Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 31. August bis 6. September 2002
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Zweifel sind Verräter, sie rauben uns, was wir gewinnen können, wenn wir nur einen Versuch wagen." |
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William Shakespeare
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In Johannesburg trat der UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung zusammen mit 65.000 Teilnehmern und 27.000 Polizisten die bisher größte Veranstaltung dieser Art. Zur Eröffnung des Gipfels wurde die Ungleichheit zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern sehr richtig zur neuen Form der Apartheid. Auch der ansonsten als Sexualreaktionär berüchtigte südafrikanische Staatspräsident Mbeki warnte vor einer "globalen Apartheid". Alle Appelle aus UN-Kreisen, die Konferenz zu einem Gipfel der Beschlüsse und nicht der Absichtserklärungen zu machen, verhallten ungehört. Trotz eines vorbereitenden Krisentreffens konnte keinerlei Übereinkommen über die Fragen Energiemarkt, Finanzwesen und Freihandel gefunden werden. Die in der Gruppe 77 zusammengeschlossenen Entwicklungsländer versuchten vergebens, die Liberalisierungsbeschlüsse von Doha und Monterey aufzuweichen. Die USA blockierten den Vorschlag der EU, die Nutzung erneuerbaren Energien auszubauen. Heftige Kritik wurde am technologischen Protektionismus der Industrieländer geübt, die den Entwicklungsländern hartnäckig den Zugang zu neuesten Agrartechnologien verwehren. Im Zentrum der Kritik standen auch die Agrarsubventionen der USA und der EU. Die BRD forderte vergebens den Abbau handelsverzerrender Subventionen durch die EU und scheiterte hier am Widerstand Spaniens, Frankreichs und Irlands. Der Johannesburg-Gipfel endete mit einem globalen Aktionsplan ohne jede bindende Wirkung und ohne jeden Zeitplan. Die reine Absichtserklärung von Johannesburg wird z.B. der weltweiten Überfischung vor allem durch die EU keinen Einhalt gebieten, und auch das dramatische Artensterben soll lediglich "verringert" werden. Zum Entsetzen der pazifischen Inselstaaten wurde der globale Klimawandel weitestgehend ignoriert. Die Belanglosigkeit dieses Gipfels ist nicht verwunderlich, wenn man einen Blick auf den wachsenden Einfluss der schon längst zu überstaatlichen Einheiten aufgestiegenen transnationalen Konzerne wirft. In Johannesburg waren ca. 700 dieser Großunternehmen vertreten, und Konzernriesen wie DaimlerChrysler oder Hewlett Packard finanzierten die Ausrichtung des Gipfels. Greenpeace warf endgültig alle antikapitalistischen Ideale über Bord und schloss sich mit dem Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung zusammen, in dem maßgebliche Umweltvernichter wie Shell, Monsanto oder der Bergbaukonzern RTZ vertreten sind.
Offensichtlich weiß in NATO-Kreisen auf dem Balkan die eine Hand nicht, was die andere tut. Während im Kosovo die KFOR-Protektoratstruppen mittlerweile gegen die albanischen Nationalisten vorgehen, behindern NATO-Einheiten in Mazedonien die Sicherheitskräfte. Im mehrheitlich albanisch besiedelten Nordwesten Mazedoniens verhinderten die Vertreter der "internationalen Staatengemeinschaft" ein direktes Vorgehen der Regierung gegen albanische Terroristen. Diese hatten slawische Mazedonier als Geiseln genommen, um eine Reihe wegen Polizistenmordes inhaftierter Kameraden freizupressen und sich dabei von Spezialeinheiten stellen lassen. Die Albaner mussten ihre Geiseln freilassen und konnten untertauchen. Bei Feuergefechten wurden zwei Albaner erschossen, und mitten in Skopje nahm ein Kommando albanischer Guerrilleros eine Polizeistation unter Feuer. In der mazedonischen Hauptstadt regt sich mittlerweile Gegenterror: In einem Albanerviertel wurde ein Handgranatenanschlag auf ein albanisches Restaurant verübt, und Büros der albanischen Parteien wurden Ziel einer Serie von Anschlägen. Noch mehr kompliziert wird die Lage dadurch, dass auf beiden Seiten die nationalistischen Gruppen eng mit Mafia-Syndikaten verflochten sind.
Klammheimlich legte sich der neudeutsche Imperialismus, bald wohl mit dem Oberbefehl in Afghanistan und einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat versehen, einen Generalstab zu. Damit revidiert der neue Bundesverteidigungsminister Struck mit Billigung der imperialistischen Regierung Schröder-Fischer die Auflösung des deutschen Generalstabs vor 57 Jahren und ermöglicht der Bundeswehr von den NATO-Kommandostrukturen vollkommen unabhängige Operationen. Bundeswehr-Generalinspekteur Schneiderhahn erhielt vom Kriegs pardon Verteidigungsministerium die Kommandogewalt über alle Einheiten der Bundeswehr. Bislang durfte die somit zum Generalstab aufgewertete Generalinspektion keine Befehle erteilen, und Schneiderhahn ist damit der erste Generalstabschef seit den Zeiten des militärischen Totalversagers Wilhelm Keitel. Die Generalinspektion erhielt zudem die Verantwortung für die Bundeswehrplanung und die Ausstattung der Streitkräfte, ferner untersteht ihr nun das Einsatzführungskommando in Potsdam. Der Generalinspekteur sitzt nunmehr einem sogenannten Einsatzrat der Bundeswehr mit den Vertretern der Teilstreitkräfte vor. Das Stabspersonal stellt der bislang machtlose Führungsstab der Streitkräfte.
Großbritannien beabsichtigt Pressemeldungen zufolge, einen internationalen Beobachter zu berufen, um die Einhaltung des nordirischen Waffenstillstandes durch die republikanischen und loyalistischen Paramilitärs zu beobachten. Dieser Schritt soll eine der Konzessionen sein, mit denen London den Kopf des nordirischen Regierungschefs David Trimble von der protestantischen UUP bei den Regionalwahlen von 2003 retten will. Trimble erhofft sich von einem unabhängigen Beobachter eine abschreckende Wirkung auf die immer offener auf die Straßen Nordirlands zurückkehrenden Paramilitärs beider Seiten. In Newtownabbey scheiterte ein Anschlag auf den Labour-Stadtrat Mark Langhammer, als eine unter seinem Wagen angebrachte Autobombe vorzeitig explodierte. Langhammer ist sowohl Loyalisten als auch Republikanern als ein Verfechter effektiver Polizeiarbeit ein Dorn im Auge. In Portadown richtete die Explosion einer von Loyalisten gelegten Bombe einigen Sachschaden an einer Tankstelle an. Die Tanklager explodierten nicht sehr zum Glück für die vorwiegend katholischen Anwohner.
Da der ehemalige SDLP-Parteichef und Friedensnobelpreisträger John Hume nicht mehr kandidieren wird, geht Sinn Féin in der ehemaligen SDLP-Hochburg Derry zum Angriff über. Hier kandidiert Humes Nachfolger Mark Durkan, zugleich auch Vizeregierungschef im Stormont. Bei den letzten Wahlen zum nordirischen Regionalparlament konnte die SDLP in Derry 3 Sitze gewinnen, während Sinn Féin 2 erhielt. Die Republikaner sind sich (mit dem Prestigeerfolg bei den irischen Parlamentswahlen im Rücken) nun sicher, dass sie Durkan in seinem eigenen Wahlkreis schlagen können. Hierfür schickt Sinn Féin keinen Geringeren als Raymond McCartney, Teilnehmer am Hungerstreik Anfang der 80er Jahre und ehemaliger Kommandeur der IRA-Kriegsgefangenen im Hochsicherheitsknast von Maze, ins Rennen.
Mehr als 50 % der baskischen Bevölkerung sprachen sich in Umfragen gegen das Batasuna-Verbot aus, und die im Baskenland regierende gemäßigt nationalistische PNV warf der spanischen Justiz offen Parteilichkeit vor. Inaki Anasagasti als PNV-Fraktionsvorsitzender im spanischen Parlament erklärte gegenüber der "Berliner Zeitung", durch das Verbot löse Madrid das baskische Problem nicht, sondern verschärfe er vielmehr. Ein Verbot von Batasuna verhelfe der Partei nur zu einem Märtyrerstatus. "Von nun an können sie sagen, dass man in dieser Demokratie nicht jede Idee verteidigen darf." All jenen Anhängern der Partei, die mit ETA zwar das Ziel einer Abspaltung des Baskenlandes von Spanien teilten, den Terror der Untergrundorganisation aber ablehnten, "versperrt man so den Rückzugsweg von den Waffen zur Politik". Unter diesen Umständen, prophezeit Anasagasti, "wird ETA die Aznar-Regierung genauso überleben, wie sie in den vergangenen 42 Jahren schon die Franco-Diktatur und die Regierungen Suarez, Calvo Sotelo und Gonzalez überlebt hat". Anasagasti unterstellte dem konservativen Premier Aznar, seine Kampagne gegen Batasuna sei vor allem ideologisch motiviert. "Aznar geht es nur um eines: Neben seinem spanischen Nationalismus soll es keine weiteren Nationalbestrebungen geben dürfen", sagt er. Dabei mache sich der Premier die Justiz zu seinem Werkzeug. Das gelte nicht nur für Untersuchungsrichter Garzón, "der bekanntermaßen nach sehr eigenen Kriterien agiert". Vor wenigen Tagen erst habe Aznar die fast ausnahmslos unter seiner Regierung eingesetzten Richter am Obersten Gericht gewarnt, sie sollten "auf der Höhe der politischen Erfordernisse" urteilen. Anasagastis Schlussfolgerung: "In Spanien gibt es heute keine unabhängige Justizgewalt."
Das EU-Parlament erlebte einen schweren Zusammenstoss zwischen dem Batasuna-Abgeordneten Koldo Gorostiaga und spanischen Konservativen. Die Parlamentsverwaltung forderte den Basken auf, die von ihm illegal an die baskischen Separatisten weitergeleiteten 58.000 Euro aus EU-Geldern zurückzuzahlen. In Frankreich laufen seit dem Frühjahr Ermittlungen, und möglicherweise beantragt Paris die Aufhebung der parlamentarischen Immunität Gorostiagas. Das Parlament der spanischen Region Navarra erklärte die Batasuna-Fraktion vorläufig für aufgelöst erklärt, bis ein Rechtsgutachten geprüft hat, welche Folgen des Betätigungsverbot für die Partei auf die Fraktionsarbeit haben wird.
In San Sebastián kam es im Anschluss an eine Protestkundgebung gegen das Batasuna-Verbot zu den schwersten Straßenschlachten seit langem. Die baskische Regionalpolizei, die Ertzaintza, ging hierbei mit Gummigeschossen gegen die aufgebrachte Menge vor. Auf vor Ort befindliche Medienvertreter wurde bewusst und gezielt geschossen. Der spanische Untersuchungsrichter Garzón, geschworener Feind des baskischen Unabhängigkeitswillens, verhängte daraufhin ein allgemeines Demonstrationsverbot im spanisch besetzten Teil des Baskenlandes. Gegen das rechtlich fragwürdige Batasuna-Verbot darf nun nicht einmal mehr demonstriert werden. Garzóns Vorgehen wurde durch den namhaften spanischen Verfassungsrechtler Royo als illegal bezeichnet. Royo erklärte, Garzón setze sich mit Hilfe der Regierung über alle juristischen Grenzen und Strukturen hinweg. Bizarrerweise wird der Richter, unter dessen Rechtsschutz massenhaft Verdächtige gefoltert oder monatelang ohne jede Handhabe festgehalten werden, auch noch als Kandidat für den Friedensnobelpreis gehandelt. Zu Straßenschlachten und massenhaften Sachbeschädigungen kam es auch in anderen Städten des Baskenlandes und Navarras. In Bilbao entschärfte die Polizei einen 40-Kilo- Sprengsatz, der in einem geparkten Kleinlaster verborgen war. Die von der ETA plazierte Autobombe galt nach Behördenangaben einem Streifenwagen der baskischen Polizei.
In
einer Pressekonferenz stellte Dr. Ulrich Kersten als Präsident des BKA
gemeinsam mit seinem Dienstherren Bundesinnenminister Otto Schily die Bilanz
der Arbeit des Bundeskriminalamtes unter der rosa-grünen Bundesregierung
vor. Wir geben dieses Dokument polizeistaatlicher Bestrebungen auszugsweise
wieder, denn die Worte sprechen für sich: "Seit Regierungsantritt
im Jahr 1998 haben wir unsere Sicherheitsbehörden kontinuierlich verstärkt.
Trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierungen haben wir die Finanzmittel für
das BKA, den Bundesgrenzschutz, das Bundesamt für Verfassungsschutz und
für den Zivil- und Katastrophenschutz erhöht. Auch haben wir uns bereits
vor dem 11. September dafür eingesetzt, das sogenannte Religionsprivileg
abzuschaffen.
Nach dem 11. September haben wir außerdem die Sicherheitsstrukturen unseres
Landes mit einer Reihe umfangreicher gesetzlicher und administrativer Maßnahmen
gezielt ausgebaut. Dabei haben wir gesetzliche, operative und präventive
Maßnahmen sorgfältig aufeinander abgestimmt. Es ist uns mit den Sicherheitspaketen
I und II gelungen, die Aufklärungsarbeit im Vorfeld erheblich zu verbessern.
Wir haben gute Einsichten in die Reisebewegung Verdächtiger, können
Finanzströme verfolgen und Identitätswechsel nachvollziehen. Insbesondere
sind durch eine Überprüfung der Infrastruktursysteme, beispielsweise
im Luftverkehr, deutliche Sicherheitsgewinne erzielt worden. (...)
Noch am 11. September, nur wenige Stunden nach den Anschlägen, bildete
das BKA eine Spezialeinheit, die sogenannte "Besondere Aufbauorganisation
USA" (BAO USA). In Meckenheim und Hamburg ermittelten im Rahmen dieser
BAO USA zeitweise über 600 Mitarbeiter; ausländische Polizeibeamte,
auch vom FBI, haben sie unterstützt. Die BAO USA hat zur Aufklärung
der Anschläge und zur Prävention weiterer Straftaten wesentlich beigetragen.
Dies wurde im In- und Ausland -
insbesondere auch von den USA - wiederholt anerkannt. Inzwischen wurde die BAO
USA in eine Regelorganisation überführt; insgesamt werden auch weiterhin
450 BKA-Mitarbeiter zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus eingesetzt.
An den Grenzen wurden die Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen durch
den BGS intensiviert. Bereits vor Beginn der Militäraktion der USA ausgearbeitete
Sicherheitspläne für gefährdete Objekte wurden durch die Sicherheitsbehörden
des Bundes und der Länder umgesetzt. Insbesondere galt und gilt dieser
Schutz amerikanischen, britischen, israelischen und jüdischen Einrichtungen.
Zudem wurde eine Verschärfung der Reisekontrollen im Luftverkehr unmittelbar
eingeleitet. (...)
Der in diesen Tagen in Kraft getretene § 129b StGB und die entsprechenden
Folgeänderungen im BKA-Gesetz ermöglichen es dem BKA, eigenständig
gegen Mitglieder und Unterstützer von terroristischen Organisationen zu
ermitteln, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind. Das
BKA trägt damit maßgeblich dazu bei, dass sich die Bundesrepublik
Deutschland nicht zu einem Ruhe- und Rückzugsraum für internationale
Terroristen entwickelt.
Ferner enthält das Sicherheitspaket I Regelungen eines verbindlichen Verfahrens
zur Zuverlässigkeitsüberprüfung insbesondere von Personal, das
in sicherheitsrelevanten Bereichen der Flughäfen arbeitet. Seit Oktober
2001 werden die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von den Ländern
erfolgreich durchgeführt. Insgesamt wurden 260.000 Beschäftigte überprüft.
(...)
Dem Verfassungsschutz kommt bei der Terrorismusbekämpfung eine wichtige
Aufgabe zu. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat daher das Recht erhalten,
auch solche Bestrebungen zu beobachten, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung
oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten; sie sind häufig
ein gefährlicher Nährboden für den Terrorismus.
Die originären Ermittlungskompetenzen des Bundeskriminalamtes wurden punktuell
erweitert. So hat das Bundeskriminalamt die originäre Ermittlungskompetenz
für bestimmte Computersabotage-Straftaten erhalten, wenn diese Taten zu
erheblichen Auswirkungen auf die innere oder äußere Sicherheit führen
oder große Bevölkerungsgruppen gefährden. Durch die Rechtsänderung
kann das Bundeskriminalamt unter den genannten Voraussetzungen und wenn
ein Anfangsverdacht vorliegt - unmittelbar Ermittlungen führen, ohne dazu
zunächst beauftragt oder ersucht worden zu sein. Zudem wird die gesetzlich
schon bestehende Zentralstellenkompetenz des BKA gestärkt. Das BKA kann
nunmehr in Fällen, in denen es in seiner Funktion als Zentralstelle Anhaltspunkte
für Straftaten hat, ergänzende Informationen erheben, ohne - wie nach
altem Recht - vorher zeitaufwändig klären zu müssen, ob die Polizeien
des Bundes oder der Länder über die Informationen verfügen. (...)
Durch den Einsatz von Flugsicherheitsbegleitern des Bundesgrenzschutzes hat
sich die Sicherheit an Bord von deutschen Luftfahrzeugen weiter erhöht.
Flugsicherheitsbegleiter beugen der Entführung von Luftfahrzeugen, terroristischen
Anschläge und Geiselnahmen durch gezielte Einsätze wirksam vor. Wegen
der speziellen Aufgabenstellung werden dafür besonders geeignete und für
diesen Zweck fortgebildete Polizeivollzugsbeamte des BGS eingesetzt. Ihr Einsatz
wird durch die Neuregelung auf eine klare rechtliche Grundlage gestellt.
Durch die Änderungen des Pass- und Personalausweis-Gesetzes wurden die
Voraussetzungen geschaffen, um neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere
biometrische Merkmale von Fingern oder Händen oder Gesicht in den Pass
bzw. Personalausweis aufnehmen zu können. Denn die Zuverlässigkeit
der Identifizierung von Personen wird durch die Aufnahme zusätzlicher biometrischer
Merkmale erheblich verbessert.
Im BMI wurde eine Projektgruppe Biometrie eingerichtet, die in Zusammenarbeit
mit den Fachspezialisten die Aktivitäten im Geschäftsbereich des BMI
koordiniert und vorantreibt. Sie hat sich eingehend über die marktgängigen
Produkte, ihren technischen Entwicklungsstand und ihre Einsetzbarkeit informiert.
Nach Abschluss verschiedener Pilotprojekte wird sie den Einstieg in die Aufnahme
biometrischer Daten vorbereiten. Die Ausgabe neuer Visa mit integriertem Lichtbild
ist für Januar 2003 vorgesehen. Die in der EU Verordnung vom 18. Februar
2002 vorgesehene 5- jährige Umsetzungsfrist wird damit deutlich unterschritten.
(...)
Die Erfolge des BKA sind in erster Linie Erfolge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
dieser Behörde. Die Bundesregierung hat daher die finanziellen und personellen
Ressourcen des BKA seit Regierungsantritt gezielt aufgestockt. So wurden beispielweise
die Personalkapazitäten in den ermittlungsführenden bzw. -unterstützenden
Einheiten von 448 Vollzugsbeamten in 1996 auf 783 in 2002, also um etwa 70 %,
erhöht. Dies wurde begleitet von erheblichen Investitionen in moderne
Ermittlungstechnik und -logistik."
Eine Serie von blutigen Bombenanschlägen, Schießereien und Verminungsaktionen dokumentiert es: In Afghanistan geraten die westlichen Invasoren und ihr korruptes Marionettenregime in Kabul allmählich in Schwierigkeiten. Angesichts des völligen Versagens der Zentralverwaltung und der andauernden anglo-amerikanischen Gewaltexzesse formiert sich eine Allianz aus versprengten al-Qaida-Kämpfern, den Taliban und den Anhängern des einflussreichen Warlords Gulbuddin Hektmatyar, um die Fremden und ihre Kollaborateure aus dem Land zu jagen. Auch der Islamistenführer Osama bin Laden meldete sich zu Wort und forderte in einem handgeschriebenen Brief die Unzufriedenen zum Heiligen Krieg auf. Die Zweifler sollten sich daran erinnern, wie der Jihad in den 80er Jahren die militärische Legende der Sowjetunion zerstörte. Der sich formierende Widerstand scheint über zahlreiche Sympathisanten an wichtiger Stelle zu verfügen: Rechtzeitig gewarnt, können die Guerrilleros immer effektiver den anglo-amerikanischen Militäroperationen ausweichen. Stratfor, ein privater Nachrichtendienst für transnationale Konzerne, warnte vor einer sich bildenden breiten Koalition gegen die fremden Zwingherren. Die USA riskieren es laut Stratfor, "ähnlich wie vorher die Sowjetunion in einen lange andauernden Abnutzungskrieg hineingezogen zu werden". Der wohlinformierte Nachrichtendienst bezweifelt zudem rundweg die verdächtig niedrigen Angaben der Amerikaner über ihre Eigenverluste.
In Tel Aviv wurde der Schauprozess gegen den palästinensischen Intifada-Führer Marwan Barghouti eröffnet, der während der israelischen Großoffensive auf der Westbank verhaftet und ins israelische Kernland verschleppt wurde. In der Anklageschrift wird Barghouti beschuldigt, als "Chef von Terroristengruppen" für die Planung und Ausführung von Terrorakten gegen israelische Ziele sowie die Ausbildung von Extremisten verantwortlich zu sein. Festzuhalten bleibt, dass der Angeklagte bis zum Beginn der Al-Aqsa-Intifada ein Mann des Ausgleichs gewesen ist, aber offenbar durch die zionistische Besatzungsherrschaft radikalisiert wurde. Im Falle eines Schuldspruches drohen Barghouti bis zu 142 Jahre Gefängnis. Der Fatah-Funktionär bestritt die Zuständigkeit des zionistischen Gerichtes: "Ich bin Mitlied des Zentralkomitees der PLO, ich bin Abgeordneter. Nach internationalem Recht darf Israel mich nicht festnehmen, verhören, anklagen und mit Gewalt hierher bringen. Ich genieße Immunität." Dem Gericht hielt er vor, die israelische Besatzungsmacht zu repräsentieren. Aus Protest gegen das Verfahren verzichtete er auf Rechtsbeistand und lehnte es ab, auf schuldig oder nicht schuldig zu plädieren.
In Kolumbien haben Abgeordnete, Menschenrechtsaktivisten und der Oberstaatsanwalt die Regierung von Staatspräsident Alvaro Uribe aufgefordert, eine von dessen Amtsvorgänger Andres Pastrana übernommene Klausel zu widerrufen, die Kriegsverbrecher in den kommenden sieben Jahre vor dem Zugriff des Internationalen Strafgerichtshofs schützt. Das Abkommen zur Einrichtung des IStGH, das Kolumbien ratifiziert hat, erlaubt dem Tribunal die weltweite Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen, wenn nationale Gerichte eine Strafverfolgung der Täter unterlassen. Artikel 124 räumt den Unterzeichnerstaaten jedoch das Recht ein, diese Regelung für einen Zeitraum von sieben Jahren (nach Unterzeichnung der Statuten) auszusetzen. Angesichts der ausufernden Gewalt in dem verworrenen Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und von Drogenbaronen und Großkonzernen wie Coca Cola und Nestlé finanzierten AUC-Paramilitärs auf der einen und den linksgerichteten Untergrundarmeen FARC und ELN fliehen immer mehr Menschen aus den Dörfern in die leidlich sichereren Städte. Nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen gibt es in Kolumbien mittlerweile 2,7 Millionen Binnenflüchtlinge. Alleine seit Jahresbeginn mussten 200.000 Menschen ihre Heimatdörfer verlassen. Nach Angaben lokaler Menschenrechtsgruppen fallen dem seit mehr als 40 Jahren tobenden Bürgerkrieg täglich 20 Menschen zum Opfer, wobei sich die Gewalt in drei Viertel der Fälle gegen Zivilisten richtet.
Die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen liegt kurz vor der Bundestagswahl weiter über der Vier-Millionen-Marke. Wie die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit am Donnerstag mitteilte, waren im August 4,018 Millionen Menschen ohne Job. Dies waren 28700 weniger als im Juli. Nach Angaben des Chefs der Bundesanstalt, Florian Gerster, war der Rückgang vor allem jahreszeitlich bedingt, saisonbereinigt habe sich die Arbeitslosigkeit nicht verringert. Im Vergleich zum August 2001 gab es 229400 mehr Arbeitslose. Die bundesweite Arbeitslosenquote lag im vergangenen Monat bei 9,6 % nach 9,7 % im Juli und 9,2 % vor einem Jahr. Im Bundesgebiet West lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei 7,8 % und im Osten bei 17,7 %. Im Westen bewegen sich Berlin und Bremen mit 17 bzw. 12,4 % Erwerbslosigkeit weiterhin weit oberhalb des Durchschnittes.
Zur
Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Monat August erklärte der Bundesgeschäftsführer
der PDS, Dietmar Bartsch: "Mit 4,018 Millionen Arbeitslosen im Monat
August macht sich Kanzler Schröder auf in die Zielgerade zur Bundestagswahl.
Dieses Gepäck wiegt schwer angesichts der vollmundigen Versprechungen und
Hoffnungen, mit denen Schröder 1998 auch im Osten gewählt wurde.
Besonders auf dem Arbeitsmarkt ist im Osten nichts geschehen. Im Gegenteil:
Die "ruhige Hand" führte dazu, dass es dem Osten so schlecht
geht wie seit der Vereinigung nicht mehr. Die Schere zwischen Ost und West geht
weiter auseinander, die Langzeitarbeitslosen werden immer mehr zu den Stiefkindern
der Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen nimmt weiter
zu. Eines ist gewiss: Die Hartz-Pläne schließen weder die Schere
noch schaffen sie Arbeitsplätze dort, wo sie gebraucht werden: im Osten
und in den strukturschwachen Regionen des Westens. Sie bringen hingegen vor
allem weitere, verschärfte Regeln in der Verwaltung der Existenzangst der
Menschen.
Notwendig ist etwas anderes: Die Menschen in Ost und West brauchen existenzsichernde
Arbeitsplätze statt massenhafte Billiglohnjobs, junge Menschen brauchen
Ausbildungsplätze statt Zumutbarkeitsregeln, die sie zur Abwanderung in
den Westen zwingen, die kleinen Unternehmen brauchen nach der Flut Entschuldungshilfe
durch die Banken statt kleinkarierte Erbsenzählerei und der Osten braucht
das Vorziehen von Investitionsprogrammen statt gut gemeinter Ratschläge
und teuren Seifenblasen á la Hartz."
Einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa zufolge haben die Einkommensunterschiede in den Industrieländern seit Mitte der 70er Jahre stark zugenommen. Als Verlierer der liberalkapitalistischen Modernisierung können vor allem Alleinerziehende und junge Menschen angesehen werden. Am Ende des bis Mitte der 90er Jahre reichenden Untersuchungszeitraums bezogen die ärmsten 30 % der Bevölkerung in den beobachteten Ländern lediglich 5 bis 13 % aller Einkommen - in Australien und Irland 5, in Großbritannien und Belgien 6, in den Niederlanden und den USA 8, in Deutschland 11 und in Japan 13 %. Auf die reichsten 30 % der Bevölkerung entfielen dagegen 55 bis 65 % der Einkommen. Die größte Zunahme der sozialen Ungleichheit erfolgte in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und den Niederlanden. Bei diesen Zahlen wurden Einkommen aus Arbeit, soziale Transferleistungen und Einnahmen aus Kapitalanlagen und Selbständigkeit berücksichtigt. Für die steigende Kluft zwischen Arm und Reich ist weniger die Verarmung der ohnehin schon armen Schichten verantwortlich, als das starke Ansteigen der Einkommen der Reichen. Während die Löhne und Gehälter "relativ" gering gefallen oder gleichgeblieben sind, haben sich die Bruttoverdienste der oberen Schichten stark erhöht. Wichtig sei bei dieser Entwicklung auch eine Konzentration der Beschäftigung in einzelnen Haushalten. "Es gibt mehr Haushalte, in denen alle Erwachsenen arbeiten, mehr Haushalte in denen kein Erwachsener arbeitet und weniger Haushalte, in denen ein Erwachsener arbeitet und einer nicht." 64,7 % aller Haushalte (plus 4,1 %) gelten als "vollbeschäftigt", 9,8 % (plus 1,8 %) als "beschäftigungslos". Daraus lässt sich schließen, dass sich auf der einen Seite die Armut verfestigt (denn Arbeitslosigkeit ist damit gleichzusetzen) und auf der anderen Seite ein Arbeitseinkommen immer weniger dazu in der Lage ist, eine Familie zu ernähren. In der BRD gelten im jährlichen Durchschnitt 10,2 % der Menschen als arm, in den USA 14,2 und in Großbritannien sogar 20 %. Jeder jeder fünfte Bundesbürger (19,9 %), jeder vierte US-Einwohner (26 %) und mehr als jeder dritte Britte (38,4 %) befand sich in dem untersuchten Zeitraum mindestens ein Mal in Armut. Armut ist in den reichsten Staaten der Erde demnach kein gesellschaftliches Randphänomen, sondern eine ständige Gefahr für einen Großteil der Bevölkerung. In einigen Ländern - darunter Griechenland, Frankreich, Ungarn, Italien, Mexiko und die BRD - erhalten die unteren 30 % der Bevölkerung weniger als 30 % der Sozialstaatsleistungen. Dort werden diese Leistungen nicht von Jung an Alt, von Arbeitenden an Arbeitslose oder von kinderlosen an kinderreiche Familien, kurzum von reicheren an ärmere Gruppen transferiert, sondern relativ "gleichmäßig" verteilt. In der BRD erhielten im Jahre 1994 die unteren 30 % der Einkommensskala nur 28,5 % aller sozialen Transferleistungen, ein Minus von 4,9 % seit 1984. Der Transfer-Anteil bei den Rentnern im unteren Einkommensbereich betrug sogar weniger als 20 %. Bedeutend besser schnitten die mittleren 40 % der Einkommenstabelle ab - 42,2 %, plus 4,1 %. Aber selbst die oberen 30 %, die reichen Bevölkerungsgruppen, erhielten mehr als die Armen, nämlich 29,2 Prozent, fast 1 % mehr als 10 Jahre zuvor.
DIE STEUERKLASSE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR!!!