntermaßen wurde Deutschland, nachdem die Novemberrevolution das morsche Kaiserreich hinwegfegte und die Sozialdemokratie die Direktherrschaft der deutschen Bourgeoisie aufrichtete, 1918/19 von schweren Unruhen erschüttert. Der Ausgang des Machtkampfes zwischen der sozialfaschistischen SPD und den revolutionären Sozialisten war vor allem im Frühjahr 1919 längst nicht abzusehen.

Auf die Zustände im Reich reagierten einflußreiche Kreise des westdeutschen Finanzkapitals mit separatistischen Plänen, um einer befürchteten Sozialisierung vom "roten Berlin" aus zuvorzukommen. Eine hochkarätig besetzte Konferenz kam am 7. Januar im Haus des Kölner Bankherrn Heinrich von Stein zu dem Beschluß, im Einverständnis mit den westlichen Siegermächten eine separatistische Rheinische Republik zu bilden. Im zu diesem Zweck gewählten Wirtschaftsausschuß waren u.a. die Privatbankiers Stein und Oppenheim, Paul Silverberg als Vorsitzender des Braunkohlensyndikats sowie der Kölner Unternehmerfunktionär Konsul Oehme vertreten. Vergleichbare Gründungen in den übrigen rheinischen Handelskammerbezirken folgten nach. Am 1. Februar 1919 empfing der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer die rheinischen Parlamentarier und Stadtoberhäupter und verkündete ihnen: "Nach meiner Auffassung müßte die Initiative zur Errichtung einer westdeutschen Republik vom Westen aus ergriffen werden." Diesen Plänen schlossen sich auch zahlreiche Kreisorganisationen der katholischen Zentrumspartei an, aus dem sich bekanntermaßen nach dem Zweiten Weltkrieg die CDU entwickeln sollte.

Mit dem Wohlwollen der rheinischen Finanzoligarchie und mit Hilfe französischer Bajonette verfolgten in den folgenden Jahren die Dorten und Smeets ihre separatistischen Abenteuer, die letztlich sowohl am Widerstand nationalistischer Stadtguerilleros als auch an der entschlossenen Abwehr der kommunistisch organisierten Arbeiterschaft scheiterten. In einer Ministerliste von 1919 begegnet Adenauer uns bereits als designierter Ministerpräsident der Rheinischen Republik, um sich in den Hintergrund zurückzuziehen, als die Ablehnung Großbritanniens und der USA sichtbar wurde. 1923 hingegen, als die Franzosen und Belgier das Ruhrgebiet besetzten, witterte der "Erzopportunist" Adenauer eine weitere Chance. In einer Studie Paul Wentzkes von 1934 heißt es:

"Als Zwischenspiel, das freilich wichtigste innere Verbindungen mit der ‚rheinischen Bewegung' von 1918/19 und ihren langjährigen ‚föderalistischen' Freunden im Reich aufdeckt, sind Sonderverhandlungen des Oberbürgermeisters Adenauer mit dem französischen Oberkommissar Tirard zu werten. Noch einmal tauchte in gefährlichster Nähe der alte Entwurf eines ‚westdeutschen Bundesstaates' auf, der mit einer Einwohnerzahl von 12 bis 15 Millionen bei der mit Sicherheit erwarteten Zerschlagung Preußens den Vorrang im Reich erhalten, mit internationaler Gendarmerie versehen werden und unter der völkerrechtlichen Bürgschaft der ‚Siegerstaaten' zugleich dem Machtgebot der Westmächte verfallen mußte." Nur das britische Veto soll damals, als französische Kugeln den Nationalhelden Albert Leo Schlageter und die Essener Krupp-Arbeiter töteten, die Ausrufung einer Rheinischen Republik unter Konrad Adenauer verhindert haben.

Norden konstatiert hierzu: "Immer laufen in den Jahren 1919 bis 1923 die Kurven der revolutionären Kämpfe im Reich und der separatistischen Aktivität des westdeutschen Finanzkapitals parallel. Jedesmal, wenn im übrigen Deutschland stürmische Auseinandersetzungen zwischen der Arbeiterschaft und der Reaktion stattfinden, wird der Drang der westdeutschen Kapitalisten zur Separation von Deutschland unwiderstehlich. Jedesmal, wenn die Arbeiterschaft eine Niederlage davonträgt und sich zurückziehen muß, schläft die separatistische Leidenschaft der westdeutschen Kapitalisten ein. Es bleibt eine Tatsache, daß von 1919 bis 1923 die west- und süddeutsche Reaktion der Degen des militaristisch-reaktionären Frankreichs von Poincaré war, wie sie heute der Degen der militaristisch-reaktionären Vereinigten Staaten ist."

3. Die BRD als Produkt des US-Imperialismus und des deutschen Kapitalismus

Schon vor dem Zusammenbruch des Dritten Reiches im Frühjahr 1945 regten sich erneut Bestrebungen deutscher Unternehmer- und Militärkreise, mit den Westalliierten ins Übereinkommen zu gelangen und sich vor der befürchteten sowjetischen Vergeltung zu retten. Das Potsdamer Abkommen sah bekanntlich die Zerschlagung der deutschen Großkonzerne vor. Hierzu Norden: "Mußte man es sich versagen, das ganze Deutschland wieder in das Zeitalter der Herrschaft verjunkerter Finanzbarone und vergoldeter Krautjunker und ihrer Kriege zurückzuführen - nun, dann hieß es eben, von der Einheit Deutschlands Abschied zu nehmen. Mochten durch die Jahrhunderte eine Generation nach der anderen die Einheit Deutschlands erträumt und für sie geblutet haben, die Pferdmenges und Adenauer warfen das, was so schwer errungen wurde, leichten Herzens auf den Abfallhaufen der Geschichte. Denn ihre Klasse interessiert das soziale Privileg und nicht die Einheit der Nation." Hier traf das westdeutsche Kapital sich mit den Interessen der Westalliierten, die im Gegensatz zur Sowjetunion die staatliche Vernichtung des Deutschen Reiches anstrebten. Der Sowjetunion hingegen wäre letzten Endes ein militärisch geschwächtes und neutralisiertes Deutschland als traditioneller Wirtschaftspartner lieber gewesen, auch wäre hierdurch das Vordringen der anglo-amerikanischen Rivalen nach Mitteleuropa verhindert worden. Neben dem oben erwähnten Buch Winfried Loths sei hierzu Alexander Fischer: Sowjetische Deutschlandpolitik im Zweiten Weltkrieg 1941-1945 (Stuttgart 1975), empfohlen.

Norden: "Am 2. Juni 1948 gab die Londoner Konferenz...die sogenannten ‚Empfehlungen' bekannt, die keine Empfehlungen, sondern die Marschroute für die seit drei Jahren vorbereitete Spaltung Deutschlands, für die Einführung der Separatwährung und die Oktroyierung des Besatzungsstatuts war. Drei Wochen später realisierten die Westmächte durch die Schaffung der Westmark die wirtschaftliche Teilung Deutschlands. (...) Die Einführung der Spalterwährung gestaltete sich zu einem Bombengeschäft für die westdeutschen Konzerne. Sie behielten alle ihre Kriegsgewinne und verloren buchstäblich keinen Pfennig, während die schaffende Bevölkerung um neun Zehntel ihrer Ersparnisse gebracht wurde. (...) In London war das Kleid geschneidert worden, in das die Mißgeburt des Separatstaates später gezwängt wurde. Anstatt diese Mißachtung des Potsdamer Abkommens, anstatt diesen Bruch der völkerrechtlichen Verpflichtungen (durch die Nichtkonsultation Moskaus, R.S.) anzuprangern, gaben sich die Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder dazu her, ihr Siegel unter des Schanddokument zu setzen. Im Juli 1948 traten die elf westdeutschen Länderchefs in Koblenz zusammen und machten Gegenvorschläge, die allerdings nicht den Inhalt der ‚Empfehlungen' des Londoner Diktats, sondern nur seine Form berührten." Am 20. Juli 1948 nahmen die westdeutschen Ministerpräsidenten aus der Hand der drei westalliierten Militärdiktatoren unter strikter Geheimhaltung die Frankfurter Dokumente entgegen, welche die Bildung eines westdeutschen Separatstaates anordneten und letztlich zur Gründung der BRD, ohne jede Befragung des deutschen Volkes, führten.

4. Die BRD treibt die Spaltung Deutschlands voran

"Die Herren, die da in Bonn Verfassungsmacherei spielten - natürlich immer hübsch im Rahmen der wirklichen Verfassung, des Besatzungsstatuts -, sie trieben und treiben ihre Politik, mit einem Auge nach den amerikanischen Herren, mit dem anderen nach den deutschen Finanzkapitalisten schielend und erfolgreich bemüht, keinem zu mißfallen. So wurde in Bonn das amerikanische Reich westdeutscher Nationalität zusammengeschustert." Durch die Gründung der BRD wurden die jahrhundertalten Wirtschaftsbeziehungen West- und Süddeutschlands nach Osteuropa gekappt. Machten diese Handelsgeschäfte noch 1938 15 % des gesamten westdeutschen Handels aus, so fielen sie bis 1951 auf 1,6 %!

"Markieren wir kurz die Etappen dieser deutschen Wirtschaftstragödie! Am 18. Juni 1948 wurde durch die von den Alliierten verfügte, von Adenauer, Schumacher und Reuter gebilligte Einführung eines Separatgeldes in Westdeutschland und am 23. Juni in Westberlin die wirtschaftliche Spaltung vollendet. Dank der Bemühungen der deutschen Behörden wurden trotzdem die Verhandlungen über weiteren Warenaustausch wieder aufgenommen und befanden sich auf gutem Wege. Da provozierte General Clay durch Sperrung der Eisenbahn- und Wasserwege und schließlich am 19. September 1948 auch des Straßentransports zwischen beiden Teilen Deutschlands den Abbruch der Verhandlungen. Wenige Wochen später folgte die allgemeine Transitsperre." Weitere Verhandlungen im Gefolge der Pariser Außenministerkonferenz vom Mai 1949 wurden im Dezember von Bundeswirtschaftsminister Erhard torpediert. Erhard annullierte die bislang erforderlichen Warenbegleitscheine und richtete in Frankfurt/Main eine zentrale Genehmigungsstelle für Ostgeschäfte ein. Beinahe ist es überflüssig, zu erwähnen, daß sich das Personal fast ausschließlich aus westlichen Ausländern rekrutierte. Sich dennoch am Osthandel beteiligenden Unternehmen drohte die Bundesregierung mit dem Entzug aller Staatsaufträge. Die Bundesregierung orientierte sich fortan im Genehmigungsverfahren nach den amerikanischen Verbotslisten, auf denen selbst Abführmittel zu finden waren. Washingtons Statthalter McCloy frohlockte: "Die Bereitwilligkeit der leitenden Vertreter der Bundesregierung zu einer Zusammenarbeit auf diesem Gebiet wurde unter Beweis gestellt."

An die Stelle des traditionellen Osthandels trat am 18. April 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EGKS, die Keimzelle der EU. Die Hohe Behörde der EGKS erteilte den Regierungen der Einzelstaaten wirtschaftspolitische Anweisungen, pikanterweise war sie nach Artikel 69 des Vertrages berechtigt, Arbeitskräfte aus einem Land in ein anderes zu deportieren und dort zur Arbeit heranzuziehen. Artikel 69 wirft ein interessantes Licht auf die heutigen Einwanderungspläne der EU-Kommission, die offensichtlich vom gleichen Geist beseelt sind - der Entwurzelung von Menschen zugunsten des Profits. Die Übergangsbestimmungen (§ 22) schrieben fest, daß die BRD die DDR fortan als Wirtschaftsausland zu betrachten hatte.

"Also auch nach Ablauf der Übergangszeit sollen für die ganze fünfzigjährige Dauer...die Bundesrepublik und die Deutsche Demokratische Republik als zwei getrennte Staaten existieren, wobei eine ausländische Behörde darüber verfügt, ob und welche Wirtschaftsbeziehungen sie miteinander unterhalten dürfen. Eine ausländische Behörde, denn von den neun Mitgliedern der Hohen Behörde dürfen im Höchstfalle zwei Deutsche sein. So tauchen Besatzungsstatut und Ruhrbehörde...in anderer Form wieder auf. Das imperialistische Ausland behält das entscheidende Wort in der westdeutschen Wirtschaft." Da die Hohe Behörde auch für die Kreditaufnahme und -verteilung zuständig ist, stehen hinter ihr die nordamerikanischen Großbanken.

Besiegelten Schumanplan und EGKS die wirtschaftliche Westintegration, so besorgte der Generalvertrag von 1952 die politisch-militärische Integration. "Dieser Vertrag ist tausendfach schlimmer als das Versailler Friedensdiktat.
Das Versailler Diktat tastete wenigstens nicht die Einheit Deutschlands an. Der Generalvertrag hat die Spaltung Deutschlands zur Voraussetzung, spricht er doch ausdrücklich von der ‚Einfügung der Bundesrepublik in die...atlantische Gemeinschaft', die heute von aller Welt als Kriegsgemeinschaft gegen den anderen Teil Deutschlands, die DDR, und die Staaten des Sozialismus erkannt ist." Der Versailler Vertrag sah nur eine zeitweilige Besetzung von Teilen Deutschlands vor. "Der Generalvertrag aber sieht nicht nur keine Räumung Deutschlands vor, er verhindert sogar die Räumung und verewigt die Okkupation Westdeutschlands. Die Westmächte behalten sich laut Artikel 2 ausdrücklich das Recht ‚auf die Stationierung von Streitkräften in Deutschland und den Schutz von deren Sicherheit' vor. Ja, sogar ‚Truppen eines Staates, der zur Zeit keine Kontingente stellt, werden im Bundesgebiet' laut Artikel 4 stationiert werden können..

Um auch nach außen deutlich zu machen, daß diese für unbegrenzte Zeit auf westdeutschem Boden installierten ausländischen Armeen die wahren Herren des Bonner Staates sind, werden sie in jeder Beziehung der deutschen Hoheit entzogen. Innerhalb, ja, auch außerhalb ihrer militärischen Anlagen können sie auf Grund der Bestimmungen dieses Vertrages ihre eigenen Verkehrs- und Fernmeldeeinrichtungen unterhalten und Manöver durchführen, wo sie wollen. Diese amerikanischen, englischen, französischen und anderen Divisionen fressen Deutschland leer und die Steuerzahler arm, sind aber bei ihrer Einfuhr vollständig zollfrei und unterliegen auch keiner Ausländerkontrolle. Die zahllosen Verbrechen der amerikanischen Gangster in Uniform dürfen von deutschen Polizei- oder Justizorganen nicht gesühnt werden; denn ‚die Mitglieder der Streitkräfte sind von der deutschen Strafgerichtsbarkeit ausgenommen', wie es in dem Truppenvertrag des Generalvertrages wörtlich heißt.

Der Generalvertrag erhebt die ausländischen Schmarotzer auf deutschem Boden in den Rang von unantastbaren Majestäten, die auch nur zu tadeln geradezu Gotteslästerung ist. In einem Anhang zum Truppenvertrag ist nämlich die Bestrafung vorgesehen bei ‚Beschimpfung der Streitkräfte und Untergrabung ihrer Dienstbereitschaft'. Bestraft wird ferner auch, wer ‚die Streitkräfte in der Ausübung ihrer Dienstpflichten hindert'. (...)

Absatz 2 des Generalvertrags-Artikels 5 legt fest, daß die drei Westmächte selbstherrlich in Westdeutschland ‚einen Notstand erklären können'. In diesem Fall geht auch formell die ausübende Gewalt auf sie über.  Das ganze Ausmaß dieser ausländischen Tyrannei über Westdeutschland umreißt dieser Artikel 5, der die fremde Notstandsdiktatur vorsieht für den Fall ‚einer umstürzlerischen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung'. Bei der Mentalität der amerikanischen Imperialisten bedarf es keines Hinweises, daß für sie bereits jeder umfangreichere Streik, jeder Versuch des Volkes, die nationale Einheit und einen Friedensvertrag statt der Kriegsvorbereitungen zu erlangen, eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellt. Ja, selbst, wenn solche Ereignisse nur ‚drohen', soll, wie der Generalvertrag ausdrücklich konstatiert, die offene Militärdiktatur errichtet werden. (...)

Legt der Generalvertrag die Spaltung Deutschlands und die unumschränkte Herrschaft der ausländischen Soldateska auf westdeutschem Boden fest, so befiehlt der Vertrag der sogenannten ‚Europäischen Verteidigungsgemeinschaft' die allgemeine Wehrpflicht und eine westdeutsche Armee von anfangs 350.000 Mann, eine Armee unter dem Kommando Hitlerscher Generale und dem Oberkommando eines Amerikaners. An der Spitze der europäischen Allianz steht nämlich ein - Amerikaner. Zum erstenmal seit Napoleons Zeiten sind deutsche Truppen einem ausländischen Tyrannen unterworfen. Westdeutschland verwandelt sich in den Garnisonstaat der aggressivsten Kräfte, deren geladene Maschinenpistole auf die Brust der Deutschen Demokratischen Republik, der Sowjetunion und der Volksdemokratien zielt."

5. Amerikanischer Kulturimperialismus

"Seit dem Auftreten des amerikanischen Imperialismus...wird die unabhängige Existenz einer Nation unvereinbar mit dem Weltherrschaftsanspruch der USA. Dieser ist ein Attentat auf jede Nation, und nur im Kampf gegen Washington kann ihre Unabhängigkeit und Unantastbarkeit gewahrt beziehungsweise zurückerobert und gesichert werden. So wird der Kampf um die Nation zur Sache des ganzen Volkes mit Ausnahme derjenigen Elemente, die mit den amerikanischen Truppen verfilzt sind oder dank dem Kriegskurs der USA private und politische Geschäfte machen."

Zur politischen, wirtschaftlichen und militärischen gesellt sich die ideologisch-kulturelle Überfremdung: "In den Kreisen des amerikanischen Finanzkapitals entstand die These, daß die Zeit der nationalen Begrenzung vorüber sei, daß man Schluß machen müsse mit der nationalen Abschließung des einen Staates vom anderen, daß Europa die Aufgabe habe, sich zusammenzuschließen...Der Kapitalismus ist der Vater des Kosmopolitismus. (...)

Der amerikanische Imperialismus kann den Zusammenbruch der amerikanischen Wirtschaft in einer neuen Krise von unvorstellbarem Ausmaß nur verzögern, indem er sogar traditionell so selbständige, längst auf die Stufe nationaler Souveränität gestiegene Völker wie die europäischen Großstaaten in seine Absatz- und Investitionsmärkte und militärische Basen verwandelt.

Natürlich darf der USA-Imperialismus die Dinge nicht bei ihrem wahren Namen nennen, das wäre allzu durchsichtige Prosa. Er verkleidet und verklärt die scheußlichen Tatsachen mit der Gloriole der überstaatlichen internationalen Gemeinschaft. Er muß den Patriotismus bekämpfen, weil Patriotismus eifersüchtig über die Unantastbarkeit des Heimatbodens wacht und gleichbedeutend ist mit der Pflege der nationalen Traditionen und Werte und mit der Wahrung der wohlverstandenen nationalen Interessen, die der USA-Imperialismus zertritt. Wenn das amerikanische Kapital auf breiter Front in die deutsche Wirtschaft einbricht, wenn dort, wo einstmals die römischen Legionen auf germanischem Boden standen (und immerhin eine höhere Kultur mit sich brachten), heute amerikanische Divisionen manövrieren (und eine niedrige Gangstermoral verbreiten), dann bedarf dieser materielle Unterbau eines entsprechenden ideologischen Überbaus. Das ist der Kosmopolitismus, der sich als ‚fortschrittlich und weltoffen' gegenüber dem ‚engstirnigen Nationalismus des 19. Jahrhunderts' ausgibt, um die Völker in ihrem Widerstand gegen die USA-Expansion zu lähmen.

Die Finanzkapitalisten außerhalb der USA benutzen den Kosmopolitismus zur Tarnung ihrer nationalen Prostitution und Verräterei." Der Kosmopolitismus ist "das genau Gegenteil des proletarischen Internationalismus. Wo dieser das Bündnis freier Völker unter Entfaltung ihrer nationalen Kulturen erstrebt, basiert der Kosmopolitismus auf der Pariastellung der größten Klasse jeder Nation, des Proletariats, auf der vernichtenden Unterdrückung der kolonialen und halbkolonialen Völker und der Auslöschung der nationalen Eigenarten.

Es ist kein Zufall, sondern ein Charakteristikum des Kosmopolitismus, daß alle Länder, in denen er offiziellen Kurs hat, von Regierungen des Finanzkapitals beherrscht werden. Der Kosmopolitismus ist der Ausdruck des gemeinsamen Interesses des Finanzkapitals aller Länder unter Führung der USA im Kampf gegen die nationalen und sozialen Befreiungsbewegungen. Hinter der Deckung des Schildes, der mit Schlagworten des Kosmopolitismus beschriftet ist, breiten die großen amerikanischen Konzernpolypen ihre Fangarme über die ganze kapitalistische Welt aus. Der Kosmopolitismus ist das Gift, durch das der Widerstandswille der Völker gegen ihre Einbeziehung in den amerikanischen Kriegskreis gelähmt werden soll. Man übergießt die bittere Pille mit dem Zuckerguß der Phrase von der Schaffung übernationaler Institutionen, der ‚europäischen Integration, der ‚Verschmelzung nationaler Souveränitäten' usw.usw. (...)

Der Kosmpolitismus hat die nationalkulturelle Entwurzelung zur Voraussetzung, weil angesichts des Versuchs der Herstellung der amerikanisch-imperialistischen Weltherrschaft die Pflege und Entwicklung der eigenen kulturellen Traditionen und Werte ein Hemmnis gegen die Invasion der transatlantischen Kulturbarbarei wird, die ihrerseits eine Begleiterscheinung des Dollarexports ist...Wo ein Goethe, den die Kosmopolitiker von heute annektieren möchten, über die Grenzen hinaussah, um die erhabenen Schönheiten und Werte des Kulturen von Okzident und Orient in hoher Achtung vor ihrem Geist und ihrer Form aufzunehmen und zu verarbeiten, da streben die Wallstreet-Kosmopolitiker nach der Auslöschung der volkseigenen Traditionen und Kulturen, um alles auf den Generalnenner der widerwärtigen Hollywoodfilme und Comic books, der politischen Korruption und des Rüstungstaumels in Permanenz zu bringen.

Die hartgesottenen, von der Kultur nicht angekränkelten, in Gaunereien um so erfahreneren amerikanischen Erzschelme lassen einige Millionen springen - und herein trabt in die Arena der aus den Abfallgruben des kapitalistischen Europa zusammengekehrte Dreck in Menschengestalt...Das käufliche und verkaufte Gesindel bricht in ein markerschütterndes Geheul aus, die Kultur Europas sei in Gefahr und nur ein rettender Ritter weit und breit, natürlich die USA.

Darf man vielleicht fragen:

Wo befinden sich denn die kulturellen Werte, für deren Ausbreitung die heutigen Herren der USA die Welt in den Krieg führen wollen? Was ist es, das die USA uns zu bieten haben? Es ist die genormte Zivilisation des drug store, die wie ein Ei dem andern gleichenden Provinzstädte mit der unvermeidlicherweise immer an prominentester Stelle der Hauptstraße stehenden Bank, die Zivilisation des überall gleichen Coca-Cola-Getränks mit den überall gleichen Verkaufsstellen des überall gleichen Konzerns. Es ist die niveaulose Gleichmacherei des Kapitalismus mit dem Ersticken aller geistigen Ansprüche.

Es ist nicht unsere Sache und hierzulande nicht der Brauch, uns in die amerikanischen Verhältnisse einzumischen. Aber wenn die heute herrschenden Amerikaner sich bei uns einmischen, wenn sie mit den von Kunst und lebendiger Wirklichkeit gleich weit entfernten, der Verdummung und Verrohung und der Steigerung der Kriminalität dienenden Hollywoodfilmen die alte Welt überschwemmen, wenn sie jene Literatur, die allen Problemen der Zeit und des Menschen geflissentlich aus dem Wege geht, aber sich um so intensiver mit den Dingen unterhalb des Nabels beschäftigt - wenn all dies Europa als Begleitgepäck zu den Killern aus Texas mit den Waffen Du Ponts und US Steels aufgezwungen werden soll, dann ist es Zeit, Widerstand zu leisten." Gerade weil die alte Welt die demokratischen Traditionen Nordamerikas schätzt, "werden wir nicht erlauben, daß man die Exkremente der finanzkapitalistischen Barbarei als gültige Werte des Abendlandes präsentiert".

 

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