Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 4. bis 10. Januar 2003

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Internationales Gewicht der EU nimmt zu

Die Menschheit steht am Abgrund

 

 

Zitat der Woche:
"Da liegt die Gefahr: Bei den Freunden der letzten Zeit – der Presse wie den Menschen; bei den späten Helden – bei den falschen Freunden oder versteckten Feinden von gestern, die heute die wärmsten Freunde sind und morgen die falschen Berater sein werden. (...) Es ist notwendig, dass das wandlungsfähige Tier des alten duckmäuserischen Konservatismus zerstört wird."
- Roberto Farinacci

 

Nach dem Aufrücken der BRD als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat zeichnet sich eine enge politische Abstimmung mit Frankreich ab. Schröder verpasste spekulationsfreudigen Diplomaten wie dem UN-Botschafter Pleuger einen regelrechten Maulkorb und erklärte, über das Abstimmungsverhalten der BRD im Falle einer Militäraktion gegen Bagdad entscheide einzig die Bundesregierung und niemand sonst. Die BRD ist nach Angaben Fischers der drittgrößten Beitragszahler der Vereinten Nationen und zum zweitgrößten Truppensteller für internationale Friedenseinsätze herangewachsen. Neben den Ständigen Ratsmitgliedern Frankreich und Großbritannien sitzen nun auch die BRD und Spanien im höchsten Gremium der Vereinten Nationen – noch nie war das Gewicht der EU größer. EU-Chefdiplomat Javier Solana machte handfeste Beweise zur Voraussetzung für die von den Anglo-Amerikanern geforderte neue Resolution gegen Bagdad, in der militärische Schritte angedroht werden sollen. Neben der zurückhaltenden Einstellung der Europäer zum Angriffskrieg gegen den Irak machen sich nun auch die Blockfreien bemerkbar und fordern eine öffentliche Sitzung des UN-Sicherheitsrates über das irakische Rüstungsdossier.

 

UN-Kreise bemängeln, das irakische Rüstungsdossier sei hinsichtlich biologischer Waffen unvollständig. Vor dem Sicherheitsrat legte Chefinspekteur Blix in seinem Bericht dar, zwar gebe es Hinweise auf die Verletzung der internationalen Sanktionsbestimmungen, aber konkrete Hinweise für das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen lägen nicht vor. Angesichts der Lückenhaftigkeit der irakischen Angaben erwarten UNMOVIC und die Internationale Atomenergie-Behörde eine bessere Zusammenarbeit. Blix forderte die Irakis zudem auf, die Vernichtung von Massenvernichtungswaffen einwandfrei nachzuweisen. Am 27. Januar erwartet der Sicherheitsrat die Vorlage eines formellen Berichts über die Erkenntnislage der UN-Inspekteure.

 

Türkische Truppen schließen derzeit zur irakischen Grenze auf und sickern in die nordirakischen Kurdengebiete ein. Hier wird die Errichtung einer "Sicherheitszone2 von 70 km angestrebt, welche die Errichtung eines Kurdenstaates verhindern soll. Zudem schielt Ankara noch immer auf die Mitte der 20er Jahre formell an den Irak abgetretenen Erdölgebiete von Mosul und Kirkuk. Die Amerikaner erhielten die Erlaubnis zur Nutzung des türkischen Luftraumes für Aufklärungsflüge und dürfen Häfen und Flugplätze für eine etwaige militärische Nutzung inspizieren. Türkischen Quellen zufolge hat Washington bereits um die Durchmarscherlaubnis für zwei Armeekorps von je 40.000 Mann ersucht. Der bislang CENTCOM zugeordnete Planungsstab des Pentagon befindet sich ebenfalls in Verlegung nach Katar. In wenigen Wochen werden neben starken Marine- und Luftwaffenstreitkräften 120.000 amerikanische und mindestens 20.000 britische Soldaten einsatzbereit sein. Die Amerikaner bereiten Pressemeldungen zufolge nicht nur die Inbesitznahme der irakischen Ölquellen und Reparationsforderungen vor, sondern auch die Aburteilung der irakischen Führungsriege vor Militärgerichten. Unter Aufsicht des US-Militärs soll eine Zivilverwaltung unter einem eventuell von der UNO bestimmten Leiter zunächst die Kontrolle über das Zweistromland übernehmen.

 

Im Dezember 2002 stieg die offiziell eingestandene Arbeitslosigkeit auf 4,255 Millionen Erwerbslose. Das sind 261.600 mehr als im Vorjahresmonat und 199.300 mehr als im November. Damit beträgt die Erwerbslosenquote nunmehr 10,1 %. Erstmals seit 1997 ist die Jahresarbeitslosigkeit wieder gestiegen, und zwar um 208.700 auf und 0,4 Prozentpunkte auf 9,8 %. In Westdeutschland zählten die Arbeitsämter im Dezember 2.779.600 Stellenlose (8,2 %), in Ostdeutschland waren 1.445.500 Menschen (18,4 %) ohne Arbeitsplatz. Hamburg meldete erstmals seit Februar 2000 mehr als 80.000 Arbeitslose (9,3 %), in Berlin sind bei weniger als 7000 offenen Stellen beinahe 300.000 Personen arbeitslos (17,5 %). In Niedersachsen ging die Zahl der gemeldeten offenen Stellen gegenüber dem Vorjahresmonat um 25 % zurück, in Bremen um 15,5 %. Laut Jahresbericht des Arbeitsamtes Bremen gab es 2002 die meisten Neuarbeitslosmeldungen seit 1962, hier liegt die Arbeitslosigkeit im Dezember 2002 bei 11,1 %. Die Zahl der bundesweit abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist nach Angaben der IG Metall im Vermittlungsjahr 2001/2002 um rund 45 000 oder 7,1 % gesunken. Damit haben die Unternehmen bereits im dritten Zeitraum in Folge die Zahl der Ausbildungsplätze reduziert.

 

Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland ist im vergangenen Jahr erstmals seit 1997 wieder gesunken. Wie das Statistische Bundesamt unter Berufung auf vorläufige Berechnungen mitteilte, hatten im Jahresdurchschnitt 38,7 Millionen Menschen ihren Arbeitsort in Deutschland. Dies waren 246 000 Beschäftigte oder 0,6 % weniger als im Vorjahr. Damit verringerte sich die Zahl der Erwerbstätigen in etwa auf das Niveau des Jahres 2000. Betroffen von dem Rückgang waren den Angaben zufolge vor allem die Industrie und der Bausektor. Dort verschärfte sich der seit 1996 anhaltende Beschäftigungsabbau weiter. Die Zahl der Erwerbstätigen sank zum Vorjahr um 6,4 %. Im produzierenden Gewerbe betrug der Rückgang 2,2 % und in der Land- und Forstwirtschaft 0,5 %.

 

Harald Werner, im PDS-Parteivorstand für Wirtschaft, Arbeit und Finanzen zuständig, fragte in einer Presseerklärung ganz zu Recht "Wie viel Kapitalismus können wir uns noch leisten?": "Die 30 führenden deutschen Konzerne im DAX haben im vergangenen Jahr 40 Prozent an Wert verloren. Und es war bereits das dritte Jahr mit derartigen Verlusten. Das hat es seit Ende des Zweiten Weltkrieges noch nicht gegeben. Normalbürger werden diesen Verlust von einigen Hundert Milliarden Euro nicht so ernst nehmen, zumal man sich daran gewöhnt hat, die Zahlen an der Börse nicht für bares Geld zu halten.
Doch abgesehen davon, dass hier so manche Blase geplatzt ist, verbergen sich hinter diesen Verlusten nicht bloße Phantasiezahlen, sondern reale Vermögenswerte. Wenn die Deutsche Bank im letzten Quartal erstmals seit der Weltwirtschaftskrise rote Zahlen geschrieben hat, die Aktionäre des Finanzdienstleister MLP - einst das Glanzstück der Branche - innerhalb eines Jahres 87 Prozent weniger auf dem Konto haben und sogar die Allianz die Renditeversprechen für ihre Lebensversicherungen nach unten korrigieren musste, dann geht das alles auch an dem so genannten Normalbürger nicht spurlos vorbei. Oder vielleicht gerade an ihm nicht.
Millionen Bundesbürger sind in den vergangenen Jahren dazu verführt worden, ihr Gespartes in Aktien oder Fonds anzulegen und haben dabei nicht selten den Grundstock für ein Eigenheim, die Rücklage für das Studium der Kinder oder gar die Altervorsorge verloren. Die Wenigsten mögen darüber reden, aber alle drehen jetzt jeden Cent zweimal um, ehe sie ihn für eine neue Anschaffung ausgeben. Die Angst vor einer Rezession rangiert bei den Bundesbürgern mittlerweile auf Platz eins
der Zukunftssorgen. Und das mit Recht, denn die Verluste von gestern sind die Konkurse von heute und die Arbeitslosen von morgen.
Und was ist mit Übermorgen? Riester hat die umlagefinanzierte Rente zum Auslaufmodell gemacht, damit ein immer größerer Teil durch Kapitalanlagen gedeckt wird. Diese Decke wird einmal verdammt kurz werden, für alle die auf die Kapitaldeckung angewiesen sind. Wohl dem, der früh genug geboren wurde, um sich nicht auch noch im Alter vor den Zuckungen der Börse fürchten zu müssen. Und zum Fürchten gibt es allen Grund, weil Renten, Arbeitsplätze und nicht zu letzt all die Leistungen der Öffentlichen Hand in diesem so modernen und flexiblen Kapitalismus auf sinkende Aktienkurse viel sensibler, schneller und panikartiger reagieren als in früheren Zeiten. Reale Wertschöpfung und produktive Arbeit haben im Casino-Kapitalismus der vergangenen Jahre fast schon eine Nebenrolle gespielt, aber jetzt wo die Blase platzt, werden in Massen reale Werte und die Ergebnisse produktiver Arbeit vernichtet.
Der gegenwärtige Krisenprozess läuft so unberechenbar und dynamisch, dass niemand zu einer ernsthaften Prognose für das kommende Jahr fähig ist. Nur eines ist ziemlich sicher: Selbst wenn der Niedergang an den Börsen 2003 seine Talsohle erreichen sollte, werden wir an den Folgen dieser Krise länger zu tragen haben, als der Rausch dauerte. Das gilt für den Arbeitsmarkt, den die Schockwellen noch lange durchrütteln werden, aber das gilt mehr noch für die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme. Die Töne aus dem Kanzleramt und der Rürup-Kommission lassen ahnen, welche als Reform getarnten Abrissunternehmen da auf uns zukommen.
Dass sich die Bundesbürger den alten Sozialstaat nicht mehr leisten können, hat man ihnen seit Jahren beizubringen versucht. Dass sie sich diesen Kapitalismus nicht mehr leisten können, werden sie selber lernen müssen. Womit sich auch die Frage nach der Zukunft der PDS beantwortet. Sie hat plausible Antworten zu geben, wenn sie wieder gefragt sein will.
"

 

In der Gaeltacht, also den gälischsprachigen Regionen Irlands, steht das eigentliche irische Idiom vor dem Aussterben. Sprachen in den Counties Mayo, Cork, Waterford, Meath, Galway, Donegal und Kerry noch vor 80 Jahren rund 250.000 Menschen die traditionelle keltische Sprache, so ist deren Zahl infolge einer völlig verfehlten Sprachpolitik des kulturell englisch überformten irischen Staates mittlerweile auf 30.000 zurückgegangen. Nur noch in jeder vierten Gemeinde der Region ist Gälisch die Erstsprache der meisten Familien, und ebenfalls nur in jedem vierten Haushalt in der Gaeltacht wird ein flüssiges Gälisch gesprochen. In den vier Counties Cork, Mayo, Meath und Waterford gab es im Schuljahr 2001/02 nur noch insgesamt 153 Haushalte, deren Kinder das Gälische beherrschten. Sofern der irische Staat nicht nachhaltig gegensteuert, wird diese alte keltische Sprache spätestens 2020 restlos ausgestorben sein.

 

Die 20. Edition des jährlich erscheinenden State of the World Report des Worldwatch Institute prophezeite, dass der Menschheit nur noch maximal zwei Generationen Zeit blieben, um das Leben auf der Erde zu retten. 240 Millionen Menschen leben in Ländern, die auf Import von Nahrungsmitteln angewiesen sind. Ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt in absoluter Armut - von weniger als einem Dollar am Tag. Etwa ein Viertel des Erntelandes in Entwicklungsländern ist zerstört. Bis 2025 wird die Wasserknappheit in vielen Ländern dramatisch zunehmen, bereits jetzt leben mehr als 500 Millionen Menschen in Gebieten, die von übergroßer Trockenheit bedroht sind. Die globale Erwärmung schreitet fort und der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre ist so hoch wie seit mindestens 420 000 Jahren nicht. Ein Grossteil Korallenriffe, ein Viertel der Säugetierarten und 12 % der Vogelarten sind vom Aussterben bedroht; 30 % der Wälder sind ernsthaft geschädigt und verschwinden in rasendem Tempo. 7000 Menschen sterben täglich an Malaria.

 

Rund 30 Millionen chinesische Staatsangestellte verlieren ihre lebenslange Arbeitsplatzgarantie und erhalten künftig kündbare Verträge. Die Regierung in Peking will in den nächsten fünf Jahren für rund 1,3 Millionen Institutionen und Behörden des Landes ein neues Beschäftigungssystem entwickeln. Die neuen Regelungen führen voraussichtlich auch zum Abbau von Stellen und der Entlassung von Angestellten. Sie sind Teil einer umfassenden Reform, die unter anderem die Verwaltung, die Medien und Bildungseinrichtungen betreffen. Eingangstests und die öffentliche Ausschreibung von Stellen sollten dafür sorgen, dass qualifiziertes Personal eingestellt wird. Unter Mao Zedong war in China die so genannte "eiserne Reisschüssel" eingeführt worden. Dieser Begriff bezeichnete eine lebenslange Beschäftigungsgarantie, die vor allem in Chinas Städten üblich war. Mit der staatlichen Zuweisung von Jobs war allerdings nicht das Recht verbunden, den Arbeitsplatz frei wählen zu können. Seit Beginn der chinesischen Wirtschaftsreformen Ende der 70er Jahre wurden kündbare Arbeitsverträge bereits in Staatsfabriken und in privatisierten Unternehmen eingeführt.

 

Im Nordkoreakonflikt zeichnet sich doch noch eine Verhärtung der amerikanischen Position ab. Washington fordert von Pjöngjang den Verzicht auf eine atomare Aufrüstung als Voraussetzung für Verhandlungen, während Nordkorea auf Gesprächen ohne jede Vorbedingung sowie auf einem Nichtangriffspakt beharrt. Nach Angaben der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA werde der sozialistische Staat die Verhängung internationaler Sanktionen als Kriegsgrund ansehen. "Sanktionen bedeuten Krieg, und der Krieg kennt keine Gnade. Die USA sollten sich für einen Dialog mit Nordkorea entscheiden, nicht für Krieg, sicher wissend, dass sie für solch rücksichtslose Taten einen sehr hohen Preis bezahlen werden." Zudem stellte die VR China klar, dass sie keine Wirtschaftssanktionen gegen Pjöngjang dulden werde. Bush beeilte sich postwendend, zu versichern, die USA hegten keinerlei Angriffsabsichten. Gemeinsam erklärten sich die USA, Japan und Südkorea verhandlungsbereit und signalisierten den Nordkoreanern wirtschaftliches Entgegenkommen. Dennoch vollzog Pjöngjang dieser Tage mit einem offiziellen Schreiben an die Vereinten Nationen den Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. In der Begründung hieß es, man behalte sich angesichts der permanenten Bedrohung durch die USA das Recht auf legitime Selbstverteidigung vor.

 

Die Neujahrserklärung der Provisional IRA bekräftigte das Endziel eines wiedervereinigten, unabhängigen und freien Irland und das Streben nach einem gerechten und dauerhaften Frieden in Nordirland. Der Friedensprozess sei jedoch durch die Aktivitäten des britischen Militärs, der britischen Nachrichtendienste und der loyalistischen Mörderbanden bedroht. Die britische Regierung habe ihre Verpflichtungen aus dem Karfreitagsabkommen eingestandenermaßen nicht erfüllt, und die unionistischen Parteien seien an einem echten Wandel in Nordirland nicht interessiert. Beide versuchten, die Verantwortung für die gegenwärtige Krise des Friedensprozesses und der nordirischen Selbstverwaltung der IRA anlasten und dieser "unannahmbare und unrealistische" Ultimaten zur Entwaffnung stellen. Die Hauptverantwortung für die Wiederverstellung des Vertrauens in den Friedensprozess liege jedoch bei der britischen Regierung, die ihre Verpflichtungen anerkennen solle.

 

Die Fehde zwischen der UDA-Führung und dem aus der nordirischen Protestantenmiliz ausgeschlossenen Johnny Adair forderte ein weiteres Todesopfer. Vor einer Kneipe in South Belfast wurde der Adair-Parteigänger und stadtbekannte Drogenhändler Roy Green als Verräter von einem Kommando der UDA erschossen. Ein weiteres Kommando schoss in Carrickfergus den 37-jährigen Robert Ewart nieder und verletzte ihn schwer. Die UDA-Führung bekräftigte ihre Haltung, dass die Fehde erst mit dem Tod Adairs und seines Kompagnons John White ein Ende finden werde. Deren Parteigänger wurden zur Aufgabe aufgefordert, da der Kampf der UDA nicht ihnen gelte. Ein Bombenanschlag der UDA auf das Haus des Renegaten scheitert. Um ein Blutbad unter den loyalistischen Paramilitärs zu verhindern, ordnete das Nordirlandministerium die erneute Inhaftierung des unter den Bestimmungen des Karfreitagsabkommens auf Bewährung entlassenen Adair an. Der UDA-Renegat wird nun mindestens bis Anfang 2005 hinter Gittern sitzen. Johnny Adair wurde 1995 als einziger Nordire für die "Lenkung terroristischer Aktivitäten" verurteilt, der Straftatbestand wurde nach einigen Dutzend Morden seinerzeit eigens für ihn geschaffen. Bereits im August 2000 ordnete das Nordirlandministerium seine Reinhaftierung an. Nach der Entlassung im Mai 2002 versuchte Adair, mit Hilfe der Loyalist Volunteer Force LVF und seiner Brigade West Belfast die Führung der UDA an sich zu reißen und wurde im September aus der Untergrundorganisation ausgeschlossen. In Nordirland wurden 2002 13 Menschen von katholischen und protestantischen Paramilitärs ermordet, davon entfallen 10 auf die Loyalisten. Mindestens 4 Menschen starben infolge von innerloyalistischen Fehden.

 

Der Aufruf der Antifaschistischen Aktion Berlin zur diesjährigen LLL-Demo in Berlin traf nicht bei allen Linken auf Begeisterung. Namentlich die von uns sehr geschätzte Gruppe Neue Einheit, hervorgegangen aus der Konkursmasse der KPD/ML, meldete sich mit harscher Kritik zu Wort, die hier auszugsweise wiedergegeben werden soll. Die Genossen mögen uns das sicherlich unerwünschte Zitat vergeben, aber ähnlich wie sie sieht sich der Verfasser dieser Zeilen als ein Rufer in der geistigen Einöde. "Was die sog. Antifa vertritt, wird am deutlichsten mit ihrem Aufruf unter dem Titel 'Gegen den kapitalistischen Alltagsbetrieb'. (...) Relativ am Anfang heißt es: 'So altbacken für einige das Ritual für die KPD-Gründer daherkommt, sowenig haben Antimilitarismus und Antikapitalismus, für die die beiden exemplarisch stehen, an Aktualität eingebüßt.' Beide stehen exemplarisch für Antimilitarismus und Antikapitalismus? Habt ihr nicht mitbekommen, dass Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht immer Anspruch erhoben haben, ausgesprochen als Vertreter des Proletariats aufzutreten, und dass sie die Räterevolution in eine sozialistische zu überführen gedachten, und sich selbst an der Spitze des Aufstandes verstanden! Die beiden stehen am allermeisten dafür, dass sie ein kommunistisches Programm aufgestellt haben und keineswegs bloß einen allgemeinen 'Antikapitalismus', der auch einen vollkommen reaktionären Unsinn bedeuten kann. Sowohl Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht grenzen sich gegenüber kleinbürgerlich reaktionären Verfechtern des Antikapitalismus ab. (...) Die Äußerungen der 'Antifa' zeigen, was die Antifa wirklich will. Unter der Losung 'der Hauptfeind steht im eigenen Land' wird dann die Politik der USA fast kritiklos beschrieben. Und noch mehr. Man macht sich zum Wächter, zum Ankläger, dass der Irak angeblich Massenvernichtungswaffen besitze, die er im Verein mit anderen kapitalistischen Staaten, insbesondere Deutschland, erworben habe. Von dem Irak wird gesprochen, als wenn es darum ginge, man müsse die Bedrohung der Welt durch den Irak zu bekämpfen! Die Bedrohung der Welt durch den Irak ist nichts als eine Erfindung der US-amerikanischen Propaganda wie auch der Propaganda anderer kapitalistischer und imperialistischer Staaten. (...) Von einer Bedrohung der USA oder der Welt durch den Irak auszugehen, ist nichts als Propagandaphrase des Herrn Bush, die von den AAB-Lumpen übernommen wird. (...) Das ist das Vorrangige, was hier zu enthüllen ist: wie stark nämlich die internationale Öffentlichkeit, auch die der größeren anderen Staaten, sich faktisch zum Kniefall gezwungen sieht. (...) Aber die so genannte AAB macht nicht diese Verdrehung zum Ziel, sondern stellt sich auf die Seite derjenigen, die die Erpressung leisten, ist faktisch Sprachrohr des USA-Imperialismus und zwar mehr als mancher bürgerliche Politiker, für die in ihrer Mehrheit eine lavierende Stellung typisch ist. (...) Und in der Tat: in Flugblättern der Autonomen anlässlich des ersten Irakkrieges wurde bereits die Zerschlagung des Irak gefordert! Da wo die USA auf Grund eigener Interessen noch sich zurückhalten müssen, nehmen diese Leute kein Blatt vor den Mund. Man muss sehen, dass in den so genannten Autonomen die radikalsten und schwärzesten Auswüchse des Imperialismus zu Hause sind, die unter der Maske radikalen Auftretens sich verbergen. (...) 'Die Kritik an der Politik der USA und ihre Personifizierung in George Bush ist nicht zu verwechseln mit einer Kritik der kapitalistischen Gesellschaft.' Nein, in der Tat nicht, aber es ist auch kein Grund, die Kritik an der Politik der USA herunterzumachen, so wie es die so genannte Antifa macht. Dies ist ein Seitenhieb gegen die Friedensbewegung. Hier wird nämlich diese Politik charakterisiert: "Vielmehr handelt es sich um einen Amerikahass, der das ‚kulturelle Erbe Europas' dem ‚anglo-amerikanischen Kommerzgedanken’ gegenüberstellt und der die 'gerechten' Großmachtambitionen ‚Deutsch-Europas’ den 'trügerischen' der USA entgegensetzt.” Ein solches Element gibt es bei der bürgerlichen Kritik durchaus. Aber es kann keineswegs jede Kritik an der Politik der USA damit gleichgesetzt werden. Und das aber tut die Antifa. Um so mehr gilt das, wenn man diese Bewegung mit dem Nazismus vergleicht. (...) So ist der ganze Aufruf der so genannten Antifa ein Dokument für die apologetenhafte Nachschwätzung der US-imperialistischen Politik. Nun muss man sich in der Tat fragen, was die Überschrift bedeuten soll, wenn es heißt 'Gegen den kapitalistischen Alltagsbetrieb'. Wer gegen den kapitalistischen Alltagsbetrieb ist, ist eigentlich für den nichtalltäglichen kapitalistischen Betrieb. Der nichtalltägliche kapitalistische Betrieb ist das, was Bush und Konsorten machen (...) weil der US-Imperialismus um seine Vorherrschaft fürchtet. Vielleicht ist diese Überschrift doch kein Zufall. Wenn jedenfalls die sogenannte Antifa schreibt 'the only solution - revolution', dann bleibt dahinter die Frage, wie denn diese Revolution aussehen soll. Darüber erfahren wir bei den Autonomen und der so genannten Antifa gar nichts. (...) Wir leben...mitten im Zeitalter des Kampfes zwischen Revolution und Kapitalismus, falls es die AAB noch nicht gemerkt hat. Auch die Subversion, auch der Revisionismus, auch die Unterwanderung von sozialistischen Staaten und ihr Umsturz, auch ihre Fehler und Schwächen gehören mit in dieses Zeitalter. Deshalb bleiben wir dabei: die Demonstration zur Erinnerung an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht muss vor allem diejenige der Erinnerung an den ersten Revolutionsversuch der sozialistischen Revolution in Deutschland sein, der, wenn auch unter schwierigen Bedingungen gestartet und mit großen Unvollkommenheiten behaftet, trotzdem in seiner historischen Tragweite zweifelsohne sich auch in praktischen unmittelbaren Resultaten niedergeschlagen hat. Diese liegen unter anderem in der Überwindung der feudalen Reste in Deutschland, seinem Bündnis mit der sowjetischen Revolution, in seiner Unterstützung der späteren chinesischen Revolution und in der Durchsetzung unzähliger Forderungen der Arbeiter. Deshalb darf dieses Stück unserer Geschichte, gerade an dem Tag, an dem man der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedenkt, nicht unterschlagen werden."

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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