Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 15. bis 21. September 2001

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Die erste Bilanz des 11. September

Das Finanzkapital und der 11. September

 

Zitatr der Woche:
"This was not an attack on civilisation, on freedom or on the free world, but an attack against the United States as a consequence of the policies, interests and the American line of action."
- Susan Sontag
 
"Bis Amerika den Schaden begreift, den es anrichtet, indem es darauf besteht, da� der amerikanische, auf Profit ausgerichtete 'way of life' nicht notwendigerweise zu allen L�ndern pa�t, werden wir in Schwierigkeiten sein. Wir werden die meistgeha�te Nation auf der Erde sein."
- Norman Mailer
 
"Genauso wie eure sch�nen Wolkenkratzer zerst�rt wurden und euch Trauer beschert wurde, genauso wurden sch�ne H�user in Libanon, in Pal�stina und in Irak von den Zionisten mit Hilfe amerikanischer Waffen zerst�rt."
- Saddam Hussein
 
"Die Journalisten sind in diesem Extremfall offenbar nicht in der Lage zu fragen, ob Osama Bin Laden einfach die bequemste und am leichtesten zu choreographierende Antwort auf die Frage nach den Drahtziehern der Anschl�ge ist."
- Michel Friedman

 

Das verheerende Ausma� der in Manhattan angerichteten Verw�stungen wird langsam offenbar. Der weltgr��te Finanzbezirk der Welt hat durch die Terroranschl�ge 2,55 Millionen Quadratmeter oder 20 % seiner B�rofl�che verloren. Eine Woche nach dem Inferno waren trotz Hochbetrieb nur 2 % der riesigen Tr�mmermasse abgetragen. Der Sachschaden wird auf bis zu 60 Milliarden Dollar gesch�tzt, 108.000 Arbeitspl�tze wurden vernichtet. Insgesamt ist wohl mit einer Operzahl von 5-6000 Toten zu rechnen.

 

Helmut Wieczorek (SPD), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag und f�hrendes Mitglied der proamerikanischen Loge Atlantikbr�cke, forderte in der Springer-Presse die Schaffung einer bundesdeutschen Nationalgarde zum Schutz vor Terroranschl�gen. Polizei und Bundeswehr k�nnten getrennt keinen wirkungsvollen Schutz gegen hochmobile Terroristen leisten. Daher sollen in der Nationalgarde milit�rische Einheiten der Bundeswehr f�r Radaraufkl�rung und Luftabwehr, professionelle Experten des Katastrophenschutzes und Antiterrorverb�nde nach Vorbild der GSG 9 zusammengefa�t werden. Bayern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Niedersachsen k�ndigten die personelle Verst�rkung des Verfassungsschutzes an, in Hamburg wird diese in Erw�gung gezogen.

 

In North Belfast scheiterte ein mit Schu�waffen ver�bter Mordanschlag der loyalistischen Red Hand Defenders auf einen katholischen Taxifahrer. Nach den Ereignissen der vergangenen Monate und einer Reihe von Todesopfern unterzieht Nordirlandminister Reid den Waffenstillstand der Ulster Defence Association einer eingehenden �berpr�fung. Die UDA ist seit Jahresbeginn in Dutzende von Bombenanschl�gen auf katholische Familien und mehrere Morde verwickelt, die sie teilweise unter dem auch von der Loyalist Volunteer Force genutzten Tarnnamen der Red Hand Defenders ver�bte. In North Belfast wurden �ber ein Dutzend Loyalisten verhaftet, da sie in Gewaltt�tigkeiten im Zusammenhang mit dem Schulkrieg von Ardoyne verwickelt waren. In Portadown setzte die Ulster Volunteer Force durch einen Mordanschlag auf einen LVF-Aktivisten die loyalistische Bruderfehde fort, und in Londonderry zelebrierten katholische Jugendliche eine der �blichen Stra�enschlachten mit der Polizei.

 

Das umstrittene Anti-Globalisierungsnetzwerk Attac konnte den Beitritt des ehemaligen SPD-Vorsitzenden und Bundesfinanzministers Oskar Lafontaine verbuchen. Nun ist Lafontaine durch seine Funktion als Gastredner der proamerikanischen Loge Atlantikbr�cke und zeitweiliger Verhandlungsf�hrer der BRD bei den Gespr�chen um das MAI-Abkommen eine zwielichtige Person. Auf der anderen Seite kann man hier auch vermuten, da� ein Eingeweihter sich auf die Seite der gem��igten Globalisierungskritiker schl�gt, der zuviel von den Machenschaften des internationalen Finanzkapitals wei�, um noch schweigen zu k�nnen. In jedem Fall wird Lafontaine auf dem Berliner Attac-Kongre� im Oktober auftreten und arbeitet derzeit an einem Buch �ber die Globalisierung.

 

Nach 15j�hrigen Verhandlungen stimmte die Welthandelsorganisation formell dem Beitritt der Volksrepublik China zu. Der chinesische Verhandlungsf�hrer Long Yongtu k�ndigte umfangreiche Liberalisierungsma�nahmen an, um den Markt seines Landes zu �ffnen. Offiziell wird die WTO-Aufnahme Pekings auch der Konferenz in Qatar im November beschlossen. Mit China wird die f�nftgr��te Handelsmacht der Welt nach den USA, der Europ�ischen Union, Japan und Kanada aufgenommen. Als n�chster Beitrittskandidat wird Ru�land gehandelt, womit das internationale Globalisierungskapital alle weltwirtschaftlich bedeutsamen Regionen unter seiner Fuchtel haben d�rfte. Beide Staaten machen derzeit durch ihr Angebot, die USA gegen die Taliban zu unterst�tzen, gut Wetter an der Wallstreet.

 

Die radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan dementierten, da� sie gegen die USA einen Heiligen Krieg ausgerufen h�tten. Sie w�rden dies jedoch im Falle eines US-Angriffs auf Afghanistan tun, so die Taliban-Nachrichtenagentur AIP. Nach russischen Meldungen fordert Kabul als Bedingungen f�r die �berstellung Usama bin Ladens einen Proze� in einem neutralen Land und die Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen Afghanistan. Zudem soll das Ausland seine Waffenlieferungen an die rivalisierende Nordallianz einstellen, diese auch ansonsten nicht mehr unterst�tzen und Wirtschaftshilfe f�r Afghanistan leisten. Grundvoraussetzung f�r eine �berstellung ist allerdings die Pr�sentation hieb- und stichfester Beweise durch die US-Regierung. US-Verteidigungsminister Rumsfeld stellte mittlerweile klar, da� auch eine Auslieferung bin Ladens nicht ausreichend sei - offensichtlich streben die USA den Sturz des Taliban-Regimes an. Die Shura, die Versammlung der islamischen Rechtsgelehrten Afghanistans, forderte die Taliben-Regierung auf, daf�r Sorge zu tragen, da� bin Laden das Land unbehelligt verlassen und in einen Staat seiner Wahl ausreisen kann. US-Pr�sident Bush stellte jedoch mit einer ultimativen Forderung nach Auslieferung bin Ladens klar, da� seine Regierung nicht im geringsten an einer Verhandlungsl�sung interessiert ist. Die B�rsen reagierten weltweit mit Panikverk�ufen und Kursst�rzen.

 

Unter dem Eindruck der weltweiten Kampagne der USA m��igten sowohl Israels Ministerpr�sident Sharon als auch Pal�stinenserpr�sident Arafat ihre Haltung. Arafat ordnete die umgehende Einstellung aller offensiven Operationen gegen Israel an, und die israelischen Truppen zogen sich aus den Autonomiegebieten zur�ck. Tel Aviv bedingt sich als Voraussetzung f�r ein Verhandlungen einleitendes Treffen zwischen Arafat und Au�enminister Shimon Peres eine vollst�ndige Waffenruhe f�r 48 Stunden aus. Die Kampfhandlungen flauten deutlich ab, aber Israel erhielt die Blockade der meisten Autonomest�dte aufrecht. Hamas und der Islamische Heilige Krieg k�ndigten die Fortsetzung ihrer Operationen gegen Israel an und st�ren eine etwaige Verst�ndigung weiterhin durch Guerrilla-Aktionen.

 

Die Bundesregierung legte eine Novelle zum Vereinsgesetz vor, nach der das Religionsprivileg gestrichen wird. Dieses klammerte Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen aus dem Anwendungsbereich des Vereinsgesetzes aus. Nach Verabschiedung der Vorlage durch den Bundestag k�nnen religi�se Vereinigungen verboten werden, wenn ihre "Zwecke und T�tigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, sich gegen die verfassungsm��ige Ordnung oder den Gedanken der V�lkerverst�ndigung richten". Die Novelle zielt auf "Fundamentalistisch - islamistische Vereinigungen, die zur Durchsetzung ihrer Glaubens�berzeugungen Gewalt gegen Andersdenkende nicht ablehnen, Vereinigungen mit Gewinnerzielungsabsicht oder politischen Zielen, die f�r sich den Status einer religi�sen bzw. weltanschaulichen Vereinigung reklamieren und im Rahmen von Vereinsverbotsverfahren Prozessrisiken hinsichtlich der Beurteilung ihres Vereinigungscharakters aufwerfen und bislang nur im Ausland mit T�tungsdelikten und Massenselbstmorden aufgetretene Weltuntergangssekten." Die Paragraphen 129 (Bildung einer kriminellen Vereinigung) und 129a (Bildung einer terroristischen Vereinigung) k�nnen zuk�nftig auch auf ausl�ndische Untergrundorganisationen angewandt werden, sofern diese mit Teilgruppen auf dem Territorium der BRD vertreten sind. Hierf�r wird ein neuer Paragraph 129b in das Strafgesetzbuch eingef�gt. F�r Zwecke der Inneren Sicherheit stellt die Bundesregierung 3 Milliarden DM zus�tzlich zur Verf�gung, die durch eine Anhebung der Versicherungssteuer und der Tabaksteuer aufgebracht werden sollen. Eigentlich ein guter Grund, das Rauchen aufzugeben.

 

Antonio Vitorino, EU-Kommissar f�r Justiz und Innere Angelegenheiten, legte einen Plan f�r einheitliche Ma�nahmen gegen den "Terrorismus" vor. Der Begriff des Terrorismus soll EU-weit defininiert und mit einheitlichen Strafen bek�mpft werden. F�r Schutzgelderpressung, Diebstahl und Raub zugunsten terroristischer Zwecke und die Androhung terroristischer Akte sind Mindeststrafen von 2 Jahren vorgesehen, f�r Mord eine H�chststrafe von 20 Jahren. Schon bei Unterst�tzung einer terroristischen Vereinigung winken bis zu 7 Jahre Knast. Als terroristische Delikte k�nnen auch Besch�digung �ffentlichen Eigentums, Eingriffe in das Verkehrswesen und gewaltt�tige Demonstrationen mit bis zu 5 Jahren abgeurteilt werden. Ebenfalls 5 Jahre drohen bei Hackerangriffen, auf politisch motivierte K�rperverletzung stehen 4 Jahre. Als terroristische Gruppe k�nnen bereits drei Personen definiert werden; T�ter k�nnen in jedem EU-Staat abgeurteilt oder an ihr Heimatland ausgeliefert werden. Hierbei ist es unerheblich, ob ein terroristischer Akt sich gegen ein EU-Mitgliedsland oder ein Nichtmitglied richtete. Bei terroristischen Operationen von gro�er Tragweite kann der EU-Rat Gegenma�nahmen beschlie�en. Die EU-Kommission hat die Vorlage bereits verabschiedet, und nach Zustimmung des Rates der Justiz- und Innenminister wird sie dem Europaparlament vorgelegt, um Ende 2002 in Kraft zu treten. Hierzulande liest man von den be�ngstigenden Pl�nen Br�ssels keine Zeile, w�hrend sich vor allem in Gro�britannien Unbehagen breitmacht.

 

Passend hierzu ein paar Zeilen Martin Z. Schr�ders aus der "Berliner Zeitung": "Die anderen Gefangenen werden in ihre Zellen geschlossen. Der eine wird herausgeholt. F�nf Beamte ziehen ihm eine Decke �ber den Kopf und schlagen derart auf ihn ein, da� keine sichtbaren Spuren bleiben. Dann schleppen sie den Mann in den Bunker, die Verwaltung nennt ihn 'besonders gesicherten Haftraum'. Sie binden ihn auf den Betonklotz, ein Arzt gibt dem Mann eine Beruhigungsspritze. Eine historische Begebenheit? Ein Bericht aus dem Stasi-Knast? Italienische Verh�ltnisse? (...) Ein Gefangener sa� f�nf Jahre und acht Monate in Untersuchungshaft, vier Jahre und eine Woche davon unterlag er der so genannten Hand-zu-Hand-Regelung. Das ist eine Sicherheitsverf�gung, die den Gefangenen intensiv isoliert. Gemeinschaftsveranstaltungen sind ausgeschlossen: kein Gottesdienst, kein Sport in der Gruppe, kein Gemeinschaftsduschen, kein Umschlu� zu anderen Gefangenen. In der Freistunde dreht man die Runde allein. Der Gefangene darf von den Vollzugsbeamten au�erhalb der Zelle nicht allein gelassen werden, keine Sekunde mal auf einem Flur warten. Vier Jahre und eine Woche." JVA Berlin-Tegel. Zahlen gef�llig: In Moabit, der gr��ten U-Haftanstalt der BRD, werden j�hrlich 6000 Menschen eingeliefert.

 

Europol-Direktor J�rgen Storbeck forderte in der "Mitteldeutschen Zeitung" die Bereitstellung von Geldmitteln, um den Informationsaustausch der nationalen Polizeibeh�rden mit Europol und untereinander zu verbessern. Die Konferenz der EU-Minister f�r Justiz und Inneres in Br�ssel weitete die Kompetenzen Europols deutlich aus. Die EU-Polizei soll mit einer Spezialeinheit f�r Gefahreneinsch�tzung und Terrorabwehr ausgestattet werden, erh�lt also endg�ltig die kombinierten Zust�ndigkeiten eines Inlands- und eines Auslandsnachrichtendienstes. Storbeck kann zudem die Kontakte zu Staaten au�erhalb der EU ausweiten und erh�lt ein Mandat f�r enge Zusammenarbeit mit amerikanischen Nachrichtendiensten. In der EU werden fortan Polizei und Geheimdienste auf nationaler und internationaler Ebene weitaus enger zusammenarbeiten. AOL soll mittlerweile einger�umt haben, nicht nur mit dem FBI, sondern auch mit britischen und bundesdeutschen Nachrichtendiensten zusammenzuarbeiten - wohl nicht erst seit dem 11. September, wie vermutet werden darf. In der BRD steht GMX trotz aller Dementis in enger F�hlung mit dem BKA und beliefert dieses auf Anforderung mit Mailboxdaten verd�chtiger Personen. Die Innenministerkonferenz von Bund und L�ndern stellte die Weichen f�r die bundesweite Einf�hrung der Rasterfahndung und schlie�t auch einen Einsatz der Bundeswehr zum Objektschutz nicht aus. In Hamburg ist diese Fahndung anhand bestimmter Personenprofile seit Anfang der 90er Jahre m�glich und lief auch sofort an. Hierbei greift das LKA auf vielerlei Datenbest�nde von Beh�rden und Institutionen zur�ck, um Verd�chtige aus der breiten Masse herauszufiltern.

 

Die Verhandlungen um eine Regierungsneubildung in Nordirland geraten allm�hlich zur Lachnummer. Nordirlandminister John Reid suspendierte die nordirische Selbstverwaltung zum zweiten Mal f�r 24 Stunden, um den Zankh�hnen eine weitere Sechswochenfrist bis zum 3. November zu geben, sich endlich einig zu werden. Die beiden unionistischen Parteien fordern massiv die Entwaffnung der IRA, w�hrend Sinn F�in auf die Einhaltung der britischen Zusagen hinsichtlich Entmilitarisierung, Normalisierung und Polizeireform pocht. Das IRA-Oberkommando hat unterdessen angeboten, die Waffen aus zwei den internationalen Inspektoren bekannten Depots unsch�dlich zu machen. Sicherheitsexperten erwarten noch vor Jahresende entsprechende Schritte der republikanischen Untergrundarmee. Mit dieser Teilabr�stung d�rfte sich die protestantische Seite jedoch kaum zufrieden geben, denn zum einen existieren noch weitere Waffenarsenale, und zum anderen nutzte die IRA die Zeit seit dem Karfreitagsabkommen von 1998, um massiv aufzur�sten. Auf der Haben-Seite f�r die britische Regierung steht der seit den Terroranschl�gen vom 11. September auf der IRA lastende massive �ffentliche Druck, dem bewaffneten Kampf zu entsagen.

 

Wenige Tage nach dem Kamikaze-Angriff auf den New Yorker Turm zu Babel tauchen Hinweise auf finanzstarke und wohlorganisierte Hinterm�nner oder Mitwisser des Anschlages auf. Die japanische Wertpapieraufsichtsbeh�rde hat Untersuchungen eingeleitet, um ungew�hnliche Handelsaktivit�ten zum Zeitpunkt der Anschl�ge aufzuhellen. An den B�rsen von Osaka und Tokyo soll es merkw�rdige Gesch�fte mit B�rsenwerten gegeben haben, die von der Operation gegen das WTC stark beeinflu�t werden wie zum Beispiel Versicherungen, Investmentbanken und Fluggesellschaften. Weitere Ermittlungen werden auch Gro�britannien und den USA gemeldet, wo es obskure Transaktionen in US-Futures und in auf fallende Aktienkurse spekulierende europ�ische Terminkontrakte (Leerverk�ufe, Put-Options) gab. �blicherweise werden solche riskanten Transaktionen nur zwischen Banken und Versicherungen abgeschlossen und nicht von Einzelpersonen oder kleinen Brokern - hier waren keine Islamisten beteiligt. Weitere Spekulationen konzentrierten sich auf amerikanische Staatsanleihen. Das Bundesamt f�r die Wertpapieraufsicht hat ebenfalls Ermittlungen aufgenommen. Nach wenigen Tagen dehnten die Untersuchungen sich auf sage und schreibe 12 Staaten aus. Bei einigen Werten stieg das Volumen der gehandelten Aktien unmittelbar vor dem Anschlag um das 25-fache an. Eine Handvoll Namenloser hat durch das Blutbad von New York gigantische Spekulationsgewinne in dreistelliger Millionenh�he eingefahren.

 

Die Bundesluftfahrtbeh�rde der USA (FAA) alarmierte am 11. September um 8.40 Uhr Ortszeit die Luftverteidigung NORAD. Die f�r den Gro�raum New York zust�ndige NORAD-Sektion war seitdem �ber die erste Flugzeugentf�hrung im Bilde. Um 8.43 Uhr wurde NORAD �ber die zweite entf�hrte Maschine im Bilde und ordnete um 8.46 Uhr den Start zweier Abfangj�ger an - etwa zur gleichen Zeit schlug die erste Boeing im World Trade Center ein. Als die zweite Maschine das WTC traf, waren die Jagdmaschinen in der N�he, hatten jedoch keine Feuererlaubnis. Diese wurde erst erteilt, als die Selbstmordattent�ter sich erfrechten, das Pentagon anzugreifen. Ein Schelm, wer B�ses dabei denkt. Dem Verfasser schweben hier ein paar Daten vor: 1898 - US-Agenten sprengen das Kriegsschiff MAINE im Hafen von La Habana/Kuba in die Luft und rechtfertigen so die Kriegserkl�rung an Spanien. 1915 - der mit Munition und Granaten beladene Passagierdampfer LUSITANIA wird einem deutschen U-Boot vor die Torpedorohre dirigiert. Nur �ffentliche Proteste in den USA verhinderten schon damals die Kriegserkl�rung an Deutschland. 1941 - die wohlinformierte US-Regierung unternimmt nichts gegen den japanischen Angriff auf Pearl Harbor, um einen unpopul�ren Eintritt in den Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen. 1964 - die USA inszenieren im Golf von Tongkin/Vietnam einen Zwischenfall, um eine massive Intervention gegen Nordvietnam plausibel zu machen. 2001 - die US-Regierung ist teilweise informiert �ber die geplante Gro�operation gegen das WTC und nutzt die Gelegenheit, sich milit�risch in Zentralasien festzsetzen und die kaspischen Erd�lvorkommen unter Kontrolle zu bringen. Spekulation? Wir werden sehen.

 

Ganz so ahnungslos wie behauptet k�nnen die nordamerikanischen Geheimdienste keinesfalls gewesen sein. Seit August fahndeten FBI und CIA nach Khalid al Midhar und Salem Alhamzi, die dann am 11. September eine Passagiermaschine ins Pentagon st�rzen sollten. Al Midhar soll es dann auch ausgerechnet im Jahr 2001 gelungen sein, mit einem gef�lschten Personalausweis unbemerkt in die USA einzureisen. Ebenfalls im August warnte der Mossad die US-Kollegen davor, da� sich bis zu 200 islamistische Terroristen im Land befinden und eine Gro�operation planen. Mindestens 9 der mittlerweile 19 bekannten Flugzeugentf�hrer stehen nicht etwa mit Afghanistan in Verbindung, sondern mit Saudi-Arabien. Einige von ihnen besa�en die Legenden unbescholtener saudi-arabischer B�rger. Die anderen 10 lebten mehr oder weniger incognito in den USA: Sie waren in keinem der Bundesstaaten angemeldet, hatten keine Sozialversicherungsnummer und keinen F�hrerschein beantragt, kein Bankkonto er�ffnet und keine Kreditkarte erhalten. Einem von Regierungssprecher Fleischer best�tigten Bericht der "New York Times" gingen am Tag der Attentate Drohungen ein, auch auf Air Force One und das Wei�e Haus seien Anschl�ge geplant. Diese Drohungen enthielten Codew�rter, die darauf hinweisen, da� die Hinterm�nner mit den Sicherheitsma�nahmen zum Schutz des US-Pr�sidenten vertraut waren. Meldungen des israelischen Geheimdienstes zufolge besteht eine Verbindung der Hamburger Islamistenzelle zu einem der zahllosen irakischen Nachrichtendienste.

 

Die Generalbundesanwaltschaft und Europol haben unterdessen keinerlei Hinweise auf eine Verbindung der zuletzt in Hamburg wohnhaften Selbstmordattent�ter zu Osama bin Ladens al-Quaida. Auch die im vergangenen Jahr in Frankfurt/Main zerschlagene Islamistenzelle kann beim besten Willen nicht mit bin Laden in Zusammenhang gebracht werden. Europol-Direktor Storbeck erkl�rte dem "Daily Telegraph": "Bin Laden ist nicht automatisch Befehlsgeber jeder terroristischen Tat, die im Namen des Islam begangen wird." Der von den Amerikanern zugunsten einer Milit�rintervention in Zentralasien aufgebaute Pappkamerad "ist wahrscheinlich nicht der Mann, der jede Handlung dirigiert oder jeden Plan detailliert kontrolliert". Im Gegensatz zu den amerikanischen Annahmen geht Europol eher davon aus, da� die Regierung eines bislang nicht verd�chtigten islamischen Staates hinter den Terrorakten steht. Bundesinnenminister Schily, dessen Regierung sich ohne Handhabe bereits am Tag nach den Anschl�gen auf bin Laden festgelegt hatte, riet Storbeck drohend vor laufenden Fernsehkameras, k�nftig mit seinen �u�erungen etwas vorsichtiger zu sein.

 

George Bushs Allianz gegen den Terror z�hlt in ihren Reihen nicht wenige Staaten, die im Windschatten der USA eigene Rechnungen begleichen wollen. Ru�lands Pr�sident Putin zum Beispiel hofft auf mehr Verst�ndnis f�r den russischen Feldzug in der abtr�nnigen Republik Tschetschenien, der mit Pl�nderung, Vertreibung, Mord, Folter und Vergewaltigung einen beinahe genozid�hnlichen Charakter angenommen hat. Israel wiederum will die USA zu Ma�nahmen gegen den Irak und den Iran bewegen und hat gute Aussichten, da� die "internationale Gemeinschaft" versch�mt �ber seine Gewaltexzesse in den Pal�stinensergebieten hinwegsieht. Die t�rkische Regierung schielt auf Rechtfertigung f�r ihren Feldzug gegen die Kurden, zudem kann sich die einer starken islamistischen Opposition gegen�berstehende, unf�hige und korrupte Elite des Landes sich nun als Bollwerk gegen den Islam verkaufen. Indien kann seinen Blankoscheck f�r die seit 1949 andauernde v�kerrechtswidrige Besetzung von zwei Dritteln des Kaschmir verl�ngern. Das feudalistische Regime in Saudi-Arabien, wo erst 1968 die Sklaverei offiziell abgeschafft wurde, setzt darauf, auch weiterhin die Bev�lkerung in Unm�ndigkeit halten zu k�nnen. Den Amerikanern dient sich nun auch die sogenannte Nordallianz an, die seinerzeit aus den von den Taliban entmachteten marodierenden Mujaheddin-Banden hervorging und keinen Deut besser als die gegenw�rtigen Herren in Kabul ist. Grundlage der Finanzierung ist �hnlich wie bei den albanischen Freunden der CIA der Drogenhandel.

 

Zu den famosesten Verb�ndeten der Amerikaner z�hlt jedoch die Milit�rdiktatur in Pakistan, bis vor wenigen Tagen noch der Hauptpartner des Taliban-Regimes. Das Regime von Milit�rdiktator Pervez Musharraf unterst�tzte die radikalen Islamisten mit Waffen und Nachschubg�tern und arbeitete beispielsweise im Kaschmir eng mit ihnen zusammen. Seitdem das Entwicklungsland Pakistan sich Atomwaffen zulegte, leidet es unter einer Reihe von UN-Sanktionen. Neben Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, enge Verb�ndete der USA, ist Pakistan der dritte Staat auf der Welt, der das Taliban-Regime anerkennt. Musharraf sitzt jedoch auf einem innenpolitischen Pulverfa�. Im Land leben rund 2 Millionen Fl�chtlinge aus Afghanistan, vor allem verteilt sich die gro�e Volksgruppe der Pashtunen auf beide Staaten. Der radikale Islamismus hat in Pakistan regen Zulauf. Um sich des Drucks zu entledigen, wechselte Musharraf nunmehr die Fronten und schlug sich auf die Seite der USA. Hier d�rften auch die in K�rze anstehenden Verhandlungen �ber Milliardenkredite eine Rolle gespielt haben, au�erdem ben�tigt Pakistan nach au�en R�ckendeckung gegen das �berm�chtige Indien und nach innen gegen den Islamismus. Islamabad versuchte vergeblich, die Auslieferung des von Washington ohne jeden Beweis der Urheberschaft des Massakers von New York verd�chtigten Usama bin Laden zu erreichen. Zu fragen bleibt, ob Musharraf sein Land nicht ins Chaos st�rzt - in der Hafenstadt Karachi kam es zu schweren Zusammenst��en zwischen Polizei und Milit�r auf der einen und islamistischen Demonstranten auf der anderen Seite, bei denen 3 Menschen starben. Druck auf Kabul �bt auch das mit den Taliban aus ideologischen und geopolitischen Gr�nden bitter verfeindete Mullah-Regime im Iran aus, dessen Schreckensherrschaft sich im Gegensatz zur reaktion�ren Barbarei der afghanischen Koransch�ler noch relativ liberal ausnimmt.

 

Amre Mussa als Generalsekret�r der Arabischen Liga erkl�rte eine Beteiligung seiner Organisation an der amerikanischen Antiterrorallianz f�r ausgeschlossen, falls Washington Israel in das B�ndnis einbeziehe. Mussa k�ndigte ferner an, die Arabische Liga werde sich nicht wie im Krieg gegen den Irak verhalten: "Die Zeiten haben sich ge�ndert." Die USA hielten ihre 1990/91 gegebenen Zusagen �ber die L�sung des Pal�stinakonfliktes nicht ein. Nun fordert die Liga als Preis f�r ihre Beteiligung die Schaffung eines pal�stinensischen Staates, Verhandlungen �ber den Status von Jerusalem und den R�ckzug Israels von den syrischen Golanh�hen.

 

In der "Berliner Zeitung" verbreitete sich Professor Peter Heine �ber den Islam als dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus: "Die westliche Islamophobie ist fast so alt, wie der Islam selbst. Vor allem das abendl�ndische Christentum sah ihn als Aggressor...Die andere, m�glicherweise als noch st�rker empfundene Gefahr f�r das Abendland, die vom Islam ausging, war dessen bis in die fr�he Neuzeit andauernde technologische und intellektuelle �berlegenheit, nicht nur in Naturwissenschaften wie der Algebra, der Astronomie, der Ophthalmologie oder den Ingenieurwissenschaften, sondern auch in der Philosophie, der Dichtung oder der Musik. (...) Die Expansion der modernen europ�ischen Kolonialm�chte, die sich im Mittleren Osten, auf dem indischen Subkontinent oder in der indonesischen Inselwelt auch und vor allem gegen die islamische Welt richtete, traf die Muslime daher �berraschend. Neben ihrer milit�rischen Schw�che wurden sie sich auch ihrer Unterlegenheit in Wissenschaft und Technik bewu�t. Im milit�rischen Bereich blieb dieses Defizit bis auf den heutigen Tag erhalten.
Die technologischen Entwicklungen des Westens wurden mit einer staunenswerten Leichtigkeit �bernommen und die intellektuellen Diskussionen mit gro�er Genauigkeit beobachtet. (...) Auch gesellschafts- oder zivilisationskritische Positionen westlicher Intellektueller werden aufmerksam zur Kenntnis genommen. Die Nutzung neuer Medien wie des Internets haben die Rezeption und Verbreitung dieser Kenntnisse in einem islamischen Kontext noch intensiviert. (...)
Der Antagonismus zwischen der religi�s bestimmten Lebensweise des Islam und der s�kularen des Westens wurde lange �berdeckt durch den Ost-West-Konflikt. Westliche Politiker sahen den Islam, auch in seinen konservativen, ja fundamentalistischen Auspr�gungen als nat�rlichen Verb�ndeten gegen die atheistische Ideologie des Marxismus. Sie unterst�tzten daher konservative, oft korrupte Regime in der islamischen Welt und f�rderten auch radikalere islamische Bewegungen. Best�tigt wurden sie in dieser Haltung durch die Tatsache, da� die anti-kolonialen Befreiungsbewegungen in der islamischen Welt vor allem von sozialistischen und nationalistischen, selten von muslimischen Kr�ften getragen wurden. Innerhalb weniger Jahre stellte sich heraus, da� die sozialistischen und nationalistischen Ideologien, die als moderne westliche Importe gesehen wurden, nicht in der Lage waren, die komplexen Probleme von L�ndern der Dritten Welt zu beherrschen. Folge war eine Re-Islamisierung, die vor allem jungen Menschen eine Perspektive zu erschlie�en schien. 'Der Islam ist die L�sung', war der Slogan, der ein Ende aller Schwierigkeiten versprach; da� diese Hoffnung in vieler Hinsicht trog, sollte sich noch zeigen.
Zugleich dr�ckte der Slogan scheinbar eine Ablehnung des Westens aus. Diese Ablehnung bezog sich aber nur auf westliche ideologische Konzepte und Lebensweisen. Aus diesen simplen Vorstellungen haben sich inzwischen interessante, teilweise beeindruckende �berlegungen entwickelt, die eine Perspektive haben. Sie sind vor allem der Versuch, eine moderne islamische Identit�t zu entwickeln, ein islamisches Gesamtkonzept, das moderne Wirtschaftsformen ebenso enth�lt wie ethische Normen, die den Entdeckungen der Genforschung Rechnung tragen, die die Ver�nderungen der Kommunikationsstrukturen durch die neuen Medien genauso bedenken wie gesellschaftliche Ver�nderungen durch Migration oder eine zunehmende Urbanisierung. Bei alledem bem�hen sich moderne Muslime darum, nicht ihre Identit�t als Muslime zu verlieren. Dass es sich dabei um einen schwierigen Spagat handelt, ist ihnen bewu�t. Wenn dieses Experiment der Islamisierung der Moderne gelingt, wird sich der Westen einer selbstbewu�ten, st�rker vereinheitlichten, modernen islamischen Welt gegen�bersehen. Er wird lernen m�ssen, mit ihr umzugehen."

 

In Mazedonien hat auch die Anwesenheit der NATO-Interventionstruppen keine Entspannung gebracht. W�hrend im Parlament hektisch verhandelt wird, lieferten sich Regierungstruppen und albanische Rebellen im Raum Tetovo heftige Gefechte. In der Region errichteten die "entwaffneten" UCK-Partisanen wieder Stra�ensperren, um offensiven Operationen der Regierung zuvorzukommen. In Skopje kam es zum 13. Bombenanschlag auf die albanische Bev�lkerungsgruppe binnen eines Monats. Ministerpr�sident Georgievski rieb dem Westen seine Kumpanei mit den albanischen Ultranationalisten unter die Nase und erkl�rte, es gebe keinen guten und schlechten Terrorismus. Pr�sident Traikovski machte seinem Ruf als Parteig�nger des Westens erneut alle Ehre und richtete an diesen formell das Ersuchen, auch nach Ablauf der Operation Essential Harvest mit einer Folgemission zum Schutz ziviler OSZE-Beobachter im Land zu bleiben.

 

Die DVU des Dr. Frey stellte wieder einmal ihre politische Impotenz und ihren bis in die Knochen reaktion�ren Charakter unter Beweis. Zu den letzten Endes durch den Finanzimperialismus der USA provozierten Terroranschl�gen vom 11. September fiel Freys deutschnationalem Ramschwarenladen nichts Besseres ein, als auf die Gefahren der multikulturellen Gesellschaft hinzuweisen. Selbst Republikaner-Chef Rolf Schlierer schneidet da besser ab, wenn er erkl�rt, man d�rfe berechtigte Interessen der arabischen V�lker nicht ignorieren. Der brandenburgische Verfassungsschutz meldet, durch die Anschl�ge s�he sich die "rechte Subkultur" der Skinheads in ihrer primitiven Fremdenfeindlichkeit namentlich gegen Muslime best�tigt, w�hrend man in politischeren Kreisen - endlich - zu erkennen scheint, da� es zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den antiimperialistischen Bewegungen der Dritten Welt gibt.

 

Am 21. September 2001 erlag der unvergessene Karl-Eduard von Schnitzler in Berlin einer Lungenentz�ndung. Der aufrechte und unbeugsame Kommunist war zu DDR-Zeiten einer der sch�rfsten Kritiker des revanchistischen BRD-Establishments und des westdeutschen Kapitalismus. Seine bei�ende und nur zu gerechtfertigte Kritik trug er namentlich in der auch im Westen weithin bekannten Fernsehsendung "Der Schwarze Kanal" vor, die es auf insgesamt 1519 Sendungen brachte. Auch nach der Wende stand Karl-Eduard von Schnitzler treu zu seinen Idealen, beispielsweise stand er zu Erich Honeckers 80. Geburtstag mit Gl�ckwunschblumen vor der ber�chtigten Berliner Haftanstalt Moabit im Regen. Der Journalist, Agitator und Publizist wurde am 28. April 1918 als j�ngster Sohn des Generalkonsuls und Geheimen Legationsrates Julius Eduard von Schnitzler in K�ln geboren. Im Zweiten Weltkrieg diente Schnitzler als Soldat und geriet 1944 in britische Gefangenschaft, wo er sich als propagandistischer Mitarbeiter bei BBC verdingte. Nach dem Krieg fungierte er an der Seite des ehemaligen Revolution�ren Nationalsozialisten Herbert Blank als Vizeintendant des NWDR, um 1947 aus politischen Gr�nden (und aus Protest gegen den westdeutschen Separatismus) in die Sowjetische Besatzungszone �berzuwechseln.

 

In der "Berliner Zeitung" formulierte Harald J�hner "Der Terror ist so heimatlos wie die Wirtschaft": "Man sollte die unterschiedlichen Grade der Betroffenheit und Anteilnahme jedoch nicht vorschnell verurteilen. Es liegt in der Natur des Mitleids, da� es mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit w�chst, man k�nne demn�chst selbst zum Opfer werden. Mitleid und Identifikation bedingen einander. Als in Ruanda die Hutus �ber die Tutsi herfielen und binnen kurzer Zeit mehrere hunderttausend Menschen umbrachten, stoppte kein hiesiger Musiksender sein Programm. Globalisiert haben sich vielleicht die Geldstr�me der Wirtschaft, aber nicht unsere Gef�hle. Sie folgen einer Landkarte der kulturellen Identifikation, die einen Moslem �ber tausende Kilometer Entfernung die permanente Verletzung von Territorialrechten in Pal�stina mit �hnlichem Schmerz empfinden l��t, wie viele Deutsche den Angriff auf die Mythosstadt der westlichen Kultur.
Der propagandistische One-World-Kitsch, die idyllische Vision der Welt als global village, t�uscht �ber die konfliktreiche Vielfalt kultureller Gef�hlslagen hinweg, an deren extremen R�ndern die Ignoranz der M�chtigen und der Hass der Schwachen walten. Der Glaube, mit einer globalen Ausbreitung der kapitalistischen �konomie w�rden sich die elementaren Grundwerte der Freiheit mehr oder weniger automatisch von selbst ausweiten, hat sich seit langem als Irrtum erwiesen. (...) Nicht nur die Attentate, auch die inzwischen regelm��ig eskalierenden Ausschreitungen w�hrend der Weltwirtschaftsgipfel signalisieren das Gewaltpotenzial jener rechtlosen Sph�re, die entsteht, wenn die Politik der �konomischen Globalisierung institutionell nicht folgt.
Die Abwesenheit einer demokratischen Weltwirtschafts- und Sozialpolitik bietet den �konomischen Eliten in vielen L�ndern der Dritten Welt auch die Chance, sich hinter Amerika als Popanz zu verstecken. Sie partizipieren an den Geldstr�men nach Kr�ften, k�nnen aber gleichwohl das enorme Einkommensgef�lle rhetorisch hinter den Expansionsgel�sten der Weltmacht verstecken. Die Fixierung auf Amerika als Hauptschuldigen der gesellschaftlichen Zerr�ttungsprozesse in vielen L�ndern der Peripherie w�chst umso mehr, als die USA zwischen einem weltpolitischen Interventionskurs und der Option zum Isolationismus schwanken, je nach ihrem Vertrauen, eine �konomische Ausweitung des Kapitals allein werde ihren Interessen am besten nutzen. So ziehen sie einerseits best�ndig Verantwortung auf sich, die sie in der Hoffnung auf ein selbstregulatives Spiel der Kr�fte wieder von sich weisen. Deshalb w�re es auch im amerikanischen Interesse, sich durch die Perspektive transnationaler Demokratie als Adressaten verletzter Rechtsempfindungen zu enlasten. Nicht zuletzt die Vernachl�ssigung, ja zeitweilige demonstrative Verachtung der Uno hat Amerika zum Hauptangriffsziel des Terrorismus gemacht.
Zu den krassesten Illusionen der amerikanischen Au�enpolitik geh�rt die Fixierung auf Afghanistan. Der Terrorismus hat sich genauso exterritorialisiert wie das Kapital. So wenig wie die Wirtschaft in regionalen Grenzen zu lokalisieren ist, so wenig ist es der Terror. Nicht die Menschen in fernen H�tten und verelendenden Basaren sind es, die zu Attent�tern werden, sondern einige wenige unter ihren nomadisierenden S�hnen in den Metropolen des Westens, hoch gebildet, intelligent und tief verletzbar. (...) Die �berw�ltigende Mehrzahl der 'transnationalen Nomaden', wie sie der Soziologe Claus Leggewie genannt hat, vollbringt bewundernswerte Leistungen an Weltl�ufigkeit in einem Leben zwischen enormen kulturellen Widerspr�chen. Damit die Angeh�rigen des 'wandernden Humankapitals der Globalisierung' zu Kosmopoliten werden k�nnen, bedarf es keiner oktroyierten Leitkulturen, sondern einer Kosmopolis, also des Aufbaus demokratischer Strukturen der Weltgesellschaft. Man mag am Beispiel der Europ�ischen Union einwenden, wie langwierig transnationale Institutionen sind, und wie allenfalls langfristig sie zur emotionalen Identifizierung taugen. Kurzfristig jedoch wird man den Terror mit keinem Mittel der Welt beseitigen."

 

Zur Startseite!