Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 22. bis 28. September 2001
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"So ist es denn kein Wunder, daß jeder Aufstand bislang nur dazu beitrug, in Deutschland die Herrschaft dessen zu befestigen, dem man wie dem Teufel viele Namen geben kann. Der späte Liberalismus, der Parlamentarismus, die Demokratie als Herrschaft der Zahl, ein geistiges Franzosentum, und ein Europäertum, dessen Metaphysik die des Speisewagens ist, ein Amerikanismus mit der Gleichsetzung von Fortschritt und Komfort, eine östliche Orientierung unter dem Gesichtswinkel der inneren Politik, - dieses ganze Gewirr von überalterten und überfremdeten Dingen gleicht einem dichten Telefonnetz, zu dem das Deutsche keinen Anschluß hat. Und es ist gut so, da es ein eigenes Netz auszubilden gilt, in dem eine eigene Sprache gesprochen werden muß." |
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Ernst Jünger
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Die Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft endeten mit einem in dieser Höhe nicht erwarteten Erfolg der nationalliberalen Partei Rechtsstaatlicher Offensive PRO des Amtsrichters Ronald B. Schill. Die bislang zusammen mit den Grünen regierende SPD erhielt trotz leichter Zugewinne mit 36,5 % und 46 Abgeordneten nur ihr zweitschlechtestes Hamburger Ergebnis. Immerhin blieben die Sozialdemokraten stärkste Fraktion, da die CDU auf 26,2 % und 33 Abgeordnete absackte und ebenfalls ihr zweitschlechtestes Ergebnis verbuchen mußte. Drittstärkste Partei ist nun die PRO, die sensationelle 19,4 % erzielte und 25 Vertreter in die Bürgerschaft entsendet. Wahre Hochburg der Partei ist Harburg-Wilhelmsburg mit 34,9 %. Eigentlicher Wahlverlierer sind die Grünen mit einem Minus von 5,4 Prozentpunkten und 8,5 % (11 Sitze) - das schlechteste Ergebnis seit 10 Jahren. Vor allem in Hamburg-Nord (-6 %) und in Altona (-9 %) mußten sie erhebliche Verluste hinnehmen. Mit 5,1 % und 6 Mandaten zieht die FDP erstmals seit 8 Jahren wieder in die Bürgerschaft ein. Die von der Bundes-PDS unterstützte Regenbogen-Gruppe erhielt nur 1,7 %, auch Jürgen Hunkes STATT-Partei blieb mit 0,4 % bedeutungslos. Kläglich gescheitert sind die DVU trotz eines wie üblich dümmlich-provozierenden Wahlkampfes mit 0,7 % und die Republikaner mit 0,1 %. Mit diesem Wahlergebnis sind die Weichen auf Bildung eines Bürgerblocks aus CDU, PRO und FDP gestellt.
Nach Feststellung der Wahlforscher haben 36 % der PRO-Wähler noch bei der Bürgerschaftswahl von 1997 CDU gewählt. Weitere 15 % kommen aus dem Lager der SPD, während jeweils 5 % ehemalige Wähler von FDP und STATT-Partei sind. Nur 2 % der Schill-Anhänger kommen aus dem Umfeld der Grünen, der Rest sind umgeschwenkte Protestwähler von DVU und Republikanern sowie Nichtwähler. Einer Forsa-Umfrage zufolge kann die PRO sich bei ihrer geplanten Ausdehnung auf Bundesebene Hoffnungen auf einen Einzug in den Bundestag machen: 25 % der Wähler können sich vorstellen, der Schill-Partei ihre Stimme zu geben. Im Wahlkampf ließ die PRO ihre Plakatständer bezeichnenderweise im Knast oder in Behindertenwerkstätten anfertigen. Als Großspender werden die Kranfirma Knaack und die Marseille-Kliniken genannt. In puncto Mitgliederstärke soll die PRO bereits FDP und Grüne überholt haben und ist damit Hamburgs drittgrößte Partei. Gerüchten zufolge soll Schill außerdem aktiver Freimaurer und Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sein, nur so nebenbei. Ein Hauptproblem der erst seit dem Vorjahr existierenden PRO dürfte der Mangel an ausreichend qualifizierten Köpfen sein. Zu nennen sind hier neben Schill vor allem der ehemalige CDU-Kommunalpolitiker Norbert Frühauf und der Rentner Manfred Silberbach, der nach 43jähriger SPD-Mitgliedschaft über die STATT-Partei zur PRO stieß. Silberbach vertrat die SPD auch jahrelang in der Hamburger Bürgerschaft. Ebenfalls von der STATT-Partei kommt der CDU-Renegat Mario Mettbach, seines Zeichens aktiver Bundeswehrhauptmann. In der Bürgerschaftsfraktion sind Kaufleute mit 10 von 25 Abgeordneten überproportional vertreten - die PRO ist eine Vertretung des nationalliberalen Mittelstandes und des Kleinbürgertums. Wie bereits im Vorfeld der Bürgerschaftswahl angekündigt, wird die PRO nun ihre bundesweite Ausdehnung in Angriff nehmen, wobei Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt den Anfang machen werden. Interesse an einer Zusammenarbeit äußerte auch die rechtssozialdemokratische Abspaltung Arbeit für Bremen (AFB). Bremens FDP-Landesvorsitzender Claus Jäger sprach sich ebenfalls für eine Zusammenarbeit mit der Schill-Partei aus - an der Weser wird im September nächsten Jahres gewählt.
Frank Bsirske, grüner Vorsitzender der erst im Sommer gegründeten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, sackt nach aktuellen Meldungen ein fürstliches Monatsgehalt von 30.000 DM ein - mehr als das Salär beispielsweise des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. Die Gewerkschaftsbonzen genehmigten sich nämlich eine Verdoppelung ihrer ohnehin verschwenderisch hohen Gehälter. Bsirskes vier Stellvertreter kassieren 26.250 DM monatlich. Auch andere Spitzenfunktionäre wie die Angehörigen der 13 Landesvorstände sollen ab dem 01.01.02 zwischen 30 und 100 % mehr Gehalt bekommen. In Berlin legen die Landesvorsitzenden von 12.000 auf 15.000 DM zu, ihre Stellvertreter gehen mit 12.500 DM Monatsgehalt ebenfalls nicht leer aus. Die Mehrbelastung der Gewerkschaftskasse durch die Gehaltserhöhungen wird bei jährlich 3,4 Millionen DM liegen. Kein Wunder, daß alleine zwischen April und Juli 2001 bundesweit beinahe 50.000 Mitglieder Verdi den Rücken kehrten.
Für sein Bündnis mit den USA gegen seine ehemaligen Taliban-Freunde heimste Pakistans Militärdiktator Pervez Musharraf die ersten Gewinne ein. Die US-Regierung hob (wie auch im Falle Indiens) die nach den Atomtests von 1998 verhängten Sanktionen auf und gab erste Hilfsgelder frei. Berichten zufolge sollen sich die ersten Vorkommandos von US Army und Air Force in Zentralasien eingefunden haben, wo die ehemaligen Sowjetrepubliken ihren Luftraum bereits für US-Luftangriffe auf Afghanistan öffneten. Nachdem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die diplomatischen Beziehungen zu Kabul abbrachen, unterhält nur Pakistan noch Kontakte zum Taliban-Regime. Die arabischen Staaten unter Federführung Saudi-Arabiens verlangen von den USA die Vorlage hieb- und stichfester Beweise gegen Osama bin Laden, bevor sie die Antiterrorkoalition unterstützen. Einem etwaigen US-Angriff auf Afghanistan steht auch das Mullah-Regime im Iran nicht gerade freudig gegenüber. In Anbetracht der dünnen Beweislage verzichteten die USA auf die Hilfe der NATO-Partner und versicherten sich in bilateralen Gesprächen der Unterstützung vor allem des willfährigen Blair-Kabinetts in Großbritannien. Als sich die Nachrichten von einem nahenden Angriff der USA auf Afghanistan verdichteten, stürmte die aufgebrachte Menge die seit Jahren leerstehende US-Botschaft in Kabul und steckte den Komplex in Brand. Um die bei den Großmächten und fast allen Nachbarstaaten unbeliebten Taliban zieht sich dennoch eine mörderische Schlinge zusammen, da auch Rußland in die Spannungen eingreift und Kontakt zur oppositionellen Nordallianz in Afghanistan aufgenommen hat. Diese Koalition, bestehend aus kriminellen Milizenführern und marodierenden Warlords wie dem ehemals prosowjetischen General Rashid Dostum (auch liebevoll "der Metzger" genannt), könnte zum Angelpunkt einer innerafghanischen Koalition gegen die Taliban werden, welche sich selbstredend massiver internationaler Hilfe aus Washington und Moskau erfreuen dürfte. Das Schachspiel um die Vorherrschaft in Zentralasien ist eröffnet.
David Trimble, Vorsitzender der Ulster Unionist Party und ehemaliger Ministerpräsident der nordirischen Regionalregierung, heizte die Spannung in der Unruheprovinz weiter an. Die UUP wird im nordirischen Parlament den Ausschluß Sinn Féins aus der Regionalregierung beantragen, bis die IRA ihre Waffen abgibt. Sollte der Antrag keine Mehrheit finden, will Trimble die UUP-Minister aus der nordirischen Regierung abziehen und damit deren Zusammenbruch herbeiführen. Diese Maßnahme wird ebenfalls ergriffen, wenn die IRA nicht innerhalb von 3 Wochen ihre Entwaffnung eingeleitet hat. Im IRA Army Council, der politischen Führung der Untergrundarmee, konnten sich die Befürworter einer Entwaffnung nur noch knapp gegen die Hardliner durchsetzen. Vor allem die altgedienten IRA-Aktivisten in der Republik Irland stellen sich gegen eine Abrüstung.
Die kroatische Regierung gab bekannt, daß sie ihre Ermittlungen zur Ahndung von Kriegsverbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg ausweiten wird. Bislang verfolgte man in diesem Zusammenhang lediglich Kriegsverbrechen der mit den Deutschen verbündeten Ustascha. Nunmehr sollen auch die Massaker und ethnischen Säuberungen der Tito-Partisanen untersucht werden, denen nach 1945 Hunderttausende von Kroaten, Serben, Italienern und Volksdeutschen zum Opfer fielen.
Die Bundesregierung hat beschlossen, den Schutz für die Minderheitensprachen Nord- und Saterfriesisch in Schleswig-Holstein und Romanes in Hessen zu verbessern. In den Sprachgebieten der Nordfriesen und Roma können nun beispielsweise zweisprachige Ortsschilder aufgestellt werden, zudem können die Minderheitensprachen in regionalen und örtlichen Ratsversammlungen benutzt werden. Anträge bei öffentlichen Dienstleistern sind nun auch in diesen Sprachen stellbar. Neben Nord- und Saterfriesisch und Romanes sind noch Dänisch und Sorbisch als Minderheitensprachen anerkannt, hinzu kommt das sich staatlichen Schutzes und staatlicher Förderung erfreuende Niederdeutsche.
Verlautbarungen der Bundesregierung zufolge soll die neue internationale Mission in Mazedonien der Stabilisierung der Sicherheitslage in den Aufstandsgebieten dienen. Das internationale Kontingent wird die Heimkehr der von den albanischen Rebellen vertriebenen Mazedonier unterstützen und in den Albanergebieten Polizeifunktionen übernehmen. Zur Zeit betreiben die USA die Aufstellung und Ausbildung albanischer Polizeiverbände und geben diese Aufgaben Anfang 2002 an die OSZE ab. Im Rahmen der nunmehr abgeschlossenen Operation Essential Harvest gaben die UCK-Partisanen 3875 Waffen ab, über deren Modernitätsgrad die Angaben von NATO und unabhängigen Beobachtern stark auseinandergehen. Die von Scharping für nur 30 Tage nach Mazedonien geschickten Bundeswehrsoldaten werden nun auch an der Folgemission Amber Fox teilnehmen, mit einem Verbleib bundesdeutscher Truppen im Land ist mindestens bis Sommer 2002 zu rechnen. Mit Amber Fox wird erstmals eine NATO-Mission unter bundesdeutscher Führung erfolgen.
In einem unerwarteten Manöver kündigte Ali Ahmeti, politischer Führer der UCK, die Selbstauflösung der Untergrundarmee an. Die UCK-Kader werden nun wahrscheinlich in die neu aufzustellenden albanischen Polizeieinheiten einsickern, zudem dürften sie noch immer auf umfangreiche Waffenlager für neuerliche Auseinandersetzungen zurückgreifen können. Nach mazedonischen Vermutungen wurden bis zu 57.000 Waffen dem Zugriff der NATO entzogen. Auf albanischer Seite kündigten die Hardliner an, mit ihrer Albanischen Nationalarmee AKSh den Kampf für einen unabhängigen albanischen Staat in Mazedonien und dem Kosovo fortzusetzen. Als politisches Sprachrohr legte man sich das Nationalkomitee für die Befreiung und den Schutz albanischen Landes, das KKCMTSh zu. Sprecher des Komitees ist Kushtrim Dukagjini: "Wir werden entweder sterben oder werden würdige Herren albanischen Landes sein." Im Gegensatz zur UCK können die Hardliner jedoch nicht auf die Hilfe der anglo-amerikanischen Nachrichtendienste rechnen.
Der Reaktion des NPD-Vorstandes auf den Ausgang der Hamburger Bürgerschaftswahlen wirft ein bezeichnendes Licht auf die wahren Intentionen der Partei. Udo Voigt und Konsorten sind bestrebt, auf den fahrenden Zug der Schillschen Law and Order-Partei aufzuspringen. Trotz aller Phraseologie von Fundamentalopposition, Antiamerikanismus und "Nationaler Revolution" scheint man sich zumindest im Bundesvorstand doch nur als Mehrheitsbeschaffer der CDU zu verstehen. Der Vorstand entlarvte sich mit der Forderung nach Verschärfung des Strafgesetzbuches und Ausbau der polizeistaatlichen Strukturen wieder einmal als ein wildgewordener Haufen verunsicherter Kleinbürger, der sich zu allem Überfluß noch indirekt durch seinen latenten Rassismus an der von Großkapital und Bundesregierung betriebenen Kriminalisierung der muslimischen Glaubensgemeinschaft beteiligt und damit die Geschäfte der USA besorgt. Selbst der Begriff "Reform des liberalkapitalistischen Staates" wäre hierfür noch zuviel der Ehre. Mit Friedrich Hielscher gesprochen, wird der letzte Versuch des Westens, seinen Niedergang aufzuhalten oder zu verzögern, darin bestehen, die Maske des "Reiches" anzulegen. PRO und NPD-Opportunismus können durchaus als Vorboten eines solchen Versuches betrachtet werden.
In North Belfast kam es zu den üblichen Straßenschlachten zwischen Loyalisten, Republikanern und der Polizei. Insgesamt wurden 46 Polizeibeamte verletzt, davon vier durch eine loyalistische Brandbombenattacke auf ihr Fahrzeug. Zudem kam es mehreren Schießereien zwischen republikanischen und loyalistischen Paramilitärs sowie der Polizei. Namentlich die größte nordirische Miliz, die Ulster Defence Association, beteiligte sich mehr oder weniger offen an den Zusammenstößen. Sicherheitskreise berichten, die Gewalttaten in North Belfast hätten seit dem Sommer ein Ausmaß angenommen, das zuletzt während des legendären Hungerstreiks von 1981 beobachtet wurde. Seit Beginn der Unruhen im Juli wurden mehr als 300 Polizeibeamte bei Straßenschlachten verletzt.
Am Sinn Féin-Parteitag in Dublin nahmen Vertreter der baskischen Parteien Herri Batasuna und Eusko Alkartasuna, der PLO und des ANC teil. Die Partei bekannte sich erneut zum Ziel eines aus allen 32 Counties bestehenden, demokratischen und sozialistischen Irland. Sinn Féin erklärte sich trotz des wachsenden internationalen Drucks solidarisch mit den Zielen der PLO, Herri Batasunas oder der kolumbianischen FARC-Guerrilla. Zudem forderten die Republikaner die Freilassung aller noch in irischen Gefängnissen einsitzenden IRA-Kriegsgefangenen. Bei den irischen Parlamentswahlen des nächsten Jahres beabsichtigt man, mindestens 5 Mandate zu erzielen und damit das Zünglein an der Waage darzustellen. Mit Erklärungen gegen die Atomkraft, für die Neutralität Irlands und zugunsten des Umweltschutzes greift Sinn Féin nunmehr auch grüne Politikfelder auf.
Die umstrittene grüne EU-Abgeordnete Ilka Schröder hat aus Protest gegen die Folgemission der Bundeswehr in Mazedonien den Austritt aus ihrer Partei erklärt. In ihrer Austrittserklärung warf sie den Grünen vor, in allen wesentlichen Politikbereichen systematisch ihre Grundsätze verraten zu haben. So gehörten inzwischen Angriffseinsätze der Bundeswehr zum Standardrepertoire der BRD-Politik. Ilka Schröder hat sich nunmehr als assoziiertes Mitglied der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken angeschlossen. Weiteres Ungemach droht der Gesamtpartei, da einzelne Landesverbände wie Rheinland-Pfalz, Thüringen und Nordrhein-Westfalen sich gegen eine Beteiligung der Bundeswehr an Bushs Antiterrorfeldzug aussprachen.
Mit dem 28. September jährt sich die palästinensische Al-Aksa-Intifada zum ersten Mal. Anlaß der phasenweise das Niveau eines Guerrillakrieges gegen die israelische Besatzungsherrschaft in den Palästinensergebieten annehmenden Unruhen war seinerzeit ein provozierender Besuch des damaligen Oppositionsführers und nunmehrigen Ministerpräsidenten Sharon auf dem Tempelberg in Jerusalem. Abgesehen von den ruinösen volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf beide Parteien beläuft die Bilanz der Auseinandersetzungen sich auf 662 Tote (manche Quellen nennen bereits mehr als 830) auf palästinensischer und 174 auf israelischer Seite, hinzu kommen 15.000 bzw. 1700 Verletzte. Im Verlauf dieser Woche kamen die Kampfhandlungen unter dem Eindruck der Ereignisse vom 11. September und dem massiven internationalen Druck auf beide Konfliktparteien fast vollständig zum Erliegen, und ein Treffen zwischen Arafat und dem israelischen Außenminister Peres auf dem Flughafen von Gaza schien den Anfang eines dauerhaften Waffenstillstandes zu bedeuten. Nach einem Bombenanschlag auf israelische Soldaten rückten zionistische Truppen jedoch wieder in die Palästinensergebiete ein und lösten heftige Gefechte aus.
Die EU-Justizminister haben die letzten Hindernisse für die geplante gemeinsame Ermittlungsbehörde Eurojust beseitigt. Damit kann die Behörde, die grenzüberschreitende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen erleichtern soll, Anfang 2002 die Arbeit aufnehmen. Eurojust wird staatsanwaltliche Ermittlungen in den EU-Ländern koordinieren helfen, aber keine eigenen Ermittlungen führen. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet einen Staatsanwalt und einen Regierungsvertreter in die Behörde. Tätig wird Eurojust bei schweren Verbrechen, die mindestens zwei Mitgliedsländer oder ein EU-Land und die EU-Kommission oder ein EU-Land und einen Drittstaat betreffen. Über die Behörde tauschen die nationalen Ermittlungsorgane bei Bedarf ihre Erkenntnisse aus. Flankierend drängt vor allem Bundesinnenminister Schily, Europol mit exekutiven Polizeibefugnissen auszustatten.
Auf nationaler Ebene beschloss die BRD-Innenministerkonferenz von Bund und Ländern die bundesweite Einführung der Rasterfahndung, für die anhand bestimmter Fahndungsprofile Behörden, Institutionen oder Versorgungseinrichtungen Informationen über die bei ihnen registrierten "Verdächtigen" abgeben müssen. Diese Informationen werden dann mit polizeilichen und nachrichtendienstlichen Datenbeständen abgeglichen. Als nächsten Schritt dachte die Bundesregierung bereits die Aufhebung des Bankgeheimnisses an. Eine "Zentralstelle zur Bekämpfung der Geldwäsche" beim Bundesfinanzministerium soll bei Verdacht auf Straftaten Zugriff auf die Konteninformationen der Kreditinstitute erhalten - man fühlt sich hier an die Abgabe der durch Telekommunikationsunternehmen gespeicherten Daten erinnert. Der Verfassungsschutz wird künftig bereits Daten über politisch auffällige 14-Jährige sammeln und speichern, diskutiert wird ferner die Verpflichtung der Postunternehmen, alle verdächtigen Briefe und Pakete an den VS zu melden. Auf eine Kleine Anfrage der unsäglichen PDS-Abgeordneten Ulla Jelpke teilte die Bundesregierung mit, in den Gewalttäterdateien des BKA seien mittlerweile 1423 Personen (Stand vom 6. September) erfaßt. Die Datei Gewalttäter Links enthält 426 Datensätze und Gewalttäter Rechts 858, zudem sind 139 Ausländer erfaßt.
Die Parlamentswahlen in Polen endeten mit einem eindeutigen Sieg des postkommunistischen Demokratischen Linksbündnisses SLD unter Führung des ehemaligen Innenministers Leszek Miller. Das SLD erhielt 41 % und verfehlte die absolute Mehrheit der 460 Sitze im Sejm nur um 12 Mandate. Das bislang regierende Wahlbündnis Solidarnósc AWS-P scheiterte mit 5,6 % an der Sperrklausel und verschwand aus dem Parlament. Zweitstärkste Partei ist die nationalliberale Staatsbürgerplattform PO mit 12,7 %, gefolgt von der radikalen Bauerngewerkschaft Samoobrona (Selbstverteidigung) des EU-Gegners Andrzej Lepper mit 10,2 %, der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 9,5 % und der ultramontanen Familienliga LPR mit 7,9 %. Die Bauernpartei erhielt 9 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 46,2 %. Polens politische Landschaft ist zwischen linken EU-Anhängern und nationalkonservativen Kräften zutiefst gespalten, und es scheint fraglich, ob seine Volkswirtschaft mit derzeit 16 % Arbeitslosigkeit und einem 2003 auf umgerechnet 45 Milliarden DM anwachsenden Schuldenberg die Roßkur eines EU-Beitrittes unbeschadet übersteht.
In Peking trat das Vollplenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas zusammen, um die Weichen für den im Herbst 2002 anstehenden Parteikongreß zu stellen. Es handelte sich um die letzte Plenarsitzung des ZK vor dem nur alle 5 Jahre stattfindenden Kongreß. Staats- und Parteichef Jiang Zemin setzte seinen bürgerlichen Reformkurs gegen den Widerstand der Parteilinken durch und öffnete die Reihen der Partei Maos für das aufstrebende Unternehmertum. Jiangs Theorie der Drei Vertretungen zufolge repräsentiert die KPCh die fortschrittlichen Produktivkräfte, die moderne Kultur Chinas und die Mehrheit des chinesischen Volkes. Der Staatschef setzte die Wahl seines Schützlings Zeng Qinghong, bislang Leiter der Parteiorganisation, in den Ständigen Ausschuß des Politbüros durch. Jiang wird auf dem Parteikongreß als Generalsekretär der KPCh abtreten und 2003 auch als Präsident demissionieren. Als Leiter der Militärkommission dürfte er dann nach dem Vorbild Deng Xiaopings aus dem Hintergrund die Fäden ziehen. Vizepräsident Hu Jintao wird als kommender Parteichef der größten, modernsten und erfolgreichsten kommunistischen Partei der Welt gehandelt. Auf dem Volkskongreß im März 2003 werden neben Jiang Zemin auch Parlamentspräsident Li Peng und Ministerpräsident Zhu Rongji ihre Ämter aufgeben und jüngeren Kadern Platz machen.
Wie erst jetzt bekannt wurde, war der WTC-Attentäter Mohammed Atta für die Amerikaner kein Unbekannter. Atta wurde beispielsweise zwischen Januar und Mai 2000 auf Schritt und Tritt von der CIA beobachtet, als er sich im Großraum Frankfurt/Main mit erheblichen Mengen von Chemikalien eindeckte. Die CIA informierte weder die bundesdeutschen Partnerdienste noch die eigenen Behörden - Atta erhielt am 18. Mai 2000 von der US-Botschaft in Berlin anstandslos ein Einreisevisum. Ferner war der CIA laut "Newsweek" die Verwicklung des Observierten in einen Bombenanschlag in Israel während der 80er Jahre bekannt. Die Hamburger Zelle geriet auch ins Visier des BKA, das schon im Vorjahr vor der Verübung von Anschlägen im Ausland durch diese warnte, doch die Generalbundesanwaltschaft lehnte die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ab. Attas Cheflogistiker Said Bahaji stand bereits vor 12 Monaten unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes, der jedoch nichts Verdächtiges feststellen konnte. FBI-Chef Mueller mußte eingestehen, daß nur maximal 2 der 19 mutmaßlichen Selbstmordattentäter dem al-Qaida-Netzwerk angehörten.
Im Ibis-Hotel Bremen-Ostertor referierte auf Einladung einiger Alt-68er der umstrittene Berliner Politologe und Sozialwissenschaftler Bernd Rabehl, weiland die rechte Hand des unvergessenen Rudi Dutschke zum Thema "Weltbürgerei oder wie schnell jemand in den Geruch des Bösen oder Reaktionären geraten kann". Rabehl sieht die moderne bundesdeutsche Gesellschaft von vielerlei Übeln befallen wie Drogen- und Menschenhandel, hemmungsloser Individualismus und ungebremste Zuwanderung. "Die Heilung liegt in der Rückbesinnung auf die Werte einer nationalen Kultur. (...) Dutschke und ich waren nationale Revolutionäre, wir wollten das vietnamesische Modell der nationalen Befreiung auf Deutschland übertragen. (...) Nur ein Volk mit eigener Kultur ist in der Lage zu integrieren." Organisator Olaf Dinné äußerte, nur im Rahmen einer nationalen Sammlung könne das deutsche Volk sich abgrenzen gegen Wall-Street-Kapitalismus oder reaktionären Fundamentalismus. Die vor allem im pädagogischen Bereich tätigen Teilnehmer der Runde zeigten sich entsetzt über den zunehmenden Stumpfsinn ihrer konsum- und vergnügungssüchtigen Schülerschaft.
Kali-yuga, das Eiserne Zeitalter, das die Herrschaft des westlichen Materialismus mit Tod und Vernichtung beenden wird, ist offensichtlich nicht auf die indogermanische Mythologie beschränkt. Interessantes über die apokalyptischen Wurzeln des modernen Islamismus entnehmen wie einem Beitrag David Cooks in der ZEIT. Allah hat seinen Gläubigen bestimmten Interpretationen zufolge nämlich nicht aufgetragen, sich die Welt untertan zu machen, sondern sie zu erobern, bevor der Tag des Jüngsten Gerichts anbricht. So ließe sich auch die ungeheure Dynamik des frühen Islam erklären, der in knapp 150 Jahren ein Weltreich vom Atlantik bis an den Indus eroberte. "Denn aus der Perspektive heutiger Muslime steht die Welt Kopf. Überall hat ihr Glaube an Boden verloren - als Folge kolonialer Eroberung und christlicher Missionierung ebenso wie durch den Kulturimperialismus westlicher Medien. Gott hat den Muslimen nicht nur versprochen, daß sie die Empfänger seiner letzten dem Propheten Mohammed überbrachten Offenbarung sein würden. Vielmehr würden sie außerdem belohnt mit Herrschaft und weltlichem Erfolg. Ein volles Jahrtausend lang wurde dieses Versprechen erfüllt. (...) Dagegen bestreiten nicht einmal hartgesottene Traditionalisten, daß die islamische Welt heute, weltweit betrachtet, bestenfalls noch die zweite, wenn nicht sogar die dritte Geige spielt. Da Gott dafür schwerlich verantwortlich sein kann, muß die Schuld bei den Muslimen selbst liegen. Die apokalyptische Deutung der Situation läuft darauf hinaus, daß Gott die wenigen Auserwählten kurz vor dem Ende der Welt auf die Probe stellt. Sie müssen ihren Glauben an Gott beweisen, indem sie die verlorene weltliche Herrschaft und göttlich bestimmte Überlegenheit der Muslime wiederherstellen." In der islamischen Mythologie heißt es, daß in der nahen Zukunft der dämonische Dajal (ein muslimischer Antichrist) die Macht über den Großteil der Welt an sich reißen wird. Dieser Dajal wird mittels einer globalen Verschwörung über die Welt herrschen. Bereits jetzt beeinflußt er noch vor seiner physischen Erscheinung den Gang der Dinge in bösartiger Weise, was an der Auseinandersetzung zwischen Israel und der arabischen Welt und dem Golfkrieg gegen den Irak festgemacht wird. Vorausgesagt wird ein apokalyptischer Krieg zwischen der islamischen Welt und dem von Dajal geführten Westen. "Die Vereinigten Staaten, das versteht sich von selbst, spielen in den meisten apokalyptischen Szenarien die negative Hauptrolle. Grundsätzlich wird Amerika als das Große Babylon oder gar als der Antichrist höchstpersönlich präsentiert. Jeder amerikanische Präsident der jüngeren Vergangenheit - von Carter über Reagan und Bush bis Clinton - wurde aus diesem oder jenem Anlaß als Agent des Antichrist dargestellt und mit Bestrafung für sein Treiben bedroht. Der Antichrist manipuliert angeblich zwar sämtliche Länder des Westens - sein Hauptquartier aber liegt unzweifelhaft in Amerika. Die gesamte ökonomische und kulturelle Aktivität Amerikas spiegelt vermeintlich die Pläne dieses dämonischen Wesens wider. Dafür wird Gott das Land mit unterschiedlichsten Mitteln bestrafen, Erdbeben etwa oder durch Atomschläge. (...) Selbstverständlich gilt die amerikanische Außenpolitik als vorrangige Methode der globalen Machtausübung des Antichrist." Die Islamische Revolution im Iran oder die apokalyptische Revolte in Mekka ereigneten sich 1979, im letzten Jahr des 14. Jahrhunderts islamischer Zeitrechnung. Der Beginn der Intifada 1987 stimmte überein mit einer 80 Jahre alten Vorhersage des Weltunterganges. Der Heilige Krieg in Ägypten, die palästinensische Hamas und die algerischen Fundamentalisten können schon anhand ihrer Propagandaschriften als apokalyptische Bewegungen eingestuft werden.