Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 24. bis 30. August 2002
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Mit Staunen nehmen wir wahr, wie sich innerhalb des bürgerlichen Patriotismus der Spießer zu mausern beginnt. Er tut so, als sei er seit je für das Radikale gewesen." |
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Joseph Goebbels
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Derzeit tingelt Hamburgs Innensenator Ronald B. Schill auf Wahlkampftour durch die Lande. Hierbei drischt er für seine rechtsreaktionäre Partei Rechtsstaatlicher Offensive platte Parolen, bei denen dem NPD-Bundesvorstand warm ums Herz werden dürfte: Schill verzichtet auf Problemanalyse, sondern wettert gegen "Krawalltouristen", "Kommunisten", "korrupte Politiker", "selbstherrliche Parteien" und "kriminelle Ausländer" und fordert schon mal die "Festung Europa" zur Abwehr "dealender Schwarzafrikaner" und "islamistischer Terroristen". Glasklar: Schill geht es wie den konkurrierenden Parteien von Deutscher Partei über die Republikaner bis hin zu den National-Demokraten letztendlich um eine reformierte BRD und nicht um ein alternatives Modell. Als Schill seine Platitüden unter Ausnutzung einer Debatte über die Flutkatastrophe und seines Rederechtes als Innenminister eines Bundeslandes im Bundestag wiederholte, wandte er nicht ungeschickt die von den 68ern entwickelte Methode des "begrenzten Regelverstoßes" an und erinnerte in seiner Demagogie durchaus an den berechnenden Provokateur Jörg Haider. Der Auftritt in Berlin sicherte einerseits die gewünschte überregionale Publicity, sorgte aber andererseits für einen handfesten Koalitionskrach in Hamburg, wo die PRO zusammen mit FDP und CDU regiert. Übrigens gelang der PRO nach Pannen in Niedersachsen/Bremen, Mecklenburg und Sachsen nunmehr in Hessen die Gründung ihres dritten Landesverbandes nach Hamburg und Sachsen-Anhalt. Vor der Bundestagswahl soll noch der Landesverband Brandenburg ins Leben gerufen werden.
Im Rahmen einer Militäroperation zur Festsetzung des als Kriegsverbrecher gesuchten UCK-Offiziers Oberst Bashkim Hamdiu machten Soldaten der Kosovo-Protektoratstruppe KFOR eine für sie beunruhigende Entdeckung: Offenbar kundschaften die noch immer bestens bewaffneten und organisierten albanischen Nationalisten gezielt die Kasernen, Kontrollpunkte und Beobachtungsposten der amerikanischen und bundesdeutschen Einheiten im Süden des Kosovo aus. Der französische KFOR-Oberbefehlshaber Valentin befürchtet, seine Truppen könnten zur Vergeltung für die Inhaftierung namhafter albanischer Nationalisten das Ziel terroristischer Anschläge und von Guerrilla-Operationen werden. In der Nähe der mazedonischen Albanerhochburg Tetovo starben bei Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen und albanischen AKSh-Partisanen zwei Menschen.
Erwartungsgemäß stimmte das spanische Parlament mit der erdrückenden Mehrheit von Konservativen und Sozialisten für ein die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die baskische Partei Batasuna, da diese sich nicht vom bewaffneten Kampf der linksnationalistischen Untergrundarmee ETA distanziert. Während sich die Kommunisten der Stimme enthielten, lehnten die kleineren Autonomistenparteien das Verbot aus gutem Grunde ab. Parallel erwirkte der berüchtigte Untersuchungsrichter Garzón einen Gerichtsbeschluss, der Batasuna jegliche politischen Aktivätiten für die Dauer von 3 Jahren untersagt und zudem die Beschlagnahme des beweglichen und unbeweglichen Parteivermögens anordnet. Die 1978 unter dem Namen Herri Batasuna (Volksunion) gegründete Partei sei lediglich ein Befehlsempfänger von Terroristen, heißt es in der fast 400-seitigen Urteilsbegründung Garzóns, dessen Maßnahme um zwei weitere Jahre verlängert werden kann. "Batasuna ist nur ein weiteres Instrument und integraler Bestandteil der ETA, ebenso wie deren Terrorkommandos." Die ETA habe seit ihrer Gründung 1959 mehr als 3000 Attentate mit 836 Toten und fast 2400 Verletzten verübt, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen und zu verfolgen seien.
Das Betätigungsverbot wird mit Artikel 129 des spanischen StGB begründet ("Zusätzliche Konsequenzen eines Gerichtsurteils"). Dieser gilt jedoch für Unternehmen und private Organisationen, mitnichten also für politische Parteien. Es handelt sich um das erste Parteienverbot in der neueren spanischen Geschichte, zudem wurde erstmals von einem spanischen Gericht angeordnet, eine Internetseite aus politischen Gründen zu sperren. Premier Aznar sprach der baskischen Gesellschaft gar öffentlich die politische Reife ab - ein Sturm der Entrüstung im Baskenland war die Folge. Auf der anderen Seite ist die baskische Regionalregierung unter Führung der gemäßigt nationalistischen PNV gezwungen, die Anordnungen aus Madrid umzusetzen obwohl die spanische Regierung den Basken noch nicht einmal alle ihnen verfassungsgemäß zustehenden Autonomierechte eingeräumt hat. Bei Nichterfüllung der spanischen Gesetze könnte Madrid nämlich dazu übergehen, die baskische Autonomie zu suspendieren.
Während Guardia Civil und die baskische Regionalpolizei Ertzaintza die Batasuna-Büros und "Volkslokale" räumten, kam es vielerorts zu Zusammenstößen mit den aufgebrachten Anhängern der Partei. In San Sebastian versuchte die Menge, die Büttel des spanischen Zentralismus mit einer Menschenkette aufzuhalten. Zu Straßenschlachten kam es in Bilbao und Vitoria, und in Tolosa konnte die Polizei einen vor dem örtlichen Gerichtsgebäude deponierten Sprengsatz entschärfen. Batasuna verlegte den Hauptsitz der Partei zunächst ins französische Bayonne. In Erwartung des Verbotsverfahrens wurden zudem rechtzeitig wichtige Parteiakten nach Frankreich ausgelagert. Parteisprecher Otegi kündigte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Pernando Barrena, der Batasuna-Sprecher für Navarra, äußerte nach der Räumung von Parteieinrichtungen in Pamplona: "Heute endet nichts, sondern der Kampf beginnt." Otegi sekundierte im Interview mit der "Jungen Welt": "Das Ziel ist, die Identität der Basken zu zerstören, wie es auch schon Franco versucht hat. Sie versuchen, das Unaufhaltsame aufzuhalten, nämlich, dass die Basken selbst demokratisch über ihre Zukunft entscheiden. Aznar irrt, wenn er sagt, Batasuna passe nicht in eine spanische Demokratie. Es sind die Basken, die in diese Demokratie, so wie sie diese Herren verstehen, nicht hineinpassen."
Im kolumbianischen Barranquilla wurde der Gewerkschaftsfunktionär Adolfo Jesús Múnera López von AUC-Paramilitärs erschossen. Der Ermordete war als Vizevorsitzender der Gewerkschaft CUT und Aktivist der Betriebsgewerkschaft der kolumbianischen Coca-Cola-Abfüllereien Unternehmerkreisen schon lange ein Dorn im Auge. Die Central Unitaria de Trabajadores als Dachverband der kolumbianischen Gewerkschaften hat seit 1986 rund 4000 Mitglieder durch den Terror von AUC und Sicherheitsorganen verloren. Alleine seit Jahresbeginn wurden in Kolumbien 116 Gewerkschafter ermordet. Dazu kommen 12 weitere Attentatsversuche, 9 Verschwundene und 16 Entführungen. In keinem einzigen Fall unternahmen die Sicherheitsbehörden gegen den Terror der rechtsgerichteten AUC-Paramilitärs irgendwelche Schritte. Auf der anderen Seite wurden bereits 7 Kundgebungen der Gewerkschaften von Polizei und Armee auseinandergeprügelt und geschossen. Alleine in dieser Woche starben mindestens 120 Menschen bei Gefechten zwischen der linksgerichteten FARC auf der einen und AUC und Regierungstruppen auf der anderen Seite.
Die von uns vor einigen Wochen angeschnittenen Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas scheinen sich verschärft zu haben. Infolge innerparteilicher Differenzen und ungelöster Führungsfragen musste Staats- und Parteichef Jiang Zemin den XVI. Parteikongress der KPCh um 2 Monate auf den November verschieben. Auf dem nur alle 5 Jahre stattfindenden Parteitag sollte der überfällige Generationswechsel eingeleitet werden, um die vergreiste Führung zu erneuern. Gerüchten zufolge will Jiang Zemin sich nicht den Statuten beugen und seine Führungspositionen aus Altersgründen abgeben. Ein Anzeichen hierfür könnte die in jüngster Zeit zu beobachtende Belebung eines Personenkults um Jiang sein, der vor allem von den dem ZK direkt unterstehenden Medien getragen wird. Als Kompromiss würde sich anbieten, dass Jiang das Amt des Staatspräsidenten an den als designierten Nachfolger gehandelten Hu Jintao abgibt, aber als Generalsekretär und Vorsitzender des Militärkomitees weiterhin starker Mann bleibt.
In den seit dem 11. September unter dem Banner von "freedom and democracy" einen weltweiten imperialistischen Feldzug führenden USA hat im vergangenen Jahr die Anzahl der Gefängnisinsassen diejenige der Studenten überschritten. Ende 2001 befanden sich im "land of hope and glory" 6,6 Millionen Menschen im Gefängnis bzw. auf Bewährung oder waren unter Auflagen auf freiem Fuß. Die Zahl der unter Bewährungsauflagen stehenden Amerikaner stieg um 2,8 % auf rund 4 Millionen. Fast jeder zweite unter Auflagen entlassene Verurteilte erfüllte dieselben nicht und wanderte wieder hinter Gitter. 46 % aller Gefängnisinsassen waren Schwarze und 36 % Weiße. Während 55 % der zu Bewährungsstrafen verurteilten Menschen weißer Herkunft waren, zeigten sich die Schwarzen auch hier mit 31 % überrepräsentiert.
Erstmals seit 1998 ist in der BRD die Zahl der Sozialhilfeempfänger wieder angestiegen, und zwar auf rund 2,7 Millionen. Der Hauptanstieg entfiel auf die neuen Bundesländer. Trotz der Zunahme im Osten ist der Anteil der Sozialhilfeempfänger in den alten Bundesländern mit 3,2 % der Gesamtbevölkerung höher als in den neuen Ländern mit 2,7 %. Deutlich gestiegen ist die Zahl der Arbeitslosen unter den Sozialhilfeempfängern: um 5,9 % auf rund 682.000. Wie das Statistische Bundesamt meldete, leben 8,3 % der in der BRD ansässigen Ausländer von Sozialhilfe, von den Inhabern eines bundesdeutschen Personalausweises hingegen nur 2,8 %. Erwähnt sei noch, dass die Arbeitslosigkeit unter Ausländern mit 16,4 % ebenfalls überproportional hoch ausfällt als ethnisches Subproletariat sind die Zuwanderer eindeutig unterprivilegiert. Als weitere sozial benachteiligte Gruppe im strukturell patriarchalischen Klassenstaat BRD fallen Frauen ins Auge. Während 2,9 % aller Männer Sozialhilfe beziehen, beträgt der Anteil der weiblichen Sozialhilfefälle 3,6 %. Alarmierende 6,4 % aller Kinder und Jugendlichen unter 18 sind auf Sozialhilfe angewiesen. Die höchsten Sozialhilfeempfängerquoten weisen die Stadtstaaten Bremen (9,2 %), Berlin (7,7 %) und Hamburg (6,8 %) auf. Spitzenreiter unter den Flächenländern sind das Saarland mit 4,3 % und Schleswig-Holstein mit 4,2 %.
Nach Studie der Hamburger Sozialbehörde liegt der Anteil der weiblichen Obdachlosen mittlerweile bei rund 22 % - bei der letzten Studie von 1996 waren es 17 %. Die Frauen sind im Schnitt deutlich jünger als die Männer. Insgesamt zeigte die Untersuchung, dass sich die Lage der Obdachlosen in Hamburg verschärft hat. Das Durchschnittsalter der Menschen, die auf der Straße leben, ist gestiegen. 1996 stellten die 30- bis 39-Jährigen mit 30 % die größte Altersgruppe - heute sind es die 40- bis 49-Jährigen als "Modernisierungsverlierer" von einem immer deutlicher die Fratze des Neoliberalismus zeigenden System abgeschrieben. Die Obdachlosen leben durchschnittlich 47 Monate auf der Straße. Die Zahl der Langzeitobdachlosen, die mehr als 5 Jahre "Platte machen", ist von 20 auf 29 % gewachsen 11 % leben seit mehr als 10 Jahren auf der Straße.
Landesweit erhebt bizarrerweise ausgerechnet die Presse des von einer feindlichen Übernahme durch die SPD-nahe WAZ-Gruppe stehenden Springer-Konzerns ein großes Geschrei gegen Medienkonzentrationen. Wer den Blick nach Osteuropa richtet, wird feststellen, dass Unterschiede und Methoden so unterschiedlich nicht sind; ebensowenig wie die Ausrichtung im Dienst des neudeutschen Imperialismus. Die WAZ-Gruppe steht mittlerweile unter der Leitung des 1999 wegen einer Korruptionsaffäre auf den Balkan abgeschobenen Kanzleramtsministers a.D. Bodo Hombach. Als WAZ-Geschäftsführer nutzte der ehemalige Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt seine bei der wirtschaftlichen und finanziellen Durchdringung Südosteuropas erworbenen Kontakte zum rücksichtslosen Aufbau von Medienmonopolen. Neben die Pressebeteiligungen am Medienimperium der SPD traten nun auch zahlreiche osteuropäische Erwerbungen. Zu nennen ist hier beispielsweise das Verlagshaus Politika AD in Belgrad. Diese erste große Auslandsinvestition in der serbischen Medienbranche seit dem Sturz Milosevics kam mit Hilfe des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic zustande, der seit seiner Machtübernahme sein Land rücksichtslos an den Westen verschachert. Politika AD ist nicht irgendein Verlag, sondern der älteste und erfolgreichste Medienkonzern auf dem Balkan. Durch die Beteiligung kontrolliert die WAZ-Gruppe in Jugoslawien 3 Tageszeitungen, 14 Magazine, 1 Rundfunksender, Druckereien und Auslieferer. Insgesamt hält die WAZ-Gruppe in Südosteuropa bereits 25 Tageszeitungen, 50 Zeitschriften und 10 Anzeigenblätter in Tschechien, Ungarn, Kroatien, Rumänien, Bulgarien und Jugoslawien. Durch die Kontrolle der Zagreb Europa Press Holding besitzt der mittlerweile viertgrößte bundesdeutsche Medienkonzern das faktische Meinungsmonopol in Kroatien, in Bulgarien wird der Vertrieb restlos und der Zeitungsmarkt zu 75 % kontrolliert.
Die Parteiführung von Sinn Féin legte der rasant wachsenden Anhängerschaft zu beiden Seiten der irischen Demarkationslinie ein neues Handbuch vor, um Neulingen wie Veteranen die derzeitige Doktrin nahezubringen. Neben die republikanischen Schwerpunktthemen wie nationale Wiedervereinigung und Wiederbelebung der keltisch-irischen Kultur treten nunmehr gleichberechtigt Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, Überwindung des Kapitalismus und des Patriarchats, Umweltschutz und die Gleichberechtigung von Homosexuellen. Generell soll die irische Wiedervereinigung im Rahmen eines nebulösen "sozialen Fortschritts" erreicht werden. Vernachlässigt werden die Tradition des bewaffneten Kampfes und die Verbindung zur Irisch-Republikanischen Armee. Kritiker der Parteiführung um Gerry Adams bemängeln, dass reine Indoktrinierung an die Stelle des innerparteilichen Diskurses trete. Die revolutionär-sozialistischen Ideale eines James Connolly oder Karl Marx würden zugunsten von Selbstdarstellung und Personenkult zurückgestellt. Zustimmen kann man der Einschätzung der Lage auf dem Informations- und Mediensektor: "Members must be aware of the operation of the propaganda war - know the enemy."
Bei Zusammenstößen zwischen Protestanten und Katholiken in East Belfast wurden 16 Soldaten verletzt. Nach Polizeiangaben beteiligten sich Paramilitärs der Provisional IRA und der Ulster Volunteer Force an den Krawallen. Am Westlink, der Hauptverkehrsader Belfasts, entschärfte die Armee eine von der Real IRA plazierte Lkw-Bombe. Die Hauptverkehrsstraße musste für 5 Stunden gesperrt werden. Alex Maskey (Sinn Féin), der erste katholische und republikanische Oberbürgermeister von Belfast, rief die Konfliktparteien vergebens zu direkten Verhandlungen auf. Diese wurden vor allem von der Ulster Defence Association, der größten protestantischen Miliz, abgelehnt.
Innerhalb der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei Österreichs entbrannte ein offener Machtkampf zwischen Parteichefin und Vizekanzlerin Susanne Rieß-Passer und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, dem eigentlichen Aushängeschild der FPÖ. Hierbei geht es nur vordergründig um Flutschäden und Steuerreform, sondern um den politischen Kurs der Freiheitlichen insgesamt. Der Regierungsflügel der FPÖ um Rieß-Passer ist eher nationalliberal und markwirtschaftlich ausgerichtet, während Haiders Kohorten eine Bandbreite von konservativ bis rechtsextrem abdecken. Als Koalitionspartnerin der ÖVP auf Bundesebene trug die FPÖ die sozialreaktionären Maßnahmen und die Privatisierungspolitik Wiens mit, was zu einem deutlichen Abfall in der Wählergunst führte. Haider bringt sich durch sein Aufbegehren gegen die eigene Parteiführung für die 2003 anstehenden Nationalratswahlen in Position und strebt nach dem Parteivorsitz, um eventuell unter Ausnutzung des EU-weiten Rechtstrends als Bundeskanzler in die Wiener Hofburg einzuziehen. In diesen Zusammenhang gehören auch Haiders Bemühungen um die Formierung einer EU-weiten Eurorechten, an deren Spitze der nicht untalentierte Demagoge und Taktiker sich profilieren will.
Die USA setzen ungeachtet aller vordergründigen Zurückhaltung ihre Vorbereitungen zum Angriffskrieg gegen den Irak fort. In der Golfregion und im Vorderen Orient sind bereits mehr als 100.000 amerikanische und britische Soldaten stationiert mehr, als für das jüngst an die Öffentlichkeit gelangte Kriegsszenario erforderlich. In den Golfstaaten unterhalten die USA und Großbritannien bereits 37.000 bzw. 27.000 Soldaten, hinzu kommen 25.000 Amerikaner in der Türkei und 6400 in Jordanien. Spätestens im Herbst werden nach Angaben der "New York Times" die Vorratslager der US Air Force in Nahost mit Waffen, Munition und Ersatzteilen aufgefüllt sein; auch die erforderlichen smart bombs und Lenkraketen dürften dann vorhanden sein. In Kuwait und Qatar steht der gepanzerte und ungepanzerte Fahrzeugpark zweier Panzerbrigaden bereit, hinzu kommen Munition und Verpflegung für 30 Gefechtstage. Auf Marineeinheiten befindet sich die Ausrüstung zweier weiter Panzerbrigaden. Truppenlandungen werden durch die Anmietung zahlreicher Transportschiffe ermöglicht, die sich teilweise bereits in der Golfregion befinden bzw. sich im Seegebiet um die Insel Diego Garcia warten. Ein etwaiger Ausfall der irakischen Ölexporte wird die USA kaum treffen seit März sind die Ölimporte aus dem Irak von 1 Million Barrel pro Tag auf 100-200.000 Barrel gedrosselt worden.
Die größte Sorge der Kritiker und Ökonomen gilt dem Ölmarkt. Ein Angriff auf den Irak könnte zu Lieferengpässen, Preissteigerungen und somit beim weltgrößten Importeur USA zu einem deutlichen Anstieg der Inflationsrate führen. Fünf Länder, die von einem Krieg unmittelbar betroffen sein könnten, bestreiten über 40 % der globalen Rohölexporte: Irak, Iran, Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate. Strategen in der Bush-Administration befürchten nun Unruhen in Iran, sollte das Nachbarland Irak angegriffen werden. Hinzu komme die Unberechenbarkeit des irakischen Diktators. Wie der Einmarsch in Kuwait im August 1990 beweise, scheue Saddam Hussein keineswegs militärische Schritte und Provokationen gegenüber Nachbarstaaten. Auch Übergriffe auf Saudi-Arabien seien nicht auszuschließen. "Wenn diese vier Staaten mit ihrer dominanten Rolle innerhalb der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) auch nur indirekt in einen Krieg hineingezogen werden, dann werden die Ölpreise in die Höhe schießen", ist der Nationalökonom Charles Nelson überzeugt. Dies würde an den Finanzmärkten die nächste schwere Vertrauenskrise auslösen und auch unmittelbar auf die Verbrauchererwartungen durchschlagen.
Lagefeststellung Beurteilung der Situation Möglichkeiten des Handelns Entschluss Umsetzung Kontrolle