Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 6. bis 12. September 2003

 

Auf der Tagung der Internationalen Atomenergie-Organisation zur Vorbereitung der IAEA-Generalkonferenz in Wien stand das iranische Atomprogramm im Mittelpunkt. Die USA werfen Teheran vor, an einer Atombombe zu arbeiten. Spuren hoch angereichten Urans und verdächtige Versuchsprogramme wurden bekanntlich bereits entdeckt. IAEA-Generalsekretär El Baradei forderte den freien Zugang von Inspektionsteams zu allen iranischen Anlagen und die Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag. Washington verzichtete auf einen eigenen Entwurf, in dem Teheran der Verletzung des Atomwaffensperrvertrages bezichtigt wurde. Die Amerikaner verzichteten auch darauf, die Angelegenheit vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen. Der Iran pochte auf seine nationale Souveränität und wies weiterhin alle Vorwürfe zurück. Sein Nuklearprogramm diene rein zivilen Zwecken und sei bei weitem nicht so weitreichend wie das ehrgeizige Atomprogramm des Schah-Regimes. Das iranische Außenministerium dachte demonstrativ bereits an, die Zusammenarbeit mit der IAEA einzustellen, falls diese sich hinter die amerikanische Drohkulisse stellen sollte. Nordkorea hatte die IAEA-Inspektoren bereits im vergangenen Jahr aus dem Land geworfen. Israel richtete interministerielle Arbeitsgruppe ein, die den Iran an der Beschaffung von Kernwaffen hindern soll. Die Tatsache, dass die Leitung beim Mossad-Chef Meir Dagan persönlich liegt, deutet nicht gerade auf eine friedvolle Entwicklung hin.

 

Dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse zufolge sind die Arbeitnehmerfehlzeiten aufgrund depressiver Störungen seit dem Jahr 2000 im Schnitt um mehr als 5 % jährlich angestiegen. Fehlt der durchschnittliche Arbeitnehmer 8,8 Arbeitstage jährlich, so liegen die Ausfallzeiten bei depressiv erkrankten bei 51 Tagen. Hochburgen der Depression im Büro sind Hamburg und Berlin. Die höheren Fehlzeiten kommen durch gestiegene Fallzahlen bei den depressiven Störungen zu Stande. Hauptsächlich betroffen sind Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung oder Abitur.

 

Ahmed Chalabi, Präsident des Irakischen Nationalkongresses und derzeit Ministerpräsident der irakischen Übergangsregierung, verhandelte mit der türkischen Regierung um eine Truppenentsendung, und überging damit den kurdischstämmigen Außenminister Hoshiar Sebari. Die türkischen Verbände in Stärke von 10.000 Mann sollen bei Zustandekommen einer neuen UN-Resolution im nichtkurdischen Westirak stationiert werden. Ankara fordert offenbar gesicherte Nachschubkorridore durch den kurdischen Nordirak, Beteiligung an Aufträgen zur Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung und ein amerikanisches Vorgehen gegen die in dem Gebiet befindlichen 5000 PKK-Guerrilleros. Nach den Gesprächen änderte Chalabi angesichts der türkischen Forderungen seine Meinung, da er ein türkisches Vorgehen gegen die PKK befürchtet. Die Arabische Liga gestand dem irakischen Regierungsrat nach langem Zögern das Recht zu, den Irak innerhalb ihrer Organisation zu vertreten. Die Zulassung ist jedoch auf ein Jahr befristet.

 

Bei diversen Widerstandsaktivitäten verlor Uncle Sam in dieser Woche mindestens 3 Gefallene und 20 Verwundete. In Falluja demonstrierten amerikanische Truppen wieder einmal ihre schießfreudige Mentalität, wahlweise auch lausige Ausbildung, (aus Kreisen britischer Kriegsheimkehrer erreichte uns die Mitteilung, dass die Verbündeten aus reinem Selbstschutz einen weiten Bogen um US-Soldaten machen) und massakrierten versehentlich bis zu 17 Angehörige der irakischen Kollaborateur-Polizei. Großbritannien verstärkte seine Besatzungstruppen um 3000 auf 13.500 Soldaten. Die Verhandlungen der USA mit dem UN-Sicherheitsrat über eine neue Resolution, welche die Entsendung internationaler Truppenverbände ermöglichen soll, treten infolge des amerikanischen Dominanzanspruches weiterhin auf der Stelle.

 

Bundeskanzler Schröder wiederholte sein verdächtiges Angebot an die Amerikaner. Zwar werde die BRD keine Truppen schicken (auch wenn der Bundeswehr-Verband mittlerweile unumwunden dafür eintritt), aber man könne die Ausbildung der irakischen Polizei übernehmen und Offizierslehrgänge bei der Bundeswehr durchführen. Die Effektivität der Ausbildung ist unbestritten: Ende vergangenen Jahres schossen von BRD-Bullen ausgebildete afghanische Polizisten eine studentische Protestdemo in Kabul zusammen. Etwas verständlicher wird Schröders Angebot unter Berücksichtigung von Äußerungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Dem DIHK zufolge schielen bundesdeutsche Unternehmen auf das irakische Binnenmarktpotenzial, das dynamischste im gesamten Nahen und Mittleren Osten. Interesse besteht auch an Erdölkonzessionen, an der Privatisierung der Wasserwirtschaft, an der Sicherung von Erdölfeldern, an amerikanischen Subaufträgen, der Abwicklung von irakischen Exportgeschäften und an Instandsetzungsaufträgen.

 

Die USA wollen mit ihren Partnern Japan und Südkorea über mögliche Sicherheitsgarantien für Nordkorea beraten. Hauptziel bleibt jedoch, Pjöngjang zur Einstellung des Atomprogramms zu bewegen. Über etwaige Wirtschaftshilfen soll später verhandelt werden. Das State Department erteilte allen Bestrebungen, die kommunistische Ordnung in Nordkorea zu stürzen, eine klare Absage. Südkoreas Regierung rechnet offenbar mit einem unmittelbar bevorstehenden Atomtest durch den Nordstaat, die bislang um Deeskalation bemühte Haltung Seouls verhärtete sich mit amerikanischer Rückendeckung. Laut südkoreanischen Pressemeldungen soll Nordkorea eine neue Rakete mit 4000 Kilometer Reichweite entwickelt haben und könnte so den US-Flottenstützpunkt Guam im Zentralpazifik erreichen. Pjöngjang wiederum rief die USA auf, ihre feindselige Politik zu beenden, um eine Beilegung des Atomstreits zu ermöglichen. Nordkorea forderte als Gegenleistungen für einen Verzicht auf Atomwaffen Erdöllieferungen, Wirtschaftshilfen, diplomatische Beziehungen zu den USA und einen Nichtangriffspakt. Der kommunistische Staat sagte weitere Verhandlungen ab und kündigte an, angesichts der amerikanischen Drohkulisse seine nukleare Abschreckung zu verstärken. Die Internationale Atomenergie-Organisation zeigte sich beunruhigt, hofft aber auf eine Verhandlungslösung, um die weitere Aushöhlung des Atomwaffensperrvertrages zu verhindern.

 

Nach Informationen des „Handelsblattes“ haben sich die Regierungsparteien auf eine Änderung des MAD-Gesetzes geeinigt. Demnach darf der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr, bislang zumindest offiziell auf Spionage- und Subversionsabwehr festgelegt, künftig auch im Ausland tätig werden. Die Auftragserweiterung bezieht sich vordergründig auf Überwachung und Schutz der im Ausland eingesetzten Soldaten. Der grüne Pseudolinke Ströbele scheint in seiner Naivität tatsächlich zu glauben, der MAD werde sich wie in der Regierungsvorlage festgeschrieben, nur auf die Aufklärung in Einrichtungen und Dienststellen der Bundeswehr beschränken. Die Militärgeheimdienstler fordern schon seit geraumer Zeit, vom BND die Zuständigkeit für die gesamte militärische Auslandsaufklärung zu erhalten. Bezeichnenderweise war der MAD schon während des Kosovo-Krieges mit Vernehmungsoffizieren auf dem Balkan aktiv.

 

Im Rahmen eines Kurzbesuches in Afghanistan sprach sich US-Kriegsminister Rumsfeld für eine Ausweitung des ISAF-Mandates über Kabul hinaus aus und sicherte der Marionettenregierung Karzai erhebliche Finanzhilfen für den Wiederaufbau des verwüsteten Landes zu. Die heftigen Gefechte im Grenzgebiet zu Pakistan halten an, und die Zentralregierung musste bereits Verstärkungen entsenden. Alleine in den letzten Tagen sollen 1000 Taliban-Kämpfer über die pakistanische Grenze eingesickert sein. Die Verunsicherung der weitestgehend aus Reservisten bestehenden amerikanischen Truppen vor Ort dokumentiert ein Bericht der „Leipziger Volkszeitung“. Der LVZ zufolge führen US-Konvois im Kampfgebiet im Südosten Afghanistans die bundesdeutsche Flagge, um den Angriffen von Taliban, Islamisten und Hektmatyar-Truppen zu entgehen. Unter normalen Umständen ein Fall für das Kriegsgericht.

 

In Afghanistan und auf Diego Garcia sind derzeit rund 1000 „Terrorverdächtige“ von den Amerikanern interniert. Besonders gefürchtet ist das Gefangenenlager der US-Basis Bagram, hier sind bereits 3 Gefangene bei Folterungen und Misshandlungen durch die Ami-Soldateska, die CIA oder Verhörspezialisten „befreundeter Dienste“ ums Leben gekommen. Den ins Konzentrationslager Guantanamo Bay überstellten Gefangenen kamen laut SPIEGEL die dortigen Verhältnisse im Gegensatz zu Bagram geradezu paradiesisch vor. Es sind Fälle bekannt, nach denen Gefangene ein Jahr lang in alten Containern voller Ungeziefer in Isolations- und Dunkelhaft gehalten wurden. Angesichts internationaler Proteste und der verheerenden Auswirkungen auf die arabisch-islamische Öffentlichkeit forderte das US-Außenministerium das Pentagon bereits vor Monaten auf, die Insassen des Lagerkomplexes von Armee und CIA endlich als Kriegsgefangene mit bestimmten Rechten anzuerkennen und ihnen rechtsstaatliche Prozesse zuzugestehen. Der Beobachter fühlt sich hier an die Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen nach der Kapitulation 1945 erinnert - diese galten nicht mehr als Prisoner of War, sondern als Disarmed Enemy Forces.

 

Syriens Parlamentspräsident Naji Otri wurde nach dem Rücktritt von Premier Miro mit der Regierungsbildung beauftragt. Präsident Bashar el-Assad forderte ein stärker reformorientiertes Kabinett, da Miro bei Korruptionsbekämpfung und Verwaltungsreform versagte. Es handelt sich um die erste Regierungsumbildung seit Assads Amtsantritt 2000. Otri ist als scharfer Gegner der imperialistischen Nahostpolitik der USA bekannt. Der neue Mann, Mitglied der baathistischen Führungsgremien, tritt für eine Kooperation mit der Türkei und dem Iran ein, um ein Gegengewicht gegen die Hegemoniepolitik Washingtons zu bilden. Wirtschaftsminister Ghassan Rifaee bekannte sich zwar zu ökonomischen Reformen, erteilte aber der Privatisierung staatlicher Betriebe eine klare Absage. Bereits vor der Regierungsneubildung trat das Zentralkommando der Patriotischen Front (in dieser sind alle fortschrittlichen Kräfte unter Führung der Baath-Partei zusammengeschlossen) zusammen und beschloss eine Reform der schwerfälligen Verwaltungsstruktur. Die Ministerien für Erdöl und Elektrizität sollen verschmolzen werden, ebenso das Staatsministerium für Entwicklungsangelegenheiten und das Ministerium für Lokalverwaltung. Syriens Bankenverwaltung wird als Schatzministerium vom Finanzministerium abgetrennt. Das Ministerium für Wirtschaft und Außenhandel erhält die Zuständigkeiten des Versorgungsministeriums und wird zum Handelsministerium umgewandelt. Ferner gibt das Kommunikationsministerium die Zuständigkeit für Landtransport an das Transportministerium, das Wohnungsbauministerium die Kompetenzen für Kanalisation und Wasserversorgung an das Bewässerungsministerium und andere Bereiche an das Bauministerium ab. Aufgelöst werden das Staatsministerium für Angelegenheiten der Volksversammlung, das Staatsministerium für Angelegenheiten des Roten Halbmondes, die Dienststelle des Vizepremiers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie die ständigen Regierungskomitees für Wirtschaft, Dienstleistungen und Kultur.

 

Im ersten Halbjahr 2003 stieg die Zahl der von den Arbeitsämtern verhängten Sperrzeiten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 24 % auf 155.000 an. Die Betroffenen erhielten für mindestens 3 und maximal 12 Wochen kein Arbeitslosengeld. Interessanterweise war nur in 46.000 Fällen Arbeitsunwilligkeit der Grund für die Sperre, ansonsten herrscht an den bundesdeutschen Arbeitsämtern mittlerweile vollständige Willkür. Besonders war die Zunahme in den neuen Bundesländern an: Fast 30.000 verhängte Sperrzeiten entsprechen einem Anstieg um 42 %. Die Sperrmaßnahmen bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe nahmen bundesweit gegenüber dem 1. Halbjahr 2002 um 64 % zu. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes sucht inzwischen fast die Hälfte aller Erwerbslosen länger als ein Jahr Arbeit. Besonders Männer und Frauen in den neuen Bundesländern sind von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Dort suchten rund 57 % der Erwerbslosen seit mehr als 12 Monaten einen neuen Job. Im Westen liegt der Anteil bei 44 %.

 

Der Verbraucheranalyse 2003 zufolge wird der finanzielle Spielraum weiter Kreise der bundesdeutschen Bevölkerung immer enger. Selbst bei bestem Willen können 43 % der Haushalte nicht einmal 100 Euro im Monat beiseite legen bzw. für Ausgaben außer der Reihe verwenden. Noch im Jahr 2001 lag dieser Anteil noch bei 37,3 %. Die Lage dieser Bevölkerungsgruppen hat sich so sehr verschlechtert, dass sie ihre Alltagsernährung nur noch bei Lebensmitteldiscountern sicherstellen können. Nach einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Bürgel ist jeder 10. Haushalt in der BRD nicht mehr imstande, seine finanziellen Verpflichtungen zu bedienen. Bereits vor der „Gesundheitsreform“ lag übrigens die Lebenserwartung von Angehörigen unterer Einkommensgruppen 10 Jahre unter derjenigen der “Besserverdienenden”.

 

Wirtschafts- und sozialpolitisches Versagen untergräbt die Legitimation des Systems. Nicht umsonst kündigte Bundesinnenminister Otto Schily daher den weiteren Ausbau des bundesdeutschen Sicherheitsapparates an, auch wenn wieder einmal die bösen Islamisten oder Terrorist spielende Wirrköpfe aus dem rechtsextremen Spektrum als Sündenböcke herhalten müssen. Die Bundesregierung bereitet derzeit die Aufnahme biometrischer Merkmale wie Fingerabdrücke und Irisdaten in Reisepässe, Visa und Personalausweise vor. Noch vor Jahresbeginn soll der BGS auf dem Frankfurter Flughafen mit der automatisierten und biometriegestützten Grenzkontrolle beginnen. Ab Mitte Oktober können die 23 Knotenbahnhöfe des bundesdeutschen Eisenbahnnetzes als jederzeit und rundum kameraüberwacht angesehen werden. Bislang wurden Bilder erst bei Gefahr im Verzug aufgezeichnet. Die Auswertung obliegt sowohl den örtlichen Polizeibehörden als auch dem BGS. Ferner kündigte Schily an, dass die Sicherheitsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten den Zugriff auf die EURODAC-Datenbank erhalten werden, in welcher die Fingerabdrücke von Asylbewerbern gespeichert sind. Berlin wird sich auch für eine EU-weite elektronische Rasterfahndung und den weiteren Ausbau Europols stark machen.

 

In Hamburg hielten Bundeswehrverband und Gewerkschaft der Polizei eine gemeinsame Tagung zum Thema „Terrorbekämpfung“ ab. Wenn man in einer Meldung des „Hamburger Abendblattes“ gekonnt zwischen den Zeilen liest, zeichnet sich die routinemäßige Unterstützung der BGS-Paramilitärs durch die Bundeswehr ab. Bei „Terrorgefahr“ für Zivilziele kann davon ausgegangen werden, dass das Bundesverteidigungsministerium in absehbarer Zeit Sondervollmachten für den Objektschutz erhalten wird. Dieser oblag bislang Polizei und BGS. Kriegsminister Struck konstatierte, die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit würden zusehends verschwimmen. Zunächst einmal bescheidet sich die Bundeswehr mit der Forderung nach ausgeweiteten Zuständigkeiten bei Kontrolle und Überwachung von Luftraum sowie stehenden und fließenden Gewässern. Wir sind Struck dankbar für die Zusicherung, dass er derzeit nicht daran denkt, die Bundeswehr gegen Demonstranten einzusetzen.

 

Die Regierung des am Rande des Staatsbankrottes stehenden Argentinien setzte ihre Schuldentilgung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds IWF aus und reagierte nicht auf eine gesetzte Frist zur Zahlung von 3 Milliarden Dollar. Mit Begleichung dieser Rate hätte des lateinamerikanische Land ein Viertel seiner gesamten Devisenreserven verpulvert. Dreisterweise forderte der IWF nämlich die Begleichung aus Mitteln der argentinischen Zentralbank, welche für die Wiederbelebung der rezessiven Wirtschaft eingeplant waren. Damit nicht genug: Der IWF drängt darauf, durch Steuererhöhungen und Verteuerung von Basisdienstleistungen wie Wasser, Erdgas, Telekommunikation und Strom, also vollauf zu Lasten der proletarisierten Bevölkerung, weitere Mittel für den Schuldendienst aufzubringen. Zudem profitieren neben Regierungen und Banken auch europäische Multis, denn diese haben zahlreiche Dienstleistungs- und Versorgungsunternehmen aufgekauft. Die argentinische Regierung fordert einen weitreichenden Schuldenerlass durch seine privaten Gläubiger - die Banken und Anleger sollen auf 80 Milliarden Dollar verzichten, ferner sollen Staaten und Organisationen wie IWF und Weltbank weitere 18 Milliarden Dollar streichen. Buenos Aires ist lediglich bereit, 19 Milliarden Dollar in der Zeit zwischen 2006 und 2036 zu begleichen. Das Land wird seit Jahren von einer durch die ruinöse Liberalisierungspolitik der 90er ausgelösten Finanz- und Wirtschaftskrise gebeutelt. Mittlerweile leben rund 60 % der Bevölkerung unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Hinter dem Druck des IWF stehen vor allem die europäischen Gläubiger Argentiniens, namentlich Italien, Spanien und Frankreich.

 

Aus Frustration über die destruktive Strategie Israels und infolge seines Machtkampfes mit Palästinenserpräsident Arafat erklärte der erst vor 4 Monaten berufene Ministerpräsident Mahmud Abbas seinen Rücktritt. Abbas vertrat eine gemäßigte Position gegenüber den Israelis und galt weiten Kreisen der palästinensischen Öffentlichkeit als Kollaborateur. Die israelische Regierung ließ nach der Demission verlauten, sie werde nur mit einem palästinensischen Kabinett ihres Wohlgefallens zusammenarbeiten. Aussagen von Außenminister Shalom zufolge denkt Tel Aviv derzeit darüber nach, Arafat gewaltsam aus Palästina zu entfernen und in die Verbannung zu schicken. Die israelische Friedensorganisation Gush Shalom schließt mittlerweile eine Ermordung Arafats durch die Regierung Sharon nicht mehr aus. Abgesehen von den notorisch proisraelischen USA reagierte die gesamte Weltöffentlichkeit, selbst in der BRD, mit Empörung und harscher Kritik an den Ausweisungsplänen. Als designierter neuer Palästinenserpremier wird Ahmed Kurei gehandelt, der 1993 mit den Zionisten das Oslo-Abkommen aushandelte und als ausgesprochener Favorit der Amerikaner und Israelis gilt. Als Vorbedingungen für eine Amtsübernahme nannte Kurei Unterstützung durch die USA und die EU, die Einstellung der staatsterroristischen Mord- und Zerstörungsaktionen Israels, die Freilassung der 6000 in Gefängnissen und Konzentrationslagern dahinvegetierenden Palästinenser, volle Bewegungsfreiheit für Präsident Arafat und den Rückzug der zionistischen Soldateska aus dem Städten des Westjordanlandes.

 

In Gaza scheiterte ein Mordanschlag der israelischen Luftwaffe an Scheich Ahmed Yassin, dem ideologischen Führer der Hamas. Der an den Rollstohl gefesselte Yassin und 15 weitere Personen wurden leicht verletzt. Yassin erklärte an die Adresse Sharons gerichtet: „Ihr werdet den Preis für dieses Verbrechen zahlen.“ Hamas-Militante drohten Mordanschläge auf Sharon an, die israelischen Sicherheitskräfte befanden sich am Rande des Kriegszustandes. Am gleichen Tag setzte die EU-Außenministerkonferenz auch den politischen Flügel der Hamas auf die Terrorliste, damit nicht zuletzt die umfangreichen Wohlfahrtsprogramme der Organisation für das notleidende palästinensische Volk treffend. Der israelische Premier Sharon kündigte in aller Öffentlichkeit an, durch staatsterroristische Maßnahmen die gesamte Führung der radikalen Palästinenserorganisationen Hamas und Jihad auszulöschen. Es folgte der übliche Austausch von palästinensischen Selbstmordanschlägen und israelischen Vergeltungs- und Liquidierungsoperationen.

 

Die so genannte Steele-Kommission legte ihren Untersuchungsbericht über die gespannte Lage im nordirischen Hochsicherheitsknast von Maghaberry vor. Hier kämpfen die einsitzenden katholischen und protestantischen Paramilitärs dafür, in separaten Gefängnistrakten voneinander und von den gewöhnlichen Kriminellen getrennt untergebracht zu werden. Während die mehrheitlich der Real IRA zuzurechnenden Republikaner sich in einem Wasch- und Zellenreinigungsstreik befanden (außerhalb der Gefängnismauern durch Bombenanschläge und Morddrohungen gegen Justizvollzugsbeamte flankiert), setzten die vorwiegend der Ulster Defence Association nahe stehenden Loyalisten auf gemäßigtere Protestmittel und mobilisierten unlängst eine 500-Personen-Demo vor dem Knast. Allerdings kam es auch von loyalistischer Seite zu vereinzelten Drohungen und Anschlägen. Nach eingehenden Befragungen und Untersuchungen empfahl die Kommission, den Forderungen der Republikaner und Loyalisten nachzugeben. Die nordirische Regionalregierung stimmte zu, stellte allerdings klar, dass es keine Neuauflage der Zustände von Maze geben werde, wo sich die Paramilitärs faktisch selbst verwalteten und einen Sonderstatus genießen konnten. Als erste Gruppe sollen 20 Kriegsgefangene der Real IRA und der Continuity IRA in einen separaten Trakt verlegt werden.

 

Der in München-Stadelheim in Auslieferungshaft an den Folterstaat Spanien sitzende Baske Paulo Elkoro Ayastui trat bereits Anfang September in den Hungerstreik. Elkoro, Aktivist der verbotenen linksnationalistischen Jugendorganisation Jarai, wird der Unterstützung und der Mitgliedschaft in der Befreiungsbewegung ETA beschuldigt. Im Mai 1997 soll er unterstützend an einem Autobombenanschlag auf einen spanischen Militärstützpunkt beteiligt gewesen sein. Madrid verlangt Elkoros Auslieferung anhand von per Folter erzwungenen Aussagen, was die bundesdeutsche Justiz nicht sonderlich zu beeindrucken scheint. Das seinerzeit zuständige OLG Nürnberg hielt es nicht für notwendig, die Umstände der Beweiserhebung zu hinterfragen und den Tatverdacht zu überprüfen - ein klarer Verstoß gegen die Antifolterkonvention der EU. In einem vergleichbaren Fall verweigerte die französische Justiz im Mai eine Auslieferung. Elkoros Anwalt hat bereits Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. In einer Erklärung bekannte der baskische Aktivist sich zum Selbstbestimmungsrecht des baskischen Volkes. „Wenn Madrid dieses Recht nicht respektiert, werden wir es uns eben selber nehmen, denn das ist heute der einzig sichtbare Weg, um den Konflikt zu beenden.“ Es würde uns allerdings interessieren, wie Paulo Elkoros „linke“ Unterstützer in der BRD ihre entnationalisierte Grundeinstellung mit dem baskischen Kampf um nationale Selbstbestimmung in Einklang bringen.

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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