Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 17. bis 23. März 2001

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Annäherung zwischen Bush und Sharon

Die PDS zum Balkankonflikt

Israel verschärft Volkstumskampf in Nahost

Untersuchung des Kosovo-Krieges gefordert

Kommunalwahlen in Hessen

Schlagabtausch mit der ETA

PDS in Hessen erfolgreich

Fehde unter IRA-Fraktionen droht

CIA gibt Akten über Organisation Gehlen frei

Die UVF bleibt wachsam

Polen ratifiziert Minderheitenkonvention

2. Runde der französischen Kommunalwahlen

NPD, CDU, Antikommunismus und Nationalstolz

Bundeswehr gegen Microsoft und NSA

Italien erkennt slowenische Minderheit an

PDS auf Kurs Liberalismus?

Weiter Kämpfe in Mazedonien FAO manipuliert Waldschadensbericht
Der Westen und die UCK Xenophobie in der EU

 

Zitat der Woche:
"Der Konservative trat (...), als vor hundert Jahren bei seinem Feinde die entfesselten Antriebe vorherrschten, für die Ordnung ein. Heute hingegen, wo die fesselnden Antriebe vorwiegen und eine mechanische, erstickende ‚Ordnung' vorgeschoben haben, muß der Konservative aufbrechend und das heißt revolutionär wirken."
- Armin Mohler

Um die USA bei der Vergabe weiterer Militärhilfe gnädig zu stimmen, setzte Israels Premier Sharon sich bei seinem Antrittsbesuch in Washington vor dem American Israel Public Affairs Committee, einer einflußreichen jüdischen Lobby-Organisation, für die Umsetzung von NMD ein. Die US-Regierung beschied Sharon, er möge die Lage durch Einstellung des wirtschafts- und sozialpolitischen Vernichtungsfeldzuges gegen die Palästinensergebiete entschärfen. Auf der anderen Seite wurden die Palästinenser unmißverständlich zur Einstellung des bewaffneten Kampfes aufgefordert. Ein weiteres Indiz für einen in dieser Form unerwarteten Schulterschluß zwischen Bush und Sharon ist die Kritik an Ägypten, das unangemessen aufrüste und einen destabilisierenden Einfluß in Palästina ausübe.

 

Nach der Tötung eines zionistischen Wehrbauern bei Bethlehem wurde die Stadt hermetisch abgeriegelt; es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Besatzungstruppen. Bei Ramallah gingen Militäreinheiten mit Tränengas, Knallkörpern und Knüppeln gegen friedlich demonstrierende Frauen vor. Hierbei wurde auch Hanan Ashrwai, Abgeordnete im palästinensischen Autonomierat, zusammengeschlagen und verletzt. Mit einem Armeestützpunkt nahe des Wehrdorfes Nahal Os nahm die Hizbollah erstmals vom Gazastreifen aus israelisches Kernland unter Beschuß. Die Jerusalemer Stadtverwaltung hat den Bau von 3000 Wohnungen für jüdische Siedler im arabischen Ostteil der Stadt genehmigt und verschärft den zionistischen Volkstumskampf damit weiter. Weitere 6000 Familien sollen in der geplanten Siedlung Giavot zwischen Jerusalem und Bethlehem angesiedelt werden. Seit 1987 wurden 119 Palästinenser von zionistischen Wehrbauern ermordet, ohne daß die Sicherheitskräfte jemals ernstlich eingeschritten wären. Seit Ende September sind bei den Zusammenstößen in Palästina 388 Palästinenser und 69 Juden ums Leben gekommen. Papst Johannes Paul II stattete Bethlehem einen Besuch ab und setzte sich mit aller Entschiedenheit für die Rechte der Palästinenser ein: "Eure Qualen spielen sich vor den Augen der Welt ab, und sie dauern nun schon zu lange...Niemand kann leugnen, wie sehr das palästinensische Volk in den vergangenen Jahrzehnten gelitten hat."

 

Die hessischen Kommunalwahlen lagen mit einer geringen Wahlbeteiligung voll im bundesrepublikanischen Trend, auch wenn die undemokratische Sperrklausel abgeschafft wurde. Landesweit war die CDU nach kräftigen Zugewinnen mit 38,4 % knapp stärker als die SPD mit 38,2 %. Die Grünen erreichten 9,3 % und die FDP 5,1 %. Überraschend muß sich in Frankfurt/Main Amtsinhaberin Petra Roth (CDU, 48,6 %) einer Stichwahl gegen den Sozialdemokraten Achim Vandreike (34,7 %) stellen. Jutta Ebeling von den Grünen erhielt hier 10,3 %, der Liberale Hans-Joachim Otto und der Republikaner Klaus Sauer mußten sich mit 1,8 % bescheiden. Bei der Wahl zur Frankfurter Stadtverordnetenversammlung legte die CDU deutlich auf 38,5 % zu, während die SPD 30,6 %, die Grünen 14,1 % und die FDP 4,6 % erhielten. Insgesamt sitzen 10 Fraktionen im Frankfurter Römer. Ohne die Beteiligung links- oder rechtsgerichteter Stadtverordneter haben weder rot-grün noch schwarz-gelb eine regierungsfähige Mehrheit. Die Republikaner kamen auf 3 %, die Wahlbeteiligung war mit 45,9 % (-14,6 Prozentpunkte) so niedrig, daß von einer demokratischen Legitimation eigentlich keine Rede mehr sein kann. Noch peinlicher für das System war die Beteiligung in Wiesbaden mit 41 % oder Fulda mit 36,5 %, was einem Rückgang um 12,7 Prozentpunkte entspricht. Landesweit gingen 53,1 % der Wähler an die Urnen. Auch die Senkung des Wahlalters auf 17 Jahre half in Hessen weiter. In Kassel siegte die SPD mit 36,7 %, gefolgt von der CDU mit 36,4 %, den Grünen mit 16,5 % und der FDP mit 5 %. In Darmstadt konnte sich die CDU knapp vor die Sozialdemokraten schieben. Die Republikaner kandidierten in 26 Gemeinden, aber ihr Stimmenteil fiel gegenüber der letzten Kommunalwahl von 6,6 auf 2,5 %. Die NPD verlor ebenfalls und erhielt nur noch 0,2 % statt 0,6%, und die Freien Wählergemeinschaften kamen auf 5,7 %.

 

Bei den hessischen Kommunalwahlen konnte die PDS überall dort, wo sie kandidierte, zumindest Achtungserfolge erziehen. Trotz starker Konkurrenz (Flughafen-Ausbau-Gegner mit 3,8 %, Ökolinx mit 0,9 % und Europaliste mit 0,5 %) gelang mit 2,3 % der Einzug in den Frankfurter Römer, wo nun erstmals seit 1956 wieder sozialistische Abgeordnete vertreten sind. Weitere Ergebnisse sind 3,2 % in Kassel, 3,8 % in Gießen, 6,4 % in Marburg (Fraktionsstärke), 2,2 % in Marburg-Biedenkopf und 2,8 % in Offenbach. Insgesamt steigerte die PDS sich in Hessen von 4 auf 18 kommunale Parlamentarier, womit in den alten Bundesländern nunmehr mehr als 100 sozialistische Mandatsträger in Kommunalparlamenten sitzen. In Frankfurt wählten 5,5 % und in Kassel 8 % der Jung- und Erstwähler sozialistisch. Mit einem durchschnittlichen Mitgliedsalter von 32 Jahren sieht die Hessen-PDS sich als "Stimme und Partei der kritischen Jugend" bestätigt, und der Bundesvorstand visiert für die Bundestagswahl 2002 einen Stimmenanteil von bundesweit mehr als 6 % und von 2,4 % im Westen an. Der hessische Landesvorsitzende Diether Dehm, ehemaliger Sozialdemokrat, ging hart mit der SPD ins Gericht. Die SPD-Führung habe ihre Anhänger durch Renten- und Steuerreform demotiviert, sich auf Schröders Öffentlichkeitswirksamkeit und die Schwarzgeldaffäre verlassen und die sozialen Fragen vollständig vernachlässigt.

 

Die CIA wird nach Angaben der "Washington Post" umfangreiches Material über ihre Zusammenarbeit mit der Organisation Gehlen, dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes, freigeben. Die Auswertung der 2901 Aktenordner mit 250.000 Seiten Unterlagen dürfte noch bis 2003 andauern und wird Interessantes über die Zusammenarbeit von Amerikanern und Bundesregierung mit ehemaligen SD-Agenten und -Funktionären offenbaren. Wir fügen die bösartige Anmerkung hinzu, daß wir vielleicht auch pikante Details über das Verhältnis zwischen CIA, MI5, BND und SPIEGEL erfahren werden - in den 50er und 60er Jahren beschäftigte Augsteins "Sturmgeschütz der Demokratie" beinahe ein Dutzend Spitzenagenten aus dem Reichssicherheitshauptamt als Redakteure und Korrespondenten (nach: Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six, München: Beck 1998).

 

Bereits im Dezember ratifizierte Polen die Europäische Konvention zum Schutz von Minderheiten. Damit erkennt Warschau alle nationalen Minderheiten an, die auf dem Gebiet der Republik Polen leben und deren Angehörige polnische Staatsbürger sind. Vor allem die (offiziell) 400.000 Deutschen, 200.000 Weißrussen und 30.000 Ukrainer dürften in den Genuß erweiterten Minderheitenschutzes kommen. Auf der anderen Seite lehnte die polnische Regierung unlängst auch nur eine Entschädigung für die Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg ab, von denen neben Polen auch Deutsche, Ukrainer und Juden betroffen waren.

 

Im Vorfeld der Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz startete die CDU eine Unterschriftensammlung gegen Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Bezeichnenderweise hatte die NPD nichts besseres zu tun, als die patriotische CDU-Propaganda zu unterstützen. Offensichtlich sieht man sich bei den National-Demokraten insgeheim immer noch in regierungsfaschistischer Reservestellung, als latenten Mehrheitsbeschaffer für die kapitalistische Reaktion. Neben taktischem Kalkül mag kleinbürgerlicher Antisozialismus (Trittin als ehemaliger Kader des linksextremen KBW) eine Rolle für ein derartiges Verhalten gespielt haben. Wir halten es hier sinngemäß mit Ernst Niekisch: Wenn die Belange der deutschen Nation den Kommunismus erforderlich machen, dann ist sie seiner fähig. Nicht zuletzt fand der Preußische Bolschewismus in der Nationalen Volksarmee seine höchste militärische Formvollendung. Außerdem: Auch bei langem Nachdenken fällt dem Verfasser beileibe nichts ein, worauf er in DIESEM Deutschland stolz sein könnte.

 

Nicht zuletzt auf Drängen der SVP verabschiedete der italienische Senat ein Minderheitenschutzgesetz für die 100.000 Slowenen im Land. Die Minderheit verteilt sich auf die autonome Region Friaul-Jülisch Venetien sowie die Provinzen Triest, Görz und Udine. Somit sind die Slowenen nun anerkannte und gleichberechtigte Minderheit. Das Gesetz garantiert die slowenische Schreibweise der Namen, die Zweisprachigkeit von Ortsnamen sowie den Gebrauch der Muttersprache im Verkehr mit Lokalverwaltung und Justiz. In der slowenischen Kulturarbeit tätige Vereine kommen fortan in den Genuß staatlicher Förderung.

 

Die mazedonische Albanerguerrilla UCK/NLA rief alle kampffähigen albanischen Einwohner auf, sich ihrem Aufstand anzuschließen, worauf die Regierung in Skopje mit der allgemeinen Mobilmachung und dem Ausnahmezustand reagierte. Brennpunkt der Kämpfe war der Burgberg Kale bei Tetovo, wo sich mittlerweile um die 1000 Partisanen verschanzt haben. Der Westen rechnet die Zahl der Albaner jedoch auf maximal 150 herunter, um sich und die Öffentlichkeit zu beruhigen. Bundeswehr-Generalinspekteur Kujat bescheinigte den Partisanen, es handele sich um "sehr gut ausgerüstete, sehr gut ausgebildete und sehr gut geführte" Kämpfer. KFOR habe natürlich nicht den Auftrag, für Stabilität in Mazedonien zu sorgen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Willy Wimmer befand, die USA hätten durch ihre freigiebige Unterstützung erst die albanische Offensive in Mazedonien möglich gemacht, und löste damit heftige Auseinandersetzungen in seiner Fraktion aus. Carl Bildt als UN-Sondergesandter für den Balkan, konstatierte, in Mazedonien herrsche ein regelrechter Krieg. Bei der Einschätzung der UCK/NLA durch NATO-Generalsekretär Robertson als "kleine Gruppe politisch isolierter Extremisten" habe es sich um abwiegelnden Zweckoptimismus gehandelt. Bildt warnte vor einem längeren Waffengang, da 40 % der mazedonischen Soldaten albanischstämmig seien. Nicht zuletzt in der Landeshauptstadt Skopje mit ihrem albanischen Bevölkerungsanteil von 23 % ist die Lage überaus explosiv, wie die Ermordung eines mazedonischen Polizisten im Albanerviertel zeigt. Eine internationale Ausweitung ist nicht auszuschließen: Rußland und die Ukraine schickten Kampf- und Transporthubschrauber, und Moskaus Außenminister Iwanow stellte für den Extremfall die Entsendung einer Tschetschenien-erprobten Fallschirmdivision in Aussicht. Die jugoslawische Luftwaffe wird Fliegerkräfte entsenden, und sogar das mit Mazedonien traditionell verfeindete Griechenland bot Bodentruppen an.

 

Mazedoniens Premier Georgievski hielt der BRD und den USA ihre Mitschuld an der Eskalation vor, da beide Länder nichts gegen Aufbau und Aufmarsch der Guerrilla unternommen haben, die beide im bundesdeutsch-amerikanischen Sektor um Prizren erfolgten. Staatspräsident Trajkovski lehnte die vom Westen geforderten Verhandlungen mit den Rebellen strikt ab. Die mazedonischen Vorwürfe der stillen Komplizenschaft mit der UCK/NLA werden dadurch untermauert, daß BRD, USA und NATO kategorisch jedes militärische Eingreifen verweigern, aber ihre militärische Präsenz auf dem Balkan eben mit der Begründung der Instabilität verlängern werden. Laut Beobachtung westlicher Journalisten verfügen die Albaner sogar über Satellitentelefone. Finanziert wird die Guerrilla mit Hilfe der albanischen Mafia, die 40 % des europäischen Drogenhandels kontrolliert. Noch im vergangenen Jahr verhinderten die USA jedes entschiedene Vorgehen gegen Waffenhandel und Geldwäsche. Zumindest ein Teil der Offiziere wurde vom britischen SAS seit Ende 1998 in Ausbildungscamps in Nordalbanien ausgebildet. Die mazedonische Regierung kritisierte übrigens die einseitig proalbanische Berichterstattung der britischen BBC. Noch in dieser Woche sickerten unter den Augen von US Army und Bundeswehr mehr als 500 albanische Partisanen aus dem Kosovo nach Mazedonien ein, um die vor Tetovo und Skopje stehenden Einheiten zu verstärken. In der FAZ verplapperte Fischer sich, als er die albanische Frage als "virulent und offen" bezeichnete. Wir merken an, daß der Balkan neben wichtigen strategischen Rohstoffvorkommen wie Chrom noch militärische Stützpunkte in der Nähe des Schwarzen Meeres bietet, durch das bekanntermaßen das zwischen dem Westen und Rußland umstrittene Erdöl Zentralasiens fließen soll (siehe letzte Wochenschau). In der bekanntlich der proamerikanischen Loge Atlantikbrücke nahestehenden ZEIT wurde bereits unumwunden die Errichtung eines EU-Protektorates auf dem westlichen Balkan gefordert. Die österreichische Außenminister Ferrero-Waldner, der bosnische UN-Statthalter Petritsch und nicht zuletzt der russische Präsident Putin schlossen hingegen auch eine Intervention gegen die Rebellen nicht aus. Putin bemerkte sehr treffend: "Diejenigen, die die albanischen Terroristen bewaffnet haben, wissen nun nicht, wie sie mit ihnen umgehen sollen."

 

Zur Lage auf dem Balkan erklärte die PDS-Parteivorsitzende Gabriele Zimmer: "Die anhaltenden bewaffneten Auseinandersetzungen in Südserbien und der jüngste militärische Konflikt in Mazedonien bestätigen, daß der NATO-Krieg gegen Jugoslawien die eigentlichen Konflikte in der Region nicht gelöst und die Gewaltspirale nicht angehalten hat. Die NATO trägt letztlich die Verantwortung für den fortgesetzten Terror der UCK im Kosovo und nunmehr auch gegen Mazedonien. Die albanischen Extremisten operieren vom Territorium aus, das die NATO kontrolliert, mit Waffen, die entgegen UN-Beschlüssen nicht von der NATO beschlagnahmt wurden. (...) In diesem Sinne fordere ich die politischen Handlungsträger auf, alles dafür zu tun, den Dauer-Konfliktherd Kosovo endlich zu beenden und insbesondere die UN-Resolution 1244 umfassend umzusetzen. Dazu gehört sowohl die längst fällige vollständige Entwaffnung der UCK und ihrer gegen Mazedonien und Südserbien operierenden Extremisten als auch die wirksame Sicherung der Grenzen zwischen Kosovo, Mazedonien sowie den südserbischen Provinzen. Dazu gehört auch die konsequente Unterbindung jeglichen Waffennachschubs. Die die KFOR-Truppen stellenden Staaten sollten vor dem UN-Sicherheitsrat innerhalb kürzester Frist Rechenschaft darüber ablegen, welche Maßnahmen sie zur Einhaltung und Umsetzung der entsprechenden UN-Beschlüse unternommen haben bzw. künftig agieren. Die PDS fordert in diesem Zusammenhang sowohl den Nachweis über getätigte Rüstungsverkäufe an beteiligte Konfliktparteien und die Einhaltung der entsprechendenRüstungsexportrichtlinien durch die Bundesrepublik im vergangenen wie auch im laufenden Jahr als auch eine analoge Transparenz der Rüstungswirtschaft anderer involvierter bzw. interessierter Länder, einschließlich des Agierens internationaler Rüstungskonzerne. (...) Die Bundesregierung fordere ich auf, ihre ablehnende Antwort entsprechender französischer Initiativen zurückzunehmen und sich vielmehr aktiv für die Einberufung einer solchen Konferenz unter Einbeziehung aller Anrainerstaaten einzusetzen."

 

Das SPD-nahe Friedensforschungsinstitut IFSH in Hamburg forderte in einem Offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestages die Einsetzung einer Bundestagskommission zur Untersuchung der rechtlichen Aspekte des Kosovo-Krieges. Die Sicherheitsexperten Dieter S. Lutz und Reinhard Mutz stellten fest, daß der "rechtswidrige Angriffskrieg" der NATO offensichtlich mehr Probleme hinterlassen als gelöst habe. Die vielfach von Regierungsseite versprochene Diskussion über die Lehren aus der Intervention habe nicht stattgefunden. Stattdessen mache sich das Gefühl breit, "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stünden je nach Belieben zur Disposition der jeweils politischen Machthaber". Neben der Kommission wird eine öffentliche Anhörung vorgeschlagen, um die politischen Manipulationen der Bundesministerien für Verteidigung und Äußeres zu untersuchen: "Je mehr authentische Informationen bekannt werden, desto brüchiger erscheint die einseitige Version der planvollen Vertreibung" der Kosovo-Albaner, die angeblich das massive militärische Vorgehen der Nato unausweichlich gemacht habe. Das werfe die Frage auf, ob "auch in der Bundesrepublik Bevölkerung und politische Öffentlichkeit durch tendenziöse Unterrichtung getäuscht worden" seien. "Hat aus diesem Grund das Parlament auf dem Weg in den Krieg seine Kontrollfunktion vernachlässigt?" Nur der Bundestag selbst könne den entstandenen Eindruck des Demokratieversagens korrigieren. "Es wäre eine groteske Lehre aus dem Kosovo-Debakel, wenn sich Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Partnern ausgerechnet für denjenigen Typ gewaltsamer Krisenintervention wappnen würde, der auf dem Balkan spektakulär gescheitert ist."

 

In Rosas an der Costa Brava zündete die ETA eine 50-Kilo-Autobombe vor einem Urlauberhotel und richtete erheblichen Sachschaden an. Dank telefonischer Warnung konnten die 100 Gäste evakuiert werden. Der Polizeibeamte Santos Santamaría wurde noch in 120 Meter Entfernung von einem Metallsplitter getroffen und tödlich verletzt und ist somit das fünfte ETA-Opfer seit Jahresbeginn, drei weitere Beamte kamen mit leichten Blessuren davon. Gerade in Katalonien wähnte man sich sicher, da die Sicherheitsbehörden vor zwei Monaten die Zerschlagung des örtlichen ETA-Kommandos verkündeten. In Gandia an der Mittelmeerküste bei Valencia machte die Polizei eine weitere Autobombe per kontrollierter Explosion unschädlich, wobei ebenfalls schwerer Sachschaden entstand. Das verwendete Dynamit stammt aus einer beim französischen Grenoble von den Etarras erbeuteten Ladung von 1,6 Tonnen Sprengstoff. In Bilbao demonstrierte die ETA-nahe Jugendorganisation Haika gegen die Verhaftung ihrer Führungsgruppe, wobei die aufgebrachte Menge zur Ermordung des selbstherrlichen Untersuchungsrichters Garzón aufrief und Bankfilialen mit Brandsätzen attackierte. Im Anschluß inhaftierte die spanische Polizei fünf mutmaßliche Haika-Aktivisten, denen Gewalttaten und Sabotageakte zur Last gelegt werden. Mit dem Sozialisten Froilan Elespe fand die ETA ihr sechstes Opfer. Der Vizebürgermeister von Lasarte bei San Sebastián wurde in einer Bar erschossen. Während die französische Polizei in Hendaye den für grenzüberschreitende Operationen zuständigen José Luís Metxelena Berasarte inhaftierte, nahm Spanien mindestens sechs seiner Mitarbeiter fest. Zwei von ihnen sollen Kommunalpolitiker im Baskenland sein. Erstmals tauchten an Häuserwänden des Baskenlandes offensichtlich auf spanische Rechtsextremisten oder Todesschwadronen zurückzuführende Morddrohungen gegen Arnaldo Otegi, den Vorsitzenden der separatistischen Wahlplattform Euskal Herritarrok, auf. Javier Rojo, sozialistischer Parteichef der Provinz Álava, warnte vor dem Ausbruch eines offenen Bürgerkrieges im Baskenland.

 

In Nordirland wächst die Angst, daß es zwischen der im Waffenstillstand befindlichen Provisional IRA und den Hardlinern der Real IRA zu einer blutigen Abrechnung kommen könnte. Nachdem die RIRA mit Rache für die Ermordung ihres Kommandanten für West Belfast, Joe O´Connor, drohte, ergriffen Politiker Sinn Féins im Westen der nordirischen Hauptstadt umfassende Sicherheitsvorkehrungen. Nachdem die Provisionals die gesamte O´Connor-Notarantonio-Sippe sowie republikanische Kritiker ihres Waffenstillstandes massiv bedrohten und sogar zwei Jugendliche brutalsten punishment shootings unterzogen, scheint das Maß voll zu sein. Auch unter lokalen Sinn Féin-Kommunalpolitikern scheint sich Unmut über die unwürdige Behandlung der Familie zu regen, die schwere Opfer für die republikanische Bewegung brachte. Zu allem Überfluß richteten die Provisionals auch Drohungen an die Adresse von John Kennaway, der seinerzeit an der spektakulären Ermordung des Loyalisten Billy Wright im Hochsicherheitsknast von Maze beteiligt war und bekanntermaßen der unberechenbaren INLA angehörte. Die RIRA plant zum 75. Jahrestag des Osteraufstandes in Dublin unter dem Mantel des National 1916 Commemoration Committee den ersten öffentlichen Aufmarsch seit Jahren und rekrutiert mittlerweile Freiwillige in der Gaelic Athletics Association, eigentlich einer Domäne der IRA. Zudem räumten die Hardliner mehrere Waffenlager der IRA in Irland aus, worauf im Militärstrafrecht der Untergrundarmee der Tod steht. Für den Zeitraum um den Todestag des republikanischen Märtyrers Bobby Sands, den beide Seiten für sich beanspruchen, wird mit einer Eskalation der Spannungen gerechnet. Vor allem die Familie Sands spricht Sinn Féin das Recht ab, den legendären Hungerstreikenden für sich zu vereinnahmen. Die Real IRA wird derzeit auf 100-150 Aktive und 300 militante Sympathisanten geschätzt und erhält langsam aber stetig Zulauf aus den Reihen der Provisionals.

 

Die militärische Führung der loyalistischen Organisationen Ulster Volunteer Force und Red Hand Commando meldete sich in den "North Belfast News" mit einem ihrer raren Interviews zu Wort. Die Paramilitärs bekennen sich zwar weiterhin zum Waffenstillstand, haben aber ein wachsames Auge auf die Aktivitäten von IRA und republikanischen Splittergruppen. Eine Wiederaufnahme militärischer Operationen wird jedoch bei einem Bruch des Waffenstillstandes durch die IRA, eine Eskalation der von republikanischen Hardlinern ausgeübten Gewalt oder bei einem erzwungenen Anschluß Nordirlands an die Republik Irland angedroht. UVF und RHC bekennen sich zur Entmilitarisierung beider communities, zur Aussöhnung zwischen Katholiken und Protestanten, zum politischen Dialog, zum Aufbau einer normalen Polizei und zur Entwicklung von Konflikttransformationsprogrammen.

 

Beim 2. Durchgang der französischen Kommunalwahlen gelang es dem linken Einheitskandidaten Bertrand Delanoe, die Hauptstadt Paris gegen das zerstrittene bürgerliche Lager für sich zu gewinnen. In der Pariser Stadtverordnetenversammlung errangen die Sozialisten 92 Sitze, während 71 auf die Bürgerlichen entfielen. Der sozialistische Sieg ist nur der ungleichmäßigen Wahlkreisabteilung zu verdanken und der Zersplitterung der Rechten zu verdanken - insgesamt erhielt Delanoe 49,6 % der Stimmen gegen 50,4 % für die beiden Rechtskandidaten. In der "Provinz" hingegen mußte die Linke trotz des Einsatzes hochkarätiger Politprominenz teilweise erdrutschartige Verluste hinnehmen. Insgesamt verlor die Linke 35 Städte an bürgerliche Kandidaten, umgekehrt wechselten nur 12 Städte die Mehrheiten. Kurioserweise unterstützte in Blois der Front National den dezidiert linken ex-Kultusminister Jack Lang gegen seinen Willen. In Lyon paktierten die Bürgerlichen mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Millon, der 1998 noch mir dem Front National zusammenarbeitete, und verloren prompt die Kommunalwahl. Mit Nimes haben die Kommunisten die letzte von ihnen regierte Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern verloren. Mit 55 % der Stimmen und bei höherer Wahlbeteiligung als im 1. Wahlgang erteilte die Bevölkerung Toulouses einer linken Kampagne, die sich nicht zuletzt auf die negroid-arabische HipHop-Subkultur stützte, eine klare Absage. Angesichts des quasi unentschiedenen Wahlausganges werden weder Staatspräsident Chirac noch der Herausforderer und Ministerpräsident Jospin als Favoriten in die kommenden Präsidentschaftswahlen gehen.

 

Die Bundeswehr wird künftig von der Verwendung von Microsoft-Produkten in sensiblen Bereichen Abstand nehmen. Nach Erkenntnissen von BSI und BND verfügt die amerikanische NSA über alle einschlägigen Quellcodes des Microsoft-Konzerns und könne selbst verschlüsselte Daten lesen. Das Auswärtige Amt verzichtet auf die Einführung von Videokonferenzen mit den Auslandsvertretungen, da alle Satellitenübertragungen über Denver laufen und dort todsicher von der NSA angezapft werden. Aus Gründen der militärischen Geheimhaltung haben die Amerikaner umgekehrt den Export von Kollisionswarngeräten für Transall-Transportflugzeuge der Bundesluftwaffe verweigert.

 

Der PDS-Vorstand nahm bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung ein Grundlinienpapier an. Man definiert fortan den demokratischen Sozialismus als freiheitlichen Sozialismus und verabschiedet sich vom Kollektivdenken. Der Individualismus und individuelle Freiheitsgüter anstelle der sozialen und politischen Rechte des Volkes sollen in den Mittelpunkt des neu auszuarbeitenden Programms gestellt werden. Da man bereits laut darüber nachdenkt, ob Wirtschaft überhaupt noch national regulierbar ist, befinden die "Sozialisten" sich offenbar mit voller Kraft auf Kurs Richtung Liberalismus und Globalisierungskapitalismus. Gewissermaßen läuft der internationalistische Sozialismus damit wieder im heimatlichen Hafen ein, den er Mitte des 19. Jahrhunderts unter Karl Marx verließ. Zu ihrer Ehrenrettung sei angemerkt, daß Sahra Wagenknecht als Vertreterin der Kommunistischen Plattform gegen die Vorlage stimmte.

 

World Wildlife Fund for Nature (WWF) und World Resources Institute (WRI) unterzogen den Waldbericht der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) einer Überprüfung und kamen zu alarmierenden Ergebnissen. Wider besseres Wissen behauptet die FAO, das Tempo der Waldvernichtung habe sich weltweit verlangsamt. Beim Nachrechnen der UN-Zahlen stellte sich heraus, daß jährlich nicht 11,3 Millionen, sondern 13 Millionen Hektar Wald pro Jahr vernichtet werden. Außerdem hat die FAO die Walddefinition manipuliert: Mußten vor einigen Jahren noch 20 % einer Fläche mit Bäumen bewachsen sein, so reichen nunmehr 10 %. Sogar australische Halbwüsten seien so in Waldgebiete verwandelt worden. Ferner wurde die Umwandlung tropischen Regenwaldes in Holzplantagen nicht berücksichtigt. In Kenia sollen übrigens 10 % des gesamten Waldbestandes gerodet werden, um Platz für die Ansiedlung von Neubauern aus den Slums von Nairobi zu schaffen. Dürre und Bodenverödung bedrohen unmittelbar das Leben von weltweit mehr als 1,2 Milliarden Menschen. Sie schwächten den landwirtschaftlichen Ertrag und gefährdeten Wohlstand und Gesundheit der Bevölkerung in mehr als 110 Ländern.

 

Einer Umfrage zufolge sprechen sich 20 % der Bevölkerung innerhalb der EU für die Ausweisung aller Personen aus, die von außerhalb der Europäischen Union stammen. Diesem Fünftel der Bevölkerung ist es gleichgültig, ob die Einwanderer sich legal oder illegal in der EU aufhalten oder ob ihre Kinder hier geboren sind. Besonders niedrig ist diese "modifizierte Ausländerfeindlichkeit" in den Niederlanden, Finnland und Schweden, während sie in Griechenland, Luxemburg und Belgien besonders ausgeprägt ist. Mit 25 % liegt auch die BRD über dem EU-Schnitt. Die Aufnahme von Arbeitssuchenden aus islamischen Ländern wird nur von 6 % der Bundesdeutschen befürwortet, bei Osteuropäern sind es immerhin 10 %. Jeder zweite EU-Bürger ist der Überzeugung, daß zugewanderte Minderheiten den Sozialstaat mißbrauchen, überdurchschnittlich kriminell veranlagt sind und die Arbeitslosenquote in die Höhe treiben. Paradoxerweise befürworten 64 % der Bevölkerung eine multiethnische Gesellschaft unterschiedlicher Rassen, Religionen und Kulturen. Beate Winkler, Leiterin der EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, erklärte zu der Studie: "Die Menschen haben Angst, durch Einwanderungen die Leistungen im Sozialsystem zu verlieren, sie haben Angst, ihre Arbeitsplätze zu verlieren, sie haben Angst, dass ihre Kinder in der Schule nicht mehr gefördert werden. Es gibt eine große Sehnsucht nach Homogenität; viele haben sich noch nicht damit abgefunden, daß Europa auf Vielfalt beruht."

 

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