Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 10. bis 16. Januar 2004

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

EU auf Expansionskurs

Schlag gegen Brigate Rosse

Nieder mit dem EU-Kapitalismus

 

 

Zitat der Woche:
"Alles Existierende entsteht ohne Grund, setzt sich aus Schwäche fort und stirbt durch Zufall."
- Jean-Paul Sartre

Auf Einladung der einflussreichen Bertelsmann-Stiftung (hier wurden und werden die Grundsätze der asozialen Sozialpolitik der Bundesregierung erdacht) fand in Berlin das „6. International Bertelsmann Forum“ statt. An der Veranstaltung der eng mit der obskuren Loge Atlantik-Brücke verbandelten Stiftung nahmen rund 60 führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft teil, das Thema lautete dieses Jahr „Europa - Aufbruch in eine neue Ära". Unter den Teilnehmern befanden sich Bundeskanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joseph Fischer, Kriegs- und Interventionsminister Peter Struck sowie Günter Verheugen als EU-Erweiterungskommissar. Zugegen waren ferner die Regierungschefs von Irland (Bertie Ahern, derzeit auch EU-Ratspräsident), der Türkei (Recep Tayyip Erdogan), Montenegro (Milo Djukanovic), Rumänien (Adrian Nastase) und Kroatien (Ivo Sanader) sowie die lettische Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga, ihr slowenischer Amtskollege Janez Drnovsek, die spanische Außenministerin Ana Palacio, der finnische Parlamentspräsident Paavo Lipponen, die polnische Europaministerin Danuta Hübner, der russische Liberale Grigorij Jawlinksi (als Trojanisches Pferd des EU-Großkapitals), der unvermeidliche Hardcore-Imperialist und Menschheitsverbrecher Henry Kissinger, Wolfgang Schäuble als Vizevorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, die Bertelsmann-Chefin Elisabeth Mohn und Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank. Als unsympathischste Erscheinung zu nennen ist George Lord Weidenfeld. Der jüdische Verleger österreichischer Herkunft mit Sitz im britischen Oberhaus fungierte 1949/50 zur Zeit der ethnischen Säuberungen und Palästinensermassaker als politischer Berater des zionistischen Staatspräsidenten Weizman und tat sich in den letzten Jahren als Propagandist des imperialistischen Angriffskrieges gegen den Irak hervor. Nebenbei ist er Mitinitiator des Deutsch-Jüdischen Dialoges. Grundlage der Tagung war ein Strategiepapier, erstellt von Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld, Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung CAP. Weidenfeld arbeitet als einer der führenden bundesrepublikanischen Fachleute für internationale Politik und klassischer BRD-Politologe der Oberliga in CIA-Denkfabriken wie CSIS oder RAND mit. Ein Schwerpunktthema bildete die noch lange nicht abgeschlossene Expansion der EU. Nach 2004 stehen aus geostrategischen Gründen vor allem von der BRD unterstützte Beitrittsverhandlungen mit der Türkei an, ab 2007 ist mit der Aufnahme Bulgariens, Rumäniens und Kroatiens zu rechnen. Ein Beitritt der EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz erscheint jederzeit möglich. Die EU-Gewaltigen und ihre Hintermänner in den Konzernetagen sind damit in ihrem Drang nach Osten längst nicht befriedigt - neben dem gesamten Balkan stehen die Ukraine, Moldawien und (den Sturz Lukaschenkos vorausgesetzt) auch Weißrussland auf dem Speisezettel. Diese Absichten werden in Moskau kaum auf Gegenliebe stoßen. Ferner plant die EU die Ausweitung des europäischen Wirtschaftsraumes auf Nordafrika und Osteuropa. Die EU wird ihre Militarisierung weiter vorantreiben, um in einer multipolaren Welt auch gewaltsam Interessenpolitik betreiben zu können. Als Einflussgebiete werden vor allem der Nahe Osten, die Kaukasusregion und Nordafrika genannt. Alle potenziellen Mitglieder der Europäischen Verteidigungsunion sollen zugleich dem Nordatlantikpakt beitreten. Die europäischen Imperialisten rechnen damit, dass in absehbarer Zeit Staaten wie China, Indien, Japan und Russland als geopolitische Rivalen auftreten werden. Zu beachtende Machtfaktoren werden auch der entstehende ASEAN-Wirtschaftsblock sowie die südamerikanische Mercosur-Zone sein - offensichtlich gehen Brüssel, Berlin und Paris von einem Scheitern der US-Pläne für einen panamerikanischen Wirtschaftsraum aus. Dies wird auch durch den Fehlschlag Konferenz der Organisation Amerikanischer Staaten in Monterrey/Mexiko unterstrichen, wo nicht zuletzt Venezuela, Argentinien und Brasilien den US-Plänen eine mehr als deutliche Absage erteilten.

In den kommenden Jahren steht ein neuer Wettlauf im Weltraum an, der durchaus auch ein militärisches und ökonomisches Gesicht tragen wird. US-Präsident Bush kündigte ein ehrgeiziges Weltraumprogramm an. Zwischen 2015 und 2020 sollen bemannte Missionen zum Mond erfolgen, um dort einen ständigen Stützpunkt aus Sprungbrett für bemannte Missionen zum Mars ab 2030 sowie in den rohstoffreichen Asteroidengürtel zu etablieren. Washington reagierte vor allem auf das rasante Fortschreiten der chinesischen Weltraumfahrt - Peking kündigte schon vor längerer Zeit an, es werde 2004 den Mond anfliegen und in Bälde eine eigene Raumstation einrichten. Russland als die zweite große Raumfahrtnation fühlte sich offenbar durch die amerikanischen Ambitionen herausgefordert und signalisierte ebenfalls, man werde um 2015 herum Mond wie Mars anfliegen. Während die Amerikaner ihre Kosten für die Marsmission auf 150-400 Milliarden Dollar schätzen, sind die russischen Fachleute der Ansicht, ihr Land könne mit 15 Milliarden Dollar auskommen. Moskau schwebt offenbar die Einrichtung einer Orbitalstation in einer Mondumlaufbahn vor, und unverblümt gaben die Russen an, sie wären an einer Ausbeutung der reichen Rohstoffvorkommen auf dem Erdtrabanten wie auf dem Roten Planeten interessiert. Interessant erscheint ihnen auch die Möglichkeit, vom Mond aus Vorgänge auf der Erde zu überwachen. Hier darf auch die EU nicht fehlen, die für das Jahr 2024 eine ständige Niederlassung auf dem Mond sowie für die Zeit ab 2030 die Landung auf dem Mars anstrebt (Projekt Aurora).

Nachdem Kolumbiens rechtsreaktionärer Präsident Uribe im vergangenen Jahr seine Beziehungen zu den USA ausbauen konnte, sucht er nun bei der EU weitere Unterstützung für seine repressive Innenpolitik. Diese ist durch Polizeistaat, soziale Ungerechtigkeit, neoliberale Wirtschaftspolitik mit Massenverelendung und Privatisierungen gekennzeichnet, alles flankiert durch Terrorfeldzüge von Polizei, Armee und rechten AUC-Paramilitärs gegen linksgerichtete soziale Bewegungen und Gewerkschaften. Das Land befindet sich seit Jahrzehnten im Bürgerkrieg, hier kämpfen die marxistischen Guerrillaorganisationen FARC und ELN gegen das volksfeindliche Regime in Bogotá. Jährlich werden Tausende ermordet und Hunderttausende vertrieben, und gemeinsam mit Sicherheitsapparat und Paramilitärs führen Transnationale Konzerne eine rücksichtslose Kampagne gegen die Gewerkschaftsbewegung. Zur Unterstützung der Regierung Uribe zahlen die USA Militärhilfe in Milliardenhöhe, amerikanische Spezialeinheiten (CIA und Special Forces) beteiligen sich an den Kampfhandlungen. Zum Entsetzen von Menschenrechtlern, Gewerkschaften, Liberalen und Linken lud nun ausgerechnet die sozialistisch-sozialdemokratische SPE-Fraktion Uribe ein, im Rahmen seines für den Februar avisierten Besuches vor dem Europaparlament zu sprechen.

Nach Angaben des ehemaligen US-Finanzministers O´Neill hat die Bush-Administration bereits kurz nach ihrem Amtsantritt begonnen, Pläne für eine Invasion des Irak auszuarbeiten. Grundlage ist offenbar der Bericht National Energy Policy vom Mai 2001, der nach wie vor unter Verschluss gehalten wird. Die Expertise verwies darauf, dass die USA weiterhin von Erdölimporten abhängig bleiben werden - und zwei Drittel des Erdöls kommen nun einmal aus dem Nahen Osten. Schon einen Monat vorher hieß es in einer von Vizepräsident Cheney in Auftrag gegebenen Studie des Baker Institute for Public Policy („Strategic Energy Policy Challenges For The 21st Century"): „Die Vereinigten Staaten bleiben ein Gefangener ihrer Energiekrise... Der Irak bleibt ein destabilisierender Faktor, der den Ölfluss aus dem Mittleren Osten auf die internationalen Märkte behindert... Saddam Hussein hat bereits seinen Willen demonstriert, die Waffe Öl als Drohung einzusetzen und sein eigenes Exportprogramm zu benutzen, um die internationalen Märkte zu manipulieren. Deshalb sollten die Vereinigten Staaten gegenüber dem Irak sofort eine Politik einschlagen, die militärische, energiepolitische, ökonomische und politische/diplomatische Maßnahmen beinhaltet.“ Der militärische Zugriff auf das irakische Erdöl wurde seit 1998 durch den Think Tank „New American Century“ propagiert, aus dem Bush seine halbe Regierung rekrutierte: Verteidigungsminister Rumsfeld, Vizeverteidigungsminister Wolfowitz, den Afghanistan-Beauftragten Khalilzad, Vizeaußenminister Armitage, den Handelsbeauftragten Zoellick, den Sicherheitsberater Elliott Abrams, den Abrüstungs- und Sicherheitsbeauftragten des Außenministeriums Bolton, den berüchtigten Richard Perle als Vorsitzender des Defense Policy Board und so weiter und so fort.

Auf die westlichen Besatzer im Irak kommen schwere Zeiten zu, denn der zurückgezogen lebende Großayatollah Ali el-Sistani, geistliches Oberhaupt der schiitischen Bevölkerungsmehrheit, erhob erstmals seine Stimme. Sistani verlangte nicht weniger als freie Wahlen für den Juli 2004, und zwar unter Hinzuziehung der Vereinten Nationen - die Amerikaner hingegen wollen ein Übergangsparlament mit per Auswahlverfahren handverlesenen Delegierten installieren und allgemeine Wahlen erst im Jahr 2005 ansetzen. US-Prokonsol Paul Bremer wies die schiitischen Forderungen zurück und forderte den provisorischen Regierungsrat in Bagdad auf, die Bildung der Übergangsversammlung einzuleiten. Die USA und die nicht-schiitischen Gruppen im "Regierungsrat" sind gegen eine Direktwahl, da eine solche automatisch zu einer absoluten Schiiten-Mehrheit (60 % der Gesamtbevölkerung) in der Übergangsversammlung führen würde. Endergebnis wäre die Errichtung eines stark islamisch geprägten Staates. Sistani unterstrich seine Forderungen, indem er die Schiiten zu Kundgebungen gegen die Besatzungsmacht aufrief. In Basra und andernorts leisteten Zehntausende seiner Aufforderung Folge. Derweil geht die Entbaathisierung in ihre nächste Runde. Alle Mitglieder der Parteiführung sowie der Führungsgremien auf Ebene der Provinzen, Kommunen und Stadtteile werden aus der Verwaltung und den Staatsunternehmen entlassen, während es keine Sanktionen gegen die Parteibasis geben soll.

Die Spekulationen über eine Kehrtwende der BRD in puncto Irak erhielten neue Nahrung. Bundeskanzler Schröder dachte im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages über die Entsendung eines fliegenden Bundeswehrlazarettes Marke Medevac in Aussicht. Voraussetzung ist allerdings das auf ein UN-Mandat gestützte Ersuchen einer souveränen irakischen Regierung. Ferner beabsichtigt Berlin, im Irak militärisch engagierte Staaten wie Großbritannien und Polen stärker logistisch zu unterstützen. Zwar gilt nach wie vor die Sprachregelung, es gebe keine militärische Präsenz der Bundeswehr im Zweistromland, aber bekanntlich befinden sich die GSG 9 und militärische „Sicherheitsexperten“ bereits vor Ort. Ein Schelm, wer vermutet, Berlin hoffe darauf, wie die „Kriegsgegner“ Frankreich und Kanada auch an der direkten Auftragsausschreibung für den irakischen Wiederaufbau beteiligt zu werden. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertrag sowie mehrere Großkonzerne sitzen Schröder schon seit Monaten im Nacken. Wirtschaftsminister Clement setzt für die Zeit nach der Bildung einer souveränen irakischen Regierung auf die Beteiligung bundesdeutscher Konzerne, und zwar durch Bagdad direkt. Der BDI rechnet mit Aufträgen in den Bereichen Anlagen- und Maschinenbau, Energiewirtschaft und Baugewerbe. Mit Subaufträgen für ein Handynetz und zwei Kraftwerksprojekte ist Siemens bereits im Rennen. Ohnehin wird die Bundeswehr sich kaum entziehen können, wenn die in wenigen Monaten anstehende NATO-Konferenz ein Engagement im Irak beschließt - in den in Frage kommenden Stäben sitzen bundesdeutsche Offiziere. Durch die in Aussicht gestellte Ausbildung der irakischen Kollaborationspolizei und irakischer Offiziere entwickelt die BRD sich ohnehin zur verkappten Kriegspartei.

Die italienische Polizei hat zwei Linksextremisten mit Verbindungen zur Terrorgruppe "Rote Brigaden" gefasst. Die beiden mutmaßlichen Untergrundkämpfer Rita Algranati und Maurizio Falessi wurden in Kairo mit Hilfe der ägyptischen Sicherheitsbehörden verhaftet. Algranati (46 Jahre) wurde wegen fünffachen politischen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt und galt als führender Kopf der Brigate Rosse. Ihr wird auch eine Verwicklung in den Mord an Aldo Moro im Jahre 1978 nachgesagt. Der 50-jährige Maurizio Falessi erhielt wegen terroristischer Aktivitäten 11 Jahre Knast, bevor er wie seine Genossin im Nahen Osten untertauchte. Eine neu gegründete Zelle der Roten Brigaden wird für den Mord am Arbeitsrechtsexperten Massimo D'Antona im Jahr 1999 und Marco Biagi im Jahr 2002 verantwortlich gemacht. Ein mutmaßlicher Aktivist der Brigate war im Frühjahr bei einer Schießerei mit Polizeibeamten getötet worden. Im Oktober hatte die italienische Polizei neun Linksextremisten festgenommen, die für den Mord an Biagi und D'Antona verantwortlich gemacht werden.

Das US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ führte eine Expertenbefragung zum Thema „Macht - wer hat sie heute“ durch. Die Untersuchung orientierte sich an 22 Einzelkategorien wie BIP, Exportzahlen, Wettbewerbsfähigkeit, Militärausgaben, Entwicklungshilfe, Forschungsetat, Sozialhaushalt, natürliche Ressourcen, Umweltschutz, Lebensqualität, Internetdichte usw. Interessanterweise untermalte das Ergebnis die Ansicht, dass sich die BRD nach Kolonisierung der DDR auf dem Weg zur Weltmachtrolle befindet: Gleich nach den Vereinigten Staaten landete die Bundesrepublik auf dem zweiten Platz, gefolgt von Frankreich, Großbritannien, Japan, Schweden und China. Berlins Stärken sind vor allem seine Wirtschaftsleistung (also der Export) und sein weltpolitischer Einfluss, zu den Schwächen zählen die mangelnde technologische Modernität und der Mangel an Rohstoffen. Während die einen jubeln werden „Wir sind wieder wer“, halten wir uns an Karl Liebknecht: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land - es ist der deutsche Imperialismus.“

Zu den angekündigten "Nachbesserungen" der Gesundheitsreform erklärte PDS-Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz: „Die nun avisierten so genannten Nachbesserungen lindern das Schicksal besonders betroffener Menschen, an der unsolidarischen Grundrichtung der Gesundheitsreform ändern sie nichts. Die Unklarheiten und offenen Fragen beim Start sind die schrille Begleitmusik einer Reformkomposition, die Patientinnen und Patienten schröpft und die Pharmaindustrie weitgehend ungeschoren lässt. Das Schwarze-Peter-Spiel, wer denn nun die Verantwortung für das Reformchaos trägt, ist völlig unerheblich. Denn es ist die Philosophie des Gesundheitskompromisses von Bundesregierung und Union, dem bis auf Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, wo die PDS mitregiert, alle Länder im Bundesrat zugestimmt haben, die die Probleme zur Folge hat: Die Einsparungen im Gesundheitssystem, die Beitragssenkungen von 0,7% ermöglichen sollten, werden vor allem durch massive Leistungskürzungen der Krankenkassen, angehobene Zuzahlungen, die unsägliche Praxisgebühr, die Abgabenpflicht auf Betriebsrenten und Direktversicherungen sowie die Einbeziehung von chronisch Kranken und Sozialhilfeempfänger/innen in die Zuzahlungsregelungen erreicht. Das, was Pharmakonzernen, Apotheken und Kassen abverlangt wird, nimmt sich dagegen wie peanuts aus.
Wenn jetzt die Ministerin der Selbstverwaltung zürnt, weil sie nicht rechtzeitig festgelegt hat, wer als chronisch Kranker wenigstens in den Genuss geringerer Zuzahlungen kommt, so sollte sie sich an die eigene Nase fassen. Denn im Gesundheitsmodernisierungsgesetz sind die chronisch Kranken mit der Reduzierung auf "schwerwiegende chronische Krankheiten" eindeutig als Einsparpotential benannt. Das aber ist das Gegenteil von Solidarität. Diejenigen, die der Unterstützung der Solidargemeinschaft besonders bedürfen, werden in einem intransparenten Verfahren noch einmal ausgesiebt.
Sozialreformen à la Rot-Grün und Union - das heißt: die kleinen Leute zahlen drauf, die großen Unternehmen werden verschont, die Leistungen werden eingeschränkt und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, diejenigen, die bisher hauptsächlich unsere sozialen Sicherungssysteme finanzieren, werden alles andere als entlastet. Denn der Behauptung der Ministerin, das Jahr 2004 werde das Jahr der Beitragssenkungen werden, sprechen die bisherigen Ergebnisse hohn. Die Gesundheitsreform hat sich in den ersten Wochen ihrer Einführung als das erwiesen, was von Anfang zu befürchten war: ein asoziales bürokratisches Monster
.“

In Berlin verabschiedeten Vertreter mehrerer Linksparteien einen Aufruf zur Gründung einer Partei der Europäischen Linken. Der Initiativgruppe aus KPÖ, PDS, KPF, der griechischen Partei Synaspismos, der italienischen Rifondazione Comunista, der Luxemburgischen Linken und der spanischen Izquierda Unida schlossen sich die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, die Demokratischen Sozialisten der Tschechischen Republik, die Estnische Sozialdemokratische Arbeiterpartei und die KP der Slowakei an. KPÖ-Chef Baier formulierte, man müsse dem Internationalismus der Neoliberalen und der kapitalistischen Globalisierung einen neuen Internationalismus entgegensetzen, was nun wirklich nicht sehr innovativ anmutet. In der Tat nehmen die Eurolinken eine zwiespältige Haltung ein: Beispielsweise sind Parteien wie die PDS und Synaspismos zu Mehrheitsbeschaffern der Sozialdemokratie degeneriert, und die KPF unterstützte imperialistische Aggressionen in Jugoslawien oder in der Elfenbeinküste. Auch die Rifondazione unterstützte interventionistische Maßnahmen des italienischen Staates. Das Experiment „Eurolinke“ traf auf entschiedene Kritik anderer kommunistischer und sozialistischer Parteien und Gruppen. Ein österreichischer Kritiker formulierte sehr treffend, hier sei eine „loyale Opposition Ihrer Majestät der Europäischen Zentralbank“ im Entstehen begriffen. Die trotzkistische Zeitschrift „Neue Internationale“ bemerkte sehr treffend, die Gründungsparteien einige kaum mehr als eine Handvoll Gemeinplätze. Als Antwort auf den Dritten Weg Blairs und die Neue Mitte Schröders orientiert man sich mehr oder weniger an sozialdemokratischen Programmatiken der 60er und 70er Jahre. „An Unverbindlichkeit, Allgemeinheit und Inkonsequenz übertrifft der Text locker jedes SPD-Programm der letzten 30 Jahre.“ Die Forderung nach einer Stärkung des internationalen Rechts laufe auf die „Forderung nach imperialistischer Intervention mit humanitären Zielen hinaus“. Eine Kritik an der bürgerlichen Demokratie und die Aufzeigung einer Alternative fehlen im Aufruf vollständig, und so läuft die Eurolinke letztlich Gefahr, zur linken Unterstützerin eines reformierten europäischen Imperialismus zu werden. „Die Beteiligung an einer bürgerlichen Regierung kann immer nur zur Verwaltung des Kapitalismus führen, kann immer nur dazu führen, dass "die Linke" die Seite des Kapitals ergreift und sich gegen die ArbeiterInnen und Unterdrückten wenden muss. Denn eine bürgerliche Regierung ist kein reformerischer Selbstbedienungsladen, sondern Instrument der herrschenden Klasse. In einer Periode wirtschaftliche Stagnation, verschärfter Konkurrenz und eines Generalangriffs der Kapitals führt eine Regierungsbeteiligung nur dazu, dass diese Tatsache besonders drastisch zum Ausdruck kommt.“

Die Deutsche Kommunistische Partei beteiligt sich aus gutem Grunde nicht an dieser reformistischen Alternative. Ihre Wahlplattform, verabschiedet am Gründungstag der Eurolinken, formulierte treffend: „Im Unterschied zu allen anderen Parteien sagen wir Kommunistinnen und Kommunisten klipp und klar: Ein solches Europa wird nicht zu erreichen sein, ohne dass die wirtschaftliche und politische Macht des Finanzkapitals und der transnationalen Konzerne zunächst zurückgedrängt und beschränkt, später ganz überwunden wird. Letztlich führt nichts um die Erkenntnis herum, dass eine wirkliche Einigung Europas, die den Interessen der europäischen Völker dient und den Lehren der europäischen Geschichte, den Idealen der europäischen Arbeiterbewegung und dem Humanismus der europäischen Aufklärung entspricht, die Überwindung des Imperialismus insgesamt, den grundlegenden Bruch mit der kapitalistischen Profitlogik erfordert. Deshalb ist unserer Meinung nach ein neuer Anlauf zum Sozialismus, bei dem die Lehren aus dem Scheitern der bisherigen Versuche beachtet werden, nicht nur ein wünschenswertes Ziel, sondern eine zwingende Notwendigkeit, wenn die Menschheit dem Zyklus zerstörerischer imperialistischer Kriege und kapitalistischer Verelendung und Umweltzerstörung entkommen will.“

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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