Wochenschau
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Die politische Wochenschau
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Und
deshalb kann man heute nichts anderes tun als warten, so schwer
es sein mag. Man kann in dieser Wartezeit die besten Kräfte
aus allen Lagern heranziehen. Man kann Kreise gründen, die
die lebendigen Kräfte aller jener starren Gebilde, die heute
am Zusammenbrechen sind, für den Fall aufsaugen, dass sich
irgendwo Zusammenbrüche ereignen." |
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Hans Zehrer |
Nachdem einflussreiche Funktionäre der westdeutschen Bezirke ihren im Osten streikenden Kollegen in den Rücken fielen und sich zu Handlangern einer bürgerlich-kapitalistischen Hetzkampagne machten, endete der Streik der IG Metall mit einer historischen Niederlage. Erstmals seit 1954 brach die Gewerkschaft einen Arbeitskampf erfolglos ab. Klaus Zwickel als Bundesvorsitzender der Metallergewerkschaft erklärte nach Verhandlungen mit seinen Freunden im Arbeitgeberlager und ohne jede Konsultation der Spitzengremien den wochenlangen Streik für die Einführung der 35-Stunden-Woche auch in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie für gescheitert und akzeptierte damit die vom Kapital befürwortete Sonderwirtschaftszone Ost mit niedrigeren tarif- und lohnpolitischen Standards. Damit ist das Modell Flächentarifvertrag für die neuen Bundesländer erledigt, die Aushandlung tariflicher Einigungen obliegt fortan faktisch Haustarifverträgen, was mit Sicherheit Rückwirkung auf das Verhalten der Unternehmerseite bei kommenden Verhandlungsrunden im Westen haben wird. Ungeachtet der medienwirksamen Stellungnahmen führender westdeutscher Betriebsräte, die Zwickels Verrat vorbereiteten, reagierten die Basis der Gewerkschaft und die Ost-Bezirke mit einem Aufschrei der Empörung. Nicht zu Unrecht fühlen die ostdeutschen Metaller sich von ihren West-Kollegen im Stich gelassen; in der Tat hätte die Solidarität ruhig über Lippenbekenntnisse hinausgehen können.
Einflussreiche Gewerkschaftsfunktionäre aus dem Westen kreideten nun nicht etwa Zwickel die Verantwortung für das Desaster an, sondern schossen sich auf dessen designierten Nachfolger Jürgen Peters ein. Der amtierende IG Metall-Vizevorsitzende konnte sich vor einigen Monaten nur in einer Kampfabstimmung gegen seinen baden-württembergischen Rivalen Huber durchsetzen, der ihm künftig als Stellvertreter zur Seite stehen soll. Zu allem Überfluss erfrechte Peters sich auch noch, innerhalb der Metallergewerkschaft gegen Schröders sozialreaktionäre Agenda 2010 mobil zu machen. Nun wird die Nachfolgeregelung vor allem von führenden Betriebsräten aus der westdeutschen Automobil- und Metallindustrie (und von einer Reihe westdeutscher IG Metall-Bezirke) massiv in Frage gestellt - in der Gewerkschaft findet derzeit ein offener Machtkampf zwischen reformistischen und relativ linken Kräften statt. Der an allen vorbereitenden Sitzungen beteiligte Zwickel schreckte nicht davor zurück, zu erklären, er sei von Peters mangelhaft über die in der Tat unzureichende Vorbereitung und Planung des Streiks unterrichtet worden. Er forderte diesen auf, die Konsequenzen für die Niederlage zu übernehmen und auf die Übernahme des Bundesvorsitzes im Oktober zu verzichten. Noch kurz vor Zwickels Gang vor die Fernsehkameras war im Vorstand vereinbart worden, die Lage zunächst intern zu analysieren und eine öffentliche Schlammschlacht zu vermeiden. Eine erste Vorstandssitzung ging ergebnislos auseinander, da niemand den offenen Konflikt mit Peters wagte; für die kommende Woche ist eine neue Runde angesetzt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als würden sowohl Huber/Zwickel als auch Peters ihre jeweilige Hausmacht hinter sich sammeln, und hierbei verlaufen die Fronten nicht ganz eindeutig. In der Führung der IG Metall herrscht das vollständige Chaos, verschiedenerseits wird bereits der Rücktritt des gesamten Vorstandes gefordert.
Angesichts des opportunistischen Verhaltens der Bundesführungen des DGB und seiner Einzelgewerkschaften (Hartz-Konzept, Agenda 2010, Metallstreik) ist die Moral der Basis ernstlich angeschlagen. Die unter Finanznot leidende Dienstleistungsgewerkschaft Verdi beispielsweise versucht derzeit massiv, ausstehende Beiträge von säumigen Mitgliedern einzutreiben. In Mahnschreiben sind derzeit rund 50 000 Gewerkschaftsmitglieder aufgefordert worden, den fälligen Beitrag zu entrichten. Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ richtet sich die Kampagne an die Adresse aller Mitglieder, die seit dem 2. Halbjahr 2002 ihre Beiträge nicht gezahlt haben. Es geht hierbei um Millionenbeträge. Im Etat des laufenden Jahres klafft eine Lücke von 59 Millionen Euro, die aus dem Vermögen von Verdi ausgeglichen werden muss.
Zum vorerst
gescheiterten Streik für eine flächendeckende Einführung der
35-Stunden-Woche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie erklärt
Harald Werner, der gewerkschaftspolitische Sprecher der PDS: „Nach
dem misslungen Streik geht es nun um die Haftung der Verlierer.
Nicht um die tatsächlichen, sondern um jene, die die Niederlage ausbaden
sollen. Denn den eigentlichen Verlierern, den wochenlang streikenden Kolleginnen
und Kollegen kommt in der medialen Öffentlichkeit ohnehin nur die Rolle
der Fußtruppen zu. Der moderne Medienarbeiter will ungern zur Kenntnis
nehmen, dass es auf den politischen Schauplätzen noch Ereignisse gibt,
in denen Arbeiter die Hauptrolle spielen. Doch das scheinbar verlorene Spiel
diente natürlich von Anfang an einem anderen Zweck. Den Arbeitgebern, insbesondere
der mächtigen Automobilindustrie stand der Sinn nicht nach kostenarmer
Betriebsführung, sondern nach Macht. Denn die Kosten einer bis zu fünf
Jahren gestreckten Absenkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden sind vernachlässigenswert.
Im Grunde genommen ging und geht es den Arbeitgebern um eine Sonderwirtschaftszone-Ost
ohne Flächentarifvertrag, mit niedrigeren Löhnen, längeren Arbeitszeiten
und schwachen Gewerkschaften. Das haben sie nicht erreicht, aber sie sind ein
deutliches Stück vorangekommen. Dass sich damit auch innergewerkschaftliche
Kräfteverhältnisse zu Gunsten einer moderateren Tarifpolitik verändern
lassen, haben die Arbeitgeber wahrscheinlich früher erkannt, als die Betroffenen
selbst. Wenn es gelingt, den IGM-Bezirksleiter Hasso Düwel und mit ihm
den Vizevorsitzenden Jürgen Peters auf die Verliererbank zu schieben, werden
die Niederlage viele teilen, die den Kampf nicht teilen wollten.
Natürlich lassen sich jetzt viele Schwächen finden, die die Niederlage
möglich, wenn auch nicht unausweichlich machten. Die wichtigsten davon
haben freilich weder die Streikenden noch die maßgeblichen IG-Metall-Funktionäre
zu verantworten. Im Gegenteil, der Streik war letztlich darauf gerichtet, sie
zu überwinden. Die erste Schwäche betrifft sowohl die IG-Metall, als
die gesamte Linke und wurzelt in der Definitionsmacht, die der neoliberale Aberglaube
mittlerweile nicht nur in den Medien, sondern gerade auch im Alltagsbewusstsein
gewonnen hat. In einer Zeit, in der alle großen Parteien und auch Teile
der Gewerkschaften davon überzeugt sind, dass niedrige Arbeitskosten das
ausbleibende Wachstum herbei und die Arbeitslosigkeit hinwegzaubern können,
ist schwer um höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten zu kämpfen.
Es ist nicht nur der erste große Arbeitskampf, den die IG Metall in den
letzten Jahrzehnten verloren hat, es war auch der bisher unpopulärste.
Die Solidarität des sozialen Umfelds war nicht nur schwach, sie verwandelte
sich unter der tätigen Mithilfe namhafter Politiker teilweise sogar in
offene Gegnerschaft. Worin sich letztlich nur die ostdeutsche Schwäche
der Gewerkschaften, sondern auch der politischen Linken widerspiegelt. Das wird
auch die PDS zu ernsthaftem Nachdenken zwingen. Linke Parteien gedeihen schlecht
in Zeiten schwacher gewerkschaftlicher Kämpfe und sie gedeihen gut, wenn
ökonomische Kämpfe neue politische Fragen aufwerfen.“
Bei der Neuauflage der EU-Verfassung droht den Mitgliedstaaten Kompetenzverlust im Medienbereich. Urheberrecht, Rundfunkgebühren, Filmförderung sowie das weite Feld der Kultursubventionen könnten dann als "Handelsaspekte" von der EU-Kommission geregelt werden. Die Kulturexperten im Europaparlament schlagen Alarm: In Teil III der neuen EU-Verfassung, der eigentlich unverändert bleiben und lediglich neu geordnet werden sollte, steckt eine brisante Neuerung. Es geht um die Bereiche der gemeinsamen Handelspolitik, in denen die EU-Kommission im Auftrag der Gemeinschaft tätig werden darf. Bislang sind "Abkommen über geistiges Eigentum" - also Bereiche wie Urheberrecht und Copyright - davon ausdrücklich ausgenommen. Der neue Artikel 212 dagegen schließt "Handel mit Dienstleistungen sowie die Handelsaspekte des geistigen Eigentums" in den Bereich ein, in dem die Mehrheit für alle - und nicht mehr jedes Mitgliedsland für sich - entscheidet. "Die bisherige Regelung, Abkommen zu audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen auszunehmen, soll gekippt werden", warnt Ruth Hieronymi, die medienpolitische Sprecherin der Konservativen. Ihre grüne Kollegin, die österreichische Schauspielerin Mercedes Echerer, sagt: "Dass der Konvent zur EU-Reform auch Fragen wie die Gebührenregelung für das öffentlich-rechtliche Fernsehen oder Theatersubventionen behandelt, ist noch nicht in der öffentlichen Debatte angekommen." Alle Argumente, die im Zusammenhang mit der Diskussion über Dienstleistungen und geistiges Eigentum bei den Welthandels-Verhandlungen (GATS und Trips) angeführt worden seien, müssten nun erneut auf den Tisch: "Wir haben dafür gekämpft, dass in der laufenden GATS-Runde keine Öffnung im Bereich Kultur, Audiovisuelles, Bildung und Gesundheit stattfindet und gedacht, dass damit die Diskussion vorläufig erledigt ist", so die Europaabgeordnete. Die Diskussion um die Buchpreisbindung und die Frage, ob nationale Film- und TV-Fördertöpfe den Binnenmarkt-Regeln entsprechen, hätten gezeigt, dass hier besonderer Schutz nötig sei: "Sensible Bereiche muss man anders behandeln als Stangenware. Ich möchte in den Verträgen eine Sicherheitsgarantie dafür haben, dass man nicht Kultur auf dem freien Markt verhökert." Sollte es bei dem nun vorliegenden Text bleiben, müssten in jedem Mitgliedstaat die Fördermaßnahmen im Bereich Film und Fernsehen, Rundfunkgebühren und ganz allgemein für die Kultur oder Bildung auf den Prüfstand.
Die militanten
palästinensischen Organisationen Hamas und Islamischer Heiliger Krieg haben
nach fieberhaften Verhandlungen unter ägyptischer und amerikanischer Vermittlung
eine dreimonatige Waffenruhe verkündet. "Im Wunsch für Einheit
in unseren palästinensischen Reihen in dieser gefährlichen Phase,
die unser Volk und unsere Sache durchmachen, und um unsere nationale Ordnung
zu schützen, die mit der Intifada und dem Widerstand erreicht wurde und
dokumentiert ist durch das Blut der Märtyrer, und als Beitrag von uns zur
Konsolidierung des palästinensischen nationalen Dialogs auf der Grundlage
der Einhaltung der Rechte unseres Volkes, und um unsere innere Front vor den
Gefahren der Spaltung und Konfrontation zu schützen, und um dem Feind den
Vorwand zu nehmen sie zu zertrümmern, in der Geltendmachung des legitimen
Rechts, der Besatzung Widerstand zu leisten als eine strategische Entscheidung
bis zum Ende der zionistischen Besetzung unseres Landes und bis wir alle unsere
nationalen Rechte erreicht haben, und in Antwort auf die vielen in der palästinensischen
und arabischen Arena, die sich um die Geschlossenheit der palästinensischen
Reihen sorgen, erklären wir die folgende Initiative:
A. Aussetzung der militärischen Operationen gegen den zionistischen Feind
für drei Monate, ab heute, unter den folgenden Bedingungen:
1. Eine sofortige Einstellung aller Formen zionistischer Aggression gegen unser
palästinensisches Volk einschließlich Vorstößen, Zerstörung,
Abriegelungen und Belagerungen von Städten, Dörfern und Flüchtlingslagern,
einschließlich der Belagerung von Präsident Jassir Arafat, Hauszerstörungen,
Einebnen landwirtschaftlicher Flächen und Angriffe gegen Land, Eigentum
und heilige christliche und islamische Stätten, insbesondere die Al-Aksa-Moschee.
Ferner die Einstellung aller individuellen Mord-Operationen, Massaker, Kollektivmaßnahmen,
aller Verhaftungen und Deportationen gegen unser Volk, Kader und Kämpfer.
2. Die Freilassung aller Gefangenen und Inhaftierten, palästinensischer
und arabischer, aus Besatzungsgefängnissen ohne Bedingungen und Einschränkungen
und die Rückgabe ihrer Häuser und vordringlich jener, die lange einsitzen
und solcher mit langen Strafen, mit Frauen, Kindern, die Kranken und Alten.
B. Sollte der Feind nicht entsprechend dieser Bedingungen und Verpflichtungen
handeln, oder gegen eine davon verstoßen, sehen wir uns von dieser Initiative
entbunden und werden den Feind für alle Konsequenzen verantwortlich machen."
Der von Hamas und Islamischem Heiligen Krieg ausgerufenen Waffenruhe schlossen sich auch die Al-Aksa-Brigaden der Fatah und die DFLP an. Die israelische Seite zog sich als Geste des guten Willens aus dem Norden des Gazastreifens zurück und räumte Bethlehem im Westjordanland, das jedoch weiterhin als Ghetto von zionistischen Besatzungstruppen abgeriegelt ist. Darüber hinaus kündigte die israelische Regierung, doch tatsächlich 21 palästinensische „Sicherheitshäftlinge“ zu entlassen. Für die mittlerweile vierstellige Zahl der in israelischen Konzentrationslagern einsitzenden waffenfähigen Palästinenser und die dreistellige Zahl der unter unmenschlichen Bedingungen festgehaltenen restlichen „Sicherheitshäftlinge“ wahrlich ein schwacher Trost. Alle weiteren Autonomiestädte bleiben besetzt, und die Autonomiebehörde hat sich verpflichtet, in den von ihr wieder besetzten Gebieten als Büttel Israels gegen militante Palästinensergruppen vorzugehen. Da verwundert es nicht, dass die linksnationalistische PFLP ankündigte, sie werde den Kampf gegen die zionistischen Besatzer fortsetzen.
Nordkorea hat im Falle von Sanktionen oder See- und Luftblockaden durch die USA vor der Beendigung des seit dem Ende des Korea-Kriegs (1950-53) bestehenden Waffenstillstands gewarnt. In einer Erklärung des Vertreters der nordkoreanischen Volksarmee im Waffenstillstandsort Panmunjom an der innerkoreanischen Grenze wurden die USA beschuldigt, sowohl einen Erstschlag als auch Blockaden gegen das kommunistische Land zu planen. "Es ist tatsächlich kaum möglich, den Waffenstillstand in Korea durch die einseitigen Bemühungen der Volksarmee aufrechtzuerhalten." Eine Verhängung von Sanktionen werde von der Volksarmee als "kompletter Bruch des Waffenstillstandsabkommens durch die USA aufgefasst", hieß es in der von der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA verbreiteten Erklärung. Nordkorea werde darauf sofort mit "erbarmungslosen Maßnahmen der Vergeltung" antworten. Bereits in der vergangenen Woche wurden die Vereinten Nationen in einem Brief von Außenminister Paek Nam Sun an den Weltsicherheitsrat vor einem Krieg gewarnt, falls die USA mit Blockaden gegen Nordkorea vorgehen sollten. Nordkorea hatte schon vor Monaten mit der Aufkündigung des Waffenstillstandsabkommens gedroht. Die beiden Korea befinden sich formal noch im Kriegszustand, weil bisher kein Friedensvertrag zu Stande gekommen ist. Nordkorea hat nach Einschätzung amerikanischer Geheimdienste bereits damit begonnen, Atomsprengköpfe für sein Raketenarsenal zu entwickeln. Einige Analysten halten den Bau von Sprengköpfen, die leicht genug für die Installation auf den bereits gebauten nordkoreanischen Raketen sind, innerhalb eines Jahres für möglich.
Im nordirischen Hochsicherheitsknast von Maghaberry kam es zur überfälligen Revolte der republikanischen Kriegsgefangenen. In Maghaberry sitzen neben republikanischen und loyalistischen Paramilitärs auch Gewohnheitskriminelle ein, und die Gefängnisverwaltung verfolgt hier ein Integrationskonzept. Das bedeutet, dass die aus politischen Gründen einsitzenden Paramilitärs nicht nur gezwungen werden, ihre Zellen und Zellentrakte mit Asozialen zu teilen, sondern auch miteinander. Bereits mehrfach kam es zu Zusammenstößen zwischen Republikanern (mehrheitlich von der Real IRA) und Loyalisten (mehrheitlich von der Ulster Defence Association). In der Republik Irland und bis zum Karfreitagsabkommen auch in Nordirland ist bzw. war es üblich, dass die Paramilitärs eigene Gefängnistrakte erhalten und dort auch eine eigene Kommandostruktur und bestimme Sonderrechte besitzen. Als die Knastverwaltung ankündigte, sie wolle aus „Platzmangel“ die RIRA-Kriegsgefangenen mit einer doppelten Anzahl von UDA-Paramilitärs zusammenpferchen, eskalierte die Situation. Unter Führung ihres Kommandeurs John Connolly meuterten die mehr als 20 RIRA-Volunteers, übrigens auch mit Unterstützung der einsitzenden Angehörigen der Irish National Liberation Army INLA und der Continuity IRA. Zunächst erkletterten sie unter Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen das Gefängnisdach und verliehen ihrem Protest Ausdruck. Als Vergeltungsmaßnahme landeten mindestens 10 Republikaner in vorübergehender Isolationshaft, 3 von ihnen verweigerten für die Dauer des Einschlusses die Nahrungsaufnahme. Ihre Kameraden im U-Haft-Trakt solidarisierten sich und zerlegten ihre Zellen. Daraufhin schickte die Knastverwaltung ihre Prügelbullen in den Trakt und stellte gewaltsam die Ruhe wieder her. Alle republikanischen Untersuchungshäftlinge sitzen nunmehr in Isolationshaft, übrigens in ihren vollkommen demolierten Zellen. Die RIRA-Paramilitärs traten nunmehr in einen sogenannten dirty protest, das heisst sie waschen sich nicht mehr und verunreinigen ihre Zellen mit Exkrementen, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren. Connolly verweigerte die Zusammenarbeit mit der Gefängnisleitung und stellte die Forderungen der Kriegsgefangenen vor: Keine Zusammenlegung mit Loyalisten und Kriminellen, Status als politische Gefangene und ein separater Gefängnisflügel. Im übrigen besteht bereits faktisch eine Trennung der Gefangenen: Der UDA-Renegat Johnny Adair besitzt getrennte Räumlichkeiten, da seine ehemaligen Kameraden ihn ansonsten vom Leben zum Tode befördern würden. Alternativ machte der wegen Besitz eines Mörsers zu 14 Jahren Knast verurteilte Connolly den Vorschlag, die republikanischen Gefangenen ins leerstehende Traditionsgefängnis von Maze zu verlegen. Die Meuterer drohten 22 Jahre nach dem legendären Hungerstreik der Provisional IRA und der INLA, bei dem sich 10 irische Freiheitskämpfer (u.a. der unvergessene Bobby Sands) zu Tode hungerten, mit einer erneuten derartigen Protestaktion, um ihre Forderungen durchzusetzen. Vor dem Gefängniskomplex von Maghaberry randalierten Anhänger der republikanischen Hardliner, weitere Demonstranten besetzten die Räumlichkeiten der zentralen Gefängnisverwaltung im Stormont.
Die PDS hielt in Berlin ihren mit Spannung erwarteten Sonderparteitag ab, der dem durch den Putsch des rechten Parteiflügels vor zwei Monaten handlungsunfähigen Parteivorstand endgültig den Garaus machte. Das erst 8 Monate amtierende Gremium wurde neu besetzt und dabei von unbequemen Parteilinken gesäubert. Die „Realpolitiker“ um die koalitionswilligen ostdeutschen Landtagsfraktionen mit ihren Ministern und Senatoren setzten sich gegen die zumeist aus dem Westen stammenden Fundamentaloppositionellen durch. Damit gerät die PDS zusehends in sozialdemokratisches Fahrwasser und wird sich auch weiterhin wie in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern an sozialpolitischen Kahlschlagsmaßnahmen beteiligen. Die im Munde geführte Herausstellung eines sozialistischen Profils dürfte den Genossen demnach reichlich schwer fallen, wie wir uns zu bemerken gestatten. Nachfolger der zurückgetretenen Parteivorsitzenden Gabi Zimmer wurde der brandenburgische Fraktionsvorsitzende Lothar Bisky, der die Partei bereits von 1993 bis 2000 führte. Im Hintergrund lauert bereits der Opportunist Gregor Gysi, welcher den Sozialisten durch die Regierungsbeteiligung an der Berliner Kahlschlagkoalition und durch einen privaten Korruptionsskandal die Bundestagswahl 2002 vermasselte. Bei den Neuwahlen zum Vorstand folgte der Sonderparteitag weitgehend den ultimativ vorgelegten Personalvorschlägen Biskys. Üblicherweise werden die Kandidaten nämlich von den Landesverbänden und den Arbeitsgemeinschaften der PDS vorgeschlagen, um die innerparteiliche Demokratie sicherzustellen. Nach seiner innerparteilichen Machtergreifung besetzte der neue Führer der Partei des Demokratischen Sozialismus die Schlüsselpositionen mit ihm ergebenen Funktionären aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Offensichtlich will Bisky mit autoritären Methoden den Zerfall der von heftigen inneren Richtungskämpfen erschütterten Partei verhindern. Als linkes Feigenblatt sitzt Sahra Wagenknecht von der Kommunistischen Plattform im Vorstand der irreversibel nach rechts gerückten Sozialisten. Fraglich ist jedoch, wie lange noch. Wagenknecht drohte verklausuliert bereits im Vorfeld des Sonderparteitages den Parteiaustritt der Linken an, sofern die PDS sich auf ihrer im Herbst anstehenden Programmkonferenz nicht ausdrücklich auf eine sozialistische Linie festlege. Die ersten prominenten Parteilinken dachten bereits öffentlich über den Wechsel zur DKP nach, die einen ideologischen und intellektuellen Substanztransfer auch bitter nötig hat.
Lagefeststellung Beurteilung der Situation Möglichkeiten des Handelns Entschluss Umsetzung Kontrolle