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Bodo Uhse
im Spannungsfeld von Nationalem Sozialismus und sozialistischem Patriotismus
Verfasser Richard Schapke, Juni 2002
"Eine Eigenschaft vor allem ist n�tig, Mut, Mut zur Eroberung wie zum Verzicht, Mut zur Erkenntnis, sei sie auch noch so schmerzlich, peinigend und bitter. Du musst es wagen, mit dem Herzen zu denken und mit dem Kopf zu f�hlen. Von den Deutschen haben das nur wenige gekonnt."
- Bodo Uhse
Gegenstand dieses Aufsatzes ist die Person des Schriftstellers und Publizisten Bodo Uhse. Im Verlaufe seiner h�chst bemerkenswerten Vita gelang es Uhse, seinen Lebensweg vom Teilnehmer des Kapp-Putsches bis hin zu einem der f�hrenden Kulturpolitiker der Deutschen Demokratischen Republik zu gehen. Unsere Darstellung beruht auf Bodo Uhses romanartiger Autobiographie "S�ldner und Soldat", auf Klaus Walthers dem Protagonisten gewidmeten B�ndchen der DDR-Reihe "Schriftsteller der Gegenwart", zeitgen�ssischen Quellen aus Weimarer Zeiten und nicht zuletzt diversen Publikationen zum Nationalbolschewismus der 20er und 30er Jahre. Die kursiv gesetzten Zitate stammen, sofern nicht anders angegeben, aus der Feder Bodo Uhses
1. Jugendzeit im Bund Oberland
Bodo Uhse wurde am 12. M�rz 1904 als Sohn eines preu�ischen Berufsoffiziers in der Garnisonstadt Rastatt geboren. Infolge der zahlreichen Versetzungen des Vaters verlief seine Kindheit in relativ unregelm��igen Bahnen, wozu auch die Trennung der Eltern ihr Scherflein beigetragen haben mag. Nach jahrelangem Unterricht durch Privatlehrer kam Uhse erst 1914 in den fragw�rdigen Genuss eines regul�ren Schulbesuches, und zwar in Braunschweig. Hier lebte er bei seinen Gro�eltern, und hier schloss er sich wie so viele seiner Altersgenossen der Wandervogelbewegung an, um der famili�ren Enge zu entkommen.
Die gehegten Hoffnungen auf eine Offizierslaufbahn nach des Vaters Vorbild gen�hrt durch den Ersten Weltkrieg und die Vision eines klassen�bergreifenden nationalen Aufbruches hin zu besseren Zeiten fanden durch den Zusammenbruch des morschen Kaiserreiches im November 1918 ein j�hes Ende. Frustriert musste Uhse zu seinem Vater nach Berlin �bersiedeln, wo er fortan die Oberrealschule besuchte. In diese Zeit fielen die ersten Kontakte zu paramilit�rischen Verb�nden der radikalen Rechten (f�r einen preu�ischen Offizierssohn und Wandervogel wahrlich nichts Ungew�hnliches), und im M�rz 1920 beteiligte er sich, kaum 16 Jahre alt, als Zeitfreiwilliger und Meldeg�nger am Kapp-Putsch gegen die ungeliebte Republik.
Im Fr�hjahr 1921 brach Uhse mit der ungeliebten Familie und verlie� Berlin, um fortan seinen eigenen Weg zu gehen. Der talentierte junge Mann wurde auf Vermittlung des rechtsradikalen Agitators Karl von Gebsattel als Volont�r in die Redaktion des "Bamberger Tageblattes" aufgenommen. Das Blatt war trotz einer Auflage von 20.000 Exemplaren stark von den W�nschen des Tabakindustriellen Baron Michel-Raulinos abh�ngig, was der journalistischen Bet�tigung nicht nur Uhses so manche Schranken setzte. Bereits jetzt zeichnete er sich durch einen unruhigen Geist aus, was nicht zuletzt durch einen spontanen Redeauftritt auf einer Versammlung des Deutschv�lkischen Schutz- und Trutzbundes dokumentiert wurde. "Wo sollte die nationale Sache hinkommen, wenn sie �ngstlich vor Demokraten und Katholiken auswich?"
Stammtischreden und Vereinsmeierei der Deutschnationalen, Alldeutschen und V�lkischen lagen dem aktivistischen Uhse nicht, also trat er Ende 1921 dem paramilit�rischen Bund Oberland bei. "Wer auf diese Fahne schw�rt, hat nichts mehr, was ihm selbst geh�rt." Die Flucht aus der Vereinsamung in die entschlossene Gemeinschaft stellte hierbei neben politischen Aspekten einen wichtigen Faktor dar. Der Bund Oberland war aus dem gleichnamigen Freikorps hervorgegangen, das zwar einerseits gegen die M�nchener R�terepublik und gegen die polnischen Insurgenten in Oberschlesien k�mpfte, aber andererseits im Gegensatz zum Gros der anderen rechtsextremen Landsknechte den Einsatz gegen streikende Arbeiter verweigerte. Nach der Umwandlung in den Bund betrieb Oberland mit Hilfe der Reichswehr weiterhin intensive paramilit�rische Ausbildung.
Bei Oberland lernte Uhse Pers�nlichkeiten der v�lkisch-nationalsozialistischen Szenerie bis hin zum Radauantisemiten Julius Streicher kennen. Einen gewissen Eindruck machte Gottfried Feders Theorie von der Brechung der Zinsknechtschaft schon fr�h entwickelte sich ein diffuser antikapitalistischer Affekt. Kommandeur der Bamberger Oberl�nder war der "rote Leutnant" Audax, der w�hrend der Revolution als einziger Offizier auf Seiten der Sozialisten stand. Erscheinungen wie Audax waren bei Oberland keine Seltenheit: Auch der ehemalige Kommandeur Beppo R�mer tat sich schon fr�h durch ausgesprochen "nationalbolschewistische" Tendenzen hervor. Auf der anderen Seite nahm Uhse selbstredend an Aufm�rschen und Zusammenst�ssen mit Kommunisten und Sozialdemokraten teil, wobei er einmal erhebliche Verletzungen davontrug. "Viele hundert geb�ckte Gestalten sah ich vor mir, die suchten etwas. Ich h�rte meine Stimme sie fragen: 'Was?' 'Deutschland', antworteten sie, und ich empfand den Zwang, ihnen zu sagen, wo sie es f�nden. Aber es war so, dass ich es selbst nicht wusste."
Im Laufe der Zeit kamen Rivalit�ten mit den von den milit�risch ungleich professionelleren Oberl�ndern bel�chelten Nationalsozialisten auf, die unsinnige antisemitische Propaganda des Hitler-Intimus Hermann Esser f�hrte im Fr�hjahr 1923 sogar zu einer Saalschlacht zwischen Oberland und der SA. Esser lehnte den Kampf gegen die franz�sische Besatzungsmacht an der Ruhr strikt ab und erhob die Vernichtung des "j�dischen Weltparasiten" zum alleinseligmachenden Ausweg. Oberland nahm bekannterma�en mit zahlreichen Aktivisten am Ruhrkampf teil und reagierte entsprechend gereizt auf die nationalsozialistischen Wahnvorstellungen. Dennoch verb�ndeten sich die Rivalen bald darauf im Kampfbund gegen die republikanische Ordnung.
Der einsetzende Massenzulauf zu Oberland warf erhebliche Probleme auf und sorgte f�r Unbehagen: "Der alte Ton pers�nlicher Kameradschaft verschwand aus dem Bunde...Der Bund konnte sie nicht mehr seiner Gemeinschaft voll einordnen. Die wohlausgewogene Mischung von Romantik und Sachlichkeit, von rebellischem Wandervogeltum und politischer Reaktion, von Aufr�hrertum und Disziplin wurde getr�bt. Die Leute im Bund waren erst einmal Studenten oder Rechtsanw�lte, Kaufleute oder Angestellte und erst lange nachher das, was wir ganz und gar sein wollten. Der selbstverst�ndliche Grundsatz, dass, wer dem Bunde angeh�re, nur ihm verpflichtet sein d�rfe, wurde nicht mehr respektiert." Im Dienst wurden die mittleren und h�heren Angestellten bevorzugt, die Korpsstudenten f�hrten ohnehin ein striktes Eigenleben.
Im November 1923 wurde Bamberg im Zusammenhang mit dem Hitler-Ludendorff-Putsch in M�nchen von tagelangen Krawallen ersch�ttert, an denen auch Bodo Uhse und seine Oberland-Kameraden teilnahmen. Nachdem die SA sich zuvor widerstandslos entwaffnen lie�, wurden die Oberl�nder von ihrem neuen Kommandeur Apfelstedt kurzerhand nach Hause geschickt. Die Wut entlud sich in dreit�gigen Stra�enschlachten mit der Polizei und w�sten Radauszenen. Im Anschluss lieferten sich Bambergs Oberl�nder einen regelrechten Privatkrieg mit der �rtlichen SA, namentlich der provozierend "Adolf" getaufte Mischlingshund der Uhse-Kumpanen sorgte stets f�r Z�ndstoff.
Der Bund Oberland erstickte langsam im provinziellen Treiben der einzelnen Gruppen, das Gros der alten Mitglieder verlief sich. Uhse und seine Freunde suchten nach tieferen Inhalten. Man "spottete �ber die, die mit weltanschaulichen Belichtungstabellen durchs Leben zogen und f�r jede Situation dort die richtige Einstellung gewannen. F�r diese Leute gab es nichts Neues mehr. Das �berraschungsmoment war f�r sie ausgeschaltet, sie hatten f�r alles eine Formel, von allem eine fertige Meinung. Es war gewiss bequem, sich auf solche Weise mit dem Leben auseinanderzusetzen, denn es gab keine Auseinandersetzung mehr. An Stationen, die im Weltanschauungsfahrplan nicht vermerkt waren, fuhr man vor�ber, ohne aus dem Fenster zu sehen. Es war angenehm und bequem, mit breitem Arsch auf seinen �berzeugungen zu sitzen und nicht das Leben vor sich zu haben, sondern seine Weltanschauung, nicht die Dinge, sondern seine Meinung von den Dingen. Weltanschauung verpflichtete nicht, sondern pflichtete bei."
2. Anschluss an die nationalsozialistische Linke
Wie das "Bamberger Tageblatt", so fungierte auch Oberland letztlich nur als Durchlauferhitzer f�r Bodo Uhses weitere Radikalisierung. Am 1. Mai 1927 erschien im Bundesorgan "Das Dritte Reich" erstmals ein Aufsatz aus der Feder Uhses, der eine deutliche Hinwendung zu den Positionen des linken Fl�gels der NSDAP und des Neuen Nationalismus eines Ernst J�nger erkennen lie�. Im gleichen Monat erfolgte auch der Eintritt in die Redaktion des Ingolst�dter "Donauboten", mithin eine der ersten nationalsozialistischen Zeitungen �berhaupt. Nach dem Parteieintritt im Sp�tsommer 1927 reihte Uhse sich in die Phalanx der NS-Linken um die Gebr�der Strasser ein, die bem�ht waren, der kleinb�rgerlich-reaktion�ren Fraktion um Hitler ein national-sozialistisches Gegengewicht entgegenzustellen. Gemeinsam wollten die NS-Linken der Partei einen sozialrevolution�ren Geist einhauchen, der "an Stelle des Kehrrichthaufens aus Bierkellerromantik, Kleinb�rgersehnsucht und einer Winzigkeit echten, aber irrenden Gef�hls treten, den die f�nfundzwanzig Punkte des offiziellen Parteiprogramms darstellten".
Aufschlussreich �ber den politischen Standort Uhses ist der im Dezember 1927 im "Dritten Reich" erschienene Aufsatz "Die neue Front. Saboteure an der Arbeit": "Brennend geworden in jener Stunde, da das Gewaltdiktat der kapitalistischen Siegerm�chte nicht das alte Deutschland, sondern das arbeitende, deutsche Volk mit vernichtendem Schlage traf. Damals verriet die Sozialdemokratie die sozialistische deutsche Revolution und streckte die Waffen. Der deutsche Arbeiter wurde zum Kuli. Er bekam die durch die Machtdiktate (die Reparationen des Versailler Diktats, d. Verf.) veranlasste Sozialreaktion zu sp�ren und emp�rte sich dagegen in blutigen Aufst�nden. Damit wurde zum zweiten Male die Frage der Verbundenheit von Arbeitern und Frontk�mpfern brennend. Wenn die Frontk�mpfer - statt vom Unternehmertum sich zur Niederwerfung der sozialrevolution�ren Bewegung ausnutzen zu lassen - in den revolutionierenden Arbeitern ihre nat�rlichen Bundesgenossen erkannt h�tten, so w�re damals schon die nationalrevolution�re Front gegen Versailles entstanden. Die besitzenden Kreise wehrten sich gegen den neuen Nationalismus, der sich mit der sozialistischen Revolution um der nationalen Freiheit willen verb�nden wollte, nicht aus taktischen Gr�nden sondern grunds�tzlich um durch die sozialistische Organisation der Nation die Widerstandsf�higkeit auch f�r die Zukunft aufs H�chste zu steigern. So musste das Unternehmertum - nach einem halben Versuch im Ruhrkampfe - sich der Herrschaft der Finanzbourgeoisie ergeben und den Gedanken des nationalen Widerstandes mit dem Einschwenken in die Locarnofront (Sicherheitspakt mit den Westm�chten statt B�ndnis mit der antiwestlichen Sowjetunion, d. Verf.) verraten. Nachdem die Sozialdemokratie ihre B�ttelrolle erf�llt hat, hat das deutsche Unternehmertum die Rolle des Fronvogtes der Finanzbourgeoisie �bernommen. Die bittere aber eindeutige Lehre ist, dass man als Nationalist Sozialist sein muss, denn der Sozialismus ist unser Schicksal."
Als Proteg� der vor allem in Norddeutschland einflussreichen Strasser-Br�der machte Uhse Karriere und �bernahm noch vor Jahresende die Chefredaktion des "Donauboten". In dieser Funktion arbeitete er eng mit Otto Strasser und Herbert Blank zusammen und wurde praktisch das dritte Sprachrohr der NS-Linken. In S�ddeutschland dominierte jedoch der rechte Parteifl�gel, und als Uhse im Fr�hjahr 1928 �ffentlich gegen die Kandidatur des reaktion�ren Generals von Epp auf der NS-Liste protestierte, warf man ihn aus der Redaktion hinaus. Seiner Agitation f�r einen nationalen Sozialismus tat das keinerlei Abbruch. Im August 1928 ver�ffentlichte er wiederum im "Dritten Reich" den Aufsatz "Der proletarische Deutsche", der deutliche Einfl�sse der SPD-Renegaten August Winnig und Ernst Niekisch verriet. Diese sahen in der Arbeiterschaft die zur Machtaus�bung im kommenden neuen Staat bestimmte Klasse, propagierten die Mobilisierung des bolschewistischen Chaos gegen den Westen und standen damit in deutlichem Gegensatz zum herk�mmlichen Nationalismus oder zur nationalsozialistischen Volksgemeinschaft:
"Au�erdem aber verr�t die Ansicht, dass das sachliche und pers�nliche Bekenntnis zum deutschen Arbeitertum ein Verrat am Ideale der Volksgemeinschaft sei, eine solche Unkenntnis zum deutschen Proletariat, das - wie man doch wird zugeben m�ssen - ein sehr beachtenswerter Teil der deutschen Volksgemeinschaft ist, dass es besser ist f�r die Tr�ger diese Ansicht, sie geben die Besch�ftigung mit der Politik auf (...) Wer um die deutsche Freiheit sinnt, der kann am deutschen Proletarier nicht mit blinden Augen vorbeigehen. Er ist im Gegenteil gezwungen, seine Augen auf ihn zu richten und wenn sein Freiheitswille ehrlich ist, d.h. wenn es ihm gleichg�ltig und unbeachtenswert ist, unter welchen Formen und Fahnen die Freiheit gewonnen werden soll, wenn er also alle Vorurteile und Gedankenhemmnisse �berkommener Begriffe wegwirft, dann wird er den deutschen Proletarier sehen, achten und lieben lernen. Zun�chst ist es n�tig, sich einmal des durchaus b�rgerlichen Begriffes der Klasse zu entledigen. (...) Nicht B�rger, sondern wahrhaft marxistischer Bourgeois ist, wer den Unterschied zwischen den Begriffen der Klasse und der Schicht nicht zu sehen vermag. Der materialistische Begriff der Klasse erfasst ja nur einen Teil, nur eine Seite des deutschen Arbeitertums, w�hrend die Schicht das deutsche Arbeitertum auch in seinen immateriellen Kr�ften umfasst. Nicht dialektische Schablone, sondern lebendige Kraft, das ist der Unterschied zwischen Klasse und Schicht. Wer aber diesen Unterschied kennt - und der Weg zu dieser Erkenntnis ist offen f�r alle, die guten Willens sind - der wird nicht hinabsinken in die Masse, sondern er wird die lebendige Kraft des deutschen Arbeitertums aufsuchen."
3. Die "Schleswig-Holsteinische Tageszeitung"
Im September 1928 empfahl Gregor Strasser seinen Proteg� als politischen Redakteur f�r die geplante "Schleswig-Holsteinische Tageszeitung" mit Sitz in Itzehoe. An der Besprechung im preu�ischen Landtag nahmen u.a. Parteiprominente wie Erich Koch, Karl Kaufmann, Robert Ley und Wilhelm Kube teil. Strassers Vertrauen in diese Truppe wurde von Uhse mitnichten geteilt: "Selbstlose Vork�mpfer eines deutschen Sozialismus waren diese erfahrenen und gewiegten Draufg�nger wohl nicht." Dennoch ergriff er die neue Gelegenheit am Schopfe, war ihm die sich steigernde Unruhe im Deutschland der sp�ten 20er Jahre doch durchaus bewusst: "Wenn sie scharf hinh�ren, werden sie das Ticken der W�rmer im Geb�lk vernehmen. Sehen sie nachts �ber das Land, am Horizont stehen Flammen. Unruhe und Ungewissheit liegen in der schw�len Luft." Die SHTZ sollte die erste norddeutsche Tageszeitung der NSDAP werden und die bisher k�mmerliche Propagandaarbeit in der Nordmark vorantreiben. Das Terrain war g�nstig: Bei den Reichstagswahlen von 1928 erzielte die NSDAP in Schleswig-Holstein �berdurchschnittliche Ergebnisse, und Strasser witterte hier M�glichkeiten, seine Basis zu verbreitern.
Im Oktober attackierte Uhse in den strasseristischen "NS-Briefen" noch einmal den parteioffiziellen Antimarxismus, bevor er nach Itzehoe �bersiedelte. Die Itzehoer Parteibasis bestand zumeist aus Landwirten und Handwerkern und forderte, die SHTZ d�rfe nicht nur ein Parteiblatt, sondern auch und gerade ein Blatt f�r die unter der Agrarkrise mit Preisverfall, Verschuldung und steigenden Steuern leidenden Bauern sein. "Ein Blatt also gegen die Regierung, ein Blatt des Umsturzes, ein Blatt der Revolution." Zu dieser Zeit entwickelte sich gerade die militante Landvolkbewegung, die sich durch Widerstandsaktionen gegen Gerichtsvollzieher und Polizeibeamte hervortat. Uhse nahm prompt an einer Protestkundgebung des Landvolks teil und zeigte sich beeindruckt: "Diese Bauernhaufen hatten eine r�cksichtslose Entschlossenheit in ihren Gesichtern gezeigt. Ihre Methoden waren �berraschend in der Unmittelbarkeit, mit der sie sich gegen den Staat wandten. Es gab kein spie�b�rgerliches F�r und Wider, keine biedere Vereinsmeierei, keine Satzungen und keine Statuten, Abzeichen und Fahnen, wie sie sonst bei allem, was in Deutschland geschah, das Wichtigste und Vordringlichste schienen. Hier war wirklich Bewegung, gef�hrdet allerdings durch ihre fehlende Reglementierung, durch die anarchischen Formen ihres Ablaufes und durch die dr�ngende Ungeduld. Man musste einen Weg finden, mit der unb�ndig rebellierenden Kraft der Bauern zusammenzuarbeiten."
Am 3. Januar 1929 erschien die erste regul�re Ausgabe der SHTZ, wenn auch anfangs nur als Wochenblatt. Uhse legte sich prompt mit Gauleiter Hinrich Lohse an, als er den Abdruck eines gegen das Landvolk gerichteten Artikels verweigerte, und drohte sogar mit seinem R�cktritt als Chefredakteur. Er traf auch mit dem Landvolkf�hrer Claus Heim zusammen, der die bedingungslose Unterordnung der NSDAP unter die schwarze Fahne der Bauernnot und der Rebellion verlangte. Der NS-Agitator erkannte, dass die Abneigung der Parteib�rokratie gegen das Landvolk und gegen Heim vor allem auf die Angst des Funktion�rs vor der Pers�nlichkeit zur�ckzuf�hren war. Obwohl er sich eher zu den Landvolkaktivisten wie Herbert Volck, Walther Muthmann oder Bruno von Salomon hingezogen f�hlte, �bernahm er bald die F�hrung der NSDAP-Ortsgruppe Itzehoe. Die bislang vor sich hind�mpelnde Parteiarbeit belebte sich unter Uhses Leitung sprunghaft. In den alle 14 Tage abgehaltenen Versammlungen agitierte er unter den Bauern und den Absolventen paramilit�rischer Kurse und wetterte gegen den platten Antisemitismus der reaktion�ren Parteigeneralst�bler in M�nchen. "Die Revolution von 1918 hat nur den alten Bau vernichtet. Wir sitzen ohne Dach �ber dem Kopf im Wetter. (...) Das deutsche Volk ist ausgebeutet und unterdr�ckt. Im deutschen Volk aber stehen auf der untersten Stufe Arbeiter und Bauern. Auf sie werden alle Lasten abgew�lzt. Ihre Not ist die Not des ganzen Volkes, ihnen geb�hrt die F�hrung." Zu Uhses Entsetzen erkannte Hitler jedoch im Interview mit einer amerikanischen Zeitung und auch im "V�lkischen Beobachter" die Auslandsverpflichtungen Deutschlands und damit die Versailler Kriegstribute an.
Die Antwort bestand in einem prononcierten Radikalismus, der auch vor Saalschlachten mit anderen rechtsgerichteten Organisationen nicht haltmachte. In Husum provozierte Uhse eine aufsehenerregende Saalschlacht auf einer Versammlung des Jungdeutschen Ordens: "Ihr werft uns Terror vor? Wenn wir nur so terrorisieren k�nnten, wie wir wollen! Aber der Tag kommt. Nicht mit der kl�gelnden Vernunft mit der vom eisernen Willen gef�hrten Faust werden Revolutionen gemacht. Wir glauben an die Gewalt, wir lieben die Gewalt und wir �ben Gewalt." Die SA lie� sich das nicht zweimal sagen, geriet v�llig au�er Rand und Band und schlug alles kurz und klein. Hitlers Privatkanzlei schickte prompt einen Beschwerdebrief an Lohse und verwies auf das Legalit�tsprinzip der NSDAP.
Geradezu traumatisch wirkte sich kurz danach ein schwerer Zusammensto� mit den Kommunisten in W�hrden bei Heide aus, bei dem die Nationalsozialisten Otto Streibel und Hermann Schmidt sowie der Kommunist Johannes St�rzebecher den Tod fanden. "Ich konnte diesen Toten nicht hassen und nicht die, die seine Gef�hrten gewesen waren in dieser blutigen Nacht...Dieser St�rzebecher da hatte ehrlich f�r seine Sache gek�mpft und f�r die seiner Kameraden. (...) "Ich erschrak, da ich f�hlte, wie ich die beiden Toten vor mir verleugnete und mein Herz sich vor dem dritten beugte, vor der anklagenden und hassenden Grimasse des Kommunisten, der dem Namen des alten Seer�ubers und Rebellen, den er trug, mit seinem Tode Ehre gemacht hatte. Leben und Tod waren bei ihm eine gerade Linie und sinnvoll einfach durch ihr Dasein. Er war arm und unterdr�ckt und ausgebeutet, daran hatte ich nicht zu zweifeln, und er hatte wer wollte das in Frage stellen? gegen das ihm und Tausenden der Seinen aufgezwungene Geschick gek�mpft...Die schmerzverzogenen Z�ge formten f�r mich das Gesicht seiner Kameraden, seiner Klasse, an deren Kraft ich doch glaubte. Ich hatte nicht k�mpfen wollen gegen diese Klasse, das war doch der simple Sinn meines Handelns gewesen, darum auch war ich National-Sozialist geworden."
Nach dem W�hrdener Zwischenfall bef�rchtete Gauleiter Lohse anf�nglich ein Parteiverbot, fing sich jedoch rasch wieder in schlachtete den Tod der zwei SA-M�nner propagandistisch aus. Zur Trauerfeier am 13. M�rz 1929 stattete auch Hitler Schleswig-Holstein seinen ersten Besuch aus. Im Anschluss an die Beisetzung tauchte er in der Redaktion der SHTZ auf und verlieh seinem Unmut �ber Uhses radikalen Kurs Ausdruck. Zwar lese er das Blatt t�glich, aber die Umst�nde w�rden zur Zur�ckhaltung mahnen. Der Kritisierte konterte, der Radikalismus des Landvolkes zwinge ihn zu einer anderen Sprache. Bald darauf wurde die SHTZ f�r 4 Wochen verboten, und im Zwangsurlaub freundete Uhse sich mit der Redaktionsmannschaft der Konkurrenzzeitung "Das Landvolk" um Bruno von Salomon an.
Am 23. Mai 1929 er�ffnete die Landvolkbewegung ihren Terrorfeldzug gegen die Republik mit einem Bombenanschlag auf das Itzehoer Landratsamt. In weiten Teilen Schleswig-Holsteins �bernahmen revolution�re Bauernkomitees die faktische Kontrolle und errichteten eine Parallelverwaltung. F�r Wirbel sorgte die Beteiligung des Uhse-Kumpans Hein Hansen am Sturm auf ein Gef�ngnis, wo ein in Beugehaft befindlicher Bauer befreit werden sollte. Die Systempresse konstruierte einen Zusammenhang zwischen der NSDAP und den Terroristen, und um ein etwaiges Parteiverbot abzuwenden, bot Hitler eine Belohnung von 10.000 Reichsmark f�r denjenigen, der die Urheber der Anschl�ge namhaft macht. Damit machte die NS-Parteif�hrung sich bei den Landvolkextremisten und anderen Nationalrevolution�ren geradezu zum Gesp�tt. Es bildete sich eine Art informeller Zirkel aus Uhse, den beiden Landvolkterroristen John Johnson und Bruno von Salomon sowie dem Kommunisten Kreuding. Lohse ermahnte Uhse nachdr�cklich, die Finger von den Terroristen zu lassen.
4. Bruch mit Hitler
Wasser auf die M�hlen der NS-Linken war der am 7. Juni 1929 von der Pariser Sachverst�ndigenkonferenz verabschiedete Young-Plan zur Regelung der Reparationsfrage. Das Reich sollte bis 1988 116 Milliarden Reichsmark Reparationen in mit fortschreitender wirtschaftlicher Erholung ansteigenden Raten zahlen.
"Die Staatsm�nner, beunruhigt von den drohend sich erhebenden ersten Wellen der Krisenspringflut, �bergaben die Sache, von der sie bisher den V�lkern erz�hlt hatten, es handele sich um die heiligsten G�ter der Nationen, um das eben, wof�r Millionen Soldaten einen harten Tod gestorben waren, den Gesch�ftsleuten, den H�ndlern, den Industriellen und Bankiers. Die traten nun bescheiden als Sachverst�ndige aus den Kulissen heraus, hinter denen sie bisher die Regie gef�hrt hatten, und unternahmen es, auf einer Konferenz in Paris...mit dem Geschick der V�lker zu spielen. Es war das erste Mal, dass sich Vertreter Deutschlands in ihrer eigenen Sache als gleichberechtigt an den Tisch setzen durften; es war kein Zufall, dass dies in einem Kreis geschah, von dem man sagen k�nnte, dass hier Kapitalisten unter sich seien." Hintergrund des Youngplans waren die horrenden Kriegsschulden Gro�britanniens und Frankreichs bei den USA, die durch deutsche Reparationen beglichen werden sollten. "Die Bourgeoisie dieser L�nder fand es recht und billig, die R�ckzahlung der Milliardensummen, die aus den Feuerschl�nden der Kanonen mordbringend in die Luft gespien worden waren, auf die deutsche Bourgeoisie abzuw�lzen, als 'Wiedergutmachung' eben. Der sachliche Ton der Pariser Verhandlungen der in diesen Dingen wahrhaft Sachverst�ndigen war nicht zum letzten durch das Bewusstsein bedingt, dass die Bourgeoisie Deutschlands sich keineswegs an diesen Lasten �bernehmen, sondern sie ihrerseits wieder auf die Massen des deutschen Volkes abw�lzen werde. Von der T�chtigkeit und Zuverl�ssigkeit des deutschen Volkes, von seinem Flei� und seiner Arbeitskraft wussten nicht nur die ausl�ndischen, sondern auch die deutschen Vertreter auf der Konferenz mit jener sch�bigen Anerkennung zu sprechen, mit der etwa jemand das Geschick und den Flei� seines Haustieres r�hmend erw�hnt. Die 'deutschen Kapitalisten' der Ausdruck wirkt st�rend, denn der Kapitalismus zieht es vor, sich als Zivilisation, als Grundlage moderner Kultur, als Wahrer christlicher G�ter, als Prinzip des wohlerworbenen Eigentums bezeichnen zu lassen..."
Das deutsche Kapital �berwand die Deklassierung der ersten Nachkriegsjahre, indem es �ber den R�cken der Volksmasse stieg. Der Young-Plan stellte ein ausgezeichnetes Agitationsobjekt gegen die Weimarer Republik dar. Nicht die Alliierten hatten den Krieg gewonnen, sondern das internationale Finanzkapital. "Die deutschen Staatsm�nner repr�sentierten nicht den Willen des Volkes, sondern die M�chte der Ausbeutung. Die deutschen Kapitalisten hatten Frieden geschlossen mit den Kapitalisten der Feindstaaten. Der Widerstand gegen den Young-Plan musste dem Inhalt nach proletarisch und in seinen Formen revolution�r sein." Eine kalte Dusche f�r die revolution�ren Hoffnungen war jedoch Hitlers Pakt mit DNVP und Stahlhelm zum Volksbegehren gegen den Young-Plan. "Wir hatten uns bisher mit Leidenschaft und Heftigkeit von diesen Gruppen distanziert. Wir hatten sie tagt�glich als Vertreter der Reaktion in der Presse und in Versammlungen angeprangert, und es war ein Hauptst�ck unserer Propaganda gewesen, dass wir ihnen den ehrlichen nationalen Willen ebenso abgesprochen hatten wie den Sozialdemokraten und Kommunisten den Willen zum Sozialismus. Nun brach Hitler mit dieser Linie unserer Politik und schlug nach rechts hin eine Br�cke, auf der Bein brechen musste, wer mit der sozialen L�ge dar�berschreiten wollte. Wir hatten bisher die abgetakelten Generale, die breitbeinigen Wirtschaftsf�hrer mit �tzendem Spott �bergossen und mussten nun Hitler in der Gesellschaft dieses gepflegten P�bels sehen."
Die Redaktion der SHTZ reagierte mit Entsetzen und Emp�rung: "Hitler hat uns verkauft!...Mit denen, die wir t�glich leidenschaftlich anklagten, denn sie sch�ndeten mit ihrer Profitgier den Namen der Nation, mit den krebsf��igen R�ckw�rtslern voll ekelhaften Standesd�nkels hatte Hitler die jungen Armeen der Braunhemden verkoppelt. Er hatte in der entscheidenden Stunde, da der Kampf au�erhalb der Gesetze dieses Staates gef�hrt werden musste, seinen Weg in die friedlichen Gehege der Weimarer Demokratie gerichtet, hatte in Gemeinschaft durchschauter Scharfmacher, denen die Nation niemals mehr gewesen war als ein Deckmantel f�r ihre Gesch�fte, an das Volk eine Frage gestellt, die nicht ehrlich gemeint, die ein Betrug war. In dem Augenblick, da Gef�hrliches zu tun notwendig schien, spielte Hitler ein sicheres Spiel. Er verband sich mit der Reaktion und dem unzufriedenen Kapital." Gegen diese Linie wollte Uhse Widerstand leisten, blitzte allerdings bei Lohse ab und auch bei Otto Strasser, der das Volksbegehren als seinen eigenen Erfolg feierte. Vergeblich warnte der NS-Linksausleger seinen bisherigen Mentor, dass so nur die M�nchener Richtung gest�rkt werden w�rde.
Am 16. Juni 1929 marschierten in Itzehoe 1000 Mann SA auf. Hauptredner Joseph Goebbels traf anschlie�end mit Bodo Uhse zusammen und notierte im Tagebuch: Ein junger, sehr klarer Kopf. Er wei�, was er will. Dazu ein konsequenter Sozialist. Auf dem N�rnberger Parteitag kam es zu einem Zusammenstoss Uhses mit Rosenberg, der eine Zusammenarbeit mit den unterdr�ckten Kolonialv�lkern aus rassischen Gr�nden strikt ablehnte. Der Antiimperialismus laufe lediglich hinter der Linie der KPD her. Gegenstand der Kritik wurde auch das Eintreten der Parteilinken f�r ein B�ndnis mit der Sowjetunion gegen den kapitalistischen Westen. Der Parteitag verwarf zudem eine st�rkere Orientierung hin zu gewerkschaftlichen Fragen und hin zur Arbeiterpropaganda.
Als die Polizei sich an die Zerschlagung der Landvolkbewegung machte, wurde auch die Redaktion der SHTZ am 12. September 1929 verhaftet. In der U-Haft in Altona hatte der NS-Journalist Zeit zum Nachdenken: "Gewiss, man konnte Nationalsozialist sein, die Masse umschmeicheln und verachten, den Krieg vergotten und die Legalit�t beschw�ren, f�r die Auslese sich begeistern und selber die Stufen der Hierarchie hinaufklettern, den Arbeiter achten und ihm schlechtere L�hne zahlen, nach Freiheit rufen und die Unterdr�ckung vorbereiten. Man konnte Faschist sein, ich war es nicht, das begriff ich jetzt. Und jenes faschistische Jakobinertum, das die Gewaltsamkeit gutm�tig handhaben, die Freiheit rationell anwenden und die Revolution konservativ durchf�hren wollte, es war zum Kotzen." Die letzten S�tze bezogen sich auf Otto Strasser und seine Parteig�nger, bei denen die meisten auf halbem Weg zum Sozialismus stehen blieben. Derweil vermuteten Goebbels und Lohse in Berlin, Strasser habe die Querverbindungen zwischen Landvolk und NS-Linker zustande gebracht, und der schleswig-holsteinische Gauleiter war seitdem alles andere als gut auf Bodo Uhse zu sprechen.
Nach seiner Entlassung aus der U-Haft kandidierte Uhse bei den preu�ischen Kommunalwahlen und wurde im November 1929 in den Itzehoer Stadtrat gew�hlt. Hier konkurrierte die NS-Fraktion mit der KPD, weil Uhse sich verst�rkt um die Interessen der Arbeitslosen und der Arbeiter bem�hte. Er freundete sich mit dem Kommunisten Waldemar Vogeley an. Dieser sagt ihm auf den Kopf zu, er werde nicht lange bei den Nazis bleiben, erkannte aber Uhses aufrichtiges Wollen an. In der Tat zeigte der neu gew�hlte Stadtrat sich beunruhigt �ber gleichg�ltige Haltung der Parteif�hrung gegen�ber den Bauern und der Not des Proletariats sowie �ber Hitlers Legalit�tskurs. Wohl nicht zuletzt unter Vogeleys Einfluss wurde Uhse zum Besucher in der �rtlichen Buchstelle der KPD, wo er sich gr�ndlich mit den Werken Lenins vertraut machte. Ab Januar 1930 richtete die SHTZ die Beilage "Der Proletarier" ein und opponierte offen gegen Hitlers prob�rgerlichen Kurs.
Am 10. Februar 1930 organisierte die Itzehoer NSDAP eine Kundgebung zum Hungermarsch der kommunistischen Arbeitslosen ("Hungermarsch oder Freiheitskampf"), die zum Schl�sselerlebnis werden sollte. Zwar sprach mit Johannes Engel einer der Begr�nder der im Entstehen begriffenen Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation, aber Uhse zeigte sich eher von den Ausf�hrungen des kommunistischen Diskussionsredners Karl Olbrysch aus Hamburg beeindruckt: "Ist denn der Kampf f�r die Freiheit eure Sache? Wieso k�mpft ihr und wieso f�r die Freiheit? Ihr schleicht euch �ber die Hintertreppen der ratlos gewordenen Demokratie...Auf der Parlamentstrib�ne nennt ihr euch Revolution�re, vor dem Richterstuhl aber beschw�rt ihr die Legalit�t. Und es ist euch ernst damit, denn ihr seid die missratenen Kinder des Liberalismus und treibt dessen doppelte Moral demagogisch auf den Gipfel. Er sagt: Gleichheit, und l�sst f�r den Profit von einem halben Tausend M�chtiger sechs Millionen ohne Arbeit in Elend und Hunger. Ihr seid nicht so duldsam, ihr ruft mit k�hner Stirn zum Kampf gegen das Kapital, und mit gleicher Stimme lockt ihr, in eurer Volksgemeinschaft habe der Arbeiter wie der Trustbesitzer, der Handwerker wie der Sohn des davongelaufenen Verbrechers von Doorn seinen Platz. Nationaler Sozialismus, ruft ihr grimmig, aber eurer Sozialismus endet, bevor er anf�ngt, denn das Privateigentum erkl�rte Hitler f�r heilig...Wenn ihr auf die Demokratie schimpft, um sie zu betr�gen auf den Kapitalismus schimpft ihr, um ihm besser dienen zu k�nnen. Das nennt ihr Kampf, wenn ihr mit den m�chtigsten M�chten im Land verb�ndet seid? Das nennt ihr Revolution, wenn ihr das Grundgesetz der alten Ordnung von vornherein heilig sprecht?... Ihr Narren, wir eifern nicht mit eurem Patriotismus. Aber wer ist denn Deutschland? Die Millionen Arbeiter, die Millionen kleiner Bauern! Wie kann Deutschland frei sein, wenn sie, sein Volk, unterdr�ckt sind? Die Freiheit der Nation liegt au�erhalb der Kraft des Nationalsozialismus... Deutschland, das Deutschland der Arbeiter und Bauern, gilt uns viel. Darum wollen wir es davor bewahren, dass sich die Bourgeoisie, die zu feige war, achtundvierzig im Sturm sich zu erheben, als dieses Deutschland ihre Sache war, sich jetzt aus diesem Deutschland ihr Sterbebett macht."
Folgerichtig war Bodo Uhse auch in die Bestrebungen der Parteilinken verwickelt, eine Parteispaltung herbeizuf�hren und zusammen mit den norddeutschen NSDAP-Gliederungen, Nationalrevolution�ren wie Ernst Niekisch und dem Landvolk eine neue nationalsozialistische Partei aufzubauen. Es ging um nichts weniger als um die Sprengung der NSDAP von innen heraus, um den Pressekonflikt zwischen Goebbels und dem Strasserschen Kampfverlag auszunutzen. Kurz vor dem Parteiaustritt der Revolution�ren Nationalsozialisten um Otto Strasser suchte Uhse diesen in Berlin auf. Strasser wollte jedoch Hitler lediglich den "wahren Nationalsozialismus" streitig machen und keinesfalls auf Linkskurs gehen. Der Parteirebell warnte Strasser vergebens, man brauche eine andere Idee, um erfolgreich gegen Hitler anzutreten. Folgerichtig entwickelten sich die Revolution�ren Nationalsozialisten zu einer lautstarken, aber unbedeutenden Splittergruppe, die f�r viele Renegaten lediglich als Durchlauferhitzer f�r den Wechsel zur KPD oder zu nationalbolschewistischen Gruppen fungierte. Bei seiner R�ckkehr nach Itzehoe fand Uhse ein Ultimatum Lohses vor: Bedingungslose Unterordnung unter die M�nchener Richtung oder Ende der Redaktionst�tigkeit. Der Chefredakteur der SHTZ lehnte ab und wurde am 16. Juli 1930 mit Wirkung zum 1. August aus der NSDAP ausgeschlossen.
5. Hinwendung zum Kommunismus
Nach dem Hinauswurf aus SHTZ und NSDAP bewegte Bodo Uhse sich zun�chst im Dunstkreis der Revolution�ren Nationalsozialisten vollst�ndig wollte auch er nicht mit dem nationalen Sozialismus brechen. Am 15. August feierte er als neuer Chefredakteur der strasseristischen "NS-Briefe" den terroristischen Kampf der Landvolkbewegung. Seine rechte Hand war der Landvolkagitator Bruno von Salomon. Bereits im November reihte Uhse sich in den nationalbolschewistischen Widerstands-Kreis Ernst Niekischs ein, um gleichzeitig unter dem Pseudonym Christian Klee weiterhin die NS-Briefe herauszugeben. F�r den "Widerstand" referierte Uhse auf zahlreichen Veranstaltungen �ber die Landvolkbewegung, wobei er vor allem unter den �berresten des Bundes Oberland regen Zuspruch fand.
Am 21. M�rz 1931 fanden die Aktivit�ten f�r Niekisch ein Ende. Uhse verlie� Itzehoe, um antifaschistische Bauernkomitees im Raum M�nchen zu organisieren. Endg�ltig �berzeugt wurde er durch Gespr�che mit den Kommunisten Christian Heuck und Karl Olbrysch: "W�hrend wir sprachen, begriff ich..., dass die Sehnsucht meines Lebens sich erf�llte, dass etwas Neues begann und alles Bisherige nur mit Platzpatronen geschossen war. Es wurde Ernst, da der Krampf eines Jahrzehnts sich l�ste und der Zwiespalt, der bisher mein Leben zerrissen hatte, jener Zwiespalt, entstanden aus dem Bewusstsein von der Kraft der Arbeiterklasse und aus dem st�ndigen Kampf mit ihr und gegen sie, dass dieser Zwiespalt sein Ende fand dadurch, dass ich mich der gro�en Kraft ergab...Die gro�e Kraft, mit der ich mich herumgeschlagen hatte, seit wir ausmarschiert waren unter der Edelwei�fahne, die ich hatte mit kleinen Mitteln betr�gen wollen unter dem Hakenkreuz, sie beschenkte mich, da ich mich ihr unterwarf, in dieser Nacht mit dem kostbarsten Gut. Das Leben bekam wieder einen Sinn."
Bedeutsam d�rfte sich hierbei ausgewirkt haben, dass die KPD seit ihrem Programm zur nationalen und sozialen Befreiung Deutschlands vom August 1930 eine ausgesprochen nationalistische Haltung einnahm die sozialistische Volksrevolution der unterdr�ckten Klassen sollte der Auftakt zur nationalen Befreiung sein. Im Fr�hjahr 1931 ver�ffentlichte die KPD als weiteren Teil ihres nationalistischen Kurses das Bauernhilfsprogramm mit der Forderung nach Zerschlagung des Gro�grundbesitzes, das nicht zuletzt von Uhse und Salomon auf einem antifaschistischen Bauernkongress in Fulda der �ffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Motive der sogenannten Komiteebewegung legte Uhse unter seinem Pseudonym Christian Klee in der Erstlingsnummer des "Aufbruch" nahe. Mit diesem Blatt wollte die KPD unzufriedene Nationalsozialisten und frustrierte Nationalrevolution�re f�r sich gewinnen. Zur Redaktionsmannschaft geh�rten neben bekannten KPD-Funktion�ren prominente "Nationalkommunisten" wie Ludwig Renn und Alexander Graf Stenbock-Fermor oder NS-Renegaten wie Wilhelm Korn und Rudolf Rehm, denen sich bald auch der ehemalige Oberland-F�hrer Beppo R�mer hinzugesellen sollte.
"Darum ist jetzt die Stunde da, in der die revolution�re Arbeiterschaft die historische Wendung zum Bauern tun musste. Die Kommunisten haben durch die Proklamation ihres Bauernhilfsprogramms alle vor die Entscheidung gestellt...An diesem Bauernhilfsprogramm der Kommunisten scheiden sich die Wege. Die Kampfgenossin der verarmten Bauernmillionen, die revolution�re Arbeiterschaft, wird f�r dieses Programm k�mpfen. Wer gegen die schaffenden Bauern ist, wird dieses Programm ablehnen, und das tun sie alle, von SPD bis zu den Nazis! Die revolution�re Arbeiterschaft aber wird dieses Programm ins Dorf hinaus tragen. Sie hat begriffen, dass es in der kommenden Volksrevolution keine Vend�e, keinen wei�en Ring um die St�dte geben darf. Der Arbeiter geht zum Bauern, ihm geht es nicht um Taktik oder Stimmenfang, ihm geht es um die Revolution. Die Revolution ohne den Bauern ist nur eine halbe Revolution, und eine halbe Revolution ist keine Revolution. (...) Wir sagen dir, Bauer: Du und der Arbeiter in der Stadt, ihr leidet die gleiche Not. Euch richtet derselbe Ausbeuter zugrunde, gleichg�ltig ob es der j�dische Wucherer oder der christliche Regierungsmann, der semitische Bankier oder der arische Junker ist. Ihr habt beide den gleichen Todfeind: das kapitalistische System. Dieses System muss sterben, wenn das Volk leben will. Darum Bauer Ahoi! Her in die revolution�re Front!"
In diesem Sinne setzte Uhse seine Agitation unter der Bauernschaft fort. Auf der Tagung der Widerstands-Bewegung auf der Leuchtenburg bei Jena geh�rte er zu den Hauptreferenten, weitere Auftritte gab es auf Veranstaltungen der Gruppe Sozialrevolution�rer Nationalisten. Schon im Januar avancierte der Agitator zum Sekret�r des Reichsbauernkomitees der KPD. Im Fr�hjahr verhinderte Uhse in dieser Funktion die Kandidatur des zu einer langj�hrigen Zuchthausstrafe verurteilten Landvolkf�hrers Claus Heim bei den Reichspr�sidentschaftswahlen die Komiteebewegung und der "Aufbruch" unterst�tzten die Kandidatur des KPD-Vorsitzenden Ernst Th�lmann gegen Hitler und Hindenburg. Der Winter des Jahres 1932 sah Uhse in der Rh�n, wo er den aktiven Widerstand des Landproletariats gegen den lohndr�ckerischen Freiwilligen Arbeitsdienst organisierte.
Nach dem Reichstagsbrand musste Bodo Uhse untertauchen, um einer Verhaftung zu entgehen. Einer Mitte April unter dem Vorwand einer Mordverschw�rung gegen Hitler er�ffnete Razzia unter prominenten Nationalrevolution�ren entging er nur knapp und setzte sich nach Paris ab, wo er Bruno von Salomon wiedertraf. Nach anf�nglichem Misstrauen etablierte Uhse sich sehr schnell in der Exilpublizistik und in der Propagandaarbeit der KPD gegen das Dritte Reich. Von Paris aus unterhielt er Verbindungen zu der im Untergrund aktiven Widerstands-Bewegung Niekischs. 1934 erfolgte mit einem offenen Brief an den nunmehrigen Chefredakteur bei der SHTZ die literarische Kampfansage an den real existierenden Nationalsozialismus. "Heute sitzen Sie an meinem Platz. Ich beneide Sie nicht darum. Die Schweigsamkeit ist ja Ihr vornehmstes Amt geworden...Wo Sie nicht schweigen, da m�ssen Sie l�gen...Es l�sst sich auch vom Standpunkt der nationalen Politik nichts Schlimmeres denken, als Eure nationalsozialistische Politik." Das Regime antwortete mit der Ausb�rgerung am 3. November 1934.
Etwa gleichzeitig konnte Uhse mit Hilfe des Journalisten und Publizisten Egon Erwin Kisch seine ersten eigenen schriftstellerischen Arbeiten ver�ffentlichen. Im Jahr 1935 erfolgte der Beitritt zur Exil-KPD, f�r die er im Juni neben Johannes R. Becher und Bertolt Brecht am Ersten Internationalen Schriftstellerkongress in Paris teilnahm. Nach dem Ausbruch des Spanischen B�rgerkrieges meldete der bei Oberland ausgebildete Uhse sich zu den Internationalen Brigaden. In Spanien k�mpfte er in den Reihen des franz�sischen Bataillons "Edgar Andr�" und war ab April 1937 als Politkommissar im Stab der 17. Division unter Hans Kahle t�tig. Gemeinsam mit Ludwig Renn bet�tigte Uhse sich in der Propaganda unter den Truppen der Legion Condor, so im Rundfunk: "Kameraden! Ihr seid die Tr�ger einer ruhmreichen Tradition so sagt man euch, und ihr seid es wirklich. Der deutsche Soldat hat sich zu allen Zeiten tapfer geschlagen. Meist f�r andere, h�ufig gegen den eigenen Bruder, nie f�r sich, nie f�r sein Gl�ck, nie f�r das Wohl von Vater und Mutter, von Bruder und Schwester." Anfang 1938 kehrte Uhse erkrankt nach Frankreich zur�ck. Im April 1939 ging er in die USA, um dort unter den deutschen Emigranten f�r die KPD t�tig zu werden. In gleicher Funktion siedelte Uhse 1940 nach Mexiko �ber, wo er zusammen mit Ludwig Renn f�r die Bewegung Freies Deutschland t�tig war.
5. Kulturpolitik in der DDR
Im Sommer 1948 kehrte Bodo Uhse nach Pa�schwierigkeiten in die Sowjetische Besatzungszone zur�ck. Hier wurde er im Januar 1949 Chefredakteur der kulturpolitischen Monatszeitschrift "Aufbau". Bis zur Einstellung des Blattes im Jahr 1958 war er in dieser Funktion ma�geblich an der Ausformung des kulturpolitischen Lebens der fr�hen DDR beteiligt. Von 1950 bis 1954 gab es zudem ein Intermezzo als Volkskammerabgeordneter der SED. Im Tagebuch notierte Uhse zu dieser Zeit: "Ja, ich glaube, man kann mit Worten etwas ausrichten. Man hat es immer gekonnt und kann es auch jetzt auch jetzt noch. Nicht mit dem Wort allein aber mit dem Wort, das wahr und richtig die Wirklichkeit erkennt und schon genug wiegt, um Teil der Wirklichkeit zu werden, und als solches die Menschen beeinflusst. Ich f�hle, dass ich nun wieder da bin, wo ich angefangen habe, n�mlich bei der beklemmenden Schwere meiner Aufgabe. Aber wie sie zu l�sen ist, dar�ber bin ich mir nicht klargeworden."
Von 1950 bis 1952 bekleidete Uhse die Posten eines Pr�sidialrates des Deutschen Kulturbundes und des Vorsitzenden des DDR-Schriftstellerverbandes. Selbstverst�ndlich widmete er sich auch der Agitation gegen die separatistische BRD und Adenauers r�cksichtslose Westintegration: Schon Ende der 20er Jahre und in den fr�hen 30er Jahren hatte man in Deutschland die nationale Frage unter dem Schlagwort der bolschewistischen Gefahr im Sinne der Gro�bourgeoisie gel�st. Der Uhse-Biograph Klaus Walther formulierte treffend: "Als 1948 durch die separate W�hrungsreform und 1949 durch die Errichtung eines Westzonenstaates die staatliche Einheit Deutschlands zerst�rt wurde, hatte der Klassenkampf �bernationale Dimensionen gewonnen; auf deutschem Boden wurde er als Kampf um die deutsche Einheit ausgetragen."
Der Kampf um die nationale Einheit Deutschlands und f�r den Frieden sollte Sache einer breiten Einheitsfront sein. Schon in der ersten von Uhse zu verantwortenden Nummer des "Aufbruch" kamen so unterschiedliche Autoren wie Arnold Zweig, Rudolf Alexander Schr�der oder Wolfgang Weyrauch zu Wort. Neben der kulturpolitischen Arbeit, die stets mit aktuellen Fragen verkn�pft war, widmete die Zeitschrift sich auch der F�rderung von Nachwuchstalenten. "Wir m�ssen �berall dort ankn�pfen, wo sich die deutsche Literatur gegen die Misere erhob oder sie gar �berwand, wo sie wahrhaft humanistische Z�ge tr�gt und also im tiefsten Sinne national und fortschrittlich ist." Im Wechselverh�ltnis mit der "Beachtung, Pr�fung, Durchsicht und Wertung" des literarischen Erbes sollte eine neue deutsche Literatur geschaffen werden.
1956 avancierte Uhse zum Sekret�r der Sektion Dichtkunst und Sprachpflege der Akademie der K�nste. Er nahm f�r die DDR am PEN-Kongress in London und an der antiimperialistischen Schriftstellerkonferenz in Neu-Delhi teil. Nach einem Kuba-Aufenthalt im Jahr 1961 setzte eine schwere Erkrankung seinen Aktivit�ten ein Ende - Bodo Uhse starb am 2. Juli 1963 in Berlin.
"Wenige Stunden vor seinem Tod sa�en wir lange in seinem Arbeitszimmer �ber dem Strausberger Platz zusammen. Er war heiter, aufgeschlossen, wie ich ihn seit langem nicht gesehen hatte...Er sprach so leise, z�gernd, tastend wie immer. Und wie immer sp�rte ich, was sich hinter dieser leisen Stimme verbarg: dass es in ihm brannte, in ihm schrie." (Kurt Stern)