Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 19. bis 25. April 2003

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Sinn Féin/IRA für irische Wiedervereinigung

Sozialismustage der SAV gegen Rosa-Grün

  

 

Zitat der Woche:
"Und man sage mir nicht, dass der Kampf nur gerechtfertigt sei, wenn der Sieg sicher ist; denn zum einen kann der Kampf die Katastrophe hinausschieben, zum anderen ist der Kampf eine Pflicht und nicht eine Spekulation für uns."
- Juan Donoso Cortés

Sinn Féins Parteichef Gerry Adams kündigte auf der traditionellen Gedenkrede zum Osteraufstand von 1916 eine neue Erklärung der IRA an, die vielen Aktivisten zu weit gehen werde. Man werde den Unionisten jedoch nicht den Gefallen tun, zu kapitulieren. Endziel sei auch weiterhin das vereinte Irland. Die republikanische Bewegung solle sich auf die Wiedervereinigung vorbereiten und den Menschen zeigen, dass sie die Zukunft der gesamten Nation sei, also auch der Protestanten. Diesen stellte Adams zum wiederholten Male Zusagen und Garantien in Aussicht. Andernorts hielt der für den IRA Army Council sprechende Hardliner Brian Keenan eine Ansprache. Der Republikanismus bedeute keinesfalls einen endlosen Krieg, aber einen Kampf bis zur irischen Wiedervereinigung. Für den Erfolg dieses Kampfes sei die Wiederherstellung der nordirischen Selbstverwaltung eine Grundvoraussetzung. Keenan drückte seine klare Ablehnung einer Mitarbeit in den nordirischen Polizeiaufsichtsbehörden oder auch nur einer Ermunterung für Katholiken aus, sich zur Polizei zu melden. Nur auf politischem Wege könne Sinn Féin so erstarken, dass die Herrschaft des britischen Imperialismus ende. Insider befürchten für den Fall neuer Entwaffnungsgesten der Provisional IRA eine neue Abwanderungswelle zu Continuity IRA und zur Real IRA.

 

Die irische Regierung forderte angesichts der festgefahrenen Verhandlungen über die Fortsetzung des nordirischen Friedensprozesses die Einstellung aller paramilitärischen Aktivitäten der IRA, da diese nicht mit demokratischen Prinzipien vereinbar seien. Gerry Adams wiederum forderte die Unionisten zu direkten Verhandlungen mit Sinn Féin auf, anstatt wie bisher den Umweg über die Briten zu gehen. Der britische Premier Tony Blair stellte mit Zustimmung Aherns nunmehr öffentlich drei Forderungen an die Provosional IRA: Einstellung aller paramilitärischen Aktivitäten, Abgabe oder Unbrauchbarmachung des Waffenarsenals und definitive Gewaltverzichtserklärung. Von den protestantischen Untergrundgruppen werden derartige Schritte weiterhin nicht verlangt. Blair deutete an, dass angesichts des politischen Stillstandes die für den 29. Mai 2003 anstehenden Wahlen zum nordirischen Parlament verschoben werden könnten.

 

In Belfast hielt das der Real IRA nahe stehende 32 County Sovereignty Movement seine erste Gedenkveranstaltung für den Osteraufstand ab, und zwar auf dem legendären republikanischen Friedhof von Milltown. Die Redner richteten scharfe Angriffe gegen die Definition Sinn Féins, das Karfreitagsabkommen werde zur irischen Einheit führen. Durch die Unterzeichnung hätten die Führer Sinn Féins die irische Nation verraten und den bewaffneten Kampf gegen den britischen Imperialismus kriminalisiert. Eine bei diesem Anlass verlesene Erklärung der RIRA zum Jahrestag des Osteraufstandes bekräftigte das Festhalten am bewaffneten Kampf gegen die Briten. Man denke langfristig und werde den Kampf solange fortsetzen, bis Großbritannien sich aus Nordirland zurückziehe. An London, Dublin und Sinn Féin richteten die Hardliner den Vorwurf, ein Netz des Verrates gegen die nationalen Interessen des irischen Volkes zu spinnen. Durch die Begegnung mit Blair und Bush in Hillsborough hätten die irische Regierung sowie die Führungen von Sinn Féin und SDLP ihren Gehorsam gegenüber den Warlords aus Washington und London demonstriert.

 

Die USA planen den Aufbau einer langfristigen Militärpräsenz im Irak. Das Heer soll einen Stützpunkt bei Bagdad erhalten, die Special Forces nisten sich am Objekt H-1 in der westlichen Wüstenregion ein und die Luftwaffe bezieht Basen bei Nasiriya und bei Bashur im kurdischen Norden. Die geplante irakische Regierung soll ein Stützpunktabkommen unterzeichnen, das Vorbild scheint die langfristige militärische Zusammenarbeit mit dem afghanischen Kollaborationsregime zu sein. Ahmad Chalabi als Wortführer der Kollaborateure vom Irakischen Nationalkongress signalisierte bereits Zustimmung zu einer strategischen Allianz mit Washington. Die Bush-Administration sieht den Irak als Schlüsselposition zur Kontrolle des gesamten Nahen Ostens, welche nicht zuletzt durch militärisches Drohpotential gegen Syrien und den Iran sichergestellt werden soll. Angesichts der besseren Möglichkeiten im Zweistromland und angesichts der feindseligen Öffentlichkeit werden die Amerikaner ihre Militärpräsenz in Saudi-Arabien, Jordanien und der Türkei reduzieren.

 

Angesichts der Untätigkeit der Amerikaner und der chaotischen Zustände machte sich INC-Vizepräsident Zubaidi selbständig und begann in Bagdad gemeinsam mit Intellektuellen und Stammesführern den Aufbau einer Interimsverwaltung für die irakische Hauptstadt. Zubaidi beteiligte sich auch persönlich an den Protestkundgebungen gegen die amerikanische Militärpräsenz und fordert eine an islamischen Prinzipien orientierte Verfassung anstelle der Übernahme des westlichen Modells. Die wieder formierte Islamische Partei distanzierte sich von einem gewaltsamen Widerstand gegen die Okkupanten, verweigerte jedoch jegliche Zusammenarbeit mit einer eingesetzten Kollaborationsregierung. Ebenfalls im Wiederaufbau befindlich ist die Kommunistische Partei: Ihr Parteiorgan „Tarik el Shaab“ erschien als erste irakische Zeitung nach dem Sturz Saddam Husseins.

 

Nicht zuletzt unter dem Eindruck des amerikanischen Erfolges in Nahost scheint die nordkoreanische Regierung im Konflikt um ihr Atomprogramm gesprächsbereit zu sein. Nordkorea vereinbarte mit dem südkoreanischen Bruderstaat Verhandlungen in Pjöngjang. Verwirrung herrschte über eine Aussage des nordkoreanischen Außenministeriums, dass in Bälde mit der Gewinnung atomwaffenfähigen Plutoniums begonnen werden könne. Pjöngjang betonte die Notwendigkeit einer wirkungsvollen nuklearen Abschreckung gegenüber dem US-Imperialismus. "Der Irak-Krieg lehrt, dass es erforderlich ist, über eine schlagkräftige Abwehrwaffe zu verfügen, um einen Krieg zu verhindern und die Sicherheit und Souveränität eines Landes zu verteidigen.“ Nach der innerkoreanischen Verhandlungsrunde wollen die USA auch Japan und Russland in die Gespräche einbeziehen. General Leon LaPorte als Oberbefehlshaber der amerikanischen Besatzungstruppen in Südkorea erklärte den kommunistischen Nordstaat unterdessen zur Bedrohung des Weltfriedens. Angaben aus australischen Regierungskreisen zufolge hat das Pentagon bereits Pläne zur vorbeugenden Bombardierung der nordkoreanischen Atomanlagen vorliegen. In Peking verhandelten Amerikaner und Nordkoreaner unter chinesischer Vermittlung, um die Lage zu entspannen. Nach dem nordkoreanischen Eingeständnis, bereits über Kernwaffen zu verfügen, fanden die auf 3 Tage angesetzten Gespräche jedoch ein vorzeitiges Ende. Washington lehnt weiterhin direkte Verhandlungen mit Pjöngjang ab und fordert für weitere Gespräche die Hinzuziehung seiner Verbündeten Japan und Südkorea. Die Konfliktparteien wollen über diplomatische Kanäle in Verbindung bleiben.

 

Der korsische Regionalrat hat die von der Pariser Regierung geplante Volksabstimmung zur Dezentralisierung, die am 6. Juli abgehalten werden soll, gutgeheißen. 27 regionale Abgeordnete sprachen sich dafür aus, 10 stimmten dagegen und 14 enthielten sich. Das von der französischen Regierung geplante Sonderstatut für die Mittelmeerinsel sieht die Vereinigung der beiden korsischen Departements und die Erweiterung von Zuständigkeiten des Regionalrats vor. Dieser soll sich aus 81 Abgeordneten zusammensetzen und unter anderem auch für Steuer- und Budgetfragen zuständig sein. Unter den Befürwortern befinden sich sowohl 15 der 17 konservativen Regionalratsabgeordneten, denen auch der Präsident des Regionalrats, Jose Rossi, angehört, als auch vier der fünf gewählten Vertreter der linken Gruppe »Corse social-democrate« sowie ein linksradikaler Abgeordneter. Dagegen positionierten sich neben den beiden Konservativen und einem Sozialdemokraten auch 3 Linksradikale und 3 Kommunisten. Der linksradikale Kammerabgeordnete Emile Zuccarelli verurteilte das geplante Referendum als ein »politisches Manöver in Richtung der Nationalisten. Die 8 Vertreter der Nationalisten von »Corsica Nazione« und »Indipendenza« enthielten sich (neben den Sozialisten) der Stimme, allerdings riefen sie die Bevölkerung dazu auf, bei dem Referendum trotz aller Bedenken mit „Ja“ zu stimmen. Sie kritisierten, dass das künftige korsische Autonomiestatut keine Gesetzgebungsbefugnis vorsieht.

 

In Berlin veranstaltete die Sozialistische Alternative SAV ihre „Sozialismustage“, auf denen vor allem an den von der Bundesregierung geplanten sozialen Kahlschlagmaßnahmen Kritik geübt wurde. Zutreffend wurde festgestellt, dass der von SPD und Grünen geplante Sozialabbau noch massiver sei als die Maßnahmen der Kohl-Administration. Schon bei der Bundestagswahl warnte die SAV vor einer einäugigen Stoppt-Stoiber-Kampagne - rosa-grün sei keinesfalls das kleiner Übel. Das innerhalb der SPD laufende Mitgliederbegehren sei „lediglich der Versuch von einigen vermeintlichen Linken…, einen Bruch der Gewerkschaftsbewegung zu verhindern". Genau diesen Bruch gelte es allerdings herbeizuführen, da ansonsten ernsthafter Widerstand gegen die neoliberale Regierungspolitik unmöglich sei. Da Arbeitnehmer, Arbeitslose und Jugendliche keine politische Interessenvertretung mehr hätten, sei der Aufbau einer neuen sozialistischen Partei erforderlich. Grundsätzlich gehe es um die Überwindung der kapitalistischen Profitwirtschaft und den Aufbau einer demokratischen und sozialistischen Gesellschaftsordnung.

 

Der Parteitag des französischen Front National in Nizza bestätigte - welch Überraschung - Jean-Marie Le Pen erneut als Parteivorsitzenden. Der alternde Parteichef geht offenbar daran, seine Nachfolge in der Führung des FN zu regeln. Bruno Gollnisch, der blasse und wenig öffentlichkeitswirksame Generaldelegierte des FN, galt bislang als potentieller Nachfolger Le Pens. Nun setzte Le Pen allerdings die Wahl seiner 34jährigen Tochter Marine Le Pen zur Vizeparteichefin durch und berief sie in das Exekutivbüro der Partei. Die neue Kronprinzessin steht für eine Umorientierung des Front National hin zum Rechtspopulismus, sie vermeidet Ausflüge in die Bereiche des Rassismus und Antisemitismus und definiert sich gar als antirassistisch. Der Japanologieprofessor Gollnisch hingegen ist eher dem Lager des katholischen Traditionalismus zuzuordnen. Vorbilder für die Wandlung des FN sind die populistischen Neuorientierungen der Lega Nord oder der FPÖ.

 

Nach dem Batasuna-Verbot hoben die baskischen Separatisten und Linksnationalisten die Wahlplattform Autodeterminaziorako Bilgunea (Plattform für das Selbstbestimmungsrecht/AuB) aus der Taufe. Nur wenige Stunden, nachdem AuB ihre Kandidatur für die anstehenden Kommunalwahlen im spanisch besetzten Teil des Baskenlandes einreichte, eröffnete die spanische Justiz neue Ermittlungen zur Kriminalisierung des Kampfes für das baskische Selbstbestimmungsrecht. Zunächst einmal wurde der AuB-Wahlkampf unter polizeiliche Überwachung gestellt - Madrid sucht nach Anhaltspunkten einer Zusammenarbeit mit der Untergrundarmee ETA. Eine konstruierte Kooperation mit der ETA war auch der Grund für das Verbot Batasunas, obwohl die spanischen Sicherheitsorgane in 20jährigen Ermittlungen keinen einzigen Beweis für die Vorwürfe finden konnten. Nicht einem einzigen Batasuna-Mitglied konnte eine Straftat nachgewiesen werden, auch wenn zahlreiche ehemalige ETA-Stadtguerrilleros in der Partei mitarbeiten. Dennoch ordnete die Sonderkammer des Obersten Gerichtshofes dieser Tage die Auflösung aller Batasuna-Fraktionen und den Einzug des Parteivermögens an. Die Fraktionsauflösungen gehen allerdings in Leere, denn die Abgeordneten sind aus der Partei ausgetreten und haben sich als Sozialista Abertzaleak (Patriotische Sozialisten) neu konstituiert. Die Batasuna-Anwälte haben bereits eine Verfassungsklage gegen das Parteiverbot eingereicht. Notfalls werden sie bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, der das Verbot mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aufheben wird. Letztendlich wurden die spanischen Maßnahmen nur damit begründet, dass Batasuna die Anschläge der ETA bedauere anstatt sie zu verurteilen. Die bedrängte Wahlplattform AuB erfreut sich regen Zuspruchs im Baskenland: 80.000 Wähler haben Unterstützungsunterschriften getätigt - 30.000 mehr als erforderlich. Zum „Tag der Basken“ veröffentlichte die ETA eine Erklärung, in der sie sich gegen die von den moderaten Nationalisten propagierte kleinbaskische Lösung ohne Navarra und den französischen Teil des Baskenlandes aussprach.

 

Die mehrheitlich von Sozialreaktionären und Arbeitgeberfreunden besetzte Rürup-Kommission legte ihre Vorschläge zur „Reform“ der am Rande des Zusammenbruches stehenden Rentenversicherung vor. Demnach soll das Renteneintrittsalter ab 2011 stufenweise auf 67 Jahre angehoben werden - in Zeiten, in denen das Kapital Arbeitnehmer jenseits der 50 gnadenlos auf die Straße setzt, geradezu eine absurde Vorstellung. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die oftmals nicht einmal einen Inflationsausgleich ausmachenden jährlichen Erhöhungen der Rentenzahlungen noch weiter zu reduzieren. Mit derartigen Plänen treiben Kommission und Bundesregierung den älteren Teil der Bevölkerung geradezu in die Altersarmut. Bundesgesundheitsministerin Schmidt (SPD) unterstützte die Vorschläge grundsätzlich, die Bundesregierung bedankte sich höchst offiziell. Die Gewerkschaftsvertreter in der Kommission lehnten das Paket in einem Minderheitsvotum ab und wiesen auf die Vergrößerung des Armutsrisikos hin.

 

Zu den Rentenrefom-Vorschlägen der Rürup-Kommission erklärte die Stellvertretende Vorsitzende der PDS, Heidemarie Lüth: „Unter Erfolgs- und Zeitdruck der Bundesregierung hat die Rürup-Kommission unausgegorene und sozial fragwürdige Vorstellungen zur Rentenreform öffentlich gemacht. Würden die Vorschläge umgesetzt, hätten Rentnerinnen und Rentner und ältere Erwerbstätige durch Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre sowie die Absenkung des Renteniveaus durch einen an der demographischen Entwicklung orientierten so genannten Nachhaltigkeitsfaktor einschneidende und die Lebensqualität drastisch senkende Einschnitte zu erwarten. Die PDS lehnt eine solche Reform ab und unterstützt den von den Gewerkschaften angekündigten Widerstand gegen diesen Kurs der rot-grünen Regierung. Sie setzt sich dafür ein, die gesetzliche Rentenversicherung als Teil der solidarischen Sozialversicherung als sozialstaatliche Errungenschaft zu erhalten, weil sie für die übergroße Mehrheit der abhängig Beschäftigten nach einem langen Versicherungsleben verdienter Alterslohn für Lebensarbeitsleistung ist und Armut im Alter vermeidet.
Reformbedürftig ist vor allem die Basis der Einnahmen der Rentenversicherung, die besonders durch Massenarbeitslosigkeit - auch im Gefolge einer desolaten Wirtschaftspolitik von Rot-Grün - ausgehöhlt wurde. Für die PDS kommt nur ein solidarischer Reformweg infrage. Das heutige Rentenniveau muss und es auch kann erhalten werden, wenn längerfristig alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen und die Beitragsbemessungsgrenze erhöht werden. Das schließt eine zusätzliche private Altersvorsorge nicht aus.
Auch in Zukunft sollten die Aufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl aus Beiträgen als auch aus Steuern finanziert werden. Der Anteil der Steuerfinanzierung muss insbesondere dann zunehmen, wenn sich die Relation zwischen Beitragszahlerlinnen und Leistungsempfängern zu Lasten der Beitragszahler/innen verschlechtert.
Die PDS wendet sich entschieden gegen die Privatisierung von Teilen der Rentenversicherung und tritt für die Beibehaltung des Prinzips ihrer paritätischen Finanzierung ein, wobei längerfristig die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge durch Einführung einer Wertschöpfungsabgabe angestrebt wird.
Ein neuer Weg der Rentendynamisierung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Entgeltpunkte oder von der Dauer der Zugehörigkeit zur Rentenversicherung würde die Rentengerechtigkeit weiter erhöhen. Zu unserem Verständnis von solidarischer Rentenversicherung gehört auch die gerechtere Anerkennung der Lebensarbeitsleistung von Frauen. Neben einer angemessenen beitragsrechtlichen Bewertung von Kindererziehungszeiten könnte im Rahmen einer flexiblen Gestaltung des Rentenalters in Abhängigkeit von der Anzahl der Kinder eine nachteilsfreie, zeitlich vorgezogene Altersrente vorgesehen werden. Hinterbliebenenrenten sollten auf mindestens 75% der gemeinsam erworbenen Entgeltpunkte beruhen. Bei Erwerbsunfähigkeitsrenten (und Schwerbehinderten) ist der Gesetzeszustand vor 2000 wieder herzustellen. Besondere Regelungen sind für chronisch Kranke erforderlich
.“

 

Die sozialpolitische Kompetenz der Sozialisten in allen Ehren - ihr Jugendverband solid legte unlängst eine fragwürdige Broschüre vor. In der abschließenden Begründung, warum man sich der „sozialistischen Jugend“ anschließen solle, heißt es: „Ich will morgens aufstehen und mir sicher sein, dass ich genug Geld für den Monat habe. Ich will in der Schule selbstbestimmen (sic!), was wer wann wie lernt und will viele schlaue LehrerInnen haben, damit ich am Ende viel schlauer werde als sie selbst." Hervorragend. Angesichts eines fortbildungsfeindlichen, vergreisten, bornierten und rückständigen 68er-Utopien anhängenden Lehrkörpers von APO-Opas (und Omas) kann der zweite Teil dieses Wunsches sicherlich unterstützt werden, auch wenn uns das Gefühl beschleicht, dass solid sich unter einem/r schlauen LehrerIn etwas grundsätzlich anderes vorstellt als wir. Und: Wenn man der in ihrer großen Masse von VIVA, MTV und Privatfernsehen systematisch verdummten Schuljugend freie Bahn für selbstbestimmten Unterricht lässt, dann Prost Mahlzeit. "Ich will ficken wen ich will - ohne Trauschein, Steuernachteile, Oberschwiegermutter, will kein Gangster sein, nur weil ich Gras rauche und selbst entscheiden, ob ich es lieber lasse.“ Erneut Fünfe gerade sein gelassen. Beziehung = Sex, die Worte „Liebe“ oder „einander in dieser lausigen Welt ein Zuhause geben“ kommen im solid-Wortschatz nicht vor. Von den Hekatomben von Menschen, die sich buchstäblich dummgeraucht haben, ist offenbar nicht die Rede. Hauptsache, die apathischen Kiffer treten solid bei. „Ich will zu meinen Beats tanzen, will Musik, S-P-A-S-S, Kultur und dabei kein Vermögen verlieren…Im Prinzip will ich alles - um wenigstens diesen Moment zu LEBEN OHNE KOMPROMISSE.“ Der jugendliche Bundeskonsumbürger, Produkt wie gleichermaßen Opfer und Täter der verachtungswürdigen Spaßgesellschaft grinst uns hinter diesen Zeilen dümmlich entgegen - verantwortungslos, egoistisch, materialistisch, hedonistisch und außerstande, länger als von Zwölf bis Mittag zu denken. Finanziert wurde dieser Schwachsinn übrigens aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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