Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 8. bis 14. Februar 2003

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Antikapitalismus statt Imperialismus

In Sachen rassistischer Normalzustand

 

 

Zitat der Woche:
"Wir wollen das Chaos, weil wir es bändigen werden."
- Eugen Mossakowsky

 

Angesichts der gegenwärtigen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen und den eurasischen Kontinentalmächten auf der anderen Seite ergeben sich gewisse Kreise der "Rechten" geopolitischen Hirngespinsten. Zusammengefasst gesagt schwelgt man in diesen Kreisen von einem Kontinentalblock von Frankreich bis an den Pazifik, welcher den amerikanischen Weltherrschaftsplänen entgegentreten werde. Ein Paradebeispiel für politische Naivität und für eine vollkommen verkürzte Analyse der Situation. Unseren kleinbürgerlichen Vulgär-Geopolitikern mangelt es offensichtlich an jeglichem Willen zur Systemkritik: Eine in einen Kontinentalblock integrierte BRD wird wohl kaum ein menschlicheres Antlitz tragen als die gegenwärtige, und ebenso wenig wird dieser kapitalistisch-imperialistische Kontinentalblock eine andere Politik betreiben als die USA. Neben die verdammenswerte Unterscheidung zwischen "raffendem" Börsenkapital und "schaffendem" Privatkapital tritt nunmehr die gleichermaßen abstruse Unterscheidung zwischen "schlechtem" Imperialismus (derjenige der Amerikaner) und "gutem" Imperialismus (der eigene). Eine derartig reaktionäre Einstellung wird von uns mit Entschiedenheit zurückgewiesen, und zwar als offener Verrat an sämtlichen Spielarten des Sozialrevolutionären Nationalismus (oder wie man das Kind auch immer nennen mag). Als Nationalisten verwerfen wir jegliche imperialistische Herrschaft über andere Völker, und als Sozialisten verwerfen wir jegliche Form des Kapitalismus. Es gibt keinen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, und es gibt keinen einer Rechtfertigung würdigen Imperialismus. Wer solchen Irrlehren anhängt, besorgt die Geschäfte des kapitalistischen Systems und ist ein Kollaborateur. Wir stehen auf unterschiedlichen Seiten der Barrikade, so genannte "Kameraden"!!! Gerade im Hinblick auf die gegenwärtige Strategiediskussion innerhalb der Linken (Antiimp vs. Antideutsch) bekräftigen wir: Nicht jeder "Rechte" ist unser Freund, und nicht jeder "Linke" ist unser Feind!

 

Auf der 39. Münchener Sicherheitskonferenz kam es zum mehr oder weniger offenen Schlagabtausch zwischen US-Kriegsminister Rumsfeld und Bundesaußenminister Joseph Fischer. Während Rumsfeld die NATO-"Partner" zur Unterstützung des amerikanischen Kriegskurses und zu Schutzmaßnahmen für die auf Kriegskurs eingeschwenkte Türkei im Falle eines eindeutig von dieser provozierten irakischen Gegenschlages aufforderte, beharrte Fischer auf einer friedlichen Lösung des Problems durch Waffeninspektionen und Verhandlungen. Interessanterweise erklärte der bundesdeutsche Außenminister, man werde innerhalb der NATO verhandeln müssen, falls die amerikanische Irak-Politik ein grundlegendes Muster des neuen US-Kurses in puncto internationaler Politik sei – der Zusammenhalt der NATO wurde hier angesprochen. Just in diesem Augenblick wurde auch noch bekannt, dass die Amerikaner offenbar ihre Großstützpunkte in der BRD zugunsten kleinerer Anlagen aufgeben wollen. Die neuen Hauptstandorte der Besatzungstruppen sollen nach Polen verlegt werden, näher an die Grenzen Russlands heran.

 

Wir halten fest: Beide Seiten gehen davon aus, dass Bagdad tatsächlich über Massenvernichtungswaffen verfügt – was bislang nicht auch nur ansatzweise bewiesen ist. Um ihre wirtschaftlichen Interessen in Nahost zu sichern, brachten Paris und Berlin die Besetzung des Irak durch Blauhelme ins Gespräch, unter deren Kontrolle dann jahrelang Inspektionen und Eingriffe in die Souveränität des Landes vorgenommen werden könnten. Auf diese Weise wollen die BRD und Frankreich den direkten Zugriff der Amerikaner auf die irakischen Wirtschaftsressourcen und auf den irakischen Markt verhindern – beide wären im Falle einer amerikanischen Militärverwaltung den US-Konzernen ausgeliefert. Deutlicher können die wirtschaftlichen Hintergründe des Risses im atlantischen Bündnis und innerhalb der EU wohl kaum akzentuiert werden. Paris ruderte indessen wieder zurück und sprach sich für eine "Stärkung" und Fortsetzung der UNMOVIC-Mission aus. Diese Haltung wurde von der BRD, Russland und China übernommen. Schröder lavierte allerdings weiter und ließ verlauten, die Bundesregierung könne in "ein, zwei Monaten" ihre Stellungnahme gegen einen Irak-Krieg gegebenenfalls überdenken. Militärische Bewegungsfreiheit garantiert Berlin den Amerikanern auch für den Fall eines Angriffskrieges ohne UN-Mandat. Informationen der "jungen welt" zufolge bahnt sich innerhalb der Bundesregierung außerdem ein Richtungsstreit zwischen Schröder und dem prowestlicher ausgerichteten Grünen Fischer an.

 

Innerhalb der NATO blockieren die BRD und Frankreich schon seit Wochen eine Entscheidung über das amerikanische Ersuchen nach logistischer Unterstützung und vor allem nach Hilfeleistungen für die Türkei. Das angekündigte Veto aus Berlin und Paris erhielt nun auch die Unterstützung der belgischen Regierung. Konkret geht es um die Entsendung von AWACS-Aufklärungsmaschinen und von Patriot-Abwehrraketen in die Türkei. Die ach so unschuldig bedrohten Türken fordern von Washington freie Hand zur Besetzung des Nordirak, eine nachgiebige Politik des IWF gegenüber ihrer Wirtschaftsmisere, Garantien für die türkische Ölversorgung, die Einrichtung gemeinsamer Hochtechnologiezonen, erleichterte Exporte von Textilien in die USA, Beteiligung türkischer Firmen am Wiederaufbau des Irak und geschlagene 15 Milliarden Dollar an Wirtschaftshilfe und Krediten. Ankara aktivierte nun Artikel 4 des Bündnisvertrages und verlangte Konsultationen über eine angebliche militärische Bedrohung durch den Irak. Erstmals in der Geschichte des atlantischen Militärbündnisses griff ein Mitgliedsstaat auf diesen Artikel zurück. Im Brüsseler NATO-Rat kam es zu hektischen tagelangen Verhandlungen. NATO-Generalsekretär Lord Robertson bezeichnete die Lage innerhalb des Bündnisses als ernst, und US-Außenminister Powell drohte gar mit dem Ende des Nordatlantikpaktes. Einer Umfrage von Time Europe zufolge betrachten bereits 84 % aller EU-Bürger die Vereinigten Staaten als eine Bedrohung für den Weltfrieden. Die Werte für den Irak und Nordkorea liegen bei 7 bzw. 8 %.

 

Die irakische Regierung gab ihren Widerstand gegen eine seit längerem vorgetragene Forderung der UNO auf und gestattete den Einsatz amerikanischer U 2-Spionageflugzeuge über ihrem Territorium. Nach erneuten Verhandlungen in Bagdad äußerte UNMOVIC-Chef Hans Blix sich gegenüber der Presse zufrieden über das vermehrte Entgegenkommen des Irak. Unseligerweise entdeckten die Inspekteure im Irak Raketen vom Typ El Samud, welche die Reichweitenbeschränkung von 150 km in Einzelfällen überschreiten – um den Weltfrieden fürwahr bedrohende 35 Kilometer. Bislang wurden lediglich einige Dutzend Artillerie- und Raketensprengköpfe entdeckt, die für C-Waffen geeignet sind. Zudem untersagte Saddam Hussein per Dekret Einfuhr und Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen. BND-Präsident Hanning meldete, zwar sei im Irak das Know-How für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen vorhanden, aber Bagdad habe seine Rüstungsprogramme keinesfalls abschließen können und verfüge nicht einmal über ausreichende Trägersysteme, um Israel zu erreichen. In seinem neuen Bericht vor dem UN-Sicherheitsrat wiederholte Blix, man habe bislang keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden. Die USA und Großbritannien ließen sich von den Ausführungen des Chefinspekteurs jedoch nicht beeindrucken und setzen Drohungen und Aufmarsch fort.

 

Die USA haben in Österreich vergebens um Transitrechte für ihre Truppentransporte an den Golf ersucht. Der Antrag wurde von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) unter Hinweis auf die österreichische Neutralität zurückgewiesen, solange es kein UN-Mandat für einen Krieg gegen den Irak gebe. Der österreichische Staatsvertrag von 1955 schreibt die immerwährende Neutralität des Landes bindend fest. Scheibners Entscheidung bedeutet erhebliche Umwege vor allem für die in der BRD stationierten Verbände. Im Gegensatz zur österreichischen Regierung unterstützt die rosa-grüne Bundesregierung in Berlin bekanntermaßen den Aufmarsch der Amerikaner logistisch – wenn auch in einer juristisch fragwürdigen Position, denn ohne Ausrufung des Spannungs- oder Verteidigungsfalles ist beispielsweise die Bewachung amerikanischer Militäreinrichtungen durch die Bundeswehr illegal. Artikel 87a Abs. 22 GG verbietet den Einsatz der Bundeswehr im Inneren – der Objektschutz obliegt danach eindeutig der Polizei.

 

Diplomatie statt Ultimaten - der Bundestag muss jetzt Farbe bekennen Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher der PDS, erklärt: "Nach Wochen des Schweigens befasst sich der Deutsche Bundestag endlich mit dem Irak-Krieg. Die Bundesregierung muss endlich nicht nur den Medien, sondern auch im deutschen Parlament ihre Haltung erklären. (...) Deutschland muss, wenn die Bundesregierung bei ihrer ablehnenden Haltung zu einem Krieg gegen den Irak bleibt, eine von den USA und Großbritannien angestrebte weitere VN-Entscheidung ablehnen, die den Irak bezichtigt, schwerwiegend gegen die Resolution 1441 verstoßen zu haben. Eine solche Feststellung widerspricht nicht nur den Zwischenberichten der Waffeninspekteure, sondern hat nur einen Zweck: sie wäre das Startsignal für einen Krieg.
Die bisher bekannt gewordenen Inhalte einer möglichen gemeinsamen deutsch-französischen Initiative im Weltsicherheitsrat beurteile ich skeptisch. Eine solche Initiative geht nicht nur davon aus, dass der Irak tatsächlich über Massenvernichtungswaffen verfügt, sondern macht den Irak faktisch zu einem Protektorat der Vereinten Nationen. Dies könnte als "Besetzung ohne Krieg" verstanden werden und ist wohl für keinen souveränen Staat akzeptabel. Deshalb erscheint eine Zustimmung des Iraks zu einem Einsatz von Tausenden Blauhelmen nach Kapitel 6 der Charta der Vereinten Nationen mir wenig wahrscheinlich. Eine solche Zustimmung schreibt jedoch die Charta der Vereinten Nationen zwingend vor.
Eine Ablehnung eines solchen Vorschlages "in allerletzter Minute" durch den Irak könnte dann von den USA genutzt werden, im Weltsicherheitsrat durchzusetzen, dass jetzt nur noch der Krieg bliebe. Der Vorschlag der Bundesregierung, dem ich unterstelle, kriegsvermeidend zu sein, würde so unversehens zur Kriegsbegründung. Deutschland und Frankreich könnten sich als Initiatoren dann nur schwer den voraussehbaren Folgen entziehen. Der Druck auf die Bundesregierung ist groß, nicht zu übersehen und in Rechnung zu stellen.
"

 

Neben dem nach wie vor laufenden Verfahren gegen den mutmaßlichen Kern der Revolutionären Zellen stehen in der BRD die nächsten Terroristenprozesse an. Die bereits für einen Sprengstoffanschlag auf den US-Stützpunkt Rota in Spanien einsitzende Klump soll sich für einen Sprengstoffanschlag auf einen mit russischen Juden besetzten Reisebus in Budapest Anno 1991 verantworten. Ihr wird versuchter Mord in 28 Fällen zur Last gelegt. Die Angeklagte bestreitet jegliche Beteiligung an dem Attentat. Ebenfalls erneut vor Gericht muss der Carlos-Adjutant Johannes Weinrich, und zwar wegen der Beteiligung an diversen Terrorakten in Frankreich, der BRD und Griechenland.

 

Nach dem Irak, Nordkorea und Ägypten erfrecht sich nun auch der Iran, das unheilige Monopol der Großmächte auf Massenvernichtungswaffen zu durchbrechen. Nach eigenen Angaben arbeitet das Land an einem Werk zur Herstellung angereicherten Urans. Dies dürfte die Sorgen über die atomaren Ziele des Landes verstärken, das die USA zusammen mit Nordkorea und Irak zu einer "Achse des Bösen" zählen. "Die ersten Schritte sind bereits erfolgt, und eine sehr intensive Forschung hat begonnen", sagte der Chef der Atomenergie-Organisation, Gholamreza Akasadeh, im staatlichen Fernsehen über das Uranprojekt. Bis zur Inbetriebnahme des Werks in Kaschan im Landesinnern sei es aber noch ein weiter Weg. Das Land verfügt bereits über eigene Uranerz-Reserven.

 

Die Zahl der Flüchtlinge, die in der Bundesrepublik Asyl beantragten, war 2002 mit 71.127 die niedrigste seit 1987. Zugleich ist die Anerkennungsquote für politisches Asyl von 1,8 % die niedrigste denn je. Das "Kleine Asyl" (Abschiebeschutz aus politischen oder humanitären Gründen) erhielten nur noch 3,2 % der Antragsteller. In der Bejubelung dieser Entwicklung hat sich eine unheilige Allianz (von uns aus der "rassistische Konsens") von den Polizeistaatsfanatikern um Bundesinnenminister Schily bis hin zu den "Neonazis" gebildet – auch auf dieser Internetseite ist der rassistische Normalzustand leider anzutreffen. Die klammheimliche Freude möge allen beim Weiterlesen im Halse stecken bleiben: Durch staatliche Maßnahmen starben viermal mehr Menschen als durch rassistische Übergriffe. Dies ist das Ergebnis der neu erschienenen zehnten Auflage der Dokumentation "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen", in der über 3000 Einzelschicksale beschrieben werden. 137 Flüchtlinge starben nach der Dokumentation auf dem Weg in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen, davon allein 106 an den deutschen Ost-Grenzen; 389 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 229 an den deutschen Ost-Grenzen - die offiziellen Zahlen von 2002 liegen dabei noch nicht mal vor. 111 Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen; davon 45 Menschen in Abschiebehaft. 385 Flüchtlinge haben sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hungerstreiks) selbst verletzt oder versuchten, sich umzubringen; davon befanden sich 243 Menschen in Abschiebehaft. Offensichtlich ist für zahlreiche Flüchtlinge der Tod nicht so schlimm wie die Rückkehr in die Heimat, und das mögen sich unsere auf Blut und Boden schwörenden Rassisten einmal durch den Kopf gehen lassen. 5 Flüchtlinge starben während der Abschiebung, und 206 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Misshandlungen während der Abschiebung verletzt. 18 Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode und mindestens 337 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär misshandelt und gefoltert. 44 Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos. 10 Flüchtlinge starben bei abschiebeunabhängigen Polizeimaßnahmen, 272 wurden durch Polizei oder Bewachungspersonal verletzt. 57 Menschen starben bei Bränden oder Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, 582 Flüchtlinge wurden z.T. erheblich verletzt, 11 Menschen starben durch rassistische Angriffe auf der Straße. Erst nahm man ihnen die Heimat, und dann nahm man ihnen in der Fremde auch noch die Menschenwürde. Die hinter diesen Zahlen stehende Haltung sucht sich auch andere Zielgruppen wie beispielsweise Behinderte, Obdachlose etc. Nach oben buckeln und nach unten treten – das alte deutsche Radfahrerprinzip. Stimmt hier vielleicht irgendetwas nicht?

 

Das in Belgien schwebende Verfahren gegen den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon wegen der Beteiligung an Massakern während des Libanon-Feldzuges von 1982 landete vor dem höchsten Gericht des Landes. Die Richter urteilten einerseits, dass Sharons Immunität als Regierungschef eines souveränen Staates eine Anklage verhindere, stellten den Angehörigen der palästinensischen Opfer jedoch frei, nach Ablaufen seiner Amtszeit erneut Strafanzeige zu erstatten. Neben Sharon müssen zahlreiche israelische Politiker und Militärs mit Anklagen in Brüssel rechnen. Hintergrund sind die von Israel unterstützten Massaker der libanesischen Christenmilizen an palästinensischen Flüchtlingen in den Lagern Sabra und Shatila bei Beirut. Das belgische Strafrecht ermöglicht Verfahren gegen ausländische Staatsangehörige, denen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angelastet werden. Israels Staatspräsident Katzav sprach Belgien das moralische Recht zur Anklage gegen israelische Politiker und Offiziere ab, und die Regierung in Tel Aviv beorderte ihren Botschafter zur Berichterstattung in die Heimat.

 

Die Continuity IRA richtete eine Aufforderung an alle nordirischen Distriktparlamente (councils), jegliche Unterstützung der britischen Armee und der Polizei einzustellen und bekräftigte ihren Willen zur Fortsetzung der Offensive gegen die Kolonialherrschaft. Hierbei handelt es sich nicht um leere Drohungen: Zur Begrüßung des in Belfast verhandelnden britischen Premierministers Tony Blair zündeten CIRA und Real IRA in einer gemeinsamen Operation in der Stadtmitte von Enniskillen eine 15-Pfund-Bombe, wobei 6 Polizeibeamte verletzt wurden – der erste erfolgreiche Bombenanschlag auf eine Stadtmitte seit Jahren. Ferner verübte die CIRA Bombenanschläge auf Polizeiwachen in Stewartstown/Tyrone und West Belfast.

 

Kaum hat die loyalistische Ulster Defence Association ihre interne Fehde durch Vertreibung der Adair-Fraktion aus Nordirland beendet, setzen wieder die Terrorakte gegen die katholische Bevölkerungsgruppe ein. North und West Belfast erlebten eine Serie von Rohrbombenanschlägen auf katholische Wohngegenden. Loyalistische Morddrohungen richteten sich gegen einen Sinn Féin-Stadtrat in Lisburn sowie gegen katholische Postangestellte in Belfast. Verantwortlich zeichnen hier wohl die Red Hand Defenders aus dem Dunstkreis der UDA. Bei Polizeirazzia in Carrickfergus wurden Unterlagen sichergestellt, die eine gezielte Aufklärungstätigkeit der UDA gegen potentielle Zielpersonen belegen.

 

Die von der Bundesregierung berufene Rürup-Kommission zur Reform der Sozialversicherungssysteme arbeitet an einer milliardenschweren Kahlschlagliste. Rürup erwägt, Krankengeld und Leistungen für Freizeitunfälle künftig über private Versicherungen abzurechnen. Genannt werden auch eine Grundgebühr für jeden Arztbesuch, eine Nullrunde bei den Rentenerhöhungen und die allgemeine private Zusatzrentenversicherung. Rürup will dem Vernehmen nach den durchschnittlichen Beitragssatz der Krankenkassen von heute 14,4 % um etwa zwei Prozentpunkte drücken und so die Arbeitskosten senken. Dafür müssen die Krankenkassen um fast 20 Milliarden entlastet werden. Eine ersatzlose Streichung des Krankengeldes würde etwa 7 Milliarden Euro sparen. Bisher zahlen die Kassen den Versicherten ein Krankengeld, wenn die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers - in der Regel nach 6 Wochen - ausläuft. Das Krankengeld orientiert sich am Einkommen. Weitere 11 Milliarden Euro soll die Ausgliederung von Leistungen bei Unfällen aus dem Kassenkatalog bringen. Stattdessen sollen die Versicherten verpflichtet werden, sich gegen Unfälle bei Sport, im Haushalt und im Verkehr privat zu versichern. Rürup erwäge weiter, dass Patienten auch für den Arztbesuch zuzahlen müssen.

 

In der Kleinstadt Andoain im spanisch besetzten Teil des Baskenlandes kam es zu einem erneuten Mordanschlag der Untergrundorganisation ETA. Ein Kommando der baskischen Befreiungsbewegung erschoß den örtlichen Polizeichef Joseba Pagazaurtundua. Der Tote ist der Bruder einer sozialistischen Kommunalpolitikerin und pikanterweise Aktivist der Friedensbewegung Basta Ya. Nach mehreren Morddrohungen war er zum Zeitpunkt des Attentats beurlaubt. Es handelt sich um den ersten Anschlag der ETA im laufenden Jahr.

 

Die Selbstauflösung der Antifaschistischen Aktion Berlin AAB wurde bekannt gegeben, und mit dieser wollen wir uns nun zugegebenermaßen etwas demagogisch befassen. Hintergrund ist offenbar der die Linke zerrüttende Dauerkonflikt zwischen antiwestlichen Antiimps und letztlich prowestlichen und prozionistischen Antideutschen, sehen wir einmal von Streitigkeiten über die zunehmende Konsumorientierung und Angepasstheit zahlreicher "Antifas" an den MTV- und VIVA-Mainstream ab. Zudem gestehen beide Fraktionen mehr oder weniger offen das Scheitern des aus den 90er Jahren stammenden Konzeptes des Revolutionären Antifaschismus ein. Hierunter ist die über Antifa-Aktivitäten angestrebte Einbindung Jugendlicher in linksextremistische Strukturen zu verstehen, die jedoch in vielen Fällen zur Heranbildung von höchstens ideologische Worthülsen liefernden "Ein-Punkt-Antifas" führte – das Spiegelbild des "rechten" Demomarschierers. Heutzutage wird die ideologisch diffuse Antiglobalisierungsbewegung als Sprachrohr antikapitalistischer Systemkritik von links wahrgenommen, nicht mehr die Antifa.

 

Die Gruppe der so genannten Antideutschen stellt sich bedingungslos an die Seite Israels und rechtfertigt den amerikanischen Krieg gegen den Terror als Antisemitismusbekämpfung. Natürlich ist auch Kritik am Einfluss der Banken etc. antisemitisch, die Nation wird beharrlich nicht als Handlungssubjekt anerkannt, politisch wie kulturell definierter Antiamerikanismus wird verworfen und dergleichen fort. Durch den gebetsmühlenartig wiederholten Vorwurf des Antisemitismus lähmen die Antideutschen vielerorts die "Linke" durch interne Strategiediskussionen und offene Konflikte. Latent sieht man in diesen Kreisen die USA als einen freiheitlich-demokratischen und humanistischen Staat an (am westlichen Wesen soll die Welt genesen...) – wir empfehlen hierzu Michael Moores Dokumentarfilm "Bowling for Columbine". Den Antiimps schreiben wir hingegen ins Stammbuch, dass ihre – begrüßenswerte! - Unterstützung der Befreiungsbewegungen und mancher Drittweltstaaten letztendlich einen Ersatznationalismus darstellt – wer A sagt, muss auch B sagen!

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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