Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 12. bis 18. Januar 2002

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

IWF und USA setzen Argentinien unter Druck

US-Regierung nutzt den 11. September aus

 

 

Zitat der Woche:
„Sie (die Globalisierung, C. Klee) wird angepriesen wie der Endpunkt der Aufklärung, die Auflösung aller Widersprüche. In Wirklichkeit verwandelt sie alles in einen verhandelbaren, bezahlbaren Tauschwert. Dieser Prozess ist extrem gewaltsam, denn er zielt auf eine Vereinheitlichung als Idealzustand ab, in dem alles Einzigartige, jede Singularität, mithin auch jede andere Kultur und letztlich jeder nichtmonetäre Wert aufgehoben würden.“
- Jean Baudrillard

Infolge anhaltender sozialer Unruhen verhängte die Regierung des vom ökonomischen Kollaps bedrohten Argentinien den Lebensmittelnotstand und kündigte die Verteilung von Lebensmittelhilfen an die verarmte Bevölkerung an. Staatspräsident Duhalde zieht es bereits in Erwägung, zur Schaffung von Friedhofsruhe der Armee Sonderbefugnisse zu verleihen. Der IWF stimmte einem einjährigen Schuldenmoratorium zu. Die in diesen Tagen fällige Rate von 933 Millionen Dollar wird nun erst Ende Januar 2003 fällig. Zur Besänftigung der internationalen Finanzwelt wird die argentinische Regierung einen ausgeglichenen Etat vorlegen; die Haushaltslücke von 11 Milliarden Dollar im laufenden Jahr soll durch die Notenpresse gedeckt werden. Unisono drängen die IWF-Führung und die US-Regierung auf die Vorlage eines „vernünftigen und nachhaltigen Wirtschaftsplan(es)“. Hierunter sind der Verzicht auf die angekündigten protektionistischen Maßnahmen und auf staatliche Eingriffe ins Wirtschaftsleben sowie Akzeptanz der ganz Lateinamerika bedrohenden US-Pläne zur Schaffung einer panamerikanischen Freihandelszone zu verstehen.

 

Die afghanische Übergangsregierung bezifferte den Finanzbedarf zum Wiederaufbau des verwüsteten Landes mit sage und schreibe 45 Milliarden Dollar und erklärte zudem ihren Staatsbankrott. Auch die Bezahlung der 250.000 Staatsbediensteten ist nicht mehr möglich. Von der anstehenden Geberkonferenz in Tokio will Premier Karsai für den Anfang 22 Milliarden Dollar erbitten. Die UNO geht davon aus, dass 15 Milliarden Dollar ausreichend sind. In Afghanistan bestehen mittlerweile Spannungen zwischen den lokalen Machthabern einer- sowie der Übergangsregierung und ihren amerikanischen Hintermännern andererseits. Während Kabul und die USA auf eine gnadenlose Abrechnung mit den erst von ihren Nachrichtendiensten „erfundenen“ Taliban, drängen, tendieren offenbar zahlreiche Gouverneure und Warlords zu Amnestien, Freilassungen und Versöhnungsgesten. Angesichts der Schwäche der Zentralgewalt plädierte Innenminister Kanuni dafür, den Einsatz der UN-Truppe ISAF auszuweiten. Infolge chaotischer Zustände in Kandahar und Jalalabad sei auch in diesen Städten die Anwesenheit der Schutztruppe erforderlich. Warlord-Verbände und Räuberbanden verfügen derzeit über 600.000 Feuerwaffen, die Kanuni auf käuflichem Wege unschädlich machen will. Eine zwangsweise Entwaffnung der Milizen wird für aussichtslos gehalten. Nach Angaben des Kinderhilfswerkes Unicef sind mehr als 128 000 afghanische Kinder akut vom Tode bedroht. Sechs Millionen Menschen haben keinerlei Zugang zu medizinischer Hilfe, und im Raum Kandahar sind 400.000 Manschen von jeglicher Versorgung abgeschnitten.

 

Gennadi Selesnjow als Sprecher der russischen Duma lenkte während eines Besuches in der kasachischen Hauptstadt Astana die Aufmerksamkeit auf die amerikanischen Umtriebe in Zentralasien. Außer in Pakistan und Afghanistan setzen die Amerikaner sich derzeit mit hektischer Eile auf Militärstützpunkten in Usbekistan (Chanabad), Tadschikistan (Kulyab) und Kirgisien (Bishkek) fest. Der usbekische Diktator Karimow unterzeichnete soeben einen Vertrag, nach dem Chanabad gegen 100 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe für 25 Jahre an die US Air Force verpachtet wird. Selesnjow verwies auf die russischen Interessen im ehemals sowjetischen Zentralasien und erklärte die Anwesenheit der Amerikaner für unerwünscht. Russische Militärs warnten bereits im vergangenen Jahr davor, Washington die Nutzung von Flugplätzen und Durchflugrechten in den ehemaligen Sowjetrepubliken zuzubilligen. Spannungen haben sich auch zwischen den USA und dem Iran ergeben. Das Mullah-Regime in Teheran fürchtet zu Recht die militärische Präsenz der USA in Zentralasien. Um die Einkreisung zu durchbrechen, intensiviert der Iran seine Zusammenarbeit mit der schiitischen Volksgruppe der Hazara in Afghanistan, was wiederum heftig von Washington kritisiert wurde.

 

In North Belfast eskalierten die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten in der Ermordung des 20jährigen katholischen Postangestellten Daniel McColgan. Sowohl die Red Hand Defenders als auch die Ulster Defence Association übernahmen die Verantwortung für den Mord, hielten es aber nicht einmal für nötig, einen Grund anzugeben. Irlands Ministerpräsident Bertie Ahern forderte die nordirische Polizei auf, endlich etwas gegen den loyalistischen Terror zu unternehmen. Die protestantischen Paramilitärs sind für zwei Drittel aller terroristischen Aktivitäten verantwortlich, aber es gab bislang nur eine Handvoll Festnahmen. Den 500 seit dem Karfreitagsabkommen verübten loyalistischen Bombenanschlägen stehen nur 80 republikanische gegenüber. Loyalisten waren für mehr als 540 Fälle von Schusswaffeneinsatz verantwortlich, die Republikaner für 237. Seit 1999 gab es durch paramilitärische Aktivitäten bis zu 99 Tote in Nordirland – verurteilt wegen Mordes wurde eine einzige Person. In ganz Nordirland kann derzeit der Schulunterricht nur unter Polizeischutz erfolgen, nachdem die Red Hand Defenders mit der Ermordung katholischer Lehrer drohten. Die nordirische Öffentlichkeit reagierte auf beiden Seiten mit Entsetzen auf den Mord, vor allem die Gewerkschaften waren außer sich. Es kam zu Proteststreiks, und erstmals seit Jahrzehnten gab es größere Kundgebungen gegen den religiös verbrämten Chauvinismus. McColgans Ermordung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die loyalistische UDA und die republikanische Irish National Liberation Army vorsichtige Verhandlungsfühler betreffs eines Nichtangriffspaktes und weitergehender Dialoge ausstreckten. Die INLA dementierte, sie habe Vergeltungsmaßnahmen gegen protestantische Arbeitnehmer angedroht, erinnerte die Loyalisten aber an ihre Schlagkraft, die sie 1997 mit der Ermordung Billy Wrights (Begründer der Loyalist Volunteer Force) im Hochsicherheitsknast von Maze demonstrierte.

 

Der Mord an McColgan scheint nicht durch die UDA-Führung sanktioniert gewesen zu sein, denn die Organisation verurteilte in scharfer Form alle Drohungen gegen katholische Lehrer und Postangestellte. Die UDA-Führung forderte die Red Hand Defenders, eine Tarnorganisation militanter Elemente aus UDA und LVF, unter Androhung militärischer Konsequenzen auf, innerhalb von 14 Tagen alle Drohungen zu widerrufen und sich aufzulösen. Deutlich gesagt: Die UDA fordert ihre eigene Tarnorganisation, die an und für sich als Terrorgruppe nicht existiert, zur Selbstauflösung auf. Man wies darauf hin, dass auch zwei loyalistische Splittergruppen und mitunter sogar die Provisional IRA unter dem Namen der RHD operieren. RHD gaben auf der Stelle nach und hoben die Erklärung von Lehrern und Postangestellten zu militärischen Zielen auf. Offensichtlich droht innerhalb der UDA der offene Machtkampf zwischen den militanten Gegnern des Karfreitagsabkommens und gemäßigteren Gruppen. Das UDA-Mitglied Stephen McCullough bot über einen britischen Armeereservisten der Polizei Informationen über die Mörder McColgans an. Dort geriet McCullough offensichtlich an in loyalistische Aktivitäten verwickelte Beamten: Man ignorierte seine Informationen, und wenige Stunden später fand man ihn tot auf, angeblich unglücklich von einem Hügel gestürzt.

 

Im Zentrum der baskischen Metropole Bilbao zündete die Untergrundorganisation ETA eine Autobombe – vor einem Kaufhaus und am Beginn des Winterschlussverkaufes. Zwei Personen erlitten Verletzungen. Angaben der Sicherheitskräfte wurde nur durch ein Wunder verhindert, dass der 20-Kilo-Sprengsatz ein Blutbad anrichtete. Es handelte sich um den ersten größeren ETA-Anschlag des neuen Jahres. Im Jahr 2001 wurden bei Attentaten der Etarras 15 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Nach der Festnahme von rund 140 Aktivisten und Sympathisanten gilt die baskische Untergrundarmee als stark geschwächt. Die ETA hat jedoch immer eine erstaunliche Regenerationskraft bewiesen. Spaniens sattsam bekannter Ermittlungsrichter Garzón bereitet einen weiteren sinnlosen Schauprozess vor: Martxe Aizpurua, Chefredakteurin der angesehenen Zeitung „Gara“, und ihr Kollege Martxelo Otamendi von „Egunkaria“ sollen für die Veröffentlichung eines Interviews mit ETA-Aktivisten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Anstiftung zum Mord belangt werden.

 

Nach Informationen des „Spiegel“ bereitet die Bundesregierung für den Fall eines erneuten Sieges bei den Bundestagswahlen im September eine gravierende „Reform“ des Arbeitsmarktes vor. Die Arbeitgeber werden frohlocken, denn Berlin plant die flächendeckende Einführung von Niedrigstlöhnen, die zu nicht unerheblichen Teilen aus Steuergeldern finanziert werden. Angestrebt wird die Schaffung von bis zu 500.000 Billigarbeitsplätzen, die jeweils monatlich mit bis zu 800 Euro aus der Staatskasse bezuschusst werden. Zudem sollen die noch im Job-Aqtiv-Gesetz verankerten Zumutbarkeitsgrenzen für vom Arbeitsamt vermittelte Tätigkeiten abgeschafft werden. Zumutbar wird es nach dieser „Deregulierung“ des Arbeitsmarktes auch sein, einen Arbeitsplatz mit noch unter dem Sozialhilfesatz liegender Bezahlung annehmen zu müssen. Zudem sind deutliche Kürzungen bei der Sozialhilfe geplant, um die industrielle Reservearmee besser in die gewünschte Richtung kommandieren zu können. Noch vor der Wahl ist mit der Einführung schärferer Zwangsmaßnahmen für den Fall eines abgelehnten Stellenangebotes zu rechnen.

 

Auf wachsenden internationalen und indischen Druck hin kapitulierte der pakistanische Diktator Musharraf. Pakistan erließ Verbotsanordnungen u.a. gegen die bislang eng mit seinem Auslandsnachrichtendienst ISI zusammenarbeitenden islamistischen Organisationen Lashkar-e-Toiba und Jaish-e-Mohammed. Beide kämpfen, gestützt auf Ausbildungslager im pakistanisch kontrollierten Teil des Kaschmir, gegen die indische Fremdherrschaft in der zu 90 % muslimischen Region. Nachdem bereits im Herbst bis zu 5000 Taliban-Parteigänger interniert wurden, dürften die pakistanischen Konzentrationslager nach den jüngsten Verhaftungswellen gegen Islamisten aus allen Nähten platzen. Indien zeigte sich noch nicht zufrieden und pochte auf eine gründliche Zerschlagung der islamistischen Netzwerke, was durch eine offene Kriegsdrohung unterstrichen wurde. Ein zu radikales Vorgehen gegen die Islamisten kann sich die Regierung nicht leisten: Weite Bevölkerungskreise stehen hinter ihnen, und in Pakistan kursieren außerhalb des staatlichen Gewaltmonopols bis zu 1,2 Millionen Schusswaffen.

 

Befördert wird der Zustand drohender Instabilität in Pakistan durch den IWF. Dieser räumte dem katastrophal verschuldeten Land einen Kredit über 1,32 Milliarden Dollar ein, als dessen Zweck die Armutsbekämpfung genannt wird. Mindestens 42 Millionen der 140 Millionen Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze. Wie üblich dürfte der IWF-Kredit eher gegenteilige Auswirkungen haben. Zu den Kreditauflagen gehören Steuererhöhungen und Subventionsabbau, unter anderem für Strom, Grundnahrungsmittel, Exportweizen und Medikamente. Bis 2003 sind die staatlichen Telekommunikationsunternehmen, drei staatliche Banken sowie die Betriebe für Wasser- und Energieversorgung zu privatisieren. Hiervon profitieren selbstredend transnationale Konzerne, die auch den Rückzug des Staates aus dem Agrarmarkt ausnutzen werden.

 

Nicht zuletzt auf Betreiben der USA droht in Kolumbien eine dramatische Eskalation des Bürgerkrieges. Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der linksnationalistischen Untergrundarmee FARC hat die kolumbianische Regierung den seit Ende 1998 laufenden Friedensprozess einseitig aufgekündigt und den Rebellen 48 Stunden Zeit gegeben, die ihnen eingeräumte Sicherheitszone (von der Größe der Schweiz) zu verlassen. Starke Armeeverbände, unterstützt von US-Militärberatern, stehen zum Einmarsch bereit. Lediglich auf UN-Vermittlung konnte die Konfrontation verhindert werden, es wird weiter verhandelt. Nur 24 Stunden vor diesem Beschluss nahm Staatspräsident Pastrana aus den Händen der US-Botschafterin Anne Patterson 14 Black Hawk-Kampfhubschrauber mitsamt technischem Personal und Ausbildern. Das FARC-Oberkommando kommentierte, man werde keinen Schritt zurückweichen und sich lediglich aus den städtischen Ballungsgebieten in die Berge zurückziehen, um dort auf die Regierungstruppen zu warten – wie seit 36 Jahren. Angemerkt sei, dass die Verhandlungsbereitschaft der Regierung das Resultat einer Reihe demütigender Niederlagen gegen die Partisanenverbände sowie eines drohenden infrastrukturellen Kollapses war. Die Militärs drängen seit August vergangenen Jahres auf eine militärische Lösung des seit den 40er Jahren wütenden Bürgerkrieges. Seit 1998 wurde die Stärke der Armee von 60.000 auf 110.000 Mann erhöht, und am Jahresende werden 140.000 Mann mit 172 Kampf- und Transporthubschraubern bereitstehen. Die amerikanische Militärhilfe hat sich seit 1997 von 37 Millionen auf mehr als 1 Milliarde Dollar vervielfacht. Bei den jahrzehntelangen Kämpfen kamen bislang 200.000 Menschen ums Leben, weitere 2 Millionen wurden zu Flüchtlingen.

 

Ramiro Vargas von der kleineren Untergrundarmee ELN äußerte gegenüber der „jungen welt“: „Der 11. September wird von der Regierung Bush offensichtlich dazu genutzt, ihre imperialistischen Pläne besser durchsetzen und gegen progressive politische Ansätze vorgehen zu können, um den Weg für ihre multinationalen Konzerne in aller Welt zu ebnen. Auch der Abbruch der Friedensverhandlungen mit den FARC steht in dieser Konsequenz. Nach dem 11. September werden alle Befreiungsbewegungen als Terroristen bezeichnet und als solche attackiert. Nach der Definition Washingtons gehört auch die kolumbianische Guerilla zu den Terroristen. Dabei ist offensichtlich, dass gerade diese Regierung zusammen mit Israel den größten Terrorismus ausübt. Leider schließt sich die EU dieser Politik in weiten Teilen an und versucht in diesem Sinne verstärkt, in Kolumbien Einfluss zu nehmen.“

 

Eine weitere Intervention der offenkundig völlig außer Rand und Band geratenen Bush-Administration erfolgt derzeit auf den Philippinen. Im Süden des südostasiatischen Inselstaates kämpfen muslimische Rebellen gegen die christliche Zentralregierung in Manila. Zur Unterstützung der Regierungstruppen entsandten die USA Spezialeinheiten in das Kampfgebiet und stellten Militärhilfe in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar bereit. Darüber hinaus sind auf den Philippinen bereits CIA-Fachleute mit der Aufstandsbekämpfung beschäftigt, was für die Zivilbevölkerung der Rebellengebiete wenig Gutes verheißt. Das Pentagon schließt die Entsendung weiterer Truppenverbände nicht aus. Die Gegenleistung der philippinischen Regierung besteht in der Wiederöffnung der erst vor wenigen Jahren geschlossenen amerikanischen Militärstützpunkte.

 

Schon ein Jahr vor Ablauf der Amtszeit des chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji steht sein Nachfolger fest. Der 59jährige Vizepremier Wen Jiabao soll auf dem Volkskongress im März 2003 aufrücken und die Regierung übernehmen. Wen Jiabao ist erklärter Favorit des scheidenden Regierungschefs und zeichnete sich vor allem bei der Reform des Bankwesens, der Finanzmärkte und das Finanzministeriums aus. Unter Wens Leitung wurde im Jahr 1995 der laufende Fünfjahresplan aufgestellt. Innenpolitisch gilt der kommende Mann als relativ liberal. Schon im Herbst 2002 steht ein weiterer Wechsel an: Staatspräsident Jiang Zemin wird das Amt des Parteivorsitzenden zur Verfügung stellen und im März 2003 als Staatsoberhaupt durch seinen Vize Ju Jintao abgelöst werden. Als Leiter der Militärkommission wird Jiang auch weiterhin der mächtigste Mann in China bleiben. Der noch amtierende Staats- und Parteichef vergatterte die Kader aus Medien und Publizistik dazu, sich vehement gegen aus dem kapitalistischen Ausland stammende ideologische Einflüsse zu stellen und die Parteilinie zu verteidigen.

 

Offiziellen Angaben zufolge betrug das Wirtschaftswachstum in der VR China im vergangenen Jahr 7,3 % und übertraf damit alle anderen bedeutenden Volkswirtschaften der Welt. Trotz WTO-Beitritt will Zeng Peiyans Planungskommission diese Wachstumsrate auch 2002 weitgehend halten. Motor des BIP-Anstieges sind die wachsende Inlandsnachfrage und Infrastrukturinvestitionen. Hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Dynamik hat China die bislang führenden Wirtschaftsnationen bis hin zu den USA klar hinter sich gelassen. Mit 1,3 Milliarden Einwohnern wies die Volksrepublik bereits zur Jahrtausendwende ein BIP von 1080 Milliarden Dollar auf und etablierte sich als sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt noch vor den G-7-Mitgliedern Italien und Kanada. In der Volksrepublik ist die Zahl von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung im Jahr 2001 deutlich gestiegen. Ende des Jahres waren über 390 000 Auslandsfirmen in der Volksrepublik ansässig, sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Summe ausländischer Direktinvestitionen nahm um 14,9 % auf 46,8 Milliarden Dollar zu. Das wachsende wirtschaftliche und politische Gewicht der VR lässt sich beispielsweise daran ablesen, dass Zentralbankpräsident Dai Xianglong mittlerweile seinem japanischen Amtskollegen väterliche Ratschläge zur Stabilisierung des Yen erteilt.

 

Erst im 3. Wahlgang konnte der neue Präsident des Europaparlaments bestimmt werden. Mit 298 von 568 abgegebenen gültigen Stimmen wurde der irische Liberale Pat Cox zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Mit der Wahl des bis zur nächsten Europawahl Mitte 2004 amtierenden Iren wurde die schon fast traditionelle Dominanz der Christdemokraten und Sozialdemokraten durchbrochen. Obwohl in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, sind die Kompetenzen des Europäischen Parlaments in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet worden. Die Abgeordneten haben bei zahlreichen EU-Gesetzen nicht nur eine beratende Funktion, sondern können mitentscheiden. Im Zuge der geplanten neuen Reform der EU, die bis 2004 abgeschlossen sein soll, sollen die Kompetenzen des Parlaments weiter ausgebaut werden. Zwar werden die Straßburger Abgeordneten seit nunmehr 23 Jahren direkt gewählt, aber es fehlen ihnen viele der Befugnisse, die ihre Kollegen in den nationalen Parlamenten als selbstverständlich ansehen. Das Europa-Parlament kann keine Gesetzesinitiativen einbringen und keine Steuern erheben; selbst über die EU-Ausgaben darf es nur zum Teil entscheiden. Auch gegenüber der Kommission ist die Macht des Parlaments begrenzt: Ernannt werden die Kommissare von den nationalen Regierungen, vom Europa-Parlament braucht es dann nur noch eine Bestätigung.

 

Der Anteil Jugendlicher, die ohne Abschluss die Hauptschule verlassen, ist seit dem Schuljahr 1996/97 unablässig gestiegen. Ende des vergangenen Schuljahres lag er bei 8,3 % der deutschen Schüler. Werden ausländische Schüler in die Berechnungen einbezogen, dann verlässt fast jeder 10. Jugendliche die Hauptschule ohne Abschluss. Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle weisen aus, dass alle ostdeutschen Länder noch über dem Bundesdurchschnitt liegen, obwohl der Anteil ausländischer Schüler dort vergleichsweise gering ist. Zwischen 1991 und 2000 wurden die Ausgaben der Bundesländer für Schulbücher und Lernmittel von 780 auf 520 Millionen DM heruntergefahren. Schulbücher sind im Schnitt 10-15 Jahre lang in Gebrauch und daher zumeist total veraltet. Pro Schüler und Jahr geben die Länder weniger als 50 DM für Bücher und Lernsoftware aus.

 

Der französische Verfassungsrat erklärte auf Antrag zentralistisch orientierter Abgeordneter aus allen Lagern das Reformpaket für Korsika in Teilen für rechtswidrig. Französische Gesetze müssten in allen Landesteilen volle Gültigkeit haben. Damit verliert das Regionalparlament nach dem Mitspracherecht im Baugewerbe auch das Recht auf Anpassung der Pariser Gesetze an die örtlichen Gegebenheiten. Vom seinerzeit zwischen den korsischen Nationalisten und der französischen Regierung ausgehandelten Autonomiepaket bleibt eigentlich nur der muttersprachliche Unterricht in Schulen und Kindergärten übrig. Der radikale Flügel des korsischen Untergrundes lehnte die verwässerten Reformen ohnehin als ungenügend ab. Guy Talamoni von der Bewegung Corsica Nazione erklärte, fortan gebe es in Paris keine Gesprächspartner mehr für die Korsen.

 

Ein halbes Jahr nach Unterzeichnung des Vertrages von Ohrid ist die Lage in Mazedonien weiterhin gespannt. Vor allem bei Tetovo kommt es immer wieder zu Schießereien zwischen albanischen Partisanen und mazedonischer Polizei. Die Umsetzung des Friedensabkommens kommt nicht voran: Während die Albaner der mazedonischen Polizei die Rückkehr in die von der offiziell aufgelösten und entwaffneten Untergrundarmee UCK kontrollierten Dörfer bei Tetovo, Skopje, Gostivar und Kumanovo verweigern, lehnt die Zentralregierung eine Totalamnestie für die Rebellen ab. Für den Fall weiterer Nichteinlösung der Minderheitenrechte drohte die nur auf dem Papier demobilisierte UCK mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes. Die radikalere Albanische Volksarmee AKSh kündigte bereits eine Offensive gegen die „orthodoxen mazedonischen Fundamentalisten“ an. Mazedonischen Pressemeldungen zufolge verhindert nur der Winter den Ausbruch neuer Kampfhandlungen.

 

Drei Monate vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist die CDU-Landtagsabgeordnete Gudrun Schnirch zur Schill-Partei gewechselt. Die Ingenieurin aus Dessau ist seit 1998 Abgeordnete im Landtag, war aber nicht für die Wahl am 21. April nominiert worden. Nach Informationen der "Welt" führt die Schill-Partei in Sachsen-Anhalt derzeit Gespräche mit drei Landtagsabgeordneten wegen eines Übertritts. Insgesamt gebe es acht Anfragen von Parlamentariern, darunter eine aus dem Bundestag.

 

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