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Josef Klemens Pilsudski
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von Robert Korda
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Das Leben und die historische Leistung Josef Klemens Pilsudskis aus deutscher und nationalrevolution�rer Sicht zu w�rdigen, ist ein �u�erst schwieriges Unterfangen. Unzweifelhaft k�mpfte Pilsudski anfangs f�r das legitime Recht des polnischen Volkes auf ein selbstverwaltetes Heimatland. In vielerlei Hinsicht ist sein politischer Lebensweg geradezu bezeichnend f�r die pers�nliche Entwicklung einiger Nationalrevolution�re.
Urspr�nglich linker Sozialist, erkannte er immer mehr die Bedeutung der nationalen Frage und stellte sich damit gegen den linkssozialistischen Internationalismus. Gleichzeitig bek�mpfte er aber auch scharf den reaktion�ren Nationalismus. Am Ende errichtete er eine „semifaschistische“ Diktatur in Polen. W�hrend des Kampfes f�r einen unabh�ngigen polnischen Staat, der in seinen nat�rlichen Grenzen �konomisch m�glicherweise nur schwer lebensf�hig gewesen w�re, ver�nderte sich Pilsudskis Politik stark in Richtung Hegemonismus und Chauvinismus. Unter seiner F�hrung wurde das jahrhundertelang unterdr�ckte polnische Volk zum Unterdr�cker der Deutschen, Litauer und Ukrainer in den von Polen annektierten Gebieten. Es ist leider eine historische Tatsache, da� lange unterdr�ckte V�lker, wenn sie ihre Unabh�ngigkeit erreichen, oftmals selbst zu Unterdr�ckern werden. Konflikte waren aufgrund der ethnisch �u�erst heterogenen Zusammensetzung der Bev�lkerung in Ostmitteleuropa nach dem ersten Weltkrieg geradezu vorprogrammiert. Das Ideal eines Nationalstaates, der ein kulturell weitgehend einheitliches Staatsvolk umfa�t, war aufgrund der wechselvollen Geschichte dieser Gebiete so nicht umsetzbar.
Das von US Pr�sident Woodrow Wilson (1856-1924) im Zuge seines 14-Punkte-Programms vom 08.01.1918 postulierte „Selbstbestimmungsrecht der V�lker“ (self-determination of the nations) lie� sich angesichts der ethnischen, sprachlichen und religi�sen Gruppierungen in Ostmitteleuropa, die noch dazu eng miteinander verwoben waren, nur mechanistisch durchsetzen, was in der Konsequenz zu Unterdr�ckung, Vertreibung und Mord f�hrte.
Als Beispiel f�r die Komplexit�t der V�lkergemeinschaft in Ostmitteleuropa mag die Volksabstimmung am 11.07.1920 in Ostpreu�en, im Gebiet von Masuren dienen. Gro�e Teile der Bev�lkerung dieses Gebietes sprachen eine Sprache, die auf dem Polnischen basierte und sehr stark mit deutschen Lehnworten durchsetzt war. Polen erhob nach dem ersten Weltkrieg Anspr�che auf dieses Gebiet und erlitt in der aufgrund des Versailler Diktats angesetzten Volksabstimmung eine vollst�ndige Niederlage. Bei der preu�ischen Volksz�hlung 1910 hatten noch 42,7 % der Bev�lkerung als Muttersprache Polnisch angegeben. Wobei zu bedenken ist, da� Masurisch nicht mit dem Polnischen identisch ist, die Bev�lkerung jedoch die Frage „Deutsch“ oder „Polnisch“ - ohne die Alternative Masurisch - sicher eher mit „Polnisch“ beantwortet haben mag. Hinzu kam, da� die masurische Bev�lkerung im Gegensatz zur polnischen �berwiegend evangelisch-lutherisch getauft war. Bei der Abstimmung stimmten 97,8% der Bev�lkerung f�r einen Verbleib bei Deutschland.
Die Neugr�ndung des polnischen Staates war von Anbeginn an durch expansionistische Ideen und gro�polnische Vorstellung belastet. Polnische reaktion�re Nationalisten tr�umten von der Wiedererrichtung des Jagiellonen- oder des Piastenreiches, was mit den politischen und ethnischen Gegebenheiten des 20. Jahrhunderts nicht zu vereinbaren war.
Das Wiedererstehen eines polnischen Nationalstaates war politisch das Werk Josef Klemens Pilsudskis, er war die treibende Kraft aber seine sozialistischen Ideale scheiterten an politischen, ethnischen und �konomischen Realit�ten.
Herkunft und Jugend:
Josef Klemens Pilsudski wurde am 5. Dezember 1867 in Zulow nahe Wilna im zaristischen Ru�land als Sohn einer Familie des Kleinadels geboren. Die Familie hatte insgesamt 12 Kinder. Er erhielt eine �u�erst strenge Erziehung, besuchte die Schule in Wilna und schlo� 1885 das Gymnasium ab. Im Anschlu� begann er an der Universit�t von Charkow Medizin zu studieren. Dort bekam er Kontakt zu Revolution�ren und wurde Mitglied der radikal sozialistischen Organisation „Narodnaja Wolja“ („Wille des Volkes“). Bereits nach kurzer Zeit wurde er aus politischen Gr�nden der Universit�t verwiesen und versuchte, sich an der Universit�t Dorpat zu immatrikulieren. Er wurde jedoch aus politischen Gr�nden nicht zum Studium zugelassen. Pilsudski brach sein Studium endg�ltig ab und kehrte vor�bergehend nach Wilna zur�ck.
Im Dezember 1886 reiste er zu seinem Bruder Bronislaw (1866 -1918) nach St. Petersburg und beteiligte sich an der Vorbereitung eines Sprengstoffattentats auf Zar Alexander III. (1845 - 1894). Am 13.03.1887 wurden Josef Klemens Pilsudski und seine Mitverschw�rer Bronislaw Pilsudski und Alexander Uljanow (1866 - 1887), Lenins �lterer Bruder, wegen revolution�rer Umtriebe verhaftet und in der „Peter und Paul Festung“ in St. Petersburg inhaftiert. Alexander Uljanow wurde wegen Verschw�rung gegen den Zaren zum Tode verurteilt und hingerichtet. Bronislaw Pilsudski erhielt 15 Jahren Zwangsarbeit auf Sachalin, wo er seine Verbannung zu umfangreichen Studien �ber die eingeborene Bev�lkerung nutzte und sich als Ethnologe einen Namen schuf. Er beging 1918 Selbstmord. Josef Klemens Pilsudski wurde zu 5 Jahren Verbannung verurteilt und nach Sibirien deportiert.
Gr�ndung der polnischen sozialistischen Partei:
Nach seiner Entlassung aus der Verbannung im Jahre 1892 war Pilsudski Mitbegr�nder der „Polska Partia Socjalistyczna“ („Polnische Sozialistische Partei“), die 1893 in Warschau gegr�ndet wurde. Diese stand im Gegensatz zur von Rosa Luxemburg (1871-1919), Leo Jogiches (1867-1919) und Julian Marchlewski (1866-1925) ebenfalls 1893 gegr�ndeten „Socjaldemokracje Kr�lestwa Polskiego” („Sozialdemokratische Arbeiterpartei Polens“). Die SKP war im Gegensatz zur PPS stark internationalistisch ausgerichtet. Ihre F�hrung sah die nationale Frage Polens nur im Kontext einer proletarisch-sozialistischen Revolution und als der Klassenfrage grunds�tzlich unterzuordnen an. F�r Pilsudski und die PPS war die nationale Frage hingegen vorrangig.
Am 15.07.1899 heiratete er Maria Juskiewicz und konvertierte vom katholischen zum evangelischen Glaubensbekenntnis, sp�ter konvertierte er wiederum zum Katholizismus. Ein Jahr nach ihrer Hochzeit zogen beide von Wilna nach Lodz.
Dreizehn Jahre nach seiner ersten Verhaftung wurde er 1900 wiederum inhaftiert, da er Schriftleiter der Untergrundzeitung „Robotnik“ („Der Arbeiter“) war. Zusammen mit ihm war seine Frau verhaftet worden, die man jedoch nach 11 Monaten aus der Haft entlie�. Das Gef�ngnis in der Zitadelle von Warschau, in dem Pilsudski inhaftiert war, galt als ausbruchssicher, und er t�uschte eine Geisteskrankheit vor, um ins Irrenhaus von St. Petersburg �berf�hrt zu werden. Mit Hilfe eines polnischen Arztes gelang ihm 1901 die Flucht �ber Kiew nach Lemberg, der Hauptstadt des habsburgischen „K�nigreiches Galizien und Lodomerien“. Das zu �sterreich-Ungarn geh�rende K�nigreich war zu etwa 60% polnisch und zu 40% ruthenisch (ukrainisch) besiedelt.
Nachdem er aus der Haft entkommen war, begann Pilsudski, eine paramilit�rische Garde der Partei zu organisieren („Organizacja Bojowa“). In seinen Augen sollte ein Guerillakrieg gegen exponierte Ziele der Verwaltung und der Infrastruktur in Russisch-Polen als Initialz�ndung f�r einen nationalrevolution�ren Kampf des polnischen Volkes wirken. Die finanziellen Mittel dazu beschaffte man sich auf dem Wege der revolution�ren Expropriation. Diese Taktik f�hrte unter anderem zur sp�teren (1906) Spaltung der PPS in zwei Fraktionen, Pilsudskis „Fracja Rewolucyjna“ und der PPS „Lewicka“.
Der polnische Nationalismus:
Das Lager der polnischen Nationalisten war Ende des 19. Jahrhunderts in verschiedene Fraktionen zersplittert, wobei zwei Richtungen dominierten, Pilsudskis PPS und die „Stronnictwo Narodowo-Demokratyczne („Nationaldemokratische Partei“) unter Roman Dmowski (1864-1939). Pilsudski und Dmowski waren zeitlebens erbitterte Gegner. W�hrend Pilsudskis PPS den bewaffneten Kampf f�r ein unabh�ngiges Polen gegen Ru�land f�hren wollte, strebte Roman Dmowski eine Auss�hnung mit Ru�land unter panslawistischen Vorzeichen an. Dmowskis Nationaldemokratische Partei war zudem stark klerikal gepr�gt. Sp�ter im Jahre 1917 gr�ndete Dmowski im franz�sischen Exil das „Komitet Narodowy Polski“ („Polnisches Nationalkomitee“, eigentl. „Polnisches Volkskomitee“) und unterzeichnete im Namen Polens das „Versailler Diktat“.
W�hrend Pilsudski in Ru�land den gr��ten Feind der polnischen Nation sah und eine taktische Zusammenarbeit mit �sterreich-Ungarn und dem Deutschen Reich erwog, war Dmowski extrem antideutsch eingestellt. Pilsudskis Einstellung war dabei realistischer. Das Zarenreich duldete keine Autonomiebestrebungen. Habsburgisch-Galizien entwickelte sich demgegen�ber seit dem Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr zu einem halbautonomen polnischen Staatswesen mit polnischen Beamten und einem polnischen Bildungswesen. Die Regierung des Habsburgerreiches duldete polnische, gegen Ru�land gerichtete Revolutionsbestrebungen.
W�hrend des Russisch-Japanischen Krieges im Jahre 1904 reiste Pilsudski nach Japan, um Unterst�tzung f�r den polnischen Freiheitskampf zu finden, da er den Kriegszustand zwischen beiden L�ndern f�r eine g�nstige Gelegenheit hielt, den Guerillakrieg gegen Ru�land zu forcieren. Pilsudski hoffte, die japanische Seite davon �berzeugen zu k�nnen, da� der Aufbau einer zweiten Front ihren Interessen entgegenk�me und sie hierf�r lediglich Waffen liefern m��te. Japan stand Pilsudskis Pl�nen sehr vorsichtig gegen�ber. Sie wurden letztlich auch dadurch vereitelt, da� Roman Dmowski ebenfalls nach Japan reiste. Dmowski war �berzeugt, der russisch japanische Krieg binde nicht gen�gend zaristische Truppen, um eine Erhebung wagen zu k�nnen. Er glaubte, ein Aufstand zu diesem Zeitpunkt f�hre zwangsl�ufig zu einer gnadenlosen Zerschlagung der polnischen Freiheitsbewegung.
Trotz des Scheiterns von Pilsudskis Plan, eine Unterst�tzung durch Japan zu erhalten, begann die PPS mit vereinzelten milit�rischen Aktionen. Am 13.11.1904 kam es in Warschau bei Protesten gegen die Rekrutierung von Polen f�r die zaristische Armee zu einem Feuergefecht zwischen Angeh�rigen der Polnischen Sozialistischen Partei und dem russischen Milit�r. Pilsudski kehrte erst nach Beendigung des Krieges 1905 nach Ru�land zur�ck. Die zaristische Regierung war im Jahre 1905 nicht nur durch den verlorenen Krieg gegen Japan, sondern auch durch revolution�re Erhebungen insbesondere der Rebellion in St. Petersburg stark angeschlagen. Die darauffolgenden Wahlen zur ersten russischen Duma 1906 wurden von der PPS boykottiert.
Pilsudski entwickelte sich in der Zeit vor 1914 mehr und mehr zur zentralen Figur des paramilit�rischen nationalen Widerstands gegen die russische Herrschaft �ber Teile des polnischen Siedlungsgebietes. Die verschiedenen Gruppierungen innerhalb des Widerstands verband einzig das Ziel die russische Herrschaft zu beenden. Das K�nigreich Galizien und Lodomerien stellte ihre Operations- und R�ckzugsbasis dar. 1910 wurden in Lemberg ein sogenannter Sch�tzenverband („Zwiazek Strzelecki“) und in Krakau eine Sch�tzengesellschaft („Towarzystwo Strzeleckie“) gegr�ndet, die milit�rische �bungen und Vortr�ge organisierten. Milit�rische oder propagandistische Aktivit�ten gegen �sterreich - Ungarn wurden aus taktischen Gr�nden nicht durchgef�hrt.
Der erste Weltkrieg:
Im Ausbruch des ersten Weltkrieges sah Pilsudski eine historische Chance. Mit dem Weltkrieg war f�r die polnische Bev�lkerung eine �u�erst schwierige Situation entstanden. Durch die 3. polnische Teilung 1795 war das ehemalige K�nigreich Polen vollst�ndig auf Ru�land, �sterreich und Preu�en aufgeteilt worden, wobei rund 82% des polnischen Staatsgebietes von 1772 an Ru�land fielen. Durch den Wiener Kongre� 1815 war das „K�nigreich Polen in Personalunion mit Ru�land“ („Kongre�polen“) geschaffen worden, welches aber 1832 nach einem polnischen Aufstand nominell aufgehoben wurde. Nun k�mpften Polen sowohl in der russischen Armee als auch auf Seiten der Mittelm�chte. Ru�land, welches das gr��te Kontingent polnischer Soldaten rekrutiert hatte, versprach nach Kriegsende ein teilautonomes Polen.
W�hrend des Krieges bildeten sich zus�tzlich diverse Freisch�rlergruppen, die f�r ein unabh�ngiges Polen k�mpften, wechselnde Allianzen eingingen und sich zum Teil gegenseitig bek�mpften. Pilsudskis „Polnische Legion“ entstand im August 1914 und k�mpfte unter dem Oberkommando des Generals Heinrich Kummer von Falkenfeld (1852-1929) auf der Seite der �sterreich-ungarischen Armee. Die Armeef�hrung hoffte, polnische Aufst�nde w�rden zu einer erheblichen Schw�chung der russischen Seite f�hren. Es zeigte sich jedoch, da� die russische Herrschaft im Land sehr gefestigt war und zudem die Propaganda gegen die einmarschierte Armee des Deutschen Reiches unter General Remus von Woyrsch (1847-1920) Erfolge zeigte. Gro�e Teile der Bev�lkerung sahen sich kulturhistorisch dem Russischen Reich n�her als dem Deutschen. Pilsudskis Legion wurde von der Bev�lkerung als Teil einer Invasionsarmee betrachtet. Als sich die russische Armee in Folge der Schlacht bei Tannenberg, der Schlacht bei den masurischen Seen und der Gro�offensive der Mittelm�chte (Durchbruchsschlacht von Gorlice-Tarnow) im Sommer 1915 auch aus dem polnischen Siedlungsgebiet zur�ckziehen mu�te, folgten ihr gro�e Teile der polnischen Bev�lkerung hinter die russischen Linien. Das Deutsche Reich hatte im Verlauf der K�mpfe Ostpreu�en zur�ckerobert und gro�e Teile Russisch-Polens besetzt.
Die Auferstehung Polens:
Der deutsche Au�enminister Theobald von Bethmann-Hollweg (1856-1921) und der �sterreich- ungarische Au�enminister Stephan Freiherr Burjian von Rajezc (1851-1922) beschlossen am 12.08.1916 die Wiederauferstehung Polens als Staatsgebilde im Hinblick auf eine m�gliche zuk�nftige Pufferfunktion gegen�ber Ru�land und um sich der Unterst�tzung der polnischen Bev�lkerung zu versichern. Am 05.11.1916 versuchten die Mittelm�chte daher, ein neues polnisches K�nigreich zu etablieren. Diese L�sung wurde von den meisten Polen begr��t. Pilsudski sah in diesem K�nigreich, das sich weitgehend auf Kongre�polen beschr�nkte, keine befriedigende L�sung der polnischen Frage. Trotzdem wurde er Mitglied des neugegr�ndeten Staatsrates, wo er nachhaltig ein vollst�ndig unabh�ngiges Polen fordert. Dementsprechend lehnte er die im Fr�hjahr 1917 gebildete „Polnische Nationalarmee“ grunds�tzlich ab. Bei der Vereidigung der Truppe am 09.07.1917 verweigerten gro�e Teile der Soldaten den Eid auf das neue K�nigreich, was zur Verhaftung von Pilsudski am 22.07.1917 f�hrte. Er wurde in Magdeburg inhaftiert.
Trotz der Verhaftung agierte die von Pilsudski 1917 gegr�ndete „Polska Organizacja Wojskowa“ („Polnische Milit�rorganisation“) unter Leitung von Edward Rydz-Smigly (1886-1941) weiter. So existierten die Polnische Nationalarmee und die POW nebeneinander. Die unter deutschem Oberkommando k�mpfende Nationalarmee war jedoch deutlich kleiner als die POW.
Gro�polnische Expansionsbestrebungen:
Nach dem milit�rischen Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Oktober 1918 wurde Pilsudski aus der Haft entlassen. Er kehrte umgehend nach Polen zur�ck und formierte seine Truppen neu. Sofort begannen sie, sowohl in Ruthenien (Ukraine), Livland, Kurland und im deutschen Reichsgebiet, in den Provinzen Westpreu�en und Posen, die Kontrolle zu �bernehmen. Aufgrund der vollkommen chaotischen Zust�nde nach dem Zusammenbruch der Mittelm�chte konnte die Polnische Milit�rorganisation weitaus gr��ere Gebiete unter ihre Kontrolle bringen, als tats�chlich von Polen bewohnt waren.
Die sich abzeichnende Neugr�ndung eines polnischen Staates und die Frage der Macht�bernahme f�hrte zu einer Auseinandersetzung zwischen Pilsudski und Roman Dmowski, dessen Polnisches Nationalkomitee von der Entente als legitimer Vertreter Polens w�hrend der Versailler Verhandlungen anerkannt war. Pilsudski hatte die milit�rische Gewalt inne und setzte sich letztlich gegen Dmowski durch. Er konnte sich auch als provisorischer Staatschef („Tymczasowy Naczelnik Nanstwa“) etablieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Polen de facto zwei Regierungen: Pilsudskis Stab in Warschau und das von der Entente als Vertretung Polens anerkannte Nationalkomitee in Frankreich. Durch die Verhandlungen der polnischen Delegation in Versailles unter Dmowski gelang es Polen, unter anderem durch Zuhilfenahme einer gef�lschten Karte von 1772, die deutschen Provinzen Posen und Westpreu�en zu erlangen. Dadurch entstanden der „Polnische Korridor“ und die „Freie Stadt Danzig“.
Das unsinnige Konstrukt Freie Stadt Danzig gliederte sich in 2 Stadtkreise, Danzig und Zoppot; 3 Landkreise, Danziger H�he, Danziger Niederung, Gro�er Werder (Marienburger Werder) sowie 4 St�dte und 258 Landgemeinden. Es galt v�lkerrechtlich als eigener Staat, seine B�rger waren keine deutschen Staatsb�rger mehr. Diese Abtrennung vom Deutschen Reich basierte auf der Forderung Polens nach dem freien Zugang zu einem ausgebauten Hafen. Obwohl die „Freistadt“ direkt an Ostpreu�en grenzte und Polen in den folgenden Jahren im annektierten Gdingen einen neuen Hafen aufbaute, sich der Grund damit also er�brigt hatte, blieb das Konstrukt bis 1939 bestehen.
Pilsudski begann, sich zwischenzeitlich auf Galizien zu konzentrieren, da er die von der Entente vorgeschlagene Ostgrenze Polens nicht akzeptierte. Diese Ostgrenze entsprach etwa der sp�teren „Curzon-Linie“. Namensgeber war der britische Au�enminister George Curzon (1859-1925), der diese Linie auf der Konferenz von Spa in der Zeit 05.-16.07.1920 festgelegt hatte. Sie verlief von der D�na in Litauen westlich Wilna und Grodno auf Brest-Litowsk zu, den Bug aufw�rts bis �stlich Krylow, im Bogen weit westlich von Lemberg und knapp �stlich von Przemysl s�dw�rts bis zur Grenze gegen die Slowakei.
Die Linie entsprach etwa dem �stlichen Rand des geschlossenen polnischen Siedlungsgebietes, schlo� jedoch auch ruthenische, wei�russische sowie litauische Sprachinseln ein. Sie belie� auch polnische Sprachinseln mit etwa einer Million Polen im �stlichen Bereich. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Interessen Pilsudskis bereits weit �ber die Schaffung eines Nationalstaates in den Grenzen des polnischen besiedelten Gebietes hinaus. Vielmehr schien der Traum eines Gro�polen durch die vollst�ndig aus den Fugen geratenen Verh�ltnisse in Ostmitteleuropa in greifbare N�he zu r�cken. Seine Politik wandelte sich von der eines Nationalrevolution�rs in die eines aggressiven Chauvinisten.
Annexionen in der Ukraine:
Bereits Ende 1918 hatte Pilsudski mit Angriffen gegen die am 01.11.1918 proklamierte „Westukrainische Volksrepublik“ auf dem Gebiet des ehemaligen K�nigreiches Galizien und Lodomerien begonnen. Diese Republik bestand lediglich 3 Monate, bevor ihr Pr�sident Jewgeni Petruschewitsch am 22.01.1919 die Vereinigung mit der ehemals russischen Ukraine zur „Vereinigten Ukrainischen Volksrepublik“ erkl�rte. Der Zusammenschlu� erfolgte unter erheblichem Druck, nachdem Mitte November 1918 polnische Truppen Lemberg erobert hatten. In der Ukraine war zu diesem Zeitpunk die Situation vollkommen un�bersichtlich, da im Fr�hjahr 1919 Teile der russischen „Roten Armee“ einmarschierten, die von „Wei�en Garden“ unter General Anton Iwanowitsch Denikin (1872-1947) und General Pjotr Nikolaijewitsch Wrangel (1878-1928) verfolgt wurden. Sie lieferten sich auf ukrainischem Boden heftige Gefechte mit der Roten Armee und der „Machno-Armee“ unter Nestor Machno (1889-1934), einem kommunistischen Anarchisten, dessen Truppen gro�e Teile der Ukraine kontrollierten und die eine von Ru�land unabh�ngige ukrainische R�terepublik etabliert hatten. Hinzu kamen milit�rische Auseinandersetzungen zwischen der Roten Armee und der Machno - Armee.
Semjon Petljura (1879-1926), der Pr�sident der Vereinigten Ukrainischen Volksrepublik, der nach dem Abzug der deutschen Truppen und der Flucht von Hetman Paul Skoropadski (1873-1945) an die Macht gekommen war, mu�te erkennen, da� er keine Kontrolle mehr �ber das ukrainische Gebiet aus�bte. Gro�e Teile der Westukraine waren Anfang 1920 bereits von polnischen Truppen eingenommen. Daher bot er Pilsudski eine Zusammenarbeit unter dem Vorzeichen einer zu schaffenden polnisch-ukrainischen Staatenunion an. Pilsudski stellte zwei Armeen zusammen und begann am 26.04.1920, gegen Minsk und Kiew zu marschieren. Im Mai 1920 wurde Kiew von Pilsudskis Truppen erobert und eine vereinigte polnisch ukrainische Union proklamiert.
R�ckschlag im Osten und das „Wunder an der Weichsel“
Die Sowjetunion begann daraufhin, Truppen unter Michail Nikolaijewitsch Tuchatschewski (1893-1937) und Semjon Michailowitsch Budjonny (1883-1973) zu entsenden, die der polnischen Armee schwere Schl�ge versetzten. Diese hatten letztlich den v�lligen Zusammenbruch der polnischen Frontlinie zur Folge. Pilsudskis Pl�ne, ein Polen unter Einbeziehung der Ukraine, von Teilen Wei�ru�lands und Litauens zu erobern, waren dem Scheitern nahe. Zus�tzlich r�ckten Truppen der Roten Armee nun auf polnisches Gebiet vor. Sie standen Ende Juli 1920 bereits vor Warschau. Pilsudski wandte sich an die Ententem�chte und erhielt milit�rische Unterst�tzung durch Frankreich, wobei diese sich offiziell auf die Entsendung von Offizieren beschr�nkte. Allerdings erhielt die polnische Armee gro�e Mengen von Waffen, die �ber den Hamburger Freihafen umgeschlagen wurden und deren Herkunft unklar war.
Am 14.08.1920 kam es zur Schlacht, die unter dem Namen „Cud nad Wisla“ („Wunder an der Weichsel“) in die Geschichte einging. Pilsudskis Truppen gelang es, die sowjetische Armee zu zersplittern und zum R�ckzug zu bewegen. Die polnischen Truppen setzten nach. Zus�tzlich konnten sie am 09.10.1920 Pilsudskis Heimatstadt Wilna erobern. Damit geriet Polen jedoch auch mit seinem neuen Nachbarn Litauen in Konflikt. Unter General Lucjan Zeligowski (1865-1947) versuchte Pilsudski, ein mit Polen assoziiertes Gebilde „Mittellitauen“ zu schaffen. Dieses Konstrukt wurde zwei Jahre aufrechterhalten, bis Polen das Gebiet Wilna am 20. April 1922 endg�ltig annektierte. Kaunas wurde f�r die kommende Zeit zur provisorischen litauischen Hauptstadt.
Durch den Krieg mit Sowjetru�land waren die polnischen Truppen ersch�pft, und Pilsudski war gezwungen, auf einen Waffenstillstand einzugehen. Wenige Monate sp�ter, am 18.03.1921, wurde im Frieden von Riga eine Grenze zwischen Sowjetru�land und Polen gezogen, die fast 200 km �stlich der Curzon-Linie lag und damit gro�e Gebiete, die nicht polnisch besiedelt waren, umfa�te. Polen hatte damit 1921 etwa 27 Millionen Einwohner, wovon 8 Millionen Nichtpolen waren.
Besetzung deutscher Gebiete:
Auch im Westen agierten Truppen Pilsudskis, bzw. Truppenteile agierten zumindest mit Unterst�tzung der polnischen Regierung. So beispielsweise polnische Freisch�rlerverb�nde unter Wojciech Korfanty (1873-1939), die in Oberschlesien gegen die mehrheitlich deutsche Bev�lkerung vorgingen. Es kam zu erheblichen Auseinandersetzungen, wobei die deutsche Bev�lkerung nicht auf den Schutz der deutschen Armee hoffen konnte, da diese nach dem Versailler Diktat desarmiert war und General Hans von Seeckt (1866-1936) ein Eingreifen der Entente bef�rchten mu�te. Die deutschen Freikorps und der „Selbstschutz Oberschlesien“, anfangs unter dem Kommando Generalleutnants Bernhard von H�lsen (1865-1950), in der Folgezeit unter Befehl des Oberschlesiers Generalleutnant Karl Hoefer, leisteten den polnischen Freisch�rlern w�hrend des sogenannten dritten polnischen Aufstandes erbitterten Widerstand.
Bis zur Volksabstimmung im April 1921, der eine au�erordentliche polnische Propaganda voranging und bei der die Bev�lkerung trotzdem mit 60% f�r einen Verbleib beim Deutschen Reich gestimmt hatte, dauerten die K�mpfe an. Das Ergebnis der Volksabstimmung wurde von den Ententem�chten ignoriert und die wichtigen Industriegebiete Oberschlesiens fielen an Polen. Sie mu�ten vom Deutschen Reich am 12.10.1921 �bergeben werden. Bereits 1919 war Polen mit der ebenfalls neu entstandenen Tschechoslowakei um „�sterreichisch-Schlesien“ in Konflikt geraten, als Polen die Stadt Teschen forderte, die 1919 von der Tschechoslowakei besetzt worden war. Sie wurde 1920 geteilt, die Grenze verl�uft mitten durch die Stadt. Die Grenzfestlegungen Polens zogen sich bis 1922 hin.
Konstituierung des polnischen Staates:
Im Vorjahr war am 19.02.1921 ein Milit�r und Wirtschaftspakt mit Frankreich geschlossen worden, der die faktisch seit 1918 bestehende milit�rische Unterst�tzung durch Frankreich vertraglich sicherte. Kurz darauf verabschiedete das polnische Parlament am 17.03.1921 eine zweite Verfassung und beschnitt damit Pilsudskis Machtbefugnisse erheblich. Ver�rgert k�ndigte er an, f�r das Amt des Pr�sidenten bei den geplanten Wahlen nicht kandidieren zu wollen. Im September 1921 fand der erste und einzige Anschlag auf Pilsudskis Leben statt. Bei einem Besuch in Lemberg wurde er von einem ukrainischen Nationalisten beschossen, keiner der drei abgegebenen Sch�sse traf.
Die konstituierende Sitzung des am 5./12.11.1922 gew�hlten „Sejm“ und des Senats fand am 28.11.1922 statt. Die Nationalversammlung w�hlte am 04.12.1922 Pilsudski zum Pr�sidenten, der die Wahl jedoch ablehnte. Daraufhin wurde Gabriel Narutowicz (1865-1922) gew�hlt. Er trat am 14.12.1922 sein Amt an, wurde aber bereits zwei Tage danach von einem Attent�ter ermordet. Am 20.12.1922 kam es daher erneut zur Wahl eines Pr�sidenten, Stanislaw Wojciechowski (1869-1953), der das Amt bis zum 15.05.1926 innehaben sollte.
R�ckzug aus der Politik:
Nach den verlorenen Auseinandersetzungen um die polnische Verfassung zog sich Josef Klemens Pilsudski im Mai 1923 vor�bergehend aus der Politik zur�ck. Die �mter des Generalstabschefs und des Vorsitzenden des Verteidigungsrates legte er nieder. Er lebte mit seiner langj�hrigen Geliebten Aleksandra Szczerbinska, die er nach dem Tode seiner ersten Frau Maria im Jahre 1921 geheiratet hatte, auf dem Landgut Sulej�we. Er begann, B�cher zu schreiben; so „Wspomnienia o Gabrjelu Narutowiczu“ („Erinnerungen an Gabriel Narutowicz“, erschienen 1923) sowie die Werke „O wartosci zolnierza Legjon�w“ („�ber den Wert eines Legion�rs“, erschienen 1923), „Rok 1920“ („Das Jahr 1920“, erschienen 1924), „U zr�del niemocy Rzeczpospolitej“ („Die Ursachen f�r die Schw�che der Republik“, erschienen 1924) und „Moje pierwsze boje“ („Meine ersten Schlachten“, erschienen 1925).
Trotz seines R�ckzuges aus der Politik hatte Pilsudski weiterhin gro�en Einflu� auf das Geschehen. Die politische Lage in Polen wurde in den Jahren nach 1923 immer un�bersichtlicher. In der Zeit vom 20.07.1920 bis zum 17.05.1926 waren insgesamt 9 verschiedene Premierminister im Amt. Auch die wirtschaftliche Entwicklung verlief desastr�s. Der monatliche Preisanstieg Ende 1923 hatte 150 Prozent monatlich betragen. Am 02.05.1924 wurde unter der Regierung Grabski eine W�hrungsreform durch- und der „Zloty“ eingef�hrt, nachdem eine Hyperinflation die „Marka Polska“, die „Polnische Mark“, zusammenbrechen lie�.
R�ckkehr in die Politik und Diktatur:
Unter dem Eindruck der Entwicklung des polnischen Staatswesens beschlo� Pilsudski am 10.05.1926, in die Politik zur�ckzukehren. Aus einer Milit�rparade entwickelte sich ein Staatsstreich. Nach 7-t�gigen Gefechten trat die amtierende Regierung unter Premierminister Wincenty Witos (1874-1945) und Pr�sident Stanislaw Wojciechowski (1869-1953) zur�ck. Pilsudski begann seine Politik der „Sanacja“, der Sanierung. Mit anf�nglicher Billigung gro�er Teile der polnischen Bev�lkerung errichtete er eine sogenannte „moralische Diktatur“. Obwohl das Parlament ihn zum Pr�sidenten w�hlte, nahm Pilsudski auch diese Wahl nicht an. Zum Pr�sidenten wurde daher Ignacy Moscicki (1867-1946) ernannt. Pilsudski �bernahm die Positionen des Verteidigungsministers und des Generalinspekteurs des Heeres. Alle ma�geblichen Positionen besetzte er mit ehemaligen Offizieren der Unabh�ngigkeitsk�mpfe und etablierte damit faktisch eine Milit�rdiktatur.
Innenpolitische und Au�enpolitische Spannungen:
Erste Auswirkung der Macht�bernahme war eine Konsolidierung der Staatsfinanzen. Zeitgleich wurde mit der Zerschlagung der Verb�nde der Ukrainer, Litauer und Wei�russen begonnen. Die Frage um das k�nstliche Konstrukt „Mittellitauen“ versch�rfte sich gegen Ende des Jahres 1927, nachdem die Sowjetunion und Litauen am 28.09.1926 einen Nichtangriffspakt unterzeichnet hatten, in dem die Sowjetunion den Anspruch Litauens auf das Gebiet von Wilna anerkannte. Auf Druck des Deutschen Reiches und der Sowjetunion, die seit dem „Rapallo-Vertrag“ vom 16. 04.1922 diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten und seit dem „Berliner Vertrag“ von 24.06.1926 partiell zusammenarbeiteten, verhandelten Polen und Litauen 1928 auf der Konferenz von K�nigsberg, ohne jedoch zu einer Einigung zu kommen. Polen war durch die Anerkenntnis Litauens seitens der Sowjetunion und dadurch, da� sich das Deutsche Reich im „Berliner Vertrag“ f�r den Fall einer Auseinandersetzung Sowjetru�lands mit einer dritten Macht als strikt neutral erkl�rt hatte, in der Lage, da�, im Falle eines Konflikts mit Sowjetru�land, der Verb�ndete Frankreich nicht �ber den Landweg Unterst�tzung h�tte leisten konnte. Polen war damit milit�risch weitgehend isoliert.
Zu den au�enpolitischen Spannungen kam innenpolitische, da Pilsudski nicht nur die reaktion�re Rechte bek�mpfte, sondern auch die Linke gegen sich aufbrachte. Diese war emp�rt �ber seine Zusammenarbeit mit den Gro�grundbesitzern. Pilsudskis Regierung scheute nicht davor zur�ck, drastische Ma�nahmen zur Stabilisierung anzuwenden. Sie sorgte ab 1928 daf�r, da� Parlamentssitzungen in Anwesenheit von Polizeikr�ften durchgef�hrt wurden, um die teilweise tumultartigen Debatten zu beenden. Bei der Parlamentswahl 1928 trat Pilsudski mit einem sogenannten „Parteilosen Block“ an, (er war seit l�ngerem aus der von ihm mitgegr�ndeten Partei PPS ausgetreten), konnte jedoch keine Mehrheit erringen. Daher l�ste er den Sejm auf und lie� zahlreiche Oppositionspolitiker in Brest in einem Lager internieren. Am 05.12.1929 schlossen sich die Mitte und Linksparteien zur „Centrolew“ (Zentrums-)-Bewegung zusammen. Sie umfa�te die Parteien „Polska Partia Socjalistyczna“, „Polskie Stronnictwo Ludowe - Wyzwolenie“, Stronnictwa Chlopskiego, „Polskie Stronnictwo Ludowe-Piast“, „Narodowej Partii Robotniczej“ und „Chrzescijanskiej Demokracji“.
Au�enpolitisch konnte Pilsudski einen am 09.02.1929 geschlossenen Nichtangriffspakt, das Litwinow-Protokoll, mit der Sowjetunion, Rum�nien, Lettland und Estland als Erfolg verbuchen. Die Initiative dazu ging vom sowjetischen Au�enminister Maxim M. Litwinow (1876 - 1951) aus. Am 05.04.1929 trat auch Litauen dem Litwinow-Protokoll bei, womit die Auseinandersetzung um Wilna zugunsten Polens beigelegt war.
W�hrenddessen setzte die Weltwirtschaftkrise auch der polnischen �konomie stark zu. Am 10.09. 1930 wurde das Parlament endg�ltig aufgel�st und erneut viele Oppositionelle, insbesondere Mitglieder der „Centrolew“-Bewegung, verhaftet. Bereits im Juni des Jahres hatte Pilsudski eine „Centrolew“-Konferenz aufl�sen und die Delegierten verhaften lassen. Nicht zuletzt aufgrund der massiven Bek�mpfung der Opposition gelang es Pilsudskis Regierungsblock bei der Wahl zum Sejm am 16.11.1930, mit 247 Sitzen die absolute Mehrheit zu erringen.
In der Au�enpolitik ergaben sich neuerliche Konflikte, die aus dem problematischen Grenzverlauf Polens resultierten. Die latenten Spannungen mit dem Deutschen Reich insbesondere um Danzig versch�rften sich seit der sogenannten „Wicher Aff�re“ am 15.06.1932 erheblich. Dabei war der polnische Zerst�rer Wicher ohne Genehmigung der Danziger Beh�rden in den Hafen eingelaufen. W�hrend der Laufzeit eines Vertrages vom 08.10.1921 war der Danziger Hafen f�r polnische Kriegschiffe frei zug�nglich gewesen, der Vertrag wurde allerdings im Fr�hjahr 1932 vom Senat der „Freien Stadt Danzig“ nicht nochmals verl�ngert. Polen nahm den Besuch dreier britischer Kriegschiffe zum Anla�, die Einfahrt zu erzwingen. Als bekannt wurde, da� der Kapit�n Anweisung hatte, bei etwaigem deutschem Widerstand das Feuer zu er�ffnen, kam es zum Eklat. Selbst der polnische Au�enminister Zaleski zeigte sich „entsetzt“ �ber die m�glichen Konsequenzen des Zwischenfalls. Polen unterhielt zudem auf der Danziger Westerplatte, innerhalb der Grenzen der „Freien Stadt Danzig“, eine milit�rische Stellung, deren Truppenst�rke st�ndig erh�ht worden war, und betrieb innerhalb der Stadt eine polnische Post, deren Etablierung bereits am 05.01.1925 zu heftigen Protesten des Danziger Senats und der Bev�lkerung gef�hrt hatte. Von den 400.000 Einwohnern Danzigs waren 1933 nur etwa 9% Polen, 1923 waren es noch 3,3 % gewesen. Trotzdem stand die Stadt, die offiziell einem V�lkerbundmandat unterstand, au�enpolitisch unter polnischer Souver�nit�t. Polen erhob nach wie vor Anspr�che auf die „urpolnische Stadt“. Angesichts der nach wie vor bestehenden innenpolitischen Schwierigkeiten waren diese Anspr�che allerdings nicht mehr realistisch.
Innenpolitisch wurden vom Regime s�mtliche b�rgerlich demokratische Freiheiten weiter eingeschr�nkt. Ein provisorisches Erm�chtigungsgesetz wurde im M�rz 1933 durchgesetzt. Ab 1934 wurden politische H�ftlinge im Lager Bereza Kartuska in Galizien interniert. Gleichzeitig begann ein bereits in den 20er Jahren stets latent vorhandener Antisemitismus, schleichend zum Bestandteil der Regierungspolitik zu werden. Pilsudski selbst war kein offener Antisemit, gro�e Teile der polnischen Nationalisten waren allerdings erkl�rte Antisemiten. Der Antisemitismus hatte in der polnischen Bev�lkerung eine lange Tradition, was nicht zuletzt auf ihrer allgemein tiefreligi�s katholischen Einstellung beruhte.
Verh�ltnis zum Deutschen Reich nach 1933:
Nachdem am 30.01.1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler des Deutschen Reiches ernannt worden war, sah Pilsudski in Deutschland eine gesteigerte Bedrohung, da es offensichtlich schien, da� Hitler eine ernsthafte Revision der Grenzen des Versailler Diktats anstreben w�rde, obwohl er in „Mein Kampf“ geschrieben hatte, die Forderung nach der Wiederherstellung der Grenzen von 1914 sei eine „erb�rmliche“, denn sie sto�e „jeden etwa aus dem Bunde unserer Feinde springen wollenden Partner wieder zur�ck“ da dieser Angst haben m�sse, isoliert angegriffen zu werden.
Ein Erstarken Deutschland mu�te nach den vorangegangenen gro�polnischen All�ren und der Stimmung im Deutschen Reich zu einer Konfrontation in der Frage des „Polnischen Korridors“ und der „Freien Stadt Danzig“ f�hren. Noch war das Deutsche Reich jedoch weder politisch noch milit�risch in der Lage, Revisionsanspr�che durchzusetzen. Diese Situation wollte Pilsudski nutzen. Er versuchte, die franz�sische Regierung von der Notwendigkeit eines pr�ventiven Angriffs auf Deutschland zu �berzeugen. Bei seinem Staatsbesuch in Paris scheitert dieses Anliegen jedoch. Parallel dazu versuchte Pilsudski eine Ann�herung an das Deutsche Reich und setzte nach dem Scheitern seines franz�sischen Planes ausschlie�lich auf diese Karte. Um eine Eskalation von deutscher Seite zu verhindern, erging am 15.03.1933 w�hrend des Wahlkampfes zum „Volkstag“ an die Gauleitung der Danziger NSDAP die unmi�verst�ndliche Anweisung „sich gr��ter Zur�ckhaltung zu beflei�igen“.
Am 19.04.1933
meldete der Gesandte des Deutschen Reiches Hans Adolf von Moltke (1884-1943)
das Interesse der polnischen F�hrung an direkten Verhandlungen nach Berlin.
Bei einem Treffen zwischen dem polnischen Gesandten Wysocki und Hitler am 02.05.1933
zeigten beide Seiten Kompromi�bereitschaft. Im Kommunique zu diesem Treffen
stand w�rtlich „der Reichskanzler betonte die feste Absicht der deutschen
Regierung, ihre Einstellung und ihr Vorgehen strengsten im Rahmen der bestehenden
Vertr�ge zu halten ( ... ) der Reichskanzler spricht den Wunsch aus, da�
die beiden L�nder ihre gemeinsamen Interessen leidenschaftslos �berpr�fen
und behandeln m�chten“.
In Danzig ver�nderte sich die Situation dramatisch. In der Wahl zum Danziger
„Volkstag“ am 28.05.1933 hatte die NSDAP 50,12% aller abgegebenen
Stimmen, die „Polnische Liste“ hatte 1,11 % erreicht. Die Wahlbeteiligung
lag bei 92,09 % der Wahlberechtigten. Wenige Monate sp�ter, am 05.10.1933,
kam es zu einer Vereinbarung zwischen der „Freien Stadt Danzig“
und Polen, in dem die vorher ungekl�rten Fragen der polnischen Minderheit
in Danzig und der Einbindung des Danziger Hafens in den polnischen Au�enhandel
zu polnischer Zufriedenheit gel�st wurden.
Der neue polnische Gesandte Josef Lipski (1894-1958) traf sich am 15.11.1933 mit Hitler, und die Basis f�r den am 26.01.1934 zwischen Polen und dem Deutschen Reich geschlossenen Nichtangriffspakt wurde geschaffen. Dr. Joseph Goebbels wurde anl��lich der Vertragsunterzeichnung von Pilsudski in Warschau empfangen. Der B�ndnisvertrag beinhaltete, bei einer G�ltigkeit von zehn Jahren, ein gegenseitiges Versprechen auf Gewaltverzicht. Im Februar wurde er um eine Pressevereinbarung erg�nzt, die den propagierten Hass in den Medien beider L�nder beseitigte. Einen Monat sp�ter, am 15.03.1934 wurde das sogenannte „Zollfriedenskommunique“ wirksam, das einen weiteren jahrelangen Streit zwischen Deutschland und Polen beilegte. Die weitere geplante Zusammenarbeit beider Staaten umfa�te wirtschaftliche und kulturelle Projekte. Herrmann G�ring reiste am 28.01.1935 nach Polen. Ein Deutsch-Polnisches Institut wurde am 25.02.1935 an der „Lessing-Hochschule“ in Berlin er�ffnet. An einem Empfang der Polnischen Gesandtschaft zu diesem Anla� nahm auch G�ring teil.
Tiefpunkt des franz�sisch-polnischen B�ndnisses und Ausweitung der Diktatur:
Durch die relativ
schnelle Entwicklung der polnisch-deutschen Beziehungen geriet das Verh�ltnis
Polens zu seinem engsten Verb�ndeten Frankreich in eine erhebliche Schieflage.
Als der franz�sische Au�enminister Louis Barthou (1862-1934), Inhaber
des h�chsten polnischen Ordens f�r den polnisch-franz�sischen
Beistandspakt von 1921, am 09.10.1934 in Paris einem kroatischen Attentat auf
den jugoslawischen K�nig Alexander I. zum Opfer fiel, kondolierte die polnische
Regierung nicht einmal.
Innenpolitisch versuchte Pilsudski, mit der Annahme der sogenannten „Aprilverfassung“
durch den Sejm am 23.04.1935 seine Macht weiter zu st�rken. In Absatz II
dieser Verfassung wurden dem Staatspr�sidenten fast unumschr�nkte
Machtbefugnisse zugesprochen.
Der Tod Pilsudskis:
Kurz darauf am 12.05.1935 starb Josef Klemens Pilsudski jedoch �berraschend an Krebs. Sein einbalsamierter Leichnam wurde, eingekleidet in eine Paradeuniform, f�r zwei Tage in der „St. Johannes Kathedrale“ in Warschau aufgebahrt. Danach wurden seine sterblichen �berreste nach Krakau �berf�hrt wo er in der „Leonard-Krypta“ der „Wawel-Kathedrale“ unter gro�er Anteilnahme der Bev�lkerung und in Anwesenheit f�hrender europ�ischer Politiker beigesetzt wurde. Sein Herz wurde auf seinen ausdr�cklichen Wunsch hin nach Wilna �berf�hrt und neben seiner Mutter auf dem Rasu-Friedhof bestattet.
Res�mee:
Pilsudski wird heute in Polen ungeheuer verehrt, steht er doch als Person f�r das Wiedererstehen eines souver�nen polnischen Staates. Bei allem Respekt vor dieser historischen Leistung darf jedoch nicht �bersehen werden, da� Pilsudski w�hrend des polnischen Unabh�ngigkeitskampfes eine r�cksichtslose Hegemonialpolitik vertrat und die polnische Grenzfestlegung unter gro�polnischen Aspekten durchsetzte. W�hrend seiner Herrschaft betrieb Polen eine massive Unterdr�ckung der ethnischen Minderheiten. Deutsche, Litauer, Ukrainer, Wei�russen und Juden unterlagen erheblichen Repressalien.
Die sp�tere, auf eine Verst�ndigung mit dem Deutschen Reich gerichtete Politik entsprach der Einsicht in das Unausweichliche. Pilsudski sah klar, da� ein �berleben Polens zur damaligen Zeit nur mit einer engen Bindung an das Deutsche Reich m�glich war. Er war nicht nur milit�risch, sondern auch politisch ein hervorragender Stratege.
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