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Die politische Wochenschau
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vom 23. bis 29. Juli 2005
Zitat der Woche: |
"Was ist in der Tat der Sozialismus? Die �bernahme der Gesellschaft in allen ihren notwendigen wirtschaftlichen Funktionen durch die assoziierten Arbeiter. In der kapitalistischen Fabrik gibt es einen Bezahler, der Herr ist �ber die Produktionsmittel und verantwortlich f�r die Produktion, und neben ihm ein Heer von abh�ngigen, unselbst�ndigen Bezahlten, die nur f�r die Leistung einer bestimmten Teilarbeit Verantwortlichkeit tragen. In der Fabrik der assoziierten Arbeit dagegen werden alle Akte der materiellen wie der intellektuellen Produktion, die Leitung und Verwaltung, in den H�nden der Assoziierten selbst liegen. Au�erhalb des rein wirtschaftlichen Betriebes erf�llt den Syndikalismus das gleiche Ideal. An die Stelle des im Staate enthaltenen, autorit�ren, hierarchischen, koerzitiven Prinzips wird er die freie Vereinbarung freier Genossen setzen." |
- Robert Michels |
Die erwarteten globalen Klimaver�nderungen sind dazu angetan, zu geopolitischen Konflikten zu f�hren. Ein Paradebeispiel findet sich derzeit am Polarkreis, wo sich durch das Abschmelzen der Eisdecke neue Schifffahrtswege, und zwar durch die dann offene Nordwest-Passage, er�ffnen werden. Konkret geht es um die Insel Hans (gr�nl�ndisch Tartupaluk), einen rund einen Quadratkilometer gro�en Felsbrocken zwischen Gr�nland und Kanada. 1973 hatten D�nemark und Kanada eine Grenzlinie entlang der Nares-Stra�e zwischen Gr�nland und der kanadischen Ellesmere-Insel gezogen und festgelegt, dass �ber die Zugeh�rigkeit der kleineren Inseln in dieser Region sp�ter entschieden werde. 1984 sorgte der d�nische Minister f�r Gr�nland-Angelegenheiten, Tom Hoeyem, f�r Verstimmung, weil er eine d�nische Flagge auf Insel Hans aufzog. Allerdings wird Hans seit einiger Zeit vehement von Kanada beansprucht, was im vergangenen Jahr durch kostspielige Man�ver am Polarkreis unterstrichen wurde. Nun stattete der kanadische Verteidigungsminister Bill Graham der Insel einen Besuch ab, was von der demonstrativen Hissung der kanadischen Flagge begleitet wurde. Die gr�nl�ndische Autonomieregierung sprach in Gestalt ihres „Au�enministers“ Josef Motzfeld von einer Okkupation der Insel durch Kanada und forderte die UNO zu einem Schiedsspruch auf, da die Kanadier die UN-Seerechtskonvention verletzt h�tten. Die d�nische Regierung hat bereits der kanadischen Botschafterin in Kopenhagen eine Verbalnote �berreicht, in der sie gegen den unangek�ndigten Besuch Grahams protestierte.
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Nach mehreren Monaten relativer Ruhe meldete sich der militante islamistische Untergrund in �gypten zur�ck. Als Ziel w�hlte man den beliebten Badeort Sharm el-Sheik, auch Schauplatz diverser Verhandlungen mit der israelischen Regierung. Im Abstand von wenigen Minuten explodierten drei Autobomben mit ca. 600 Kilogramm Sprengstoff, wobei mindestens 88 Personen (darunter 17 ausl�ndische Touristen) get�tet und mehr als 200 verletzt wurden. Weite Teile des Touristikzentrums wurden verw�stet. Es handelt sich um den schwersten Terroranschlag auf �gyptischem Territorium seit 10 Jahren. Die �gyptische Polizei reagierte mit umfangreichen Razzien und t�tigte binnen mehrer Tage einige Hundert Festnahmen, was man mit �blicher Pragmatik auch zum Vorgehen gegen die Opposition nutzte. Bereits in den 90er Jahren kamen bei der Auseinandersetzung zwischen islamistischer Stadtguerrilla und den Sicherheitskr�ften um die 1200 Menschen ums Leben.
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Bereits am 9. Juli wurde im venezolanischen Barquisimeto die Revolution�re Sozialistische Jugend (JSR, Juventud Socialista Revolucionaria) gegr�ndet. 35 Vertreter debattierten hier �ber Programm und Aktionen der neuen Jugendorganisation. Die JSR ist ein Zusammenschluss einer Reihe von linken Organisationen auf der Grundlage eines gemeinsamen revolution�ren Programms. Anwesend waren u.a. Angeh�rige des Movimiento Revolucionario Yacamb�, des Colectivo Resistencia, der Frente Am�rica Rebelde und der Corriente Marxista Revolucionaria (CMR). Das Motto der JSR ist von Karl Liebknecht entlehnt: „Die Jugend ist die Flamme der Revolution.“ Ziel der neuen Organisation ist die sozialistische Umgestaltung der venezolanischen Gesellschaft. Sozialismus ist nicht nur in den Augen der JSR f�r Venezuela der einzige Weg zu einer weiteren �konomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn sich die Jugend in den Schulen, Unis und den misiones (den Sozialprogrammen der Regierung) zusammenschlie�t und organisiert. Der revolution�re Kampf f�r eine sozialistische Gesellschaft kann, so das Programm der JSR, nur von den Massen selbst erfolgreich gef�hrt werden. Eine zentrale Rolle komme dabei der Arbeiterklasse zu. Die JSR versteht sich daher auch als Organisation der Arbeiterjugend. Der Kampf der Sch�ler und Studenten soll mit dem der Arbeiterklasse vernetzt werden. In den n�chsten Wochen wird die JSR auf den Weltjugendfestspielen in Caracas und auf Massenveranstaltungen der revolution�ren Jugendbewegung pr�sent sein und ihre Ideen einer gr��eren �ffentlichkeit vorstellen. Nach den Weltjugendfestspielen in Caracas wird die JSR ein „Marxistisches Jugendforum“ organisieren, wo Jugendliche aus Venezuela und aus anderen L�ndern gemeinsam �ber die Perspektive des Sozialismus in Venezuela und des revolution�ren Kampfes diskutieren k�nnen.
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Die EU-Kommission will im Kampf gegen den „islamistischen Terrorismus“ st�rker als bisher bekannt Daten auf Vorrat speichern lassen. Laut einem 17seitigen, unver�ffentlichten Papier der Kommission sollen Benutzer von Telefon, Handy und Internet von der ersten Sekunde bis zum Ende der Nutzung beobachtet werden, um bis ins Detail festzuhalten, wie sich die Person in den Kommunikationsnetzen bewegt. Bislang sahen die Pl�ne der Innen- und Justizminister aller EU-Staaten vor, zur st�rkeren Informationsgewinnung und Auswertung Telefon- und Internet-Daten ohne konkreten Verdacht bis zu drei Jahre auf Vorrat zu speichern - in der BRD werden momentan pers�nliche Verbindungsdaten nach 90 Tagen gel�scht. Dabei ging es ganz allgemein um Verkehrs- und Standortdaten einschlie�lich der Teilnehmer- und Nutzerdaten. Bereits diese Pl�ne der Minister waren von Datensch�tzern und der Industrie abgelehnt worden. Nach der vorgeschlagenen „Direktive von EU-Parlament und EU-Rat" sollen nicht nur Nummer, Name und Adresse des Nutzers gespeichert werden, sondern auch das Ziel, Datum, Zeit und Zeitdauer der Gespr�che bzw. Internet-Nutzung sowie die Art und Mittel der Kommunikation, also ob es sich um ein Gespr�ch, eine SMS oder eine Konferenzschaltung gehandelt hat. Schlie�lich strebt die EU-Kommission das Anfertigen von Bewegungsprofilen an. So soll der Ortswechsel des Handy-Benutzers miterfasst werden und ebenso, ob der Zugang zum Internet von einem festinstallierten PC oder einem transportablen Laptop erfolgt. F�r die Zusatzkosten sollen Kommunikationsunternehmen „angemessen" entsch�digt werden. Doch die lehnen die Datenerfassungspl�ne der Politik ab, nicht nur, weil unklar ist, was angemessen bedeutet. Alleine 2004 gab es rund 34.000 Anfragen der Strafverfolgungsbeh�rden an die Internet- und Telekommunikationsbranche, von denen sich nur 78 auf Daten mit terroristischem Hintergrund bezogen.
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Nach langer Pause nahm in Peking die Sechsergruppe (Nord- und S�dkorea, China, Russland, Japan und die USA) neue Gespr�che zur L�sung des Konfliktes um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm auf. Schon vor Verhandlungsbeginn signalisierte Pj�ngjang seine Bereitschaft, nach Abschluss eines Friedensvertrages, diplomatischer Anerkennung durch die USA, Entfernung von der Liste der „Schurkenstaaten“, Garantie ungest�rter Handelsbeziehungen mit Drittstaaten und Abschluss eines Nichtangriffspaktes auf sein atomares Arsenal zu verzichten. Nach Vorstellung des nordkoreanischen Au�enministeriums w�rde die Umwandlung des Waffenstillstandsabkommens von 1953 in einen echten Friedensvertrag automatisch eine atomare Entmilitarisierung der koreanischen Halbinsel nach sich ziehen. Die Amerikaner haben angeblich auf ihrem s�dkoreanischen St�tzpunkt Maehyang-ri Nuklearwaffen stationiert, ebenso auf ihren Flotteneinheiten in Fernost. Die US-Regierung wiederum ist nur zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen bereit. Washingtons Verhandlungsf�hrer Christopher Hill dr�ckte die Bereitschaft der USA aus, bei permanentem, vollst�ndigem und �berpr�fbaren Verzicht auf das nordkoreanische Atomprogramm Sicherheitsgarantien, staatliche Anerkennung sowie Wirtschafts- und Energiehilfen zu gew�hrleisten. Als Pj�ngjang das Problem Maehyang-ri zur Sprache brachte und einen Abbau des amerikanischen Nuklearschildes �ber S�dkorea forderte, dementierten Washington und Seoul, dass sich US-Atomwaffen auf s�dkoreanischem Territorium bef�nden. Die s�dkoreanische Seite setzt darauf, zun�chst eine Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms auszuhandeln und auf dieser Basis die Gespr�che fortzusetzen. Zur Bek�mpfung der im Norden herrschenden Hungersnot liefert Seoul derzeit 500.000 Tonnen Reis.
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Zu den Diskussionen auf der radikalen Linken �ber die „Linkspartei“ aus PDS uns WASG merkte J�rgen Els�sser in der „jungen Welt“ vom 28. Juli Interessantes an: „Je besser die Umfragewerte f�r die Linkspartei werden, umso steifer sitzt die etwas radikalere Linke auf der Stuhlkante und blickt stumm auf dem ganzen Tisch herum. Was soll aus dem Neugeborenen blo� werden, wenn es jetzt schon so gro� ist? W�chst da, angesichts der ungekl�rten Familienverh�ltnisse im Hause Gysi/Lafontaine, nicht ein Bastard heran? Hoffentlich spielt er nicht mit Arbeitern und anderen Schmuddelkindern. Am besten, wir lehren das Riesenbaby erst einmal das Multi-Kulti-ABC. So oder so �hnlich m�ssen die Leute gedacht haben, die Anfang Juli einen offenen Brief an PDS und WASG lancierten. Bis zum gestrigen Mittwoch zierten ihn stolze 282 Unterschriften, darunter die von s�mtlichen Infol�den und Fl�chtlingsinitiativen zwischen Flens- und Ravensburg und, mit Ausnahme von Oliver Tolmein, von so ziemlich allen Journalisten, die sich im Kampf gegen die deutsche Grammatik und andere Formen des Rechtspopulismus Verdienste erworben haben. Eigentlich tr�gt das Schreiben die �berschrift �Rassistischer Stimmungsmache entgegentreten!�; die instinktsichere taz hat es aber ganz zutreffend unter der Schlagzeile �F�r die Linkspartei – trotz Lafontaine� pr�sentiert. �Fremdenfeindlicher Stimmenfang hat in einer Linkspartei nichts zu suchen�, zitiert das Blatt den Initiator Dario Azzellini von einer Gruppe mit dem kryptischen Namen FelS. �Gegen wen sich diese Kritik richtet, ist klar: gegen den Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine�, schreibt die taz weiter. Wie aber kann man �f�r die Linkspartei – trotz Lafontaine� sein? H�tte sich der Saarl�nder nach der NRW-Wahl nicht eingemischt, g�be es diese Partei doch gar nicht. Stattdessen w�rde die PDS bei Umfragen um die vier Prozent herumd�mpeln, und die zaghaften Versuche eines Zusammenkommens mit der WASG w�ren l�ngst von den Platzhirschen beider Seiten torpediert worden. Ohne Lafontaine h�tte das ungleiche Paar nicht zusammengefunden, erst mit ihm begann der Quantensprung in den Umfragen. Wer Lafontaine in der Linkspartei demontiert, will diese Erfolge aufs Spiel setzen und wieder zur�ck in die Marginalit�t. So bl�d sind die Initiatoren des offenen Briefes nat�rlich nicht, denn sie hoffen, da� sich bei einem sch�nen Wahlergebnis �auch die Rahmenbedingungen unserer Arbeit ... verbessern�. Ein Schelm, wer dabei an Geld denkt. Jedenfalls reicht die Cleverne� der Briefeschreiber so weit, da� sie das Lafontaine-Bashing nicht selbst �bernehmen, sondern es nur der taz soufflieren. Ohne Ro� und Reiter zu nennen, verlangen sie statt dessen, da� �rassistische, diskriminierende und fremdenfeindliche Untert�ne� in linken Parteien keinen Platz haben d�rften. Im weiteren listen sie eine ganze Reihe von Forderungen auf, deren Erf�llung das Leben von Immigranten und Fl�chtlingen ertr�glicher machen soll. Selbstverst�ndlich kann kein vern�nftiger Mensch etwas gegen diese Punkte haben, vielleicht mit Ausnahme der etwas zu pauschal geratenen �Ablehnung von Abschiebungen�: Wenn ein paar albanischen Drogendealern oder anderen UCK-Kriminellen ihre Sozialhilfe hierzulande entzogen w�rde und sie ersatzweise wieder im Kosovo ein Auskommen finden oder – noch besser – in einem Belgrader Gef�ngnis T�ten kleben m��ten, w�re das doch eigentlich eine feine Sache, oder? Zu den angeblich rassistischen �u�erungen in seiner �Fremdarbeiter�-Rede hat Lafontaine im �brigen mittlerweile mit dankenswerter Klarheit Stellung bezogen. In einem Zeitungsinterview Ende Juni – also noch vor Erscheinen des offenen Briefes – sagte er: �Wenn ich vor der Billiglohnkonkurrenz ausl�ndischer Arbeitnehmer warne und daf�r eintrete, die Arbeitnehmer in Deutschland davor zu sch�tzen, habe ich auch Millionen ausl�ndische Arbeitnehmer im Auge, die in Deutschland seit Jahrzehnten leben und Beitr�ge zahlen ... Wenn Facharbeiter im Fleischerhandwerk oder Fliesenleger ihre Arbeitspl�tze verlieren durch Billiglohnkonkurrenz, dann mu� eine demokratisch-sozialistische Partei dazu Stellung beziehen. Sie mu� f�r die Menschen eintreten, die hier leben und ihre Familien zu ern�hren haben ... Sie mu� auch dann f�r diese Menschen eintreten, wenn Dritte Ausl�nderfeindlichkeit vorwerfen. Alle diejenigen, die Entsende-Richtlinien fordern, die also fordern, den Zuzug ausl�ndischer Arbeitnehmer zu regulieren, w�ren nach der jetzigen Lesart meiner Kritiker Ausl�nderfeinde und Rechtspopulisten.� Das Zitat zeigt: So sehr die politisch Korrekten en detail Recht haben, wenn sie den Begriff �Fremdarbeiter� kritisieren, so sehr bleiben sie insgesamt unter dem Niveau von Lafontaines Ansatz. Der Unterschied ist fundamental: Der Sozialdemokrat spricht von den Interessen der Arbeiterklasse; die Briefeschreiber-Linke dagegen kapriziert sich auf die Verteidigung von Asylbewerbern und Fl�chtlingen. Auf der einen Seite geht es um die Gewinnung von Mehrheiten, um eine �Politik f�r alle� – so der Titel von Lafontaines aktuellem Buch; auf der anderen Seite begn�gt man sich mit Lobbying f�r Minderheiten und hat die Formulierung hegemonief�higer Gesellschaftsvorstellungen l�ngst aufgegeben. Oder denkt jemand, abstrakte Sozialismus-Schw�rmerei w�re ein Ersatz daf�r? Da war schon die Komintern mit ihren �bergangsprogrammen weiter. Eine Politik f�r Minderheiten nicht nur als selbstverst�ndlichen Teil linker Praxis, sondern als Zentrum oder Pointe linker Identit�t anzusehen, war plausibel in der fordistischen Phase des Kapitalismus, als die Herrschenden die gro�e Masse auf Kosten von unverheirateten Frauen, Hippies, Homosexuellen, Ausl�ndern und so weiter in ihr System integrierten. Die neoliberale Offensive hat den Frontverlauf jedoch ver�ndert: Zum einen wurde das Image und teilweise auch die Rechtsstellung der fr�her Stigmatisierten verbessert – Schwulsein ist mittlerweile hip, und mit dem neuen Staatsb�rgergesetz kann ein Zugewanderter leichter als fr�her Deutscher werden. Zum anderen richtet sich der Hauptsto� von �Agenda 2010� und �Hartz IV� gegen die Mehrheit der Bev�lkerung – also gegen die Normalos, die �ihre Familien zu ern�hren haben� (Lafontaine). Zugespitzt gesagt: Der Fordismus war vor allem ausl�nderfeindlich, der Neoliberalismus ist vor allem inl�nderfeindlich (wobei, um es noch einmal zu betonen, unter Inl�nder auch die hier lebenden Arbeitsimmigranten zu fassen sind). Was not t�te, w�ren Konzepte gegen diese Inl�nderfeindlichkeit, Konzepte zur Gewinnung der Normalos. Lafontaine hat dazu einiges vorgelegt, das man mit Gewinn einer sozialistischen Kritik unterziehen k�nnte. Doch dazu m��te man sich erst einmal auf diese Schwerpunktsetzung einlassen – anstatt weiter die Steckenpferde aus dem linken Kindergarten der neunziger Jahre zu reiten.“
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Das vorbeugende Abh�ren von Telefongespr�chen ist verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht kippte die entsprechenden Paragraphen des Nieders�chsischen Sicherheitsgesetzes. Die Richter betonten dabei ausf�hrlich Verst��e gegen die Grundrechte, obwohl das Gesetz bereits aus formalen Gr�nden verfassungswidrig sei: Das Land h�tte gar kein derartiges Gesetz beschlie�en d�rfen, so die Verfassungsh�ter, weil Strafverfolgung Sache des Bundes sei. Zudem sei in dem Gesetz das so genannte Zitiergebot verletzt: Wenn ein Gesetz Grundrechte einschr�nkt, dann muss das Gesetz dies ausdr�cklich sagen. Damit soll verhindert werden, dass versehentlich Grundrechte eingeschr�nkt werden. Allein diese formalen Fehler h�tten gen�gt, um das Gesetz f�r verfassungswidrig zu erkl�ren. Doch das Bundesverfassungsgericht bem�ngelte auch inhaltlich vieles. So sei unklar, unter welchen Bedingungen ein Abh�ren erlaubt sei. Die Abh�r-M�glichkeiten seien zudem unverh�ltnism��ig, und es fehlten Sicherungen gegen die Verletzung des absolut gesch�tzten „Kernbereichs pers�nlicher Lebensgestaltung". Die Richter machten damit deutlich, dass die im Urteil zur �berwachung von Wohnungen gezogenen Grenzen auch in anderen Bereichen gelten. Datensch�tzer begr��ten das Urteil und forderten, auch andere �berwachungs-Gesetze auf den Pr�fstand zu stellen. Ein Richter hatte gegen das nieders�chsische Gesetz, das seit 2003 gilt, Verfassungsbeschwerde erhoben. Seine Karlsruher Kollegen gaben ihm nun Recht. Denn das Gesetz sah vor, dass die Polizei ohne konkreten Tatverdacht Telefone abh�ren darf. Dabei durften nicht nur Personen �berwacht werden, „bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden", sondern auch „Kontakt- und Begleitpersonen" dieser Menschen. Der Kl�ger hatte argumentiert, das Fernmeldegeheimnis sei verletzt, weil seine Telefongespr�che heimlich abgeh�rt und aufgezeichnet werden k�nnten, obwohl er unbescholten sei und ohne dass gegen ihn der Verdacht einer Straftat bestehe oder von ihm eine Gefahr ausginge. Auch sein Grundrecht auf freie Meinungs�u�erung sei verletzt. Ferner verletze die Regelung die Rechtsweggarantie, also das Recht, jede Entscheidung einer Beh�rde von einem Gericht �berpr�fen zu lassen. Denn die �berwachung werde dem Betroffenen nicht mitgeteilt und k�nne auch nicht bemerkt werden. Die Verfassungsrichter nahmen die Regelung des Nieders�chsischen Gesetzes �ber die �ffentliche Sicherheit und Ordnung nach allen Regeln der Kunst auseinander: Das Gesetz setze nicht einen konkreten, in der Entwicklung begriffenen Vorgang oder eine Vorbereitungshandlung voraus. Es gen�ge stattdessen die Annahme, dass jemand Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde. Das Gesetz enthalte keine einschr�nkenden Tatbestandsmerkmale, die die - gerade im Bereich der Vorfeldermittlung schwierige - Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung m�ndenden Verhaltens erm�glichten. Die Ausrichtung auf „Straftaten von erheblicher Bedeutung" trage nicht zu einer Pr�zisierung bei, so die Richter. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte daf�r, wann ein Verhalten auf die k�nftige Begehung solcher Straftaten hindeute. Nicht eindeutig sei ferner die Erlaubnis zur �berwachung von Kontakt- oder Begleitpersonen. Zu der Unsicherheit, wer als potenzieller Straft�ter in Betracht komme, trete hier die Unklarheit, die mit dem Begriff der Kontakt- oder Begleitperson verbunden sei. Nach der gesetzlichen Definition sei dies jede Person, die mit dem potentiellen Straft�ter so in Verbindung steht, dass durch sie Hinweise �ber die angenommene Straftat gewonnen werden k�nnten. Wann dies der Fall sei, lasse das Gesetz aber offen. Die �berwachungs-Erlaubnis sei auch insgesamt unverh�ltnism��ig. Durch die �berwachung lie�en sich Einblicke insbesondere in das Kommunikationsverhalten, das soziale Umfeld sowie pers�nliche Gewohnheiten der �berwachten Person gewinnen. Dieser schwere Eingriff sei nur dann zul�ssig, wenn das Interesse der Allgemeinheit an dieser Grundrechts-Einschr�nkung �berragend wichtig sei. Doch das Gesetz spricht nur von nicht n�her eingegrenzten Tatsachen, die die Annahme einer k�nftigen Straftat rechtfertigen. Dass das Gesetz von „Straftaten von erheblicher Bedeutung" spreche, helfe auch nicht. Weder seien diese klar definiert, noch sei ein auf die Besonderheiten der Telekommunikations�berwachung im Vorfeld zugeschnittenes gesetzgeberisches Konzept zu erkennen, das sich auf den Schutz besonders hochrangiger Rechtsg�ter beziehe und beschr�nke. Das Gesetz enthalte auch keine hinreichenden Vorkehrungen, um Eingriffe in den absolut gesch�tzten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu vermeiden. Die Verfassungsrichter betonten zwar, f�r die Telefon�berwachung g�lten nicht die gleichen Anforderungen wie an einen so genannten Gro�en Lauschangriff, bei dem die Wohnung abgeh�rt wird. Doch sei die Telefon-�berwachung allenfalls bei einer besonders starken Gef�hrdung eines besonders wichtigen Rechtsguts hinzunehmen. Es m�sse zudem konkrete Anhaltspunkte f�r einen unmittelbaren Bezug zur zuk�nftigen Begehung der Straftat geben. Erforderlich seien auch Sicherungen, dass intime Gespr�che nicht verwertet und dass sie unverz�glich gel�scht w�rden, wenn sie ausnahmsweise doch abgeh�rt worden seien.
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Der Konflikt um die Reform des UN-Sicherheitsrates eskaliert nunmehr zur Schlammschlacht. Italien, das mit allen Mitteln eine Vollmitgliedschaft der BRD verhindern will, offenbarte dabei die Methoden, mit der die G-4 aus der BRD, Japan, Brasilien und Indien vorgeht: Die vier Staaten haben nach Angaben des italienischen UN-Botschafters Marcello Spatafora Entwicklungshilfe-Empf�ngern mit der Zahlungseinstellung gedroht, wenn sie nicht f�r den Reformvorschlag der G-4 stimmen w�rde. Spatafora verglich die angebliche Erpressungstaktik der G-4 ausdr�cklich mit den Korruptionsvorw�rfen gegen das einstige Irak-Hilfsprogramm der UN „�l f�r Lebensmittel". Das „unzul�ssige und unethische Benehmen ist eine Schande und eine Beleidigung der W�rde aller UN-Mitgliedstaaten". Der Sicherheitsrat besteht derzeit aus 5 st�ndigen Mitgliedern mit Vetorecht (USA, Russland, Frankreich, Gro�britannien und China) sowie 10 jeweils auf ein Jahr gew�hlten Mitgliedsstaaten. Dem G-4-Entwurf zufolge soll er auf 25 Staaten erweitert werden, und zwar durch 4 rotierende und 6 st�ndige Mitgliedschaften. Als st�ndige Mitglieder ohne Vetorecht sind – auch wenn sie es nicht offen aussprechen - die G 4 sowie zwei afrikanische L�nder vorgesehen. F�r die Reform wird eine Zweidrittelmehrheit unter den 191 UNO-Staaten ben�tigt, ebenso die Zustimmung aller Vetom�chte. Der bundesrepublikanische Vertreter Pleuger wies die italienischen Vorw�rfe energisch zur�ck, und die indische Regierung bestellte den italienischen Botschafter zwecks �bergabe einer offiziellen Protestnote ein. Mehrere Staaten der von Italien initiierten Gruppe „Vereint f�r Konsens“ distanzierten sich von den Vorw�rfen. Pikanterweise wurde bekannt, dass die Italiener mit vergleichbaren Bandagen k�mpfen wie die G-4: So drohte Rom Albanien mit der Streichung eines Entwicklungshilfeprojektes im Volumen von 220 Millionen Euro, wenn es dem Vorschlag der Konkurrenz zustimmen sollte. Zuvor hatte die derzeit 12 Staaten umfassende Konsens-Gruppe, zu der unter anderem Argentinien, Kanada, Pakistan, Spanien und die T�rkei geh�ren, einen eigenen Resolutionsentwurf f�r die Reform des Sicherheitsrates in die UN-Vollversammlung eingebracht. Dieses nunmehr dritte Modell f�r eine Ratsreform richtet sich gegen die Aufnahme neuer st�ndiger Mitglieder in das Gremium. Es sieht die Erweiterung des Rates allein um zehn jeweils f�r zwei Jahre gew�hlte Staaten auf insgesamt 25 Mitgliedsl�nder vor. Die Erweiterung ausschlie�lich durch nichtst�ndige gew�hlte Staaten sei das „gerechteste und am meisten demokratische" Modell, erkl�rte Kanadas UN-Botschafter Allan Rock in der Debatte. Demgegen�ber w�rden die Forderungen der G-4 sowie der Afrikanischen Union (AU) nach sechs neuen st�ndigen Ratssitzen die 191 UN- Mitgliedstaaten entzweien. Vertreter von G-4 und AU verhandeln derzeit hinter den Kulissen �ber einen Kompromissvorschlag. Das wiederum animierte das US-Au�enministerium, das dem G-4-Vorschlag ablehnend gegen�bersteht, einen hochrangigen Vertreter auf Rundreise nach Afrika zu schicken. Viele afrikanische Regierungen sind abh�ngig vom Wohlwollen der USA, wobei es nicht nur um Finanzspritzen oder so genannte Milit�rhilfen geht. Ein spezielles US-Gesetz etwa besagt, dass f�r einen afrikanischen Staat nur dann bestimmte Handelsbarrieren zu US-M�rkten nicht gelten, wenn er nichts unternimmt, was die au�enpolitischen Interessen der USA beeintr�chtigt. Japan ging bereits weiter als seine G-4-Partner und drohte an, bei Nichterhalt eines St�ndigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat seine Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen zu k�rzen. Im Jahr 2004 kam Tokio f�r 19,5 % des regul�ren UN-Haushaltes auf und ist zweitwichtigster Beitragszahler nach den USA und vor der BRD, die nur knapp 10 % beisteuert.
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Die kolumbianische Regierung hat trotz verlustreicher K�mpfe ihre grunds�tzliche Bereitschaft zu Verhandlungen mit den linken FARC-Rebellen �ber einen Austausch von Geiseln gegen inhaftierte Guerilleros bekundet. Der Friedensbeauftragte der Regierung, Luis Carlos Restrepo, erkl�rte, Pr�sident Alvaro Uribe habe ihn beauftragt, „sofort ein direktes Treffen" mit den Rebellen an einem Ort ihrer Wahl anzustreben. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass Uribe nach jahrelangem Widerstand zur Einrichtung einer entmilitarisierten Zone f�r einen Austausch bereit sei. Damit w�rde der konservative Staatschef eine der Hauptforderungen der nationalmarxistischen „Revolution�ren Streitkr�fte Kolumbiens" f�r den Austausch von Geiseln, darunter die fr�here Pr�sidentschaftkandidatin Ingrid Betancourt, gegen inhaftierte Guerilleros erf�llen. Uribe habe mit der Kehrtwende auf Druck der USA und Frankreichs reagiert und auch seine Wiederwahl im n�chsten Jahr im Auge gehabt, vermutete der fr�here B�rgermeister der Hauptstadt Bogot� und Ex-Staatsminister, Jaime Castro. In der Tat ist Uribe gut beraten, die �ber eine von seiner Regierung initiierte Amnestieregelung f�r demobilisierte K�mpfer der rechtsgerichtenen AUC-Paramilit�rs aufgebrachte kolumbianische �ffentlichkeit zu bes�nftigen. Zugleich bombardierte die Luftwaffe ein FARC-Lager im S�dwesten, in dem sich Rebellensprecher Raul Reyes aufgehalten haben soll.
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Die irische Untergrundorganisation Provisional IRA gab in einer viel beachteten Erkl�rung bekannt, dass sie den bewaffneten Kampf gegen die britische Kolonialmacht f�r immer einstellt, ihre Einheiten zur Abgabe der Waffen auffordern und ihr Waffenarsenal unbrauchbar machen wird. Fortan soll die irische Wiedervereinigung nur noch auf friedlichem und politischem Wege, sprich via Sinn F�in, erreicht werden. Bereits im Vorfeld hatten die Sinn F�in-Frontleute Gerry Adams und Martin McGuinness sowie der irische Parlamentsabgeordnete Martin Ferris ihre Posten im IRA Army Council niedergelegt. Ironischerweise dementierte gerade der Sinn F�in-Parteivorsitzende Adams seit Jahr und Tag, Angeh�riger des IRA-Oberkommandos zu sein. F�r die drei Abg�nge scheinen die Brigadekommandeure von South Armagh, Tyrone und Belfast nachger�ckt zu sein, um die Kontrolle der nordirischen Kompromisslerfraktion �ber die Gesamtorganisation sicherzustellen. Erstmals besteht der Army Council damit ausschlie�lich aus nordirischen IRA-Kommandeuren, davon kommen alleine 4 aus Belfast. Damit gab der bewaffnete Arm der republikanischen Bewegung der bereits im April gestellten Forderung der Parteif�hrung nach, die Waffen endg�ltig niederzulegen und beendete die Doppelstrategie „bullet and ballot box“. Erstmals seit der Teilung Irlands im Jahre 1920 haben die irischen Linksnationalisten damit einer milit�rischen L�sung entsagt. John de Chastelains Entwaffnungskommission wird nun einen genauen Zeitfahrplan vorlegen. Die Unbrauchbarmachung des Waffenarsenals wird wohl im Verlauf des August beginnen und von der Chastelain-Kommission und Vertretern der katholischen und protestantischen Kirchen beaufsichtigt werden. Als vertrauensbildende Geste im Voraus setzten die britischen Beh�rden den vor einigen Wochen inhaftierten IRA-Aktivisten S�an Kelly wieder auf freien Fu�. Nach Bekanntgabe der IRA-Erkl�rung machten sich die britischen Truppen und die nordirische Polizei umgehend daran, an der Demarkationslinie zur Republik Irland eine Reihe von Stationen, Beobachtungst�rmen und Wachposten abzubauen. Im September stehen Verhandlungen an, um die R�ckkehr Nordirlands zu beschr�nkter Selbstregierung und die Wiederer�ffnung des Regionalparlaments einzuleiten. Die Gesellschaft f�r bedrohte V�lker meldete sich zu Wort und forderte die britische Regierung zu einer tief greifenden Reform der nordirischen Polizei auf, da diese nach wie vor teilweise mit protestantischen Untergrundgruppen verflochten sei.
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Mit dem Gewaltverzicht der Provisional IRA w�chst der politische Druck auf die ETA, die nunmehr abgesehen von den Neuen Roten Brigaden in Italien die einzige nennenswerte operative Terrorgruppe Westeuropas ist. Trotz st�ndiger Beteuerungen ihrer Dialogbereitschaft legte die Organisation allerdings erneut zwei Bomben. Die Sprengs�tze explodierten an zwei Ausfallstra�en der Hauptstadt Madrid. Zwar wurde dabei niemand verletzt, doch der Urlaubsverkehr wurde schwer behindert. Bereits im Dezember hatten die baskischen Separatisten zu �hnlichen Anschl�gen gegriffen. Der spanische Regierungschef Jos� Luis Zapatero mahnte zu Ruhe und Vertrauen. Es sei nicht so einfach m�glich, Parallelen zwischen Nordirland und dem Baskenland zu ziehen, warnte er vor verfr�hter Hoffnung. „Jede Situation hat ihre Eigenheiten." Abermals betonte Zapatero, zum Dialog mit der ETA bereit zu sein. Ein entsprechendes Angebot – Vorbedingung ein definitiver Gewaltverzicht - hatte der Sozialdemokrat vor wenigen Monaten im Parlament mit Erfolg zur Abstimmung gestellt. Seit dem Madrider Verhandlungsangebot ver�bte die ETA beinahe ein Dutzend Sprengstoffanschl�ge. Im baskischen San Sebasti�n kam es derweil zu den schwersten Unruhen seit langem, nachdem nahe der Stadt Cahors im franz�sischen Teil der Region kam der mutma�liche ETA-Aktivist Imanol G�mez unter dubiosen Begleitumst�nden w�hrend einer Polizeikontrolle ums Leben kam. Baskische Jugendliche und Batasuna-Anh�nger lieferten sich heftige Stra�enschlachten mit der Polizei, ETA-Bomben besch�digten eine Fabrik bei Guernica und eine Bank im galicischen Santiago de Compostela. Ferner wurden eine Reihe von Post�mtern und sozialistischen Parteib�ros mit Brands�tzen angegriffen. Bei Razzien in Navarra und dem Baskenland nahm die spanische Polizei 6 angebliche Angeh�rige der ETA fest.
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Im Juli stieg die offiziell bekannt gegebene Arbeitslosigkeit auf 4,772 Millionen Personen und bundesweit 11,5 %. Wie �blich fehlen hier die Ein-Euro-Jobber und sonstigen Ma�nahmenteilnehmer, ebenso wie 64.000 Arbeitslose aus den Optionskommunen – nur 29 von 69 dieser Gemeinden sind imstande, brauchbare Zahlen zu melden. Im Vergleich zum Vormonat betr�gt die Zunahme 68.000 Personen, gegen�ber dem Juli 2004 sind es 412.000 Erwerbslose mehr. Die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken rechnen mit einer Zunahme um weitere 100.000 Erwerbslose in den n�chsten Monaten (Entlassungen zur Ferienzeit, Sch�ler ohne Lehrstelle). Der Stellenabbau dauert derweil unvermittelt an: In den 12 Monaten zwischen Mai 2004 und Mai 2005 ging die Zahl der sozialversicherungspflichtig Besch�ftigten, also der Normalarbeitspl�tze, um 356.000 oder 1,3 % zur�ck. In den vergangenen drei Jahren wurden in der Industrie nahezu 2000 Betriebe geschlossen und 280.000 Arbeitspl�tze abgebaut. Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt sieht ebenfalls d�ster aus: Die Zahl der gemeldeten Ausbildungspl�tze ging seit dem vergangenen Herbst um gut 10 % auf rund 405.600 zur�ck. Demgegen�ber ist die Zahl der Bewerber mit 673.000 nahezu unver�ndert. Laut der BA-Statistik haben bisher 246.400 Jungarbeitnehmer noch keine Lehrstelle. Gleichzeitig gibt es aber nur 76.500 freie gemeldete Pl�tze.
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In den neuen L�ndern droht auf Sicht von 15 Jahren ein massiver Besch�ftigungsabbau. Das geht aus einer Prognose hervor, die das N�rnberger Institut f�r Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ver�ffentlichte. Unter den bisherigen Rahmenbedingungen sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Erwerbst�tigen in Ostdeutschland bis zum Jahr 2020 um eine Million zur�ckgehen werde. Im Westen hingegen sei bis dahin mit 2,3 Millionen Erwerbst�tigen mehr zu rechnen. Zurzeit gibt es in Deutschland 39 Millionen Erwerbst�tige, davon 7,4 Millionen im Osten inklusive Berlin. Das IAB ist die Forschungsabteilung der Bundesagentur f�r Arbeit. Insgesamt seien die Besch�ftigungsaussichten f�r die neuen L�nder jetzt schlechter als bei einer Prognose vor drei Jahren. „Ein eigendynamischer Aufschwung scheint derzeit in weite Ferne ger�ckt.“ Hauptgrund daf�r sei, dass die Produktivit�t der Erwerbst�tigen wie auch die Wirtschaft im Osten voraussichtlich deutlich langsamer wachsen wird als im Westen. Die IAB-Experten betonen aber, dass ihre Prognose nicht die Zukunft voraussagen k�nne. Die Annahmen bez�gen sich auf stabile Rahmenbedingungen, die in natura ver�nderlich sind. Ohnehin ist die Lage miserabel, da geschlagene 725.000 Industrie-Arbeitspl�tze fehlen, um das westdeutsche Niveau zu erreichen. Mit 290 Industriearbeitspl�tzen auf 10.000 Einwohner steht Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise aber noch besser da als das gebeutelte Bremen (240).
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In Berlin steigt die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die ausschlie�lich von staatlicher Unterst�tzung leben, kontinuierlich an. Noch Ende des letzten Jahres war fast jeder f�nfte Minderj�hrige unter 18 Jahren auf Sozialhilfe angewiesen - insgesamt 96.112 Heranwachsende von rund 520.000. Im M�rz, drei Monate nach Inkrafttreten von Hartz IV, erhielten 121.000 Kinder unter 15 Jahren �ber ihre Eltern Leistungen durch das Arbeitslosengeld II. Die Daten der 18-J�hrigen sind hier nicht mitgez�hlt; sie liegen schlichtweg noch nicht vor. Im Vergleich zu anderen Bundesl�ndern schneidet Berlin schlecht ab: Laut einer Studie des Kinderhilfswerks Unicef aus dem Fr�hjahr ist bundesweit etwa jedes zehnte Kind von Armut betroffen - sch�tzungsweise 1,5 Millionen. Auch im gesamten Osten der BRD liegt die Quote der Kinderarmut mit 12,6 % deutlich niedriger als in der Bundeshauptstadt mit 18,5 %. Nach den Daten vom Jahresende 2004 stellen Minderj�hrige in Berlin bis zu 18 Jahren mit 35,9 % insgesamt mehr als ein Drittel aller damals noch registrierten 270.000 Sozialhilfeempf�nger. Rund 47.000 Kinder sind unter sieben Jahre alt, rund 36.000 unter 15 Jahre. Von den bed�rftigen Heranwachsenden lebten sch�tzungsweise 29.000 in Haushalten mit nur einem Elternteil. Zu den Alleinerziehenden z�hlen aber nur 1.732 M�nner. Neben den Alleinerziehenden gilt auch der Nachwuchs von Migranten als besonders betroffen. Zwischen den einzelnen Bezirken in Berlin gibt es erwartungsgem�� erhebliche Schwankungen. In Mitte etwa geh�rt mit 30,2 % fast jedes dritte Kind oder jeder dritte Jugendliche zu den Sozialbed�rftigen. Danach folgen Friedrichshain-Kreuzberg mit 29,4 % und Neuk�lln mit 29,2 %. Auf dem vierten Platz liegt Spandau mit 21,3 %. Nur im Bezirk Steglitz-Zehlendorf bleibt die Quote mit 8,1 % Sozialbed�rftigen im einstelligen Bereich. Die staatliche Hilfe beanspruchen Familien gut dreieinhalb Jahre lang, Familien mit mehreren Kindern deutlich mehr als vier Jahre.
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Die gesundheitlichen Folgen der Armut belegt eine repr�sentative Studie der TU Berlin. Die Auswertung der Daten von knapp 7000 Frauen und M�nnern lie� einen deutlichen Zusammenhang zwischen der sozialen Lage und dem Sterberisiko erkennen. In den unteren Schichten ist es im Vergleich zur h�chsten mehr als doppelt so hoch. Die vom Institut f�r Gesundheitswesen durchgef�hrte Erhebung st�tzte sich auf die Daten von 31 bis 69 Jahre alten Personen, die im Jahr 1984 unter anderem zu ihrer sozio�konomischen Lage und ihrem Gesundheitsverhalten befragt worden waren. Von ihnen verstarben 901 Personen w�hrend des Untersuchungszeitraumes. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gef�rderte Projekt zur Erforschung der objektiven und subjektiven Gesundheitssituation in der BRD hatte mehr als die blo�e Darstellung des Zusammenhangs von sozialer Lage und Gesundheitszustand zum Ziel. Untersucht wurden dar�ber hinaus die urs�chlichen Wirkungsfaktoren, �ber die bisher wenig bekannt ist. Die geringere Lebenserwartung der unteren sozialen Schichten kann zwar teilweise auf gesundheitssch�digende Verhaltensweisen wie Tabak- und Alkoholkonsum, seltenere Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen oder unregelm��iges Fr�hst�ck zur�ckgef�hrt werden – aber eben nur teilweise. Selbst, wenn man von diesen Faktoren absieht, ist in den unteren sozialen Schichten ein erh�htes Sterberisiko zu verzeichnen. Wirkungsmechanismen, die mit dem objektiven Gesundheitszustand nicht erfasst werden k�nnen, verhandelt die Studie unter dem Schlagwort „subjektive Gesundheit“. Kurz gesagt kommt sie dabei zu einem Ergebnis, das �hnliche Studien aus dem Ausland best�tigen: Je schlechter die eigene Gesundheit eingesch�tzt wird, desto h�her ist die Sterbewahrscheinlichkeit. Menschen mit einer schlechteren subjektiven Gesundheit hatten in der Regel ein k�rzeres Leben. Selbstredend ist diese subjektive Gesundheit abh�ngig von der psychosozialen, letztlich materiellen Lebenssituation. Ein Faktor, der diese subjektive Gesundheit bestimmt, wurde im Rahmen der Studie gesondert unter die Lupe genommen: die Arbeitslosigkeit. Was dabei festgestellt werden konnte, vermag kaum zu �berraschen, war aber wissenschaftlich bislang nicht bewiesen: Erwerbslose sch�tzen ihren eigenen Gesundheitszustand allgemein schlechter ein als Berufst�tige. Dar�ber hinaus konnte ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Arbeitslosigkeit und der sich verschlechternden Gesundheit festgestellt werden.
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Das US-Au�enministerium best�tigte eine Meldung der „Washington Post“, der zufolge Usbekistan die USA am Freitag aufgefordert hat, binnen 180 Tagen die gesamte Luftbasis Karshi-Khanabad (genannt K-2) zu r�umen. Die US-Botschaft in Taschkent habe eine diplomatische Note der usbekischen Regierung erhalten, in der ihr die Nutzungsrechte f�r den St�tzpunkt im S�den des Landes entzogen wurden. Ein offizieller Grund wurde dem Zeitungsbericht zufolge nicht genannt. Hingewiesen wurde jedoch auf den bevorstehenden Besuch eines hohen US-Regierungsvertreters in Taschkent. Dieser wollte diese Woche von Usbekistan die Durchf�hrung einer internationalen Untersuchung des Massakers von Andishan, wo das Milit�r Mitte Mai hunderte zivile Demonstranten erschossen hatte, erreichen und auf Reformen dr�ngen. Die USA k�nnen den Verlust von Karshi vorerst mit ihren verbleibenden St�tzpunkten in Kirgisien und Tadschikistan kompensieren. Mit diesen beiden L�ndern ist US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld letzte Woche �bereingekommen, die Milit�rpr�senz so lange wie n�tig aufrechtzuerhalten. Dass man freilich auch in diesen Staaten zunehmend ungeduldig ist, gab vor kurzem die zentralasiatische Gruppe der „Schanghai-Sechs", zu der auch China und Russland geh�ren, zu verstehen: Sie forderte von den USA einen Zeitplan f�r den Abzug. Allgemein wird dahinter die Regie Russlands vermutet. Unbest�tigten Informationen zufolge soll Rumsfeld die neue kirgisische F�hrung mit einem zinsenfreien Kredit von 200 Millionen Dollar (60 % des kirgisischen Jahresbudgets) auf seine Seite gebracht haben. Gleich nach Rumsfelds Abreise haben sich die kirgisische und die tadschikische Staatsf�hrung allerdings breit �ber die sicherheitstechnischen Vorteile der strategischen Partnerschaft mit Moskau ausgelassen. Tadschikistan hat seine Bande mit Russland gerade im letzten Jahr verst�rkt, der Errichtung einer permanenten Milit�rbasis zugestimmt und der russischen Wirtschaft einen privilegierten Zutritt zu Gro�projekten verschafft. Russland strich im Gegenzug 350 Millionen Dollar Schulden. Die BRD sieht sich von den Schwierigkeiten der Amerikaner nicht betroffen. Da Berlin die haarstr�ubende Menschenrechtslage in Usbekistan bevorzugt mit dem Mantel des Schweigens verh�llt, d�rfte die Bundeswehr auch weiterhin ihre Basis in Termez nahe der afghanischen Grenze nutzen k�nnen.
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In Tschechien findet derzeit bekanntlich eine Debatte um das Verh�ltnis zu den nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sudetendeutschen statt. W�hrend Ministerpr�sident Paroubek nach einer Geste wenigstens an die Adresse sudetendeutscher Antifaschisten strebt, lehnt Staatspr�sident Klaus ein solches Ansinnen ab und warf seinem Regierungschef vor, „den Verstand verloren“ zu haben. In dieser Situation setzte der Oberb�rgermeister von Aussig, Petr Gandalovic, ein Zeichen. Hier kam es am 31. August 1945 zu einem Massaker an der deutschen Bev�lkerungsgruppe, dem je nach Lesart zwischen 50 und 2700 Menschen zum Opfer fielen. Gegen den Widerstand der kommunistischen Stadtratsfraktion und von Teilen der Sozialdemokraten setzte Gandalovic die Anbringung einer Gedenktafel als „ein Zeichen der Vers�hnung“ durch. Bernd Posselt als Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft begr��te die Aktion als „zukunftsweisendes Signal f�r ein gutnachbarliches Zusammenleben“.
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In der „jungle world“ vom 27.Juli setzte sich Ulrich Wei� mit der Illusion eines „nicht kapitalistischen Kapitalismus“ auseinander: „Du hast viel Zeit, bekommst regelm��ig Geld und lebst in einer reichen Gesellschaft, verbrauchst Wert und h�ltst dir zugleich die Arbeitsgesellschaft vom Halse. Kurz, du kriegst Existenzgeld. Wunderbar. Nur, die Sache funktioniert nicht; genauer: nicht massenhaft und nicht mehr. Wieso? Die Gesellschaft ist reich, der Reichtum ist nur ungleich verteilt. Arbeitswillige haben immer weniger Chancen, mit Erwerbsarbeit ihre Existenz zu sichern. Kann das soziale Netz, das Jahrzehnte Alte, Kranke, Kinder und Arbeitslose einigerma�en auffing, diese Leute nicht mehr tragen? Oder: Her mit den 1 000 Euro oder zwei Dritteln des Durchschnittseinkommens! Die Politik zwingen und Umverteilung durchsetzen? Der sachliche Reichtum dieser Gesellschaft wird in einer solchen sozialen Form produziert, dass man nur �ber Geld an ihn herankommt. Die Produktion und Aneignung von Produkten l�sst sich durchaus auch anders vorstellen – in einer nicht kapitalistischen Produktionsweise. Die Verteilung nach Bed�rfnissen ist gar nicht mehr so utopisch. Doch das Existenzgeld zu fordern, hei�t, die bestehende Produktionsweise anzuerkennen und nach einem Anteil am kapitalistisch produzierten Wert zu rufen. Existenzgeld ist, �ber den Staat verteilt, Zugriff auf diesen. Er soll gratis erfolgen. Die Nutznie�er selbst schaffen ihn nicht. Andere, die Lohnarbeiter, m�ssen sich genau dem unterwerfen, was die Empf�nger des Existenzgeldes, als Arbeitssuchende oder als gl�ckliche Arbeitslose, nicht tun: sich den Zumutungen der Verwertung aussetzen. Sch�n f�r die Erwerbst�tigen, oder? �Was redest du von Wert und Produktion?� wird mir entgegnet. �Es geht doch um Zivilisation, Kultur, politische Kr�fteverh�ltnisse. Geld ist genug da!� Aber wer den Wert – auch das Existenzgeld – im Himmel, im Handel oder durch Raub und Betrug oder guten Willen entstehen l�sst, wer den Zusammenhang zwischen sachlichem Reichtum und der sozialen Form, hier der Warenform, ignoriert, der will glauben und nicht wissen. Er ist ein Fall f�r Seelsorger und Politikerspr�che. Im Kapitalismus sind die unmittelbaren Produzenten von den Produktionsmitteln getrennt. Menschen kommen zu Lebensmitteln nur �ber die Wertform, �ber Geld. Den Arbeitenden geht es nicht um die konkreten Produkte, die sie herstellen, sondern um den Lohn, um m�glichst viel davon. Auch f�r Unternehmer sind nicht die Produkte das eigentliche Produktionsziel, sondern die Verwertung von Wert. Ohne Produktion von Wert und Mehrwert gibt es weder eine kapitalistische Produktion noch einen verteilbaren Wert. Wie vermittelt auch immer: Arbeiter, Unternehmer, Aktien, die spekulativsten Kapitalanlagen, �ber den Staat verteilte Ressourcen – alle diese Momente sind den Notwendigkeiten der Verwertung unterworfen. Kapital, Verwertung von Wert – das ist das eigentliche Subjekt. Die Bef�rworter des Existenzgeldes wollen diesen Wert anzapfen. Wer das will, muss auch wollen, dass die Verwertung klappt. Es war einmal eine fordistische Produktionsweise. Sie ben�tigte einen Sozialstaat, eine Art gro�e Verteilanstalt von Existenzgeld, und machte ihn auch m�glich. Der Staat sicherte die gesellschaftlichen Voraussetzungen der Produktion, die von kapitalistischen Unternehmen selbst nicht profitabel hergestellt werden konnten: Stra�en, Eisenbahnen, Post, Schulen, Krankenh�user usw. Er sorgte f�r gebildete, belastbare, disziplinierte Lohnarbeiter. Daf�r zog er Wert von dem in den Produktionen geschaffenen ab. Geht es um Steuern, heulen betriebswirtschaftlich orientierte Unternehmer auf. Und doch lag dieser staatliche Wertabzweig im Interesse der Kapitalistenklasse und auch in dem der Lohnarbeiter, die ihn hart erk�mpfen mussten. Diese Umverteilungen sicherten die Existenz und den zivilisatorischen Fortschritt der b�rgerlichen Gesellschaft. Auch in der innerfamili�ren, meist weiblichen, Reproduktionsarbeit werden unverzichtbare Bedingungen f�r das Kapital geschaffen: als Arbeitskr�fte verwertbare Menschen. Dies geschieht nicht in Form wertsch�pfender Lohnarbeit. Die Werte, die hier verbraucht werden, waren bzw. sind noch im Lohn der �Ern�hrer� enthalten – im Existenzgeld f�r nicht lohnarbeitende Familienmitglieder. Eine staatlich und famili�r gesicherte Voraussetzung f�r die Produktion: Bis in den Fordismus hinein trug dies die kapitalistische Verwertungsmaschine. Und das wird nun gerade zu Geschichte. Steigende Arbeitsproduktivit�t senkt die f�r die jeweilige Ware verausgabte Arbeitszeit und reduziert somit die Quelle des Werts. Das Kapital untergr�bt seine eigene Basis. Wieso aber funktionierte es bisher, wieso konnte der Sozialstaat den Wert f�r allgemeine Aufgaben einsetzen und der Profit stimmte trotzdem? Trotz steigender Produktivit�t wuchs die Zahl der Arbeitskr�fte. Der Einschr�nkung der Wertquelle standen andere Tendenzen entgegen. zum Beispiel die Ausweitung der gegebenen Produktion und die neuen Produkte. Einstige Luxusg�ter (Autos, M�bel, hochwertige Haushalts-, Unterhaltungsger�te) wurden f�r den Massenverbrauch industriell hergestellt, und zwar in solchem Ma�e, dass die steigende Produktivit�t, die Verwertung, der wachsende Bedarf an Arbeitskr�ften und das soziale Netz vereinbar waren. Die Verwertung des Lebens erfasste immer mehr T�tigkeiten und menschliche Beziehungen, die als Bedingung menschlicher Existenz meist au�erhalb der Wertproduktion geleistet bzw. gestaltet wurden: in der Erziehung, der Hausarbeit, der Pflege, im Sport, in der Freizeit etc. Biologische Prozesse, auch die Entstehung des Menschen, wurden zum Gesch�ftszweig. Unmittelbare Lebensfunktionen wurden in der Warenform realisiert oder bei Zahlungsunf�higkeit gar nicht mehr. Die Entstaatlichung f�hrte dazu, dass einstige Staatsaufgaben von einzelnen Unternehmen selbst profitabel erf�llt wurden. Infrastrukturen, soziale Einrichtungen wie Schulen, Universit�ten, Krankenh�user, alle m�glichen so genannten Hoheitsaufgaben wurden zum unmittelbaren Verwertungsfeld. Die Produktivit�t und die globale Beweglichkeit von Kapital und Arbeit erm�glichten das. Die �allgemeinen Bedingungen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses� w�rden nicht mehr �aus dem Abzug der gesellschaftlichen Revenu hergestellt (…), sondern aus dem Kapital als Kapital. Es zeigt dies den Grad (…), worin das Kapital sich alle Bedingungen der gesellschaftlichen Produktion unterworfen� habe. Diese Entstaatlichung sei �die h�chste Entwicklung des Kapitals�, schreibt Karl Marx. Der Fordismus hat seinen H�hepunkt �berschritten, beim heutigen Stand der Produktivit�t bedeuten Investitionen meist Entlassungen. Die oben genannten Gegentendenzen zur Einengung der Wertquelle sind ersch�pft oder sie schlie�en direkt die zahlungsunf�higen Menschen von der M�glichkeit aus, selbst ihre Lebensfunktionen zu sichern. Wo das Kapital selbst die allgemeinen Bedingungen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses sichert, kann der Staat die Alimentierung der endg�ltig Herausgefallenen auch nicht mehr sichern. Es ist auch unn�tig, werden diese doch ohnehin nicht mehr f�r den zuk�nftigen Verwertungsprozess gebraucht, und Moral oder Glaube produzieren keinen verteilbaren Wert. Kann der Staat dem nicht entgegenwirken? �ber Steuern zieht er seine Potenzen aus einer funktionierenden kapitalistischen Produktion, aus der Verwertung von Wert. Will er handlungsf�hig sein, muss er diese sichern. Beim Stand der heutigen Produktivit�t aber hei�t das, noch mehr Leute zu entlassen, die Verwertungsbasis noch weiter einzuschr�nken, weitere so genannte Hoheitsaufgaben an die private Wirtschaft abzutreten. Der galoppierende Kapitalismus treibt so auch seinen �eigenen� Staat in ein Dilemma, an dem keine politische Konstellation etwas �ndern kann. Die Forderung nach einem Existenzgeld setzt auf einen unm�glich gewordenen zivilisationsvertr�glichen Kapitalismus. Doch einen fordistischen Sozialstaat kann es nicht mehr geben. Menschliche Existenz zu sichern und sachlichen Reichtum anzueignen, hei�t heute, Wege aus dem Kapitalismus zu suchen. Arbeitslosigkeit in der b�rgerlichen Form ist eine Katastrophe, bedingt durch eine Produktivit�tsentwicklung, durch die �die Sch�pfung des wirklichen Reichtums abh�ngig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit als von der Macht der Agentien, die w�hrend der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden�, durch die sich der produzierende Mensch zunehmend �als W�chter und Regulator zum Produktionsprozess selbst� verhalte und �neben den Produktionsprozess� trete, �statt sein Hauptagent zu sein�, schreibt Marx. Menschlich steckt aber genau darin die M�glichkeit eines neuen Produzierens und Lebens. Mit wenig Arbeit �ber gro�en sachlichen Reichtum zu verf�gen – wunderbar. Abzulehnen sind Banken, Staatsapparate, Werbung, Repr�sentationszw�nge, �kologisch Bedenkliches, das Milit�rische – alles, was Herrschaftsstrukturen geschuldet ist und der ihnen zugrunde liegenden Wertform. Diese aber betet das auch noch vergeblich.“
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Lagefeststellung - Beurteilung der Situation - M�glichkeiten des Handelns - Entschluss - Umsetzung - Kontrolle
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