Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 28. Februar bis 5. März 2004

 

Nach mehrwöchigen schweren Unruhen in dem Karibikstaat Haiti intervenierten die USA, Kanada und Frankreich. Angesichts eines Aufstandes bewaffneter Banden gegen den seinerzeit von Washington ins Amt gehievten Präsidenten Aristide brach die öffentliche Ordnung zusammen, es drohte eine humanitäre Katastrophe. Angesichts der Konfrontation zwischen zwei Banditenarmeen, von denen keine einen Deut besser ist als die andere, geriet die parlamentarische Opposition ins Hintertreffen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass mindestens die Oppositionsgruppe „Demokratische Konvergenz“ über beste Kontakte zu den Rebellen verfügt. Beide Seiten mordeten und plünderten, auch die internationalen Hilfsorganisationen waren nicht mehr sicher. Zudem leben 20.000 US-Amerikaner in Haiti, dessen Ökonomie seit Anfang des 20. Jahrhunderts vollkommen auf die Bedürfnisse der USA ausgerichtet ist. Um ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren, entsandten die USA Kriegsschiffe und 1000 Marineinfanteristen - nicht die erste derartige Intervention in der haitianischen Geschichte. Aristide willigte faktisch unter vorgehaltenen Gewehrläufen seine Abdankung ein und wurde - ohne Unterzeichnung einer schriftlichen Erklärung - in die Zentralafrikanische Republik ausgeflogen. Da seine prokubanische und provenezolanische Haltung einflussreichen Kreisen ein Dorn im Auge war, verwundert es nicht, dass nach Meldungen aus der benachbarten Dominikanischen Republik exilkubanische Terroristen und Söldner in den Umsturz verwickelt waren. Und wo diese auftauchen, ist bekanntlich die CIA nicht fern. Die verärgerte karibische Staatengemeinschaft CARICOM forderte zum Abschluss einer Krisensitzung in Jamaika eine unabhängige Untersuchung der „Flucht“ von Aristide. Derartige Gedanken werden von den USA strikt zurückgewiesen, auch die Zentralafrikanische Republik ist bemüht, den unbequemen Gast schnell wieder loszuwerden. Während Aristide seinen Rückkehrwillen bekräftigte, bot ihm Südafrika Asyl an. Gemäß der Verfassung übernahm Boniface Alexandre als Vorsitzender des Obersten Gerichtshofes das Amt des Übergangspräsidenten. Die Rebellenführer, samt und sonders übel beleumundete Funktionäre vergangener Militärdiktaturen, kündigten an, den vorliegenden Friedensplan mit baldigen Neuwahlen zu akzeptieren. Allerdings pocht mit Guy Philippe einer der Oberbanditen auf den militärischen Oberbefehl. Nach einer 3monatigen Übergangszeit soll eine UN-Friedenstruppe die Kontrolle aus den Händen der US-geführten Interventionsverbände übernehmen. Die Unruhen forderten bislang mehr als 130 Menschenleben, und Ministerpräsident Yvon Neptune verhängte den Ausnahmezustand.

 

In Venezuela nehmen die Spannungen zwischen Präsident Hugo Chávez Frías und der reaktionären Opposition (Coordinadora Democrática), die seine Amtsenthebung fordert, zu. Die zentrale Wahlkommission (CNE) wies nach tagelangem Zögern eine Petition zurück, die nach Oppositionsangaben 3,4 Millionen Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums über die Abberufung von Chávez enthielt. Venezuela, fünfgrößter Erdölexporteur der Welt, erlebt seit Jahren einen erbitterten Machtkampf zwischen der Anhängern des Linkspopulisten Chávez und den alten Machteliten, die auch einen Großteil der venezolanischen Medienlandschaft beherrschen. Die seit dem Wochenende auf Caracas begrenzten Proteste und Zusammenstöße mit der Polizei griffen danach auf andere Städte über. Die Wahlkommission hatte wegen tagelanger Proteste und Unruhen in der Landeshauptstadt Caracas ihre Entscheidung zwei Mal aufgeschoben, um nicht weitere Gewalt auszulösen. Schließlich erklärte CNE-Präsident Francisco Carrasquero rund 1,83 Millionen Unterschriften für gültig. Weitere 876.016 könnten nur anerkannt werden, wenn die Unterzeichner ihre Unterschrift bestätigten, wofür ihnen 2 Tage in der zweiten Monatshälfte zur Verfügung stehen. In der Tat hat die von den USA unterstützte Opposition zahlreiche Namen aus Telefonbüchern abgeschrieben und die Unterschriften gefälscht. Bei 233.573 Unterschriften stimmten die persönlichen Daten wie die Personalausweisnummer nicht mit dem Namen überein, und in 145.930 Fällen waren die angeblichen Unterzeichner bereits tot, nicht im Wahlregister erfasst, minderjährig oder gar nicht wahlberechtigte Ausländer. Für ein Referendum zur Abberufung des Staatsoberhauptes sind laut Verfassung 2,4 Millionen Stimmen nötig. Die Regierung setzte die Nationalgarde und die Armee ein, um den randalierenden bourgeoisen Mob zur Räson zu bringen. Insgesamt forderten die Krawalle, an denen die von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützte Partei Primero Justicia federführend beteiligt war, mindestens 8 Todesopfer und rund 100 Verletzte. Chávez drohte, bei weiteren US-Einmischungen in die Innenpolitik oder für den Fall von Wirtschaftssanktionen die Erdöllieferungen an Washington einzustellen. Eine wirksame Drohung, denn Venezuela gehört zu den 4 Hauptlieferanten der USA. Bush habe auf imperialistische Berater gehört und im Jahre 2002 einen Putschversuch in Venezuela unterstützt, sagte Chávez vor der tobenden Menge: "Er war ein Arschloch, auf sie zu hören. (…) Venezuela ist nicht Haiti und Chávez ist nicht Aristide!" Befürchtet wird ein erneuter Putschversuch, an der kolumbianischen Grenze wurden bereits umfangreiche Waffen- und Sprengstofflieferungen sichergestellt. "Wir haben genügend Beweise dafür, dass Herr Bush weiterhin Terroristen- und Putschistengruppen in Venezuela finanziert. (…) Es gibt eine nationale und internationale Kampagne, um dem Ruf der Regierung zu schaden und sie als Gegnerin der Menschenrechte hinzustellen."

 

Die venezolanische Opposition, verstärkt durch Banden maoistischer Wirrköpfe, ist gegen den sozialen Fortschritt angetreten. Noch 1998 lebten 18 % der Venezolaner in extremer Armut und weitere 26 % in kritischer Armut. Zwei Drittel aller Kinder unter 5 Jahren wuchsen im Elend auf. 45 % aller Haushalte haben keinen Zugriff auf Trinkwasser, 27 % besaßen keine Kanalisation. In 44 % aller Haushalte war mindestens eine Person chronisch krank. Auf 585 Einwohner kam 1 Krankenhausbett, aber Krankenhäuser konnten sich ohnehin nur die Angehörigen der reichen Oberschicht und des schmalen Mittelstandes leisten. 69 % aller Schüler gingen ohne Abschluss ab, 13 % aller Jugendlichen besuchten gar keine Schule. Insgesamt waren 1998 44 % aller Kinder vom Bildungssystem ausgeschlossen. Chávez hingegen leitete eine Revolution von oben ein, indem der Staat sich auf die Verbesserung der Lebensbedingungen konzentrierte. Trotz systematischer Wirtschaftssabotage durch die Reaktion, Hetzpropaganda in den Medien, internationalen Drucks vor allem durch die USA und ungeachtet eines gescheiterten Militärputsches hat die „Bolivarianische Revolution“ erhebliche Erfolge vorzuweisen. Im Rahmen der Armeeprogramme Avispa und Reviba wurden 20.000 neue Häuser gebaut und 10.000 weitere wieder aufgebaut. Man schloss 3 Millionen Menschen an die Trinkwasserversorgung und 1 Million an die Kanalisation an. Mehr als 1 Million Hektar Agrarland wurden an Neubauern verteilt und diese mit Krediten und technischer Ausrüstung versorgt. 30.000 illegale Bauernstellen wurden mit Landtiteln ausgestattet. Die Regierung importiert nicht zuletzt aus China und Brasilien, aber bizarrer weise auch aus den USA, massiv Agrartechnologie. Die Bildungsausgaben haben sich mehr als verdoppelt. 1 Million Kinder wurden wieder auf die Schulen geschickt, die Zahl der Kindergartenplätze verdreifacht, 700 neue Schulen gebaut, 2000 Schulen erneuert und 36.000 Lehrer neu eingestellt. In den 3000 teilnehmenden Schulen des Bolivarianischen Schulmodells erhalten die Kinder zwei Mahlzeiten am Tag und geraten hier überhaupt erstmals mit Kunst und Sport in Kontakt. Das Mission Robinson-Projekt sorgte für die Alphabetisierung von 1 Million Menschen. Wer die Mittelstufe ohne Abschluss verließ, erhält unter diesem Modell grundsätzlich eine zweite Chance. Der Staat errichtete 13 nationale Kulturzentren und sorgte für die Wiedereröffnung des ehrwürdigen Theaters von Caracas. In Bibliotheken, Museen, Gemeindezentren und den Büros von Nichtregierungsorganisationen entstanden 234 Internetcafés. Im Frühjahr werden zwei neue Volksuniversitäten eröffnet, die sich gezielt an die Unterprivilegierten wenden. Mit Unterstützung kubanischer Mediziner setzte Venezuela das Barrio-Adentro-Programm um: In den Elendsvierteln, die zuvor noch nie seit ihrem Bestehen einen Arzt gesehen hatten, kommt nun 1 Arzt auf 200 Familien. Generell erfolgte ein groß angelegter Ausbau der medizinischen Versorgung, die durchschnittliche Lebenserwartung stieg innerhalb weniger Jahre um 9 Monate. Das neue Projekt Simoncito gewährleistet Müttern und ihren Kindern von der Schwangerschaft bis zum Vorschulalter medizinische Unterstützung und drängt Kindersterblichkeit und Unterernährung zurück. Ein spezielles Kreditinstitut versorgt 42.000 von Frauen geleitete Kleingeschäfte mit Krediten, weitere 30.000 Kleinkredite gehen an Bauern, Fischer und Transportgenossenschaften. Es gibt 39 Projekte zur Wiederaufforstung, auch der kommunale Gartenbau erlebte einen massiven Ausbau. Die venezolanischen Küstengewässer wurden gesetzlich vor der Fischereiindustrie geschützt - sehr zum Wohle der 200.000 im Gemeindedienst stehenden Fischer und der Fischbestände. Ein Infrastrukturprogramm befindet sich in der Umsetzung: 3 neue U-Bahn-Linien, 3 Autobahnen, eine Eisenbahnlinie, eine zweite Orinocobrücke, der Caruachi-Staudamm und eine zweite Ölraffinerie schaffen Zehntausende von Arbeitsplätzen. Willkürliche Entlassungen wurden verboten, der Kündigungsschutz ausgeweitet. Die Revolution von oben birgt jedoch ihre Risiken. Chávez ist zwar bestrebt, linksgerichtete Gruppen, Parteien, neue Gewerkschaften und soziale Bewegungen in seine Bolivarianische Revolution einzubinden. Beispielsweise wurde die Kommunistin María León Präsidentin des Nationalen Fraueninstituts und hat die Organisation der revolutionären Frauenbewegung zur Aufgabe. Aber durch die starke Abhängigkeit von der in Revolutionskomitees organisierten und sich zusehends radikalisierenden Basis gerät die Regierung unter Druck von unten. Vor allem die Kommunisten und die Arbeiter fordern massive Verstaatlichungsmaßnahmen, die wiederum den Klassenkonflikt und die Auseinandersetzungen mit dem westlichen Kapitalismus verschärfen werden.

 

Anlässlich der Nominierung des IWF-Direktors Horst Köhler zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten meldeten sich die reaktionär-rassistischen „Unabhängigen Nachrichten“ mit geradezu monumentaler Naivität zu Wort. Man (bzw. in diesem Falle frau) hofft auf der Titelseite der UN, das designierte Staatsoberhaupt der imperialistisch-kapitalistischen BRD sei als Kind einer Familie heimatvertriebener Bessarabien-Deutscher vielleicht Befürworter einer „volksverbundeneren Politik“. Allerdings steht dieser „Hoffnungsschimmer“ (O-Ton UN) innenpolitisch für die rücksichtslose Fortsetzung der Demontage des Wohlfahrtsstaates. International betrachtet verkörpert der „bessere Deutsche“ Horst Köhler die globale Interessenpolitik der BRD und des westlichen Imperialismus. Köhler unterwarf als IWF-Direktor ganze Völker der Perspektive der international agierenden Großbanken und Konzerne. Er setzte die Politik seiner Vorgänger fort, den Drittweltstaaten Strukturanpassungsprogramme aufzuzwingen, die brutale Einschnitte in Staatshaushalte und Sozialnetze mit sich brachten. Die neoliberale Politik mit freiem Kapitaltransfer, Steuergeschenken an die Besitzenden und ausgeglichenen Etats brachte millionenfaches Elend und trieb ganze Staaten in den Untergang. Auf der anderen Seite ist Köhler eine Art Verlegenheitskandidat der streitenden Machtblöcke um Merkel, Stoiber und Koch. Seine Nominierung ist wohl auf den Vorschlag Merkels erfolgt, die sich nicht ins Präsidentenamt abschieben lassen will - der kleinste gemeinsame Nenner. Die CDU-Parteichefin stärkte auf diese Weise ihre Position für die Kanzlerkandidatur 2006, da sie sich auf die Seite der sozialreaktionärsten Elemente innerhalb der Partei schlug. Eine Wahl Köhlers zum Bundespräsidenten stellt kein Problem für Schröder dar - die beiden arbeiten seit Jahren eng zusammen. Schröder setzte Köhler 2000 als IWF-Direktor durch, umgekehrt ist Köhler ein Verfechter der sozialreaktionären Politik, wie sie von allen Systemparteien betrieben wird. Allerdings geht ihm die Agenda 2010 nicht weit genug, aber in diesem Punkte wird man sicherlich handelseinig werden. Als ranghoher Beamter im Finanzministerium kungelte Köhler u.a. die Finanzierung der DDR-Annexion aus und vertrat die BRD bei den Verhandlungen um die Euro-Einführung (Vertrag von Maastricht). Wahrlich ein Hoffnungsschimmer.

 

Die SPD zauberte Gesine Schwan, Politikwissenschaftlerin mit internationalem Ruf und Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder aus dem Hut. Laut Schröder ist Schwan gesellschaftspolitisch versiert und hat sich um die Verbesserung des Verhältnisses zu Polen verdient gemacht. Ferner wurden ihre Verdienste um ein stabiles Verhältnis zu den USA hervorgehoben. Na Danke. Sie stünde laut Schröder und Müntefering als Bundespräsidentin „für ein modernes und europäisches Deutschland“. Bei Schwan handelt es sich um eine entschiedene Rechtsauslegerin der Sozialdemokratie, die von 1977 bis 1983 der SPD-Grundwertekommission angehörte. In dieser Funktion verteidigte sie die Politik der Regierung Schmidt gegen alle Anfeindungen durch die Parteilinke. Schröders Kandidatin unterstützte leidenschaftlich den natürlich rein defensiv gemeinten und nicht etwa auf nukleare Erstschlagfähigkeit ausgerichteten NATO-Doppelbeschluss, der einen neuen atomaren Rüstungswettlauf in den 80er Jahren einleitete. Sie profilierte sich als entschlossene Antikommunistin und Gegnerin einer pragmatischen Entspannungspolitik zwischen NATO und Warschauer Pakt. Innenpolitisch trat Schwan entschieden gegen jede Linksentwicklung der Sozialdemokratie ein, zudem ist sie eine überzeugte Antifeministin. Als Resultat wurde die Erzreaktionärin als erste Angehörige überhaupt 1984 aus der Programmkommission abgewählt. Wie ein geradezu unglaubliches Interview in der „Frankfurter Rundschau“ von Mitte März belegt, verläuft ihr Denken auch heute noch in den Kategorien des Kalten Krieges. Die Nominierung Gesine Schwans, deren permanentes dämliches In-die-Kamera-Grinsen irgendwie an Scheinwerferkanzler Schröder erinnert, ist ein weiteres Zeichen für die Degeneration der SPD zur bourgeoisen Mittelpartei und ein Anbiederungsversuch an die zu erwartende bürgerliche Mehrheit in der Bundesversammlung.

 

Unter dem Aktenzeichen Bundesverfassungsgericht 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99 erklärte das höchste bundesrepublikanische Gericht den Großen Lauschangriff für zu erheblichen Teilen verfassungswidrig und verlangte von der Bundesregierung zahlreiche Nachbesserungen (umzusetzen bis zum 30. Juni 2005). Karlsruhe gab der Beschwerde von drei linksliberalen FDP-Politikern gegen die 1998 eingeführte heimliche akustische Wohnraumüberwachung teilweise statt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wollte die Abkehr von Bürgerrechtsgrundsätzen nicht mitmachen und trat seinerzeit von ihrem Amt zurück. Zusammen mit den FDP-Innenpolitikern Burkhard Hirsch und Gerhart Baum erhob sie Verfassungsbeschwerde. Zwar wurde die 1998 eigens für den Großen Lauschangriff beschlossene Grundgesetzänderung akzeptiert, aber der Handlungsspielraum der Strafverfolgungsbehörden erfuhr erhebliche Einschränkungen. Die Wohnraumüberwachung nach § 110c StPO darf künftig nur noch angeordnet werden, wenn es um schwere Straftaten geht, für die eine Höchststrafe von mehr als 5 Jahren droht. Zudem sind Lauschaktionen sofort abzubrechen, wenn in der Wohnung Gespräche mit engen Angehörigen geführt werden und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Tatbeteiligte sind. Das gilt auch für Gespräche mit Ärzten, Pfarrern oder Strafverteidigern. Nach dem Karlsruher Urteil müssen sie die Überwachungsanordnungen künftig sehr viel konkreter begründen. Auch Verlängerungen der Überwachungsmaßnahme werden in Zukunft von ihnen entschieden. Bisher ist dafür keine richterliche Genehmigung nötig. Staatsanwaltschaft und Polizei entschieden über die Verlängerung. Das Gericht stärkte weiters die Rechte der Überwachten. Ihre Benachrichtigung darf nur in solchen Fällen zurückgestellt werden, wenn dadurch das Leben einer Person gefährdet ist. Die bisherige pauschale Regelung, dass auch die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder der Einsatz eines verdeckten Ermittlers für eine Aussetzung der Benachrichtigungspflicht ausreicht, erklärten die Richter für verfassungswidrig. Die Auflagen wurden damit begründet, dass der Schutz der Privatwohnung in engem Bezug zur Menschenwürde steht. Bundesjustizministerin Zypries (SPD) kündigte die Umsetzung des Karlsruher Urteils an und erklärte, der Große Lauschangriff sei als „Ultima Ratio“ nur in 119 Fällen angewendet worden. Presseberichten zufolge waren von den Überwachungsmaßnahmen nach § 110c StPO 400 Personen betroffen - davon 36 % Unverdächtige. Seit 1990 stieg die Zahl der im Rahmen des Kleinen Lauschangriffes abgehörten Telefongespräche von jährlich 1200 auf mindestens 14.000.

 

Die Hamburger Bürgerschaftswahlen endeten mit einem Triumph für die regierende CDU: Erstmals in der Geschichte des Bundeslandes Hamburg errang sie die absolute Mehrheit der Mandate, und noch nie in der Geschichte der BRD konnte eine Partei bei einer Landtagswahl einen höheren Stimmenzuwachs erzielen. Die SPD fiel als Folge der asozialen Politik Schröders auf einen historischen Tiefstand ab. In der neuen Bürgerschaft werden nur 3 Parteien vertreten sein: Die CDU mit 47,2 % (+ 21 Prozentpunkte) und 63 Sitzen, die SPD mit 30,5 % (- 6 Prozentpunkte) und 41 Sitzen sowie die Grünen mit 12,3 % (+3,7 %) und 17 Sitzen. Die bislang mitregierenden Parteien FDP und PRO verschwanden mit 2,8 % bzw. 0,4 % (- 19 Prozentpunkte) aus der Bürgerschaft. Auch die Allianz von Partysenator Schill und dem Börsenspekulanten Hoffmann, die ProDM/Schill scheiterte mit 3,1 % an der Sperrklausel. Mit 1,1 % kommt die linke Wahlplattform Regenbogen in den Genuss von Wahlkampfkostenerstattung. Der von der SPD erhoffte Müntefering-Effekt blieb Wunschdenken, die Partei wurde erneut für ihre Politik auf Bundesebene abgestraft. Verheerende Stimmenverluste gab es vor allem bei Arbeitern und Erwerbslosen - erneut also eine mangelnde Mobilisierung der sozialdemokratischen Wählerklientel. Schröders parteiinterne Gegner wie Harald Schartau, Heiko Maas und Ottmar Schreiner protestierten erneut gegen die Agenda 2010. Allerdings errang PRO/DM in mehreren südlichen Stadtteilen mehr als 5 %. Die CDU gewann 165.500 Stimmen, die rund zur Hälfte von der PRO kamen. Weitere Hochburgen der CDU waren Rentner und Besserverdienende. Die PRO gab kaum Stimmen an die SPD ab, wir sehen hier die gleiche Taktik, wie sie schon in den Niederlanden und Österreich erfolgreich war: Einbindung der Rechtspopulisten, und nachdem diese ihre Politik- und Regierungsunfähigkeit demonstriert haben, heimst man die Wählerstimmen ein. Bei den Wahlen zur Bezirksversammlung Mitte erhielt Regenbogen immerhin 3,2 %. Im Bezirk Harburg glückte ProDM/Schill mit 5,2 % der Sprung in eines der sieben Bezirksparlamente, in Mitte war die Liste mit 4,5 % hart daran. Ronald Schill kündigte nunmehr seine Auswanderung nach Südamerika an, wir empfehlen aus nahe liegenden Gründen Kolumbien. PRO-Spitzenkandidat und Innensenator Dirk Nockemann verkündete seinen Parteiaustritt und liebäugelt nun mit der CDU, ebenso wie Gesundheitssenator Peter Rehaag. Der Bundesvorsitzende Mario Mettbach, seinerzeit schon mit der STATT-Partei gescheitert, stellte sein Amt zur Verfügung. Seit dem Parteiausschluss Schills halbierte sich die Mitgliederzahl auf Landes- und Bundesebene. Fraktionschef a.D. Norbert Frühauf will die Arbeit fortsetzen, peilt einen Antritt bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2006 an. Allerdings sieht alles danach aus, als ob das rechtsreaktionäre Experiment PRO nun endlich sein verdientes Ende gefunden hat, von der Konkursmasse dürften die CDU und nationalliberale bis rechtskonservative Gruppen profitieren.

 

Der BGS nahm das neue Polizeiliche Informations-, Kommunikations- und Unterstützungssystem PIKUS in Betrieb. Das moderne Einsatzleitstellensystem versetzt den Bundesgrenzschutz in die Lage, seine Einsatzkräfte und -mittel noch effizienter einzusetzen. Digitales Kartenmaterial ermöglicht es den BGS-Paramilitärs, Fahndungen gezielter durchzuführen. Mittels GPS-gestützter Technik werden die bundespolizeilichen Reaktionszeiten verkürzt. Alarmierungen von Einsatz- und Zusatzkräften erfolgen künftig ohne Zeit- und Informationsverluste, was sich beim Zusammenknüppeln und Einkesseln von Demonstranten durch die Sondereinheiten des Innenministeriums sicherlich vorteilhaft auswirken wird. Die Einführung wurde durch die Inbetriebnahme von PIKUS im Bundesgrenzschutzamt Berlin mit seinen 2000 Beamten und Mitarbeitern eingeleitet.

 

Die spanische Polizei stellte im Großraum Madrid einen bis unter das Dach mit Sprengstoff beladenen Lieferwagen sicher. Die explosive Fracht stammte aus den Arsenalen der baskischen Untergrundorganisation ETA, welche offenbar mit einem Anschlag monströsen Ausmaßes ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellten wollte. Wäre die Zündung der 536 Kilogramm Sprengstoff erfolgt, hätte die Autobombe einen Krater von beachtlichen 35 Meter Durchmesser gerissen und alle Gebäude im Umkreis von 60 Metern in Trümmer gelegt. Zwei mutmaßliche Aktivisten wurden festgenommen und den Folterknechten der Guardia Civil übergeben.

 

Anlässlich des schiitischen Ashura-Festes kam es im Irak zu brutalen Bombenanschlägen auf Prozessionen der Gläubigen. In Kerbela waren mehr als 1 Million Pilger zum jahrzehntelang verbotenen Gedenken an den Imam Hussein, den Enkel des Propheten Mohammed, erschienen. Hier und an einer heiligen Stätte in Bagdad attackierte man die Prozessionen durch Selbstmordattentäter und die Zündung von am Straßenrand verborgenen Sprengsätzen, hinzu kam Beschuss durch Mörsergranaten. Die Bilanz des Massakers beläuft sich auf mindestens 185 Tote und weit über 400 Verletzte. Nach amerikanischer Ansicht soll hinter dem Blutbad der dem Terrornetzwerk al-Qaida nahe stehende jordanische Islamist al-Zarqawi stecken, allerdings distanzierte sich die Organisation mit scharfen Worten von den Anschlägen. Hierzu ist anzumerken, dass Hinweise vorliegen, nach denen die Gruppe Zarqawis sich aus der Abhängigkeit von bin Laden löste und sich selbständig machte. Am nächsten liegt der Schluss, dass die Attentäter einen Bürgerkrieg im Irak provozieren wollen - und dieser nutzt im Grunde genommen nur den Amerikanern, die dann eine Rechtfertigung für ihre weitere Kolonialherrschaft haben. Dieser Ansicht ist übrigens die überwältigende Mehrheit der irakischen Bevölkerung, die amerikanische Agenten für die Drahtzieher hält und anlässlich der Anschläge ihrem Hass gegen die Okkupanten freien Lauf ließ.

 

Die jüngsten Ausfälle von Lega-Nord-Chef Umberto Bossi gegen den Vatikan haben in der römischen Koalition neuen Streit ausgelöst. Vizepremier Gianfranco Fini stellte Regierungschef Silvio Berlusconi ein Ultimatum: "Die Grenze des Erträglichen ist überschritten. Wir fordern den Premier auf einzuschreiten, bevor es zu spät ist." Die Alleanza Nazionale und die klerikalen Christdemokraten bestanden unisono auf einer offiziellen Verurteilung Bossis durch Berlusconi und drohten mit Konsequenzen. "Wir können die Föderalismusreform durchaus platzen lassen.“ Der wortgewaltige Lega-Vorsitzende hatte am Wochenende dazu aufgefordert, der katholischen Kirche die Geldmittel zu streichen. Vor allem verlangte er die Abschaffung der Praxis, wonach jeder Bürger auf der Steuererklärung acht Promille seines Einkommens der Kirche gewähren kann. Norditalien versorge nicht nur das "diebische Rom", sondern auch "Monsignori, Kardinäle und anderes Volk". Zu viel Geld für den parasitären Klerus sei ein großes Problem. "Viele Kardinäle beten den Gott Mammon an. Die möchte ich lieber barfuss sehen.“ Berlusconi war indessen nicht bereit, die guten Beziehungen seiner rechtsreaktionären Koalition zum Heiligen Stuhl zu gefährden.

 

Jedes Jahr legt das US-Außenministerium ihre Länderberichte zur Menschenrechtslage vor. Für diese Einmischung der gewalttätigsten Gesellschaft dieses Erdballs in die Angelegenheiten mitunter völlig andersartiger Kulturkreise revanchierte sich nun der Staatsrat der Volksrepublik China - mit einem Menschenrechtsbericht über die USA. Wir greifen lediglich einige der haarsträubenden Zahlen heraus. In den städtischen Ballungsgebieten der Vereinigten Staaten können mehr als 2 % der Bevölkerung als Kriminelle betrachtet werden. Sofern sie nicht zur Armee gingen und andere Länder verwüsteten, versteht sich. Die Zahl der Morde stieg landesweit von 15.586 im Jahre 2000 auf 16.110 im Jahre 2002. Im Jahre 2003 nahm die Zahl der Morde alleine in der ersten Jahreshälfte um 1,1 % zu (Städte wie die Hauptstadt Washington D.C. haben fünfmal höhere Steigerungsraten, in Kalifornien steigerte sich die Mordanzahl alleine im Jahr 2002 um 11 %). In den urbanen Zentren stieg die Zahl der Vergewaltigungen im Jahr 2003 um 4 %. Jede dritte amerikanische Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer häuslicher Gewalt durch Ehemänner oder Beziehungspartner. Nach Angaben des US National Youth Gang Center bestehen rund 21.500 teilweise schwerstkriminelle Gangs mit 731.000 Angehörigen, infolge eines Bandenkrieges in New York musste im Sommer 2003 phasenweise der polizeiliche Notstand verhängt werden. Alleine in Washington D.C. gelten 10 % der Gesamtbevölkerung als Konsumenten legaler und illegaler Drogen, 50 % aller Gewalttaten werden hier unter Drogeneinfluss begangen. Über die Hälfte der mehr als 2,1 Millionen Gefängnisinsassen sitzt wegen Drogendelikten und Beschaffungskriminalität ein. Mehr als 700.000 Strafgefangene sitzen in Hochsicherheitstrakten bei 23 und mehr Stunden Verschluss ein. Jeder fünfte männliche Gefangene und bis zu 25 % aller weiblichen Häftlinge werden im Knast von Mitgefangenen oder Angehörigen des Personals sexuell genötigt oder vergewaltigt. Das Gefängnissystem ist dermaßen überlastet, dass man in 6 Bundesstaaten die Verpflegungsrationen der Häftlinge kürzte. Jeder sechste Strafgefangene leidet an einer Geisteskrankheit oder an Schwachsinn, ist also eindeutig für seine Straftaten nicht verantwortlich zu machen. Human Rights Watch konstatierte bereits, die amerikanische Gesellschaft schiebe ihre psychischen Problemfälle in die Gefängnisse ab und nicht in therapeutische Behandlung - Zustände wie im Europa des frühen 18. Jahrhunderts. Noch immer haben die Vereinigten Staaten die Internationale Konvention über materielle, soziale und kulturelle Menschenrechte nicht unterzeichnet. Die Folgen für die Lebenslage des Großteils der Werktätigen sollten klar sein (nicht umsonst sind Zeitarbeitsfirmen die größten Arbeitgeber in den USA). Das Vermögen des reichsten 1 % der US-Amerikaner übertrifft den Gesamtbesitz der ärmsten 40 %. Entsprachen diese Vermögenswerte noch 1979 7,5 % des Volkseinkommens, so lag dieser Wert 2000 bereits bei 15,5 %. Im Jahre 2002 lebten 12,1 % der Gesamtbevölkerung, also 34,6 Millionen Menschen, in bitterster Armut - 1,7 Millionen mehr als im Vorjahr. Von diesen Armen sind - im reichsten Land der Erde - 31 Millionen dem Risiko ausgeliefert, hungern zu müssen. Bereits jetzt hungern 3,8 Millionen amerikanischer Familien. In den 25 größten Ballungszentren der USA sind 19 % der Bevölkerung (22 Millionen Menschen) auf Lebensmittelzuteilungen der Wohlfahrt angewiesen. Ihre Zahl nahm 2003 gegenüber dem Vorjahr um 17 % zu. Schon im Jahr 2002 wurde die Zahl der Obdachlosen auf 3 Millionen geschätzt, in Washington D.C. leben mehr als 3 % der Bevölkerung auf der Straße. New York hat Zehntausende von Obdachlosen in Notquartieren zusammen gepfercht. Zwischen 1982 und 2002 kamen beinahe 2200 Arbeitnehmer bei Betriebsunfällen ums Leben, da die amtlichen Sicherheitsstandards gerade in der Industrie ein Witz sind. Das Krankenversicherungssystem ist ebenfalls erbärmlich: 2002 waren 43,6 Millionen Amerikaner (15,2 % der Bevölkerung) nicht krankenversichert, 5,7 % mehr als im Vorjahr. Alleine zwischen 1987 und 2001 stieg die Zahl der nicht krankenversicherten Arbeitnehmer in Großunternehmen von 7 auf 11 %. Zwar machen Personen über 65 13 % der Bevölkerung aus, aber Senioren stellen 19 % aller Selbstmordopfer. Zur Verdeutlichung: 1999 nahmen sich mehr als 6000 Alte das Leben. Angesichts eines derartigen sozialen Umfeldes verwundert es nicht, dass 10 % aller Kinder und Jugendlichen als psychisch gestört zu klassifizieren sind.

 

Die bereits im Mai 2001 für ihre Beteiligung an einer Operation gegen den NATO-Stützpunkt im spanischen Rota zu 9 Jahren Knast verurteilter ehemalige RAF-Aktivisten Andrea Klump sieht sich einem neuen Verfahren gegenüber. Die in Stuttgart-Stammheim einsitzende ehemalige Untergrundkämpferin wird ab Ende April wegen versuchten Mordes in 33 Fällen und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion vor Gericht stehen. Gemeint ist der dubiose Bombenanschlag auf einen Bus voller jüdischer Einwanderer, verübt Ende 1991 in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Das Attentat endete mit 5 teilweise schwer Verletzten. Die Angeklagte und die Verteidigung bestreiten jegliche Beteiligung an Planung, Vorbereitung und Durchführung. Klump wurde im September 1999 von einer Spezialeinheit der österreichischen Polizei in Wien verhaftet, ihr Gefährte Horst-Ludwig Meyer wurde dabei erschossen.

 

Nach dem Kosovo regen sich auch in der serbischen Provinz Vojvodina separatistische Tendenzen. Die Parlamentsmehrheit der von einer starken ungarischen Bevölkerungsgruppe bewohnten Region legte dieser eine eigene Nationalfahne zu: Umrandet von einem dünnen roten und weißen Streifen glitzern drei goldene, fünfzackige Sterne auf einer breiten, hellblauen Oberfläche. Die Sterne symbolisieren die drei Provinzregionen Banat, Backa und Srem. Allerdings musste die Parlamentssitzung wegen einer Bombendrohung serbischer Nationalisten für einige Stunden unterbrochen werden. Serbiens Ultranationalisten von der SRS, der stärksten politischen Kraft im Lande, erklärte das Fahnengesetz zum Ausdruck separatistischer Hysterie. Das Banner enthalte Symbole der EU, das Parlament der Vojvodina habe keine Unterstützung im Volk, man müsse vorgezogene Parlamentswahlen in der Provinz ausschreiben und die "Autonomisten wegfegen", die die "territoriale Integrität Serbiens gefährden". Die Autonomie der Vojvodina und des Kosovo wurde 1989 auf dem Höhepunkt des serbischen Nationalismus unter Führung von Slobodan Milosevic aufgehoben. Belgrad bestimmte fortan über die wirtschaftlichen Ressourcen der reichen nördlichen Provinz. Alle Einkommen flossen in die Hauptstadt, und die Zentralregierung verfügte darüber. Auch nach der Wende vor über drei Jahren blieb das zentralistische System bestehen. Belgrad behielt sich das Recht vor, über die Privatisierung in der Vojvodina zu entscheiden. Nach der Ermordung von Premier Zoran Djindjic wurden alle Gespräche über die Autonomie auf Eis gelegt. Von dem neuen nationalkonservativen Premier Serbiens, Vojislav Kostunica, könne die Vojvodina nichts Gutes erwarten, erklärte Nenad Canak als Parlamentspräsident der Vojvodina und Vorsitzender der Liga der Sozialdemokraten. Deshalb einigten sich alle autonomistischen Kräfte auf eine an die Adresse der EU gerichtete Initiative über die Autonomie. Sechs serbische (!!!) und ungarische Parteien fordern, dass alle Nachwehen der Milosevic-Zeit beseitigt werden, die Vojvodina ihre Autonomie zurück erhält und künftig nationale Minderheiten im serbischen Parlament vertreten sind, in dem sie jetzt wegen dem alten Wahlgesetz keine Abgeordneten haben. Man wolle endlich über das eigene Schicksal und die eigene Wirtschaft verfügen können, forderte József Kasza, Vorsitzender der Allianz der Ungarn in der Vojvodina. Die gesamtserbischen Parteien haben in der Vojvodina einen gemeinsamen Block gegründet, um den Regionalisten entgegenzutreten. Auch die in der Opposition befindlichen Ultranationalisten und Sozialisten wurden zur Mitarbeit eingeladen.

 

Der Einsatz Kostunicas für eine Kantonsbildung im Kosovo, wodurch die serbische Volksgemeinschaft in der Provinz "eine wesentliche Autonomie" bekommen solle, hat in der Provinzhauptstadt Pristina negative Reaktionen ausgelöst. Ein UNMIK-Sprecher bezeichnete Kostunicas Vorschlag gegenüber dem Belgrader Sender "B-92" als "völlig unannehmbar". Gleichzeitig wies er darauf hin, dass der UNO-Sicherheitsrat über den Status der Provinz entscheiden werde. Die offiziell zu Serbien gehörende Provinz wird seit 1999 von der UNO (UNMIK) verwaltet. Die Kosovo-Regierung sei über den Vorschlag von Kostunica nicht überrascht, schließlich habe man seine ultranationalistischen Äußerungen während des Kosovo-Krieges (1998-1999) vor Augen, erklärte indes die Sprecherin der Provinzregierung, Mimoza Kusari. Sie warf dem designierten serbischen Regierungschef gleichzeitig kriegerische und destruktive Äußerungen vor. "Kostunica soll sich der Tatsache bewusst sein, dass die Zeiten der Segregation und der Kantonsbildung auf ethnischer Grundlage vorbei sind. Die Regierung des Kosovo ist äußerst bemüht, eine Integration aller Volksgruppen im Kosovo herbeizuführen."

 

Im Gazastreifen kam es zu einer erneuten gezielten Liquidierung eines palästinensischen Widerstandsführers durch die zionistischen Besatzer. Einem Hubschrauberangriff fiel der ranghohe Jihad-Kommandeur Mahmud Juda zum Opfer. Ferner wurden seine beiden Begleiter getötet und 11 Zivilisten verletzt. Ein weiterer Anschlag der zionistischen Staatsterroristen richtete sich gegen einen mit 3 ranghohen Hamas-Aktivisten besetztes Fahrzeug. Bei der ebenfalls im Gazastreifen verübten Mordaktion kamen alle Widerstandskämpfer ums Leben. In Nablus und Tulkarem kam es zu Operationen der israelischen Besatzungstruppen, wobei 3 Aktivisten der PLO-Mehrheitsfraktion Fatah bzw. ihres bewaffneten Armes, der Al-Aqsa-Brigaden, getötet wurden. Abdallah al-Shami als Oberkommandierender des Jihad kündigte Vergeltung an und erklärte, Israel stünden die „schwärzesten Tage seiner Geschichte“ bevor.

 

Beim schwersten Angriff maoistischer Rebellen in Nepal seit dem Scheitern der Friedensgespräche vor einem halben Jahr sind mindestens 39 Menschen getötet worden. 2000 Rebellen attackierten einen Fernmeldeturm in Bhojpur rund 200 Kilometer östlich der Hauptstadt Kathmandu. Bei den erbitterten Gefechten um die Stadt kamen 31 Soldaten und Polizisten und nur 10 Rebellen um. Der Fernmeldeturm wurde nach Angaben von Sicherheitskräften zerstört und damit die Telekommunikationsverbindungen aus der Region ins restliche Land unterbrochen. Der Onlinedienst Nepalnews meldete, die Maoisten hätten ursprünglich versucht, den Turm zu erobern. Die Führung der Maoisten hatte vor wenigen Monaten zugesagt, Infrastruktureinrichtungen wie Brücken oder Telekommunikationsanlagen nicht anzugreifen oder zu zerstören. Die Sicherheitskräfte entsandten Verstärkung in die Region und begannen eine Suchoperation nach Rebellen. Nach einem unbestätigten Bericht des Onlinedienstes Kantipuronline griffen die Rebellen in der Gegend auch Verwaltungsgebäude und Armeebaracken an. Der Radiosender HBC FM meldete unter Berufung auf Sicherheitskräfte, die Maoisten hätten in der Gegend außerdem eine Bankfiliale zerstört. Der seit 8 Jahren andauernde Bürgerkrieg forderte bislang 10.000 Menschenleben.

 

Wie das Statistische Bundesamt zum Internationalen Tag der Frau (8. März 2004) mitteilte, verdienten Frauen in der patriarchalisch dominierten BRD weiterhin rund 30 % weniger als Männer. Der Durchschnittsverdienst der weiblichen vollzeitbeschäftigten Angestellten in Produzierendem Gewerbe, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe betrug im Jahr 2003 durchschnittlich 2 602 Euro monatlich; das sind - wie schon im Jahr 2002 - rund 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Produzierenden Gewerbe erzielten die vollzeitbeschäftigten Arbeiterinnen einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1 885 Euro, das waren 26 % weniger als die Arbeiter (2 549 Euro). Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen war in den neuen Ländern deutlich geringer als im früheren Bundesgebiet, was ein Erbstück der frauenpolitisch weitaus fortschrittlicheren DDR sein dürfte. In den neuen Bundesländern verdienten die weiblichen Angestellten 2 176 Euro und die Arbeiterinnen 1 515 Euro und damit 23 bzw. 22 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Verdienstunterschiede beruhen nach Angaben der Behörde zum großen Teil auf unterschiedlichen Tätigkeiten - gemessen an der Einstufung in Leistungsgruppen. So waren im Jahr 2003 40 % der männlichen Angestellten in Deutschland der Leistungsgruppe II, die verantwortliche Tätigkeiten und besondere Erfahrungen voraussetzt, zugeordnet, jedoch nur 15 % der weiblichen Angestellten. Bei den Arbeitern waren 60 % der Männer und nur 13 % der Frauen Fachkräfte. Weitere Erklärungsfaktoren für die Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen sind die unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit und die unterschiedliche Qualifikation.

 

Die Euphorie der frühen Einheitsjahre ist verflogen: Wenn 1990 noch von einer Mehrzahl der Bevölkerung an des damaligen Kanzlers Kohl versprochene blühende Landschaften geglaubt wurde, ist die Stimmung in den neuen Bundesländern heute auf dem Tiefpunkt. Hauptproblem ist laut Report des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums Berlin-Brandenburg (SFZ) die soziale Verunsicherung der Menschen in allen Lebenslagen. Das habe nicht nur zu einer sinkenden Lebenszufriedenheit geführt, sondern die wachsende Angst vor weiteren Verschlechterungen könne die soziale Stabilität langfristig gefährden. Die Sozialreformen fänden keine Akzeptanz. Sie würden als extrem bürgerfeindlich angesehen und als bedrohlichen Angriff auf Besitzstände und Lebensstandard empfunden. Zukunftspessimismus ist zurzeit das dominierende Lebensgefühl. Illusionen hat niemand mehr. Im Vergleich zu den letzten Jahren ist die allgemeine Unzufriedenheit auf einen historischen Tiefsstand gesunken. Für diese 14. Erhebung nach dem Jahre Null der Wiedervereinigung wurden im August/September 2003 insgesamt 1360 Frauen und Männer ab 18 Jahren in den neuen Bundesländern und dem Ostteil von Berlin befragt. Vier von fünf Ostdeutschen sehen danach eher schwarz. Nur jeder fünfte Befragte ist zufrieden und optimistisch. In erster Linie gehören dazu Beamte und Akademiker mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über 2500 Euro. Unter Arbeitslosen, Niedrigverdienern und den 45- bis 60-Jährigen mit weniger als 1000 Euro im Monat ist der Frust am größten. Nur 3 Prozent aus dieser Gruppe erhoffen sich noch etwas für die Zukunft. Insgesamt beurteilt ein Drittel die eigene wirtschaftliche Lage als schlecht. Mehr als die Hälfte aller Befragten befürchtet Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg. Während die 18- bis 24-Jährigen noch bescheidene Erwartungen für die weitere Entwicklung haben, befürchten die 45-Jährigen eher massive Verschlechterungen. In den neuen Bundesländern verfestigt sich dazu immer stärker die Überzeugung, in einer Sonderregion zu leben. Das mag daran liegen, dass die Unterschiede bei Lebens- und Einkommensverhältnissen in Ost und West immer noch gravierend sind und das „2.Klasse“-Gefühl zu einer verstärkten eigenständigen Ost-Identität führt, die, so die Meinungsforscher, weniger in der gemeinsamen Vergangenheit begründet ist, sondern aus den gleichen Lebensverhältnissen resultiert. Ein Wir-Gefühl in der allgemeinen Verunsicherung.

 

Die offiziell eingestandene Massenarbeitslosigkeit hat auch im Februar erneut zugenommen. Wegen der kalten Jahreszeit und „nachlassender Effekte der Arbeitsmarktreformen“ ist die Zahl der Menschen ohne Job im Vergleich zum Vormonat um 43 600 auf 4 641 000 gestiegen. Die Arbeitslosquote wuchs um 0,1 auf 11,1 %, wie die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg bekannt gab. Rechnet man die 65.900 Erwerbslosen, die infolge der vorübergehenden Teilnahme an Eignungsfeststellungs- und Trainingskursen nicht in den Statistiken geführt werden, dazu, so liegt die Zahl Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Vorjahresmonat 1 700 höher. In Westdeutschland zählten die Arbeitsämter 2 945 400 Erwerbslose (8,9 %), in der Sonderwirtschaftszone Ost waren 1.695.600 Arbeitslose (19,4 %) registriert. Wir merken an, dass man bei Berücksichtigung der so genannten Stillen Reserve von ca. 3 Millionen zusätzlichen Arbeitslosen ausgehen kann. Der winterliche Anstieg der Erwerbslosigkeit ging vornehmlich zu Lasten männlicher Arbeitskräfte, auch die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren legte noch einmal kräftig zu.

 

Die Zahl der Wohngeldempfänger in der Bundeshauptstadt ist dramatisch gestiegen. Insgesamt 243 500 Berliner Haushalte erhielten Ende 2002 Wohngeld. Das waren 13,1 % aller privaten Haushalte und damit knapp 16 % mehr als noch ein Jahr zuvor. Spitzenreiter ist das von faktischer Slumbildung betroffene Neukölln, wo 19,1 % aller Privathaushalte (welche beinahe 20 % der Bewohner repräsentieren) diese staatliche Unterstützung erhalten. In Friedrichshain-Kreuzberg beziehen 18,6% der Haushalte Wohngeld. In Spandau sind es 16,7 %, in Mitte 15,5 und in Marzahn-Hellersdorf 15,2.

 

In Dortmund soll sich die Zahl der weiblichen Armutsprostituierten seit 2002 um 60 % erhöht haben. Ursache sind die steigenden Kosten für Miete, Kredite, Studium, Stromrechnung etc., die mittlerweile von vielen Haushalten nicht mehr aufgebracht werden können. In einigen Stadtteilen des armen Dortmunder Nordens erhöhte sich im vergangenen Jahr die Zahl der Haushalte, denen aus finanziellen Gründen die Zufuhr von Strom, Wasser und Gas gesperrt wurde, um geschlagene 20 %. Ebenso hoch ist hier die offizielle Arbeitslosenquote.

 

Alleine der IT-Bereich baute 2003 rund 70.000 Arbeitsplätze ab, vor allem durch Verlagerung ins Ausland. Dieser Prozess ist noch längst nicht abgeschlossen, alleine bei Siemens sind 10.000 Stellen gefährdet. In den 90er Jahren wurde die Auslandsproduktion zu einem bestimmenden Faktor auch der bundesdeutschen Monopole. Neuere Zahlen der Metall- und Elektroindustrie belegen, dass diese Entwicklung inzwischen ganze Branchen erfasst hat, die Mittel- und Kleinbetriebe mit eingeschlossen. Die Inlandsproduktion der Metall- und Elektroindustrie hat von 1995 bis 2001 nur um gut ein Drittel zugenommen. Da der Inlandsabsatz stagnierte, war das allein dem Export zu verdanken, der sich nicht ganz verdoppelt hat. Im selben Zeitraum hat sich die Auslandsproduktion fast verdreifacht. Sie wächst am schnellsten und erreichte 2001 schon 40 % der Gesamtproduktion. 1995 lag dieser Anteil erst bei 24 %. Die bereits angekündigten Betriebsschließungen und Entlassungen machen deutlich, dass der Produktionsschwerpunkt der gesamten M+E-Industrie ins Ausland, vorrangig nach Osteuropa, verschoben werden soll. Damit wollen sie u.a. die dort heute noch niedrigeren Löhne zur Profitsteigerung ausnutzen. Ziel sind die Märkte in Osteuropa und Russland. Monopole wie Siemens nutzen das aus, die Belegschaften zu erpressen, um die Ausbeutung im In- und Ausland zu verschärfen.

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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