![]() |
Die politische Wochenschau
vom 30. Juni bis 6. Juli 2001
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
|
|
|
|
Zitat der Woche: |
"Revolutionen sind unvermeidlich im Leben einer Nation. Sie k�nnen zum Despotismus f�hren, aber sie f�hren Nationen auch auf zuvor f�r sie versperrte Pfade." |
-
Milovan Djilas
|
Die Kommunistische Partei Chinas, mit beeindruckenden 64,5 Millionen Mitgliedern die wohl st�rkste politische Organisation der Welt, beging den 80. Jahrestag ihrer Gr�ndung. Partei- und Staatschef Jiang Zemin hielt in der Gro�en Halle des Volkes zu Peking eine programmatische Rede. Die Parteigenossen wurden aufgerufen, sich an die Theorie der Drei Vertretungen zu halten, nach der die Partei die modernen Produktivkr�fte, die fortschrittliche Kultur und die gro�e Mehrheit des Volkes zu vertreten hat. K�nftig wird die KPCh sich vermehrt um die aufstrebende Unternehmerschaft k�mmern, die zu einem wichtigen sozialen Fundament erhoben wurde: "Sie sind auch Erbauer des Sozialismus mit chinesischen Merkmalen." Zwar stellten Arbeiter, Bauern, Intellektuelle und Soldaten die vier S�ulen der Partei dar, doch diese m�sse herausragende Pers�nlichkeiten aus anderen Teilen der Gesellschaft aufnehmen, wenn sie die Bedingungen f�r eine Mitgliedschaft erf�llen. Ganz richtig erkl�rte Jiang, ohne die Kommunistische Partei gebe es kein modernes China. Angesichts unserer pers�nlichen Erfahrungen mit dem "wichtigen sozialen Fundament" der Unternehmerschaft betrachten wir den weiteren Weg des chinesischen Kommunismus nun endg�ltig mit Sorgenfalten auf der Stirn. Nicht zu Unrecht, wie ein regierungsamtlicher Lagebericht aus der Volksrepublik zeigt. Das Reich der Mitte wird von Massenarbeitslosigkeit, sozialer Ungerechtigkeit, Entrechtung des Volkes und Korruption gebeutelt. Zunehmende soziale Spannungen f�hren zu andauernden Unruhen: Innerhalb eines Jahres gab es sage und schreibe 110.000 Zwischenf�lle von Stra�enschlachten �ber Eisenbahnblockaden bis hin zur Erst�rmung von Kreishauptst�dten und der Niederbrennung von Parteigeb�uden. Der 16. Parteikongre� im Herbst 2002 - auf welchem ein Generationswechsel ansteht - wird sich mit der sozialen Lage befassen m�ssen, da Parteistrategen bereits vor nationalen Protest- und Armutsaufst�nden warnen. Nun sollte man sich jedoch h�ten, die sozialen Spannungen �berzubewerten. Auf der Haben-Seite steht in China ein regelrechter Bildungsboom. Im Herbst werden 2,2 Millionen Oberschulabsolventen in der Volksrepublik ein Hochschulstudium antreten. Noch 1998 lag die Zahl der Studienanf�nger bei 1,08 Millionen, und in den n�chsten Jahren ist eine Steigerung auf 4 Millionen vorgesehen. Hinzu kommt ein neuartiges und modernes privates Bildungswesen. Seit 1991 wurden in China 54.000 Privatschulen von der Vorschule bis zum College gegr�ndet, und an diesen Schulen werden weitere 7 Millionen Elitesch�ler ausgebildet. Die chinesische Ein-Kind-Familie erleichtert den Eltern Investitionen in die Ausbildung ihres Nachwuchses. Nicht eingerechnet ist hier die Masse der im Ausland studierenden Chinesen: Alleine in den USA absolvieren derzeit 200.000 von ihnen eine Hochschulausbildung. Die chinesische Intelligenzoffensive wird sich in den kommenden Jahren zu einer weiteren Herausforderung Pekings an den Westen entwickeln. In puncto Mathematik und Physik bringt China bereits jetzt den am besten ausgebildeten Nachwuchs der Welt hervor.
Vor dem Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte unterlag die BRD gegen den Kurden Duran Kalkan alias Selehattin Erdem. Der Kl�ger wurde im Jahr 1994 vom OLG D�sseldorf zu 6 Jahren Gef�ngnis verurteilt, weil er der kurdischen Befreiungsbewegung PKK angeh�rte. Unter Anrechnung der sage und schreibe 6j�hrigen U-Haft kam Kalkan-Erdem damals sofort auf freien Fu�. In dem Urteilsspruch gegen die BRD hie� es, eine derart lange Untersuchungshaft versto�e gegen die Europ�ische Menschenrechtskonvention, die Angeklagten einen Proze� innerhalb einer angemessenen Frist garantiert. Die Aufrechterhaltung der U-Haft �ber einen derart langen Zeitraum ist nur gerechtfertigt, wenn konkrete und zwingende Indizien dies im Interesse der �ffentlichen Sicherheit rechtfertigen, w�hrend die BRD-Beh�rden seinerzeit lediglich plausible Verdachtsmomente zur Begr�ndung heranzogen. Wir erinnern an dieser Stelle an die rechtsstaatlichen Gepflogenheiten hohnsprechende, skandal�s lange U-Haft der im Berliner Schauproze� gegen die Revolution�ren Zellen angeklagten Aktivisten.
In Jerusalem randalierten zionistische Juden vor dem Haus des belgischen Botschafters Leo Dass. Die j�dischen Faschisten warfen Fenster ein und beschmierten die Hauswand mit Parolen wie "Judenhasser raus" und "Nazis raus". Den Ruf des Nazis handelte sich Dass durch die Tatsache ein, da� eine belgische Staatsanwaltschaft sich �ber den Holocaust-Kredit Israels hinwegsetzte und gegen den israelischen Premierminister Ariel Sharon Vorermittlungen betreffs seiner Verantwortung f�r ein Massaker im Libanon einleitete. Im Jahre 1982 massakrierten mit logistischer Unterst�tzung Israels libanesische Christenmilizen in den Lagern Sabra und Shatila bei Beirut 1500 pal�stinensische Fl�chtlinge. Die Vorermittlungen sind �brigens auch Anla� daf�r, da� der in der BRD mit allen Ehren empfangene Kriegsverbrecher Sharon seinen Mitteleuropabesuch nicht wie geplant zur EU nach Br�ssel fortsetzte - ihm k�nnte ein Haftbefehl drohen.
Nach z�hen Verhandlungen zwischen den diversen politischen Parteien in Nordirland sowie den Regierungschefs von Gro�britannien und Irland gab David Trimble, Vorsitzender der Ulster Unionist Party und First Minister der Regionalregierung, seinen R�cktritt bekannt. Zuvor lehnte die IRA unter Hinweis auf die Nichterf�llung der britischen Entmilitarisierungsverpflichtungen und die unzureichende Polizeireform erneut ihre Entwaffnung ab. Zudem wiesen Republikaner darauf hin, da� von einer Entwaffnung protestantischer Milizion�re bislang nicht einmal die Rede war. Binnen von 6 Wochen mu� nun eine Verhandlungsl�sung bzw. ein neuer Regierungschef gefunden werden, ansonsten drohen die Suspendierung der nordirischen Selbstverwaltung oder Neuwahlen, die angesichts der verheerenden Umfragewerte f�r die UUP wohl mit einem Erdrutschsieg der radikalen Kr�fte auf protestantischer wie katholischer Seite enden w�rden. Genau das ist das Kalk�l Sinn F�ins und der IRA: Etablieren sie sich als eindeutig st�rkste Kraft im katholisch-irischen Lager, kann die republikanische Bewegung nicht mehr �bergangen werden. Genau um dieses zu verhindern, hat sich S�amus Mallon von der gem��igten SDLP, dem Sprachrohr der prosperierenden katholischen Mittelklasse, erstmals f�r einen Ausschlu� Sinn F�ins aus der Mehrparteienregierung ausgesprochen. Die nordirischen Regierungsgesch�fte f�hrt zur Zeit Handelsminister Reg Empey von der UUP. Die loyalistische Ulster Defence Association UDA erkl�rte, das Karfreitagsabkommen von 1998 habe in ihren Reihen nur noch minimalen R�ckhalt, bekannte sich aber erneut zu einer friedlichen L�sung des Konfliktes. Demgegen�ber erneuerte die radikale Loyalist Volunteer Force LVF ihre Drohungen gegen die katholische Bev�lkerungsgruppe. Seit dem Karfreitagsabkommen haben weder loyalistische noch republikanische Paramilit�rs auch nur eine einzige Patrone abgegeben, wenn wir einmal von den unbrauchbaren Schie�pr�geln absehen, welche die immer zu einem makabren Scherz aufgelegte LVF seinerzeit aush�ndigte.
In Antrim wurde der 19j�hrige Katholik Ciaran Cummings auf dem Weg zur Arbeit von einem Kommando der loyalistischen Red Hand Defenders, bekanntlich einer Tarnorganisation von UDA und LVF, auf offener Stra�e erschossen. Nordirlands demissionierter Regierungschef Trimble besa� die Stirn, zu erkl�ren, der Mord sei auf Streitigkeiten im Drogenmilieu zur�ckzuf�hren und von der IRA ver�bt worden. Ein Sturm der Entr�stung ging durch die Unruheprovinz, und selbst die probritische Polizei kritisierte den ehemaligen First Minister. Zu Trimbles Blamage stellte sich heraus, da� Cummings erschossen wurde, weil er und andere Katholiken sich dagegen verwahrten, da� Flaggen der loyalistischen Terrororganisation LVF in der N�he ihrer H�user gehi�t wurden.
Anl��lich einer Parade des monarchistisch-reaktion�ren Orange Order in West Belfast kam es zu Zusammenst��en zwischen aufgebrachten Katholiken und protestantischen Loyalisten, als die freimaurerischen Anh�nger der britischen Kolonialherrschaft in Nordirland unter dem Schutz von Polizeieinheiten und Milit�r durch die katholische Springfield Road marschierten. Eine drohende Eskalation wurde durch das Eingreifen von IRA-Einheiten verhindert, welche die katholische Menge im Zaum hielten. F�r den nun einsetzenden H�hepunkt der orangistischen marching season lieh die Kolonialmacht England sich Wasserwerfer aus Belgien. Seit Jahresbeginn kam es in Nordirland zu 97 Bombenanschl�gen und Dutzenden von Feuer�berf�llen, zumeist gegen die katholische Bev�lkerungsgruppe gerichtet. Selbst in hochurbanisierten Regionen wie North Belfast streben loyalistische Mobs die ethnische S�uberung bestimmter Stadtviertel von Katholiken an. Um wie angek�ndigt gegebenenfalls den aktiven Schutz katholischer Viertel zu �bernehmen, hat die linksnationalistische Irish National Liberation Army INLA mit Neurekrutierungen begonnen. Den Sicherheitskr�ften zufolge sind bei allen nordirischen Milizen - auch der IRA - Kriegsvorbereitungen mit Waffenk�ufen und Geldbeschaffungsaktionen zu erkennen. Seit Jahresbeginn haben ferner die paramilit�rischen Bestrafungsaktionen gegen Kriminelle und Asoziale um 40 % zugenommen, da sich die nordirische Kolonialpolizei weiterhin au�erstande zeigt, effektive Verbrechensbek�mpfung zu gew�hrleisten. Von 95 punishment shootings entfallen 66 auf Loyalisten und 29 auf Republikaner sowie von 85 Pr�gelattacken 49 auf Loyalisten und 36 auf Republikaner. Im Rahmen ihrer Aktion Direct Action Against Drugs DAAD liquidierte die IRA innerhalb von 18 Monaten insgesamt 8 mutma�liche Drogenh�ndler.
Die �sterreichische Aktion EU-Austritt legte dem Parlament in Wien Listen mit 193.000 Unterschriften vor, womit die "Volksvertreter" gezwungen sind, die Frage eines EU-Austrittes zu diskutieren. Die Mitte-Rechts-Regierung aus �VP und FP� ist jedoch nicht verpflichtet, eine Volksabstimmung anzusetzen. Da auch die FP� trotz aller gro�m�uligen Haider-Rhetorik fest auf dem Boden der Westintegration steht, ist kaum mit einem Referendum zu rechnen. F�r diesen Fall haben die bekannten EU-Kritiker Professor Schachtschneider aus Erlangen und Professor Bader aus �sterreich angek�ndigt, eine Klage vor dem �sterreichischen Verfassungsgericht einzureichen. Zur Begr�ndung hie� es, eigentlicher Souver�n sei das Volk, und die Abgeordneten seien lediglich dessen Diener. Die Aktion EU-Austritt erkl�rte, die Zustimmung der �sterreicher zum EU-Beitritt 1994 sei nur durch "unglaubliche Gehirnw�sche und eine L�genkampagne der Regierung" erreicht worden. Nach 7 Jahren habe das �sterreichische Volk erkannt, was es bedeute, ein Mitglied "dieser EU-Diktatur" zu sein: "Wir haben unsere W�hrung, unsere Neutralit�t und unsere Souver�nit�t verloren. Die legalisierte Mafia in Br�ssel zerst�rt unsere Landwirtschaft, unsere Identit�t und unsere Lebensqualit�t." Umfrageergebnissen zufolge lehnen bis zu 70 % der �sterreicher den weiteren Verbleib in der EU ab.
Auf der 6. Jahres-Europa-Tagung des Weltwirtschaftsforums in Salzburg kam es trotz rigider Sicherheitsvorkehrungen in �sterreich und Bayern zu Zusammenst��en zwischen Globalisierungsgegnern und den Sicherheitskr�ften. Die Polizei inhaftierte mindestens 5 Gegendemonstranten; bereits an den Grenzen wurde 39 Globalisierungsgegnern die Einreise verweigert. Bis zu 900 Demonstranten mu�ten stundenlang in einem Polizeikessel ausharren, ehe man sie in einen Sonderzug trieb und nach Wien deportierte. F�r die Dauer der Konferenz von 15 Staats- und Regierungschefs, 40 Ministern und 660 Wirtschaftsfunktion�ren setzte die Mitte-Rechts-Regierung aus �VP und FP� das Schengener Abkommen au�er Kraft. Schwerpunkte der Tagung waren die EU-Osterweiterung und die sich zuspitzende Lage in Mazedonien.
Rund 100 Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace besetzten in einer von der gleichgeschalteten BRD-Presse gr��tenteils totgeschwiegenen Aktion die ber�chtigte US-Abh�ranlage Menwith Hill im britischen Yorkshire. Von Menwith Hill aus wird derzeit vor allem die europ�ische Kommunikation per Satellit, Fax und Internet �berwacht. F�r die amerikanischen Raketenabwehrpl�ne sind die �berwachungseinrichtungen jedoch von entscheidender Bedeutung. Greenpeace wollte durch die Besetzung Druck auf die britische Regierung aus�ben, deren Zustimmung f�r die Nutzung von Menwith Hill durch die Amerikaner erforderlich ist, und auf die internationalen Gefahren aufmerksam machen, die durch Missile Defence heraufbeschworen werden.
Das Europaparlament verabschiedete den Bericht des Echelon-Untersuchungsausschusses, der vor allem hinsichtlich des Punktes Wirtschaftsspionage versch�rft wurde. Zudem zeigten die Abgeordneten sich unangenehm �berrascht, da� eine Reihe hochgestellter EU-Funktion�re beharrlich behaupteten, ihnen w�re kein Echelon-System bekannt. Vor allem die BRD und Gro�britannien wurden aufgefordert, weitere �berwachungsaktivit�ten der Amerikaner von ihrem Territorium von der Einhaltung der Europ�ischen Menschenrechtskonvention abh�ngig zu machen. Das EU-Parlament forderte die Einrichtung einer effektiven parlamentarischen Kontrolle �ber die nachrichtendienstlichen Aktivit�ten der EU-Staaten. Maurizio Turco von den italienischen Radikalen wies in einem Minderheitenvotum darauf hin, da� auch die BRD, die Niederlande und Frankreich die F�higkeit besitzen, "�ber eine Suchmaschine systematisch und per Zufall abgeh�rte Kommunikation zu filtern". Der Italiener forderte gar Sanktionen gegen Gro�britannien, dessen Geheimdienste eng mit den Amerikanern zusammenarbeiten. Eine Reihe von gr�nen Europaabgeordneten wie Ilka Schr�der nannte den Echelon-Bericht heuchlerisch, da es weltweit kein Beispiel f�r eine funktionierende Kontrolle von Geheimdiensten gebe. Au�erdem schweige der Echelon-Bericht �ber die geheimdienstlichen Planungen der EU (Enfopol, Europol).
Der von der serbischen Regierung widerrechtlich an das Haager Kriegsverbrechertribunal ausgelieferte jugoslawische Expr�sident Slobodan Milosevic bereitet sich auf einen Schauproze� vor. Milosevic wies seine Anw�lte an, die Verteidigung auf einen "politischen Proze�" auszurichten, um sich dann �berraschend selbst zu verteidigen. Das Haager Tribunal ist bestrebt, die Anklage um Kriegsverbrechen in Kroatien und Bosnien zu erweitern. Bei seiner ersten Vorf�hrung sprach Milosevic dem Gericht jegliche Legalit�t ab und lehnte eine Verteidigung gegen die erhobenen Vorw�rfe ab. Kritische Beobachter rechnen mit einem jahrelangen Verfahren - es gibt faktisch keinerlei dokumentarischen Beweise gegen den Angeklagten. Zudem ist angesichts der massiven Vorverurteilung Milosevics in den westlichen Medien wohl kaum von einem unvoreingenommenen Gericht auszugehen. Das US-Au�enministerium und die Bundesregierung in Berlin fordern nunmehr auch die Auslieferung der bosnischen Serbenf�hrer Radovan Karadzic und Ratko Mladic sowie des serbischen Staatsoberhauptes Milan Mulatinovic.
In Mazedonien mehren sich die Anzeichen, da� die albanischen Freisch�rler zum Mittel der ethnischen S�uberung �bergehen. In Nordmazedonien wurden die slawischen Ortschaften Otunje, Varvara, Setloe und Brezno von UCK-Einheiten besetzt. Die slawische Bev�lkerung mu�te die Gegend verlassen. Umgekehrt regt sich auf mazedonischer Seite die noch diffuse Organisation Paramilit�r 2000, die Tendenzen zur Vertreibung der Albaner aus mehrheitlich slawischen Gebieten zeigt. Obwohl die endlose Reihe der Waffenstillstandsabkommen um eine weitere Waffenruhe erweitert wurde, gingen die Kampfhandlungen unvermindert weiter. Mittlerweile haben die Kampfhandlungen mehr als 100.000 Menschen bewogen, ihren Wohnort zu verlassen. Darunter befinden sich alleine 30.000 Albaner aus der Landeshauptstadt Skopje.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Willy Wimmer, einer der wenigen wirklich kritischen K�pfe auf den B�nken des Bundestages, verbreitete sich im "Hamburger Abendblatt" �ber die Lage auf dem Balkan und die obskure Politik der USA: "Der Bundestag wurde vor zwei Jahren mit Falschinformationen �berrollt, ja fast gen�tigt, die Entscheidung f�r den Krieg zu treffen." Zur Lage in Mazedonien hie� es: "Die Lage ist sicherlich anders. Sie ist aber insofern vergleichbar, da� auch hier die Amerikaner ihre eigenen Interessen verfolgen. So wurden die albanischen Rebellen in Mazedonien mit Hilfe amerikanischer Berater mit Waffen ausgestattet - und das unter den Augen der NATO im Kosovo! Das ist ein St�ck aus dem Tollhaus. Da wundert mich nicht, dass die Amerikaner sich selbst bis dato nicht an einem Einsatz in Mazedonien beteiligen wollen. Denn dann m�ssten sie notfalls auf ihre eigenen Leute schie�en. Schon in Kroatien wurden �brigens diese amerikanischen Sicherheitsfirmen aus ausgeliehenem oder pensioniertem Pentagon-Personal eingesetzt. Sie haben die Kroaten bewaffnet und die kroatischen Angriffe initiiert. (...) Bei uns gibt es eine Neigung, die au�enpolitische Verantwortung am Kleiderst�nder der NATO abzugeben. Wir sind aber eine parlamentarische Demokratie. Und zu der geh�rt, dass wir unsere nationale Verantwortung selber wahrnehmen m�ssen, bevor wir uns der Zwangsl�ufigkeit internationaler Strukturen aussetzen. Vor einigen Wochen hat Bundesverteidigungsminister Scharping sehr zutreffend festgestellt, da� es kein Land in der NATO gibt, das so stark in die Mechanismen der Allianz eingebunden ist wie Deutschland. Daf�r gibt es aber keinen Grund. Wir leben nicht in einer Sondersituation. Deshalb darf es f�r Deutschland auch keine Sondergr�nde geben. Alle Entscheidungen �ber die Bundeswehr m�ssen vor dem Hintergrund unserer nationalen Interessen getroffen werden. Dazu geh�rt auch eine gute Zusammenarbeit mit der NATO. Dazu geh�rt aber nicht, da� wir in Konflikte gezogen werden, die im Interesse Dritter sind." Zur PDS-Klage gegen den neuen NATO-Vertrag: "In Karlsruhe geht es um die Frage, ob sich der Charakter der NATO in den letzten Jahren so ver�ndert hat, da� sich das Verteidigungsb�ndnis in ein Instrument zur Durchsetzung weltweiter Interessen Dritter verwandelt. Ich bef�rchte, diese Entwicklung ist tats�chlich eingetreten. Es gibt zwar eine Zustimmung zur NATO. Aber der Bundestag stimmte seinerzeit nur unter dem Verteidigungsgesichtspunkt und unter strikter Anbindung an die Charta der Vereinten Nationen dem NATO-Vertrag zu."
Einer Studie der Uni Hamburg zufolge leidet jedes f�nfte Kind in der BRD unter schweren psychischen Sch�den. 20 % der 4- bis 18-J�hrigen leiden unter Schlaflosigkeit, M�digkeit, Stimmungsschwankungen, Kopf- und Magenschmerzen sowie unter Angstzust�nden; und das in einem derartigen Ma�e, da� medizinische Hilfe geboten ist. Betroffen sind nicht nur Schl�sselkinder, sondern auch die Spr��linge intakter Familien - Indikator f�r eine durch und durch kranke Gesellschaft. Erschreckende 4,1 % des Nachwuchses leiden unter autoaggressiven Tendenzen oder haben bereits einen Suizidversuch hinter sich; weitere 4,9 % tragen sich mit Selbstmordgedanken. Nicht einmal in jedem 8. dieser F�lle ahnen die Eltern �berhaupt, was in ihren Kindern vorgeht. F�r die bundesweit 20 Millionen Kinder und Jugendlichen gibt es gerade einmal 450 niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater - erforderlich w�ren mindestens 1500. Die Wartezeiten f�r eine psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen liegen bei bis zu einem Jahr. Auf elterliches Verst�ndnis wartet die Jugend vergebens. Bei einer weiteren Umfrage stellten sich 36 % der Erwachsenen hinter die Positionen der erzreaktion�ren Kanzlergattin Doris Schr�der-Kopf, wonach man dem Nachwuchs wieder traditionelle Werte wie Ordnung, Flei� und Pflichterf�llung eintrichtern solle.
Im autonomen spanischen Baskenland haben die beiden gem��igt-nationalistischen Parteien PNV und EA ein Abkommen �ber die Bildung eines tolerierten PNV-Minderheitskabinetts in der Region unterzeichnet. Sie nominierten den bisherigen Regierungschef Juan Jos� Ibarretxe erneut f�r dieses Amt. Beide Parteien erkl�rten die Beendigung des Terrors der Untergrundorganisation ETA zur "absoluten Priorit�t" und stellten ein Referendum �ber die Selbstbestimmung des Baskenlands in Aussicht.
Von der "kritischen �ffentlichkeit" weitgehend unbeachtet ging die Regierungsvorlage der Verordnung zur �berwachung der Telekommunikation TK�V in die Bundestagsanh�rung. Alle Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sollen verpflichtet werden, Polizei und Staatsanwaltschaften bei der �berwachung zu unterst�tzen. Die hierf�r erforderlichen technischen und logistischen Ma�nahmen sind von den Unternehmen selbst zu finanzieren, was letzten Endes der Konsument zu tragen hat. Vor allem die Verb�nde der IT-Branche fordern als Alternative, �berwachungsma�nahmen direkt bei verd�chtigen Internet-Nutzern anzusetzen. Offensichtlich besteht bei den Providern die Bereitschaft, die Kunden selbstt�tig auszuspionieren und Verd�chtige dem Sicherheitsapparat zu melden.
In der "Berliner Zeitung" besch�ftigt sich Wolfang Fuhrmann mit der "Kultur der Entschuldigung": "Der Papst entschuldigt sich bei den Opfern der Inquisition und bei den Juden, der amerikanische Pr�sident bei den amerikanischen Ureinwohnern, die australische Regierung bei den Aborigines. Die Ereignisse, f�r die da Schuld einbekannt wird, liegen oft viele Jahrhunderte zur�ck, an den durch das Unrecht entstandenen Verh�ltnissen �ndert sich nichts mehr. Welchen Wert hat dann eine Entschuldigung? Das Wort suggeriert ja, dass man sich ent-schuldigt, von der Schuld befreit, und sein allt�glicher Sprachgebrauch legt nahe, da� man sich dabei pers�nlichen Vergehens gar nicht bewusst sein mu�. (...) Da� zwischen Absicht und Versehen unterschieden werden mu�, versteht sich durchaus nicht von selbst; es war eine gro�e Leistung mittelalterlicher Philosophie, als Petrus Abaelardus in seiner Ethica die Bedeutung der inneren Zustimmung zum �u�eren Handeln entdeckte. Das ging der Kirche �brigens gegen den Strich, die Schrift wurde verboten. Auch daf�r k�nnte sich der Papst mal entschuldigen. Und warum entschuldigen sich nicht auch die Nationalstaaten f�r die Vergehen der Inquisition, die ja durch den weltlichen Arm exekutiert wurden? Sollte sich Silvio Berlusconi nicht entschuldigen f�r den r�mischen Justizmord an einem gewissen Jesus von Nazareth? Wer entschuldigt sich f�r den Eroberungsfeldzug, durch den das Gelobte Land freiger�umt wurde? Im n�rdlichen Kanaan etwa erschlugen Israels Krieger 'alle Menschen mit der Sch�rfe des Schwerts, bis sie vertilgt waren, und lie�en nichts �brig, was Odem hat', Buch Josua, 11, 14. Entschuldigungen kosten nicht viel. Sie sind symbolische Gesten. Und das gilt auch, wenn das Unrecht noch in das Ged�chtnis der Lebenden zur�ckreicht. Interessanterweise rufen in der Diskussion �ber die PDS-Erkl�rung zum Mauerbau diejenigen am lautesten nach einer Entschuldigung, die aus dem Westen kommen. Die Stimmen jener im Osten, die unter der Mauer litten oder an ihr geliebte Menschen verloren, h�rt man kaum. Denn bei diesen k�me die Forderung nach einer Entschuldigung ja auch einem Vers�hnungsangebot gleich. Die PDS verweigert sich einer selbstgerechten Selbstentschuldung. Sie verweigert sich auch dem lautstarken Pochen auf Entschuldigung, das gar keine Vers�hnung will. Ihre Erkl�rung ist historisch differenziert, sie findet deutliche Worte. Sie ist gewi� problematisch, aber sie wischt die Dinge nicht vom Tisch. Vielen wird sie nicht weit genug gehen. Vielen, auch in der Partei, geht sie sicherlich zu weit. Jedenfalls verdient, was in diesem Text steht, weit mehr Aufmerksamkeit als das, was nicht darin steht."