Großdeutschland am Galgen

 

LANDSBERG MAHNT

 

In Landsberg wurde durch den Henkersergeanten Woods am laufenden Band gehenkt.

Der tragischste Fall war der des Ritterkreuzträgers Hauptmann der Luftwaffe Hermann Noack, der wegen angeblicher Beteiligung an einem Fliegerfall zum Tode verurteilt worden war und dem im November 1946 die Flucht aus Landsberg gelang. Als er über die Grenze in der Nähe von Hof in das von den Sowjets besetzte Mitteldeutschland flüchten wollte, schossen Grenzbeamte ihn nieder und lieferten den Schwerverwundeten an die Amerikaner aus. Die Ärzte mußten Hauptmann Noack ein Bein amputieren. Trotzdem schleppte Sergeant Woods, unterstützt von seinen Henkersgenossen Raleigh und Dennis, den Schwerversehrten am 21. März 1947 zum Galgen und hängten ihn samt seiner Tragbahre auf.
Alle zum Tode Verurteilten zeigten eine Haltung, die ihresgleichen nur in der Antike findet.
Hans Wolf, der beschuldigt worden war, einem Gefangenen eine Ohrfeige gegeben zu haben, sagte unterm Galgen zu dem Hinrichtungsoffizier: "Captain Wilson, melden Sie Ihrem General Clay, daß ich niemand ermordet habe. Wenn es ein Gesetz gibt, das eine Ohrfeige mit dem Tode bestraft, dann bin ich schuldig. Ich sterbe auch so. Ich fürchte den Tod nicht. Ich verzeihe Ihnen ... allen. Rache und Haß haben mich hierher gebracht. Gott verzeihe mir meine Sünden."
Kurz danach wurde Kurt Müller hingerichtet. Seine letzten Worte waren: "Wenn ich diese Richtstätte betrete, so bedeutet es für mich keine Schande, denn es haben schon tüchtigere Männer hier vor mir gestanden. Ich habe keine Verbrechen begangen, sondern Befehle ausgeführt, wie sie jeder Amerikaner auch ausgeführt haben würde. Dieser Befehl stand nicht im Widerspruch zum Kriegsrecht. Er wurde allerdings bald ausgelöst durch völkerrechtswidriges Verhalten alliierter Saboteure. Ich bin auch nicht nach Rechtsgrundsätzen verurteilt, sondern nach dem Spruch 'Vae victis'. Der Tod kann mich keinesfalls schrecken, denn nach den Worten unseres großen Dichters Schiller heißt es: 'Das Leben ist der Güter höchstes nicht, der Übel größtes aber ist die Schuld' Ich sterbe unschuldig. Captain Wilson, melden Sie Ihrem General, Sie hätten seinen Befehl ausgeführt ... Ich bin bereit."

Erich Kern, Deutschland im Abgrund, Das falsche Gericht, Verlag K. W. Schütz, Göttingen 1963, S. 273 f.

Gauleiter August Eigruber

Ja, ich werde auch die letzte Begegnung mit Gauleiter Eigruber hier in Landsberg nicht vergessen. Durch meine Arbeit für Linz lernte ich ihn damals näher kennen und schätzen. Er war ein großartiger Mann, von beständiger Art. Ich wußte, daß er, im Mauthausen-Prozeß zum Tode verurteilt, hier auf die Vollstreckung wartete.
Ich arbeitete als Kohlen- und Schlackentrimmer im Kesselhaus. An einem Nachmittag karrte ich Pechkohle aus einem entlegenen Bunker. In diesem Kohlenbunker lag das Einwerf-Fenster über Terrain, ich konnte in den Hof sehen, in dem gerade ein Teil der Rotjacken hintereinander mit Abstand seine Runden zog. Da, ein Bekannter, der Gauleiter von Linz.
Halblaut rief ich: 'Eigruber' -, 'Wer bist du?'. Er schaute zu mir, ich preßte meinen Kopf an das Gitter; doch kohlenverschmiert, wie ich war, erkannte er mich nicht. Er war auch schon wieder zu weit weg, um ihm nachzurufen. Ich wartete ab, bis er wieder näher kam bei seinem Rundgang. Jetzt war er wieder ansprechbar. 'Giesler', sagte ich. 'Was hast du?' 'Lebenslang'.
Wieder kam er näher, er ging langsamer, sah mich an: 'Du armer Kerl - weshalb hast du dir keinen Strick verpassen lassen'. 'Go on', schrie ein amerikanischer Posten. Das galt Eigruber, denn mich konnte er nicht sehen. Wieder kam Eigruber vorbei: 'Armer Kerl - du tust mir leid', sagte er. Ich sah ihn nicht wieder.
Die Hinrichtungen fanden immer am Freitag Vormittag statt, sie waren verbunden mit Einladungen an die Auerbachs und Ohrensteins und weitere Ehrengäste aus München, die auf Stühlen vor den Galgen saßen. Wir wurden über die Stunden der Vollstreckung in den Zellen eingesperrt.
Dann, an einem dieser Freitage, hörte ich im Zellenbau laut und hallend die Stimme des Gauleiters von Linz: 'Lebt wohl, Kameraden!' und dann seinen Ruf: 'Alles für Deutschland!' Tapfer, aufrecht und bekenntnistreu ging er in den Tod.

 

August Eigruber, hingerichtet am 18. Mai 1947 in Landsberg am Lech

Ein anderer Hitler, Bericht seines Architekten Hermann Giesler, Druffel-Verlag, Leoni 1977, S. 103 f.

 

Lebwohl, mein Volk,
dir leuchten diese Opfer

Abschrift eines Gedichtes um die letzten Worte eines in Landsberg/Lech am 29. Oktober 1948 hingemordeten deutschen Offiziers. Gedicht und Text wurden vom zuständigen katholischen Pfarrer aufbewahrt und weitergegeben. So starb der deutsche Offizier Oberleutnant Herbert Kunze:

"Nun will ich Abschied nehmen von der Erde!
Lebwohl du schönes, heißgeliebtes Land.
Für dich war alles, was ich tat und dachte,
Noch einmal grüß' ich dich, mein Vaterland!

Lebwohl, mein Volk, dir leuchten diese Opfer
Wie licht an deinem heiligen Altar!
Denn die am Galgen ihrer Feinde sterben,
Sind ihres Volkes Helden immerdar!

Lebwohl mein Weib: Du hieltst an meiner Seit' die Treue,
Die es nur so selten gibt.
Du hast um mich viel leiden müssen,
Verzeih es mir, ich hab Dich sehr geliebt!

Und du, mein Sohn, du mußt so früh schon tragen,
der Kinder los, die ohne Vater sind.
Du wirst trotz allem deine Wege finden,
Und sie vollenden, denn du bist mein Kind!

Mein Gott und Herr! Du schenktest mir das leben.
Ein Leben, reich an Kampf, an Schmerz und Glück.
Ich habe gelebt, geliebt bis an mein Ende,
Nun leg ich's still in deine Hand zurück."

Seine letzten Worte unter dem Galgen lauteten:
"Oberleutnant Kunze der Deutschen Wehrmacht meldet sich zum Erhängen. Ich bin verurteilt, weil ich gehorsam war. Herr Kapitän melden Sie Ihrem General, daß ich als Soldat dem Befehl gefolgt und ihn ausgeführt, wie auch Sie den Befehl ausführen. Ich bin unschuldig. Ich bin bereit!"

Zit. nach: Deutsche Wochenzeitung, Nr. 11 v. 12. März 1982, S. 11

 


Offener Brief an Herrn Hauptmann Wilson,
Gefängnisdirektor in Landsberg/Lech, W.C.P.

Der ermordete Leutnant Karl Kirchner von der 12. SS-Panzerdivision "HJ", Frontkämpfer bis zum Tage der Kapitulation, meldet sich bei Ihnen, Herr Hauptmann! Herr Hauptmann! Sie haben an dem toten Leutnant Kirchner einen soldatischen Befehl vollzogen, nur einen Befehl. Der tote Leutnant Kirchner war nur Frontsoldat, hat im Frontgebiet der Normandie durch ein Militärgericht einen amerikanischen Flieger verurteilt, der einen Sanitätswagen beschoß und zwei Verwundete ermordet hatte. Für die amerikanische Luftwaffe war es Kriegsbrauch, Sanitätswagen, Verbandsplätze, Lazarette und Lazarettzüge zu beschießen. Diese gemeinen Verbrechen an verwundeten Deutschen wurden von den amerikanischen, christlichen Fliegern begangen, weil sie Befehl dazu hatten. Herr Hauptmann! Für mich als deutscher Offizier war es Kriegsrecht, einen solchen Verbrecher zu verurteilen, hören Sie, Herr Hauptmann, es war Kriegsrecht, nicht Kriegsbrauch.
Nun haben Sie, Herr Hauptmann, an dem toten Leutnant Kirchner nur einen Befehl vollzogen. Sie taten mit der Hinrichtung nur Ihre Pflicht. Ich habe doch richtig verstanden? Sprechen Sie doch Herr Hauptmann! Was hat der tote Leutnant Kirchner getan? Er hat eine komplette amerikanische Bomberbesatzung, 10 Amerikaner, gefangen genommen, Verwundete verbinden lassen und sie dem Kriegsrecht entsprechend in ein Gefangenenlager eingewiesen. Acht beeidete Aussagen haben diesen Vorgang bezeugt, Herr Hauptmann! Diese zwei Begebenheiten waren die einzigen persönlichen Berührungen mit Amerikanern. Im ersten Falle hat mich eines der berüchtigten Dachauer Gerichte zu einem Mörder gemacht, nach einem Verfahren, das uns Deutschen vollkommen fremd ist, weil Lug, Trug, Gewalt, Macht und Vergewaltigung herrschten. Im zweiten Falle hat das Gericht die eidesstattlichen Erklärungen für den toten Leutnant Kirchner gestohlen, da diese saubere soldatische Handlung des toten Leutnant Kirchner eine Verurteilung nicht zugelassen hätte. Man hat dem toten Leutnant Kirchner sein ganzes entlastendes Beweismaterial aus den Akten entfernt, wir Deutsche sagen "gestohlen", damit das von den besten Richtern Amerikas aufgebaute künstliche Belastungsmaterial "erdrückend" bleibt.
Herr Hauptmann! Melden Sie Ihrem General, daß er mit "ruhigem" Gewissen an dem toten Leutnant Kirchner einen weiteren Mord vollzogen hat. Melden Sie, daß der tote Leutnant Kirchner auf den Altar des deutschen Volkes gelegt worden ist; melden Sie, daß der tote Leutnant kein Verbrecher war, sondern ein Opfer des in Deutschland sehr gut bekannten Morgenthau. Melden Sie dem General, daß die Saat, die er gesät hat, hier auf dem Landsberger Friedhof und auf anderen Friedhöfen in ganz Deutschland, vom deutschen Volk zu reifer Frucht gezüchtet wird.
Herr Hauptmann! Bei Ihrer Offiziersehre! Erkennen Sie doch, daß Sie als Mensch genau so unvollkommen sind, wie jeder andere.
Wer gibt Ihnen das Recht, verbrecherische Befehle ausführen zu dürfen? Für diese Anmaßung haben Sie sich wegen Massenmordes, wegen Verstoßes gegen die Menschlichkeit vor ein Gericht zu stellen, wo auch der tote Leutnant Kirchner zeugen wird. Er wird zeugen von der 1 1/2 Jahre langen schmachvollen Behandlung, er wird zeugen von dem Haß, den Sie uns zu spüren gaben. Überblicken Sie Ihre bisherige Tätigkeit und überprüfen Sie, in wieviel Punkten ein Schuldspruch für Sie gesprochen und gefällt ist. Ziehen Sie aber nur das neugeschaffene Recht zu Grunde, das man nur gegen Deutsche angewandt hat, Herr Hauptmann! Der tote Leutnant Kirchner wirft Ihnen und Ihren Befehlsgebern Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, die Sie an deutschen Frontsoldaten, Verwundeten und Gefangenen begangen haben, während des Krieges und nach dem Kriege.
Sie kennen diese Verbrechen sehr gut und das deutsche Volk noch viel besser. Diese Verbrechen können Sie nicht leugnen, wecken Sie Ihr Gewissen und erkennen und bekennen Sie die begangenen Fehler, gestehen Sie ein, daß der amerikanische Soldat und Offizier in so viel Fällen unsoldatisch, unehrenhaft, ja unmenschlich grausam gegen Deutsche gewesen ist. Das deutsche Volk erwartet nunmehr die Bestrafung dieser gemeinen Verbrecher, nachdem man die sog. deutschen Kriegsverbrecher liquidiert hat.
Herr Hauptmann! Wann sehen Sie in Ihren Augen die Balken und Splitter? Ihr Name, Herr Hauptmann, und die Namen Ihrer Henkersgehilfen werden in die deutsche Geschichte besonders eingehen. Drei Jahre nach Einstellung der Kampfhandlungen begann man wieder mit den Hinrichtungen, nachdem die zum Tode Verurteilten 1 1/2 bis 2 1/2 Jahre auf die Vollstreckung gewartet haben. Ich vermisse den Aufschrei aller gerechten Menschen gegen diese Unmenschlichkeit, wir sind nur Deutsche, Herr Hauptmann. Warum hat man die Strafe so lange hinausgezögert? Geben Sie Antwort! Weil die Beweise gegen die angeblich besten Richter Amerikas in ihrer Gewaltanwendung und in ihrer Macht-vor-Recht-gehenden Rechtssprechung so eindeutig und klar vorlagen. Diese Richter haben in 18 Fällen Todesurteile ausgesprochen und die Verurteilten aus der Todeszelle in die Freiheit entlassen. So geschehen durch die besten Richter Amerikas, wie Ihr Befehlshaber sich dem deutschen Volk gegenüber ausgedrückt hat.
Herr Hauptmann! Warum hat man uns, den Toten von Landsberg, die Forderung der deutschen Kirchen nach einer Appelationsinstanz verweigert? Weil das Scheingewand der besten Richter Amerikas in tausend Fetzen zerrissen worden wäre. Herr Hauptmann! Das war der Grund des Schlußmachens Ihres Generals und Sie haben Ihre Hand dazu hergegeben und verbrecherische Befehle ausgeführt. Ziehen Sie die rote Jacke an! (Anmerkung d. Hrsg.: Als Kleidung trugen die Landsberger Todeskandidaten ein schwarze Hose und eine weinrote Jacke) Die Toten von Landsberg werden Sie beschirmen, der tote Leutnant Kirchner wird sich täglich bei Ihnen melden, Herr Hauptmann.
Die Toten von Landsberg mahnen das deutsche Volk. Die Toten von Landsberg rufen den deutschen Frauen und Mädchen zu: ‚Hände weg von unseren Befreiern'.
Herr Hauptmann! Die Toten von Landsberg waren Deutsche und sind als Deutsche gestorben, gestorben durch fremde Hand, gestorben durch Haß und Rache, gemordet durch eine Dschungelverbrecherjustiz. Die Toten von Landsberg sind nicht als Verbrecher gestorben. Die Toten von Landsberg werden von dem deutschen Volke geheiligt, hören Sie, Herr Hauptmann, geheiligt! Die Toten von Landsberg leben!
Deutschland lebt, auch wenn die Toten von Landsberg haben so ruchlos sterben müssen. Herr Hauptmann! Machen Sie Ihrem General Meldung von dem Gespräch mit dem toten Leutnant Kirchner.

Herr Hauptmann Wilson! Ich melde mich ab!

Der tote Leutnant
gez. Karl Kirchner
Hingerichtet am 26. November 1948 zu Landsberg/Lech W.C.P.

 

Gräber auf dem Friedhof Landsberg-Spötting


Oskar W. Koch, Dachau - Landsberg, Justizmord oder Mordjustiz?, Refo Druck u. Verlag, Witten 1974, S. 154 ff.

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