Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 15. bis 21. November 2003

 

Der Sendung „Report Mainz“ zufolge befinden sich im Waffenarsenal der Bundeswehr bis zu 8000 der international höchst umstrittenen Streubomben. Derartige Bomben (Typ BL-755) detonieren kurz vor dem Aufschlag und setzen mehrere 100 kleinere Sprengkörper frei, die sich in der Fläche verteilen. Gerade beim Einsatz in dicht besiedelten Gebieten sind schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung und erhebliche Sachschäden vorprogrammiert. Infolge der hohen Zahl an Blindgängern sind mit Streubomben belegte Zielgebiete noch wochenlang lebensgefährlich. Zudem verkaufen bundesdeutsche Rüstungsunternehmen dieses Teufelszeug als Exportschlager auf dem internationalen Markt. Angesichts dieser Tatsache entpuppt sich die Kritik der rosa-grünen Bundesregierung am Streubombeneinsatz durch die USA im Kosovo, in Afghanistan oder im Irak als reine Heuchelei. Das Verteidigungsministerium erklärte: "Wir können auf diese Waffen noch nicht verzichten." Im Rahmen der „Bündnisverteidigung“ (wie in Jugoslawien?) müsse die Bundeswehr derartige Waffen auf Lager haben, um auf so genannte "symmetrische Bedrohungen", wenn sich zwei Streitkräfte im Feld gegenüber ständen, reagieren zu können. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies darauf, dass Streumunition international nicht geächtet sei. Es gebe keine Vorschrift, die den Besitz oder Einsatz von Streubomben untersage. Allerdings halten namhafte Völkerrechtler dieses Waffensystem für schlicht und ergreifend völkerrechtswidrig. Hier liegt ein eindeutiger Verstoß gegen die Genfer Zusatzprotokolle von 1977 vor. Dieser auch von der BRD unterzeichnete Vertrag ächtet Waffensysteme („unterschiedslos wirkende Waffen“, die unnötige Leiden bei Kombattanten wie Nichtkombattanten verursachen - und wird ohne Bedenken gebrochen. Nach Angaben des Ministeriumssprechers verfügt das Heer über Raketen für Panzerhaubitzen, deren Gefechtsköpfe jeweils 644 Streubomben enthalten. Die Luftwaffe besitzt zudem noch andere Streubomben, die etwa gegen gegnerische Militärflughäfen eingesetzt werden könnten. Die 147 freigesetzten Sprengkörper bohren sich in die Erde und reißen bei der Detonation Krater auf, die beispielsweise Start- und Landebahnen unbrauchbar machen können.

 

Immer mehr Sozialhilfeempfänger in Deutschland sind im erwerbsfähigen Alter. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, waren Ende vergangenen Jahres 1,68 Millionen Empfänger der Hilfe zum Lebensunterhalt zwischen 15 und 64 Jahre alt. Fast 1 Million von ihnen galten als erwerbsfähig und standen dem Arbeitsmarkt damit potenziell zur Verfügung. 430 000 Personen hätten wegen häuslicher Verpflichtungen, Krankheit, Behinderung oder Arbeitsunfähigkeit hingegen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können. Insgesamt hat sich der Anteil der Bevölkerung, der Sozialhilfe beansprucht, seit ihrer Einführung im Jahr 1962 mehr als verdreifacht. Im Durchschnitt wird Sozialhilfe 17 Monate lang bezogen. Mit 2,76 Millionen Personen (1962 580.000) waren Ende 2002 rund 3,3 % der Bevölkerung auf entsprechende Hilfe angewiesen. Die Kommunen gaben dafür 8,8 Milliarden Euro aus. Neben der Sozialhilfe im engeren Sinne bezogen 1,56 Millionen Personen von den Sozialämtern eine "Hilfe in besonderen Lebenslagen". Sie wird etwa bei Krankheit oder als Hilfe zur Pflege gezahlt. Bei den Beziehern von Sozialhilfe gibt es einige bemerkenswerte Verschiebungen: "Sehr viel mehr Kinder, weniger alte Menschen, mehr ausländische Personen und deutlich weniger Frauen". Der Ausländeranteil unter den Sozialhilfeempfängern hat sich von 3 % im Jahr 1965 auf 22 % im Jahr 2002 erhöht. Insgesamt sind 8,8 % aller in der BRD lebenden Ausländer auf Sozialhilfe angewiesen - mehr als doppelt so viel wie im Bundesdurchschnitt. Der Frauenanteil ist im selben Zeitraum von 67 auf 56 % gesunken. Mit 340.000 halten sich 25 % aller allein erziehenden Mütter mit Sozialhilfe über Wasser. Allerdings hat sich der Anteil der Kinder unter 18 Jahren von 32 auf 37 % erhöht. Über 65-Jährige machten vergangenes Jahr nur noch einen Anteil von 7 % aus (1965: 28 Prozent). Bei 75 % der Empfänger der Bezug von Sozialhilfe in engem Zusammenhang zum Erwerbsstatus.

 

Die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Edda Müller, hat die Rentenbeschlüsse der Bundesregierung scharf kritisiert: "Das ist reine Flickschusterei.“ Die Maßnahmen könnten nur greifen, wenn die Konjunktur anspringe und vor allem die Zahl der Arbeitslosen deutlich zurückgehe. Die Regierung baue auf das Prinzip Hoffnung. Zugleich habe sie es versäumt, einige gute Vorschläge der Rürup-Kommission konsequent aufzugreifen, fügte die Verbraucherschützerin hinzu. Die heutige Generation der 30- bis 40-Jährigen müsse sich auf einen sinkenden Lebensstandard im Alter einstellen. "Im schlimmsten Fall bleibt für Geringverdiener am Ende nur eine Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau übrig.“ Angesichts von Hartz III und IV können sich somit Millionen ausrechnen, dass sie der Altersarmut anheim fallen werden. Jahrzehntelang sei den Menschen versprochen worden, dass die Rente sicher sei. "Das war unverantwortlich, denn das Umlageverfahren bei der Rente stützt sich auf die Erwerbseinkommen." Infolge der seit den 80er Jahren anhaltenden Massenarbeitslosigkeit zahlen immer weniger Menschen in die Rentenkassen ein, womit auch die zur Verfügung stehenden Mittel dahinschwinden. Die demographische Entwicklung hin zur Überalterung der Gesellschaft tut ein Übriges. Bedenklich erscheinen uns jedoch Müllers weitere Ausführungen. Die angebliche Verbrauchervertreterin tritt nämlich für die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters (dann sind die über 50-Jährigen halt noch ein paar Jahre länger arbeitslos) und private Zusatzrentenversicherungen (und das angesichts rückläufiger Reallöhne!) in Höhe von rund 10 % des Nettoeinkommens ein. Die Fußangel ist auch Müller bewusst: "Das Problem ist nur, dass viele Menschen einfach nicht in der Lage sind, so viel beiseite zu legen, wie es eigentlich nötig wäre."

 

Auf dem Bochumer SPD-Bundesparteitag legte Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier ihren Bericht über die Finanzlage der Partei vor. Demnach lassen sich die Einnahmeverluste durch den Mitgliederschwund nicht mehr durch Beitragserhöhungen ausgleichen. Die SPD hat seit Jahresbeginn rund 30 000 Mitglieder verloren und zählt derzeit noch 661 000 Parteigenossen. Die Gesamteinnahmen der Partei sanken im vergangenen Jahr um 10 Millionen Euro auf rund 150 Millionen Euro. Von ihren Mitgliedern und Mandatsträgern erhielt die SPD Jahr 78,3 Millionen Euro. Seit 1996 stagnieren die Beitragseinnahmen auf diesem Niveau. Rückläufige Beiträge führten auch zu geringeren Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung, warnte Wettig-Danielmeier. 2002 erhielt die SPD rund 48,9 Millionen Euro aus der Staatskasse. Wegen der Stimmenverluste der SPD bei den Landtagswahlen 2003 rechnet die Schatzmeisterin für das laufende Jahr mit deutlichen Einbußen bei der staatlichen Finanzierung. Von Spendern erhielt die SPD mit rund 15 Millionen Euro 10 % ihrer Einnahmen. Rund 6 % der Einnahmen stammten nach Angaben der Schatzmeisterin aus den Unternehmensbeteiligungen der SPD, vor allem im Medienbereich.

 

Zur Rede Schröders auf dem SPD-Parteitag in Bochum erklärte PDS-Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz: „Parteiseele beruhigt, Volksseele am Kochen gehalten. So könnte das kurze Fazit der Rede des SPD-Vorsitzenden auf dem Bochumer Parteitag seiner Partei lauten. Des Kanzlers Durchhalteparolen haben vielleicht die Delegierten des SPD-Parteitages erfreut, weil er versucht hat, die soziale Schieflage seiner Regierungspolitik zu beschönigen. Der Grund für das Tief der SPD ist aber nicht ein Vermittlungsproblem. Es liegt in der Politik der Bundesregierung selbst begründet. Sozialabbau bleibt Sozialabbau und eine soziale ungerechte und unausgewogene Politik bleibt es auch dann, selbst wenn man dafür das Wort Reform benutzt. Dies gilt auch und vor allem im Osten, dessen Probleme dem Kanzler in seiner Rede keine Erwägung wert waren.
Mit dem Verweis auf die Geschichte der SPD hat Gerhard Schröder zugleich deutlich gemacht - des Kanzlers neue Kleider lassen die deutsche Sozialdemokratie nackt und bloß im Regen stehen. Die SPD-Führung ist gewillt, keinerlei Abstriche an ihrer Politik des Sozialabbaus zuzulassen. Schon werden die Stimmen maßgeblicher Sozialdemokraten gegen die gerade erst angekündigte Ausbildungsplatzabgabe lauter, die Forderung nach einer Vermögensteuer löst sich schon wieder in Schall und Rauch auf. Sicher hat Gerhard Schröder Recht, wenn er die Kopfpauschale der CDU für die Krankenversicherung ablehnt. Aber eine klare Aussage für die Bürgerversicherung fehlte. Und es reicht auch nicht aus, sich moralisch über Steuerflucht zu empören, wenn die Regierung dem nicht einen Riegel vorschiebt bzw. Steuerflucht im Nachhinein noch legitimiert. Des Kanzlers Forderung, von denen mehr Solidarität einzufordern, die es auch leisten können, war völlig unverbindlich.
So wird wohl nur eine Veränderung der Erbschaftssteuer als Gerechtigkeits-Placebo übrig bleiben. Den von Gesundheitsreform, Zumutbarkeitskriterien und Rentenkürzungen Betroffenen bleibt nur ein Trost - diese Steuer wird sie wohl nie treffen. Dafür aber die volle Wucht der Hartz-Gesetze, die zwar nicht die Arbeitslosigkeit bekämpfen, aber dafür die Arbeitslosen. Für eine Partei mit einer stolzen 140jährigen Geschichte des Kampfes um Gerechtigkeit ist das makaber. Eine sozialdemokratische Epoche werden sich die meisten Menschen in Deutschland wohl anders vorstellen
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Im Zusammenhang mit der Rekonstruktion der während der Annexion der DDR von BRD-Geheimdiensten erbeuteten 16.250 Säcke geschredderter Stasi-Akten entwickelte das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK den Prototypen einer Erkennungssoftware entwickelt. Im ersten Schritt sortiert das Programm unter Auswertung von Merkmalen wie Farbe, Textur, Linierung und Schriftbild ähnliche Schnipsel vor und schränkt so den Suchraum ein. Im zweiten Schritt beginnt dann das eigentliche Puzzle, wobei die Software neben den Flächen und Konturinformationen auch den Inhalt der Schnipsel berücksichtigt. Im Echtbetrieb sollen dann rund 100 Rechner innerhalb von 5 Jahren etwa 80 % der ca. 600 Millionen Stasi-Schnipsel auf diese Weise automatisch zusammensetzen können; der Rest wird am Bildschirm rekonstruiert. Um die einzelnen Schnipsel für die elektronische Erfassung zu fixieren, sollen sie zwischen Folien eingeschweißt, mit Barcodes katalogisiert und dann von einem kommerziell verfügbaren Hochleistungsscanner mit einer Kapazität von 10.000 Seiten pro Stunde bei einer Auflösung von 200 dpi eingelesen werden. Der Prozess wird von den Vor- und Rückseiten der Aktenfragmente rund 1,2 Milliarden Farbbilder liefern, die dann auf 38.000 DVDs (100 Terabyte) gespeichert werden sollen. Zum Vergleich: Bei Anwendung der bisherigen manuellen Methode würden die in Zirndorf beschäftigten 15 Mitarbeiter der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes noch 500 Jahre für die Rekonstruktion benötigen. Das Programm dürfte bei Erreichen der Einsatzreife selbstredend nicht nur zur Bearbeitung von Stasi-Akten Verwendung finden. Nicht umsonst befindet sich in Zirndorf eine Außenstelle des Bundesnachrichtendienstes.

 

In Sachsen hat die Einführung des Computersystems web.sta begonnen, das bis Ende 2004 bei allen Staatsanwaltschaften zum Einsatz kommen und die Strafverfolgung auf den neuesten Stand bringen soll. Das neue Computersystem ermöglicht den schnellen Zugriff auf Verfahrensinformationen, Rechtsprechungsdatenbanken sowie zentrale Register. Es erleichtert den Informationsaustausch und die Vernetzung mit der Polizei, den Gerichten und anderen mit der Strafverfolgung befassten Stellen. Web.sta, das der Freistaat Sachsen gemeinsam mit den Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Saarland, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, Bayern und Baden-Württemberg entwickelt hat, basiert auf Internet-Technologie und beschleunigt die Kommunikationsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft erheblich.

 

Damit nicht genug: Der Rechtsausschuss des Bundesrats macht sich für eine deutlich schärfere Überwachung der Internet- und Telefonnutzer stark. Seiner Empfehlung zur neuerlichen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zufolge sollen die Anbieter künftig Verkehrsdaten für die Dauer von sechs Monaten nach der ersten Erhebung speichern. Gemeint sind damit vor allem die bei den Strafverfolgern begehrten Telefon-, Mobilfunk-, SMS- und Internet-Verbindungsdaten. Sie bezeichnen alle Angaben, die beim Aufbau und bei der Abwicklung von Telekommunikationsverbindungen anfallen, also etwa eine angerufene Telefonnummer oder den Zeitpunkt des Anrufs. Im Internetbereich geben die Daten Auskunft darüber, wann sich ein Surfer über welchen Zugangsanbieter mit welcher IP-Adresse ins Netz begeben hat. Mit Hilfe dieser Daten lassen sich konkrete Profile der Nutzer erstellen. Abrufbar sein sollen die Verkehrsdaten zwecks effektiver Strafverfolgung und „Gefahrenabwehr“ durch die Polizei, den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und das Zollkriminalamt. Neben den Speicherpflichten verlangen die Bundesländer eine Beteiligung an der Ausarbeitung einer neuen Telekommunikations-Überwachungsverordnung. Außerdem setzt sich der Rechtsausschuss dafür ein, im TKG sicherzustellen, dass Mobilfunkbetreiber die personenbezogenen Daten ihrer Prepaidkartenkunden im öffentlichen Sicherheits- und Strafverfolgungsinteresse erheben müssen. Der Entwurf der Bundesregierung zum neuen Telekommunikationsgesetz sieht vor, dass die Verbindungsdaten der Telekommunikation (also auch alle Zielrufnummern) unabhängig von der Abrechung unverkürzt bis zu 6 Monaten nach Versendung der Rechnung gespeichert werden dürfen. Damit wird die bewährte Regelung, die nur eine Verwendung zu Abrechnungszwecken ohne Vorratsspeicherung vorsieht und die Interessen von Unternehmen und Verbrauchern in ausgewogener Weise berücksichtigt, aufgegeben. Damit bleiben Millionen von Telekommunikationsdaten länger als erforderlich gespeichert und sind einem erweiterten Zugriff von Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Der Entwurf eröffnet des weiteren den Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und den Nachrichtendiensten den Zugriff auf Passwörter, mit denen die Inhalte oder nähere Umstände einer Telekommunikation geschützt werden, ohne Bindung an einen Straftatenkatalog oder einen Richtervorbehalt. Damit wäre die völlig unkontrollierte Nutzung der Daten ermöglicht.

 

Der irakische Regierungsrat will die geplante Übertragung der Souveränität durch die US- Zivilverwaltung von den Vereinten Nationen legitimieren lassen. Das Gremium kündigte an, UNO-Generalsekretär Kofi Annan und den Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrats zu bitten, den Zeitplan für den Machttransfer in einer Resolution zu billigen. Bis zum 15. Dezember werde eine Arbeitsgruppe einen detaillierten Zeitplan vorlegen. Das Vorhaben der Kollaborationsregierung wird auch von den USA unterstützt. Am Wochenende hatten sich die US-Zivilverwaltung und der irakische Regierungsrat im Grundsatz darauf geeinigt, die Souveränität bis Mitte kommenden Jahres in die Hände einer irakischen Regierung zu legen und bis Ende 2005 freie Wahlen abzuhalten. Die Rolle der UNO in dem Übergabeprozess wurde in dem Abkommen nicht definiert. Von einer frei gewählten Nationalversammlung kann keine Rede sein, sondern eher von einer Retribalisierung des Irak: In allen 18 Provinzen sollen bis zum Frühjahr die Stammesältesten auf Versammlungen die Delegierten bestimmen, wobei jede Provinz entsprechend ihres Bevölkerungsanteils repräsentiert sein wird. Die 200 bis 300 Abgeordnete umfassende Nationalversammlung, legitimiert nicht durch den Volkswillen, sondern durch feudalistisch-reaktionäre Traditionen, wird dann eine Übergangsregierung wählen, welche die Befugnisse der US-Zivilverwaltung übernehmen soll. US-Außenminister Powell kündigte an, die Besatzungstruppen würden auch nach der Bildung einer Übergangsregierung Mitte 2004 im Irak verbleiben. Washington erwartet, dass die anvisierte neue Kollaborateur-Regierung die USA und ihre Verbündeten „auffordern“ würde, solange im Land zu bleiben, bis funktionierende staatliche und wirtschaftliche Strukturen aufgebaut seien. Auf eine permanente US-Präsenz im Irak weisen auch Informationen über ein geheimes Stützpunktabkommen mit dem Übergangsrat hin. Demnach werden die Amerikaner Luftwaffenstützpunkte in Al-Habbaniyah, Ash-Shabiyah, Ali Ibn Abi Taleb und Al-Walid sowie Truppengarnisonen im Hamrim-Gebirge sowie in Ghazlani und Kirkuk, beide im Nordirak, einrichten. An die Adresse der UNO richtete sich der amerikanische Wink, ein neuer UN-Sonderbeauftragter für den Irak könne den Übergangsrat hinsichtlich einer neuen Verfassung und der Wahlen beraten. US-Verteidigungsminister Rumsfeld warb erneut für ein Engagement der NATO im Zweistromland, wobei er Truppenentsendung und Beteiligung an Wiederaufbauaufträgen faktisch miteinander verknüpfte. Nach Gesprächen mit Schröder gewann interessanterweise der EU-Chef Solana den Eindruck, dass die BRD einen Einsatz der Bundeswehr im Rahmen einer NATO-Mission im Irak nicht mehr grundlegend ablehnt. Kein Wunder, denn die paramilitärische GSG 9 und das KSK sind bereits vor Ort, und auf der anstehenden Wiederaufbaumesse in Kuwait stammen immerhin 30 von 840 Firmen aus mehr als 40 Staaten aus der Bundesrepublik. Mittlerweile legte Marco Calamai, Italiener und Sonderbeauftragter der Alliierten für die südirakische Provinz Dhi Kar, unter schweren Vorwürfen an die Adresse des US-Statthalters Bremer sein Amt nieder. Calamai warf Bremer mangelnde Effizienz und mangelndes Verständnis für die irakische Gesellschaft vor. Dies habe zu Desillusionierung, Verärgerung und sozialer Unruhe geführt und damit erst den Nährboden für Terrorismus geschaffen.

 

Mit der Festnahme von 11 mutmaßlichen Mitgliedern der ETA hat die spanische Polizei nach eigenen Angaben den Neuaufbau von Kommandozentralen der baskischen Terror-Organisation verhindert. die Razzien erstreckten sich auf mehrere Städte des Baskenlandes und der Nachbarregion Navarra sowie die südspanischen Metropole Sevilla. Sie seien von der ETA beauftragt gewesen, eine neue Kommandostruktur aufzubauen, teilte Spaniens Innenminister Angel Acebes mit. Die Verdächtigen hätten neue Mitglieder für die ETA anwerben und Terroranschläge planen sollen. Die Ermittler durchsuchten 15 Wohnungen. Da in spanischer Diktion beinahe jeder baskische Linksnationalist ein Etarra ist, sollte klar sein, was von den Verlautbarungen des Sicherheitsapparates zu halten ist. Die Razzia war die vierte dieser Art seit Jahresbeginn. Die Zahl der Festnahmen seit Anfang 2003 beläuft sich auf insgesamt 69. In diesem Jahr wurden bei ETA-Anschlägen bisher 3 Menschen getötet - eine der niedrigsten Zahlen seit Spaniens Rückkehr zur Demokratie vor gut 25 Jahren. Dies wird zum einen darauf zurückgeführt, dass die ETA infolge der Festnahmen stark geschwächt ist. Zum andern wird darüber spekuliert, dass die Organisation auf Grund des umstrittenen Unabhängigkeitsplans der autonomen Regierung im Baskenland möglicherweise eine nicht erklärte Waffenruhe einhält.

 

Bereits in der vorigen Woche fanden in der spanischen Autonomieregion Katalonien Wahlen zum Regionalparlament statt. Die separatistisch angehauchte Esquerra Republicana steigerte ihren Stimmanteil auf 16,47 % und verdoppelte die Zahl ihrer Mandate beinahe von 12 auf 23. Stärkste Partei blieb die gemäßigt nationalistische Convergencia i Unió, obwohl sie von 37,7 % auf 30,93 % und 46 Sitze zurückfiel. Auch die Sozialisten mussten Verluste hinnehmen und erhielten nur noch 31,17 % und 42 Mandate, was nicht zuletzt auf die Unterstützung ihrer spanischen Mutterpartei für den Madrider Zentralismus zurückzuführen sein dürfte. Die ungeliebte konservative Volkspartei erhielt 11,87 % und 15 Sitze. Die Grünen, die Vereinigte Linke und diverse andere Linksgruppen traten mit der gemeinsamen Liste ICV-EUiA an und errangen 7,3 % und 9 Mandate. Esquerra-Chef Josep Lluis Carod Rovira spielt mit seiner Fraktion nun die Rolle des Züngleins an der Waage und stimmte einer Koalition mit den Sozialisten und ICV-EUiA zu. Damit ging die 23 Jahre andauernde Vorherrschaft der gemäßigt nationalistischen Partei Convergenia i Unió Ciu ihrem Ende zu. Schon im Vorfeld der katalanischen Regionalwahlen sprach sich der scheidende Regierungschef Jordi Pujol für eine gewichtigere internationale Präsenz der „Nationen ohne Staat“ aus, beispielsweise durch eigene Vertretungen bei der EU. Innerhalb Spaniens müsse Katalonien ein neues Autonomiestatut bekommen. Gleichzeitig erteilte Pujol, seit mehr als zwei Jahrzehnten Ministerpräsident in Barcelona, Gedanken über eine (auch in Pujols Augen wirtschaftlich durchaus mögliche) Trennung vom spanischen Staat eine klare Absage. Das neue katalanische Autonomiestatut wird derzeit erarbeitet und orientiert sich teilweise an den Forderungen der baskischen Regionalregierung. Die katalanische Regionalregierung soll erweiterte Zuständigkeiten erhalten, vor allem im Bereich der Finanzhoheit und der Kulturpolitik.

 

In Trili verhaftete die kroatische Polizei einen bosnischen Waffenschmuggler, der im Begriff war, Abgesandten der nordirischen Untergrundorganisation Real IRA 50 Granatwerferprojektile aus NATO-Beständen zu liefern. Die RIRA unterhält seit Jahren enge Beziehungen zu Waffenschiebern in Südosteuropa: Bereits im August 2000 stellte die kroatische Polizei eine für Dublin bestimmte Waffenlieferung sicher. Derweil demonstrierten die republikanischen Hardliner in Nordirland ihre Fähigkeit zu ausgeklügelten Operationen. In Newcastle erzwang die Real IRA mit einer falschen Bombendrohung die Räumung des Enniskeen-Hotels. Die Gegend wurde evakuiert und von der Polizei weiträumig abgesperrt, womit die Sicherheitskräfte in die Falle gingen: Nahe des Hotels war eine 15-Kilo-Bombe mit Zeitzünder versteckt, die allerdings entdeckt und unschädlich gemacht werden konnte. Dieser Anschlag hatte wohl eher eine symbolische Bedeutung, denn der Zeitzünder wurde nicht aktiviert. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei den Tätern übrigens um eine komplette Active Service Unit der im Waffenstillstand befindlichen Provisional IRA, die den gemäßigten Kurs der Mainstream-Republikaner nicht mehr mittragen wollte und sich der Real IRA anschloss. Zu melden ist ferner eine Serie loyalistischer Mordversuche: In Lisburn ermordeten protestantische Paramilitärs den 21jährigen Katholiken James McMahon. Ferner wurde in Donacloney ein 30-Jähriger bei einem loyalistischen Mordanschlag durch Bauchschuss schwer verletzt, und bei einem weiteren Überfall in North Belfast erlitt ein Katholik schwere Verletzungen und verlor ein Auge.

 

Zu den Absichten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und deren fatalen Auswirkungen führte Harald Werner als gewerkschaftspolitischer Sprecher der PDS folgendes aus: „Auf der Pressekonferenz von Gesamtmetall zur kommenden Metall-Tarifrunde haben die Arbeitgeber deutlich gemacht, dass sie die Tarifentwicklung der vergangenen beiden Jahrzehnte rückgängig machen wollen. Offensichtlich nutzen die Arbeitgeber den staatlichen Sozialabbau, um wieder zur 40-Stunden-Woche zurückzukehren und dabei auch Einkommenseinbußen durchzusetzen. Für die konjunkturelle Entwicklung wie für den Arbeitsmarkt hätte dies fatale Folgen. (…)
Verbandspräsident Kannegießer kündigte an, dass man über einen Korridor betrieblich vereinbarter Arbeitszeiten zwischen 35 und 40 Stunden verhandeln wolle. Dabei sei es dann den Betriebsparteien zu überlassen, ob die Mehrarbeit ganz oder auch nur teilweise bezahlt werde. Wobei es die Arbeitgeber bei ihrer Argumentation nicht so genau mit den Tatsachen nehmen. Fast alle Tarifverträge besitzen bereits Öffnungsklauseln, mit denen auch längere Arbeitszeiten vereinbart werden können. Wie weit das bereits Realität ist, zeigt die Statistik des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. So beträgt die tariflich vereinbarte Arbeitszeit in Deutschland zwar im Schnitt 37,7 Stunden, die betrieblich vereinbarten Arbeitszeiten liegen jedoch längst schon wieder bei einem Bundesdurchschnitt von 38,9 und in Ostdeutschland bei 40,1 Wochenstunden.
Dass die Arbeitgeber trotz dieser bereits bestehenden Tendenz zur Arbeitszeitverlängerung eine weitere Aufweichung des Tarifvertrages anstreben, hängt offenbar mit der Absicht zusammen, durch die Hintertür das Lohnniveau zu senken. Ging es in den 80er Jahren vor allem um den vollen Lohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzungen, wird demnächst der Lohnausgleich bei Arbeitszeitverlängerungen zum Streitpunkt werden. Verbandspräsident Kannegießer gab unumwunden zu, dass die jetzt bestehenden Einkommen nur durch Arbeitszeitverlängerung gesichert werden können. Offenbar streben die Arbeitgeber einen Tarifabschluss an, bei dem eine nominelle Lohnerhöhung von den Beschäftigten durch längere Arbeitszeiten selbst finanziert wird.
Diese reale Lohnsenkung wird allerdings nicht nur zu einem weiteren Zurückbleiben der Arbeitseinkommen hinter den Unternehmensgewinnen führen, sondern auch die Arbeitslosenzahlen hochtreiben. Einmal durch Schwächung der Binnenkaufkraft und zum anderen durch Arbeitsplatzvernichtung
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Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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