Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 2. bis 8. April 2005

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 


Zitat der Woche:
"Das Entsetzliche aber ist, dass bei diesem apokalyptischen Vorgang die höchsten und edelsten Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen, gerade jene, die wir mit Recht als spezifisch menschlich empfinden und werten, allem Anschein nach die ersten sind, die untergehen."
- Konrad Lorenz


Papst Johannes Paul II., Stellvertreter des asiatischen Wüstengottes auf Erden, starb nach öffentlich zelebriertem Siechtum. Der Tod des Oberhauptes der katholischen Kirche wurde Anlass einer von keinerlei Hintergrundwissen getrübten klerikal-bourgeoisen Propagandakampagne. Übersehen wird zu oft, dass es sich bei dem als „modernen Heiligen“ verkauften Pontifex maximus um einen ultrakonservativen Erzreaktionär handelte. Johannes Paul II., zuvor als Karol Wojtyla Erzbischof von Krakau, wurde 1978 nach dem ziemlich nach Giftmord aussehenden Ende seines Vorgängers, des liberalen Reformpapstes Paul VI., als erster Nichtitaliener seit Jahrhunderten zum Papst gewählt. Zur gleichen Zeit hielt sich Zbigniew Brzezinski, Jimmy Carters berüchtigter Sicherheitsberater, wochenlang in Rom auf. Ein Schelm, wer Böses hierbei denkt. Das neue Kirchenoberhaupt leitete eine konservative Restauration ein: Kampf gegen den Modernismus, Förderung des Mystizismus, Hierarchisierung der Kirche, Feldzug gegen die kritische Theologie, Besetzung kirchlicher Schlüsselämter mit stockkonservativen Kandidaten, Förderung des Ordens Opus Dei und radikaler Antikommunismus. Die katholische Kirche leistete entscheidende Hilfe bei der Unterminierung des Kommunismus in Polen, hierbei tatkräftig von der CIA unterstützt. Gemeinsam verhinderte man, dass sich im polnischen Widerstand linke Sozialrevolutionäre durchsetzten - was auch der in den 70er Jahren durch die sozialdemokratische Arbeiteraristokratie mühsam kanalisierten Linken in Westeuropa deutlichen Auftrieb gegeben hätte. Die Resultate, die dieser Kurs des Vatikan in Polen zeitigte, sind heute als Massenarmut zu bewundern (siehe vorherige Wochenschau). Unter der Präsidentschaft Reagans schlossen Rom und Washington eine strategische Allianz gegen die Sowjetunion. Am Ende der verschärften West-Ost-Konfrontation stand der Kollaps der stalinistischen Staatshandelsländer. Verheerend wirkte sich die reaktionäre Politik der katholischen Kirche in Lateinamerika aus. Johannes Paul II. zog erbittert gegen die an der Seite der Unterdrückten und Ausgebeuteten stehende Befreiungstheologie zu Felde und stellte sich vielmehr an die Seite von Militärdiktatoren und Autokraten. In Nicaragua, Argentinien und Chile stiegen Gefolgsleute proamerikanischer Terrorregimes in höchste Kirchenämter auf. Der Vatikan verdammte Abtreibung und jede Form von Empfängnisverhütung, was in weiten Teilen der Dritten Welt konstruktive Bevölkerungspolitik unmöglich machte und der Ausbreitung von Krankheiten wie AIDS erheblichen Vorschub ließ.

 

Die italienischen Regionalwahlen endeten mit einem wahren Desaster für die rechtsreaktionäre Regierung Berlusconi. Von den 13 Regionen, in denen gewählt wurde, blieben der Regierungskoalition mit der Lombardei und Venetien nur 2, und auch hier gingen Stimmen verloren. Insgesamt fiel der Stimmanteil der Regierungsparteien auf 44,2 % (nur die regionalistische Lega Nord konnte zulegen). Damit kontrolliert der Regierungslager nur noch 4 italienische Regionen (in zweien derselben wurde nicht gewählt). Gegenüber den letzten Parlamentswahlen gingen 4,5 Millionen Wählerstimmen verloren, gegenüber den letzten Regionalwahlen immerhin 1,8 Millionen. Die Opposition steigerte sich auf 53 %, was jedoch nur auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass (bis auf Venedig) die Reformkommunisten sich dem Linksbündnis angeschlossen hatten. Die Wahlbeteiligung lag bei 72 %. Vizepremier und Außenminister Gianfranco Fini von der postfaschistischen Alleanza Nazionale gestand offen ein, dass die Regierung erheblich angeschlagen ist. Fini konstatierte, Berlusconi und Lega-Chef Umberto Bossi hätten sich zu sehr auf Norditalien konzentriert und den Süden vernachlässigt, wo die Opposition teilweise erdrutschartige Stimmengewinne erzielen konnte. Die Kritisierten konterten: Die von Fini provozierte Bildung einer rechtsextremen Opposition um Alessandra Mussolini und Roberto Fiore sowie die von der AN verhinderte Eingliederung der Radikalen Partei ins Regierungslager habe wichtige Stimmen gekostet. Völliger Unsinn, denn auch mit den 1,8 % der Alternativa Sociale hätte die Alleanza Latium an die Gegenseite verloren. Hauptursache für das Debakel ist jedoch die Wirtschaftspolitik der Regierung. Vor allem die dramatisch ansteigenden Lebenshaltungskosten sorgten für Verärgerung. Berlusconi steht nunmehr unter massivem Druck von Alleanza und Christdemokraten, sich vermehrt auf Süditalien zu konzentrieren und die föderalistische Staatsreform noch einmal zu überdenken. Für diesen Fall drohte Lega-Chef Bossi postwendend den Austritt seiner Partei aus der Regierung an. Um die Lage zu entwirren, scheint Berlusconi derzeit über vorgezogene Neuwahlen im Oktober nachzudenken.

 

Der seit Wochen andauernde Machtkampf innerhalb der FPÖ gipfelte nunmehr in einer Parteispaltung. Die populistische Fraktion um Parteichefin Ursula Haubner, Generalsekretär Uwe Scheuch, Vizekanzler Hubert Gorbach und Jörg Haider machte ihre Androhungen wahr und schritt zur offenen Parteispaltung. Unter Führung Haiders entstand das Bündnis für die Zukunft Österreichs (BZÖ), welches weiterhin in der Koalitionsregierung mit der konservativen ÖVP verbleibt. Haubner trat vom Vorsitz der Freiheitlichen zurück, behält aber ihren Regierungsposten als Sozialministerin. Mit der klaren Distanzierung von „sturen ideologischen Götzenanbetungen“ - gemeint ist der rechtsgerichtete Kurs der Rest-FPÖ - legte Haider ein Bekenntnis zu politischem Pragmatismus ab. Nach anderer Lesart kann man diese Ausrichtung ruhigen Gewissens aus Opportunismus bezeichnen. Die Abspaltung der BZÖ-Anhänger ist mittlerweile in vollem Gange, wobei die überwiegende Mehrzahl der politischen Mandatsträger auf Bundes- und Länderebene auf Seiten Haiders steht. Im Nationalrat wird die FPÖ wohl fortan nur noch mit einem Abgeordneten vertreten sein, der Rest (17) wechselte zur BZÖ. Andererseits stellte sich die Mehrzahl der Landesvorstände hinter den designierten neuen FPÖ-Bundesvorsitzenden, den Wiener Landesvorsitzenden Heinz-Christian Strache. Die Alt-FPÖ reagierte auf die Abspaltung mit der Einleitung von Parteiausschlussverfahren, allen voran wurde der Jörg Haider als langjährige Galionsfigur der Freiheitlichen aus der Partei hinausgeworfen. Das Ausschlussverfahren gegen den Parteirechtsaußen und EU-Abgeordneten Andreas Mölzer scheint niedergeschlagen zu sein, denn ausgerechnet Mölzer durfte den Hinauswurf seines Erzrivalen Haider bekannt geben. Während die BZÖ-Fraktion sich im Vorfeld bereits Spendengelder in Höhe von 100.000 Euro sicherte, bleibt die Altpartei auf ihren Schulden sitzen und steht am Rande des Bankrottes. Bundeskanzler Schüssel hält sich angesichts der Instabilität seines Koalitionspartners die Option auf vorgezogene Neuwahlen offen. Bei Nationalratswahlen käme das BZÖ derzeit auf 6 und die FPÖ auf 3 %.

 

Mit einem Großeinsatz neuer Informationstechnologien will Bayerns Innenminister Günther Beckstein kriminelle Netzwerke besser aufdecken. Als einen „Meilenstein bei der Verbrechensbekämpfung" stellte auf dem 8. Europäischen Polizeikongress in Berlin das „Ermittlungsabhängige System“ Easy vor. Hinter dem Kürzel verbirgt sich eine gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelte Software, die laut Beckstein in der „immensen Informationsflut", mit der sich die Polizei heutzutage konfrontiert sieht, helfen soll, Verbindungen zu erkennen. Es gehe darum, „komplexe Sachverhalte zu strukturieren". Das System sei „nach dem Prinzip einer Suchmaschine, als polizeiliches Google, entwickelt“ worden, „um die EDV für uns nutzbar zu machen". Durch Easy soll die Polizei EDV-technisch mit „organisierten Kriminellen“ gleichziehen. Mit dem System lassen sich nicht nur bessere und deliktübergreifende Einblicke in illegale Strukturen gewinnen, auch der Kontakt mit der Staatsanwaltschaft ist erheblich vereinfacht und beschleunigt worden. Zunächst wird Easy gegen das Schreckgespenst des islamistischen Terrorismus eingesetzt werden. Hierfür richtet die bayerische Polizei ein „strategisches Innovationszentrum“ ein, um zusammen mit Wissenschaftlern und Informatikern weltweit Erkenntnisse zu neuen Kriminalitätsstrukturen zu sammeln und interdisziplinär Gegenstrategien zu entwerfen. Darüber hinaus forderte Beckstein neben biometrischen Pässen und Erkennungsverfahren die flächendeckende Verkehrsüberwachung, eine zentrale Antiterrordatei und einen EU-weiten Informationsverbund zur Zusammenfassung der nationalen Fingerabdrucksysteme und DNA-Datenbanken. BKA-Präsident Ziercke erneuerte die Forderungen nach einer Kompetenzausweitung (exekutive und präventive Ermittlungsbefugnis, Weisungsrecht gegenüber den LKA).

 

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen das vollständige Versagen des Hartz-Instrumentariums auf. Neue Arbeitsplätze konnten bislang kaum durch die neuen arbeitsmarktpolitischen Instrumente geschaffen werden. Im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit setzte die Bundesregierung im Zuge von Hartz I große Hoffnungen den Ausbau der Leiharbeit mittels so genannter Personal-Service-Agenturen (PSA). Die 2003 flächendeckend eingerichteten PSA sollten schwer vermittelbare Arbeitslose bei sich einstellen und diese dann zeitlich befristet an Unternehmen verleihen. Für jeden Arbeitslosen, den sie beschäftigen, bekommen die PSA Geld vom Arbeitsamt. Ursprünglich sollten mit den PSA jährlich 350.000 sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen werden, Ende März 2005 waren laut Bundesagentur für Arbeit jedoch nur knapp 28.000 Menschen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt worden. Hartz II brachte eine Neuregelung der Minijobs und löste einen regelrechten Boom bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen aus. Von Dezember 2003 bis Dezember 2004 hat sich die Zahl geringfügig entlohnter Beschäftigter nach Angaben der Bundesknappschaft um fast 700.000 oder 11,3 % erhöht, zum Ende des Jahres 2004 lag die Zahl der Mini-Jobs bei knapp 7 Millionen. Eine genauere Analyse des DIW lieferte im Februar allerdings eine ernüchternde Bilanz: Die Mini-Jobs hätten zu „keiner nennenswerten Reduzierung der Arbeitslosigkeit" geführt, heißt es in der Studie. Demnach sind vor allem Schüler, Studenten und Hausfrauen geringfügig beschäftigt. Gleichzeitig entgehen aber nach Berechnungen der Berliner Forscher den Sozialversicherungsträgern und dem Fiskus Einnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro pro Jahr. Das am stärksten genutzte Instrument der Hartz-Reformen ist die Ich AG. Der Existenzgründungszuschuss wurde ebenfalls als Bestandteil von Hartz II im Januar 2003 eingeführt. Die neuen Selbstständigen erhalten im ersten Jahr 600 Euro, im zweiten 360 Euro. Spätestens nach dem dritten Jahr, in dem die Förderung auf 240 Euro sinkt, sollte sich das Unternehmen ohne Zuschuss selbst tragen. Peter Hartz hielt ursprünglich eine halbe Million Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit für möglich, die Zahl der Ich-AGs lag Ende März bei 246.800, dazu kommen 97.500 Gründer, die das auf sechs Monate befristete Überbrückungsgeld in Anspruch nahmen. Vor Einführung von Hartz IV war die Zahl der Gründungen sprunghaft angestiegen. Kritiker befürchten, dass sich zahlreiche Arbeitslose, die sich durch Hartz IV schlechter gestellt hätten, in die scheinbare Selbstständigkeit geflüchtet haben. Die BA verschärfte daraufhin die Prüfkriterien. Laut einer BA-Sprecherin steht dieses Instrument nach wie vor unter Beobachtung. 2005 oder 2006 könnte es dann zu einer erneuten Verschärfung der Kriterien kommen. Nach einer ersten Evaluierung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das zur Bundesagentur gehört, hat bislang ein Fünftel der Gründer einer Ich-AG wieder aufgegeben. Allerdings müsse abgewartet werden, wie viele Neugründungen nach dem Auslaufen der ersten Förderung Ende 2005 überleben.

 

Nach einem einmonatigen Konflikt zwang die argentinische Regierung den niederländisch-britischen Ölkonzern Shell in die Knie. Der peronistische Staatspräsident Nestor Kirchner hatte angesichts ungerechtfertigter Preiserhöhungen sein Volk zum Boykott der Shell-Tankstellen aufgerufen. Nach der relativ erfolgreichen Umschuldung kann das Staatsoberhaupt damit seinen zweiten Erfolg in nur wenigen Wochen verbuchen. Shell senkte die vor einem Monat um 4,2 % erhöhten Benzinpreise nunmehr wieder um 3,3 % ab, nachdem die Umsatzeinbußen sich bald auf 50 % summierten. Die Dieselpreise bleiben allerdings unberührt. Nach einem Treffen mit argentinischen Gewerkschaftsvertretern konstatierte Kirchner: „Das ist ein klarer Sieg für das argentinische Volk. Mit dieser Haltung werden wir den Kampf um die Kaufkraft der Menschen gewinnen.“ Der Shell-Konkurrent Esso hatte bereits einen Tag vorher die angekündigten Erhöhungen des Dieselpreises zurückgenommen. Repsol-YPF als argentinischer Marktführer und der brasilianische Petrobras-Konzern hatten sich von vornherein nicht am Preiswucher beteiligt.

 

Im Jahr 2004 wurden weltweit 42 Kriege und bewaffnete Konflikte geführt - das ergeben jüngst publizierte Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung AKUF der Universität Hamburg. Gegenüber dem Vorjahr hat sich diese Zahl damit nicht verändert, allerdings wurden sieben kriegerische Konflikte beendet und ebenso viele neu begonnen. Hauptschauplätze waren Asien, Afrika sowie der Nahe bzw. Mittlere Osten mit insgesamt 39 Konflikten. Nur Europa, Nordamerika und Australien blieben von andauernden Kampfhandlungen verschont, dennoch waren Streitkräfte aus diesen Regionen in Kriege verwickelt, vor allem im Irak. Beendet wurden die beiden Kriege in Liberia und der Zentralafrikanischen Republik. Gleiches gilt für die bewaffneten Konflikte in Kongo-Brazzaville (Republik Kongo) und Mazedonien, auf den Salomonen und Sri Lanka sowie zwischen Indien und Pakistan. Neue kriegerische Konflikte waren gemäß dem an der Uni Hamburg angesiedelten Institut im Jemen, im kurdischen Teil der Türkei, im Süden Thailands, in Haiti, in Äthiopien, in der georgischen Region Südossetien und zwischen moslemischen und christlichen Milizen in Nigeria zu verzeichnen. Mit den Studien des AKUF-Jahrbuches bestätigt sich auch im Jahr 2004 die regionale Ungleichverteilung des weltweiten Kriegsgeschehens: Weit über 90 % aller Kriege seit 1945 fanden in der so genannten Dritten Welt statt. Dabei spielen der Kampf um die Macht im Staat und Sezessionsbestrebungen die Hauptrolle. Diese innerstaatlichen Kriege dominieren das Kriegsgeschehen der vergangenen 50 Jahre, während zwischenstaatliche Auseinandersetzungen - wie zuletzt der 2003 von den USA mit ihren Verbündeten begonnene Irakkrieg und der bewaffnete Konflikt zwischen Indien und Pakistan - längst die Ausnahme bilden. Die AKUF ist Teil einer Forschungsstelle, die seit ihrer Gründung im Jahre 1986 an der Universität Hamburg den institutionellen Rahmen für verschiedene Forschungsprojekte zur Kriegsursachentheorie, zu Rüstungstransfers, zur Militarisierung und zur Zukunft des Regierens in den Regionen der Dritten Welt bildet. Die Institution erfasst und typologisiert nach eigenen Angaben alle aktuellen Kriege und bewaffneten Konflikte, ermittelt und analysiert statistische Trends zum Kriegsgeschehen und trägt auf dieser Basis zur Theoriebildung über Kriegsursachen bei. Die Daten der AKUF, ihre Kriegsdefinition und ihre Kriegstypologie bilden heute im deutschen Sprachraum die meistverwendete empirische Grundlage einschlägiger Publikationen und werden auch von staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen und Organisationen als Hintergrund- und Basismaterial genutzt.

 

Die „Bruchlinien. Zeitschrift für eine neue revolutionäre Orientierung“ veröffentlichten einen Diskussionsbeitrag der Antiimperialistischen Koordination zur antiimperialistischen Emanzipation Europas von den USA: „Das „amerikanische Imperium" ist fast so etwas wie ein Modewort geworden, beginnend mit dem Aggressionskrieg gegen den Irak. Meist ist die Verwendung des Begriffes aber von einer gewissen Unschärfe gezeichnet. Waren es Paul Wolfowitz und seine neokonservativen „Falken" die aus den USA ein Imperium Americanum gemacht haben? Oder hat das Erstarken des militärischen Unilateralismus nur den Blick auf Strukturen freigegeben, die schon zuvor vorhanden waren? Was ist das amerikanische Imperium? Wie lässt es sich in Zeit und Raum verorten - und was ist die Rolle der Europäischen Union in diesem Feld? Imperialistischer Gegenspieler oder untergeordneter Teilbereich? Eine theoretisch-praktische Antwort auf diese Fragen ist heute zentral, denn sie werden die politische Arena der nächsten Periode formen. Das amerikanische Imperium hat ganz sicher strukturelle Grundlagen, die - bei aller gegenseitigen Überdeterminierung - unabhängig von der jüngsten politischen Entwicklung betrachtet werden können. Zum einen ist das die totale amerikanische Hegemonie über alle imperialistischen Konkurrenten in der Ära nach dem Zweiten Weltkrieg, die zu einer grundlegenden Änderung der Weltwirtschaft geführt haben. Natürlich muss der Mythos von der Globalisierung als Vereinheitlichung und Angleichung aller wirtschaftlichen Strukturen, der Mythos des „globalen Dorfes" zurückgewiesen werden. Globalisierung bedeutet Differenzierung ebenso wie Vereinheitlichung, Ausschluss ebenso wie Integration. Das darf aber nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, die Änderungen in der Struktur der Weltwirtschaft einfach zu leugnen. Der Imperialismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts unterscheidet sich von jenem zu Beginn des 20. Jahrhunderts und jenem der Zwischenkriegszeit. Es ist weniger das Volumen des Welthandels, das sich fundamental geändert hätte, wohl aber dessen Struktur (mit der Zunahme des intra-Konzern-Handels und der damit verbundenen vertieften internationalen Arbeitsteilung), weniger die Masse des Kapitalexports, wohl aber dessen Struktur, die zur Auflösung der alten, relativ abgeschlossenen Wirtschaftsblöcke geführt hat. Das Kapital, das die „Fesseln des Nationalstaats" abgestreift habe ist eine liberalistisch-negrianische Schimäre. Es gibt kein transnationales Kapital, wohl aber ein transnational agierendes Kapital. Dieser Unterschied ist keine semantische Spitzfindigkeit, sondern grundlegend. Die Globalisierung hat nicht das Schwächer werden der Staatsapparate bewirkt, sondern im Gegenteil ihre Stärkung und zunehmend autoritäre Auswirkung. Die transnational operierenden Unternehmen benötigen aber eine transnationale Rechtsordnung, die ihre Interessen gegen jeden Widerstand durchsetzt und verteidigt. Dieses Interesse trifft auf ein hierarchisiertes Staatensystem mit den USA an der Spitze. Real ist es einzig die US-amerikanische Supermacht, die die Vertretung der Kapitalinteressen effizient gestalten kann und aus dieser Position natürlich eigene Vorteile zieht. Kein Kapitalismus ohne Staat, kein globalisierter Kapitalismus ohne globalisiertes Amerika. Die Macht des amerikanischen Imperiums formt und strukturiert die Globalisierung. Besonders auffällig ist die Übernahme des amerikanischen Modells des Kapitalismus als heute dominantes: Zweiparteiensystem, Marktideologie und Interpretation der Demokratie als Teilnahme am Markt, Marginalisierung des sozialen Kampfes, Militarisierung, Kriminalisierung der Armut, Dominanz der Finanzmärkte. Auf die „Amerikanisierung" Europas in Folge der Übernahme dieses Modells werden wir noch gesondert zu sprechen kommen. Ebenso auffällig ist die Übernahme des Englischen als Lingua franca der internationalen Pop-Kultur und der „scientific community" - was heute nicht auf Englisch publiziert wird ist praktisch wertlos. Abgesehen davon, dass viele dieser Publikationen in den USA selbst erfolgen, die heute fast ein Monopol auf Spitzentechnologie halten, beeinflusst die verwendete Sprache auch Perspektive und Aussage. Die Globalisierung folgt weder der „unsichtbaren Hand des Marktes", noch ist sie zwangläufiges Produkt der „Entwicklung der Produktivkräfte". Die Globalisierung folgt einer US-Agenda und das bewusst, denn neben der Foucaultschen Raum-Macht gibt es den Hobbs`schen Macht-Raum der souverän handelnden Subjekte. Wir wollen nur auf die Liberalisierung der Finanzmärkte als zentrales Element der wirtschaftlichen Deregulierung verweisen, die die US-Kontrolle über die internationalen Kapitalströme sicher stellt und als solche einem strategischen Projekt der Spitzen des US-Kapitals und der US-Administrationen seit dem Beginn der 70er Jahren zugeordnet werden kann. (...) Wir haben zuvor von der „Amerikanisierung" Europas gesprochen. Darunter ist die konkrete Form der Offensive der Bourgeoisie auf ideologischem wie wirtschaftlichem Gebiet zu verstehen, die Übernahme des US-amerikanischen Modells des Kapitalismus. Der Begriff „Amerikanisierung" geht dabei über den stärker auf wirtschaftliche Verhältnisse beschränkten Begriff „Neoliberalismus" hinaus, bezeichnet den Versuch einen Bruch in der politischen Kultur Europas zu vollziehen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch die USA seit den 70er Jahren einen massiven Schub der Deregulierung erfahren haben. Die „Amerikanisierung" Europas zielt nicht auf die USA der 60er Jahre, sondern auf die USA seit den 80er Jahren: Deregulierung, Sozialdarwinismus und Militarisierung. Dabei ist es jedoch kein Zufall, dass die Offensive der Bourgeoisie in den USA ihren Anfang nahm, in jenem Land wo sie sich politisch, ideologisch und wirtschaftlich in der stärksten Position befindet. Was bedeutet Bruch der politischen Kultur in Europa konkret? Europa war immer (zumindest seit der französischen Revolution) durch den Klassenkonflikt geprägt. Europa war der Ort der Verschwörung der Gleichen, der Revolution von 1848, der Pariser Kommune, der russischen Revolution von 1917. Nach dem 2. Weltkrieg war Europa - trotz 1968 und den 70er Jahren - mit Sicherheit kein Zentrum der weltrevolutionären Bewegung mehr, aber der Klassenkonflikt wurde nicht einfach beendet, sondern in einem gigantischen Klassenkompromiss aufgehoben. Das Resultat war die Herausbildung des Sozialstaats, das rasante Anwachsen der Arbeiteraristokratie, aber auch die Beteiligung ihrer Exponenten - die sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsapparate - an der Macht. Diese Form des Korporatismus hatte niemals eine Entsprechung in den USA. Tatsächlich ist dies auch die Grundlage der europäischen Form der politischen Demokratie: Unterschiedliche gesellschaftliche Schichten, die unterschiedliche Interessen vertreten und die daraus entstehenden Konflikte in der Zivilgesellschaft und dem staatlichen Apparat im weitesten Sinne austragen. Das europäische Modell war es diese Konflikte zu integrieren, ihnen die antagonistische Spitze zu nehmen, die Arbeiterbewegung in den Staatsapparat zu inkorporieren. Zusätzlich war Europa, vor allem Südeuropa, immer durch die Existenz von antagonistischen Minderheiten gekennzeichnet, die, wenn sie auch nicht in der Lage waren den Klassenkompromiss aufzubrechen, besonders in den Jahren nach ´68, einen gewissen Einfluss auf die politische Kultur ausüben konnten. Was bedeutet in diesem Zusammenhang Amerikanisierung? In erster Linie das Ende des Korporatismus, nicht durch ein Ende des Klassenkompromisses, sondern durch die einfache Liquidierung des institutionellen Einflusses der Arbeiterbewegung und die politische Marginalisierung des sozialen Kampfes. Der erweiterte Staatsapparat und die Demokratie als Ort der Integration von Widersprüchen werden ersetzt durch die mehr oder weniger unvermittelte Herrschaft einer ultrakapitalistischen Oligarchie - denn die politische Sphäre wird reduziert auf eine ritualisierte Auseinandersetzung innerhalb eines Zweiparteiensystems, in dem beide Pole im wesentlichen die gleiche Position vertreten. Zentrale Entscheidungen (etwa über die zu verfolgende Wirtschaftspolitik) werden ausgelagert und den „Sachzwängen des Marktes" überlassen. Mitte-Links und Mitte-Rechts - Demokraten und Republikaner. Demokratie wird als Teilnahme am Markt interpretiert und der soziale Konflikt wird kriminalisiert, aber nicht nur der soziale Konflikt selbst, sondern die Armut als Ganzes. Anstelle eines Prinzips der Inklusion tritt eines des Ausschlusses - immer mehr Menschen werden von Sozialleistungen, geregelter Arbeit und politischer Mitbestimmung ausgeschlossen. In den USA ist es etwa ein Drittel der Bevölkerung, deren Interessen keinerlei Rolle mehr spielen. Im von einer tief sitzenden strukturellen Wirtschaftskrise gezeichneten Europa könnten es auch mehr werden.

 

Anlässlich einer Sitzung des irakischen Nationalrates demonstrierte der Untergrund, dass nach wie vor mit ihm zu rechnen ist. Ein Kommando von bis zu 60 Mann griff mit Mörsern, Raketen und Autobomben den Gefängniskomplex von Abu Ghraib in Bagdad an. Bei dem Gefecht wurden 44 amerikanische Soldaten verwundet, während die Angreifer einen Gefallenen verloren. Bei weiteren Gefechten fielen mindestens 4 amerikanische Soldaten und 8 irakische Kollaborateure. Das irakische Parlament schaffte es zur gleichen Zeit, nach mehrmonatigem Hickhack endlich einen Vorsitzenden zu wählen. Neuer Parlamentspräsident ist der arabische Sunnit Hajim al-Hassani, als Stellvertreter fungieren der Schiit Hussain al-Shahristani und der Kurde Aref Taifour. Hassani wurde im vergangenen Jahr aus der sunnitischen Islamischen Partei ausgeschlossen, als die Gruppierung anlässlich der Zerstörung Fallujas durch die amerikanischen Besatzer aus der Kollaborationsregierung austrat. Stattdessen bekleidete er weiterhin das Amt des Industrieministers. Nachdem nunmehr die Arbeitsfähigkeit des irakischen Kollaborationsparlaments hergestellt war, wurde Jalal Talabani von der Patriotischen Union Kurdistans zum neuen irakischen Staatsoberhaupt gewählt. Seine Stellvertreter sind der bisherige Interimspräsident, der Sunnit Ghazi al-Jaar und der bisherige Finanzminister Adel Abdul Mahdi (Schiit). Talabani wurde 1933 bei Kirkuk geboren und kämpfte jahrzehntelang für die Unabhängigkeit der Kurden vom Irak, zunächst in der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) von Mustafa Barsani, später als Chef der PUK, die er 1975 im Exil in West-Berlin gründete. Der neue Staatschef kündigte den Aufbau eines demokratischen Staatswesens ein und sprach sich für einen politischen Dialog mit dem Widerstand aus. Als neuer Ministerpräsident wird der Schiit Ibrahm al-Jafari, Vorsitzender der Dawa-Partei, gehandelt. Das Parlament soll bis Mitte August eine neue Verfassung erarbeiten, die den Weg für Neuwahlen im Dezember ebnen soll. Washington nominierte derweil Zalmay Khalilzad zum neuen Botschafter in Bagdad. Khalilzad vertrat vorher die Interessen der US-Regierung in Afghanistan, als ehemaliger Berater des Ölkonzerns Unocal ist er genau der richtige Mann, um die wirtschaftspolitischen Interessen der Bush-Administration im Zweistromland durchzusetzen. Für einen Aufschrei der Empörung sorgten britische Soldaten, als sie „irrtümlich“ das Haus des einer steinreichen Familie angehörenden irakischen Parlamentsabgeordneten Mansur Abdulrazzaq Mansur in Basra stürmten und 260.000 Dollar Bargeld raubten.

 

Der weltweite Trend zur Liberalisierung und Privatisierung wurde nunmehr in Kambodscha zur äußersten Perversion getrieben. Die kambodschanische Regierung hat ein Massengrab von politischen Gegnern Pol Pots privatisiert. Die Angehörigen der 1,7 Millionen Opfer der Terrorherrschaft Ende der siebziger Jahre verurteilten die Entscheidung und kritisierten, damit werde aus dem Völkermord Profit geschlagen. Die Stadtverwaltung von Phnom Penh hat die Verwaltung der als Killing Fields bekannten Gedenkstätte für eine jährliche Gebühr von 15 000 US-Dollar an ein japanisches Unternehmen vergeben. Die Firma übernimmt die Pflege der Gedenkstätte, dafür wird sie künftig Eintritt von Touristen erheben. Der auf 30 Jahre ausgelegte Pachtvertrag macht Tourismusgeschäfte mit Leid und Tod eines ganzen Volkes.

 

Rund 30 % der türkischen Staatsbürger in der BRD leben nach Angaben des Zentrums für Türkeistudien (ZfT) unter der Armutsgrenze. Eine Studie des Zentrums habe zudem ergeben, dass weitere 35 % nur knapp darüber lägen, teilte das ZfT gestern in Essen mit. Bei dieser Gruppe sei das Risiko hoch, dass auch sie in Zukunft unter die Armutsgrenze fallen werde. Einer der Gründe für die schlechte wirtschaftliche Lage der rund 1,9 Millionen Türken sei der Strukturwandel mit dem Wegfall alter Industriezweige. Türkische Arbeitsmigranten seien insbesondere vom Verschwinden der Kohle- und Stahlindustrie betroffen. Sie hätten große Schwierigkeiten, mit ihrem Ausbildungsstand in anderen Wirtschaftszweigen Fuß zu fassen. Zwar sei das Bildungsniveau der Kinder der Einwanderergeneration höher als das ihrer Eltern, dennoch besuchten nur 5 % der türkischen Schüler das Gymnasium. Zudem würden viele Gastarbeiter der ersten Generation in den kommenden Jahren in Rente gehen, was die wirtschaftliche Situation der Türken weiter verschärfen werde. Bereits jetzt bekämen türkische Rentner im Schnitt nur 526 Euro monatlich, deutsche Rentner 698 Euro. Grund hierfür seien durchschnittlich kürzere Beitragszeiten und niedrigere Beitragszahlungen.

 

Anlässlich des Besuches der SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Hacker, Sebastian Edathy und Christine Lehder in der Sächsischen Schweiz am 7. und 8. April lud der stellvertretende NPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Leichsenring zum Gespräch ein. „Mit Interesse habe ich gehört, dass die SPD-Bundestagsfraktion drei Vertreter in die Sächsische Schweiz schickt, um sich vor Ort über die Arbeit von Initiativen „gegen Rechts“ zu informieren. Öffentliche Auftritte scheinen nicht geplant zu sein. Offenbar ist man bei der SPD angesichts des Landtagswahlergebnisses von knapp 6 % im Landkreis skeptisch, ob ein derartiger Auftritt bei der hiesigen Bevölkerung überhaupt auf nennenswertes Interesse stoßen würde. So belässt man es lieber bei einer Beratung hinter verschlossenen Türen. Möglicherweise will man auch nicht allzu sehr die Aufmerksamkeit auf die Gruppen lenken, mit denen man sich trifft. Zumindest einige Vertreter haben enge Kontakte zur militanten Antifa-Szene in Sachsen. Wir Nationaldemokraten treten immer für die öffentliche politische Auseinandersetzung ein und deshalb möchte ich die SPD-Bundestagsabgeordneten zu einem Gespräch einladen. Sicherlich findet sich in Pirna schnell ein geeignetes Forum zum Meinungsstreit. Bei ihrem Vor-Ort-Termin könnten sich die SPD-Politiker auch sehr gut über die tatsächlichen Probleme im Landkreis Sächsische Schweiz informieren. Stattdessen wird man es wohl bei einem Treffen mit einschlägig bekannten Personen belassen, die schlicht Geld für ihre weitere Arbeit abfassen wollen. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass für die Kampagne gegen die nationale Opposition bis 2006 allein vom Bund 182,4 Millionen Euro ausgegeben werden sollen. Wie viele Arbeitsplätze, insbesondere bei mittelständischen Unternehmen könnte man damit schaffen? Wie vielen Jugendlichen könnte mit dieser großen Summe eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt geboten werden? Über diese Tatsachen würde ich gern mit den 3 Bundestagsabgeordneten öffentlich diskutieren!

 

In Belfast wandte sich Sinn Féin-Präsident Gerry Adams mit einer Aufsehen erregenden Rede direkt an die Provisional IRA. Adams forderte die republikanische Untergrundarmee mehr oder weniger offen zur Selbstauflösung auf, da ihre bloße Existenz der britischen Seite und den Protestanten als Rechtfertigung zur Verzögerung des Friedensprozesses in Nordirland diene. Der Kampf für ein vereinigtes Irland und die Gleichberechtigung der nordirischen Katholiken könne nunmehr auch auf anderem, friedlichem Wege fortgesetzt werden. Der Sinn Féin-Parteichef rief die Aktivisten der IRA auf, sich künftig im Rahmen der Partei zu betätigen, um in Irland und weltweit Unterstützung für die Ziele der republikanischen Bewegung zu gewinnen. Der Army Council wurde aufgefordert, die Alternative eines gewaltlosen Weges zu akzeptieren und sich so schnell wie möglich auf sie einzustellen. Begaben sich die Aktivisten seinerzeit in Gefahr, als sie den bewaffneten Kampf aufnahmen, so sollten sie sich nunmehr mit der gleichen Risikofreudigkeit von ihm wieder verabschieden. Der Army Council, das höchste Gremium der IRA, gab bekannt, dass er die Aufforderung zur Kenntnis genommen habe und sie derzeit prüfe.

 

Ungeachtet der seit Wochen andauernden Medienkampagne gegen die republikanische Bewegung scheint sich Sinn Féin weiterhin auf Erfolgskurs zu befinden. Nachdem die irischen Nationalisten unlängst bei den Nachwahlen im irischen Meath ihren Stimmenanteil um 3 Prozentpunkte erhöhen konnten, punkteten sie nunmehr bei den Wahlen zur Údarás na Gaeltachta. Hierbei handelt es sich um einen aus 20 Mitgliedern bestehenden Rat, der sich seit 1980 um die Förderung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung der Gaeltacht kümmert. Die Gaeltacht ist die noch stark keltisch geprägte Region im Nordwesten Irlands. Erstmals gelang es Sinn Féin nun, mit Gráinne MhicGéidigh eine Vertreterin (für Donegal) in die Behörde zu entsenden. Die ebenfalls antretenden Kandidaten Séan Mac Donnchadh und Colm O´Ceannabháin konnten keinen Sitz erringen. Als politisch dominierende Kraft wurde Fianna Fáil von den 75.000 Wählern bestätigt. Presseberichten zufolge erwartet die britische Regierung von den im Mai anstehenden Wahlen zum britischen Unterhaus eine weitere Stärkung der radikalen Kräfte Nordirlands zu Lasten der Gemäßigten - Sinn Féin wird auf Kosten der SDLP zulegen, die DUP sich weiter in das Wählerpotenzial der UUP hineinfressen. Deren Parteichefs Mark Durkan und David Trimble könnten sogar ihre Sitze in Westminster an Kandidaten der Hardliner verlieren. In diesem Zusammenhang kann man die Aufforderung an die IRA, dem bewaffneten Kampf definitiv zu entsagen, als Einleitung des republikanischen Wahlkampfes verstehen. Die Unbrauchbarmachung des Waffenarsenals und die Selbstauflösung der Untergrundarmee würden unter der katholisch-irischen Bevölkerungsgruppe auf überwältigende Zustimmung treffen und entsprechend an der Wahlurne honoriert werden.

 

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat öffentlich eingeräumt, dass die tatsächliche Arbeitslosenzahl weitaus höher ist als offiziell ausgewiesen. „Ich hatte nicht den Mut, an dem eingeübten Ritual etwas zu ändern und 6,5 Millionen zu nennen", sagte Weise vor Journalisten in Berlin. „Es sind weitere Arbeitslose in Maßnahmen und weitere, die sich gar nicht mehr bei uns melden", fügte der BA-Chef hinzu. Die Bundesagentur hatte für den März einen Rückgang der Arbeitslosenzahl um 41 000 auf 5,176 Millionen gemeldet. Zugleich absolvierten nach der offiziellen Statistik 1,33 Millionen Arbeitslose arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie ABM, Weiterbildungskurse oder Ein-Euro-Jobs. „Diese Zahlen sind alle veröffentlicht", betonte der BA-Chef. Eine Änderung der Statistik sei nicht geplant, erklärte er. Dies müsse auch mit der Politik abgestimmt werden. Weise warnte davor, die Möglichkeiten der Bundesagentur im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu überschätzen. „Wir können das Problem der Arbeitslosigkeit nicht lösen, wir können nur einen Teilbeitrag leisten." Nur jedem zehnten Arbeitslosen könne wirklich mit einem Job geholfen werden. Angesichts der nach unten revidierten Wachstumsprognosen geht der BA-Chef von einem steigenden Defizit seiner Behörde aus. Der Haushaltsplan der BA aus dem November beruht auf einer Wachstumsannahme von 1,7 % und sieht einen Bundeszuschuss von 4 Milliarden Euro vor. Mittlerweile haben sich die Konjunkturaussichten deutlich verschlechtert. Zuletzt hatte die EU-Kommission ihre Vorhersage für die BRD auf 0,8 %zurückgenommen. Die Bundesregierung wird ihre neue Prognose Ende April vorlegen. Weise sagte, in den ersten drei Monaten seien die Beitragseinnahmen unter den Erwartungen geblieben. Setze sich dieser Trend fort, werde das Defizit größer ausfallen als geplant. Im letzten Jahr hatte die BA noch zwei Milliarden Euro eingespart, und so trotz steigender Arbeitslosigkeit das Defizit verringern können. Das Einsparpotential sei aber jetzt ausgeschöpft. „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht."

 

Exit-Online beehrte die Leserschaft mit einer Betrachtung über Eske Bockelmanns der modernen Fetischgesellschaft von Ware, Markt und Arbeit gewidmeten Buch „Im Takt des Geldes“: „Woher kommt dieser Zwang? Bockelmann macht sich auf die Suche und findet seine Ursache im Geld, genauer: in der durch Geld vermittelten Vergesellschaftung, die dann im weiteren Fortgang des Buches als Grund für zwei weitere Phänomene dingfest gemacht wird, die der bürgerlichen Gesellschaft und nur ihr in derselben Weise verhaftet sind wie der Taktrhythmus, nämlich die (mathematische) Naturwissenschaft und die neuzeitliche Philosophie. (...) Mit Bockelmann lässt sich der Beginn des 17. Jahrhunderts als der historische Moment kennzeichnen, in dem in den bürgerlichen Zentren Westeuropas das Geld beginnt, sich gegenüber den (übrigen) Waren zu verselbständigen, da sein Gebrauchswert unabhängig vom Material und allen konkreten Inhalten nur noch darin besteht, Träger von Wert zu sein, für den sich alle anderen Waren kaufen lassen. Vom Inhalt "löst sich der Wert in dem historischen Moment, da das Geld bestimmende Allgemeinheit gewinnt: wenn es ein historisch erstes Mal also heißen kann, »all things came to be valued with money, and money the value of all things«. Dann beginnt Geld - in diesem für uns prägnanten Sinn - Geld zu sein, indem es als Geld allein noch fungiert. Der feste Bestand, den es bis dahin nur im wertvoll gedachten Material hatte, geht dann nämlich über in die bestandsfeste Allgemeinheit des Bezugs aller Dinge auf den Geldwert - und also in dessen für sich genommen festes Bestehen. Wenn die Handlungen des Kaufens und Verkaufens für die Versorgung bestimmende Allgemeinheit erlangen, entsteht damit die allgemeine Notwendigkeit, den Markt, zu dem es dafür gekommen sein muss, als das Geflecht dieser Kaufhandlungen fortzusetzen, ganz einfach deshalb, damit die Versorgung, die daran hängt, nicht ihrerseits abreißt. Die Notwendigkeit, allgemein über Geld zu verfügen, übersetzt sich so in die Allgemeinheit, mit der die Geldfunktion auch weiterhin notwendig ist; und übersetzt sich damit in die Festigkeit dieser Funktion als einer für sich bestehenden Einheit. (...) Der gesellschaftliche Zusammenhang von Geldhandlungen, der Markt, lässt den Wert sich also vom Material lösen, macht ihn zu einem nicht-material, nicht-inhaltlichen und insofern - man halte kurz die Luft an - zu absolut gedachtem Wert. ... Nicht das Metall der Münze, nicht das Papier eines Geldscheins ist uns wertvoll, nicht in dessen vielleicht kunstvollem Druck besteht für uns sein Wert, sondern darin, dass sich dieser Wert in einer Geldhandlung realisiert, und zwar zuverlässig wird realisieren lassen ... (Wir) denken diesen Wert nicht in der Materie des Stücks Papier, sondern allein darin, dass sie uns seinen Gebrauch als Wert verbürgt. Wert ist sie uns allein in diesem Gebrauch, der uns auf solche materiale oder egal welche andere Weise verbürgt wird. Als Wert denken wir, in der Form einer quantifizierbar für sich bestehenden Einheit, eben diesen Gebrauch, die Funktion des Geldes. So - und so einfach - denken wir Wert als absolut, als die quantifizierbare Einheit der Geldfunktion. Was aber, wenn absolut, ist dann diese Einheit »Wert«, worin besteht sie, als was bewegen wir sie in unseren Köpfen, die da unablässig, stündlich, täglich, ein Leben lang mit ihr befasst sind? Der universelle Bezug auf Waren als Werte, den wir mit dem Geld vollziehen, scheint uns im Geldwert als ein eigenes Ding zu bestehen, als ungreifbar immaterielles, eigenschaftsloses Wesen, festesten Bestands, aber ohne allen Inhalt und, mehr und genauer noch, jenseits allen Inhalts, eben weil es jenen universellen Bezug auf die Inhalte selbst und abgetrennt von ihnen darstellt. Es ist also notwendig bezogen auf Inhalte und insofern das Gegenteil von absolut; zugleich aber ist es unabhängig davon, auf welche Inhalte es jeweils bezogen wird, und, indem es nichts darstellt als diesen Bezug, also ohne auch nur abstrakt leerer Inhalt zu sein - wie es als solcher etwa der Wert eines Goldstücks wäre - , besteht es selbst als dieser von den Inhalten abgetrennte Bezug auf sie; insofern aber absolut. Die Einheit, als die wir Wert denken, ist demnach, der bloße Bezug als Einheit genommen, reine Verhältnisbestimmung und in diesem Sinne endlich, reine Einheit." (S. 225 ff, Hervorhebungen im Original) An dieser Kennzeichnung der Wertabstraktion hängt gewissermaßen die Gesamtkonstruktion des Buches, der Rest ergibt sich fast von allein. Der Wertbegriff, der hier entwickelt wird, ist - obwohl nicht subjektiv - nur auf die Sphäre der Distribution bezogen, er kommt ohne "Wertsubstanz" aus, von der Arbeit also ist an keiner Stelle die Rede, weshalb es auch nicht möglich wäre, eine Wertgröße aus ihm abzuleiten. Aber darum geht es Bockelmann nicht. Ihn interessiert allein, was das Geld in den von ihm vergesellschafteten Subjekten anrichtet, wie es sie konstituiert. Allerdings wäre es an dieser Stelle durchaus angebracht, eine Verbindung zum Marx'schen Fetischbegriff herzustellen, sie würde Bockelmanns Darstellung noch mehr Stringenz verleihen. Die hat sie so schon. Auch wenn Bockelmann diesen Begriff nicht benutzt, so beschreibt er hier eine Realabstraktion par excellence. Sie liegt nicht - wie bei Sohn-Rethel - bereits in der Tauschhandlung, sondern in der bestimmenden Allgemeinheit des Geldes, und gehört deshalb eindeutig erst der Neuzeit an. Sie verlangt den Marktteilnehmern eine Abstraktionsleistung ab, die sie erbringen müssen, ohne sie als bewusste Denkleistung zu vollziehen: "Sie wissen es nicht, aber sie tun es" (Marx), bzw. sie müssen es tun. Sie müssen sie um ihrer Überlebensfähigkeit willen als einen Reflex ausbilden, der fortan als ein ihnen nicht bewusster Zwang nicht nur die Geldhandlungen, sondern ihren Zugang zur Welt überhaupt bestimmt: "Dies die Form, in der kein Mensch bis dahin hatte denken müssen und keiner daher hatte denken können, die neuzeitlich bedingte synthetische Leistung, welche die Menschen damit aufzubringen haben: zwei auf Inhalte bezogene, selbst aber nicht-inhaltliche Einheiten im reinen Verhältnis von bestimmt gegen nicht-bestimmt. Diese Synthesis wird dem Denken, so bedingt, zur Notwendigkeit und zum Zwang. (...) Ihren genuinen Bereich hat diese Synthesis im Umgang mit Geld, und ebendort haben die Menschen sie anzuwenden auf alle, unbestimmt welche Inhalte, haben sie die reine Einheit »Wert« auf gleichgültig welchen Inhalt zu beziehen. ... Über die ältere und ebenfalls synthetische Leistung materialer Denkform, nämlich Wert in den Dingen zu denken und sie nach diesem inhärent gedachten Wert aufeinander zu beziehen, legt sich die neue, funktionale Leistung, ihn zu formen in die nicht-inhaltlichen Einheiten. (...) Seit der späten Veröffentlichung der Werke Sohn-Rethels Anfang der 1970er Jahre ist die Diskussion über den Zusammenhang von Gesellschaftsform und Erkenntnisform nicht mehr abgerissen, auch wenn Sohn-Rethels Ansatz selber diesen Zusammenhang noch nicht wirklich nachweisen konnte. Da zumindest doch seither denkbar ist, was als Erster gedacht zu haben Bockelmann von sich fälschlicherweise annimmt, ist eher nach einer anderen, tiefer liegenden Ursache zu suchen, etwa dieser: Dass es mit der in Rede stehenden Denkform selber ebenso zu Ende geht wie mit der ihr zu Grunde liegenden Warenform. In einer weiteren Hinsicht ist der Befund von Interesse, dass die Geldvergesellschaftung nicht nur das bewusste Denken, sondern noch vorbewusste Reflexe bestimmt, wirft er doch ein bezeichnendes Licht auf die Konstitution des modernen Subjekts: "Ich will es einmal an dem beliebten Modell durchspielen, welches Freud zwar aufgestellt, selbst aber nur zurückhaltend gebraucht hat, nach dem Modell von Es, Ich und Über-Ich. Die Rhythmusempfindung müsste auf Grund ihrer unwillkürlichen Präsenz zweifellos zum Bereich des Es zählen, und ebenso sicher zum Bereich des Über-Ich die Anforderungen, durch die sich das Ich durchs Geld hinauf und hinab bis in seine feinsten und gröbsten sozialen Verhaltensmuster hinein gestellt sieht. Zwischen beiden Bereichen hätte das modellhafte Ich nun zu vermitteln und in dieser Vermittlung sich zu festigen. Wenn nun aber die Synthesis am Geld unmittelbar identisch ist mit der taktrhytmischen, so tritt auch jenes Über-Ich direkt und unvermittelt bereits im Es auf, wie immer es durchs Ich vermittelt dorthin gelangt sein sollte. Das Es bleibt also nicht, wie es gedacht war, Bereich der ursprünglichen Triebe, die im Ich erst in Richtung Über-Ich gemodelt würden, sondern es trägt in sich noch das Äußerste an Abstraktion, was dem Über-Ich nur entstammen kann. Das Über-Ich ist schon allhier im Es, die Struktur des Geldes im triebhaft-natürlichen Reflex. Der Ausgleich, den das Ich zu treffen hätte zwischen Es und Über-Ich, ist keiner mehr, da er längst besteht. Das Ich erarbeitet keinen Ausgleich, sondern ist kurzgeschlossen zwischen Polen, die einander vorweg ausgeglichen haben, die einander gleich sind und von denen das Ich gar keine Kraft und keinen Anlass mehr findet sich zu unterscheiden. So wird der Inbegriff von Außen, das Geld, zu einem Äußersten an Innen - unentrinnbar, umfassend, allüberall: im Es, im Ich im Über-Ich." (S. 239 ff, Hervorhebungen im Original) Das sei allen ins Poesiealbum geschrieben, die ihre Berufung auf "Bauch", Unmittelbarkeit oder das "wirkliche Leben" bereits für einen Akt des Widerstands gegen das abstrakte Allgemeine halten. (...) Es sind die Geldverhältnisse, die sich in unserer monadisch verfassten Gesellschaft niederschlagen und diese nach derselben Form bestimmen, welche sie dem Denken mittels eben dieser Formung der Gesellschaft abverlangen und einbeschreiben. Dies die historische Realität einer prästabilierten Harmonie. (...) Abschließend sei noch einmal auf die Gesamtkonstruktion des Buches verwiesen: Bockelmanns gedanklicher Ausgangspunkt ist die Konstitution der Subjekte durch den Markt und die von ihm erzwungenen Geldhandlungen in dem historischen Moment, in dem das Geld bestimmende Allgemeinheit erlangt. Die Konstitution der Subjekte durch Arbeit und Wertabspaltung bleibt dagegen ausgeblendet. Bockelmann hat aus dem von ihm ins Auge gefassten Teilaspekt der Wertvergesellschaftung für die Erklärung der Genese des modernen Denkens herausgeholt, was herauszuholen ist, dennoch: es bleibt ein Teilaspekt an der Oberfläche der Wertvergesellschaftung. Der Bezug auf ihn allein könnte sich zumindest für Untersuchungen, wie die von ihm bereits angekündigte zur Quantentheorie, deren Gegenstände in der entwickelten kapitalistische Gesellschaft angesiedelt sind, als unzureichend erweisen. Ein weiterer Einwand betrifft den Charakter des Buches. Es handelt sich hier um etwas selten gewordenes, nämlich um Theorie in einem ganz klassischen Sinne, und die unterliegt als solche ihrerseits der funktionalen Denkform, was sich im vorliegenden Fall auch leicht festmachen lässt: Bockelmann bestimmt den Taktrhythmus, die Naturwissenschaft, die neuzeitliche Philosophie jeweils als Funktion eines durch das Geld in die Gesellschaft gekommenen Denkzwangs. Der Einwand ist also berechtigt, er ist jedoch nicht wirklich ein Einwand, sondern verweist nur darauf, dass Theorie in der an ihr Ende gelangenden Warengesellschaft nur dann noch sinnhaft sein kann, wenn sie einen Beitrag dazu leistet, sich aus der ihr eigenen Denkform herauszuarbeiten. Und diesen Sinn hat das vorliegende Buch allemal. Das Schlusswort überlasse ich Eske Bockelmann, im letzten Absatz seines Buches (S. 489): "Es sind die Menschen, die (den Zwang des Geldes) eingerichtet haben, durch nichts sonst auf ihn verpflichtet als durch sich selbst. Aber sie haben ihn eingerichtet zu dem, was ihre Welt im Innersten zusammen hält; und glauben nun doppelt gezwungen - durch ihn, den sie eingerichtet haben, und ihn, den sie fest schon in sich tragen -, nicht sie hätten mehr über ihn, sondern er allein über sie zu entscheiden. Und fast will mir scheinen, am empfindlichsten seien sie gegen alles, was sie mahnt, dass sie darin irren.

 

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