Zeitgeschichte + Hintergründe

 

Die Geschichte des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands

aus: „Deutsche Stimme“ 12/2001, Veröffentlichung mit Genehmigung des Verfassers

 

Es begann im Sommer 1973. Vertreter von sechs parteiunabhängigen Organisationen, die sich den Sturz des BRD-Systems auf die Fahne geschrieben hatten, trafen zusammen. Alle waren dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft marxistisch-leninistischer Prägung verpflichtet. Hauptträger waren die »Kommunistische Gruppe/Neues Rotes Forum« Mannheim/Heidelberg und der Kommunistische Bund Bremen, hinzu kamen der KB Göttingen, der KB Osnabrück, der KB Wolfsburg und der »Bund Kommunistischer Arbeiter« Freiburg. Zwanzig weitere Organisationen galten als Sympathisanten. Am 12.Juni wurde auf einer Gründungskonferenz eine Erklärung veröffentlicht, als deren Folge die größte revolutionäre Organisation Deutschlands nach dem 2.Weltkrieg hervorgehen sollte: Der Kommunistische Bund Westdeutschland, besser bekannt unter seinem Kürzel KBW. 10 Jahre betrieb er Hochleistungsaktivismus, stieg steil auf, wurde mit Verbot bedroht und zerfiel letztendlich doch wieder.
Von Anfang an gab es heftige Richtungskämpfe innerhalb des KBW. Die »harte« Linie um die beiden charismatischen KBW-Führer, den Romanistiker Hans-Gehard »Joscha« Schmierer und Martin Fochler, warfen ihren Gegnern »Reformismus« und »Revisionismus« vor - Eine Abweichung vom Hauptziel der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates. So wurde schon Ende 1973 der Kern der Bremer Ortsgruppe, die immerhin Gründungsmitglied war, aus dem KBW ausgeschlossen.


Programmatik

Von Anfang an stand der KBW zu den Prinzipien des Marxismus-Leninismus (ML) und den Ideen Maos. Er forderte die Errichtung der Diktatur des Proletariats durch die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates. Das stehende Heer sollte durch die allgemeine Volksbewaffnung ersetzt werden, um so das eigene Land zu schützen. Der KBW unterstützte die »Drei-Welten-Theorie« der KP Chinas. Die Theorie unterteilte Nationen in die beiden Supermächte als »erste Welt«, deren Lakaienstaaten wie z.B. BRD und DDR, als die »zweite Welt« und eben in die »dritte Welt«. Es galt vor allem, die »erste Welt«, also den US-Imperialismus und den »Sozialimperialismus« der Sowjetunion zu bekämpfen. Erst wenn diese imperialistischen Mächte zerfallen, sei eine endgültige Befreiung der Völker der Welt möglich. Aus diesem Grund forderte der KBW z.B. ein wiedervereinigtes sozialistisches Deutschland, einen demokratischen Friedensvertrag für Deutschland, Auflösung von NATO und Warschauer Pakt.
Wie alle links-revolutionären Organisationen war der KBW streng dem Prinzip des »demokratischen Zentralismus« unterworfen. Im Statut hieß es dazu lapidar: »Jede Leitung bedarf der Bestätigung durch das jeweils höhere Leitungsorgan (…) Die Minderheit ist verpflichtet, sich den Beschlüssen der Mehrheit unterzuordnen; die unteren Leitungsorgane sind verpflichtet, sich den Beschlüssen der oberen Leitungsorgane unterzuordnen«. Dieses Prinzip, das übrigens ein wichtiger Aspekt beim KPD-Verbot 1956 war, macht deutlich, daß es mit der innerparteilichen Demokratie nicht weit her war. Vom »Demokratischen Zentralismus« blieb nur der Zentralismus. Ein monatelanges Schiedsverfahren, wie z. B. in der NPD üblich, gab es im KBW nicht. Gemacht wurde, was von »oben« vorgegeben war. Denn der KBW verstand sich nicht als Partei, sondern als eine Organisation, die eine revolutionäre Bewegung hervorbringen wollte.


Organisationsentwicklung

Mitglied im KBW zu sein war etwas anderes, als Mitglied in irgendeiner bürgerlichen Partei. Das Statut des KBW schrieb eine 6-monatige Kandidatenzeit »zum Zweck der politischen Bewährung, Schulung und Einführung in die Arbeit der Organisation« vor. Während dieser Zeit hatte der Kandidat »in einer Grundeinheit mitzuarbeiten und dieselben Pflichten wie die Mitglieder« Er hatte nur beratende Stimme und konnte keine Leitungsaufgaben übernehmen. Die Praxis war für Kandidaten und Mitglieder zum Teil brutal.
Für KBW-Kader sah eine normale Woche wie folgt aus: Montag 5.30-7.30 Uhr Verkauf der wöchentlich erscheinenden »Kommunistischen Volkszeitung« (KVZ) vor einem Werkstor oder auf dem Bahnhof. Montag abend Zellensitzung (kleinste Organisationseinheit). Dienstag früh ebenfalls KVZ Verkauf, genauso Mittwoch. Mittwoch abend Schulungsartikel aus dem theoretischen Organ »Kommunismus und Klassenkampf«. Samstags Aktionen (zumeist Infostände mit Zeitungsverkauf), der ganze Sonntag blieb für die Schulung der Klassiker (der Autor studierte z. B. Hegels »Anti-Dühring« und »Dialektik der Natur« etc.). An freien Nachmittagen wurden Flugblätter verteilt, zwischendurch gab es auch noch umfangreichere Schulungen (zumeist über drei Tage), wie z. B. das komplette »Kapital« von Karl Marx, für die man in die Frankfurter Zentrale reisen durfte. Für Mitglieder von Lenkungsorganen kamen diverse Wochensitzungen hinzu. Aus der persönlichen Erfahrung des Autors heraus hielt wohl weniger als ein Drittel der Kandidaten diese Zeit durch. Ein Ausweichen, Nichterscheinen oder sonstige Inaktivität gab es nicht. Spätestens auf der nächsten Zellensitzung wurde an dem »Abweichler mit bürgerlichen Tendenzen« unbarmherzig Kritik geübt. Es gab nur eins: dabei sein oder eben nicht.

Trotz enormer Belastungen ging der Organisationsaufbau rasch vor sich: Am 25. November 1973 bestand der KBW bereits aus 25 Orts- und Ortsaufbaugruppen mit 868 Mitgliedern. Am 25. März 1974 wuchs die Organisation auf 1.208 Mitglieder und gliederte sich in 36 Gruppen in 36 Städten. Bis Ende 1974 stieg die Mitgliederzahl auf 1.500 in 45 Orts- und Ortsaufbaugruppen an. In etwa 60 weiteren Orten gab es Sympathisantengruppen. Anfang 1975 waren es bereits 1.700 Mitglieder, im Mai 1977 2.600.
An der Spitze des KBW stand ein 13köpfiges Zentralkomitee (ZK), das aus seiner Mitte einen 5köpfigen »Ständigen Ausschuß« wählte, der zwischen den ZK-Plenartagungen dessen Aufgabe wahrnahm. Ferner wählte das ZK aus seinen Reihen einen »Sekretär« als »Chef«. Während der gesamten Zeit war dies Joscha Schmierer. Die Mitglieder des Ständigen Ausschusses und der ZK-Sekretär wurden von der Organisation bezahlt. Das Zentralkomitee selbst wurde von dem höchsten Parteiorgan, der Delegiertenkonferenz, alle zwei Jahre (anfänglich jährlich) gewählt.

1976 straffte der KBW seine Organisation: Anstelle der etwa 100 Ortsgruppen bildete der KBW mit Billigung der 3. Delegiertenkonferenz 40 Bezirksverbände, die in Regionalverbänden zusammengeschlossen waren. Unter den Bezirken gab es hunderte »Zellen«, die eine Stadt, einen Stadtteil, ein Krankenhaus, eine Fabrik etc. abdeckten. Die 2.600 Mitglieder von 1977 waren statistisches Zenit. Hinzu kamen 2.100 Studenten, die im »Kommunistischen Hochschulbund« (KSB) organisiert waren, knapp 800 (vornehmlich Akademiker), die in der »Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskämpfe« (GUV) organisiert waren und 540 Schüler aus dem »Kommunistischen Jugendbund« (KJB) und dem »Kommunistischen Oberschülerbund« (KOB). Mit den Mitgliedern der Lesezirkel sowie den Sympathisanten und Kandidaten kam der KBW auf über 7.000 zu allem bereiten Kadern mit äußerst großem Gewaltpotential.

Anfänglich waren im Zentralkomitee noch viele »68er« wie z.B. der Sekretär des ZK Hans-Gerhart »Joscha« Schmierer, der einst den SDS in Heidelberg führte. Dies änderte sich rasch, denn vor allem junge Menschen kamen hinzu. Der Altersdurchschnitt betrug 1975 23,9 Jahre und stieg auch bis zum Höhepunkt 1977 nur auf 24,8 Jahre. Selbst zum Ende der Organisation war mehr als die Hälfte der Mitglieder jünger als 26 und nur ein Zehntel älter als 33 Jahre. Waren anfänglich kaum Frauen in der Organisation, so änderte sich dies ebenfalls sehr schnell. Vor allem auf junge Frauen übte der KBW eine magische Anziehungskraft aus. So waren 1977 ein Drittel der Zellenleiter weiblich, vor allem in den Bezirken gab es viele »Chefinnen«. Diesen Begriff durfte man wörtlich nehmen, denn Frauen galten im KBW als besonders einsatzbereit und belastbar. Sie trieben die Mitglieder noch unbarmherziger an als viele ihrer männlichen Genossen.

Konstant blieb hingegen das soziale Profil der Mitglieder. Der große Teil der Mitglieder hatte Abitur oder eine höhere Bildung. Viele gebildete Kader gingen freiwillig in die Betriebe, um dort politisch zu agitieren. Der Autor selbst »durfte« trotz Fachhochschulreife erst einmal in seinem erlernten Beruf arbeiten, um den Aufbau einer Zelle in einem Betrieb zu organisieren. Viele kamen dazu, die sich trotz universitärer Ausbildung in einen Betrieb schicken ließen. Die Zahl der Arbeiter blieb hingegen über Jahre gering.
Die Fluktuation innerhalb des KBW war groß. Nach Schätzungen eines ZK-Mitgliedes sind während der knapp 10jährigen Existenz des KBW »fast 20.000 Menschen irgendwie dabeigewesen«.


»Kampf um die Köpfe«

Herausragendes Merkmal bei dem, was wir heute »Kampf um die Köpfe« nennen, war der Verkauf der wöchentlichen »Kommunistischen Volkszeitung« (KVZ). Die KVZ wurde anfänglich in einer Auflage von 50.000 hergestellt, pendelte sich später aber auf konstante 30.000 pro Woche ein. Echte Verkäufe waren davon ca. 25.000 Stück je Woche. Ein enormes Arbeitspensum war erforderlich. Jede Zelle bekam eine zu erreichende Verkaufszahl genannt. Überall wurde mit dem Zentralorgan agitiert: Bei Verwandten, im Betrieb, an Infoständen, bei Demos und auf allen öffentlichen Plätzen. Hilfreich war vor allem, daß die KVZ mit 40 Regionalbeilagen erschien. Das theoretische Organ »Kommunismus und Klassenkampf« erschien monatlich in einer Auflage von 10.000 (1975: vierteljährlich 15.000). Es wurde vor allem in speziell eingerichteten Lesezirkeln verkauft und geschult. Das Programm und Status des KBW erschien bis 1977 immerhin in einer Gesamtauflage von 150.000 Exemplaren. Hinzu kamen eine nicht zu unterschätzende Anzahl verkaufter Schriften des KBW (wie z. B. das Buch »Solange es Imperialismus gibt, gibt es Krieg«) und der »Klassiker« des Marxismus-Leninismus.

Jeder Bezirk hatte mehrere Betriebszellen, die meistens eine revolutionäre Betriebszeitung herausgaben. Der Autor selbst war Schriftleiter der »FZA-Zeitung«, die monatlich an Arbeiter kostenlos verteilt wurde. Hinzu kamen Militärzeitungen, Stadtteilzeitungen, Jugendzeitungen und unzählige Schriften der Nebenorganisationen. Tonnen von Papier wurde in endlosen Nächten produziert und verkauft oder verteilt.


»Kampf um die Straße«

Der KBW hatte eine seiner Wurzeln aus den Kämpfen gegen die Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr in Frankfurt/M. Anfang der 70er Jahre. Die drastischen Erhöhungen des Verkehrsverbundes führte auch in der Bevölkerung zu großem Unmut. Der KBW sammelte zehntausende Unterschriften. In allen Stadtteilen gelang die Gründung von Fahrpreiskomitees, überall gab es gut besuchte Veranstaltungen. Am Tag »X«, an dem die Fahrpreise erhöht wurden, war Frankfurt mit Plakaten zugekleistert. Nichts ging mehr. Die Stadt war im Ausnahmezustand. Eine Woche lang herrschte Chaos. Trotz Demonstrationsverbot gab es immer wieder große Demos. Der Nahverkehr ruhte, die Kaufhausbesitzer waren hinsichtlich des tagelang durch die Stadt ziehenden Geruchs des CS-Kampfgases gereizt und die Polizei ging mit immer größerer Härte vor. Trotzdem ruhte eine Woche fast der gesamte Nahverkehr der Bankenmetropole. Gerade der KBW war es, der zu jener Zeit ohne die damals noch erlaubten Gasmasken und Helmen in vorderster Front kämpfte. Der KBW setzte auch keine Steine oder Molotow-Cocktails ein, wie dies von den »Spontis« praktiziert wurde, die mit dem KBW allerdings immer in einem Atemzug genannt wurden (zu den bekanntesten Spontigruppen jener Zeit zählte die »Putztruppe«, aus der auch der amtierende Bundesaußenminister hervorging). Die Fahrpreiserhöhungen konnten zwar nicht verhindert werden, doch immerhin mußte der Oberbürgermeister Arndt (SPD) wegen der »Frankfurter Woche« seinen Hut nehmen.
Demonstrationen waren seit dieser Zeit neben Infoständen ein wesentlicher Bestandteil des Kampfes um die Straße. Der Höhepunkt dabei war in den Jahren 1976/77 erreicht. Beim Kampf gegen das KKW Brokdorf mobilisierte der KBW im Februar 1977 seine Nordverbände. Die »graue Eminenz« des KBW, der zweite Mann nach Joscha Schmierer, Martin Fochler, gab die Parole »Die Festung schleifen« aus. Doch schon damals verhinderten Leute um Jürgen Trittin (damals KB-Nord) die Erstürmung des Bauplatzes. Eine Revanche für die schmachvolle Niederlage von Brokdorf gab es wenig später im norddeutschen Grohnde, als der KBW den Angriff auf das AKW befahl und niemand den Sturm von fast 15.000 gewaltbereiten Angreifern aufhalten konnte, obwohl die Polizei damals äußerst grobschlächtig vorging.


Gewalt

Als am 7. April 1977 das Fahrzeug von Generalbundesanwalt Buback von Kugeln durchsiebt auf der Straße stand und sich der General schon liegend unter einer Plastikplane befand, kam der zweite Mann des KBW in eine Sitzung und sagte, als er die Bilder das erste Mal sah: »Echt umgenietet? Mit MPs vom Motorrad runter? Sauber!« Dies beschreibt deutlich, daß es im KBW äußerst große Sympathien für den individuellen Terrorismus gab. Ansonsten aber war die Politik des KBW darauf ausgerichtet, einen bewaffneten Volksaufstand herbeizuführen - mit dem Ziel, das kapitalistische System zu stürzen. Individualaktionen, wie die der RAF, so die Vorgabe, brächten nichts. Bei Demonstrationen hingegen war der KBW immer zu äußerstem Widerstand gegen die Polizei bereit. Interessant war, daß der KBW fast überall dort auch die meisten Wählerstimmen und Anhänger hatte, wo er am gewalttätigsten war. In Heidelberg führten die heftigsten Schlachten in der Geschichte der Stadt immerhin zum Einzug in den Stadtrat. Der Stern bemerkte am 10. Juli 1975 dazu: »Mit Holzlatten, kleinen Molotow-Cocktails, Steinen, Flaschen und Eisenstangen wüteten bundesdeutsche Maoisten gegen den Beschluß der Heidelberger Stadtväter, den Fahrpreis der defizitären Berg- und Straßenbahnen um 25 Prozent auf 1,25 DM anzuheben. Die Schlacht von Heidelberg (200 Schwerverletzte) war für Maos Revolutionäre nur der Auftakt. &Mac221;Wir werden den Kampf gegen die Ausplünderung der bürgerlichen Gesellschaft auf den Straßen vorantreiben&Mac220;, erklärte die maoistische Stadträtin Helga Rosenbaum, 32, die für den Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) vor zwei Monaten mit 6.000 Stimmen ins Gemeinde-Parlament einzog. Ihr Kaderchef, der 29jährige Martin Fochler, will die brutalen Gewaltaktionen jetzt in den Städten Frankfurt, Mannheim und Köln fortsetzen, weil auch dort in Kürze die Preise im öffentlichen Nahverkehr erhöht werden. Fochler fanatisch: &Mac221;Ein heißer Sommer der politischen Erschütterung steht bevor. Unser Vietnam ist die Bundesrepublik. Unser Aktionsfeld ist der Betrieb, die Schule, die Straße&Mac220;«.


»Kampf um die Parlamente«

Der KBW beteiligte sich auch an Wahlen. Die Ergebnisse lagen meist unter einem Prozent. Dies störte niemanden, denn für den KBW waren Lenins Worte, daß bürgerliche Parlamente nichts als Schwatzbuden seien, die nichts anderes verdienten, als vom Volk auseinandergejagt zu werden, verpflichtend. Bei der Bundestagswahl 1976 erhielt der KBW lediglich 0,1 %. Wichtiger war jedoch die absolute Wählerzahl von 20.018 Zweitstimmen und 21.414 Erststimmen. Sie ergaben eine recht genau Angabe darüber, wieviel Menschen derzeit für den bewaffneten Umsturz des »Bonner Vasallenstaates« waren. Vor allem war es interessant, daß die anderen, kleineren revolutionären Parteien, ebenfalls über 20.000 Stimmen erhielten. Seinen größten Wahlerfolg erzielte der KBW im Rahmen der Kommunalwahlen in Baden-Württemberg im Mai 1975, als Helga Rosenbahm mit ca. 6.000 Stimmen in den Heidelberger Stadtrat gewählt wurde und diesen als politische Bühne für den bewaffneten Sturz des US-hörigen kapitalistischen Systems nutzte.


Finanzen

Anders als die meisten Parteien hatte der KBW keine größeren Probleme, sich zu finanzieren. Ein wichtiger Anteil bei der Finanzierung spielte der Verkauf der KVZ und weiterer Publikationen, mit denen gutes Geld eingestrichen wurde. Wesentlich waren jedoch die Beiträge. Es gab keine feste Beitragsordnung. In jeder Zelle wurde festgelegt, was der einzelne Kader zu zahlen habe. Beiträge von mehreren Hundert Mark (Stand 1977!) waren keine Seltenheit. Mitglieder, die in einem Betrieb arbeiteten, gaben meistens ein Drittel ihres Einkommens ab. Intern gab es eine 1.000-DM-Grenze. Alles, was ein Mitglied darüber hinaus verdiente, sollte abgeführt werden. Der Autor dieses Beitrages verdiente während seiner Mitgliedszeit als Facharbeiter 1.300 DM netto und zahlte davon 500 DM Beitrag. Dazu kamen Spenden. Einzelne Kader brachten ganze Vermögen und Erbschaften ein. Mitte der 70er Jahre betrug das jährliche Beitrags- und Spendenaufkommen ca. 5 Mio. DM und der Erlös aus Verkäufen ca. 2 Mio. DM.
Im Oktober 1976 wurden die Anwesenden der 3. Delegiertenkonferenz überrascht, als sie einem Antrag zustimmen mußten, der sich »Bestätigung und Festlegung erforderlicher organisatorischer Maßnahmen« nannte. Hinter der lapidar klingenden Formulierung steckte die Idee, mitten im Frankfurter Bankenviertel ein mehrstöckiges Haus zu kaufen und es mit modernsten Nachrichtenübermittlungssystemen auszustatten. Binnen eines Monats sollten nun erst einmal mind. 1,5 Mio. DM gesammelt werden. Mitglieder wurden angehalten, »unnötigen« Besitz, der sie noch mit dem System verbinde, zu verkaufen. Das, was unmöglich erschien, gelang: Die KBW-eigene Betriebsgesellschaft Kuhl KG kaufte in der Mainzer Landstraße 147 das LIBRI-Haus und baute es in eine Festung mit kugelsicherem Glas und massiven Stahltüren um. Insgesamt zahlte der KBW knapp über 3 Mio. Mark. Der reine Kaufpreis betrug 2,7 Mio. DM und wurde bar bezahlt. Mit der Überschrift »Ins Herz der Finanzbourgeoisie« war dieses Husarenstück selbst der FAZ eine Meldung auf der Titelseite wert. Das Haus wurde nun intensiv genutzt. Der Autor dieses Beitrages studierte dort Marx‘ »Kapital« sowie Lenins »Was tun?«. Weitere Immobilien folgten in Westberlin, Bremen und Hamburg. Dazu kamen die allerneuesten Zeitungsdruckmaschinen und weitere Technik.

Die mit dem KBW eng verbundene Befreiungsorganisation ZANU des Robert Mugabe aus Zimbabwe wurde durch Spenden mit einem Landrover und einer kleinen LKW-Flotte beglückt. Und, ganz die Revolutionäre: Neben Bargeld gab es auch noch eine hochmoderne und mobile Felddruckerei dazu. Insgesamt, so Schätzungen, nahm der KBW zwischen 1976 und 1980 ca. 20 Mio. DM ein. Und so konnte er 1980, obwohl den Zenit schon überschritten, bundesweit immerhin 67 Festangestellte bezahlen und unterhielt eine ca. 50 Stück große Saab-Fahrzeugflotte.


Verbotsdrohung

Nach den bürgerkriegsähnlichen Schlachten um das AKW Grohnde präsentierte Ernst Albrecht (CDU), niedersächsischer Ministerpräsident, der Presse »die Waffen der Chaoten« - Eisenstangen, Schleudern, Helme, Fahnen und zur Krönung zwei Autos mit Funkgeräten. All dies lastete Albrecht dem KBW an und forderte das Verbot desselbigen. Überrascht wurde der KBW, als der CDU-Bundesvorstand tatsächlich ein Verbot forderte und dies gleich auf alle maoistischen Parteien ausdehnte. Rege Betriebsamkeit setzte ein. Schnell wurde festgelegt, wer in der BRD in die Illegalität zu gehen habe. Kern der Vorbereitungen war die Idee, den KBW ins Ausland zu verlagern. In Österreich wurde bei der Schwesterorganisation, dem KBÖ, im parteieigenen Verlagsgebäude ein Außenposten eingerichtet. Weitere Außenposten gab es Brüssel, Paris, London, Rom, Aarhus, Stockholm und Peking. Selbst in New York sollte eine Dependance entstehen. Zum Teil, wie z.B. in Brüssel, residierte der KBW in teuren Nobelpassagen. Alle Außenposten waren mit modernsten Nachrichtensystemen und Infrastruktur ausgestattet.

Gleichzeitig entfachte der KBW eine riesige Propagandawelle (»Weg mit den Verbotsanträgen«). Höhepunkt war die Demonstration am 8. Oktober 1977. In Bonn demonstrierten trotz massiver Polizeiangriffe auf die anreisenden Teilnehmer rund 20.000 Aktivisten kommunistischer Gruppen und Parteien gegen die Absicht der CDU, beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein KBW-Verbot zu beantragen. Mitten im »Deutschen Herbst« wollte die CDU, so schrieb damals zustimmend die »Frankfurter Neue Presse«, mit diesem Vorstoß »die im Zusammenhang mit den Terroristenverbrechen zu verzeichnenden Aversionen gegen alles Linksextremistische ausnutzen«.

Fast möchte man meinen, daß sich die Vorgehensweisen, wenn auch unter anderem Vorzeichen und Gegebenheiten mit der heutigen Zeit gleichen. Nur, daß es nie zu einem echten Verbotsantrag vor dem BVerfG kam. Das BRD-System setzte stattdessen auf die Zersetzung des KBW von innen und war damit recht erfolgreich. Der KBW beschäftigte sich von dort an fast nur noch mit dem »Kampf zweier Richtungen innerhalb des KBW« und verlor völlig den Bezug zur Wirklichkeit.


Das Ende des KBW
Am Ende, Anfang der 80er Jahre, stand die Spaltung. Die vom politischen System der BRD angestrebte Zersetzung zeigte Wirkung. Eben jene charismatischen Führer des KBW, Hans Gerhard Schmierer und Martin Fochler trennten sich. Fochler ging und nahm nicht nur 600 Kader mit, sondern auch einen nicht unbeachtlichen Teil der Infrastruktur. Der vom ihm gegründete Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) berief sich darauf, als einziger hinter dem KBW-Programm von 1973 zu stehen. Nennenswerte Aktivitäten entfaltete der BWK jedoch nicht mehr. Vom KBW kam ebenfalls nichts Nennenswertes. Auf einer letzten Mitgliederversammlung am 6. Februar 1985 in Frankfurt/M. beschlossen die etwa 100 Teilnehmer nach einer Empfehlung des Zentralkomitees die Auflösung des KBW als »politische Organisation«. Bei der Auflösung des KBW gingen Immobilien und Druckereianlagen auf die Frankfurter Kühl Verwaltung GmbH & Co VerlagsKG über, zu der außerdem die hundertprozentige Tochter Caro-Druck (Jahresumsatz: 7 Mio. Mark) gehört. Eigentümer der beiden Druckereibetriebe sind zum einen die rund 50 Mitarbeiter und der Frankfurter Verein »Assoziation«, dessen Hauptsatzungszweck die »Erforschung freier Lebens- und Arbeitsformen« ist. Unter den Vereinsgründern sind viele ehemalige KBW’ler. Der KBW besaß zu der Zeit ein Vermögen von ca. 9 Mio. DM. Die Commerzbank verlor als erste die Scheu und bot rund 10 Mio. DM für das Grundstück in der Mainzer Landstraße 147, mittlerweile ein Filetstück in der Bankenstadt. Dem KBW lag aber mehr am nachhaltigen Wirtschaften als am schnellen Geld. So bot das Kreditinstitut im Tausch das sogenannte Ökohaus. Geschätzter Wert: mindestens 30 Millionen Mark. Eine zentrale Rolle bei diesem Handel spielte der Mann, der seit 1999 eine wichtige Funktion im Planungsstab von Außenminister Joschka Fischer ausübt: Eben jener Joscha Schmierer, (heute 58), der sich nun »Europaexperte im Außenministerium« nennt. Ende der siebziger Jahre hatte Schmierer noch verkündet, daß »Lohndrückerei« und »kapitalistische Rationalisierung« die »Arbeiterklasse verschärft ausbeuten«, dann finanzierte er den Aufbau der systemimmanenten Partei der Grünen, denn der Verein »Assoziation« wachte über den Einsatz der beachtlichen Mittel u.a. für die grün-alternative Bewegung. Kein Wunder, daß Schmierer nun vom ehemaligen Mitglied der Putztruppe - Joschka Fischer - mit einem gut dotierten Posten im Außenministerium bedacht wurde.
Mit dem Ende des KBW ist auch das endgültige Ende der 68er-Bewegung eingetreten. Eine neue Bewegung kann nur aus neuen, revolutionären Kräften des Nationalen Widerstandes hervorgehen, die allerdings aus den Erfolgen und Fehlern anderer Organisationen lernen sollten., auch wenn deren politische Weltanschauung vollkommen abwegig erscheint.


Zum Autor:
Frank Kerkhoff war selbst jahrelang in den 70er Jahren Mitglied und Funktionär des KBW. Heute ist Frank Kerkhoff Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Elbe-Saale in Sachsen-Anhalt und Mitglied des Arbeitskreises Volk und Staat beim Parteivorstand.
Der Autor hat bewußt auf eine detaillierte Einzelnennung der Quellen verzichtet. Alle Zahlen und Zitate können jedoch auf Anfrage beim Autor eingesehen werden. Die nachfolgende Literaturliste beschränkt sich nicht nur auf die unmittelbar verwendete und zitierte Literatur, sondern gibt einen Überblick über die zur Recherche verwendeten Quellen:
- Programm und Status des KBW, Hrsg. ZK des KBW, Kühl KG Mannheim 1974
- Die K-Gruppen Entwicklung-Ideologie-Progtramme von Frank D. Karl, Friedrich-Ebert-Stiftung, Verlag Neue Gesellschaft, 1976
- Analysen - Organisierter Kommunismus in der BRD von Bilstein/Binder/Elsner/ Klose/Wolkenhaar, Leske Verlag, 3. Auflage 1975
- Verfassungsschutzberichte des Bundes 1976-1984, Hrsg. Bundesminister des Innern
- Verfassungsschutzbericht des Landes Hessen 1982, Hrsg. Landesminister des Inneren
- Das rote Jahrzehnt von Gerd Koenen, Verlag Kiepenheuer und Wtsch, Köln, 1.Auflage 2001
- Leitsätze zu Militärfrage, Hrsg. ZK des KBW Verlag Kommunismus und Klassenkampf, 1974
- Ergebnisse der Gründungskonferenz des KBW, Hrsg. Zentralkomitee des KBW, Selbstverlag, 1973
- Solange es Imperialismus gibt, solange gibt es Krieg, Hrsg. ZK des KBW Verlag Kommunismus und Klassenkampf, 2. Aufl. 1977
- Kommunismus und Klassenkampf, Theoretisches Organ des ZK des KBW, div. Ausgaben der Jahre 1974 bis 1981
- Klassenkampf und Programm - die Auseinandersetzung mit der Liquidatorenfraktion in der Bremer Ortsgruppe des KBW, Hrsg. Ständiger Ausschuß ZK des KBW, Verlag Kommunismus und Klassenkampf, 1.Auflage 1973

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