Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 24. bis 30. November 2001

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

UN-Afghanistankonferenz hat begonnen

BRD baut Repressionsapparat aus

 

Zitat der Woche:
„Nationalbolschewismus. Die nichtssagende Übersetzung dieses historisch bedingten Wortes, über deren Wertlosigkeit Lenin selbst sich schon einmal äußerte, ist unwesentlich gegenüber der klaren politischen Grundhaltung, die aus ihm spricht und die instinktiv der Bourgeois fühlte, als er uns diesen ‚Schimpfnamen’ gab. Mit diesem Wort bekennen wir uns klar und eindeutig zur proletarischen Organisierung des Lebenswillens unseres Volkes, gegen seine nationalen und internationalen Ausbeuter, bekennen wir uns zu dem unbeugsamen und radikalen, d.h. wurzelechten Vernichtungswillen, der die bürgerliche Klassenordnung in jeder Konsequenz ausrottet, wodurch die einzige Gewähr für die Nationwerdung des Volkes durch die sozialistische Organisierung des Volkes gegeben ist, bekennen wir uns zur antiimperialistischen Front der unterdrückten Völker.“
- Arthur Grosse

Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen begann auf dem Petersberg bei Bonn die Afghanistan-Konferenz der Vereinten Nationen. Vertreten sind u.a. die Nordallianz, Abgesandte des 1973 aus dem Land gejagten Königs Zahir Schah, der Widerstandsrat aus dem pakistanischen Peshawar und die Zypern-Gruppe, welche über gute Kontakte zum Warlord Gulbuddin Hektmatyar und dem Iran verfügt. Nach Vertretern demokratischer oder gar linker Gruppierungen sucht man vergebens – der Westen will seine seit Jahrzehnten angestrebte Kontrolle über das Land am Hindukusch zementieren. Die Verhandlungen gestalteten sich zäh und mussten deutlich verlängert werden. Die Nordallianz zum Beispiel wünscht nur eine schwache UN-Friedenstruppe für Afghanistan und erklärt, sie sei alleine imstande, für Recht und Ordnung zu sorgen. Ihr Präsident Rabbani beansprucht die Leitung der Exekutive bis zur Einberufung einer Versammlung der Stammesführer. Rabbanis Tadschikenmilizen sind wie Hektmatyar laut UN-Berichten massivst in den internationalen Drogenhandel verstrickt. Im Vorfeld der Konferenz waren die rivalisierenden Fraktionen der Nordallianz kaum imstande, sich auf einen Vertreter zu einigen. Vor allem die Usbeken und die schiitischen Hazara zeigen sich äußerst unzufrieden mit der tadschikischen Dominanz in der Nordallianz-Führung. Im Gegensatz zu den rein militärisch orientierten USA drängen Frankreich und die BRD auf die rasche Bildung einer handlungsfähigen Zentralregierung, um ein Machtvakuum zu verhindern und das afghanische Chaos zu beenden. Da marodierende Warlord-Verbände die Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen behindern, sind humanitäre Projekte zur Unterstützung der bis zu 7 Millionen Hungernden faktisch unmöglich. Experten warnen, dass bis zu 400.000 Menschen in den nächsten Monaten verhungern werden.

 

Nach schweren amerikanischen Luftangriffe, bei denen nach indischen und pakistanischen Medienberichten bis zu 1000 Zivilisten massakriert wurden, kapitulierten die in Kundus eingeschlossenen Taliban-Einheiten. Während die Taliban-Kämpfer in ihre Heimatorte entlassen wurden (sofern sie nicht von den außer Rand und Band geratenen Nordallianz-Truppen exekutiert wurden), wartete auf die in Kundus gefangengenommenen Islamisten aus Tschetschenien, Pakistan, Usbekistan und Saudi-Arabien ein Filtrationslager, in dem amerikanische „Experten“ die mutmaßlichen „Terroristen“ zwecks Aburteilung durch militärische Sondergerichte aussortieren werden sollten. Die Gefangenen von Kunduz wurden in die Festung Qala Jangi verbracht, wo es nach Provokationen und Folterungen durch anglo-amerikanische Geheimdienstler zu einer verzweifelten Revolte kam. Der Gefangenenaufstand wurde von den gefürchteten Usbeken-Milizen des Generals Rashid Dostum erbarmungslos niedergeschlagen, wobei westliche Luftstreitkräfte und Spezialeinheiten sich mit Verve an dem Massaker beteiligten. Amnesty International und westlichen Journalisten zufolge metzelten die Dostum-Truppen und ihre westlichen Verbündeten gefesselte und wehrlose Gegner nieder, andere wurden in mit Benzin gefluteten Kellergewölben bei lebendigem Leibe verbrannt. Bei dem Gemetzel kamen bis zu 600 Islamisten ums Leben. Vor allem in Großbritannien war das Medienecho auf das Blutbad von Qala Jangi verheerend. Das Massaker ist keinesfalls einzigartig – unabhängigen Meldungen zufolge sollen Nordallianz-Einheiten in Mazar-i-Sharif Kriegsgefangene bei lebendigem Leibe mit Panzern zermalmt haben. Das Rote Kreuz zählte in der Stadt 600 unbestattet umherliegende Leichen von Taliban-Kämpfern und islamistischen Söldnern. In Tatkteh Pol mähten die Sieger 160 Kriegsgefangene mit Maschinengewehren nieder. Mary Robinson als UN-Menschenrechtskommissarin berichtete, in den von der Nordallianz eroberten Gebieten sei es zu systematischen Massakern und Massenvergewaltigungen gekommen. Die pakistanische und die saudische Regierung forderten Nordallianz und Amerikaner auf, sich an die Grundsätze des internationalen Kriegsvölkerrechtes zu halten.

 

Die Taliban setzten ihren Widerstand nun im Raum Kandahar fort, während andere Verbände sich über die pakistanische Grenze retteten. Britische und amerikanische Einheiten richteten sich, ohne die Nordallianz auch nur um Erlaubnis zu bitten, auf dem wichtigen Flugplatz von Bagram bei Kabul ein, wo die nächste westliche Militärbasis in Zentralasien entstehen wird. Auch nach dem sich abzeichnenden Ende der Taliban-Vorherrschaft kann kaum von einer Befreiung gesprochen werden – die Macht rissen die miteinander rivalisierenden Warlords der Nordallianz bzw. lokale Stammesfürsten an sich. Mit dem Wegfall des gemeinsamen Gegners ist es nur eine Frage der Zeit, bis die alten Feindseligkeiten zwischen den Warlords wieder aufbrechen und das Land in eine weitere Phase des endlosen Bürgerkrieges stürzen. Diese unsicheren Verbündeten des Westens sind kaum weniger reaktionär und gewalttätig als die Taliban – demokratische und sozialistische Kräfte in Afghanistan werden nicht berücksichtigt und waren auch auf der Petersberger Konferenz nicht erwünscht.

 

In Bayonne, dem Herz des französisch verwalteten Teils des Baskenlandes, demonstrierten Tausende gegen die Ausweisung politisch missliebiger Basken nach Spanien. Bis zu 4000 Demonstranten aus dem spanisch besetzten Landesteil wurden nicht über die Grenze gelassen und veranstalteten daraufhin eine eigene Protestkundgebung in der Grenzstadt Irún. Die Polizei löste die Versammlung mit Gummigeschossen und Schlagstockeinsatz auf.

 

In Hamburg formierte sich um Sprecher Marcel Hartung der sogenannte linke Flügel der Partei Rechtsstaatliche Offensive. Teile der Basis und viele mittlere Funktionäre sind unzufrieden mit dem autokratischen Führungsstil von Parteigründer Ronald Schill und kritisieren die einseitige Festlegung der nationalliberalen Partei auf Themen der Inneren Sicherheit. Für weiteren Unmut sorgt der etwas eigentümliche Stil, mit dem Schill seine Ämter als Vizebürgermeister und Innensenator führt. In Hamburg erwarb der Parteichef sich bereits den Ruf des Partysenators, der sich allabendlich in Kreisen der Oberen Zehntausend und Schickeria-Lokalen herumtreibt. In Sachsen-Anhalt steht der im Aufbau befindliche Landesverband am Rande der offenen Revolte, da Schill den übel beleumundeten Immobilienspekulanten Ulrich Marseille, den Mehrheitsaktionär der Marseille-Kliniken AG, als Statthalter installierte. Marseilles politische Ziele beschränken sich darauf, Staatszuschüsse für seine aufwendigen Fehlspekulationen in Pflegeeinrichtungen und Plattenbauten zu kassieren. Zudem sagen wohlunterrichtete Kreise dem windigen Unternehmer Kontakte zur Russenmafia nach. CDU-Generalsekretär Meyer schloss öffentlich weitere Bündnisse mit der PRO aus, da es rechts von der Union keine demokratischen Parteien geben dürfe. Als weitere Aspiranten auf rechtsreaktionäre Bürgerblock-Koalitionen stehen neben dem NPD-Bundesvorstand selbstredend die Republikaner bereit. Diesen bescheinigte des Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Disziplinarverfahrens gegen zwei Bundeswehrsöldner, ihnen könnten derzeit keine verfassungsfeindlichen Ziele nachgewiesen werden. Abgesehen von in Abwanderung begriffenen radikalen Parteifunktionären befinde sich in der Partei ein gemäßigter Flügel, der sich am rechten Rand der CDU verorte.

 

Dem Rüstungsexportbericht 2000 der Bundesregierung zufolge erteilte Berlin im vergangenen Jahr Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 9,3 Milliarden DM. Damit steigerten sich unter SPD und Grünen die Rüstungslieferungen der BRD gegenüber 1999 um rund 40 %. Die Einzelausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter, die detailliert nach Produktart und Empfängerland aufgeschlüsselt sind, gingen um 6 % auf ein Volumen von 5,6 Milliarden DM zurück, aber die Sammelausfuhrgenehmigungen nahmen explosionsartig von 650 Millionen DM auf 3,7 Milliarden DM zu. Diese Sammelausfuhrgenehmigungen erfassen die aus regierungsamtlichen Kooperationsprojekten resultierenden Lieferungen und seit Mitte 2000 auch Rüstungsexporte, bei denen bundesdeutsche Konzerne mit Unternehmen aus EU-Partnerländern kooperieren. Paradebeispiel hierfür ist das Geschäft mit einem südkoreanischen Unternehmen. Südkorea produziert Panzerhaubitzen, die mit Motoren aus der BRD ausgerüstet und in das Bürgerkriegsland Türkei geliefert werden. Der Wert der tatsächlich ausgelieferten Rüstungsgüter lag um 53 % niedriger als im Vorjahr, also wird die eigentliche Steigerung der BRD-Kriegslieferungen erst noch einsetzen. Auffällig ist, dass die Bundesregierung offensichtlich mit geschönten Zahlen arbeitet: Die von Südafrika bei der Kieler HDW-Werft bestellten 3 U-Boote und 4 Korvetten im Gesamtwert von 3,3 Milliarden DM tauchen ebenso wenig auf sowie die Beteiligung von HDW am Bau von 3 U-Booten in Südkorea (Volumen 2 Milliarden DM).

 

Belgien will im Ermittlungsverfahren gegen Israels Premier Ariel Sharon dessen früheren General Amos Yaron noch diese Woche vor ein Brüsseler Gericht laden. Das belgische Außenministerium dementierte jedoch Berichte, nach denen Sharon persönlich vorgeladen werden soll, um zu seiner Rolle bei den Massakern von Sabra und Shatila befragt zu werden. Im Februar will das Appellationsgericht in Brüssel entscheiden, ob es ein Hauptverfahren gegen den israelischen Regierungschef einleitet. Zudem haben 6 palästinensische Familienväter in Brüssel gegen Sharon, seinen Amtsvorgänger Barak und 13 weitere israelische Politiker und Militärs eingereicht, um diese für die Ermordung ihrer Kinder zur Rechenschaft zu ziehen. Nach belgischem Recht können auch ausländische Staatsangehörige angeklagt werden, wenn sie in Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt sind. Mittlerweile sind der neuen Intifada im Nahen Osten mehr als 1000 Menschenleben zum Opfer gefallen – 814 auf palästinensischer und 204 auf israelischer Seite.

 

Erwartungsgemäß verabschiedete sich der Kriegsparteitag der Grünen in Rostock endgültig von den pazifistischen und antimilitaristischen Wurzeln der Partei. Mit breiter Mehrheit stimmten die Delegierten einem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zur Zementierung der Kontrolle des zentralasiatischen Erdöls durch das westliche Raubkapital zu. Nur zu bezeichnend für die politische Schwerpunktverlagerung ist es, dass die vorgesehene Debatte zur Globalisierung auf den nächsten Bundesparteitag 2002 verschoben wurde. Anstatt den Worten Taten folgen zu lassen, entpuppten sich Vorzeigelinke wie Christian Ströbele und Winfried Hermann als inkonsequente Phrasendrescher und beugten sich dem Beschluss der opportunistischen Parteimehrheit. Damit haben die Grünen offensichtlich ihre politischen Ideale auf den „Gewissensmüllhaufen“ entsorgt und sind als Vizekanzlerwahlverein in den Realitäten der bundesrepublikanisch-kapitalistischen Politik angelangt. Professor Elmar Altvater, Mitbegründer der Berliner Grünen, erklärte aus Protest gegen die Rostocker Beschlüsse seinen Parteiaustritt. Zu Recht erklärte die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer, ihre Partei stelle nun die einzige Opposition im Bundestag dar.

 

Jean-Marie Le Pen, Vorsitzender des französischen Front National, scheint ähnlich wie NPD-Parteichef Udo Voigt den Verlockungen des parlamentarischen Zirkus erlegen zu sein. Bekanntermaßen zeigten Wahlen wie in Italien, Österreich, Hamburg oder Dänemark eine derzeitige Tendenz des Stimmviehs auf, rechtsbürgerlich-chauvinistische Positionen zu honorieren. In der dänischen Zeitung „Politiken“ äußerte Le Pen, er sei hingerissen vom Wahlerfolg der rechtspopulistischen DVP in Dänemark, die nach einem xenophoben Wahlkampf zur drittstärksten Partei und Mehrheitsbeschafferin einer Mitte-Rechts-Regierung aufstieg. Die Selbstentlarvung der tagespolitisch orientierten orthodoxen „Rechten“ als Fünfte Kolonne des liberal-kapitalistischen Systems nimmt unaufhaltsam ihren Fortgang.

 

Der Bundeshaushalt für 2002 sieht erhebliche materielle und personelle Aufstockungen im Bereich der Repressionsorgane vor. BKA, Bundesamt für Verfassungsschutz, BGS und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erhalten 2320 neue Planstellen, ihre Etats werden um 700 Millionen DM aufgestockt. Hinzuzurechnen sind noch die zu erwartenden Aufstockungen durch die Bundesländer (Bereitschaftspolizei, LKA, Landesämter für den Verfassungsschutz, Staatsschutz usw.). Insgesamt gibt die Bundesregierung im kommenden Haushaltsjahr 4,8 Milliarden DM für Innere Sicherheit aus. Damit wurden seit 1998 die Ausgaben des Bundes in diesem Bereich um 11 % angehoben. Alleine der BGS wurde zwischen 1998 und 2001 um 1700 Beamte aufgestockt. Die Loyalität des Apparates sichert man sich durch eine drastische Zunahme von Beförderungen und Stellenhebungen: Zwischen 1998 und 2001 wurden 3772 Stellenhebungen und 11.870 Beförderungen vorgenommen.

 

In „Nation & Europa“ warf Dr. Fritz Stenzel die interessante Theorie auf, dass ein bedeutsamer Grund für den Feldzug des westlichen Börsenkapitalismus und seiner Kabinette gegen die islamische Welt im Zinsverbot des Koran liegen könnte. Hierdurch entziehen sich wesentliche Teile der Welt und 1,2 Milliarden Menschen dem Zugriff der Wall Street. Besorgniserregende Zeichen für den Westen sind beispielsweise die ersten und erfolgreichen auf islamischem Recht beruhenden Kreditinstitute in Malaysia, Pakistan, dem Iran und dem Sudan. Diese islamischen Banken arbeiten auf der Basis von Partnerschaftsverträgen mit den Anlegern, also einer Gewinn- und Verlustbeteiligung des angelegten Kapitals. Experten rechnen im Rahmen der allgemeinen Rückbesinnung auf islamische Werte mit einer explosionsartigen Zunahme dieses islamischen Bankensektors, in dem immerhin bereits 200 Milliarden Dollar angelegt sind. Rund 100 islamische Investmentfonds sind weltweit aktiv – den islamischen Gelehrten gilt Aktienkapital nicht als verwerflich, da es auf produktiver Wirtschaftsleistung beruht. Eine Beteiligung an moralisch anrüchigen Unternehmen (Pornographie, Waffenhandel etc.) ist jedoch ebenso verboten wie diejenige an westlichen Banken und Versicherungen, da deren Gewinne nun einmal zu wesentlichen Teilen auf Zinserträgen beruhen. „Alles, was dem internationalen Menschen-, Waren-, Dienstleistungs- und Geldaustausch im Wege ist, wird vom westlichen Markt-Liberalismus bekämpft: Grenzen, Zölle, Sprach- und Kulturschranken, staatliche Souveränitäten und eben auch Formen des Wirtschaftens, die nicht weltmarkt-kompatibel sind. Was immer man vom Islam ansonsten halten mag: Sein Zinsverbot läuft der One World diametral zuwider und ist den nach Dominanz drängenden Kräften der amerikanischen Ostküste seit langem ein Dorn im Auge.“

 

Bushs „Krieg gegen den Terror“ könnte schon bald in die nächste Runde gehen. Es mehren sich Meldungen, nach denen Militärs und Geheimdienste Operationen in Somalia vorbereiten. Hier bestehen ebenfalls starke islamistische Gruppen, die vom völligen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in den 90er Jahren profitieren. Auf Druck der US-Regierung wurde das Land bereits völlig vom Internet abgeschnitten. Wir merken an, dass Somalia eine nicht zu unterschätzende strategische Bedeutung besitzt: Von hier aus lassen sich die Schiffahrtsrouten vom Indischen Ozean zum Suezkanal kontrollieren, außerdem erinnern wir uns, dass in Somalia seit den frühen 90er Jahren Erdölvorkommen vermutet werden. Eine von Hardlinern in Außenministerium und Oberkommando der USA angestrebte Ausweitung des Antiterrorfeldzuges auf den Irak traf auf offenen Widerstand der NATO-Partner und arabischer Staaten.

 

Ein mahnendes Zeichen für die unsichere Zukunft des nordirischen „Friedensprozesses“ ist die Selbstauflösung der Ulster Democratic Party, des politischen Flügels der loyalistischen Ulster Defence Association. Offensichtlich sieht die UDA-Führung keinerlei Möglichkeit mehr, die Probleme der protestantischen Unterschichten mit politischen Mitteln zu lösen. Auf der anderen Seite hatte die UDP ernsthafte Schwierigkeiten, ihre politischen Ziele zu vermitteln, da sie allgemein mit den kriminellen und terroristischen Aktivitäten der UDA identifiziert wurde. Selbst Sinn Féin-Vertreter bedauerten die Auflösung der UDP, da ein politischer Dialog mit der UDA nunmehr noch schwieriger werden dürfte.

 

Die Ermordung des irischen Journalisten Martin O´Hagan durch die loyalistischen Red Hand Defenders könnte eine Verbindung zur Special Branch, der nordirischen Geheimpolizei, aufweisen. O´Hagan arbeitete zum Zeitpunkt seines Todes an Enthüllungen über die Kontakte des berüchtigten Robert „The Jackal“ Jackson zur Special Branch. Jackson war in den 80er und 90er Jahren als Paramilitär der Ulster Volunteer Force an zahlreichen Katholikenmorden beteiligt. Im Rahmen dieser Nachforschungen stellte O´Hagan fest, dass die nordirische Polizei zwischen 1990 und 1994 auch Billy Wright, den nachmaligen Begründer der Loyalist Volunteer Force, bei mindestens drei Mordanschlägen auf Katholiken mit falschen Alibis und auch mit nachrichtendienstlichen Informationen versorgte. Ein weiterer Beleg dafür, dass die loyalistischen Untergrundorganisationen in den 80er und 90er Jahren als ferngesteuerte Todesschwadronen der britischen Regierung fungierten. Nachzutragen ist, dass Hagans Recherchen zufolge mindestens ein Agent des britischen Inlandsnachrichtendienstes MI5 in terroristische Aktivitäten der LVF und den Drogenhandel verwickelt ist. Derzeit fordert auch Alex Maskey, Kommunalpolitiker Sinn Féins in Belfast, die Herausgabe von Akten, die eine Verstrickung des britischen Armeenachrichtendienstes FRU in zwei 1987 und 1988 von der UDA auf seine Person verübte Mordanschläge belegen sollen.

 

Im bisherigen Verlauf des Jahres 2001 steigerten sich die terroristischen Aktivitäten im angeblich im Friedensprozess befindlichen Nordirland gegenüber dem Vorjahreszeitraum dramatisch. Vor allem die Bombenanschläge erreichten ein Niveau, das der Zeit vor dem Karfreitagsabkommen entspricht. Bis Ende November 2001 registrierten die Sicherheitsorgane 203 Bombenanschläge, bei denen 132 Sprengladungen nicht mehr entschärft werden konnten und explodierten. Die Vergleichszahlen für 2000 belaufen sich auf 74 bzw. 36. Die Zahl der von republikanischen und loyalistischen Paramilitärs absichtlich ausgelösten Fehlalarme steigerte sich von 76 auf 189 – mit entsprechenden wirtschaftlichen Schäden. Hinzu kommen 132 irrtümliche von den Sicherheitskräften selbst ausgelöste Bombenalarme. Die Bombenexperten der Streitkräfte rückten zu 966 Einsätzen aus gegenüber 623 im Vorjahr.

 

In Barcelona trafen der spanische Außenminister José Piqué und sein britischer Amtskollege Jack Straw zusammen, um neue Verhandlungen über die Zukunft des seit 1713 von Großbritannien besetzten Gibraltar einzuleiten. Madrid und London wollen im Sommer 2002 eine umfassende Vereinbarung über den strategisch wichtigen Hafen am Südzipfel Spaniens unterzeichnen. Spanien wird neben seinem verletzten Nationalstolz von handfesten Wirtschaftsinteressen getrieben. Gibraltar ist eine wichtige Steueroase, deren Ausschaltung und Übernahme Madrid erheblichen Gewinn einbringen dürfte. Die britische Regierung stellte jedoch klar, dass sie ihren Vorposten am Mittelmeer keinesfalls aufgeben werde. Vielmehr deuten die Signale aus London darauf hin, dass man Madrid eine gemeinsame Verwaltung Gibraltars anbieten wird.

 

Auf einer Veranstaltung der Deutschen Friedensgesellschaft in Flensburg referierte der Jurist Günther Werner über die möglichen innenpolitischen Folgen des NATO-Bündnisfalles für die BRD. Mit dessen Ausrufung steht es der Bundesregierung frei, eine Reihe von höchst bedenklichen Gesetzen zur Anwendung zu bringen. Das Bundesleistungsgesetz ermächtigt die Bundeswehr zur Beschlagnahme von Privateigentum, das Arbeitssicherstellungsgesetz ermöglicht die Zwangsverpflichtung von Arbeitnehmern zur Sicherstellung kriegswichtiger Produktionen. Nach dem Zivilschutzgesetz und dem Schutzbereichsgesetz können öffentliche Räume zu militärischen Sperrgebieten erklärt und Gebäude und Wohnungen durch die Bundeswehr beschlagnahmt und geräumt werden. Paragraph 8 des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes hebt die aufschiebende Wirkung von Kriegsdienstverweigerungsanträgen auf. Mit dem Gesetz über die Anwendung des unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr (UZwaG) wird der etwaige Schusswaffengebrauch der Scharping-Soldateska gegen das eigene Volk ermöglicht und straffrei gestellt. Mit dem berüchtigten Wartime Host Nation Support Treaty von 1982 verpflichtete sich die BRD, den USA im Bündnisfall bis zu 90.000 Mann, Versorgungsplätze für 1700 Verwundete und Aufnahmekapazitäten von bis zu 200 Kriegsgefangenen täglich zur Verfügung zu stellen.

 

In dreijähriger Kleinarbeit gelang es dem Hamburger Politologen Carsten Frerk, für sein im Aschaffenburger Alibri-Verlag erschienenes Buch „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland“ die Vermögensverhältnisse der beiden großen christlichen Kirchen zu durchleuchten. Da es in der deutschen Geschichte bislang noch nicht zur überfälligen Trennung von Kirche und Staat kam, konnten die irdischen Statthalter des asiatischen Wüstengottes sich als die reichsten Unternehmer im Land etablieren. Das Gesamtvermögen des katholischen und des evangelischen Klerus wird auf 981 Milliarden DM geschätzt. Hauptposten sind hierbei Grundbesitz mit 280 Milliarden DM, Immobilien mit 129,3 Milliarden DM, Kapitalvermögen mit 172 Milliarden DM, „gemeinnützige Einrichtungen“ wie Diakonie und Caritas mit 129,2 Milliarden DM, Stiftungen mit 104,4 Milliarden DM, Ordensgemeinschaften mit 72,9 Milliarden DM und nicht zuletzt Versicherungen mit 48,8 Milliarden DM. Die Ausgaben für Personal, Seelsorge und karitative Zwecke bestreiten die Parasiten im Priesterornat nicht etwa aus ihrem märchenhaften Vermögen, sondern aus laufenden Einnahmen. Durch die zwangsweise von den Kirchenmitgliedern erhobene Kirchensteuer kassieren die beiden Konfessionen 17 Milliarden DM im Jahr, hinzu kommen staatliche Zuschüsse in Höhe von 19,1 Milliarden DM. Durch Steuerprivilegien verzichtet der Staat jährlich auf weitere 20 Milliarden DM. Das berüchtigte katholische „Hilfswerk“ Misereor beispielsweise finanziert sich zu 49 % durch Steuergelder und zu 41 % aus Spenden – die Bistümer selbst steuern nur 8 % bei. Ein rechtlicher Sonderstatus ermöglichte es den klerikalen Ausbeutern, sich mehr oder weniger an der Sozialgesetzgebung vorbeizudrücken – die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer kirchlicher Einrichtungen spotten oftmals jeder Beschreibung.

 

 

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