Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 28. Dezember 2002 bis 3. Januar 2003

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Irak weist US-Anschuldigungen zurück

USA zaudern gegenüber Nordkorea

BRD rückt in UN-Sicherheitsrat auf Justizterror gegen baskischen Nationalismus

 

Zitat der Woche:
"Heutzutage wird es für viele richtig sein, sich zurückzuziehen, um sich auf einer mehr inneren Linie von Schützengräben festzusetzen, damit das, worauf wir keinen Einfluss nehmen können, auch auf uns keinen Einfluss nehmen kann...Und hier möchte ich die Aufmerksamkeit dahin richten, dass man, bevor an äußere Aktionen gedacht wird, die sich oft nur aus momentanen enthusiastischen Gefühlen ergeben und die ohne tiefe Wurzeln sind, man an die Formung seiner selbst, an die Arbeit an sich gegen alles, was gestaltlos, ausweichend oder bourgeois ist, denken soll."
- Julius Evola

 

Auf einer Pressekonferenz im Bagdader Mansur-Hotel wandte sich der irakische Vizepremier Tarek Aziz an die internationale Presse: "Wir haben die Waffeninspektoren der Uno akzeptiert und sie willkommen geheißen. Sie können alles besichtigen, sogar jene Gebäude, von denen die amerikanische Presse angibt, es wären dort Massenvernichtungswaffen zu finden.“ Die US-Regierung suche mit allen Mitteln nach einem Vorwand für einen Militärschlag gegen den Irak. Es gehe den USA nicht darum eine Lösung zu finden. Vielmehr stehe hinter ihren Plänen der imperialistische Wunsch, den Irak zu okkupieren, um die irakischen Ressourcen für militärische und kapitalistische Zwecke wie die Kontrolle über das irakische Öl zu nützen. Klar sei ebenfalls, dass eine gegenwärtige Aggression gegen den Irak eine Schwächung der arabischen Welt mit sich bringen würde. Die irakische Regierung lud UN-Chefinspekteur Blix zu Konsultationen über offene Fragen zum Rüstungsdossier nach Bagdad ein. Wir wiederholen gebetsmühlenartig wie jede Woche: Bis jetzt gibt es keinen einzigen Beweis für das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak.

 

Auf Drängen Großbritanniens und der USA verschärfte der UN-Sicherheitsrat die Embargobestimmungen für den Irak in mehr als 50 Punkten, hauptsächlich bei militärisch nutzbaren Medikamenten. Als militärisch nutzbar gelten selbst Antibiotika – das genozidartige Massensterben unter Kindern, Kranken und Alten geht dem Westen offenbar noch nicht weit genug. Die Truppenverlegungen an den Golf haben nun auch die auf den Wüstenkrieg spezialisierte 3. Infanteriedivision erfasst. Nach Angaben der "New York Times" werden schon in wenigen Wochen 100.000 US-Soldaten in der Golfregion stehen, unterstützt von starken Luftwaffen- und Marinestreitkräften. In der renommierten Zeitung war zudem zu lesen, dass Washington die mittlerweile auf bis zu 200 Milliarden Dollar geschätzten Kriegskosten durch die Ausbeutung irakischer Erdölquellen wieder hereinbekommen will: "Nach unserem Sieg im zweiten Golfkrieg werden Großbritannien und die USA Frankreich und die europäischen Länder als die wichtigsten Abnehmer von irakischem Öl und Lieferanten von Ausrüstungsgütern ersetzen. ... Die Regierung des neuen Irak wird unter Anleitung und anfänglicher Kontrolle der siegreichen Koalition ... den USA und Großbritannien die Kosten ihres Krieges aus ihren Öl-Einnahmen ersetzen."

 

Der internationale Nachrichtendienst Stratfor, hauptsächlich ein Informationslieferant für Großkonzerne, warnte unterdessen vor den allzu optimistischen Besatzungsplänen Washingtons. Angesichts der innenpolitischen Lage im Irak sowie angesichts der unklaren Grenzverhältnisse des Landes könne der Sturz Saddam Husseins ein wahres Chaos im Nahen Osten auslösen. Britische Diplomaten aus der arabischen Welt warnten ihre Regierung vor einer Welle des Hasses, die ein amerikanischer Angriff auslösen werde. General Hilmi Akin Zorlu, türkischer Kommandeur der Afghanistan-Protektoratstruppe ISAF, befürchtet eine Eskalation der Lage am Hindukusch. Dennoch: Auf seiner Ranch in Texas warnte Bush die amerikanische Öffentlichkeit allen Ernstes vor einem möglichen Angriff Saddam Husseins auf die Vereinigten Staaten. Da der Großteil der amerikanischen Bevölkerung nicht einmal weiß, wo der Irak überhaupt liegt, ist das vielleicht propagandistisch keine schlechte Vorgehensweise.

 

Die BRD rückt zum Jahreswechsel für 2 Jahre als nichtständiges Mitglied ohne Vetorecht in den UN-Sicherheitsrat auf. Dort übernimmt sie gegen den Widerstand der USA auch den Vorsitz des Irak-Sanktionskomitees. Schröder und Fischer halten weiterhin sich alle Optionen offen und kündigten an, das bundesdeutsche Abstimmungsverhalten in der Irak-Frage werde sich jeweils nach der Situation richten. Die BRD ist nach Angaben Fischers der drittgrößten Beitragszahler der Vereinten Nationen und zum zweitgrößten Truppensteller für internationale Friedenseinsätze herangewachsen. Augenscheinlich kommt der neudeutsche Imperialismus seinem Ziel immer näher: Ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat und damit Anerkennung als eine der führenden Weltmächte.

 

Nordkorea zieht russischen und südkoreanischen Quellen zufolge den Rückzug aus dem Atomwaffensperrvertrag in Erwägung. Die CIA geht mittlerweile davon aus, dass Nordkorea über 2-3 Atomsprengköpfe verfügt und aus eingelagerten Brennstäben innerhalb kurzer Zeit Material für 6 weitere Gefechtsköpfe gewinnen kann. Trotz der drohenden Haltung Pjöngjangs, das den Abschluss eines Nichtangriffspaktes mit den USA verlangt und zu Verhandlungen nur ohne amerikanische Vorbedingungen bereit ist, halten sich die Amerikaner noch immer zurück. Bush erklärte sich öffentlich zu einer friedlichen Lösung bereit, die US-Regierung nahm Kontakt zu Nordkoreas Schutzmacht China und zu den von der Aussicht eines Waffenganges mit wahrhaft apokalyptischen Folgen wenig erbauten Südkoreanern auf. Die südkoreanische Führung wiederum ist bestrebt, die VR China als Vermittler einzuschalten – ein mehr als deutliches Zeichen, dass Seoul militärische Schritte der Amerikaner ablehnt. Zudem dachten die Südkoreaner einen Tauschhandel an: Verzicht Nordkoreas auf sein Atomprogramm gegen einen Nichtangriffspakt mit den USA. Das russische Außenministerium machte klar, dass es eine amerikanische Aggressions- und Drohpolitik gegen Nordkorea nicht wünscht.

 

Selbst das nicht gerade antiamerikanische Atlantiker-Organ "DIE ZEIT" räumte ein, der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il habe sehr effektiv einen tiefen Keil zwischen die USA und ihren Verbündeten getrieben. Auf der anderen Seite ist Pjöngjang ohne Hilfe Südkoreas wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Als Ausweg aus dem Dilemma sehen beide Teilstaaten die Koreanisierung ihrer Probleme, welche einen eindeutigen geopolitischen Rückschlag für die noch immer Besatzungstruppen im Süden unterhaltenden Amerikaner bedeuten würde. Warren Christopher, Ex-Außenminister der USA, wies interessanterweise darauf hin, dass nach seinen Erfahrungen die Vereinigten Staaten logistisch gar nicht imstande seien, zwei größere militärische Konflikte an zwei weit voneinander entfernten Orten auszutragen.

 

In San Sebastián demonstrierten Zehntausende für eine Amnestie der politischen Gefangenen der baskischen Unabhängigkeitsbewegung und für die Freiheit des Baskenlandes. Nach Angaben von Etxerat, der Angehörigenvereinigung der baskischen Gefangenen, sind mittlerweile mehr Basken aus politischen Gründen inhaftiert als unter der Franco-Diktatur. Insgesamt sitzen 650 Basken in spanischen Gefängnissen ein, von denen die wenigsten Mitglieder der Untergrundorganisation ETA sind. Vor der anhaltenden Repression durch Polizei und Justiz sind mittlerweile mehr als 300 baskische Jugendliche untergetaucht. Kein Wunder: Schon das Werfen eines Farbbeutels gilt als terroristischer Akt, für den bereits Jugendliche ab 14 Jahren zu bis zu 10 Jahren Haft verurteilt worden sind.

 

Im Kampf gegen die baskische Untergrundorganisation ETA hat die spanische Regierung einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Haftstrafen für Terroristen beschlossen. Die Täter sollen demnach künftig bis zu 40 statt bisher höchstens 30 Jahre in Haft bleiben. Eine vorzeitige Entlassung soll nur noch möglich sein, wenn die Verurteilten mit der Justiz kooperieren und Opfer von Anschlägen oder deren Hinterbliebene finanziell entschädigen. Die entsprechende Reform des Strafgesetzbuches wird nach dem Willen der konservativen Regierung auch für bereits inhaftierte Terroristen angewandt werden. Kommunisten und baskische Nationalisten wiesen die Initiative zurück. Sie widerspreche dem Prinzip, Straftäter wieder in die Gesellschaft einzugliedern und sei damit verfassungswidrig.

 

Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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