Zeitgeschichte + Hintergründe

 

Ein tapferes Herz hat aufgehört zu schlagen...

 

Wolf Rüdiger Heß zum Gedenken

Von Jürgen Rieger

 

Welcher Vater würde sich nicht einen solchen Sohn wünschen! Wolf Rüdiger Heß hat im Mai 1941, dreijährig, seinen Vater Rudolf Heß letztmalig für lange Zeit gesehen, da dieser am 10.Mai 1941 nach England flog, um einen Frieden zwischen Deutschland und England herbeizuführen. Dann sah er ihn erst als 32jähriger wieder, also 29 Jahre später, bei einem (dann künftig einmonatlich zugelassenen) Besuch in Anwesenheit von Gefängnispersonal, wo streng reglementiert wurde, worüber man sprechen durfte und wo keinerlei Herzlichkeiten (beispielsweise Umarmungen) ausgetauscht werden durften. Obwohl er in der bewußten Phase des Heranwachsens seinen Vater entbehrt hatte, hat er sich Zeit seines Lebens bis zum Mord an seinem Vater am 17.August 1987 für die Freilassung seines Vaters eingesetzt, der zunächst noch mit Mitgefangenen, sodann als Einzelhäftling im Spandauer Gefängnis untergebracht war. Als der Sohn endlich die Zustimmung der Russen zur Freilassung erzielt hatte, wurde - mutmaßlich durch britische Agenten unter Mitwissen des CIA - Rudolf Heß ermordet. Er wußte zuviel über die Friedensbemühungen des Deutschen Reiches, so daß er nicht in Freiheit sprechen durfte.

Es gelang ihm, sogar einige der früheren Richter dazu zu bewegen, für die Freilassung von Rudolf Heß einzutreten. Zur Unterstützung seiner Forderung gründete er eine Gemeinschaft, die sich für die Freilassung seines Vaters einsetzen sollte, und nachhaltig immer wieder durch Verbreitung von Schriftstücken, Memoranden, Vorstöße bei Bundestagsabgeordneten u.ä. Bemühungen zur Freilassung unternahm.

Aber auch nach dem Tode seines Vaters setzte er sich weiter für ihn ein, nun nicht mehr für die Freilassung, sondern für die Wiederherstellung seines guten Namens, und um auf die skandalösen Umstände seines Todes hinzuweisen, der als "Selbstmord" behauptet wurde, obwohl es zahlreiche Beweise für Mord gibt und der frühere amerikanische Gefängnisdirektor in Spandau ebenso wie sein Krankengymnast erklärte, Heß hätte sich nicht selbst umbringen können. Der Zivilkrankenpfleger Abdallah Melaouhi war sehr überrascht, als er - unter einem Vorwand von Heß weggerufen - hinterher Heß leblos auf dem Boden fand, dabei zwei Personen stehend, die er noch nie gesehen hatte (obwohl es fremden Personen streng verboten war, mit Heß Kontakt aufzunehmen). Als eine dieser Personen von ihm aufgefordert wurde, Wiederbelebungsversuche zu machen, quetschte sie Heß den Brustkorb so stark, daß vier Rippen brachen. Das waren die Mörder! Durch Obduktionen, Einholung von Zeugenbeweisen, legte Wolf Rüdiger Heß im Einzelnen die Beweismomente für den Mord an seinem Vater dar. Da hochrangige Regierungsinteressen hinter dem Mord standen, war es ihm nicht vergönnt, die Täter vor Gericht zu sehen. Aber so, wie sich bereits seine Mutter Ilse Heß in Büchern für ihren Mann eingesetzt hat, seine Briefe veröffentlicht hat, so hat auch er sich in dem Buch, das vom Mord an seinem Vater handelt, für die Aufklärung dieses Verbrechens eingesetzt. Er hat ferner die Gesellschaft, die sich für die Freilassung von Rudolf Heß eingesetzt hatte, bestehen lassen, um ihr nun die Zielrichtung zu geben, sich für das Andenken an Rudolf Heß einzusetzen.

Während er früher, als er noch hoffte, Regierungskreise für die Freilassung seines Vaters zu gewinnen, vorsichtig mit Kontakten zu jungen Nationalisten war, die seinen Vater verehrten, hat er dann später diese Bedenken nicht mehr gehabt. Mit seinem Grußwort zum diesjährigen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel, wo er eigentlich sprechen wollte, aber krankheitsbedingt verhindert war, hat er gezeigt, daß er die jungen Nationalisten in ihren Bemühungen zur Ehrung seines Vaters zu unterstützen bereit ist.

Wolf Rüdiger Heß stand vor einer Operation. Diese hat er nicht unbeschadet überstanden. Am 24.10.2001 hörte sein Herz auf zu schlagen, ein tapferes Herz, ein mutiges Herz, ein Herz, das immer für die Ehre seines Vaters, seiner Familie und Deutschlands geschlagen hat. Die Umstände seines Todes liegen noch im Dunkeln; am 15.11.2001 wurde er zu Grabe getragen. Wir verneigen uns vor diesem würdigen Sohn eines großartigen Vaters.

 

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