Wochenschau
|
Die politische Wochenschau
vom 15. bis 21. Mai 2004
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
|
|
|
Zitat der Woche: |
"Ächtung
von Antisemitismus und Rassismus« kann kein Minimalprogramm
der Linken sein, wenn man unter Minimalprogramm das Existenzminimum
versteht. Existenzminimum der Linken muss der Kampf gegen Ausbeutung
und Armut sein. Anderenfalls müsste das Kapital nur auf Antisemitismus
und Rassismus verzichten, und schon hätte die Linke ihre Existenzberechtigung
verloren. So führt sie sich übrigens derzeit auf." |
-
Wolfgang Pohrt |
Das Bundesministerium des Inneren legte den Verfassungsschutzbericht 2003 vor, auf welchen wir hier näher eingehen wollen. Die Zahl der „Rechtextremisten“ ist gegenüber dem Vorjahr um 8 % auf 41.500 zurückgegangen, was wohl zuvorderst dem Mitgliederschwund von REP bis NPD zuzurechnen ist. Die Nationaldemokraten vermochten den günstigen Ausgang des Verbotsverfahrens nicht auszunutzen und stecken infolge von anhaltendem Mitgliederschwund (um rund ein Sechstel, JN-Verluste bei um die 20 %) und politischer Erfolglosigkeit in einer schweren Krise, vor allem haben sie die Lufthoheit auf der radikalen Rechten eindeutig verloren. Auf der Haben-Seite steht, dass es der „Deutschen Stimme“ gelungen ist, eine gewisse theoriebildende Funktion zu erfüllen. Zerfallsprozesse zeigen sich auch bei Republikanern und DVU. Deutlich rückläufig ist erfreulicherweise die Zahl von Angehörigen der Skinhead-Sub“kultur“ (und verwandter Szenen), während die Zahl der so genannten „Neonazis“ um 15 % zulegte - offensichtlich erfolgen noch nicht abgeschlossene personelle wie soziale und kulturelle Veränderungen im Bereich des „Nationalen Widerstandes“. Festzuhalten ist allerdings, dass die unselige Tendenz zur Herausbildung von Mischszenen mit Skinheads andauert. Die organisatorische Festigung im Bereich der Freien Kameradschaften nahm ihren Fortgang, auch wenn ein nicht unerheblicher Teil derselben weiterhin als organisatorischer Totalausfall zu betrachten ist. „Die aktionistische Strategie der Neonazis, möglichst viele Demonstrationen zu organisieren, war nur bedingt erfolgreich: zwar führte sie zu einer gewissen Präsenz in der Öffentlichkeit, aber auch zu Demonstrationsmüdigkeit und internem Streit. (…) Gegenüber dem Vorjahr sind sowohl die Gesamtzahl der politisch rechts motivierten Delikte als auch die Zahl der politisch rechts motivierten Gewalttaten jeweils um 10 % zurückgegangen. Von den für das Jahr 2003 vom Bundeskriminalamt erfassten politisch motivierten Straftaten (20.477; 2002: 21.690) wurden 11.576 Straftaten (2002: 12.933), darunter 845 (2002: 940) Gewalttaten, dem Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" zugeordnet. 10.792 (2002: 10.902) der politisch rechts motivierten Straftaten wurden als extremistisch eingestuft, darunter 759 Gewalttaten (2002: 772). Das bedeutet einen Rückgang rechtsextremistischer Straftaten um 1 % und rechtsextremistischer Gewalttaten um ca. 2 %. Bei 86,1 % (2002: 86,4 %) aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten handelte es sich entweder um Propagandadelikte (7.551 Taten, 2002: 7.294) oder um Fälle von Volksverhetzung (1.744 Taten, 2002: 2.122). Mit 430 Taten (2002: 440) richtete sich die Mehrzahl der politisch rechts motivierten Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund gegen Fremde. Dies ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 2 %.“ Hochburgen rechter Gewalttaten waren neben den neuen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Auf der Linken ist eine geringfügige Zunahme erkannter Linksextremisten zu verzeichnen, welche vor allem auf die langsam steigende Attraktivität der MLPD und diverser trotzkistischer Gruppierungen (Linksruck, SAV) zurückzuführen ist. Die Anzahl der Autonomen ist leicht auf 5400 Personen zurückgegangen, während marxistisch orientierte Organisationen sich auf 26.300 Mitglieder verbesserten (zuzüglich der 1500 Personen zählenden Kommunistischen Plattform der PDS). Der DKP gelang die Stabilisierung ihrer Mitgliederzahl, womit sie jetzt ungefähr ebenso kopfstark ist wie die NPD. Allerdings konnten die ideologischen Spannungen zwischen den west- und ostdeutschen Bezirksverbänden nicht überbrückt werden, auch die Programmdebatte kommt nicht voran. Eine von der vorwiegend im Osten aktiven KPD angebotene Zusammenarbeit wurde vom DKP-Parteivorstand aus ideologischen Gründen abgelehnt. Über den weiter anhaltenden Schrumpfungsprozess der PDS hinaus ist die desolate Lage des parteinahen Jugendverbandes solid festzuhalten, der beinahe ein Viertel seiner Mitglieder einbüßte. „Von den dem Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" zugeordneten Straftaten 3.614 (2002: 3.639) wurden 1.459 (2002: 1.137) Taten mit extremistischer Motivation erfasst. Darunter befinden sich 483 Gewalttaten. Deren Zahl ist damit gegenüber dem Vorjahr wieder gestiegen, nachdem sie 2002 (385) einen Tiefststand erreicht hatte (2001: 750). Auch die Zahl der anderen Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund ist mit 976 wieder angestiegen (2002: 752). Die Hauptzielrichtung der linksextremistischen Gewalt liegt unverändert im Themenbereich "Links gegen Rechts". Mit diesem Hintergrund wurden 226 Gewalttaten verübt (2002: 202)….“ Für den Großteil der politisch motivierten Gewalt zeichnen so genannte Autonome verantwortlich, und die meisten dieser Gewalttaten fielen bei Protesten gegen „Rechts“ bzw. bei Krawallen am Rande von friedlichen Demonstrationen an. In Teilen der autonomen Szene zeigen sich konspirative Ansätze in der Grauzone zum Terrorismus, allerdings richteten derartige Aktivitäten sich vor allem gegen Sachwerte und nicht gegen Personen. Als Hochburgen der Autonomen können Berlin und Niedersachsen angesehen werden.
Die römische Staatsanwaltschaft macht 17 mutmaßliche linksextremistische Terroristen für den Mord an dem italienischen Arbeitsrechtsexperten Massimo D´Antona verantwortlich, der am 20. Mai 1999 vor seiner Wohnung in Rom erschossen worden war. Sieben der 17 Linksextremisten, darunter die bekannte Terroristin Nadia Desdemona Lioce, werden Mord und Beteiligung an einer bewaffneten Organisation vorgeworfen. Die anderen Verdächtigen werden wegen ihrer angeblichen Angehörigkeit an einer neu gegründeten Zelle der linksextremistischen Terrorgruppe "Rote Brigaden" verantwortlich gemacht. Ein römisches Gericht muss in den kommenden Wochen über die Eröffnung eines Prozesses gegen die mutmaßlichen Terroristen entscheiden. D´Antona, Berater des gemäßigten Gewerkschaftsverbands CISL, war wegen seiner Bemühungen um die Reform des Arbeitsmarkts in die Schusslinie der Terroristen geraten. Drei Jahre später, im März 2002, erschossen die "Neuen Roten Brigaden" auch den Arbeitsrechtsexperten Marco Biagi, der sich an einem tief greifenden Reformprojekt zur Flexibilisierung des italienischen Arbeitsmarkts beteiligt hatte. In Florenz hat bereits am 3. Mai der Prozess gegen Lioce begonnen, die sowohl für D´Antonas, als auch für Biagis Mord verantwortlich gemacht wird. Die 44-jährige Lioce ist Eigenangaben zufolge Mitglied einer neu gegründeten Zelle der linksextremistischen Terrorgruppe "Rote Brigaden", die zwischen den 70-er und 80-er Jahren in Italien über 300 Personen ermordeten. Lioce war Anfang März 2003 festgenommen worden, nachdem sie mit ihrem Komplizen Mario Galesi in eine Schießerei im Regionalzug Rom-Florenz verwickelt worden war. Dabei waren ein Polizist und Galesi ums Leben gekommen. Im vergangenen Oktober hatte die italienische Polizei neun hochrangige Aktivisten der Neuen Roten Brigaden festgenommen.
Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan könnte nach den Worten von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) stärker als bisher geplant ausgeweitet werden. Neben dem Hauptkontingent in Kabul und dem regionalen Wiederaufbauteam (PRT) im nordafghanischen Kunduz sind offenbar weitere PRTs vorgesehen. Bislang wurde nur von einem zweiten bundesdeutschen Wiederaufbauteam in der nordostafghanischen Stadt Faisabad ausgegangen. Verhandlungen über eine niederländische Beteiligung laufen noch. Struck stellte nun klar, dass die Bundeswehr auch ohne Partner ihr zweites Wiederaufbauteam in der Region Kunduz einrichten werde, das die vier nordöstlichen Provinzen Kunduz, Takhar, Badakhshan und Baghlan umfassen soll. Nach Faisabad steht die Etablierung eines PRT in der südlich der Provinzhauptstadt Baghlan gelegenen Stadt Pol-e-Khomri auf der Agenda 2010.
Medienberichten zufolge soll das Ministerium für Staatssicherheit unter dem Kennwort Operation Birke paramilitärische Lehrgänge für Aktivisten der DKP abgehalten haben. Die „Gruppe Ralf Förster“ soll insgesamt 200 DKP-Kader paramilitärisch ausgebildet haben; der erste Lehrgang lief im Herbst 1974. Die Teilnehmer reisten auf konspirativem Wege in die DDR ein. Hinter dem Namen Ralf Förster verbarg sich Harry Schmitt, ein direkt der SED-Parteiführung unterstellter Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit. Zu den Ausbildungszielen gehörten lautlose Liquidierung von Gegnern, Umgang mit Brand- und Sprengmitteln und die Bildung von Kleinkampfgruppen in urbanen Ballungsräumen. Im Kriegsfall hätten die Stadtguerrilleros Gefangene befreit, Sabotageakte und Attentate verübt und gezielte Anschläge auf das Verkehrs- und Fernmeldenetz durchgeführt. Teilweise sollen auch Operationen der RAF als Anschauungsmaterial gedient haben. Das hauptsächliche Trainingsgelände befand sich am Springsee in Brandenburg, teilweise wurden auch Lehrgänge in Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei abgehalten. Rekonstruierte Unterlagen lassen zudem darauf schließen, dass die DKP einen streng geheimen Militärrat unterhielt, dessen Tagungen in Ostberlin stattfanden. Trotz des veranstalteten Rummels handelt es sich hier allerdings um alte Kamellen. MI 6 und der Verfassungsschutz waren zumindest laut Kenntnisstand des MfS anscheinend von Anfang an im Bilde. In der Öffentlichkeit wurde die Operation Birke bereits 1989 bekannt, da der VS mit Willi Hermann einen Angehörigen des Militärapparates der DKP umgedreht hatte und diesen den Medien präsentierte. Mit strafrechtlichen Konsequenzen haben die Teilnehmer des Programms nicht zu rechnen, denn nachrichtendienstliche Tätigkeit für die DDR ist mittlerweile verjährt.
Nachdem bereits in den vergangenen 14 Tagen bei Attentaten und Militäraktionen 11 Palästinenser und 5 Israelis ums Leben kamen, eskalierte die Lage in Nahost erneut. Brennpunkt war wie zuvor der Gazastreifen, wo die israelischen Streitkräfte vor der anstehenden etappenweisen Räumung die Infrastruktur des Widerstandes zerschlagen wollen, um eine Lage wie im unter Hizbollah-Kontrolle geratenen Südlibanon zu verhindern. Als bei einem Vorstoß ins Flüchtlingslager Rafah an der ägyptischen Grenze 6 israelische Soldaten getötet wurden, bestand die Antwort in Luftangriffen. Es folgten anhaltende Gefechte in Gaza-Stadt und Rafah. Ziel der Israelis ist es offenbar, entlang der ägyptischen Grenze ein Sperrgebiet zu schaffen - unter Abriss aller dortigen Gebäude. Betroffen ist vor allem Rafah, wo Tausende vor der Soldateska flüchteten. Die Härte des israelischen Vorgehens wird dadurch unterstrichen, dass eine Protestkundgebung von Panzern und Hubschraubern aus unter Feuer genommen wurde. Insgesamt fielen den Kampfhandlungen dieses Monats bislang 18 Israelis (darunter 13 Soldaten) und rund 90 Palästinenser zum Opfer. Bereits vor der Offensive hatten die Besatzer mehr als 3000 Häuser von Palästinensern und „arabischen Israelis“ zerstört, wie aus einem Bericht von amnesty international hervorgeht. Die Häusersprengungen und Gewaltexzesse im Rahmen der „Operation Regenbogen“ riefen internationale Proteste hervor, selbst die BRD verurteilte das israelische Vorgehen. Die US-Regierung forderte ihre Staatsbürger auf, den Gazastreifen umgehend zu verlassen. In einer von der Arabischen Liga beantragten Sondersitzung verurteilte der UN-Sicherheitsrat die israelischen Maßnahmen - bemerkenswerterweise verzichteten die USA darauf, ihr Veto einzulegen. Die Offensive ging dennoch weiter, da man sich in Tel Aviv noch nie sonderlich für internationales Recht und die Vereinten Nationen interessierte.
Zur Billigung des Abkommens zwischen der EU und den USA über
die Weitergabe personenbezogener Daten von Flugpassagieren durch die EU-Kommission
erklärte die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann: „Letzte
Woche noch pure Spekulation - doch nun ist es amtlich: Die Europäische
Kommission hat ein höchst umstrittenes Abkommen zwischen der EU und den
USA gebilligt, mit dem europäische Fluglinien gezwungen werden, persönliche
Daten von Reisenden in die USA an die amerikanischen Behörden weiterzugeben.
Mit diesem Schritt wischt die Kommission selbstherrlich die schwerwiegenden
Bedenken des Europaparlaments einfach vom Tisch. Das Parlament hatte das Abkommen
mehrfach zurückgewiesen und zudem beschlossen, vor einer Entscheidung über
ein solches Abkommen erst den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Über
dies und die massiven Einwände von Datenschützern in ganz Europa hat
sich die Kommission nun hinweggesetzt.
Was die Kommission unter Missachtung des EU-Parlaments und ohne klare Rechtsgrundlage
beschlossen hat, erinnert an düsterste Visionen über den total überwachten
"gläsernen Bürger": Ab Ende Mai sollen persönliche
Daten - insgesamt 34 - von sämtlichen Flugpassagieren, die aus der EU in
die USA fliegen, an die amerikanischen Sicherheitsbehörden weitergegeben
werden. Diese reichen von Namen, Geburtsort und -datum, Privatadresse, über
Informationen zu Reiseversicherungen, Bonus-Meilen, der Nummer des Sitzplatzes
und der Anzahl der Gepäckstücke bis hin zu persönlichen Kreditkartennummern,
Daten des Arbeitgebers, Essgewohnheiten sowie privaten und beruflichen Telefonnummern
und E-Mail-Adressen.
Die Zusicherungen der Regierung Bush, einen "angemessenen Schutz"
der Daten zu gewährleisten, sind vor dem Hintergrund der fortgesetzten
Lügen der US-Administration im Irak-Krieg in keiner Weise glaubwürdig.“
Mit beinahe kalendarischer Regelmäßigkeit kommt es
in Nordirland anlässlich der Marching Season, der Zeit protestantischer
Aufmärsche zur Erinnerung an die Niederlage der Katholiken Ende des 17.
Jahrhunderts, zu Gewaltausbrüchen. Nachdem die Lage im vergangenen Jahr
zumeist ruhig blieb, eröffneten nun die protestantischen Untergrundorganisationen
Loyalist Volunteer Force und Ulster Volunteer Force eine neue Runde in ihrer
seit der Abspaltung der LVF 1996 andauernden Fehde. Nach diversen Zusammenstößen
bedachten LVF-Kommandos die Wohnungen einiger ihrer UVF-Rivalen mit scharfen
Schüssen und einer Rohrbombe. Die eindeutig stärkere UVF schlug umgehend
zurück und erschoss den verantwortlichen LVF-Unterführer Brian Stewart
auf offener Straße. Obwohl zunächst Morddrohungen gegen Paramilitärs
und Politiker der UVF-nahen Progressive Unionist Party kursierten, ruderte das
Oberkommando der LVF alsbald zurück und erklärte die Fehde in East
Belfast zur Privatangelegenheit nicht organisierter Loyalisten. Da Vertreter
beider Seiten für Zurückhaltung plädierten, dürfte die große
Abrechnung im loyalistischen Machtkampf erst 2005 anstehen, wenn der berüchtigte
UDA-Renegat Johnny „Mad Dog“ Adair, ein Verbündeter der LVF,
aus dem Gefängnis entlassen wird. Seit dem Jahr 2000 gab es bei loyalistischen
Fehden alleine in Belfast über ein Dutzend Tote. In Ballymena scheiterte
ein loyalistischer Bombenanschlag auf einen Aktivisten Sinn Féins, auch
in Derry klären Loyalisten offenbar potenzielle republikanische Ziele auf.
Hier und in Strabane meldete sich die Real IRA mit einer Serie von Drohungen
und Bestrafungsaktionen gegen Kriminelle und Asoziale zurück.
Die USA wollen nach Angaben der südkoreanischen Regierung einen Teil ihrer 37.000 dort stationierten Soldaten in den Irak verlegen (2. Infanteriedivision). Die US-Regierung begründete diese Absicht mit der kritischen Lage im Zweistromland. Die Verlegung von bis zu 4000 Soldaten soll im Spätsommer anlaufen. Südkorea befürchtet seit längerem eine Verminderung der amerikanischen Truppenstärke im Land. Zusammen mit der 650.000 Mann zählenden südkoreanischen Armee sichern die US-Truppen die Grenze auf der geteilten Halbinsel. Das kommunistische Nordkorea hat 1,1 Millionen Soldaten unter Waffen und unterhält damit die fünftgrößte Militärstreitmacht der Erde. Presseberichten zufolge haben die Nordkoreaner soeben die Fertigstellung von Abschusseinrichtungen für atomar bestückte Raketen mit bis zu 4000 Kilometer Reichweite beendet. Ausgerechnet Nordkorea kritisierte die Misshandlungen irakischer Gefangener und bezeichnete die USA als ein Reich des Bösen. Das staatliche Komitee für die Friedliche Wiedervereinigung des Vaterlands erklärte nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA, US-Soldaten hätten ohne Zögern schreckliche Gräueltaten verübt. Ähnliches sei zuvor in anderen Ländern geschehen. So hätten US-Truppen während des Koreakriegs unschuldige Zivilisten getötet.
Einem Bericht der angesehenen Zeitung „The New Yorker“ zufolge soll US-Verteidigungsminister Rumsfeld höchstpersönlich trotz aller Dementis die Folterungen im Irak angeordnet haben. Demnach bedienten sich die Amerikaner einer Methode, die bereits in Afghanistan zur Anwendung kam. Dort wurde die Folter in Bezug auf mutmaßliche Al-Qaida-Anhänger gebilligt und von speziellen Soldaten in geheimen CIA-Einrichtungen angewendet. Schon im vergangenen Jahr soll Rumsfeld beschlossen haben, diese Arbeitsweise auf den Irak auszudehnen. Die von militärgerichtlichen Verfahren bedrohten Täter beteuern in der Tat mit Vehemenz, dass sie auf Befehl handelten. Auffällig ist nur, dass es sich hier um ein gemeinsames Vorgehen von Verhörspezialisten und mangelhaft ausgebildeten Militärpolizei-Reservisten handelt. Der Verfasser gestattet sich die Anmerkung, dass - auf höheren Befehl! - in Abu Ghraib offenbar Szenen aus dem Pasolini-Film „Die 120 Tage von Sodom“ nachgestellt wurden. Das ganze Ausmaß der Affäre ist noch unklar, allerdings sollte man sich vor Augen führen, dass alleine in Bagdad wöchentlich 5 Leichen mit dubiosen Totenscheinen der US-Streitkräfte anfallen. Das Weiße Haus äußerte sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen. Vermutlich bemühen sich die Verantwortlichen gegenwärtig, eine Sprachregelung zu finden, die Rumsfeld so weit wie möglich schützt. Dem „New Yorker“ zu Folge sollen Präsident George Bush und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in die Vorhaben eingeweiht gewesen sein. Sie müssen die Folterungen also im Vorfeld zumindest gebilligt haben. Im UN-"Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe" vom 10.12.1984 heißt es in Artikel 2, Abs. 2: „Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden."
Im Irak nähert sich die Allianz zwischen den Amerikanern in Ahmed Chalabi, dem Vorsitzenden des Irakischen Nationalkongresses INC und Regierungsratsmitglied, ihrem Ende. Das ehemalige Hätschelkind der Amerikaner wurde bekanntlich bereits in Jordanien in absentia wegen der Veruntreuung von 20 Millionen Dollar zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Offenbar setzte er seine kriminellen Aktivitäten nach der Rückkehr in den besetzten Irak fort. Chalabi soll an Betrugsmanövern im Zusammenhang mit Wiederaufbauverträgen beteiligt gewesen sein, zudem veruntreute er irakisches Staatsvermögen und übte sich in Währungsbetrug. Die von den Amerikanern aufgestellten und eingeflogenen INC-Milizen erwiesen sich zudem sehr schnell als Brutstätte von Bandenkriminalität und Vetternwirtschaft. Nunmehr nahmen Amerikaner und irakische Kollaborateur-Polizei im Hause ihres ehemaligen Kronprinzen eine Razzia vor, um an Beweismaterial zu gelangen. Zu allem Überfluss stellte sich im Nachhinein heraus, dass Chalabi den mit den USA nicht gerade auf bestem Fuße stehenden Iran mit nachrichtendienstlichen Informationen belieferte. Bereits in der vorigen Woche sperrten die Amerikaner dem INC sämtliche Unterstützungsgelder. Während im Südirak die Kämpfe zwischen den Besatzern und schiitischen Milizionären andauern, gelang dem Widerstand ein spektakulärer Schlag: In Bagdad kamen bei einem Selbstmordanschlag auf seinen Fahrzeugkonvoi Abdel Sahra Othman alias Issedin Salim, der Präsident des irakischen Regierungsrates, und 7 seiner Begleiter ums Leben. In Makredib an der syrischen Grenze griffen US-Hubschrauber eine irakische Hochzeitsgesellschaft an und massakrierten mindestens 40 Menschen.
Die im Dezember 2003 gegründete Föderation der Arbeiterräte und Gewerkschaften (FWCUI) und die Arbeitslosengewerkschaft (UUI) wandten sich mit einer offiziellen Beschwerde an die Internationale Arbeitsorganisation ILO bzw. an deren Komitee für Organisationsfreiheit. Stein des Anstoßes ist das Dekret Nr. 16 des irakischen Regierungsrates, durch welches die handzahme Iraqi Federation of Trade Unions IFTU als Monopolgewerkschaft anerkannt wurde. Die ILO-Konventionen 87 und 98 definieren die Vereinigungsfreiheit und schreiben fest, dass öffentliche Behörden keinesfalls Vorentscheidungen in der Frage der freien Organisationswahl treffen dürfen. Trotz ihrer 300.000 (Föderation) bzw. 150.000 Mitglieder (Erwerbslosengewerkschaft) sind die Gewerkschaftsoppositionellen aufgrund dieses Dekrets nicht in der Lage, Arbeitnehmerinteressen zu vertreten. In Schlüsselbetrieben wie dem Bagdader Hauptbahnhof oder der Raffinerie von Basra wird bereits Druck auf die Arbeitnehmervertreter ausgeübt, der IFTU beizutreten. Vor allem die UUI ist mehrfach Opfer amerikanischer Repressionsmaßnahmen bis hin zu Massenverhaftungen geworden.
In der Zeitschrift „Bruchlinien“ äußerte
sich Werner Pirker zur auch von der PDS unterstützten „Eurolinken“:
„Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst einer Europäischen
Linkspartei. Das braucht die reaktionären Mächte allerdings nicht
weiter zu beunruhigen. Denn diese Partei (…) entsteht als ein Geschöpf
der Europäischen Union, eingebunden in deren bürokratisch-zentralistisches
Regelwerk, von ihren Subventionen abhängig - es winken verführerisch
8,2 Millionen Euro an Fördermitteln - und ihrem Wertekodex zwangsverpflichtet.
(…) Doch erfordert die Zulassung als europäische Partei ein ausdrückliches
Bekenntnis zur Europäischen Union und ihren Werten. Ein solches kommt vor
allem der deutschen PDS, neben der italienischen Rifondazione Hauptinitiatorin
des „europäischen Einigungsprozesses der Linken“, ohne Probleme
über die Lippen. (…) In Artikel 191 des bisherigen EU-Vertragswerks
werden Parteien auf europäischer Ebene als „wichtiger Faktor der
Integration“ bezeichnet, die zur „Formierung eines europäischen
Bewusstseins“ beizutragen haben. In ihrem Programm und in ihren Aktivitäten
haben sie den Prinzipien zu folgen, „auf denen die Europäische Union
gegründet ist“, wie sie in den Verträgen von Maastricht und
Nizza und in der Grundrechtscharta der EU zum Ausdruck gebracht werden. Zwingend
vorgeschrieben ist das Bekenntnis zur „liberalen Demokratie“. (…)
Die erklärte Absicht der Parteierfinder besteht darin, der europäischen
Einigung von oben eine Einigung von unten entgegenzusetzen und durch die Konzentration
der linken Kräfte im EU-Rahmen fortschrittliche Veränderungen der
europäischen Politikinhalte herbeizuführen. Doch selbst dieser systemkritische
Anspruch erhält…in den Äußerungen führender PDS-Politiker
umgehend seine eurokonformistische Umdeutung. Die ELP als Teil des Parteienpluralismus
auf EU-Ebene wird als eine treibende Kraft der europäischen Integration,
als die zivilgesellschaftliche Entsprechung des supranationalen Machtgebildes
rezipiert, wobei der Charakter dieser Integration als imperialistische Form
der Vergesellschaftung, als die vom Monopolkapital betriebene Internationalisierung
der Produktivkräfte nicht einmal in Ansätzen mehr reflektiert wird.
Eine solche Linke wird die EU nicht verändern - von überwinden ist
ohnedies nicht mehr die Rede. Das imperialistische System in Europa hat vielmehr
die Linke verändert und weitgehend überwunden. Lenin bezeichnete zu
seiner Zeit die Anpassung der Arbeiteraristokratien an die imperialistischen
Bourgeoisien ihrer Länder - auch damals im Namen zivilisatorischer Werte
- als „Sozialimperialismus“. Das gilt heute nicht minder. (…)
Die Solidarität mit Kuba könnte bereits einen Grenzfall bilden. Im
Falle einer Solidarisierung mit dem irakischen Widerstand, mit der kolumbianischen
FARC oder anderer auf der EU-Terrorliste stehenden Organisationen aber wären
die Grenzen demokratischer Zuverlässigkeit bereits deutlich überschritten.
Es kann freilich davon ausgegangen werden, dass die ELP sich in eine solche
Gefahrenzone ohnedies nie begeben würde. Äußerungen von PDS-Politikern
machen vielmehr deutlich, dass sich zumindest die deutsche Sektion der ELP mit
innerer Überzeugung in die europäische Wertegemeinschaft einzubringen
gedenkt. Wenn zum Beispiel die ehemalige Vorsitzende Gabi Zimmer die Menschenrechtssituation
auf Kuba beklagt und den Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez, mit
dem Hamburger Rechtspopulisten Schill vergleicht, dann hat sie in vorauseilendem
Gehorsam ihr Bekenntnis zu den Grundsätzen, auf denen die EU begründet
ist und aus denen sich auch Militärinterventionen zur „Verteidigung
der Menschenrechte“ ableiten lassen, bereits abgelegt. Eine positive Bezugnahme
auf antiimperialistische Befreiungsbewegungen lässt sich in den programmatischen
Aussagen der ELP-Gründer nicht finden. (…)
Die Projektbetreiber verheißen die Überwindung der historischen Spaltung
der Arbeiterbewegung und der Linken. Doch allein dieses Projekt spaltet mehr
als es eint. (…)
Die linke EU-Partei erwies sich schon in ihrer Entstehungsgeschichte als würdige
Entsprechung der Brüsseler elitären technokratischen Pseudodemokratie.
Von Beginn an darauf ausgerichtet, an ihrer kommunistischen Identität festhaltende
Parteien auszugrenzen und fundamentale Kritik an der EU abzublocken. Denn eine
EU-Partei kann keine Anti-EU-Partei sein. Die linke EU-Partei ist ein bürokratisches
Unterfangen ohne Basisbezug, das nicht auf der Verallgemeinerung von nationalen
und grenzüberschreitenden Klassenkampferfahrungen beruht, eine Partei ohne
praktischen Wert, die nur sich selbst und den Willen einer übergeordneten
Bürokratie zur Voraussetzung hat.“
Lagefeststellung Beurteilung der Situation Möglichkeiten des Handelns Entschluss Umsetzung Kontrolle