Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 11. bis 17. September 2004
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Die
Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden
Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle
Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige
Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer
Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel
zur geistigen Produktion, so dass ihr damit zugleich im Durchschnitt
die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen,
unterworfen sind" |
-
Karl Marx |
Am ersten regulären Schultag in Lettland nahmen viele
russischsprachige Kinder nicht am Unterricht teil, weil Lettland den Unterricht
in ihrer Sprache per Gesetz drastisch einschränkt. Im Siegespark
der Hauptstadt Riga versammelten sich aus demselben Grund über 6.000
Demonstranten, um gegen die Maßnahme zu protestieren. Mehrere Sprecher
äußerten massive Kritik an dem neuen Gesetz, das festlegt,
dass in den zehnten Schulklassen künftig 60 % des Unterrichts auf
lettisch erteilt werden müssen. Das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen
Kirche, der Patriarch Alexej, lehnt jeden Besuch in Riga ab, bis das Sprachproblem
gelöst sei. Der katholische Kardinal von Riga, Janis Pujats, dagegen
ruft beide Seiten zu Kompromissen auf, unterstützt von Schriftstellern,
Hochschullehrern und Bürgerrechtlern. Die Lage in Lettland sei gefährlich
und könne zu „tiefen und langwierigen Meinungsverschiedenheiten
zwischen den größten Sprachgruppen Lettlands“ führen.
Viele lettische Staatsbürger wären so erbost, dass sie aus Verärgerung
nun weniger Lettisch und mehr Russisch als sonst sprächen. Ab dem
1. September erhalten in Lettland die Kinder von Russen deutlich weniger
Unterricht in ihrer Muttersprache. An den Gymnasien der großen russischen
Minderheit darf die Unterrichtssprache grundsätzlich nur noch Lettisch
sein. Die Regierung begründet diese Maßnahme damit, dass gute
lettische Sprachkenntnisse erheblich bessere Berufschancen bedeuteten.
Die lettische Bevölkerung besteht zu gut einem Drittel aus Russen,
4 % sind außerdem Weißrussen. Seit mehr als einem Jahr dauern
die Proteste gegen diese neue Sprachregelung in lettischen Schulen schon
an.
Laut einem Bericht der „ZEIT“ hat die Schröder-Administration eine Allianz zwecks Erlangung eines ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat geschlossen. Die BRD, Brasilien, Japan und Indien werden sich künftig gegenseitig bei ihrem Bemühungen nach einer solchermaßen international anerkannten Großmachtrolle unterstützen. Damit geht das seit Jahren von SPD, CDU und Grünen verfolgte Konzept auf, durch rege Beteiligung an Interventionsmaßnahmen der „Weltgemeinschaft“ politisches Gewicht zu gewinnen. Ein weiteres Pfand für den neudeutschen Imperialismus ist der Umstand, dass die BRD einer der Hauptbeitragszahler für die Vereinten Nationen ist. Vorbereitende Rückendeckung scheint aus Frankreich gekommen zu sein, während Großbritannien sich den bundesdeutschen Plänen gegenüber eher ablehnend verhält. Italien, Polen und Spanien stellen sich offen gegen einen ständigen Ratssitz der BRD. Man fürchtet, dass die drei großen EU-Staaten Frankreich, Großbritannien und BRD ein europäisches Direktorium innerhalb der UNO etablieren und die restlichen EU-Mitglieder an die weltpolitische Peripherie abdrängen könnten. Die Alternative wäre ein gemeinsamer Ratssitz für die EU, der allerdings auf einhellige Ablehnung der beiden BRD-„Volksparteien“ trifft. Italien, Polen, Spanien und Großbritannien brachten zudem einen semipermanenten Status für die Aspiranten ins Gespräch: Ständige Vertretung, aber kein Vetorecht. Diese Lösung dürfte auch der Schröder-Fischer-Regierung genehm sein - so kommt man schließlich nicht in Versuchung, einmal mit einem Veto gegen kriminelle Machenschaften Israels oder der USA vorgehen zu können.
Widmen
wir uns erneut stichwortartig den Vorgängen im angeblich befreiten
und befriedeten Irak:
Samstag: Autobombenanschlag auf das amerikanische Konsulat und
das britische Hauptquartier in Basra, 2 Tote und 2 Verletzte / amerikanische
Luftangriffe auf Stellungen der Mahdi-Armee in Sadr City / Rebellen beschießen
Grüne Zone in Bagdad mit Raketen / Untergrund erschießt 1 Nationalgardisten
in Chalis / 4 Nationalgardisten bei Bombenanschlägen in Bakuba und
Mossul getötet / Amerikaner verhängen Blockade über Widerstandshochburg
Tall Afar. Die amerikanischen Operationen bei Tall Afar provozieren einen
geharnischten Protest der Türkei. Es gab erhebliche Verluste unter
der turkmenischen Zivilbevölkerung, und Ankara sieht sich als Schutzmacht
derselben. Bei weiteren Vorfällen dieser Art droht die Türkei
mit dem Abbruch der Zusammenarbeit im Irak.
Sonntag: Mindestens 37 Tote bei Beschießung der Grünen
Zone und bei Gefechten in Bagdad / 11 Tote und 41 Verwundete bei Kämpfen
in Ramadi / bei Hilla je 3 polnische Soldaten und 3 Nationalgardisten
getötet / Bombenanschläge und Schießereien in Mossul und
Kirkuk, auch hier zahlreiche Opfer.
Montag: Gesamtverluste des Wochenendes unter der irakischen Zivilbevölkerung
77 Tote und 202 Verletzte / 20 Tote und 29 Verletzte bei US-Luftschlägen
und Bodenangriffen in Falluja, hierbei ein gekennzeichneter Krankenwagen
durch US-Panzer zerstört und ein Marktplatz bombardiert / US-Außenminister
Powell kündigt Großoffensive an, um alle irakischen Städte
bis zu den Wahlen im Januar unter Kontrolle zu bringen.
Dienstag: Nach offiziellen Angaben fällt der 1018. US-Soldat.
Alleine in der vorigen Woche wurden mehr als 200 Soldaten verwundet. Nach
offiziellen Zahlen wurden seit Beginn des Krieges im März 2003 7245
Soldaten verwundet; unabhängige Quellen nennen 17.000 / US-Außenministerium
bestätigt, der Irak habe keinerlei Massenvernichtungswaffen besessen
/ 49 Tote und 131 Verletzte bei Bombenanschlag auf Polizeirekruten in
Bagdad / Nach irakischen Angaben wurden seit Beginn der Kampfhandlungen
alleine im Raum Bagdad mehr als 10.300 Zivilisten getötet / 12 Polizisten
bei Angriff auf Polizeitransporter in Bakuba getötet, 2 verletzt
/ Bei Gefechten in Bagdad und Mossul verlieren US-Truppen 3 Gefallene
und 8 Verwundete / Landesweiter Stromausfall nach Kraftwerksschaden in
Beiji, hervorgerufen durch Pipelinesprengung / Amerikaner brechen Operation
gegen Tall Afar ab, Bilanz 56 Tote und 157 Verletzte.
Mittwoch: 12 Tote und 6 Verletzte bei Gefechten in Ramadi / 2
Tote und 10 Verletzte bei Autobombenanschlag auf Posten der Nationalgarde
in Suwaira / 4 Polizisten bei Bombenanschlag in Bakuba verletzt / USA
schichten 1,8 Milliarden Dollar aus Wiederaufbaumitteln in Sicherheitsetat
um, Mittel für Wasserversorgung, Elektrizität und Kanalisation
werden zugunsten des Erdölsektors um 3,46 Milliarden Dollar gekürzt.
Donnerstag: Presseberichten zufolge warnte der US-Geheimdienst
bereits im Juni vor der Möglichkeit eines offenen Bürgerkrieges
im Irak / UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärt die anglo-amerikanische
Invasion erneut zum illegalen Angriffskrieg / 1 Toter und 10 Verletzte
bei Mörserangriff in Bagdad / schiitischer Lokalpolitiker in Bakuba
erschossen.
Freitag: 5 Tote und 20 Verletzte bei Bombenanschlag auf Polizeikonvoi
in Bagdad / 60 Tote bei Gefechten und Luftangriffen in Falluja / Gefechte
in Ramadi / 63 Verhaftungen bei Razzia in Bagdad / Auswärtiges Amt
der BRD fordert alle Bundesbürger zum Verlassen des Irak auf.
Ebenfalls instabil ist die Lage weiterhin in Afghanistan, wo Amerikaner und Briten ebenfalls eine - unter anderem auf bundesdeutsche Bajonette gestützte - Marionettenregierung unter Präsident Hamid Karsai installierten. Vier Wochen vor den Präsidentschaftswahlen intervenierte Karsai nunmehr in der Unruheprovinz Herat. Hier herrschte Ismail Khan als Gouverneur und benachteiligte die paschtunische Bevölkerungsmehrheit zugunsten seiner tadschikischen Stammesgenossen. Die Zentralregierung in Kabul musste nun eingreifen, um eine Ausweitung der sporadischen Gefechte zwischen den Konfliktparteien auf den ganzen Nordwesten Afghanistans zu verhindern. Ismail Khan wurde kurzerhand abgesetzt. Nach dem Ausbruch schwerer Unruhen zogen sich die internationalen Hilfsorganisationen aus der Provinz zurück. Allerdings begibt Karsai sich auf dünnes Eis, denn um seine Wiederwahl zu sichern, verbündete er sich mit diversen afghanischen Warlords - und diese reagieren äußerst empfindlich auf Versuche der Zentralgewalt, ihre Macht auf die Provinzen auszudehnen. In den Provinzen Zabul und Kandahar kam es zu heftigen Gefechten zwischen Taliban-Verbänden und US-Einheiten. Die Taliban riefen zum Wahlboykott auf, erklärten alle 18 Präsidentschaftskandidaten als Kollaborateure der USA zu legitimen militärischen Zielen und unterstrichen dies durch einen Raketenangriff auf den im Südosten des Landes weilenden Karsai. Zur Sicherung der Wahlen verstärken die Amerikaner demnächst ihre in Afghanistan befindlichen 15.500 Soldaten um 1100 Mann der 82. Luftlande-Division.
Die Ungarische Zukunftsbewegung Magyar Jövö Csoport plante einen Aufmarsch am 15. Oktober in Budapest. Die Kundgebung sollte an den 60. Jahrestag der Machtübernahme von Ferenc Szálasis Pfeilkreuzlern 1944 erinnern. Als Ort der Kundgebung war das ehemalige Hauptquartier der Pfeilkreuzler vorgesehen (nach dem Krieg residierte hier die kommunistische Geheimpolizei). Massive Proteste der regierenden Sozialisten und Liberalen sowie des Verbandes der Jüdischen Gemeinden Ungarns waren die Folge. Zwar besaßen die Pfeilkreuzler einen nicht unerheblichen Rückhalt in der ungarischen Bevölkerung, aber umgekehrt verstrickte die Regierung Szálasi sich in den Massenmord an den ungarischen Juden. Die neu gegründete Geheimpolizei NNI verhaftete Parteichefin Diana Bacsfi, eine Philosophiestudentin; ihr droht nun ein Verfahren wegen Volksverhetzung.
Seit mehr als 30 Jahren kämpfen in Indien die kommunistischen Naxaliten gegen soziale Ungerechtigkeit und Kapitalismus. Die der „Kommunistischen Partei Indiens (Marxistisch-Leninistisch)/Volkskrieg“ zugehörigen Guerrilleros haben in einer ausgedehnten Zone zwischen dem indischen Bundesstaat Andhra Pradesh und der nepalesischen Grenze zumindest auf dem Land die Kontrolle erkämpft. Bei der Verteidigung der ländlichen Unterschichten gegen ihre Unterdrücker gehen die Naxaliten gewaltsam gegen korrupte Polizisten und Beamte, Großgrundbesitzer und Geldverleiher vor, oftmals bezahlen die Ausbeuter mit ihrem Leben. Angesichts der verfahrenen militärischen Lage willigte die Regierung von Andhra Pradesh nunmehr in Verhandlungen mit dem Untergrund ein. Das Verbot der KPI (ML)/Volkskrieg und ihrer Vorfeldorganisationen wurde nicht mehr verlängert, und die Abgesandten der Rebellen erhielten Sicherheitsgarantien. An den Verhandlungen sind auch zivile Vermittler beteiligt, um den Konflikt in politische Bahnen zu lenken. Die Gespräche gelten als Testfall; bei einem Erfolg werden auch die indische Zentralregierung und andere vom Guerrillakrieg betroffene Bundesstaaten in Verhandlungen eintreten. Zu den Bedingungen der Naxaliten gehören die Freilassung ihrer Gefangenen und ungehinderte politische Betätigung.
Die BRD gibt weniger Geld für Bildung aus als viele andere Industriestaaten. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem aktuellen Report. Die OECD vergleicht jedes Jahr anhand einer Vielzahl von Indikatoren die Bildungssysteme der OECD-Staaten und einer Reihe von weiteren Staaten. Die BRD liegt bei vielen Kennzahlen im unteren Mittelfeld. So wendeten die OECD-Mitgliedsstaaten im Jahr 2001 durchschnittlich 5,6 % ihres Bruttoinlandproduktes (BIP) für ihre Bildungssysteme auf, die Bundesrepublik hingegen nur 5,3 %. Die höchsten Ausgaben verzeichnen Südkorea (8,2 %), die Vereinigten Staaten (7,3 %) und Dänemark (7,1%). Besonders deutlich ist der Rückstand im Primarbereich und im Sekundarbereich I, also bei den Kindergärten und in den niedrigen Schulklassen. Begonnene Bildungsreformen reichen nach Ansicht des OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher nicht aus. Sie lägen deutlich hinter dem internationalen Standard zurück. "Vor allem fehlt dem Bildungssystem die Dynamik." Andere Länder hätten ihre Bildungssysteme rasant umgebaut. Anderswo habe Bildung einfach einen höheren Stellenwert als in der BRD, die Systeme seien offener: „In vielen der modernen Bildungsnationen können sie sich heute ihren eigenen Bildungsweg selber gestalten - aktiv, über das ganze Leben hinweg." Nach den OECD-Erhebungen droht sich der Rückstand der BRD sogar noch zu vergrößern: Die OECD-Staaten haben zwischen 1995 und 2001 ihre Investitionen in Schulen um 21 % und in Hochschulen um 30 % gesteigert. In Trizonesien lag der Zuwachs dagegen nur bei 6 beziehungsweise 7 %. Die Bildungspolitik der achtziger und neunziger Jahre war von Stillstand" geprägt, so die Studie. Die demographische Entwicklung mit den niedrigen Geburtenraten zehrt bereits erzielte Fortschritte wieder auf. Einem steigenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften werde ein Rückgang der jungen Bevölkerung gegenüberstehen. Besonders gravierend ist die Situation im Elementarbereich, wo rund 24 Kinder auf eine Betreuungsperson kommen, die nach Großbritannien ungünstigste Relation innerhalb der OECD. Der Durchschnittswert unter den 30 Ländern der OECD liege im Kindergartenbereich bei etwa 15 Kindern pro Betreuungsperson. Auch bei den Unterrichtsstunden für Schüler in niedrigen Klassen schneidet Berlin schlecht ab: Im Durchschnitt der OECD-Staaten haben 7- bis 8-jährige Schüler pro Jahr 788 Stunden Unterricht im Klassenverband, hierzulande dagegen nur 626. Einen Spitzenwert erreicht Schottland mit 1000 Stunden. Erheblich ist auch der Rückstand bei den Hochschulabsolventen: In der BRD schlossen im Jahr 2002 19 % eines Altersjahrgangs ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium ab, eine deutliche Steigerung von 3 Prozentpunkten gegenüber dem Jahr 1998. Trotz der Steigerung liegt die Bundesrepublik noch immer deutlich unter dem OECD-Mittel von 32 %. Auch der Frauenanteil in den Natur- und Ingenieurwissenschaften liegt unter dem OECD-Durchschnitt.
Möglicherweise beschert Hartz IV der Bundesrepublik zum Jahreswechsel einen neuen Rekordwert in der Arbeitslosenstatistik. Ohnehin gehen Fachleute davon aus, dass es im Februar 2005 rund 4,8 Millionen Erwerbslose geben wird (ohne ca. 110.000 Teilnehmer von Trainingsmaßnahmen und Stille Reserve). Dank Hartz IV werden zur Jahreswende bis zu 300.000 nicht Arbeit suchend gemeldete Sozialhilfeempfänger wieder in den Statistiken auftauchen. Ferner bereichern bis zu 100.000 Personen, vor allem arbeitslose Frauen, die Quote - bisher waren sie durch die hohe Arbeitslosenhilfe des Ehepartners versorgt. Ein weiterer Posten sind die 400.000 älteren Erwerbslosen, die bislang aus dem aktiven Arbeitsleben ausgeschieden waren und auf ihre Verrentung warten (R 58). Da viele von ihnen nicht mit Hartz IV am Hungertuch nagen wollen, werden auch sie wieder als Arbeit suchend in der Statistik erscheinen. Bereits jetzt fehlen laut Stiftung Marktwirtschaft 1,3 Millionen Arbeitslose in den Statistiken, da sie in arbeitsmarktpolitischen Programmen stecken. Macht summa summarum bis zu 7 Millionen Arbeitslose im Februar 2005 - die Stille Reserve einberechnet, kommt langsam eine Arbeitslosenzahl von faktisch 10 Millionen in Sicht!!! Vorsorglich beginnt man schon jetzt mit weiteren statistischen Manipulationen. Ab Oktober werden 100.000 ausländische Langzeitarbeitslose durch Sprachkurse und 50.000 weitere Langzeiterwerbslose mit Ein-Euro-Jobs beschäftigt - sie fallen aus der Statistik heraus. Die Bundesregierung hat bekanntlich Geldmittel für insgesamt 600.000 dieser Billigarbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Im Laufe der Zeit ist zudem die Übernahme der Standards der Internationalen Arbeitsorganisation geplant - und nach diesen ist man nicht mehr arbeitslos, wenn man eine Stunde pro Woche einer Tätigkeit nachgeht.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt ohne Sozialversicherungsschutz. Nur weniger als die Hälfte der Menschen ist ein einem offiziellen Sozialversicherungssystem gegen Risiken im Zusammenhang mit hohem Alter, Tod, Krankheit, Arbeitsunfällen und Arbeitslosigkeit mehr oder weniger geschützt, so die Ergebnisse einer vierjährigen Forschungsinitiative der Internationalen Social Security Association (ISSA). Dabei spiele soziale Sicherheit eine Schlüsselrolle für wirtschaftliche Entwicklung. Die Mehrheit der über drei Milliarden Menschen ohne angemessenen Schutz lebt in Entwicklungsländern - in jenen Ländern also, die am ehesten sozialer und wirtschaftlicher Instabilität ausgesetzt sind. Dies könnte schwerwiegende Konsequenzen für eine Welt haben, die von nachhaltiger wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung abhängt. Weil soziale Sicherheit zur Förderung des Wirtschaftswachstums und des sozialen Zusammenhalts beitrage, kommt ihr laut ISSA eine ausschlaggebende Rolle bei der Stimulierung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu. Soziale und wirtschaftliche Entwicklung könnten und müssten zusammen angestrebt werden, wobei der sozialen Sicherheit eine Schlüsselrolle zukomme.
Am 31. Dezember 2003 waren nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes Berlin 444.027 Bürger anderer Staaten mit Hauptwohnung in Berlin gemeldet, 1 473 oder 0,3 % mehr als vor einem Jahr. Der Anteil der Ausländer an allen melderechtlich registrierten Einwohnern Berlins lag wie Ende Dezember 2002 bei 13,3 %. Die höchsten Ausländeranteile verzeichnete wie im Vorjahr der Fusionsbezirk Mitte (27,3 %), gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg (23,1 %) und Neukölln (21,8 %). In den Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick hatten nur etwas über 3 % der Einwohner eine ausländische Staatsbürgerschaft. Gegenüber dem Jahresende 2002 ist die Ausländerzahl in 7 der 12 Bezirke gestiegen, am stärksten in Pankow (+4,1 %), gefolgt von Treptow-Köpenick (+2,0%), Reinickendorf (+1,7%) und Steglitz-Zehlendorf (+1,6 Prozent). Einbußen an Bürgern anderer Staaten um etwas über 1 % hatten Mitte, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. Bezogen auf die Bezirksgliederung vor der Gebietsreform ist für Wedding mit 32,3 % erstmalig ein höherer Ausländeranteil als für Kreuzberg mit 32,1 % festzustellen. Im Vorjahr lag Kreuzberg - jahrzehntelang der Bezirk mit der höchsten Ausländerquote - mit 32,3 % noch vor Wedding (32,2 %). Damit hat sich die seit 1999 festzustellende Tendenz eines abnehmenden Ausländeranteils in Kreuzberg bei Zunahme der Ausländerquote in Wedding fortgesetzt. Neben Kreuzberg und Wedding hat Tiergarten mit 28,9 % den höchsten Ausländeranteil, gefolgt von Schöneberg (22,2 %), Neukölln (21,8 %) und Charlottenburg (19,9 %).
Nach mehreren Tagen beendete die israelische Armee ihre Militäraktion im nördlichen Gazastreifen, mit der sie einen palästinensischen Selbstmordanschlag beantwortete. Die Israelis ließen 12 Tote und 110 Verletzte zurück, 22 Wohngebäude, 10 Geschäfte und 5 Fabriken wurden zerstört sowie die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen. Palästinensische Untergrundkämpfer antworteten mit Mörserangriffen auf zionistische Siedlungen. Bei weiteren Gefechten, Razzien und gezielten Tötungen kamen im Westjordanland mindestens 12 Palästinenser ums Leben. Eine Zahl: Nach einem Bericht von Spiegel-Online wurde Israels aus umgebauten HDW-U-Booten (Delphin-Klasse) bestehende, erstschlagfähige Atomflotte zu 85 % vom bundesdeutschen Steuerzahler finanziert.
Schon 12 % der Mädchen und 19 % der Jungen im Alter von 11 Jahren haben Erfahrungen mit Alkohol. Das Durchschnittsalter für den ersten Alkoholrausch ist auf 13,8 Jahre gesunken. „Das Rauschtrinken nimmt zu", warnte Frank Meiners von der DAK Hamburg. Als erste Krankenkasse in der BRD hat die DAK eine bundesweite Kampagne gestartet, um insbesondere die jungen Jugendlichen über Gefahren des Alkoholkonsums aufzuklären. Mit Broschüren und Plakaten der „Aktion Glasklar" will die Kasse Stimmung gegen den Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen machen. Denn je früher sie mit dem Alkoholtrinken beginnen, desto höher fällt das Risiko aus, später eine Abhängigkeit zu entwickeln. Untersuchungen zufolge versuchen immer mehr Jugendliche, mit Hilfe des Alkohols dem trostlosen Alltag im freiheitlichsten und gerechtesten Staat, der jemals auf deutschem Boden bestand, zu entkommen: Im Alter von 12 Jahren hat bereits die Hälfte der Jungen und Mädchen Erfahrungen mit Alkohol.
Die
maoistische Gruppe Neue Einheit, ein Spaltungsprodukt der unvergessenen
70er-Jahre-KPD/ML, befasste sich mit Hartz IV, der NPD und dem Wahlkampf
in Sachsen: „Jetzt kommt es darauf an, sich von dieser Partei
und den Kräften im Hintergrund nicht bluffen zu lassen und zunächst
einmal die Hohlheit ihrer sozialen Versprechungen aufzuzeigen. (...) Aufgegriffen
werden Arbeitslosigkeit, Lohndrückerei, der asoziale Umbau des Gesundheitswesens,
die miese demografische Entwicklung, alle die Dinge, die großen
Teilen der werktätigen Bevölkerung und gerade auch Beziehern
von Sozialleistungen schwere Sorgen machen. Die ausländerfeindlichen
Parolen werden dagegen weniger in den Vordergrund gestellt. Wenn jemand
glauben sollte, durch eine NPD-Fraktion im sächsischen Landtag passiere
etwas gegen die soziale Entrechtung, dann hat er sich getäuscht.
Sie versuchen, mit dem Ansprechen von sozialen Problemen und den billigsten
Lösungsversprechen ins Parlament zu kommen, und sollte ihnen das
gelingen, dann werden sie diese verbesserte Position zu ganz anderen Dingen
ausnutzen. Dann wird das Neonazitum lauthals mit seiner angeblichen Legitimierung
prahlen und wieder deutlicher fühlen lassen, wozu es da ist: als
Provokateure und Mörderbanden auf der Straße wie im politischen
Bereich, im Dienst der schlimmsten Absichten, die in Kreisen des Kapitals
gehegt werden. Wie unterwürfig die NPD die Prinzipien des Kapitalismus
zu unterschreiben bereit ist, kommt gerade da auch heraus, wo sie sich
mit dem Kapital überhaupt anzulegen scheint, um bei dieser Wahl zu
punkten: “Was wir brauchen, ist die Rückkehr zu einer nationalen
Volkswirtschaft, in der Kapital und Wirtschaft zum Dienst am Gemeinwohl
verpflichtet werden...” Was heißt hier Rückkehr? Wo soll
es denn schon einmal so gewesen sein? Diese Töne entsprechen Wort
für Wort dem täuschenden Sozialstaatsevangelium von der angeblichen
staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle des Kapitalismus, das beim
Hochziehen der Bundesrepublik ab 1949 heruntergebetet wurde. Übrigens
hatte das auch immer schon einen tendenziell nationalistisch-hochnäsigen
Unterton. Auch 1989 wurde diese frohe Botschaft der DDR-Bevölkerung
vorgegaukelt, während das Kapital insgeheim schon sagte: haben wir
die erst einmal im Sack, dann dauert es nicht mehr lange, bis wir Tacheles
reden können. Und es hat nicht mehr lange gedauert. Inzwischen sprechen
die internationale Konkurrenz und die riesige Staatsverschuldung eine
offene Sprache. Kann man einer Partei, die die abgestandensten Sprüche
eines bankrotten Systems als Ausweg nachdruckt, auch nur so etwas wie
eine Wahlstimme geben?
An dieser Stelle ist es notwendig, kurz darauf einzugehen, warum diese
Ideologie des sog. Sozialstaats sich relativ lange hat halten können,
und wieso er heute aufgekündigt ist. Die Bundesrepublik musste in
ihrer schwierigen Lage der Jahrzehnte seit 1949 angesichts der damaligen
internationalen Systemkonkurrenz soziale Leistungen gewähren, sonst
hätten ihr die Werktätigen den Gehorsam aufgekündigt. Sie
konnte sie auch bezahlen, aber nur deswegen, weil sie als Teil des westlichen
Systems aus der neokolonialen Ausbeutung großer Teile der Welt genügend
Extraprofite sog. Das war auch der Hauptgrund für die Oberherrschaft
der USA über die Bundesrepublik und ganz Westeuropa. Die imperialistischen
Extraprofite wurden sozial umso wichtiger, als die Produktionsverlagerungen
und die Massenarbeitslosigkeit die innere ökonomische Basis zunehmend
verringerten. Heute hat sich der Kapitalismus, und nicht zuletzt der deutsche,
rund um den Globus Ausbeutungsmöglichkeiten wie noch nie geschaffen,
eine Systemkonkurrenz gibt es zunächst einmal nicht mehr, und heute
kommt er der Bevölkerung daher ganz anders: ’in China usf.
zahlen wir als Tageslohn zwei Euro, Sozialversicherung gibt es dort überhaupt
nicht, wollt ihr unser deutsches Kapital ruinieren, indem ihr auf Tarifverträgen
und dem Sozialstaat besteht?’ So sieht „Gemeinwohl“
heute aus, so sieht die „nationale Volkswirtschaft“ aus. Und
dieses Kapital soll durch neue „Volksvertreter“ in den Parlamenten
zu irgendetwas gezwungen werden können?
Dieser Kapitalismus kann durch den internationalen Zusammenschluss der
Werktätigen gegen das Kapital, durch den Kampf gegen den Kapitalismus
überhaupt bekämpft werden. Nur so kann wirklich Druck aufgebaut
werden. Dies zu entwickeln ist derzeit nur schrittweise und über
längere Zeiträume möglich, und dabei sind sicher auch Bestrebungen
im Kapitalismus selbst nützlich, die ein wirkliches Interesse an
der Eindämmung der zerstörerischen Produktionsverlagerungen
und des technisch-wissenschaftlichen Verfalls haben und in diesem Sinne
politisch etwas bewirken können. Aber die deutsch-nationalistischen
Sozialstaatsphrasen der NPD sind einfach ein Nichts. Sollte das Kapital
aus taktischen Überlegungen heraus einen Schwenk zur Wiederbelebung
sozialstaatlicher Versprechungen machen, dann würde es sich noch
stärker auf internationale Ausbeutung stützen, und Werktätige
hierzulande, die sich damit die internationale Solidarität abkaufen
ließen oder gar mit der NPD auf nationale Überheblichkeit machen
würden, wären dem Kapital umso mehr ausgeliefert. Wir kommen
jetzt zu dem, wo die wirklichen Absichten und die Rolle der NPD etwas
deutlicher werden, das ist die Hetze gegen die europäische Einigung
und die Forderung des EU-Austritts. (...)
Hier werden bestimmte Aspekte der Undemokratie der EU angesprochen, allerdings
seitens einer Partei, die in Wirklichkeit mit Demokratie noch viel weniger
am Hut hat als die EU-Bürokraten. Diese Undemokratie führt natürlich
zu Anti-Europa-Stimmungen und gefährdet die europäische Einigung,
die im Interesse der europäischen Völker ist, von innen heraus.
Statt aber die europäischen Völker erneut gegeneinander zu hetzen,
wie das bei einer Politik wie der der NPD unvermeidlich das Resultat wäre,
müssen diese Fragen in den Kampf gegen den Kapitalismus einbezogen
werden, denn es war niemand anders als gerade das deutsche Kapital, das
mit am intensivsten die Bildung dieser EU, so wie sie ist, in allen ihren
Stufen betrieben hat, und dieses Kapital verantwortet zusammen mit den
übrigen europäischen Kapitalmächten die bürokratischen
und antidemokratischen Monstrositäten der EU und die Lohndrückerei
in allen ihren Erscheinungsformen.“
Lagefeststellung - Beurteilung der Situation - Möglichkeiten des Handelns - Entschluss - Umsetzung - Kontrolle