Zeitgeschichte + Hintergründe

 

NSB - Die Nationalsozialistische Bewegung der Niederlande

 

 

Anmerkung: Dieser Aufsatz stammt aus dem Nachlaß des "Europakreuzes" und wurde uns vom Verfasser zur Verfügung gestellt. Man dankt.
Richard Schapke

 

Beflügelt vom greifbar nahen deutschen Vorbild, gründeten Anton Adriaan Mussert und Cornelis van Geelkerken am 13.XII.1931 in Utrecht ihre Partei NSB. Die Parteigründer waren durch ihren Kampf gegen holländisch-belgische Kanalbauprojekte keine Unbekannten. Wesentliche Grundzüge waren Antiliberalismus, Antikommunismus, die Zusammenfassung der Holländer, Friesen und Flamen in einem Großniederländischen Reich, Beschränkung des Kapitalismus, korporativer Staatsaufbau und Kolonialismus (Indonesien). Der fähige Organisator Mussert nahm zunächst nicht an Wahlen teil, sondern konzentrierte sich auf den Ausbau der Partei. Die ersten Anhänger fanden sich in den Städten, hier vor allem der Mittelstand wie Kaufleute, Beamte, Offiziere, Akademiker und Rentner. Der bei anderen Faschismen zu beobachtende hohe Jugendanteil fehlt. Markenzeichen der Bewegung war das Schwarzhemd, als Vorbild fungierte Mussolini und nicht Hitler. Später ersetzte man das Parteiemblem, den NSB-Löwen, durch den rot-weiß-blauen Dreizack mit der Wolfsangel, dem Symbol für die Flüsse Rhein, Schelde und Maas. Mussert konnte Weltwirtschaftskrise (600.000 Arbeitslose), systemimmanente Mängel und gesellschaftliche Zersplitterung für seine Propaganda nutzen. Schon ab 1933 wurde die Partei vom Staat bekämpft. Die Regierung griff zu Mitteln wie Ausschluß aus dem Militärdienst, Uniformverbot und Behinderung der Propagandatätigkeit.

Im Jahr 1934 hatte die NSB bereits 21.000 Mitglieder. Zum Vergleich: Katholiken und Sozialdemokraten zählten je 100.000 Personen. Unter dem Eindruck antideutscher Boykotte und des vermehrten Auftretens von Juden in der Öffentlichkeit formierte sich innerhalb der NSB eine extremistische Gruppe, die Mussert allmählich in den Rassismus trieb. Die Regierung reagierte mit einem Radikalenerlaß gegen die Partei. Mussert und Geelkerken quittierten den Staatsdienst, während andere Personen aus der NSB austraten. Die Bewegung bekräftigte ihren Kurs, nur auf legalem Wege zur Macht zu gelangen. Wirtschaftskrise, Arbeiterunruhen und eine Meuterei in Fernost erzeugten eine Krisenstimmung im Land.

Anfang 1935 trat die NSB der faschistischen Internationale CAUR bei. Bei den Regionalwahlen des April 1935 erreichten die Nationalsozialisten aus dem Stand 7,94 % der Stimmen und gewannen 295.000 Wähler für sich. Der Wahlkampf wurde antisemitisch geführt, man forderte, nur Holländern die volle Staatsbürgerschaft zu gewähren. Am höchsten war der Stimmenanteil in Utrecht und Amsterdam mit 10 % und in Den Haag mit 12 %. Auf dem Land war der Anhang im katholischen Limburg und in den an Deutschland angrenzenden Gebieten am größten. Da die NSB bereits auf 33.000 Mitglieder angewachsen war, schlossen sich Liberale, Sozialdemokraten und die Kirchen zu einer Abwehrfront zusammen. Die rechtsstehenden Parteien der Katholiken und Calvinisten hielten sich bedeckt.

Trotz Kirchenkampf, Antisemitismus und der sich auf die niederländischen Agrarexporte negativ auswirkenden deutschen Autarkiepolitik zählte die NSB 1936 bereits 55.000 Mitglieder und war von der Kopfzahl her die drittstärkste Partei des Landes. In diesem Jahr sah sich die Regierung genötigt, die nach dem Vorbild der SA aufgebaute Wehrabteilung zu verbieten. Die Folge war eine Radikalisierung der NSB, in der sich die Antisemiten um Meinoud Marinus Rost van Tonningen, den ehemaligen Finanzkontrolleur des Völkerbundes in Österreich, sammelten. Rost wurde Leiter der Auslandsabteilung und Chefredakteur des Parteiorgans "Het Nationale Dagblad". Mussert etablierte das Führerprinzip und trug den Titel "Leider". Die zunehmende Hinwendung zu Deutschland verstärkte sich mit Hitlers Erfolgen. Rost unterhielt Kontakte zu Hitler und vor allem zu Himmler. Delegationen unter seiner Fürhung vertraten die NSB ab 1936 auf den Reichsparteitagen. Mussert weilte dreimal in Deutschland, aber Berlin blieb reserviert, außerdem teilte er die Furcht vieler Landsleute vor einer Einverleibung durch das Reich.

Die Parlamentswahlen von 1937 brachten nur 4,2 % der Stimmen ein, da insbesondere der katholische Klerus eine wüste Kampagne gegen die NSB startete. Im Wahlkampf forderte Mussert, der "Judenherrschaft" in den Niederlanden ein Ende zu bereiten. Der wirtschaftliche Aufschwung entzog der Partei viele Protestwähler.

Im Jahr 1938 wurden Juden von der Parteimitgliedschaft ausgeschlossen. Nach der Kristallnacht in Deutschland regte Mussert die Deportation aller Juden nach Guayana/Südamerika an, aber Berlin reagierte nicht auf diesen Gedanken. Im April 1939 stattete der Leider dem Auswärtigen Amt einen Besuch ab und hielt dort einen Vortrag. Ein Krieg zwischen Deutschland und England war in seinen Augen unausweichlich. Die NSB wollte in diesem Kampf auf deutscher Seite stehen, da der Konflikt die Machtübernahme der Partei bringen konnte. Musserts Ziel war die Errichtung des Großniederländischen Reiches. Neben der Achse Berlin-Rom sollte eine neue Achse von Holland über Flandern und den Kongo nach Südafrika laufen. Ein deutscher Vasallenstaat in den Niederlanden wurde abgelehnt. Für die antideutsche Stimmung in der Heimat machte Mussert Juden und Freimaurer verantwortlich.

Bei den Provinzwahlen des gleichen Monats konsolidierte der Anteil der NSB sich bei rund 4 %. Die Parteiaustritte nahmen nicht ab, Anfang 1940 zählte die Partei nur noch 31.436 Mitglieder. Es folgte im Mai 1939 ein Antidiskriminierungsgesetz der holländischen Regierung. Während der Gemeinderatswahlen des Jahre kandidierte die NSB nur in Amsterdam, wo sie sich von 5,9 auf 6,91 % verbessern konnte. Ein Aufwärtstrend war nicht zu übersehen: Im März 1940 standen 33.000 Parteigenossen hinter dem Leider.

Als die Wehrmacht am 10.V.40 zum Westfeldzug antrat, verhafteten die niederländischen Behörden 10.000 Rechte und Reichsdeutsche. Nach dem deutschen Einmarsch schien die Stunde der NSB gekommen. Großzügig entließen die Deutschen alle Kriegsgefangenen. Hitler setzte Reichskommissar Arthur Seyß-Inquart als deutschen Verwaltungschef ein, der auch als Minister ohne Geschäftsbereich Mitglied der Reichsregierung war. Seyß-Inquart wurde Hitler und Görings Vierjahresplan unterstellt. Die Deutschen richteten fünf Generalkommissariate ein, womit sie der niederländischen Verwaltung ein deutsches Kontrollsystem überstülpten. Sie wurden wie üblich durch Machtkämpfe zwischen SS, NSDAP, Verwaltung, Vierjahresplan und Auswärtigem Amt behindert. Die Wehrmacht hielt sich aus dem Hickhack heraus. Spitze der deutschen und einheimischen Polizei war der Höhere SS- und Polizeiführer Hanns Albin Rauter, der faktisch von Seyß-Inquart unabhängige Generalkommissar für Sicherheit. Rauter schaltete die niederländische Polizei unter SS-Kontrolle gleich.

Die höchste einheimische Amtsgewalt stellten die Generalsekretäre der holländischen Ministerien dar, aber generell arbeitete die Verwaltung mit den Deutschen zusammen. Das galt auch für die Unternehmer. Bald gingen rund 50 % der Industrieproduktion in die deutsche Kriegswirtschaft. In ihrer Bedeutung für Deutschland lagen die Niederlande noch vor Belgien und Frankreich. Sie stellten eine gute halbe Million in diesem Fall rechtlich ihren deutschen Kollegen gleichgestellte Fremdarbeiter (viele davon freiwillig), hinzu kamen großangelegte Aktivitäten der Bauwirtschaft für das Reich. Erstes Ziel war die Selbstnazifizierung des Landes, aber die NSB arbeitete bereits (unter Max Blokzijl, dem "holländischen Goebbels") erfolgreich an einer Gleichschaltung von Medien und Kultur. Die Gleichschaltung der Sozialdemokratie gelang nur auf gewerkschaftlicher Ebene. Mussert sah das Reichskommissariat als ein Zwischenspiel zum Großniederländischen Reich, das sich politisch, wirtschaftlich und kulturell an Deutschland annähern sollte. Er bat zunächst vergebens um eine Audienz bei Hitler. Rost van Tonningen versicherte sich dagegen der Unterstützung der SS. Himmler war entschlossen, Mussert auszuschalten und die Niederlande dem Reich einzugliedern.

Als weitere Kollaborationsbewegung entstand die Nederlandse Unie aus einer außerparlamentarischen Reformbewegung. Die Altparteien blieben fern, da die Deutschen gegen das Königshaus eingestellt waren. Die Union forderte das Korporativsystem sowie ein Gemeinschaftsgefühl mit geistiger Freiheit und Toleranz, um die kommenden Aufgaben zu bewältigen. Die Deutschen warteten ab, aber die Massen strömten der Union zu. Schon im Oktober 1940 zählte sie 500.000 Mitglieder, im Februar 1941 gar 800.000. Das Bürgertum wollte die politische Zersplitterung überwinden, auf der anderen Seite war die Union eine Absage an die als unniederländisch empfundene NSB. Es kam zu Zusammenstößen zwischen Unie- und NSB-Anhängern. Auf mittlerer Ebene gab es ein gelegentliche Kooperation mit der radikalen Rechten. Mussert lehnte die Union als reaktionär und kapitalistisch ab.

Auf der Rechten war noch A. Meijers mittlerweile in Nationaal Front umbenannte Zwart Front aktiv. Die Partei gab sich betont proletarisch-revolutionär, ihre Basis waren Nord-Brabant und Limburg. Ein wichtiges Merkmal war der radikale Antisemitismus, wobei Meijer die Juden als religiöse und nicht als rassische Fremdkörper betrachtete. Die rassistische Politik Hitlers war in seinen Augen jedoch verständlich. Auch Meijer orientierte sich großniederländisch. Sein Versuch, sich der Union anzuschließen, scheiterte. Durch deutliche Angriffe auf den "Verräter" Mussert, dem er Judenfreundlichkeit vorhielt, und Bemühungen um das Bürgertum verbreiterte Meijer seine Basis bald auf 10.000 Parteigenossen. Obwohl er Widerstand und Monarchie ablehnte und die Achse feierte, betrachteten die Deutschen ihn als Sektierer und unterhielten keine Kontakte. Ferner gab es die NSNAP des Ernst Herman Ridder von Rappard, die nun die NS-Splittergruppen aufsaugte und lautstark die Einverleibung ins Großdeutsche Reich forderte. Bis Sommer 1941 wuchs sie auf 15.000 Mitglieder an und wurde von den Deutschen als Druckmittel gegen Mussert genutzt.

Mit einem politischen Glaubensbekenntnis gewann Mussert das Wettrennen um die Gunst der Deutschen. Er schlug einen Bund der germanischen Völker vor, zu dessen Mitgliedern das Großdietse Reich gehören sollte. Weitere Bundespartner sollten Norwegen, Dänemark, Schweden, die Schweiz und nach dem Endsieg England sein. Verbindliche Grundlagen waren Nationalsozialismus, gemeinsame Streitkräfte, Blutsverbundenheit und Lebensraumwirtschaft. Staatsoberhaupt sollte Hitler als Germanischer Führer und Oberbefehlshaber werden, der jedoch einen anderen Reichskanzler zu ernennen hätte. Die Deportation von Juden (nach Guayana) und Wallonen war vorgesehen. Mussert bot Berlin an, 1 mio Niederländer und Flamen für den erwarteten Ostfeldzug mobilzumachen. Die NSB sah er als Garantin der niederländischen Staatlichkeit.

Am 04.IX.1940 legte die NSB-Führung ein Treuegelöbnis auf Hitler ab und war faktisch als einzige Kollaborationspartei anerkannt. Im Dezember hatte die Partei bereits 50.000 Mitglieder. Die Alten Kämpfer faßte man im 1. Bann, die Neuzugänge im 2. Bann zusammen. Unter Henk Feldmeijer entstand eine Nederlandse SS, die bald mit Hilfe Rauters und Himmlers ein Eigenleben führte und den großgermanischen Gedanken propagierte. Sie kam über 4000 Mitglieder und ebenso viele Förderer nicht hinaus. Auf einem anderen Feld war sie ungleich effektiver.

Ende 1940 begannen die Deutschen mit der Aufstellung der 5. SS-Division "Wiking", innerhalb der sich das Regiment "Westland" aus Niederländern und Flamen zusammensetzte. Diese Keimzelle der europäischen Freiwilligenbewegung nahm seit 1941 an allen wesentlichen Kämpfen im Süden der Ostfront teil und wurde von den Sowjets als schlagkräftigste deutsche Division gefürchtet. Mit dem Beginn des Ostfeldzuges begann unter Regie der Germanischen Leitstelle der SS die Rekrutierung auch holländischer Freiwilliger. Zwischen 25-40.00 Holländer kämpften in den Reihen der Waffen-SS, davon kamen 40 % aus der NSB. Weitere 7000 Mann dienten beim NS-Kraftfahrkorps im Rahmen der Luftwaffe. Mussert leistete gegen die Freiwilligenbewegung Widerstand, und die Extremisten unterminierten seine Stellung. Himmler träumte bald von einem großeuropäischen Reich und konnte sich durchaus vorstellen, daß sein Nachfolger kein Deutscher sein könnte. Diese Pläne scheiterten letztendlich an Hitlers imperialistischem Politikbegriff.

Nach den üblichen antijüdischen Verwaltungsmaßnahmen der Deutschen (Ausgrenzung, Arisierung) gingen die Aktivisten der NSB weiter und starteten Anfang 1941 eine antisemitische Kampagne, in deren Verlauf es in Amsterdam zu einem schweren Judenpogrom kam. In Den Haag terrorisierten NSNAP-Kommandos die Juden. Diese wehrten sich und riefen so die deutsche Polizei auf den Plan, die mit ihrem harten Vorgehen Unruhen und Streiks provozierte. Seyß-Inquart forderte die Holländer auf, sich zwischen ihrer Judenfreundschaft und der Zusammenarbeit mit Deutschland zu entscheiden. Die deutsche Herrschaft mit Beschlagnahmeaktionen, Arbeitseinsatz und Lebensmittelrationierung war nicht dazu angetan, Sympathien unter der Bevölkerung zu wecken. Der Widerstand formierte sich, um Juden zu verstecken, Sabotage zu üben und vor allem um die Briten mit militärischen Informationen zu versorgen. Die Union wandte sich gegen den verständnislosen Kurs der Deutschen und wurde zunehmend verfolgt.

Deutschland änderte die Besatzungspolitik. Zunehmend wurden Wirtschaft und Gesellschaft nach NS-Muster organisiert, z.T. indem NSB-Gliederungen obligatorisch wurden. Im Juli 1941 lösten die Deutschen alle nicht rechtsgerichteten Parteien auf. Die NSB führte das Kaderprinzip ein, und neue Mitglieder mußten erst eine Probezeit bestehen. Mussert strebte harten Kern von 100.000 Mitgliedern an. Dieses Ziel wurde erreicht, aber hier trat eine Stagnation ein. Jedes dritte Neumitglied trat irgendwann wieder aus. Ab August 1941 wurde die NSB verstärkt an der Gemeindeverwaltung beteiligt, bis 50 % der Bevölkerung nationalsozialistischen Bürgermeistern unterstanden. Die NSDAP suchte die NSB als Verbündete gegen die SS.

Mussert trat die Flucht nach vorn an und leistete am 12. Dezember 1941 in Berlin als niederländischer Volksführer den Gefolgschaftseid auf Adolf Hitler. Die Annäherung wurde damit belohnt, daß man die NSB zur einzig legalen Partei erklärte. Die Konkurrenzparteien wie Nationaal Front, NSNAP und Union wurden aufgelöst. Durch den Eintritt vor allem der NSNAP-Mitglieder erlebte das radikale Element innerhalb der NSB eine entscheidende Stärkung. 1942 erreichte die NS-Kollaborationsbewegung ihre größe Stärke. Die Niederländische Arbeitsfront als Gewerkschaft hatte 200.000 Mitglieder. Die von Rauter zentralisierte Polizei zählte 18.000 Mann, zu denen noch die gefürchtete Hilfspolizei mit 2000 Mann, die Wehrabteilung und der Jugendsturm mit jeweils 12.000 Mann kamen.

Anfang 1942 begann die Erfassung der Juden in Ghettos und Arbeitslagern, die im Sommer zur Deportation nach Osten führte. Straßenbahn und Eisenbahn arbeiteten hierbei bereitwillig mit den Deutschen zusammen, so daß die zusammengetriebenen Juden oftmals mit der S-Bahn direkt zum Bahnhof befördert wurden. Die durch Prämien gelockte Polizei beteiligte sich eifrig an der Jagd auf Juden. Rund 102.000 holländische Juden sollen dem Massenmord im Osten zum Opfer gefallen sein.

Die Bemühungen um niederländische Freiwillige für die Ostfront führten 1942 zur Aufstellung der SS-Brigade "Nederland", die ein Jahr später zur Division erweitert wurde. Der Verband kämpfte vor Leningrad, an der Narwa und im Kurlandkessel, um in der Schlacht um Berlin unterzugehen. Ab Herbst 1942 war die SS die politisch dominierende Kraft. Die Niederlande wurden nunmehr in die deutschen Umsiedlungspläne einbezogen. Der Generalplan Ost sah vor, holländische Kolonisten aus ihren Ballungszentren herauszulösen und zur Germanisierung des Ostens einzusetzen. Solchen Zwecken diente auch eine Informationsreise des mittlerweile zum Bankchef avancierten Rost van Tonningen in den Osten. Investitionen der Industrie im Osten blieben jedoch erfolglos. Der Jugendsturm der NSB schloß sich dem Ende 1942 gegründeten Europäischen Jugendverband an.

Als sie den 11. Jahrestag ihrer Parteigründung feierte, kündigte Seyß-Inquart an, die Partei an der Vewaltung zu beteiligen. Am 1. Februar 1943 bildete Mussert sein Staatspolitisches Sekretariat. Es konnte dem Reichskommissar und den Besatzungsbehörden Ratschläge erteilen. Die Bevölkerung und auch der Leider rechneten nun mit der baldigen Machtübernahme der NSB. Die Stärke des Widerstandes wuchs dramatisch an, Anschläge auf Kollaborateure häuften sich. Nach der Ermordung General Seyffardts, des Kopfes der Freiwilligenbewegung, deportierten die Deutschen auf Anregung van Geelkerkens 5000 Studenten in KZ. Im April kam es erneut zu Unruhen und Streiks, als die Deutschen alle entlassenen Kriegsgefangenen in Arbeitslagern internierten. Die Besatzungsmacht griff hart durch, allmählich fiel sie auf ihre in Osteuropa erprobten Gewaltmethoden zurück. Im Juli 1943 erreichte die NSB mit 103.228 Vollmitgliedern und Anwärtern, darunter auch die 10.000 Mitglieder derAuslandsgruppe, ihren Höchststand. Nun folgte ein permanenter Rückgang, da die Kollaborateure nach den deutschen Terrormaßnahmen völlig isoliert waren. Als Selbstschutztruppe entstanden verschiedene Milizen, die auch unter die Kontrolle Feldmeijers gerieten. Im Herbst 1943 eröffnete die Nederlandse SS die Aktion Silbertanne. Zur Vergeltung für die Morde an NSB-Mitgliedern bekämpfte man den Widerstand fortan mit dessen eigenen Waffen.

Mit der alliierten Invasion Westeuropas im Frühjahr und Sommer 1944 wurden auch die Niederlande Frontgebiet. Zu den Auswirkungen der deutschen Besatzung gesellten sich nun auch direkte Kriegsschäden. Die Deutschen sprengten die Deiche und setzten große Teile des Landes unter Wasser, um den Vormarsch der Gegner zu behindern. Man zog die Zivilbevölkerung zu Schanzarbeiten heran. Trotz allem hatte Musserts Regierung noch einigen Anhang, und die Deutschen konnten mit dem "Landstorm Nederland" (aus NSB-Selbstschutz und anderen Verbänden) eine weitere SS-Division aufstellen, die an ihrer Seite den Endkampf an Rhein und Maas durchstand. Der Jugendsturm rekrutierte ein Bataillon für die SS-Division "Hitlerjugend". Sehr bald stellten Holländer etwa 10 % des Führernachwuchses der Waffen-SS, womit sie nach Deutschen und Esten die drittgrößte Gruppe waren.

Im September drangen alliierte Verbände auf holländisches Gebiet vor, und es kam insbesondere bei der gescheiterten Luftlandeoperation gegen Arnheim zu großen Zerstörungen. Nach dieser Niederlage hielten die Alliierten sich fortan zurück, wobei auch Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung eine Rolle spielte. Die Deutschen verschleppten viele Holländer zur Zwangsarbeit, auch NSB-Mitglieder waren nicht mehr sicher vor Sauckels Häschern. 30.000 Parteimitglieder und ihre Familien flohen vor den Alliierten freiwillig ins Reich. Erst kurz vor dem Zusammenbruch endete der Machtkampf zwischen Mussert und Rost mit dessen Ausschluß. Obwohl Hitler den Raum Amsterdam-Den Haag-Rotterdam zur Festung erklärte, gestattete Seyß-Inquart dem Gegner, Lebensmittel für die Bevölkerung abzuwerfen. Die Verteilung übernahmen deutsche Behörden. Henk Feldmeijer fiel am 22.II.45 einem Tiefflieger zum Opfer und wurde auf dem Heldenfriedhof Still in Groningen begraben. Vergebens schlug Rauter vor, der 1. niederländischen SS-Standarte seinen Namen zu verleihen.

Am 30. April setzte der frischgebackene Reichspräsident Dönitz den Reichskommissar ab, und am 4. Mai kapitulierte die Festung Holland vor den Briten. Während der deutschen Herrschaft fanden 3000 Niederländer den Tod, und 5000 weitere kamen in Gefängnissen und KZ im Reich ums Leben. Hinzu kamen 20.000 Hungertote des letzten Winters, da die Kriegseinwirkungen Wirtschaft und Infrastruktur desorganisierten. Juden sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Die Sieger stellten 242 deutsche Funktionäre und Militärs vor Gericht, und 203 von ihnen wurden als Kriegsverbrecher abgeurteilt. Von den 18 Todesurteilen wurden 5 vollstreckt, u.a. gegen Hanns Albin Rauter.

Wie überall, so folgte auch in den Niederlanden die Abrechnung mit den "Kollaborateuren". Rost van Tonningen kam in der Haft um, und seiner Witwe verweigert man noch heute eine Rente. Die zurückgekehrte Exilregierung sah nicht ein, warum sie den Juden ihre alte Stellung wieder einräumen sollte, und es gab große Schwierigkeiten bei der Rückerstattung enteigneten Besitzes. Fast 200.000 Menschen wurden in Lager gepfercht, in denen der Widerstand seinen Rachegelüsten nachging. Einzelheiten über die Grausamkeiten enthält man noch heute der Öffentlichkeit vor. Die Sieger legten 450.000 Fallakten an, denen 200.000 Ermittlungsverfahren und 109.000 Anklagen entsprangen. Eine Fallakte konnte man z.B. schon bekommen, wenn man als Frau mit einem deutschen Soldaten getanzt hatte.

Neben der ordentlichen Justiz entstanden mit Widerständlern ohne jede Erfahrung besetzte Sondergerichte, die für Mord und Kriegsverbrechen zuständig waren. Bis 1950 fällten sie 14.562 Urteile, darunter 138 Todesurteile (36 vollstreckt) und 11.000 Freiheitsstrafen. Um Fälle "illoyalen Verhaltens" kümmerten sich bis 1948 die Säuberungstribunale. Sie verurteilten 49.920 Landsleute, davon zwei Drittel zu Gefängnis oder Zwangsarbeit. Durch Nebenstrafen verloren 127.000 Niederländer zeitweilig das Wahlrecht und 92.000 die Wehrwürdigkeit. Rund 95.000 Menschen verloren das Recht zur Bekleidung öffentlicher Ämter, weitere 60.000 wurden ausgebürgert. Insbesondere die Kämpfer der Waffen-SS wurden wie Abschaum behandelt und erhielten zwischen 8 und 10 Jahre Gefängnis. Wahlweise durften sie auch in Indonesien gegen die Befreiungsbewegung kämpfen. Als erster "Kollaborateur" endete Propagandachef Max Blokzijl am 16.III.1946 vor dem Henker. Volksführer Mussert wurde am 22.III. in Den Haag hingerichtet.

Die Internierungslager der Anfangszeit wichen im Sommer 1946 einer Versöhnungspolitik und einer massiven Umerziehung der Bevölkerung, die noch heute in völliger Verdrängung des holländischen Nationalsozialismus und hysterischer Germanophopie gipfelt.

In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß sich vor allem ab Ende der 70er Jahre neue nationalsozialistische Gruppierungen regten, die eng mit deutschen Kameraden zusammenarbeiteten.

 

Literaturhinweise:

 

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