Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 14. bis 20. Mai 2005

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

 

Zitat der Woche:
"Wir hatten nichts mehr von menschlichen Gefühlen im Herzen. Wo wir gehaust hatten, da stöhnte der Boden unter der Vernichtung. Wo wir gestürmt hatten, da lagen, wo früher Häuser waren, Schutt, Asche und glimmende Balken, gleich eitrigen Geschwüren im blanken Feld..., da brannten unsere Hoffnungen, unsere Sehnsüchte, da brannten die bürgerlichen Tafeln, die Gesetze und Werte der zivilisierten Welt, da brannte alles, was wir noch vom Wortschatz und vom Glauben an die Dinge und Ideen der Zeit, die uns entließ, wie verstaubtes Gerümpel mit uns geschleppt."
- Ernst von Salomon

 

Das Bundesministerium des Inneren präsentierte den Verfassungsschutzbericht 2004. Insgesamt sind 40.700 „Rechtextremisten“ bekannt, also ein geringer Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Der Rückgang beruht vor allem auf den Mitgliederverlusten bei DVU und Republikanern, während die „Neonazis“ von 3000 auf 3800 zulegten. Das neonazistische Spektrum zerfällt in rund 160 Kameradschaften mit zusehends dahinschwindenden Organisationsstrukturen, weiterhin werden sie mühsam durch die Aktionsbüros koordiniert. Die vermehrte Attraktivität des neonationalsozialistischen und nationalrevolutionären Spektrums ist laut VS auf Demotourismus und Aktionismus zurückzuführen, wobei sich nicht zuletzt die die Proteste gegen Hartz IV auszahlten. Als gewaltbereit gelten wie im Vorjahr 10.000 „Rechtsextremisten“ (vorwiegend Skinheads), davon lebt beinahe die Hälfte im Osten. Intellektualisierungsbestrebungen blieben laut VS weiterhin weitgehend erfolglos. Diese Erfolglosigkeit ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die NPD sich auf Parlamente und strömungsübergreifende Integrationsbemühungen (Volksfront von Rechts) verlegte. Immerhin konnten die Nationaldemokraten als einzige rechtsextreme Partei ihren Mitgliederstand steigern, und zwar von 5000 auf 5300 Personen. Sie können nunmehr auf 12 Abgeordnete im sächsischen Landtag zählen, die Zahl kommunaler Mandatsträger verdreifachte sich gegenüber 2003 auf 96. Die Erfolge sind neben der althergebrachten deutschnational-rassistischen Agitation auch auf eine erfolgreiche Popularisierung sozialpolitischer Themen zurückzuführen. Im Gegensatz zur Mutterpartei verloren die JN weiter an Bedeutung und schrumpften von 400 auf 350 Mitglieder. Die DVU fiel um 500 auf 11.000 Mitglieder zurück, gilt aber weiter als mitglieder- und finanzstärkste Organisation. Die von massiven internen Auseinandersetzungen heimgesuchten Republikaner verloren ebenfalls 500 und haben jetzt 7500 Mitglieder. Im Jahr 2004 wurden 12.051 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund verübt, davon waren 776 Gewaltdelikte. Unter den Gewaltdelikten befinden sich 640 Körperverletzungen, 44 Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt, 37 Brandstiftungen, 25 Fälle von Landfriedensbruch, 9 Raubüberfälle, jeweils 6 versuchte Tötungsdelikte und gefährliche Eingriffe in den Verkehr sowie 5 Fälle von Erpressung. Hinzu kommen noch 243 Sachbeschädigungen, 97 Fälle von Nötigung und Bedrohung sowie 20 Störungen der Totenruhe. 47,4 % aller rechtsextremen Gewaltdelikte waren fremdenfeindlich motiviert, 25,6 % richteten sich gegen Linksextremisten und 4,6 % hatten einen antisemitischen Hintergrund. Damit stieg die Zahl der Straftaten um 11,7 %, die der Gewalttaten um 2,2 %. 6,4 % aller rechtsextremistischen Straftaten sind Gewaltdelikte, 86,3 % entfallen auf sog. Propagandadelikte. Insgesamt 199 Gewalttaten richteten sich gegen echte oder vermeintliche Linksextremisten, 67 gegen sonstige politische Gegner. In absoluten Zahlen sind Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Niedersachsen Zentren rechtsextremer Gewaltanwendung, gemessen an der Bevölkerungszahl führen einsam Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

 

Die Zahl bekannter Linksextremisten ging geringfügig zurück auf (nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) 30.800 Personen, davon gelten 5500 gewaltbereit (eine geringfügige Zunahme). Bei marxistisch-leninistischen, trotzkistischen und sonstigen revolutionär-marxistischen Zusammenschlüssen ist mit insgesamt rund 25.700 (2003: 26.300) Personen ein geringfügiger Rückgang der Mitgliederzahl festzustellen. Die DKP ging geringfügig auf 4500 Mitglieder zurück. Ein gravierendes Problem der Partei ist die Lähmung durch interne Programmdebatten, hinzu kommen eine sich abzeichnende Radikalisierung ostdeutscher Genossen und die Überalterung der Parteimitglieder. Der Linksruck fiel von 500 auf 400 Mitglieder zurück, gilt aber weiterhin als die agilste trotzkistische Gruppe. Die Sozialistische Alternative SAV legte leicht auf 400 Genossen zu. Mit 2000 Mitgliedern stagnierte der Bestand der MLPD. Die Partei ist zwar innerhalb der linken Szene weitgehend isoliert, aber allen vergleichbaren Gruppen organisatorisch überlegen. Als bedeutsame und vorbildliche Solidaritäts- und Kampagnenorganisation ist die Rote Hilfe mit ihren 4600 Mitgliedern zu erwähnen. Angesichts der sozial- und wirtschaftspolitischen Debatten gelang es vermehrt, gesellschaftliche Protestkampagnen (MLPD) oder Organisationen wie Attac (SAV, Linksruck) und die sich formierende WASG (SAV) zu infiltrieren. Im dargestellten linksextremistischen Personenpotential enthalten sind auch die Anhänger der Kommunistischen Plattform der PDS, deren Zahl auf etwa 1.000 zu schätzen ist. Insgesamt hatte die PDS nach eigenen Angaben (letzter Stand Ende 2003) etwa 65.800 (Ende 2002: 71.000) Mitglieder. Davon sind nur 3,6 % unter 30 Jahre alt, während mehr als 60 % über 60 Jahre zählen. Linksextremistische Organisationen und Personenzusammenschlüsse werden in Teilbereichen von Gruppierungen unterstützt, die linksextremistisch beeinflusst sind. Diesen gehörten etwa 18.000 (2003: 19.000) Mitglieder an. So gut wie alle Gewalttaten entfallen auf die autonome Szene, die jedoch laut VS gegenüber früheren Jahren erheblich an Organisationsniveau und Mobilisierungsfähigkeit verloren hat. Sie erreicht jedoch vor allem im Rahmen klandestiner no-name-Militanz oftmals den Grenzbereich terroristischen Handelns. Probleme sind unzureichende Strukturen, ein Mangel an systematischer Politarbeit und die hohe Fluktuation innerhalb der Szene. Bemerkbar machen sich auch die Auseinandersetzungen mit der weiter erstarkenden antideutschen Wohlstandslinken, die bis zur Lähmung oder zum Zerfall bestehender Strukturen reichen können. Linksextremisten verübten 1440 Straftaten, darunter 521 Gewalttaten, rund 37 % also. Die Zahl linksextremer Gewaltdelikte legte um rund 7,9 % zu. 273 Gewaltdelikte richteten sich gegen echte oder vermeintliche Rechtsextremisten - eine Zunahme um beinahe 18 %. Unter den linksextrem motivierten Gewalttaten befinden sich 226 Körperverletzungen, 144 Fälle von Landfriedensbruch, 88 Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt, 31 Brandanschläge, 19 gefährliche Eingriffe in den Verkehr und 12 Raubüberfälle. Dazu kommen noch 490 Sachbeschädigungen. Hochburgen linksextremer Gewalttätigkeit sind in absoluten Zahlen Berlin und Niedersachsen, gemessen an Bevölkerungszahl ist ebenfalls Berlin einsam an der Spitze.

 

Presseberichten zufolge geht die syrische Regierung auf die kurdische Bevölkerungsgruppe des Landes zu. Mit Bashar al-Assad wird erstmals ein syrischer Präsident mit kurdischen Stammesführern aus Nordsyrien zusammentreffen. Offenbar haben die baathistische Führung und kurdische Vertreter ein Abkommen ausgehandelt, um den rechtlichen Status der Minderheit zu verbessern. Rund 100.000 staatenlose syrische Kurden sollen demnach die Staatsbürgerschaft mit allen Rechten und Pflichten erhalten. Beide Seiten versuchen seit geraumer Zeit, die nach den schweren Unruhen des Vorjahres entstandenen Spannungen abzubauen, um eine erneute Eskalation zu verhindern. Damals setzte die Regierung Militär ein und verhängte in mehreren Regionen den Ausnahmezustand. Für Unruhe in Regierungskreisen sorgte die Ankündigung von Rifaat al-Assad, Bruder des verstorbenen Hafez al-Assad und Onkel des amtierenden Staatspräsidenten, nach 20 Jahren aus dem europäischen Exil nach Damaskus zurückzukehren. Der prominente Exilant bekleidete das Amt eines Vizepräsidenten und befehligte die gefürchteten Spezialeinheiten der syrischen Armee, die 1982 einen islamistischen Aufstand mit erbarmungsloser Härte niederschlugen. Nach einem Machtkampf mit Hafez al-Assad wurde er ins Exil geschickt. Rifaat al-Assad erklärte, er werde sich für Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden einsetzen, womit vor allem demokratische Neuwahlen, die Aufhebung des seit 1963 geltenden Ausnahmezustandes und eine Verfassungsreform gemeint sind. Die syrische Regierung hat zwar keine Einwände gegen seine Rückkehr, warnte ihn aber, er solle sich innerhalb der geltenden Gesetze bewegen. Wirtschaftliche Reformen kündigte hingegen Amer Loutfi als Minister für Wirtschaft und Handel an. Die syrischen Baathisten wollen stärker auf marktwirtschaftliche Prinzipien setzen und durch staatliche Fördermaßnahmen und Gesetzesänderungen die Rolle des Privatsektors stärken. Geplant ist auch der Aufbau von leistungsfähigen Privatbanken, welche die Wirtschaftsprojekte finanzieren sollen.

 

Bei den Kommunalwahlen in Kroatien musste die regierende Kroatische Demokratische Gemeinschaft HDZ erhebliche Stimmenverluste hinnehmen. Die HDZ verlor gegenüber der Parlamentswahl von 2003 7,3 Prozentpunkte. Die gemäßigten Nationalisten bleiben weiterhin stärkste politische Kraft, fielen aber von 299 auf 242 Mandate zurück. Sie haben nur noch in 8 der 21 Landkreise die relative Mehrheit - bei den Kommunalwahlen 2001 waren es noch 15. Durch Koalitionsbildungen wird die HDZ allerdings in 11 Landkreisen die Regierung stellen. Hierbei ist sie jedoch in 5 Landkreisen auf das Wohlwollen der rechtsextremen Kroatischen Partei des Rechts HSP angewiesen, die ihren Stimmanteil mehr als verdoppeln konnte und nunmehr 77 statt 32 Mandate in den Landkreisparlamenten besitzt. Die Sozialdemokraten kamen auf 172 Landkreisabgeordnete und behaupteten sich trotz Verlust von 14 Sitzen als zweitstärkster politischer Faktor. Eine neue Erscheinung sind die Wahlerfolge unabhängiger lokaler Listen, die auf die weit verbreitete Unzufriedenheit mit der Politik von Regierung und Opposition zurückzuführen sind.

 

Die sozialistische Regierung Spaniens setzt auf eine Kehrtwende im baskischen Friedensprozess. Gegen die Stimmen der oppositionellen Konservativen segnete das spanische Parlament ein offizielles Angebot an die baskische Untergrundorganisation ETA zur Aufnahme von Verhandlungen ab. Die vom konservativen Vorgänger José María Aznar während dessen achtjähriger Amtszeit verfolgte Strategie, Kontakte zur ETA zu verweigern und Straftaten - auch die kale borroka genannten gezielten Sachbeschädigungen jugendlicher ETA-Sympathisanten - kompromisslos zu ahnden, wird aufgegeben. Aznar konnte auf beachtliche Erfolge verweisen: Die militanten Aktionen gewaltbereiter Jugendgruppen und die Straßenschlachten gingen deutlich zurück. Die polizeiliche Verfolgung von ETA-Aktivisten führte dank der verstärkten Unterstützung durch die französischen Behörden und - als Folge der Unterstützung Aznars für die Intervention im Irak - durch technologische Unterstützung der US-Geheimdienste zu spektakulären Fahndungserfolgen. Nach der Verhaftung zahlreicher Führungsmitglieder mussten unerfahrene und immer jüngere Aktivisten in Macht- und Entscheidungspositionen der ETA aufrücken, die Zahl der vereitelten Anschläge stieg, das letzte tödliche ETA-Attentat liegt zwei Jahre zurück. Dennoch blieb die friedliche Lösung der seit Jahrzehnten schwelenden baskischen Frage ein Fernziel Madrids. Die Kehrseite der Medaille sind polizeiliche Repression, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Parteienverbote, drakonische Haftstrafen und Übergriffe und Folterungen durch Angehörige der „Sicherheitskräfte“. Ministerpräsident Zapatero lässt sich in seinem Verhandlungskurs auch nicht durch die jüngsten Anschläge der Etarras irritieren: Wenige Tage vor der Parlamentsabstimmung verübten die baskischen Linksnationalisten Bombenanschläge auf zwei Chemiebetriebe, eine Farbenfabrik und ein metallverarbeitendes Unternehmen. Zapatero schließt eine Unabhängigkeit des Baskenlandes kategorisch aus, ein Gewaltverzicht der ETA ist für ihn Grundvoraussetzung für Verhandlungen. Offenbar schwebt Madrid vor, gegen die Wiederzulassung einer linksnationalistischen Partei und eine Amnestie für die mehr als 700 inhaftierten baskischen Polithäftlinge die Selbstauflösung der ETA zu erreichen und den Konflikt nach dem Vorbild Nordirlands auf die politische Ebene zu verlagern.

 

Angesichts der Ungenauigkeit der Ortung eines Menschen per Handy und der Wetterabhängigkeit von GPS-Peilung plant das US-Unternehmen Rosum nun die Entwicklung einer neuartigen Peilmethode. Diese soll auf der Basis von Fernsehsignalen erfolgen. Fernsehsignale haben zwei entscheidende Vorteile: Es gibt sie fast überall, und sie dringen auch durch dicke Betonwände. Das Ortungssystem, an dem Rosum im Augenblick arbeitet, macht sich diese Vorteile zunutze: Statt per Satellit sollen Menschen mit geeigneten Empfängern nun aufgrund ihrer Entfernung vom nächsten Fernsehsender geortet werden können. Das System nutzt ein bestimmtes Merkmal, das analoge und digitale Fernsehsignale haben - es dient eigentlich dazu, bei älteren Fernsehgeräten dafür zu sorgen, dass das Bild nicht flackert. Bei Rosum hat man einen Funkempfänger gebaut, der diese Synchronisations-Information erfassen und daraus errechnen kann, wie weit der Empfänger vom Sender entfernt ist. Diese Daten werden anschließend mit anderen abgeglichen, die von eigens installierten Monitor-Einheiten ermittelt werden. Aus der Kombination der Signale kann die Position des Funkempfängers errechnet werden. Die Kommunikation zwischen dem dazu notwendigen Server und dem Empfänger soll über SMS und den Mobilfunkstandard GPRS ablaufen - was nach aktuellem Stand der Technik die Einsatzmöglichkeiten doch wieder einschränken würde, denn auch Handy-Empfang gibt es nicht überall. Bislang sind die Empfänger-Module etwa so groß wie Streichholzschachteln, sie sollen aber noch schrumpfen, und der Herstellungspreis von etwa 40 Dollar pro Stück kann bei Massenproduktion gesenkt werden. Das Hauptproblem bei der Konstruktion dieser Geräte ist offenbar, dass Störsignale, beispielsweise Reflexionen von anderen Objekten, ausgefiltert werden müssen. In-Q-Tel, die Hightech-Investitionsabteilung der CIA, ist bereits an dem Projekt beteiligt. Kurt Opsahl von der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation warnte: „Das ist ein weiterer Schritt in die Richtung einer Überwachungsgesellschaft."

 

Die amerikanischen Behörden nahmen überraschend in Miami den exilkubanischen Terroristen Luís Posada Carriles fest. Posada Carriles reiste im März illegal über die mexikanische Grenze ein, um in der kopfstarken exilkubanischen Gemeinde Floridas unterzutauchen. Der Verhaftete soll wegen Verstoßes gegen die Einreisebestimmungen vor Gericht gestellt werden. Die Regierungen Venezuelas und Kubas sprechen – nicht ganz zu Unrecht – von einer Farce, denn Prozess und Haftstrafe entziehen den Kubaner ihrem Zugriff. Außerdem hat Posada Carriles seit 1962 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für die USA und hatte kurz vor seiner Verhaftung einen Asylantrag als politischer Verfolgter gestellt. Der Kubaner ist in mehreren Staaten wegen terroristischer Aktivitäten rechtskräftig verurteilt. Luís Posada Carriles arbeitete seit Anfang der 60er Jahre für die CIA und nahm an der Landung in der Schweinebucht teil. Nach dem Debakel arbeitete er mit von der CIA unterstützten Organisationen wie Alpha 66 zusammen, die durch Terrorakte den kubanischen Staatschef Castro stürzen wollen. 1976 sprengte die Gruppe um Posada Carriles über Barbados per Zeitbombe eine kubanische Passagiermaschine in die Luft, es gab 73 Tote. Da er seit 1967 auch die venezolanische Staatsangehörigkeit besitzt (er leitete vorübergehend sogar die Abteilung Gegenspionage des venezolanischen Geheimdienstes DISIP), wurde der Kubaner Anfang der 80er Jahre in Caracas zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, konnte aber 1985 mit Hilfe der CIA flüchten. Der fanatische Antikommunist setzte seine Untergrundaktivitäten – zunächst während des Bürgerkrieges in Nicaragua - fort, bis er im Jahr 2000 erneut verhaftet wurde, als seine Gruppe Castro während des Ibero-Amerikanischen Gipfels in Pánama City mit einer Bombe ins Jenseits befördern wollte. Im Spätsommer 2004 begnadigte Pánamas bereits abgewählte Präsidentin die Attentäter kurz vor dem Machtwechsel. In der kubanischen Hauptstadt La Habana demonstrierten bereits Hunderttausende für die Auslieferung von Posada Carriles, und auch die venezolanische Regierung fordert unter Hinweis auf ein bestehendes Auslieferungsabkommen die unverzügliche Abschiebung nach Caracas. Beide Regierungen erklärten, Washington schütze den Exilkubaner, damit er keine Informationen über seine langjährige Tätigkeit für die CIA preisgeben könne. Selbst konservative Kreise in den USA fordern die Ausweisung des Delinquenten, weil ansonsten die Vereinigten Staaten jegliche Glaubwürdigkeit im Kampf gegen den Terrorismus verlieren würden.

 

Ein Voraustrupp des Bundeswehr-Eliteverbandes Kommando Spezialkräfte (KSK) ist am Pfingstwochenende zu einem neuen Auftrag nach Afghanistan aufgebrochen, die Hauptkräfte sollen in Kürze nachfolgen. Die Einheit steht offenbar vor ihrem bisher umfangreichsten Einsatz, der unter größter Geheimhaltung vorbereitet wurde. Ein Teil der Spezialkräfte soll in Badakhshan, einer Provinz im Nordosten des Landes, den Schutz der dort stationierten bundesdeutschen ISAF-Soldaten gewährleisten, die in der Provinzhauptstadt Faizabad ein Wiederaufbauteam betreiben. Schwerpunkt des neuen KSK-Einsatzes aber ist der Kampf im südöstlichen Teil des Landes, im Grenzgebiet zu Pakistan, wo Taliban und al-Qaida seit einigen Wochen eine Frühjahrsoffensive gegen die Amerikaner gestartet haben. Die KSKler sollen sich diesmal von Anfang an um einen eigenen Sektor kümmern, in dem sie auch die so genannte Coordinating Authority haben, womit sie ihre Ziele weitgehend selbst bestimmen. Gefangene sollen möglichst an afghanische Sicherheitskräfte übergeben werden. Beim letzten Einsatz, der vor eineinhalb Jahren endete, hatte es eine interne Weisung gegeben, mutmaßliche Terroristen nicht zu verhaften, um sie nicht an die Amerikaner ausliefern zu müssen, die wegen ihres Umgangs mit Kriegsgefangenen international scharf kritisiert werden. Der Einsatz im Rahmen des Kriegs gegen den Terrorismus (Operation Enduring Freedom) soll bis zur Parlamentswahl in Afghanistan im September, maximal aber sechs Monate dauern. Sicherheitsexperten erwarten nach den antiamerikanischen Demonstrationen der vergangenen Wochen, bei denen es zahlreiche Tote und Verletzte gab, und nach den neuesten Enthüllungen zu Folterungen in Bagram weitere Unruhen in Afghanistan. Die von Präsident Hamid Karzai favorisierte „Strategische Partnerschaft", die den USA die Dauerpräsenz im Land garantieren soll, wird von den Oppositionellen als Provokation angesehen. Die Aufstände gelten auch als Kraftprobe zwischen der Regierung Karzai und den Taliban sowie Provinzfürsten und Drogenhändlern, die bisher beinahe unbehelligt ihren Geschäften nachgehen konnten. Verteidigungsminister Peter Struck war Ende April nach Afghanistan gereist und hatte mit Karzai die Details des KSK-Einsatzes besprochen. In Berlin gilt der neue Auftrag des KSK als geheime Kommandosache, auch weil damit die Friedens- mit der Kriegsmission enger verbunden wird. Selbst die Obleute der Fraktionen, Anfang des Jahres grob informiert, „kennen den genauen Auftrag und den militärischen Befehl nicht", so einer der Vertrauensleute.

 

Neben dem Bürgerkrieg in Afghanistan oder dem kürzlich in Kirgisien erfolgten Umsturz charakterisiert auch die Lage in Usbekistan das Pulverfass Zentralasien. Hier herrscht als Präsident auf Lebenszeit und mit amerikanischer Hilfe der Diktator Islam Karimow. Oppositionelle, Demokraten wie Islamisten, sehen sich harten Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt, in den Gefängnissen sitzen 8000 politische Häftlinge. Zu den Freunden Karimows gehört nicht zuletzt die BRD, die bei Termes an der afghanischen Grenze einen Luftwaffenstützpunkt unterhält. Die innenpolitischen Spannungen in Usbekistan eskalierten nun in einem wahren Blutbad, Schauplatz war vor allem die Stadt Andishan im Ferghana-Tal. Auslöser war ein Schauprozess gegen 23 Geschäftsleute, die Kontakte zur Gruppe Akromija haben sollen, einem Ableger der in der BRD verbotenen Hizb ut-Tahrir. Ein Rebellenkommando überfiel eine Militärkaserne und räumte die Waffenkammer aus, daraufhin stürmte man ein Gefängnis und befreite 2000 Häftlinge. In der 300.000-Einwohner-Stadt kam es zu Kundgebungen gegen die autokratische Regierung und zu Straßenkämpfen zwischen Sicherheitskräften und Rebellen. Schließlich griff das Militär ein und brachte die Lage im Ferghana-Tal mit rücksichtsloser Härte unter Kontrolle. Die Grenzen zu den Nachbarstaaten Kirgisien und Kasachstan sind gesperrt, ebenso wie die Fernstraße in die kasachische Hauptstadt Taschkent. Nachdem es zunächst hieß, die Unruhen hätten vielleicht 70 Todesopfer gefordert, sickerte nach und nach durch, dass die Armee ein Massaker mit bis zu 750 Toten (die Regierung spricht mittlerweile von 169) und mindestens 2000 Verwundeten angerichtet hat. Damit hat Karimow das brutalste Vorgehen staatlicher Kräfte gegen die eigene Bevölkerung seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking zu verantworten.

 

Das World Economic Forum (WEF) in Genf hat die Chancengleichheit von Frauen und Männern untersucht und hierzu eine Analyse mit dem Titel „Gender Gap Index“ veröffentlicht. Untersucht wurden alle 30 OECD-Staaten sowie 28 Schwellenländer. Die Studie nahm eine Bewertung nach den fünf Hauptkriterien wirtschaftliche Teilhabe und Möglichkeiten, politische Einflussnahme und Beteiligung, Bildungsgrad sowie Gesundheit und Wohlergehen vor. Dabei bestätigte sich wieder einmal: Die Chancengleichheit für Frauen wird in keinem dieser Länder erreicht. Die BRD rangiert auf Platz neun. Das ist nicht sonderlich gut, wenn man berücksichtigt, dass nur etwas weniger als die Hälfte der untersuchten Staaten zu den hoch entwickelten Industriegesellschaften gerechnet werden. Ähnlich wie bei der PISA-Studie belegten die nordeuropäischen Länder, insbesondere die Skandinavier, die Spitzenplätze. Die Reihenfolge der ersten fünf spricht für sich: Schweden, Norwegen, Island, Dänemark und Finnland. Deutlich im Hintertreffen landeten die meisten Länder Lateinamerikas. Das Problem liegt dort laut WEF im beschränkten Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, zu den Grundrechten sowie zur Gesundheitsversorgung und politischer Beteiligung. Ganz am Ende der Rangliste finden sich Indien (Platz 53), Pakistan (56), die Türkei (57) und Ägypten (58). Innerhalb der EU wiesen Italien (Rang 45) und Griechenland (50) die schlechtesten Platzierungen aus. Die Position neun für die BRD beruht hauptsächlich auf der als gut bewerteten politischen Partizipation der Frauen, da sechs von 13 Ministerien der Bundesregierung weiblich geführt sind. Aber die Verteilung im Bundestag beweist, dass es mit der Chancengleichheit in der Politik nicht so weit her ist. 404 männlichen MdBs stehen lediglich 197 Frauen im Bundestag gegenüber. Auch in den Führungspositionen der Wirtschaft sind Frauen kaum vertreten. Beschämend ist die Bezahlung von Frauen. Laut WEF-Studie rangiert die BRD hier nur auf Platz 32. Von gerechter Entlohnung für berufliche Tätigkeiten ist man also weit entfernt. Im Durchschnitt der gesamten Welt ist das statistische Lohngefälle zwischen Männern und Frauen noch so groß, dass Frauen weniger als 78 % der Löhne bekommen, die Männer für eine gleichwertige Arbeit erhalten. In den Abschnitt „Teilnahme am Arbeitsleben“ flossen die jeweiligen Erwerbstätigen- und Beschäftigungsquoten ein sowie Entlohnungsunterschiede bei gleicher Tätigkeit. Hier erreichte die BRD lediglich Rang 20. Viel besser schnitten hier Länder wie Thailand (Rang 1), Simbabwe (Rang 2) und Russland (Rang 3) ab, wo Frauen traditionell stark in den Arbeitsmarkt integriert sind. Weit abgeschlagen ist die BRD auch bei den Kriterien „Anteil von Frauen an höher qualifizierten Beschäftigungen“, „Erziehungsurlaub“ sowie „Verfügbarkeit von staatlich bereitgestellten Betreuungseinrichtungen für Kinder“ und belegt hier nur Rang 28. Als Vorbilder gelten Finnland (Rang 1), Norwegen (2), Ungarn (3), die Tschechische Republik (4) und Estland (5). Hier liegen also osteuropäische Staaten nahezu gleichauf mit den traditionellen Sozialsystemen Skandinaviens. Gleiche Chancen der Geschlechter im Bildungssystem sind annähernd verwirklicht in Schweden (Rang 1), Uruguay, Argentinien und Großbritannien. Die BRD liegt weit hinten: Rang 34 beweist die langjährigen Versäumnisse bundesdeutscher Bildungspolitik. Besser sieht es im Gesundheitswesen aus (Rang 10). Auch hier ist Schweden führend.

 

Lagefeststellung - Beurteilung der Situation - Möglichkeiten des Handelns - Entschluss - Umsetzung - Kontrolle

 

 

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