Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 1. bis 7. Mai 2004

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 
 

Zitat der Woche:
"Es wird noch darüber geredet werden müssen, wie es in Zukunft unter allen Umständen verhindert werden kann, dass einzelne Parteien und Verbände der nationalen Opposition - um dieses Wort auch einmal in solchem Zusammenhang zu gebrauchen - die anderen zwingen können, aus nationaler Verantwortlichkeit an einer Sache teilzunehmen, die sie innerlich nicht billigen oder gar für aussichtslos und schädlich halten...Deutlich und unverwischbar müssen die Grenzen abgesteckt sein, die uns von auch-nationalen Parteien auch heute noch vielleicht schärfer denn je trennen."
- Joseph Goebbels

Bereits vor einigen Tagen begann in der bolivianischen Provinz Tarija eine Revolte von 4000 Angehörigen des indigenen Volkes der Guaraní. Die Aufständischen besetzten die Förderfelder und Camps der Ölkonzerne Repsol, Maxus und Pluspetrol. Sie fordern die Wiederverstaatlichung der Erdgasvorkommen, deren Reichtum dem Land und nicht transnationalen Konzernen zugute kommen soll. Bei Nichterfüllung ihrer Forderungen drohen die Guaraní damit, die Erdgaspipelines nach Brasilien und Argentinien lahm zu legen, ein Einschreiten der Armee erscheint nicht ausgeschlossen. Ab dem 1. Mai setzten zudem Blockaden und Protestaktionen des Gewerkschaftsverbandes COB und der Landarbeitergewerkschaft CSUTCB ein. Alles läuft auf eine Kraftprobe mit Präsident Carlos Mesa hinaus, der im Oktober 2003 von der außerparlamentarischen Opposition ins Amt getragen wurde, sich aber seitdem als ein Mann der steinreichen Oligarchie erwies. Die Aktionen des 1. Mai leiteten einen ab dem 3. Mai laufenden unbefristeten Generalstreik ein. Ziele sind die Verstaatlichung aller Bodenschätze und das Ende der neoliberalen Wirtschaftspolitik. Im Bergbauzentrum Caracoles kam es zu einer Unternehmensbesetzung bei Bajadería, die Belegschaft verlangt die Sozialisierung des Betriebes und die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung. Generell ist die Geduld vor allem der Landarbeiter am Ende, denn die Regierung in La Paz hat sämtliche Gesprächsangebote ignoriert. Allerdings wird die Position aller oppositionellen Gruppen, parlamentarisch wie außerparlamentarisch, durch heftige interne Auseinandersetzungen über die richtige Taktik zum Sturz Mesas geschwächt.

 

Anlässlich der Maikundgebungen in Kolumbien kam es in der Landeshauptstadt Bogotá und in Cali zu Straßenschlachten zwischen Sondereinheiten der Polizei und demonstrierenden Arbeitern. Das Kapital revanchierte sich mit zwei Bombenanschlägen auf Büros der Bergbaugesellschaft Sintraminercol in Bogotá, die bekanntlich seit Monaten gegen die Privatisierungspläne der reaktionären Regierung Uribe kämpft. Kolumbianischen Pressemeldungen zufolge scheint eine Großoffensive der Armee gegen die marxistische Befreiungsbewegung FARC bevorzustehen. Seit über einem Jahr bereiten die Streitkräfte die militärische Besetzung von Guerrillahochburgen in 5 Süddistrikten vor. Seit 2003 haben Dutzende Treffen zwischen kolumbianischen Militärs und US-Vertretern stattgefunden, um die Offensive vorzubereiten. Während das Südkommando der US-Armee für die strategischen Planungen zuständig war, unterstützten hochrangige Funktionäre des US-Verteidigungsministeriums die gemeinsame Aktion auf politischer Ebene. Beispielsweise ist neben einer bereits laufenden Verstärkung der militärischen wie zivilen Beraterkontingente aus den USA mit einem ecuadorianischen Engagement zu rechnen. Der dortige Machthaber Gutierrez steht unter starkem innenpolitischem Druck und sucht daher Anlehnung bei den USA; die ecuadorianischen Streitkräfte verlegten bereits 7000 Soldaten an die Grenze zu Kolumbien. Bestätigung fanden die Presseberichte in Äußerungen von General James T. Hill, dem Oberbefehlshaber von Southcom persönlich. Kurzfristig ist unter dem Druck einer Militäroffensive eine massive Verschlechterung der Menschenrechtslage in Kolumbien zu befürchten. Nach Angaben von Amnesty International wurde über die Hälfte der dokumentierten Fälle von Folter in Kolumbien von AUC-Paramilitärs mit Unterstützung der Armee begangen, über 10 % gingen direkt auf das Konto der staatlichen Sicherheitskräfte.

 

Alle Jahre wieder kommt der 1. Mai, so auch dieses Jahr. Wie üblich ging der „Tag der Arbeit“ einher mit Demonstrationen und Krawallen, deren Zentrum selbstredend Berlin war. Bemerkenswert erscheint die beschleunigte Videoauswertung durch die Polizei. Liefen die Zugriffe bislang über Funkanweisungen aus der Videozentrale, so erfolgt die Auswertung der von zahlreichen Kamerateams gemachten Bilder nun dezentral in mobilen Schnittplätzen vor Ort. Frisch gedruckte Störerportraits an können so an Zivilbeamte, BFE und Zugführer ausgegeben werden. Allerdings dauert die Auswertung bis zu anderthalb Stunden. Zwar sind Täterkataloge nicht zulässig, aber ein Zugriff anhand von Steckbriefen im Rahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr. Diese für Berlin neue Methode wurde offenbar vom bayerischen USK übernommen. Jede Berliner Hundertschaft verfügt mittlerweile über einen 3-4 Beamte starken Dokumentationstrupp. Alles in allem kam es zu 348 freiheitsentziehenden Maßnahmen (242 letzte Jahr) und 620 sonstigen Freiheitsbeschränkungen wie Platzverweise etc. Insgesamt konnten 269 der Festgenommenen Straftaten nachgewiesen werden. Der Krawalltourismus kommt anscheinend aus der Mode, denn beispielsweise stammten von den 183 Festgenommenen 141 aus Berlin und der näheren Umgebung. Die Zahl der festgenommenen Jugendlichen ging gegenüber dem Vorjahr von 52 auf 24 zurück. Ebenfalls deutlich rückläufig ist die Beteiligung von Jugendbanden mit migrantischem Hintergrund, nur 7 ausländische Staatsangehörige befinden sich unter den Festgenommenen. Der Umstand, dass es sich bei 93 der 183 Betroffenen um gewöhnliche Kriminelle handelt, unterstreicht einmal mehr den lumpenproletarischen Charakter der so genannten Autonomen. Nur 20 Tatverdächtige waren dem Staatsschutz als politische Aktivisten bekannt, beim Rest handelte es sich um Pöbel und Mitläufer. Insgesamt wurden 95 Haftbefehle erlassen. Auf Seite der Staatsmacht wurden rund 250 Verletzte gezählt, darunter ein Schwerverletzter. Unter den 8400 eingesetzten Beamten befanden sich 1000 BGS-Paramilitärs und Hilfskontingente aus 11 Bundesländern in Stärke von 3500 Köpfen.

 

Syrien hat Israel damit gedroht, jeden Angriff auf Palästinenser im Land als Angriff auf sich selbst zu verstehen und entsprechend zu beantworten. Anschläge auf die Anführer Israel-feindlicher Palästinenser-Gruppen in Syrien wäre "eine Aggression und wird als eine Aggression behandelt", sagte der syrische Präsident Bashar al Assad dem arabischen Fernsehsender Al Jazeera. Israel hatte zuvor angekündigt, die Anführer von militanten Palästinenser-Gruppen zu töten, die für terroristische Anschläge auf Israelis verantwortlich seien. Zu den prominentesten Anführern zählt Hamas-Chef Khaled Mechaal, der in Syrien lebt. Neben der Hamas-Auslandsführung sitzt auch die Leitung der PFLP in Damaskus. Assad kritisierte auch das israelische Vorgehen gegen die Palästinenser. "Israel äußert sich frei, allerdings nutzt es dabei nicht die Meinungsfreiheit, sondern die Freiheit zu töten."

 

In Saudi-Arabien stürmte ein islamistisches Kommando die Niederlassung der schweizerischen Petrochemiefirma ABB Lummus in Janbu. Dabei wurden zwei Amerikaner, ein Brite und ein Australier erschossen. Ferner kamen bei dem Überfall zwei saudische Polizisten und die vier Angreifer ums Leben. 18 Polizeibeamte wurden bei dem Feuergefecht verletzt. Die US-Botschaft in Riad forderte alle amerikanischen Staatsbürger zur Ausreise auf und warnt nachdrücklich vor Reisen nach Saudi-Arabien. In dem Land leben derzeit 35.000 US-Amerikaner. Der Anschlag in dem wichtigen Umschlaghafen am Roten Meer war der erste auf die petrochemische Industrie des weltgrößten Erdölexporteurs und legt nahe, dass der islamistische Untergrund das Land destabilisieren und die Bürger westlicher Staaten vertreiben will.

 

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bleibt trotz eines leichten Rückgangs der Erwerbslosenzahl äußerst angespannt. Nur dank einer Änderung der Statistik ist im April die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 53.000 auf 4,443 Millionen zurückgegangen. Nach der alten Zählweise nahm die Arbeitslosenzahl dagegen um 18.900 auf den historischen April-Höchststand von rund 4,46 Millionen zu. Vor allem hat die Zahl der Arbeitslosmeldungen weiter zugenommen - und zwar um 30 000 oder 5 % auf 621.800. Die Arbeitslosenquote sank im April von 10,9 auf 10,7 %. Weiter ungebrochen ist das West-Ost-Gefälle am bundesdeutschen Arbeitsmarkt: In Ostdeutschland liegt die Quote mit 18,8 % bei 1,638 Millionen Arbeitslosen nach wie vor mehr als doppelt so hoch wie im Westen mit 8,5 % bei 2,804 Millionen. Aber auch wirtschaftliche Krisengebiete im Westen wie Bremerhaven melden eine Zunahme der Erwerbslosigkeit, in diesem Falle auf 14 % gegenüber 13,6 % vor einem Jahr. Auf der Suche nach einem neuen Job waren im Frühjahr vergangenen Jahres knapp 1,1 Millionen Erwerbstätige. Dies waren rund drei Prozent aller Erwerbstätigen. Der wichtigste Grund dafür war den Angaben zufolge das absehbare Ende der gegenwärtigen Tätigkeit.

 

Eine Studie des DGB beschäftigte sich mit dem Heer der Langzeitarbeitslosen. So ist die Zahl derjenigen Erwerbslosen, die bereits länger als 12 Monate ohne Job sind, im vergangenen Jahr dramatisch gestiegen und erreichte im Februar 2004 mit 1 523 133 einen historischen Höchststand. An den vermeintlich „faulen Arbeitslosen“, die es sich in der „sozialen Hängematte“ bequem machen, liegt diese Zunahme eindeutig nicht. Die Höhe der Arbeitslosenhilfe ist in den letzten Jahren nämlich kontinuierlich gesunken: Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag lag 2003 bei 493 Euro in Westdeutschland und 425 im Osten. Dazu kommen die seit Januar 2003 gültigen Anrechnungsmodalitäten bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe, die zur Ablehnung von knapp 320 000 Anträgen geführt haben. Im Vorjahr waren es nur 200 000. Durch die nochmalige Verschärfung dieser Regeln könnte im nächsten Jahr eine weitere halbe Million bisheriger Arbeitslosenhilfeempfänger jeglicher Bezüge verlustig gehen. Eine weitere Million Erwerbsloser muss durch die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe erneut mit einer Absenkung der monatlichen Bezüge rechnen. Auch mit einer anderen Legende räumte die Studie auf. Bei Langzeiterwerbslosen handelt es sich bei weitem nicht mehr in erster Linie um unqualifizierte Kräfte. Im Gegenteil: Zwei Drittel verfügen über eine abgeschlossene Ausbildung.

 

Die Ergebnisse der an Zehntklässlern durchgeführten Schulabgangsuntersuchung für Berlin-Mitte liegen vor. Danach sind 14 % der Mädchen und 20 % der Jungen fettleibig, rund doppelt so viele gelten als übergewichtig. Zudem ermittelte das Gesundheitsamt Mitte bei der Befragung, das etwa ein Viertel der Zehntklässler gelegentlich oder täglich raucht. Laut Studie stehen sowohl die Fettleibigkeit als auch das Rauchen in engem Zusammenhang mit der sozialen Herkunft. Je niedriger der soziale Status, desto ausgeprägter sind Drogengenuss und Übergewicht. Unterschiede gibt es auch beim Impfschutz. 42 % der Untersuchten, die unvollständig gegen Polio, Tetanus und Diphtherie geimpft sind, stammen aus sozial schwachen Familien. Große Impflücken bestehen vor allem in Tiergarten und Wedding bei Keuchhusten und Hepatitis B. Dabei ist nach Angaben des Robert-Koch-Institutes besonders die Altersgruppe der 15 bis 19-Jährigen gefährdet. Bei den Hepatitis-B-Neuerkrankungen (vor allem sexuell übertragbar) lag Berlin im Jahr 2002 mit 2,5 Erkrankten pro 100 000 Einwohner bundesweit an zweiter Stelle.

 

Nach Angaben des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen leiden immer mehr Versicherte an psychischen Erkrankungen. Ihr Anteil an den Krankheitstagen hat sich seit 1990 verdoppelt. Psychische Erkrankungen sind inzwischen die vierthäufigste Ursache für krankheitsbedingte Fehltage am Arbeitsplatz. Im Krankenhaus bildeten diese Erkrankungen mit 13,3 % der Behandlungstage sogar die zweitwichtigste Diagnosegruppe. Mit einem Anteil von 9,8 % sind Frauen weitaus häufiger betroffen als Männer, deren Anteil mit 5,4 % angegeben wurde. Das höchste Krankheitsrisiko für psychische Erkrankungen bei Frauen und Männern liegt demnach allerdings in der Arbeitslosigkeit: Mit 259 Krankheitstagen bei 4,7 Fällen je 100 Personen wiesen arbeitslose Frauen die meisten psychische bedingten Krankheitstage auf. Arbeitslose Männer verzeichneten dagegen 161 Krankheitstage bei 2,9 Fällen je 100 Personen.

 


SPIEGEL-Online interviewte den amerikanisch-israelischen Inhaber der Sendergruppe ProSiebenSat.1, Haim Saban. Der Multimilliardär kontrolliert mit ProSieben, Sat 1, N24 und Kabel 1 die Hälfte des bundesrepublikanischen Privatfernsehmarktes; in Arbeit ist offenbar die Übernahme des Musiksenders Viva. Über die Umstände der erfolgreichen Übernahme hieß es: „Mir war immer klar, dass die Medienindustrie eine sehr politisierte Branche ist. Das ist überall so, weltweit. Also habe ich zuallererst den ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak angerufen, er möge bei seinem Freund Gerhard Schröder mal vorfühlen, ob wir als Investoren willkommen wären. Auch mit Edmund Stoiber und seinen Ministern Huber und Wiesheu habe ich mich schon vor dem Deal getroffen, um sicherzustellen, dass sie unser Vorhaben unterstützen. Hätte man mir signalisiert, dass man versucht, das Unternehmen in deutschen Händen zu halten, hätte ich nicht mal ein Gebot abgegeben.“ Schröder soll die Übernahme aktiv ermuntert haben: „Er war sehr offen und hat sinngemäß gefragt: Sie wollen Geld ins Land bringen? Nur zu, willkommen. Das hat mir gefallen, so sollte es sein.“ Saban denkt derweil darüber nach, nach dem Vorbild des Springer-Konzerns sämtliche Mitarbeiter zu verpflichten, in ihrer Arbeit die „Lebensrechte des israelischen Volkes“ zu unterstützen.

 

Offenbar hat die Schreckensherrschaft der amerikanischen Soldateska im Irak derartige Ausmaße ausgenommen, dass selbst einzelne US-Medien berichteten. Der US-Fernsehsender strahlte Bilder von US-Soldaten aus, welche irakische Gefangene demütigen und misshandeln. Eine interne Untersuchung der Armee habe laut CBS "im ganzen System" Probleme bei der Behandlung von Gefangenen offenbart. Der stellvertretende Kommandeur der US-Truppen in Irak, Mark Kimmit, hatte zuvor in Bagdad bekannt gegeben, dass gegen 6 Soldaten, allesamt Militärpolizisten, wegen der Misshandlung von irakischen Gefangenen in der schon unter Saddam Husseins Herrschaft berüchtigten Haftanstalt von Abu Ghraib nahe Bagdad Anklage erhoben wurde. Die Angeklagten müssen sich wegen Verschwörung, Grausamkeit, Misshandlung, Körperverletzung, Vernachlässigung der Dienstpflichten und sexuellem Missbrauch verantworten. Insgesamt wurden bereits 17 Soldaten vom Dienst suspendiert, darunter die für den Gefängniskomplex verantwortliche Brigadegeneralin Janis Karpinski. Karpinski wurde bereits klammheimlich im Januar abgelöst - ihr Nachfolger leitete das KZ Guantánamo Bay. Die Mehrzahl der bislang identifizierten Täter entstammt dem 320. Militärpolizeibataillon, einer Karpinskis 800. Militärpolizeibrigade unterstellten Reserveformation, die bereits im Mai 2003 durch Gewaltexzesse auffiel und infolge ihres miserablen Ausbildungsstandes allgemein als „problematisch“ galt. Möglicherweise sind übrigens Angehörige der in Wiesbaden stationierten 205. Militärpolizeibrigade ebenfalls in derartige Kriegsverbrechen verwickelt, denn die Einheit war ebenfalls im Irak eingesetzt. Auch das britische Militär ermittelt gegen 8 Soldaten, da Medienberichten zufolge das Queen´s Lancashire Regiment vollkommen außer Rand und Band geraten ist. Durch die Misshandlungen, die offensichtlich von höheren Dienststellen befohlen wurden, sollten die Iraker für Vernehmungen durch den amerikanischen Militärgeheimdienst und die CIA, welche mit mehr als zwei Dutzend Verhörspezialisten vor Ort waren, „weich gemacht“ werden. Darüber hinaus sollen auch Angestellte privater Sicherheitsunternehmen als Vernehmer im Einsatz gewesen sein. Es handelt sich hier also nicht, wie von anglo-amerikanischer Seite behauptet, um Einzelfälle, sondern um systematische Menschenrechtsverletzungen auf Befehl, bei denen dem Stand der Dinge nach Dutzende von Gefangenen zu Tode geprügelt und gefoltert wurden. Diese Ansicht wird von amnesty international geteilt. Reuters zufolge soll auch die vor die vor dem 320. Bataillon in Abu Ghraib eingesetzte Einheit massiv Menschenrechtsverletzungen begangen haben, alleine die 870. Militärpolizeikompanie erschoss mindestens 5 Gefangene. Auch Karpinski wies darauf hin, dass die Verantwortung beim Militärgeheimdienst liegt. Bezeichnenderweise hüllte sich sowohl die US-Regierung in Schweigen. Die Medien wussten detailliert von den Folterungen zu berichten: Veröffentlichten Bildern zu Folge wurden Gefangene geknebelt und mit Säcken über dem Kopf malträtiert. Nackte Gefangene wurden mit chemischen Flüssigkeiten aus Leuchtstäben oder mit eiskaltem Wasser übergossen, andere wurden mit Besenstielen und Stühlen geschlagen und einmal sollen Militärpolizisten sich auch an der Wunde eines Verletzten vergriffen haben. Anderen Häftlingen verabreichte man Elektroschocks. Außerdem mussten die irakischen Opfer in drangsalierender Weise stehen oder sitzen, andere wurden zu sexuellen Handlungen an Mitgefangenen gezwungen. Auf einem Bild wurden die nackten Gefangenen zu einer menschlichen Pyramide gestapelt. Auch Todesdrohungen und zumindest angedrohte Vergewaltigungen sollen an der Tagesordnung sein. Einem Gefangenen sollen die US-Wärter sogar ein chemisches Leuchtmittel und einen Besenstiel anal eingeführt haben, um ihn zu quälen. Manche Gefangene wurden gezwungen, Frauenunterwäsche zu tragen. Die türkische Presse veröffentlichte eine Bildserie, welche die Vergewaltigung einer irakischen Schiitin durch US-Soldaten zeigt. Zu allem Überfluss demonstriert die angekündigte Freilassung von 2000 der 3800 Insassen der Hölle von Abu Ghraib, dass ein Großteil der Gefangenen vollkommen unschuldig ist. Abdelbari Atwan als Chefredakteur der in London erscheinenden Zeitung „al-Quds al-Arabi“ erklärte treffend: "Das ist das absolute Ende. Diese Bilder werden den Amerikanern das Genick brechen.“ Fotos von sexueller Misshandlung seien in der muslimischen Welt das "Schlimmste, was es überhaupt gibt".

 


Der amerikanische Islamwissenschaftler Bernard Haykel äußerte sich in der „Süddeutschen Zeitung“ zu dem bildlich-psychologischen Aspekt des Folterskandals: „Die Leute, die das taten, wussten ganz genau, was für ein enormes Tabu öffentliche Nacktheit in der arabischen Kultur darstellt. (…) Für Moslems ist es, als ob man das Selbstverständnis eines Menschen zerschlägt. (…) Ich glaube, Seymour Hersh hat das in seinem Artikel im New Yorker richtig eingeschätzt - das waren vorsätzliche,
geplante, systematische, institutionalisierte Praktiken. Das gilt auch für die Fotos - sie wurden aufgenommen, um neuen Häftlingen Angst einzujagen und zum Reden zu bringen. (…) Sie dürfen nicht vergessen, für die westliche Öffentlichkeit sind die Opfer ein paar Iraker, die misshandelt wurden. Für Araber und Moslems sind diese Bilder exemplarische Symbole für die gesamte Beziehung zwischen der islamischen und der westlichen Welt. Die Bilder bringen die ganze Dynamik aus Unterwerfung, Erniedrigung und Entmannung auf den Punkt. Al-Qaida spielt mit diesen Motiven schon lange. Sie sagen immer wieder, dass der arabische Mann vom Westen entmannt wurde, dass der Westen Frauen als Soldaten einsetzt, die sich über die Mannesehre der Araber lustig machen. Und jetzt bestätigen diese Bilder all das. (…) Sie dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass die Analphabetenrate in vielen arabischen Staaten über fünfzig, sechzig Prozent liegt, schon deshalb haben Bilder hier eine Wirkung, die weit über jedes geschriebene Wort hinausreicht. Diese Bilder werden das einzige sein, was viele Menschen über diese Vorfälle erfahren. Sie werden nichts über den Kontext lesen oder verfolgen, was mit den Soldaten passiert, die das getan haben. (…) Aber es geht sowieso längst nicht mehr um Worte, sondern um Handlungen. Die arabische Öffentlichkeit glaubt inzwischen, dass amerikanische Truppen im Irak genauso vorgehen wie die israelischen Truppen in Palästina. Da kann man nicht erwarten, dass sie sich von einer kurzen Ansprache umstimmen lassen. Es hilft auch nichts, wenn man irgendwelche Radio- und einen Fernsehsender in arabischer Sprache aufmacht. Propaganda reicht nicht mehr. Die Leute in den arabischen Ländern erwarten ganz konkrete Schritte. In diesem Teil der Welt haben die Vereinigten Staaten keine Glaubwürdigkeit mehr, nicht die allergeringste
.“

 


Zu den Vorfällen im Irak äußerte sich auch der weltberühmte US-Psychologe Philip Zimbardo, Eingeweihten vielleicht bekannt durch das Stanford Prison Experiment von 1971 über die Auswirkungen von willkürlicher Machtverleihung auf die menschliche Psyche. Allerdings musste dieses Experiment innerhalb von 6 Tagen abgebrochen werden, weil es zu exzessiver Gewaltanwendung der unkontrollierten „Wärtergruppe“ gegenüber der wehrlosen „Gefangenengruppe“ kam. Die Schlussfolgerung, dass auch völlig normale Menschen in einer solchen Situation aggressiv-repressive Verhaltensweisen entwickeln, bestätigte Zimbardo später anhand einer Untersuchung der brasilianischen Todesschwadronen während der Militärdiktatur. Wir erinnern hier an die Resultate, die Christopher Brownings Untersuchung („Ganz normale Männer“) des deutschen Reserve-Polizeibataillons 101, welches im Zweiten Weltkrieg unter den polnischen Juden wütete, zutage förderte. In die gleiche Kategorie fallen auch die Gräueltaten diverser Wehrmachtseinheiten an der Ostfront (oder die von Verbänden der Roten Armee zu verantwortenden Brutalitäten). Laut Zimbardo ist die Ausnahmesituation „Krieg“ dazu imstande, die Mehrzahl der Menschen, Frauen wie Männer, in potenzielle Übeltäter zu verwandeln. Wesentliche Faktoren dabei sind Anonymität und Verlust der Individualität, Entmenschlichung, Geheimhaltung, Diffusion von Verantwortung, soziale Vorbilder, starke Machtgefälle, Frustration, Rachegefühle, Autoritätshörigkeit und mangelnde Überwachung, die ein Gefühl des laissez-faire erzeuge. "Die allgegenwärtige Ursache ist das Übel des Krieges, die vorgeschobene Geschichte von der 'Nationalen Sicherheit' und den übertriebenen Ängsten vor dem Terrorismus, die durch zehn 'glaubwürdige' Terrorwarnungen erzeugt worden sind. Sie verwandeln unsere Nation in eine Kultur der Opfer und unsere Soldaten in brutale Quäler anderer Menschen."

 

Der Chef der Besatzungsverwaltung im Irak, Paul Bremer, soll von den Foltervorwürfen gegen amerikanische und britische Soldaten gewusst haben. Das behauptete das Mitglied des irakischen Regierungsrates, Abdel Bassat al-Turqi, gegenüber AFP. Demnach soll er Bremer nachdrücklich auf entsprechende Meldungen hingewiesen haben. Kurz darauf stellte al-Turqi sein Amt als Menschenrechtsminister zur Verfügung. Bereits im Februar berichtete Generalmajor Antonio M. Taguba dem Pentagon auf 53 Seiten über massive Übergriffe, die nach seinen Angaben in Zusammenarbeit zwischen Armee, CIA und Militärgeheimdienst erfolgten. Das Rote Kreuz leitete der US-Regierung bereits seit dem Vorjahr Berichte über die verheerende Menschenrechtssituation im Irak zu. Verteidigungsminister Rumsfeld wie Generalstabschef Myers wollen jedoch von nichts gewusst haben. Auch als am 9. April die ersten Anhörungen der Militärjustiz vor Ort anliefen, schwiegen die Verantwortlichen in Washington - obwohl Präsident Bush seit Januar über das sich zusammenbrauende Gewitter unterrichtet war. Rumsfeld verstieg sich sogar zu der Behauptung, die Foltervorwürfe seien Erfindungen von „Terroristen“. Erst nach mehreren Tagen waren aus Washington die ersten zaghaften Entschuldigungen zu hören, und erst weitere Tage später bequemte sich auch Präsident George W. Bush zu einer Bitte um Verzeihung. Dem Vernehmen nach handelte Rumsfeld sich einen gepfefferten Rüffel ein, weil er das Weiße Haus nicht rechtzeitig und vollständig über das Ausmaß der Affäre informierte. Die arabische und islamische Welt reagierte mit Empörung und Abscheu auf die Folterungen im Namen von freedom and democracy.

 


Mit der Baltic Safety Network-Akademie BSN wurde das erste bundesdeutsche Sicherheitsunternehmen ausfindig gemacht, das im Gegensatz zur wohl eher als Anwerbenetzwerk fungierenden IBSSA (siehe Wochenschau vom 16.04.2004) unmittelbar im Irak aktiv ist und sich dabei der Unterstützung eines aus niedrigsten Beweggründen vom Zaun gebrochenen völkerrechtswidrigen Angriffskrieges und einer unmenschlichen Besatzungsherrschaft schuldig macht. BSN-Personal ist nicht nur im Zweistromland, sondern auch in Afghanistan aktiv, Schwerpunkt Personenschutz für Hilfsorganisationen, aber auch für Kollaborateure und Kriegsgewinnler. Die Nachfrage ist so groß, dass das Unternehmen sich an die Ausbildung zusätzlicher Sicherheitsleute macht. Die Kosten für die über 5 000 Euro teure 8-wöchige Vollzeitausbildung können von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden, und die Prüfung zur Personenschutzfachkraft wird vor der Industrie- und Handelskammer in Lübeck abgelegt. Eingestellt werden vor allem ehemalige Angehörige von Polizei und Bundeswehr. Die paramilitärischen Lehrgänge vermitteln Umgang mit automatischen Waffen, Häuserkampf, das Ausheben von Bunkern und Landeskunde. Angesichts der Inhalte wagen wir zu bezweifeln, dass es bei den Einsätzen nur um Personenschutz geht.

 

Im Interview mit dem Nachrichtendienst eupolitix.com verlieh Jean-Marie Le Pen seinem Bestreben Ausdruck, bei den anstehenden Europawahlen eine starke nationalistische Fraktion in das Straßburger Parlament zu entsenden. Der Vorsitzende des Front National reist derzeit durch Europa, um Verbündete für die Bildung einer Fraktion (mindestens 16 Abgeordnete) zusammenzutrommeln. Alleine in Frankreich hofft Le Pen auf 12-14 Mandate, die British Nationalist Party geht von mindestens 2-3 Abgeordneten aus, und auch der belgische Vlaams Blok ist mit von der Partie. Hoffnungen ruhen darüber hinaus auf den 10 Beitrittsländern, in denen es starke rechtsgerichtete Gruppierungen gibt.

 

Eine etwaige Ratifizierung der EU-Verfassung könnte gravierende Folgen für Dänemark haben. Grönland und die Färöer-Inseln sind dem dänischen Staat lediglich in Personalunion über die Krone verbunden. Grönland verließ die EU im Jahre 1985, und die Färöer traten bei der Erweiterung von 1973 gar nicht erst bei. Island trat Ende des Zweiten Weltkrieges aus dem dänischen Staatsverband aus. Die Vertreter der nordatlantischen Territorien im dänischen Folketing zeigen sich nunmehr beunruhigt über die Auswirkungen der EU-Verfassung hinsichtlich der anvisierten gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik. Vor allem Grönland ist beunruhigt über die Verhandlungen Kopenhagens mit den USA über die weitere Nutzung des Luftwaffenstützpunktes Thule durch die USA. Washington beabsichtigt nämlich, die seit 1951 in US-Hand befindliche Basis zum Stützpunkt des Raketenabwehrsystems Missile Defense auszubauen. Die grönländische Regierung fordert vehement ein Mitspracherecht in außenpolitischen Angelegenheiten, die sowohl das Mutterland als auch die Arktis angehen. Zudem stehe es Kopenhagen kaum zu, die Kontrolle über ureigenste grönländische Interessen an Brüssel abzugeben. Hintergrund für das wachsende Selbstbewusstsein ist die Tatsache, dass mit dem erwarteten Abschmelzen der Polkappen die strategische Bedeutung Grönlands dramatisch ansteigen wird, und zwar hinsichtlich neuer Schifffahrtswege sowie der Ausbeutung vermuteter Bodenschätze. Beispielsweise kam es am Polarkreis schon zu ersten Territorialstreitigkeiten zwischen Dänemark und Kanada. Der nächste Schritt könnte die einseitige Unabhängigkeitserklärung Grönlands sein.

 

In Peru sind mehr als 200 inhaftierte Guerrilleros der maoistischen Untergrundorganisation "Leuchtender Pfad" in den Hungerstreik getreten. Sie protestieren gemeinsam mit ihrem Anführer Abimael Guzman gegen die Haftbedingungen. Wie der Leiter der peruanischen Gefängnisverwaltung, Wilfredo Pedraza, mitteilte, folgten die Häftlinge dem Beispiel Guzmans. Anwalt Manuel Fajardo erklärte, sein Mandant und dessen Anhänger wollten bessere Haftbedingungen, ein Ende der Inhaftierung Unschuldiger sowie eine Abmilderung verhängter Haftstrafen erzwingen. Auch Guzmans inhaftierte Gefährtin, Elena Iparraguirre, befand sich im Hungerstreik. Beide sind in einem Hochsicherheitsknast auf einer Marinebasis der peruanischen Küstenstadt Callao inhaftiert. Rund 200 weitere Guerrilleros im Cantogrande-Gefängnis von Lima schlossen sich dem Hungerstreik an. Der heute 69-jährige Guzman war nach seiner Festnahme 1992 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die maoistische Rebellengruppe Sendero Luminoso ist seitdem stark geschwächt und kaum noch aktiv. Nach Angaben der peruanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission fielen den Gewalttaten von Guerilleros, Polizeikräften und Armee zwischen 1980 und 2000 in Peru rund 69.000 Menschen zum Opfer.

 

Die Präsenz internationaler Truppen und Organisationen im Kosovo hat zu einer starken Zunahme von Frauenhandel und der Bildung einer illegalen Sexindustrie in der Region geführt. Das berichtet die Menschenrechtsorganisation amnesty international. So kommen etwa 20 % der Freier, die 2002 für 80 % des Umsatzes sorgten, aus den Reihen der internationalen Kräfte. Gegenüber der einheimischen Bevölkerung sind KFOR-Soldaten um geschlagene 1000 % bei Bordellbesuchen überrepräsentiert. Auch das Personal der rund 250 internationalen Organisationen vor Ort nimmt regen Anteil an sexueller Ausbeutung, Erniedrigung und Menschenhandel. Zahlreiche Frauen und Mädchen aus den ärmeren Ländern Ost- und Südosteuropas werden in die Sklaverei verkauft, bedroht, geschlagen, vergewaltigt, eingesperrt und zur Prostitution gezwungen. Amnesty kritisierte auch den Umgang der Behörden im Kosovo mit dem Frauenhandel. So würden die gehandelten Frauen und Mädchen oft verhaftet und der - im Kosovo illegalen - Prostitution oder des illegalen Aufenthalts angeklagt und verurteilt. Anschließen würden sie häufig in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Da KFOR-Soldaten und internationale wie lokale Polizeikräfte zu den Freiern zählten, fehle den Frauen und Mädchen vielfach das Vertrauen, sich in die Obhut dieser Kräfte zu begeben. Die Peiniger gingen dagegen meistens straffrei aus. Mehrere UN-Polizisten wurden bereits der Verwicklung in den Menschenhandel überführt, aber KFOR-Angehörige stehen bislang über dem Gesetz. Obwohl die OSZE bereits drei Monate nach Stationierung der "Internationalen" 1999 auf das Problem der Zwangsprostitution und des Menschenhandels aufmerksam machte, hat bis heute niemand der UNMIK-Verantwortlichen darauf entsprechend reagiert, um den unhaltbaren Zustand zu beenden. Da die Bundeswehr mit rund 4000 Soldaten das stärkste KFOR-Kontingent stellt, steht eine Mitverantwortung der BRD-Soldateska für die sexuelle Ausbeutung außer Frage. Laut dem bericht von amnesty international haben bundesdeutsche KFOR-Soldaten, ganz im Stil des germanischen Herren-Menschen, auch im benachbarten Mazedonien im Jahr 2000 regelmäßig Dienste von teilweise minderjährigen Zwangsprostituierten in Anspruch genommen. "Wir kritisieren, dass das Verteidigungsministerium bisher keine Untersuchungen angestrengt hat und die deutschen Soldaten bisher nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden." Von den aus dem Kosovo selbst stammenden Opfern ist ein Drittel zwischen 11 und 14 Jahre alt, insgesamt sind 81 % minderjährig.

 

Wird es ernst, verwandeln sich die pädophilen Helden der Bordelle in die „Hasen vom Amselfeld“. Wir wiesen bereits darauf hin, dass sich die Versuchsrambos der Bundeswehr während der antiserbischen Pogrome Mitte März in geradezu komplizenhaftem Wegsehen übten. Mittlerweile werfen selbst im Kosovo eingesetzte UN-Polizisten aus der BRD der Bundeswehr Feigheit und völliges Versagen vor. Nach Berichten aus Polizeiquellen sollen die bundesdeutschen Einheiten trotz Anforderung durch die Polizei vollständig in ihren Unterkünften geblieben sein. Letzterer Vorwurf richtet sich explizit auch an die Adresse der bundesdeutschen Nachrichtendienste, die von den generalstabsmäßig geplanten ethnischen Säuberungen nichts mitbekommen haben wollen. Der serbisch-orthodoxe Bischof Artemije wies darauf hin, dass der albanische Mob das offiziell Bundeswehr-kontrollierte Prizren in eine „tote Stadt“ für die serbische Kultur verwandelt habe, während beispielsweise in der italienischen und französischen Zone den Exzessen energisch Einhalt geboten wurde. „Was die Albaner in der Zeit von Nazi-Deutschland nicht geschafft haben, das haben sie unter den deutschen Truppen der so genannten Friedensmission getan." Da der armselige Haufen sich in Nichtstun übte, hatte er nicht einmal einen Leichtverletzten zu beklagen - alle übrigen KFOR-Kontingente meldeten zusammen 188 Verwundete. Verteidigungsminister Struck (SPD) lobte allen Ernstes das Verhalten seiner Truppe: „Sie haben besonnen reagiert, eine Eskalation verhindert und so Menschenleben geschützt." Außenminister Joseph Fischer pflichtete seinem Kollegen bei: "Unsere Soldaten haben unter erheblichem Risiko und unter enormem Druck Großes geleistet." Einem serbischen Geheimdienstbericht zufolge sind als Drahtzieher der Pogrome Hashim Thaci von der Demokratischen Partei PDK und Ramush Haradinaj von der Zukunftsallianz AAK anzusehen, beides jahrelang von der NATO unterstützte Kommandeure der Untergrundarmee UCK. In die ethnischen Säuberungen verwickelt waren das aus der UCK hervorgegangene „Friedenskorps“ KPC und die ultranationalistische UCK-Abspaltung AKSh.

 

Im MLPD-Zentralorgan „Rote Fahne“ befasste sich Anna Bartholomé mit den Auswirkungen der EU-Osterweiterung: „In Wahrheit bedeutet die EU-Erweiterung den Startschuss für eine Offensive des Neokolonialismus insbesondere gegenüber den osteuropäischen Ländern. Mit ihrem Anspruch, bis zum Jahr 2010 "Weltmacht Nummer 1" zu werden, provozieren die europäischen Imperialisten den Rivalen USA und steigern die allgemeine Kriegsgefahr. Dem dienen große Rüstungsprojekte und der Ausbau eines europäischen Militärapparats. Mit der neuen EU-Verfassung werden bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten weiter eingeschränkt, mit der Eroberung der Märkte und Ressourcen die Armut ausgedehnt und eine Spirale der Verelendung breiter Massen - auch in den westlichen "Stammländern" der EU - in Gang gesetzt. Fieberhaft suchen die deutschen Spitzenmonopole nach maximalprofitträchtigen Anlagemöglichkeiten für ihr überschüssiges Kapital. (…) Kolonialismus und Neokolonialismus, das waren Begriffe, die die meisten mit der Ausbeutung von Entwicklungsländern in Asien, Afrika oder Lateinamerika verbinden. Waren die so genannten Entwicklungsländer im alten Kolonialsystem ganz direkt von den imperialistischen "Mutterländern" abhängig, änderte sich dies, als viele Kolonien in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ihre Unabhängigkeit erkämpften. Aber zumeist gerieten oder blieben sie trotz offizieller politischer Unabhängigkeit wirtschaftlich so abhängig, dass ihre Menschen, ihre Märkte und Rohstoffe schlimmer ausgebeutet und unterdrückt wurden als vordem. Wichtige Institutionen zur Durchsetzung dieses Neokolonialismus waren UN-Institutionen wie die Weltbank oder der Weltwährungsfonds (IWF). Nichts anderes passiert seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit den osteuropäischen Ländern. Im Zuge der Neuorganisation der inter nationalen Produktion brachten die EU-Imperialisten die meisten osteuropäischen Länder in eine neue neokoloniale Abhängigkeit. Alte Produktionsanlagen wurden aufgekauft und/oder stillgelegt, vormals staatliche Unternehmen zerschlagen oder privatisiert - ein gewaltiger Strukturwandel durchgedrückt. Um Polen auf den EU-Anschluss "vorzubereiten", wurde beispielsweise Mitte 2002 ein "Sanierungsprogramm" für den Bergbau und die Stahlindustrie beschlossen. 40000 Stahlarbeitern kostete das die Arbeit. 24 von damals noch 57 arbeitenden Zechen wurden stillgelegt, 105000 Bergleute in die Arbeitslosigkeit geschickt. Zusammen mit der Zulieferindustrie bedeutete diese "Sanierung" eine etwa 500000-fache Arbeitsplatzvernichtung. Unverhüllt diktierte der IWF in Tschechien, Slowenien oder Ungarn, dass Kürzungen bei Sozialleistungen, bei Renten oder sozialen Einrichtungen vorgenommen werden müssten, da sonst keine Kredite vergeben würden. In den Aufnahmeverhandlungen für die neuen Mitgliedsländer ging es vor allem darum, sie zur Unterwerfung unter die von den international agierenden Monopolen diktierten Bedingungen zu nötigen. Das berührt die Anerkennung der Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza, die nicht nur wirtschaftliche Verpflichtungen für den "freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen" bedeuten, sondern auch den Zwang zur "Zusammenarbeit" von Polizei und Justiz, die Aufgabe nationalstaatlicher Souveränität beim Einsatz des Militärs und vieles mehr. Eine unverblümte Einmischung in die gesellschaftlichen Belange geht damit einher. So führt die SPD-eigene Friedrich-Ebert-Stiftung seit Jahren Seminare in Mittel- und Osteuropa durch, bei denen sie die beispielhaften Formen der "Gewerkschaftskooperation" in der dortigen Arbeiterbewegung verankern. Die von der hiesigen rechten Gewerkschaftsführung betriebene Politik der Klassenzusammenarbeit soll auch dort als Ordnungsfaktor für die Herrschenden eingesetzt werden können. Kaum denkbar, dass solche Einmischung in einem anderen imperialistischen Land - Frankreich, Großbritannien oder den USA - geduldet würde. Aber ein neokolonial abhängiges Land muss sich wohl alles gefallen lassen. Für die Verankerung einer kleinbürgerlichen Denkweise, von Individualismus und Konsumdenken, besonders unter der Jugend, sorgen große westliche Medienkonzerne.“

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

 

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