Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 20. bis 26. März 2004

In Nepal kam es zu den schwersten Kämpfen zwischen maoistischen Rebellen und Regierungstruppen seit Beginn des Aufstandes im Jahre 1996. Starke Guerrillaverbände griffen die Distrikthauptstadt Beni Bazar westlich Kathmandu an und verwickelten Polizei und Armee in schwere Kämpfe. Zwar konnten etliche Gefangene befreit und eine Bank ausgeräumt werden, aber während der erbitterten Gefechte sollen bis zu 500 Rebellen gefallen sein. Die Verteidiger der Stadt waren vorgewarnt und hatten Hubschrauber, Fliegerkräfte und schwere Waffen eingesetzt. Ein weiterer Angriff richtete sich gegen den Flugplatz von Meghauli in Südnepal, der schwer beschädigt wurde. Bereits in der Vorwoche brachte ein eintägiger Generalstreik der maoistischen Frauenbewegung das öffentliche Leben zu großen Teilen zum Erliegen. Betroffen waren vor allem Geschäfte, Basare, Schulen und das Verkehrswesen. In den von Guerrilla-Verbänden kontrollierten Regionen im Westen des Landes begann eine zweiwöchige Verkehrsblockade der noch von Regierungstruppen gehaltenen Distrikthauptstädte, wobei humanitäre Lieferungen Passiererlaubnis haben.

Auf der CeBit überreichte eine Delegation des Chaos Computer Clubs der Firma Vitronic, bekannt durch die Entwicklung von Systemen zur automatischen Verkehrsüberwachung, ihren Spitzelpreis CCCeBit-Award. Die Firma Vitronic ist Hersteller von Bildverarbeitungssystemen und bietet auch dreidimensional arbeitende Körper- und Gesichtsscanner an. Im Rahmen des vorerst gescheiterten Maut-Systems wollte Vitronic die automatische Erfassung der Kennzeichen vorbeifahrender Fahrzeuge bei gleichzeitiger Speicherung mit Orts- und Zeitangabe sicherstellen - und das an landesweit 300 Kontrollbrücken. In den Kontrollbrücken sind Hochgeschwindigkeitskameras installiert, die Übersichts- und Kennzeichenbilder mit Hilfe einer für den Fahrer unsichtbaren Infrarot-Blitzbeleuchtung aufnehmen und das Kfz-Kennzeichen automatisch lesen (TollChecker). An den Kontrollstellen wird jedoch nicht nur das Kennzeichen von LKWs gelesen, sondern von allen sich der Kontrollstelle nähernden Fahrzeugen. Dieses System zur automatischen Erfassung von Autokennzeichen endet jedoch nicht nur bei der LKW-Maut Anwendung. Auch das bayerische Innenministerium hat bereits an der deutsch-tschechischen Grenze Systeme von Vitronic zur automatischen Erfassung des Grenzverkehrs getestet. In Thüringen war eine solche Anlage ohne jegliche rechtliche Grundlage in Betrieb. Andere Innenministerien bereiten gerade notwendige Gesetzesänderungen vor, um solche Kennzeichen-Lesesysteme an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu installieren. Zu Recht wies der CCC darauf hin, dass mit Hilfe von Vitronic-Produkten und einer unscheinbaren Gesetzesänderung die komplette Erfassung von Bewegungsprofilen jedes Menschen machbar ist. Nicht mehr Menschen beobachten die Menschen, sondern Maschinen beobachten Menschen. Diese Maschinen sind leistungsfähig genug, um sämtliche Daten auszuwerten und somit alle Vorgange vor den Kameras zu verarbeiten. Der Einzelfall der Beobachtung wird hierdurch zum Regelfall.

Im Jahr 2003 kam es in der BRD zu 100.723 Insolvenzfällen. Davon entfielen 39 320 auf Unternehmen und 61 403 auf Privatschuldner. Wie der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen, mitteilte, war dies gegenüber dem Jahr 2002 eine Zunahme der Gesamtzahl der Insolvenzen um 19%, der Unternehmensinsolvenzen um 4,6% und der Insolvenzen der übrigen Schuldner um 31%. Die Insolvenzen der übrigen Schuldner verteilen sich auf 33 609 Verbraucher (+ 57%), 25 401 ehemals selbstständig Tätige und Gesellschafter (+ 10%) und 2 393 Nachlassinsolvenzen (+ 1,1%). Bei den Unternehmensinsolvenzen hat sich der Anstieg in der zweiten Jahreshälfte 2003 auf 0,4% abgeschwächt, während es im ersten Halbjahr 2003 noch 9,1% mehr Insolvenzfälle als von Januar bis Juni 2002 gab. In den alten Ländern nahmen im Jahr 2003 die Insolvenzen um 22% zu, im Osten um 7,5%. Dabei erhöhte sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nur in den alten Ländern (+ 11%), während sie in den neuen Ländern gegenüber 2002 um 14% abgenommen hat. Die gestiegene Zahl von Unternehmensinsolvenzen in betraf vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. Im Gegensatz zum Jahr 2002 sind weniger große und bekannte Unternehmen insolvent geworden. Die gesamten offenen Forderungen sind von rund 62 Milliarden Euro im Jahr 2002 auf rund 42 Milliarden Euro im Jahr 2003 zurückgegangen. Auch die Zahl der von einem Insolvenzverfahren betroffenen Arbeitnehmer ging von rund 270 000 im Jahr 2002 auf rund 220 000 zurück. Im Dezember 2003 waren von den Gerichten 8 276 Insolvenzen (+ 22% gegenüber Dezember 2002) gemeldet worden, davon 3 136 von Unternehmen (+ 6,9%) und 5 140 von privaten Schuldnern (+ 34%).

Bekanntlich hatte die NSA bereits im Frühjahr 2001 infolge massiven öffentlichen Drucks angekündigt, die Station des weltumspannenden Überwachungssystems Echelon in Bad Aibling zu schließen. Infolge des 11. September wurden die Schließung und die geplante Verlegung ins britische Menwith Hill auf Eis gelegt. Im Einvernehmen mit den bundesrepublikanischen Behörden und der hessischen Landesregierung fand man nun eine Kompromisslösung. Das U.S. Army Intelligence and Security Command INSCOM wird Bad Aibling im September 2004 räumen. Allerdings wird nur ein Teil des Personals nach Menwith Hill verlegt. Mehr als 150 Angehörige der bislang in Bad Aibling stationierten 66th Military Intelligence Group beziehen ab April Quartier in Darmstadt, wo auf dem so genannten Dagger Complex (Griesheim) eine neue Station mit einer Sende- und vier Empfangsanlagen im Bau ist. Die dortigen Neubauten sollen offenbar mit Überwachungstechnologie aus Bad Aibling ausgestattet werden. Vor allem hat der Umzug den praktischen Vorteil größerer räumlicher Nähe zu den amerikanischen Hauptquartieren in Heidelberg und Mönchengladbach. Organisatorisch nimmt Washington offenbar die NSA aus der Schusslinie, denn die Leitung der neuen Anlage liegt bei der Naval Security Activity - deren Sitz allerdings in der direkten Nachbarschaft des NSA-Zentrums in Fort Meade ist.

Auf deutliche Kritik der Menschenrechtsorganisation amnesty international sind Äußerungen von Bundesinnenminister Schily in einem Interview in der "Süddeutschen Zeitung" vom 19. März 2004 gestoßen. In dem regierungsnahen Blatt forderte Schily eine "eindeutige rechtliche Kategorie" für den Umgang mit den Gefangenen in der US-Basis Guantánamo gefordert und dies damit begründet, dass es sich um "eine Bande von Verbrechern" handele, die nicht resozialisierbar seien. Indirekt rechtfertigte er damit das Vorgehen der US-Regierung, die ihren Häftlinge nicht als Kriegsgefangene ansieht, sondern sie in die „eindeutige rechtliche Kategorie“ der „ungesetzmäßigen Kombattanten“ einteilte. Offenbar ist es dem Sicherheitsfanatiker im Ministerrang entgangen, dass in dem Konzentrationslager auf Kuba Unschuldige zu Dutzenden einsitzen. Die meisten der Lagerinsassen wissen auch nach 2 Jahren noch nicht, wessen sie von den Amerikanern überhaupt beschuldigt werden. Barbara Lochbihler als Generalsekretärin der bundesdeutschen ai-Sektion hielt Schily vor, systematisch den Schutz der Menschenrechte zu relativieren. „Die Vorgehensweise der USA in Guantánamo spricht den internationalen Standards für die Behandlung von Kriegsgefangenen wie auch von Straftätern Hohn. Bei diesem Vorgehen Überlegungen über die Resozialisierbarkeit der mutmaßlichen Täter anzustellen, ist absurd."

Im nordirischen Newtownards wurde der protestantische Bauunternehmer Andrew Cully erschossen. Nebenher war er als Waffenschmuggler und Waffenmeister für loyalistische Untergrundgruppen tätig. Die Ermordung des mit 10 Schüssen buchstäblich hingerichteten Cully erfolgte auf Befehl des örtlichen Kommandeurs der Ulster Volunteer Force. Im Raum Newtownards übernahm unlängst ein neuer Mann das Kommando und macht sich nunmehr an die rücksichtslose Säuberung seiner Einheit und der loyalistischen community von Polizeispitzeln. Nach Cully sollen noch drei weitere „Touts“ auf der Abschussliste stehen. In Bangor kam der Katholik Michael O´Hare bei einer von loyalistischen Paramilitärs zu verantwortenden Brandstiftung ums Leben und ist damit mindestens das 12. auf protestantische oder katholische Untergrundtätigkeit zurückzuführende Todesopfer seit Januar 2003.

 

In Frankreich wurde die erste Runde der Regionalwahlen abgehalten. Sozialisten, Kommunisten, Radikale und Grüne erhielten zusammen 40,1 %. Dabei steigerte sich die KPF auf 7 % mit Hochburgen in Nord-Pas de Calais (10 %) und der Auvergne (9 %). Die kommunistischen Gewinne erfolgten vornehmlich auf Kosten der beiden trotzkistischen Gruppierungen Lutte Ouvrière und Ligue Communiste Révolutionnaire, die sich nicht an der Linkskoalition beteiligten und zusammen 5 % erhielten. Der Wahlgang stellt eine Ohrfeige für das bürgerliche Regierungslager aus UMP und UDF dar, das 7 Prozentpunkte verlor und auf 34,4 % absackte. Davon entfielen rund 23 % auf die neogaullistische Präsidialpartei UMP und knapp 11 % auf die rechtsliberale UDF. Die Linke hat bereits jetzt 14 der 22 Regionen (neben den 4 Überseegebieten) gewonnen, bislang regierte sie 8. Im zweiten Wahlgang könnte sie den Bürgerlichen ihre Hochburgen Bretagne, Burgund und Poitou-Charentes abnehmen. Mit dem Gewinn von Languedoc-Rousillon wäre der ganze Süden Frankreichs in linker Hand. Aussichten hat das Regierungslager nur in Ostfrankreich (Elsass, Lothringen, Franche-Comté und Champagne-Ardenne). Die Wahlbeteiligung lag mit 62 % unerwartet hoch.

 

Der rechtspopulistische Front National stabilisierte sich bei landesweit 14,7 % der Stimmen und geht in 17 Regionen in den zweiten Wahlgang. In seiner Hochburg im Elsass lag der FN sogar bei 28 %. Marine Le Pen holte im Großraum Paris (Region Ile de France) 12 %, Bruno Gollnysch in Lyon 19 % und Carl Lang in Lille 18 %. Damit blieb das Abschneiden des Front National deutlich hinter den Prognosen zurück. Andere Rechtsgruppierungen mussten sich mit 1,5 % bescheiden, womit Bruno Mégret wohl endgültig in der verdienten Bedeutungslosigkeit verschwunden ist. Als interessantes Detail ist festzuhalten, dass Le Pen im Rahmen eines ausgesprochen antiislamisch ausgerichteten Wahlkampfes eine Allianz mit Teilen des französischen Judentums eingegangen ist - was voll im Trend der „Eurorechten“ liegt, wenn man nur an die Alleanza Nazionale, Romania Mare oder den Vlaams Blok denkt. Das französische Regionalwahlrecht wurde im vergangenen Jahr geändert, um den Front National zu behindern. Nun benötigt eine Liste 10 % der Stimmen, um überhaupt noch in den zweiten Wahlgang zu kommen. Gleichzeitig erhält jene Liste, die auf den ersten Platz gelangt, 25 % der Sitze im Regionalparlament vorab zugeteilt, bevor die anderen drei Viertel auf die Listen nach ihrem Stimmenanteil verteilt werden. Falls 3 Listen in der Stichwahl bleiben, erhält damit die stärkste Liste ab einem Stimmenanteil von einem Drittel der Stimmen mindestens die Hälfte der Mandate.

 

In einer in der baskischen Zeitung „Gara“ veröffentlichten Erklärung hat die linksnationalistische Untergrundorganisation ETA dem designierten spanischen Ministerpräsidenten Zapatero Verhandlungen angeboten. Die ETA-Führung forderte den Sozialistenführer zu „starken und mutigen Gesten“ auf und drückte ihre Bereitschaft aus, im Dialog eine Lösung für den seit 36 Jahren gewaltsam ausgetragenen Konflikt um die staatsrechtliche Stellung des Baskenlandes zu finden. Zugleich bekräftigte die ETA ihren Willen, den Kampf für ein unabhängiges Euskadi fortzusetzen. Zapatero lehnte jede Verhandlungen mit „Terroristen“ ab, was nicht weiter verwundert - seine Partei unterstützt seit Jahr und Tag den zentralistischen Kurs Madrids.

 

Während in Zentral- und Ostafghanistan heftige Kämpfe zwischen Amerikanern und Islamisten toben, erschütterte ein Attentat die politische Landschaft des Landes. Der afghanische Luftfahrtminister Mirwais Sadik, Sohn des Gouverneurs von Herat, Ismail Chan, wollte im Auftrag der Zentralregierung den örtlichen Militärkommandeur Saher Naib Sada ablösen. Dieser ließ den Ankömmling aus Kabul kurzerhand auf offener Straße erschießen, ebenso 4 seiner Begleiter. Offenbar scheiterte ein Versuch, gleichzeitig auch Ismail Chan aus dem Weg zu räumen. Nach dem Attentat brachen heftige Kämpfe zwischen Verbänden der verfeindeten Warlords aus, bei denen es bis zu 100 Tote gab. Nach dem Eintreffen von Verstärkungen aus Kabul gelang es, die Sada-Truppen aus der Stadt zu vertreiben.

 

Die Lage im Kosovo bleibt weiterhin gespannt. Bei Podujevo nordöstlich Pristina griffen albanische Ultranationalisten einen Verkehrskontrollposten der UN-Polizei an. Ein Dolmetscher wurde verwundet, ein ghanaischer Polizist erschossen. In Mitrovica erfolgte ein serbischer Handgranatenanschlag auf einen französischen UN-Posten, wobei es 2 Verletzte gab. Mittlerweile sind 10 % aller noch im Süden des Kosovo lebenden Serben geflohen. Der radikale UCK-Veteranenverband warnte die UN-Protektoratsverwaltung UNMIK nachdrücklich vor einer Verhaftungswelle gegen albanische Nationalisten und drohte mit einer Eskalation. Für die Mitarbeiter des UNMIK-Hauptquartiers in Pristina wurden verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, da mit albanischen Gewaltakten zu rechnen ist. Angesichts seines vollständigen Versagens sowohl beim Wiederaufbau als auch bei der Befriedung der serbischen Unruheprovinz steht UNMIK-Chef Harri Holkeri vor dem Hinauswurf. Sowohl die NATO als auch die Vereinten Nationen sind alles andere als gut auf ihren Statthalter zu sprechen, seit die UNMIK-Behörden versuchten, das Ausmaß der antiserbischen Pogrome der Vorwoche herunterzuspielen. UN-Generalsekretär Kofi Annan drohte unumwunden mit dem vollständigen Abzug der Kosovo-Mission. UNMIK trat derweil die Flucht nach vorn an und versetzte die Pressesprecherin und feuerte Polizeisprecher Derek Chappell. Der Präsident von Serbien und Montenegro, Svetozar Marovic, hat in einem Brief an die Unesco appelliert, sich für den Schutz der serbischen Kulturgüter in der Krisenprovinz Kosovo einzusetzen. Albanische Extremisten haben bei Unruhen in den vergangenen Tagen mindestens 16 serbisch-orthodoxe Kirchen und Klöster, die teilweise aus dem Mittelalter stammen, zerstört. Deswegen müsse die internationale Gemeinschaft dieses Weltkulturerbe im Kosovo beschützen.

 

Goran Svilanovic als Außenminister der Bundesrepublik Serbien-Montenegro kritisierte das Verhalten der BRD anlässlich der Pogrome scharf. Berlin sei seit Jahren maßgeblich im Kosovo engagiert und trage erhebliche Verantwortung für die Lage vor Ort. Immerhin stellen die 3800 Bundeswehrsoldaten eines der stärksten Kontingente der Protektoratstruppe KFOR. Dennoch hat Bundesaußenminister Joseph Fischer die Verabschiedung einer Resolution des UN-Sicherheitsrates gegen den albanischen Terror und die seit 1999 anhaltende ethnische Säuberung verhindert. Der Ansicht, dass hier weiterhin ethnische Säuberungen stattfinden, sind nicht nur Svilanovic, sondern auch der russische Staatspräsident Putin und Admiral Gregory Johnson, seines Zeichens NATO-Befehlshaber für Südosteuropa. Die serbisch-orthodoxe Diözese Raska-Prizren hat dem KFOR-Kommandanten Holger Kammerhoff und den bundesdeutschen Angehörigen der internationalen Streitkräfte im Kosovo vorgeworfen, für die Drangsalierung von Serben in Prizren und die Zerstörung von 10 serbisch-orthodoxen Kirchen in der Stadt und ihrer Umgebung verantwortlich zu sein. "Es ist noch nie geschehen, dass alle Kirchen in Prizren zerstört wurden, nicht einmal in den schlimmsten Zeiten der türkischen Herrschaft.“ Was die Albaner während der deutschen Besatzungsherrschaft (als es zur massenhaften Vertreibung von Kosovo-Serben durch albanische Banden kam) nicht vollenden konnten, das hätten sie unter den bundesdeutschen Truppen der so genannten Friedensmission getan. Vertreter dieser Truppen hätten es zugelassen, "dass das gesamte verbliebene christlich-orthodoxe Erbe in einer Nacht verschwand“.

 

Die USA wollen einem Zeitungsbericht zufolge mehr als 60 % ihrer etwa 56.000 in der BRD stationierten Soldaten abziehen. In Asien, insbesondere in Südkorea und Japan, sei der Abzug von etwa 15.000 der dort rund 100.000 US-Soldaten geplant, meldete die "Washington Post" unter Berufung auf US-Regierungskreise. Der größte Truppenabbau ist demnach in Westeuropa vorgesehen, wo das US-Militär derzeit mit 102.000 Armeeangehörigen präsent ist. Ein Ring von Militärstützpunkten in verbündeten Ländern wie der BRD, Großbritannien, Italien und Japan solle erhalten, andere Basen jedoch durch kleine Stützpunkte ersetzt werden. Kleinere Stützpunkte sollen der Zeitung zufolge in Rumänien und möglicherweise in Bulgarien errichtet werden. Sie sollen demnach Standorte für schnelle Eingreiftruppen "gegen Terroristen und feindliche Staaten" sein. Im Jahr 2001 eingerichtete Stützpunkte in Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisien sollen unter anderem als Trainingslager erhalten bleiben. In Australien sollen Stützpunkte ausgebaut werden. Außerdem strebt das Pentagon eine engere militärische Zusammenarbeit mit Singapur und Thailand an.

 

Die Anti-Korruptions-Initiative Transparency International hat ein Zentralregister für Korruptionsversuche gefordert. Anlässlich der Vorstellung des Global Corruption Report (GCR) 2004 betonte Transparency, ein solches Register, an das alle bekannt gewordenen Bestechungsversuche gemeldet würden, könne die wuchernde Korruption in der BRD ebenso wirksam wie unbürokratisch verhindern. Das bundesdeutsche System, das nur die beteiligten Menschen bestrafe, nicht aber das von der Bestechung profitierende Unternehmen, könne regional bekannte ehrliche Firmen in ihrer Existenz gefährden. Ein solches Register würde Korruptionsversuche an einer Stelle für alle öffentlichen Vergabestellen transparent machen. Die Firmen liefen damit ein hohes Risiko, von weiterer öffentlicher Vergabe ausgeschlossen zu werden, was eine erhebliche abschreckende Wirkung habe. Viele Länder hätten ihr Engagement gegen Korruption verbessert, weil sie erkannt hätten, wie der persönliche Vorteil sich im Standortwettbewerb als wesentlicher Negativfaktor erwiesen habe. Korruption im Ausland sei für bundesdeutsche Firmen viel riskanter geworden, ebenso die Annahme von Vorteilen durch BRD-Beamte. Doch für Firmen, die im Inland schmieren, gelte dies nur sehr eingeschränkt. "Wenn ein Fall hochkommt, ist nach deutschem Recht nicht das Unternehmen strafbar. Nur die direkt beteiligten Mitarbeiter werden verfolgt." Die kritische Reaktion der Öffentlichkeit treffe nur die national oder regional bekannten Firmen. "Unternehmen, die in der betroffenen Region wenig bekannt sind, schreckt also weder die rechtliche Sanktion noch die Sorge um den guten Ruf." Auch in der BRD bestehe daher Handlungsbedarf. Hansjörg Elshorst, der Vorsitzende von Transparency Deutschland, erinnerte daran, dass zum Ende der letzten Legislaturperiode ein Korruptionsregister fast verabschiedet worden wäre, aber dann "im Strudel unüberschaubarer Interessen" unterging: "Ein Korruptionsregister würde eine wesentliche Lücke im deutschen Instrumentarium gegen Korruption schließen. Diesmal muss es rechtzeitig angepackt werden."

 

Die Staaten der Karibischen Gemeinschaft forderten die Vereinten Nationen auf, die Vorwürfe des gestürzten haitianischen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide gegen die USA zu untersuchen. Aristide, der offenbar nach Südafrika ins Exil gehen will, wirft den USA vor, den Putsch gegen ihn initiiert und ihn zur Flucht gezwungen zu haben. Die Karibikstaaten beraten weiter, unter welchen Umständen und ob sie überhaupt die neue haitische Regierung anerkennen sollen. Aristide lebt seit dem 15. März in Jamaika im Exil. Die USA und die von ihnen unterstützte haitianische Regierung haben dagegen protestiert. Die Karibikstaaten seien immer noch empört und unzufrieden über die Art und Weise wie Aristide abgesetzt worden sei, sagte der Ministerpräsident von St. Kitts und Nevis, Denzil Douglas, der Nachrichtenagentur AP. Sie hätten dies auch dem UN-Gesandten Reginald Dumas deutlich gemacht. "Wir bringen diesen Fall vor die UN-Vollversammlung." Verärgert sind die Karibikstaaten auch über den neuen haitianischen Ministerpräsidenten Gerard Latortue, weil dieser die am Sturz Aristides beteiligten Rebellen, größtenteils eine Horde aus lumpenproletarischem Gesindel und berüchtigten Paramilitärs, als Freiheitskämpfer" bezeichnet hatte.

 

Als Antwort auf die Terroranschläge vom 11. März in Madrid haben die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Frühjahrsgipfel ein Aktionsprogramm gegen den „Terrorismus“ verabschiedet. In einer Solidaritätserklärung verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten zu gegenseitigem - auch militärischen - Beistand im Falle eines terroristischen Angriffs. Angesichts des Engagements vor allem Italiens und Großbritanniens im Irak könnte diese Klausel dereinst unkontrollierbare Folgen nach sich ziehen. Das Aktionsprogramm ruft die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, den Informationsaustausch zwischen ihren Nachrichtendiensten, Polizeibehörden, Zolldienststellen sowie der EU-Anklagebehörde Eurojust und der Polizeibehörde Europol zu verbessern. Die Gipfelteilnehmer vereinbarten, beim Sekretariat des Ministerrates das Amt eines Anti-Terror-Koordinators einzurichten. Ferner mahnt das Aktionsprogramm die Umsetzung bereits getroffener Beschlüsse in einzelnen Mitgliedstaaten bis Juni 2004 an, zum Beispiel die Umsetzung des europäischen Haftbefehls.

 

Die Lage in Palästina eskalierte, als die Israelis den spirituellen Führer der Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Jassin durch einen gezielten Raketenangriff in Gaza-Stadt töteten. Der an den Rollstuhl gefesselte Hamas-Begründer war gerade auf dem Heimweg vom Morgengebet, als die zionistischen Staatsterroristen zuschlugen. Während Premier Sharon den Streitkräften gratulierte und die Fortsetzung der gezielten Tötungen verkündete, brach in den Palästinensergebieten die Hölle los. Zehntausende beteiligten sich an erbitterten Protestdemonstrationen, allerorts kam es zu Zusammenstößen mit israelischen Soldaten. Insgesamt fanden in dieser Woche 23 Palästinenser den Tod. Dem Stand der Dinge nach hat die Autonomiebehörde die Kontrolle über weite Teile der Palästinensergebiete an den militanten Widerstand verloren. An der Beisetzung Scheich Jassins nahmen 200.000 Menschen teil. Erstmals seit 5 Monaten nahm die libanesische Hizbollah-Miliz wieder Ziele auf israelischem Territorium unter Feuer. Hamas, Islamischer Jihad und Al-Aqsa-Brigaden drohten Israel blutige Rache an. Auch das Terrornetzwerk Al-Qaida kündigte Vergeltungsschläge an. Die Hamas-Führung erklärte, Sharon habe die Pforten der Hölle geöffnet. Weltweit wurde heftige Kritik an der Ermordung Scheich Jassins geübt, selbst die Vereinigten Staaten distanzierten sich vorsichtig. Nach Angaben aus Hamas-Kreisen sollen die USA versucht haben, einen Waffenstillstand zu vermitteln. Trotz amerikanischer Schutzgarantien lehnten die Islamisten jeglichen Kompromiss ab. Allerdings verhinderte Washington durch sein Veto eine von Algerien eingebrachte Resolution, welche die Liquidierung Jassins verurteilen sollte. Die BRD enthielt sich wieder einmal der Stimme, um den Großen Bruder am Potomac nicht gegen sich aufzubringen. Die gesamte islamische Welt reagierte mit Entsetzen und Zorn auf den Tod des Hamas-Begründers. Palästinenserpräsident Arafat verurteilte die Ermordung als „barbarisches Verbrechen“ und ordnete Staatstrauer an. Im Gazastreifen übernahm Abdel Asis el Rantisi gehandelt, Mitbegründer und bislang Sprecher der Bewegung, die Leitung der Hamas. Nach dem Tod des Scheichs ist nun mit einer stärkeren Rolle der in Damaskus angesiedelten Exilflührung um Chaled Mashal zu rechnen.

 

Die US-Soldaten in Irak erhielten laut einer Untersuchung der US-Streitkräfte im vergangenen Jahr häufig keine ausreichende Unterstützung bei psychischen Problemen. 17 % der Befragten litten an traumatischem Stress, Depressionen oder Unruhe. Drei Viertel davon erklärten, sie hätten keine Hilfe eines Psychologen, Arztes oder Geistlichen erhalten. Nur ein Drittel der Soldaten, die um Hilfe baten, erhielten entsprechende Unterstützung. Für die psychologische Betreuung der Truppen zuständige Kräfte beklagten dem Untersuchungsteam zufolge einen Mangel an Antidepressiva und Schlafmitteln sowie eine unzureichende Vorbereitung. Zwischen April und Dezember vergangenen Jahres setzten nach Militärangaben 24 US-Soldaten in Irak und Kuwait ihrem Leben ein Ende. In drei weiteren Fällen wird Selbsttötung vermutet. Die US-Armee klagte derweil sechs ihrer Soldaten wegen Misshandlung von Gefangenen an. Zwei von ihnen spielten über zwei Stunden lang auf dem Rücken eines Irakers Schach, während der Mann auf Händen und Knien verharren musste. In der Oase Al Ain in den Vereinigten Arabischen Emiraten begannen Spezialisten des BKA mit der Ausbildung der ersten 250 irakischen Polizisten.

 

Im Zusammenhang mit einer Serie von Anschlägen einer bretonischen Untergrundbewegung hat ein Pariser Sondergericht die beiden Hauptverantwortlichen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht verhängte eine 11jährige Gefängnisstrafe gegen den 48-jährigen Christian Gougeault, der sich zu seiner Mitgliedschaft in der Untergrundgruppe Revolutionäre Bretonische Armee (ARB) bekannt hatte. Der 31-jährige frühere ARB-Sprecher Gaël Roblin muss für 3 Jahre hinter Gitter. Von der Beteiligung an einem tödlichen Anschlag auf ein McDonald's-Restaurant in der Bretagne vor 4 Jahren sprach das Gericht die beiden Angeklagten frei. Fünf weitere Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. Die bretonischen Nationalisten sitzen teilweise seit 6 Jahren in Untersuchungshaft.

 

Auf die Verurteilten kommen schwere Zeiten zu, wie sich am Schicksal der inhaftierten Kämpfer der Action Directe erkennen lässt. Insgesamt sitzen 5 AD-Aktivisten in diversen Gefängnissen ein. Die Untergrundorganisation verübte seit Mai 1979 zahlreiche Anschläge auf staatliche Einrichtungen und Repräsentanten des Systems wie den Waffenhändler General Audran und den sozialreaktionären Unternehmer Georges Besse durch. Régis Schleicher wurde bereits 1984 verhaftet und zu lebenslänglicher Haft mit einer Mindeststrafe von 15 Jahren verurteilt. Mittlerweile sitzt er allerdings seit 20 Jahren im Knast, denn seit 2001 wurden alle Freilassungsanträge abgelehnt. Im Februar 1987 gingen dem Sicherheitsapparat Jean Marc Rouillan, Joelle Aubron, Nathalie Ménigon und Georges Cipriani ins Netz. Alle erhielten Lebenslang mit 18 Jahren Minimum und sitzen seit ihrer Festnahme in verschärfter Isolationshaft (die Frauen setzten nach mehreren Hungerstreiks 1999 Hafterleichterungen durch). Die Haftbedingungen hatten die psychische und physische Zerrüttung der Gefangenen zum Ziel: Aubron und Rouillan leiden mittlerweile an schweren Krebserkrankungen, Ménigon erlitt drei Schlaganfälle und Cipriani verbrachte mehrere Jahre in der Psychiatrie. An eine Freilassung aus Gesundheitsgründen denkt man in Paris allerdings nicht.

 

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will im Kampf gegen den Terrorismus auf einen verstärkten Einsatz der Rasterfahndung dringen. Dieses Instrument soll europaweit eingesetzt werden, um auf der Grundlage eines bestimmten Profils, die Verstrickung einzelner Personen in terroristische Netzwerke zu erkennen. "Der Gefahr terroristischer Anschläge können wir dadurch am besten entgegenwirken, dass wir terroristischen Gruppierungen so früh wie irgend möglich auf die Schliche kommen. Dafür müssen wir alle Möglichkeiten unserer Sicherheitsbehörden einsetzen. In Deutschland haben wir auf diese Weise immerhin eine Reihe von Anschlägen verhindern können." Die angeblich verhinderten Anschläge dürften wohl eher der blühenden Phantasie des Bundeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes entspringen. Darüber hinaus gedenkt Schily, Verfassungsschutzbüros an den BRD-Botschaften in Washington und Paris einzurichten, womit der Inlandsnachrichtendienst VS dem nicht dem Innenministerium unterstehenden BND ins Gehege kommt. Unisono mit seinem bayerischen Gesinnungsgenossen Günther Beckstein (CSU) forderte Schily die faktische Massendeportation aller Angehörigen verbotener ausländischer Organisationen. Ist eine Abschiebung wegen Foltergefahr nicht möglich, sollen die Delinquenten gegebenenfalls in der BRD interniert werden („Sicherungshaft“). Dieter Wiefelspütz als Innenexperte der SPD nutzte die Gelegenheit, um eine „Überprüfung der gesamten Sicherheitsarchitektur“ ins Gespräch zu bringen. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die seit dem Antritt der sozialfaschistischen Schröder-Administration angestrebte Schaffung einer Bundespolizei aus BGS, BKA und Teilen des Zolls. Konrad Freiberg als Chef der Polizeigewerkschaft legte nach und verlangte die Wiedereinführung von Kronzeugenregelung und Großem Lauschangriff, den Abbau des Datenschutzes, personelle Verstärkung von Polizei und Nachrichtendiensten und nicht zuletzt die effektivere Zusammenarbeit von Landeskriminalämtern und BKA sowie zwischen Polizei, Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz.

 

In Barcelona trafen sich die Vertreter der in der Europäischen Freien Allianz zusammengeschlossenen Parteien. Die EFA bildet derzeit gemeinsam mit den Grünen eine Gruppe im Europaparlament. Nelly Maes als Präsidentin der Allianz erklärte nunmehr, man werde fortan eigenständig auf Europaebene auftreten. Die 1981 gegründete EFA besteht aus nationalistischen, regionalistischen und autonomistischen Parteien. Derzeit stellt sie 9 Europaabgeordnete, ihre wichtigsten Mitgliedsparteien sind Plaid Cymru (Wales), Esquerra Republicana de Catalunya (Katalonien), Scottish Nationalist Party (Schottland), Bloque Nacionalista Galego (Galicien) und Partido Aragonés (Aragonien).

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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