Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 10. bis 16. März 2001

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Erneut loyalistischer Mord in Nordirland

Lettland gedenkt der Waffen-SS

Kommunalwahlen in Frankreich

Echelon-Bericht vor Veröffentlichung

In der Gewalt liegt die Befreiung

Politische Bildung ist Mittelmaß

ETA-Aktivisten verhaftet

China entlastet Landwirtschaft

Bürgerkrieg in Mazedonien

Rußland und Zentralasien

USA unterstützten albanische Nationalisten

EU verwarnt Portugal

Fusionswelle hielt auch 2000 an

BGH dehnt Telefonüberwachung aus

Israel richtet Araberghettos ein

Bildersturm in den neuen Bundesländern

 

Zitat der Woche:
"Die heutige Gesellschaft stellt sich als ein Organismus dar, der vom menschlichen Typus zum untermenschlichen hinübergewechselt ist und bei dem jede Tätigkeit und jede Reaktion von den Notwendigkeiten und Neigungen des bloß physischen Lebens beherrscht wird."
- Julius Evola

 

Ein Kommando der Ulster Volunteer Force erschoß in Conlig/Down den der rivalisierenden Loyalist Volunteer Force nahestehenden Paramilitär Adrian Porter und verwundete einen jüngeren Kameraden leicht. Porter soll seinerzeit in den Mord an Richard Jameson, dem UVF-Kommandeur in Portadown, verwickelt gewesen sein. Neben der LVF kündigte auch Johnny Adairs C-Kompanie der UDA/UFF Vergeltung für das Attentat an, womit die loyalistische Fehde in Nordirland erneut aufflammen dürfte. Ein weiterer Schlag ereilte die LVF vor Gericht, da ihre Aktivisten Christoph Peeples und James McGookin Fisher zu 10 bzw. 8 Jahren Haft wegen Besitz von Handgranaten und Rohrbomben verurteilt wurden.

 

Der erste Durchgang der französischen Kommunalwahlen erfolgte (bis auf Paris) unter rückläufiger Wahlbeteiligung. Entgegen den Erwartungen erlitten die linken Einheitslisten auf dem Land eine verheerende Niederlage. Die zur Eroberung der Provinz ausgezogene linke Polit- und Regierungsprominenz mußte teilweise demütigende Ergebnisse hinnehmen. Nur in Paris zeichnete sich ein Sieg des sozialistischen Kandidaten Bertrand Delanoe gegen die zerstrittenen Bürgerlichen ab - erstmals seit 130 Jahren könnte die Hauptstadt wieder eine linke Regierung erhalten, was mit einer empfindlichen Schlappe für Staatspräsident Chirac gleichbedeutend ist. Die korsischen Nationalisten der Armata Corsa begingen die Wahlen auf ihre Weise und zerstörten das Rathaus von Tasso bei Ajaccio mit einem Sprengsatz. Die rechtskonservativen Parteien FN und MRN waren infolge von Personalmangel nicht zu einer flächendeckenden Kandidatur imstande. Im FN-regierten Toulon scheiterte der Amtsinhaber mit knappen 10 % der Stimmen.

 

In der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichte Slavoj Zizek den Aufsatz "In der Gewalt liegt die Befreiung. Über das politisch Korrekte und das Grauen des Authentischen", den wir hier auszugsweise dokumentieren wollen: "Ohne...eindeutig Partei ergreifen zu wollen, würde ich diese Veränderung gerne als ein Zeichen dafür lesen, wie sehr sich doch die Sitten geändert haben: von den utopischen Energien der sechziger und frühen siebziger Jahre zur derzeitigen schalen political correctness, von der jede authentische Begegnung mit einem anderen Menschen sofort als grauenvolle Erfahrung gegeißelt wird. Wir sind heute unfähig, auch nur zu erahnen, was die Idee einer Revolution, sei sie nun sexueller oder sozialer Natur, bedeutet; genauer gesagt, was von der Idee der Revolution ausgeschlossen bleibt, ist die Dimension einer inszenierten Utopie. In einem Moment wirklicher Revolution ist die utopische Zukunft weder jemals ganz erfüllt oder präsent noch einfach nur als Versprechen auf eine ferne Zukunft evoziert, als Versprechen, das momentane Gewalt rechtfertigen würde. Es ist eher so, als ob wir in einer einmaligen Aufhebung aller Zeitlichkeit, im Kurzschluss zwischen Gegenwart und Zukunft wie durch einen Gnadenakt für einen kurzen Moment so handeln dürften, als ob die utopische Zukunft zwar noch nicht ganz da sei, aber doch schon zum Greifen nah, direkt bevorstehend. Revolution wird nicht erfahren als ein momentanes Elend, das wir für das Glück und die Freiheit späterer Generationen auf uns zu nehmen hätten, sondern als momentanes Elend, auf das ein solches zukünftiges Glück oder eine solche Freiheit bereits ihren Schatten werfen - in ihr sind wir bereits frei, während wir noch für die Freiheit kämpfen. Wir sind bereits glücklich, während wir noch für das Glück kämpfen, ganz gleich, unter welch schweren Bedingungen. Revolution ist nicht gleichzusetzen mit einer vagen Wette auf die Zukunft, mit einer Handlung, die auf irgendein futur anterieur gerichtet wäre, damit sie durch die Langzeitfolgen dieses momentanen Aktes irgendwann legitimiert oder eben delegitimiert werde. Nein, eine authentische Revolution gebärdet sich, als sei sie ihr eigener ontologischer Beweis, sie ist sofortiger Indikator ihrer eigenen Wahrheit." Jeder Wunsch, die Revolution ihrer destruktiven Exzesse zu berauben, gleiche dem Wunsch nach einer Revolution ohne Revolution. "Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich dem Thema der revolutionären Gewalt nähert, jener Art von Gewalt also, die ein authentischer Akt der Befreiung ist und nicht bloß ein blindwütiger passage a l'acte. (...) Vielleicht sollte man in unseren faden Zeiten, in denen permanent zu irgendeiner Form von Toleranz aufgerufen wird, riskieren, sich die befreiende Dimension solcher gewalttätiger Exzesse in Erinnerung zu rufen - eine solche Form der Gewalt hat nichts, aber auch gar nichts zu tun mit einem extremistischen oder terroristischen passage a l'acte. Politischen ‚Extremismus' oder ‚exzessiven Radikalismus' kann man wohl immer als irgendeine Spielart ideologisch-politischer Verdrängung interpretieren: als Hinweis auf sein Gegenteil, auf eine Begrenzung, eine Weigerung, tatsächlich ‚bis ans Ende' zu gehen. Was war der jakobinische Rekurs auf den radikalen Terror anderes als ein hysterisches Handeln, das nur die Unfähigkeit der Jakobiner unter Beweis stellte, die eigentlichen Fundamente der wirtschaftlichen Ordnung wie den Privatbesitz und ähnliches anzugreifen? Und gilt dasselbe nicht für die sogenannten "Exzesse" der aktuellen political correctness? Machen die nicht auch deutlich, daß mit einer Lösung der eigentlichen - nämlich der ökonomischen - Probleme von Rassismus und Sexualität niemand mehr zu tun haben will? Vielleicht ist die Zeit gekommen, um endlich das übliche Gerede in Frage zu stellen, das all die ‚postmodernen' Linken immer wieder runterbeten und demzufolge politischer ‚Totalitarismus' irgendwie immer aus der Vorherrschaft der materiellen Produktion und Technologie über die zwischenmenschliche Kommunikation und/oder symbolische Praxis resultiert. Ganz so, als ob aller politische Terror daraus entstünde, daß das Prinzip der instrumentellen Vernunft, nämlich die technologische Ausbeutung der Natur, auch auf die Gesellschaft übertragen werde; daß also mit dem Menschen umgegangen werde, als handle es sich dabei um einen Rohstoff, der in einen Neuen Menschen umgewandelt werden müsse. Was, wenn das Gegenteil stimmte? Was, wenn politischer Terror bedeutete, daß der Sphäre der materiellen Produktion ihre Autonomie abgesprochen und diese der politischen Logik untergeordnet wird? Denn ist es nicht so, daß aller politische Terror, von den Jakobinern bis hin zu Maos Kulturrevolution, die Zwangsregulierung der wirtschaftlichen Produktion, ihre Rückführung auf das Gebiet der politischen Kontroverse voraussetzt?"

 

Mit der Festnahme von zwei mutmaßlichen ETA-Führern ist der französischen Polizei am Wochenende ein neuer Schlag gegen die baskische Separatistenorganisation gelungen. Zorion Zamakola, der als Spionagechef und "Nummer drei" der ETA galt, sowie Ander Etxeberria, einer der meistgesuchten Aktivisten der Organisation, wurden bei einer Straßenkontrolle in Südfrankreich gefaßt.

 

Während NATO-Generalsekretär Robertson die albanischen Rebellen in Mazedonien als "isolierte Gruppe" verharmloste, machen diese nunmehr Nägel mit Köpfen. In einer Erklärung verlangte die Albanerguerrilla UCK/NLA die Teilung des Landes. Mazedonien solle nach dem Vorbild Bosniens in eine Föderation aus einem slawischen und einem albanischen Landesteil umgegliedert werden, um der Diskriminierung der albanischen Minderheit ein Ende zu machen. Mit der Nationalen Demokratischen Partei PDK legten die Rebellen sich einen politischen Flügel zu. Den Konföderationsforderungen von UCK/NLA und PDK schloß sich umgehend die in Skopje mitregierende Demokratische Albanische Partei DPA an, deren Vorsitzender Arben Xhaferi ein guter Bekannter des Ultranationalistenführers Thaci aus dem Kosovo ist. Nach einer Demonstration gegen den mazedonischen "Staatsterror" in Tetovo im Westen, mit 60.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes, entbrannten schwere Kämpfe zwischen albanischen Rebellen und Regierungstruppen, die sich zum offenen Bürgerkrieg auszuweiten drohen. Bislang beschränkten sich die Zusammenstöße auf das Grenzgebiet zum Kosovo. Pikanterweise liegen in Tetovo die Nachschubeinheiten für das bundesdeutsche KFOR-Kontingent, die nun zwischen die Fronten zu geraten drohen. Soldat-Sein bedeutet eben doch noch etwas anderes, als sich in Bordellen an verschleppten Minderjährigen zu verlustieren. Vorsichtshalber ordnete die Hardthöhe den Abzug eines Teils ihrer Milizionäre an, bevor die Bundis es mit richtigen Soldaten zu tun bekommen. Auch im Raum Lipkovo nordöstlich Skopje entwickelte sich eine albanische Kräftekonzentration, und sogar im 100 km südwestlich der Hauptstadt gelegenen Kicevo kam es zu Kampfhandlungen. Der militärische Arm der Bewegung entpuppte sich als wohlvorbereitet, gut organisiert, modern bewaffnet und im Gegensatz zu Scharpings Sauhaufen als gründlich ausgebildet. Robertsons "isolierte Gruppe" wird auf bis zu 4500 Mann geschätzt und kann regen Zulauf aus dem Kosovo und aus den Reihen der mazedonischen Albaner verbuchen. Neben aktiven Verbänden scheint es in den Albanervierteln der größeren Städte weitere Einheiten zu geben, die nur auf den Befehl zum Losschlagen warten. Die NATO bezeichnete den nicht zuletzt durch ihre Untätigkeit bzw. die Unterstützung der Amerikaner heraufbeschworenen Konflikt als eine innermazedonische Angelegenheit. Noch einmal: Durch das Nichtvorgehen gegen die albanischen Ultranationalisten und ihre Operationsbasen im Kosovo verstößt die Protektoratsmacht NATO gegen ihre übernommenen internationalen Verpflichtungen.

 

Unterdessen berichtete der britische "Observer", das im Kosovo stationierte US-Kontingent habe gemeinsam mit der CIA den Aufbau der in Südserbien operierenden albanischen UCPMB-Guerrilla seit dem Sommer 1999 unterstützt, um den jugoslawischen Gesamtstaat zu destabilisieren. Ranghohe Offiziere nichtamerikanischer KFOR-Einheiten reagierten mit Bestürzung auf die Nachricht. Angesichts anhaltender Gefechte dürfte auch dem jüngsten ausgehandelten Waffenstillstand zwischen UCPMB und Jugoslawien keine lange Dauer beschieden sein. KFOR und Belgrad vereinbarten die Rückkehr jugoslawischer Streitkräfte in einen Teil der Pufferzone entlang der Grenze zum Kosovo. Einige 1000 jugoslawische Elitesoldaten sollen hier die Nachschubwege der UCK/NLA unterbrechen. Franz-Josef Hutsch fragt zu Recht im "Hamburger Abendblatt": "Angesichts der eskalierenden Kämpfe im mazedonischen Tetovo müssen sich die Regierungschefs in Amerika und Europa fragen lassen, was sie getan haben, um diese Lage erst gar nicht entstehen zu lassen. Sie haben einen Krieg ums Kosovo geführt, ohne eine Vorstellung vom Frieden in der Region zu haben. Sie haben albanischen Hardlinern und Mafiabossen die Hand geschüttelt und sie zu ihren Verbündeten gemacht. Und sie haben tatenlos zugeschaut, als die albanischen Guerilleros mit ihren Kalaschnikows erst über Südserbien, den Norden Mazedoniens und schließlich den Westen des Landes herfielen. Wie vor acht Jahren in Bosnien und Kroatien steht der Westen hilflos vor der drohenden Explosion des Pulverfasses Balkan. Es wird Zeit, dass in den Regierungszentralen Londons, Paris' und Berlins begriffen wird, dass der Balkan kein Sandkasten für billige Planspiele ist."

 

Nach einer Studie von Thomson Financial hält das Fusionsfieber innerhalb der EU weiter an. Im Jahr 2000 wurden rund 4500 Fusionen und Übernahmen mit ausschließlich "europäischer" Beteiligung registriert. Das Fusionsvolumen lag bei 713,3 Milliarden Euro - 60,3 % mehr als 1999. Innerhalb der BRD kam es zu 1570 Fusionen mit einem durchschnittlichen Wert von rund 83,4 Milliarden Euro. Zweitwichtigster Markt für bundesdeutsche Firmen sind die USA, wo 129 Unternehmen für fast 75 Milliarden Euro aufgekauft wurden. Von Bedeutung ist ferner noch Großbritannien, wo bundesdeutsches Kapital sich für 23,3 Milliarden Euro bei 88 Firmen einkauften. Die weltweit größte Fusion war der Zusammenschluß von Time Warner und AOL für 197,5 Milliarden Euro, gefolgt von der Fusion der britischen Pharmakonzerne SmithKline Beecham und Glaxo Wellcome für 84,1 Milliarden Euro.

 

Die israelische Armee riegelte im Rahmen des größten Truppenaufmarsches seit dem Sechstagekrieg von 1967 die palästinensische Stadt Ramallah und weitere Autonomiegebiete fast vollständig von der Außenwelt ab. Generell verfolgt die israelische Besatzungsmacht offenbar die Absicht, die Städte in den besetzten Gebieten zu riesigen Araberghettos umzufunktionieren. Seit Beginn der Unruhen im September haben israelische Besatzungstruppen rund 400 palästinensische Familien aus ihren Heimatorten vertrieben und ihre Häuser zerstört. Sharons faschistischer Infrastrukturminister Avigdor Lieberman kündigte bereits neue Siedlungsprojekte im Westjordanland und im Gazastreifen an. Das Erziehungsministerium wird ein Schulbuch verbieten, weil es die Leiden der Palästinenser darstellt. Der palästinensische UN-Vertreter el Kidwa kündigte an, er werde die im Vorjahr gescheiterte Stationierung einer internationalen Friedenstruppe in Palästina erneut vor den Sicherheitsrat bringen. Mehrere Mitglieder der Arabischen Liga signalisierten eine Unterstützung des Vorschlages. Bei einer offenen Sitzung des UN-Sicherheitsrates zeigte sich, daß nur noch die USA hinter Israel stehen.

 

In der lettischen Hauptstadt Riga nahmen 1400 Menschen, darunter mindestens 4 Parlamentsabgeordnete, an einem Gedenkgottesdienst für die 50.000 Gefallenen des Zweiten Weltkrieges teil. Erzbischof Janis Vanags erklärte, die lettische Waffen-SS habe "mit dem Gewehr in der Hand versucht, den Einfluß der sowjetischen Truppen zu stoppen". Nikolai Romanovskis als Vorsitzender der lettischen Veteranen-Union fügte hinzu: "Wir müssen die internationale Gemeinschaft fragen: Wessen Schuld ist größer? Die Deutschlands oder die Rußlands?" Die Regierungsabgeordnete Vaira Paegle verlangte unumwunden: "Jedes Land sollte auf seine Soldaten stolz sein." Lettlands Staatspräsidentin Vaira Freiberger wurde während eines Staatsbesuches in Litauen von dpa zum Thema interviewt und sprach von jungen Männern, die "mit gutem Willen an die Front gezogen sind, um gegen den Kommunismus zu kämpfen". In Lettland gilt die unter den Latvija-Schild kämpfende lettische SS-Legion als normale militärische Einheit.

 

Gerhard Schmid, Berichterstatter des Echelon-Ausschusses im Europaparlament, stellte der Öffentlichkeit bereits die ersten Empfehlungen vor, die er in seinem Schlußbericht aussprechen wird. EU-Kommission und andere EU-Behörden sollen angesichts der regen Abhörtätigkeiten des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA ihren Mailverkehr verschlüsseln, nur noch aufwendige (aber relativ sichere) Open-Source-Computersysteme anschaffen und durch bilaterale Vereinbarungen wenigstens die Wirtschaftsspionage innerhalb der EU eindämmen. Schmids Bericht wird die Existenz mindestens eines global arbeitenden Abhörsystems für Satellitenkommunikation bestätigen. Die Bedeutung dieses Echelon-Systems nehme jedoch wegen der zunehmenden Verlagerung der Kommunikation auf optische Unterwasser- und Glasfaserkabel ab. Schmid unterschlägt, daß die Regierungen und auch die Bundesregierung derzeit durch Kompetenzausweitung für ihre Auslandsnachrichtendienste hierauf reagieren (siehe die G-10-Novelle zugunsten des BND). Neben der BRD betreiben die EU-Staaten Dänemark, Italien, Spanien, Großbritannien und vor allem Frankreich eigene Abhörsysteme zur Überwachung der privaten Auslandskommunikation. Vor allem Frankreich hat durch seinen Kolonialbesitz in Südamerika, im Indischen Ozean und im Pazifik das Potential zum Aufbau eines globalen Überwachungssystems. Die USA sind hierbei hingegen auf die "Zusammenarbeit" mit befreundeten oder abhängigen Regierungen angewiesen, wie sie im Rahmen von Echelon und UKUSA-Union (United Kingdom, USA, Australia) betrieben wird.

 

Erstmals seit 1971 sind der weltweiten Studie "Demokratie und Bildung in 28 Ländern" vergleichende Aussagen zur politischen Bildung zu entnehmen. Nach den Studien zur Lesefähigkeit sowie zu Mathematik und Naturwissenschaften wird der bundesdeutschen Jugend ein drittes Mal bescheinigt, daß sie international nur Mittelmaß ist. In den Schulen werden nur 39 % der bundesdeutschen Schüler vor Wahlen vernünftig von ihren Lehrern informiert (internationaler Schnitt 55 %). Erschreckende 83 % (international gar 86 %) der Jugendlichen nannten das Fernsehen als wichtigste politische Informationsquelle. Nur Mut: International gesehen ist jeder dritte Jugendliche außerstande, ein politisches Flugblatt zu verstehen und zu interpretieren. Schlußlicht bei der politischen Bildung ist Kolumbien, während Polen an der Spitze liegt.

 

Zum Abschluß der Plenartagung des Nationalen Volkskongresses kündigte Chinas Ministerpräsident Zhu Rongji Erleichterungen für die seit Jahrzehnten ausgebeutete Landbevölkerung an. Bislang zahlen die chinesischen Bauern insgesamt umgerechnet 7,5 Milliarden DM ordentliche Steuern im Jahr, zu denen durch diverse Gebühren und Abgaben noch weitere 22,5 Milliarden DM hinzukommen. Die würgende Last soll nun abgemildert werden, indem Peking die Steuern auf ca. 12,5 Milliarden DM erhöht, dafür aber die Gebühren ersatzlos abschafft. Zudem sind umfangreiche Investitionen in das ländliche Bildungswesen geplant. Mit 30 % Gegenstimmen oder Enthaltungen bei der Verabschiedung der Rechenschaftsberichte der Justiz- und Strafvollzugsbehörden verpaßten die Delegierten der Parteiführung einen historischen Denkzettel, der nicht zuletzt mit der ausufernden Korruption und Kriminalität zusammenhängt. Im Oktober wird in Shanghai die Konferenz des Asiatisch-Pazifischen Forums für wirtschaftliche Zusammenarbeit APEC stattfinden, und zu diesem Anlaß hat auch US-Präsident Bush seinen Besuch angekündigt.

 

Rußland und der Iran haben ihre Annäherung vorangetrieben. Der russische Präsident Putin und sein iranischer Amtskollege Chatami vereinbarten Zusammenarbeit auf den Gebieten Rüstung und zivile Atomtechnik. Mit Hilfe Rußlands soll das Ende der 70er Jahre von Siemens begonnene AKW Bushehr fertiggestellt werden, um die iranische Strommisere zu beheben. In den kommenden Jahren wird Moskau jährlich Waffen für umgerechnet 627 Millionen DM im Jahr liefern. Mittelfristig steigt Teheran damit zum drittgrößten Abnehmer russischer Waffen nach China und Indien auf. Beide Staaten unterzeichneten ein Grundlagenabkommen über die vor allem von den USA und der EU betriebene Aufteilung des Kaspischen Meeres, wo umfangreiche Erdölvorkommen der Erschließung harren. Bis zur endgültigen Einigung zwischen allen 5 Anrainerstaaten werde man keine Grenzen auf dem Binnenmeer anerkennen. Schon im Jahr 2010 wird das Kaspische Meer 5 % der Welterdölförderung liefern. Georgien und Aserbaidschan unterstützen die von den USA und der Türkei geplante Pipeline nach Ceyhan am Schwarzen Meer. Während diese noch im Planungsstadium ist, wird ab Herbst die nagelneue russische Pipeline vom kasachischen Tengis zum Schwarzmeerhafen Noworissijsk den Transport von 26 Millionen t Erdöl jährlich aufnehmen. Kasachstan gerät durch die Leitung in vollständige Abhängigkeit von Moskau. Washington hat eine empfindliche geopolitische Niederlage erlitten, die es nur durch die Annäherung an den Erzfeind Iran korrigieren kann.

 

Nach Irland erhält Portugal als zweites Mitgliedsland eine Verwarnung der EU. Auf dem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel wurde Lissabon ermahnt, die Konsolidierung der Staatsfinanzen einer weiteren Förderung des hohen Wirtschaftswachstums vorzuziehen. Die Minister drängen insbesondere im Bereich der staatlichen Sozialausgaben auf massive Einsparungen. Im Unterschied zu Irland kam Portugal noch um eine "formelle Empfehlung" herum.

 

Der Bundesgerichtshof urteilte (Az: 2 BGs 42/2001), daß bei der polizeilichen Überwachung eines Mobiltelefons auch die Positionsmeldungen des Gerätes erfaßt werden dürfen. Zur Erklärung: Die Mobilfunknetze sind in zahlreiche Funkzellen eingeteilt, die je nach Nutzerdichte einen Radius von 500 bis 5000 Metern haben können. Damit ist also vor allem in urbanen Ballungsräumen eine verhältnismäßig zuverlässige Kontrolle der Bewegungen möglich, auch wenn das Handy nur auf stand by läuft. Vergebens klagte ein Anbieter, der die Zeichen des 21. Jahrhunderts noch nicht begriffen hatte und der Ansicht war, der StPO zufolge dürften nur Gesprächsdaten erfaßt werden. Im Jahr 1999 wurden - mit richterlicher Genehmigung - 6443 Mobilfunkanschlüsse überwacht. Autofahrer seien schon einmal vor GPS oder Galileo gewarnt - hier ist unter Einsatz militärischer Technologie eine Anpeilung auf 10-100 Meter möglich.

 

Die "Berliner Zeitung" verwies angesichts der Zerstörung der buddhistischen Götzenbilder in Afghanistan darauf, daß Bilderstürme nicht nur den bärtigen Gotteskriegern des Hindukusch vorbehalten sind: "Unsere Erregung über den Anschlag auf die ferne Kultur von Bamiyan mag auch daher rühren, daß wir gerade vor unserer Haustür einen der umfangreichsten Bilderstürme der Geschichte erleben. Marx, Engels, Lenin sind aus unseren Städten verschwunden. Eine ganze Bevölkerung aus Bronze und Stein wurde beseitigt. Nur an ein paar Stellen - in Chemnitz zum Beispiel - wird der Besucher daran erinnert, was bis vor wenigen Jahren noch das Stadtbild prägte. Der Rigorismus, mit dem bei uns die Ästhetik eines gestürzten Regimes zerstört wurde, ist nicht zu begreifen. Warum muß jede Spur davon vertilgt werden? Warum darf nichts bleiben, was verrät, daß es einmal die DDR gegeben hat? Typisch für unsere völlig neurotische Situation ist die Debatte über das Berliner Stadtschloß. Die DDR sprengte seine Überreste und setzte an seine Stelle den Palast der Republik. Jetzt soll der Palast der Republik beseitigt werden und an seiner Stelle wieder das Stadtschloß errichtet werden. Es geht - das macht dieses Vorhaben deutlich - vor allem darum, die DDR ungeschehen zu machen. Es soll alles so sein, als habe es sie nicht gegeben. Ein dummes, ein zum Scheitern verurteiltes Vorhaben. Die Bilderstürme aller Zeiten hatten immer wieder diesen Charakter. Sie richteten sich gegen die Symbole des Gegners. Der öffentliche Raum sollte ganz dem Sieger gehören. Die Erinnerung an Geschichte sollte zerstört werden. Das, was war, sollte nicht geworden, sondern immer gewesen sein. (...) Bilderstürme gehören zur Geschichte wie die Wiedererrichtung des Vergangenen. Restaurationen und Revolutionen sind beide Kulturträger und Kulturvernichter. Wir können uns nicht ein für alle Mal auf die richtige Seite schlagen. Wir müssen jedes Mal genau hinsehen und uns klar werden, was wann wo richtig ist. Da wird uns die Entscheidung gegen die Taliban, nachdem sie Afghanistan weiter ins Elend gestürzt haben, sicher leichter fallen als eine Kritik an unseren in artigen Kommissionen beratenden, ordentlich gewandeten, der Ironie und des Scherzes fähigen demokratisch legitimierten, gesetzestreuen, aber darum nicht weniger erfolgreichen meist beamteten Bilderstürmern. Sie berauben uns unserer Geschichte, wollen uns blind machen gegen unsere und ihre Fehler. Auch das ist ein Verbrechen."

 

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