Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 16. bis 22. Juni 2001
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Wenn ich in die Hölle komme, habe ich bestimmt jede Menge Gesellschaft." |
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Timothy McVeigh
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Der spanische Außenminister Piqué soll beim jüngsten Besuch des US-Präsidenten Bush in Madrid eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit vereinbart haben. Washington wird den Spaniern Informationen über die baskische Befreiungsorganisation ETA zukommen lassen, die mit Hilfe des Abhörsystems Echelon gewonnen wurden. Ein weiteres Indiz dafür, daß Echelon sehr wohl imstande ist, auch die einfachen Staatsbürger anderer Länder zu überwachen. Pikanterweise wurden kürzlich fünf Mitarbeiter des spanischen Geheimdienstes Cesid zu Haftstrafen verurteilt, weil sie massiv gegen die Telekommunikationsgesetze verstießen und eigenmächtig in der Privatsphäre von Verdächtigen herumschnüffelten - die Drecksarbeit wird nun die vor der spanischen Justiz geschützte NSA übernehmen.
Reinhard Bütikofer als Parlamentarischer Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion kritisierte die Erklärung des PDS-Bundesgeschäftsführers Bartsch, die PDS sei die Partei der Einheit. In Wirklichkeit sei die PDS eine in sich gespaltene Partei, bei der noch lange nicht entschieden sei, ob sie "im Deutschland der Gegenwart" ankommen wolle. Wir stellen hierzu fest: Die Verantwortung für die Teilung Nachkriegsdeutschlands lag eindeutig bei den westdeutschen Separatisten, die sämtliche Wiedervereinigungsmöglichkeiten auf dem Altar der Westintegration opferten und 1989/90 ihren Machtbereich kurzerhand durch den Anschluß der DDR gen Osten ausdehnten. Zur Kritik Bütikofers an der Bemerkung Sahra Wagenknechts, die DDR sei demokratischer gewesen als die BRD von heute, stellen wir fest, daß in der BRD des frühen 21. Jahrhunderts garantiert mehr Menschen aus politischen Gründen inhaftiert sind als in der Deutschen Demokratischen Republik der 80er Jahre. Im übrigen beweist ein einziger Umstand bereits, daß die BRD über den wesentlich effektiveren und ausgefeilteren Medien- und Repressionsapparat verfügt: Sie existiert trotz aller immanenten strukturellen Schwächen und Vorbehalten in der Bevölkerung immer noch.
Der EU-USA-Gipfel im schwedischen Göteborg wurde von den auf Veranstaltungen des Globalisierungskapitals und seiner regierenden Handlanger mittlerweile üblichen Krawallen begleitet. Zwischen zumeist linksgerichteten Demonstranten - einen effektiven Protest gegen Kapital und Globalisierung bekommt die weiterhin größtenteils reaktionären Ansichten verhaftete "Rechte" noch immer nicht auf die Reihe - und 1600 Polizeibeamten kam es zu heftigen Zusammenstößen, bei denen die Sicherheitskräfte von der Schußwaffe Gebrauch machten. Bei den Straßenkämpfen in Göteborg wurden insgesamt 567 Menschen festgenommen, unter ihnen auch eine Reihe von deutschen Globalisierungsgegnern. Es gab 77 Verletzte, darunter 20 Polizeibeamte und 3 angeschossene Demonstranten. USA und EU sprachen sich dafür aus, im November in Katar eine erneute Liberalisierungsrunde für den Welthandel einzuleiten. Den Entwicklungsländern wird man durch den Abbau protektionistischer Maßnahmen in Landwirtschaft und Industrie entgegenkommen, damit sich daselbst die korrupte Herrschaftselite aus Kompradorenkapital und transnationalen Konzernen durch Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung zu Exportzwecken auch ein Stück vom großen Kuchen nehmen kann. Mit Entschiedenheit verhinderte Bush ein zaghaftes Anfragen der EU, ob sie nicht eine größere Rolle bei der Vermittlung im Nahen Osten spielen könne. Die EU-Gewaltigen beschlossen zudem, die Osterweiterung trotz der Ablehnung des Nizza-Vertrages durch die irische Bevölkerung weiter voranzutreiben. Ferner vereinbarten die Staats- und Regierungschefs, das Prinzip der Nachhaltigkeit zur Grundlage der Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik zu machen. Die Erfüllung der Bedürfnisse der jetzigen Generation dürfe die Befriedigung der Bedürfnisse künftiger Generationen nicht beeinträchtigen, hieß es im Kommunique. Bio-Landwirtschaft und Schienenverkehr sollen mehr Förderung erhalten. In der gemeinsamen Agrarpolitik solle "mehr Gewicht auf die Förderung gesunder, qualitativ hochwertiger Erzeugnisse, ökologisch nachhaltige Produktionsmethoden und den Schutz der biologischen Vielfalt gelegt werden". Italiens Ministerpräsident Berlusconi wurde von seinen EU-Kollegen zur Vernunft gebracht und stellte sich wieder auf den Boden des Klimaschutzabkommens von Kyoto. Das Spektakel kostete den schwedischen Steuerzahler umgerechnet 32 Millionen DM.
Im Anschluß an den Gipfel forderten Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und sein französischer Amtskollege Daniel Vaillant eine baldige Sonderkonferenz der Innen- und Justizminister der EU, um über Maßnahmen gegen politische Gegner der Globalisierung zu beraten. Deren Widerstand wurde pauschal als "grenzüberschreitende extremistische Gewaltkriminalität" und "schwerkrimineller Anschlag" kriminalisiert. Nicht kriminell sind also milliardenfache Ausbeutung, Hunger und Elend, Umweltzerstörung, Raubbau an der Zukunft der Menschheit, Stellvertreter-"Bürgerkriege" um knallharte ökonomische Interessen sowie globales Sozialdumping. Da kann man eigentlich nur noch Kommunist werden. Die Frage sei gestattet, ob Globalisierungskritik überhaupt ohne die Kette von Krawallen von Seattle bis Göteborg von der manipulierten Öffentlichkeit wahrgenommen worden wäre. Da oben angeschnittene Zustände bislang nicht von Adam Smiths wundersamer "invisible hand" korrigiert wurden, reichen wohl bald selbst Argumente von der Härte eines Pflastersteines nicht mehr aus. Namentlich das Bundesinnenministerium forderte wieder einmal die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung politischer Gegner der bürgerlichen Demokratie. Als Vorbild dient das Sicherheitskonzept gegen Fußballrandalierer bei der EM von 2000 mit Ausreiseverboten, Verdächtigenkarteien und polizeilich-nachrichtendienstlichem Informationsaustausch. Das spanische Innenministerium spielt mit dem Gedanken, anläßlich der 2002 in Barcelona und Sevilla anstehenden EU-Gipfeln, die Grenzen vollkommen zu schließen und das Schengener Abkommen vorübergehend außer Kraft zu setzen.
Zu Krawallen kam es an diesem unruhigen Wochenende auch in mehreren bundesdeutschen Städten. Anläßlich einer NPD-Kundgebung in Göttingen lieferten sich bis zu 300 Autonome Straßenschlachten mit der Polizei, die 125 Festnahmen meldete. Rund 100 linksgerichtete Gegendemonstranten wurden Opfer eines Polizeikessels. In Dresden kam es anläßlich des Stadtteilfestes "Bunte Republik Neustadt" zu schweren Zusammenstößen zwischen 3-400 zumeist jugendlichen Randalierern und der Polizei. Bei den zweitägigen Unruhen wurden 64 Autonome verhaftet, die Polizei verzeichnete 12 Verletzte. Zu einem Zusammenstoß zwischen Linksextremisten und der Polizei kam es auch in Leipzig. An den Göteborger Antiglobalisierungsprotesten nahmen ca. 250 Autonome aus der BRD teil. Eine Gruppe von 120 Personen aus Hamburg und Rostock wurde unterwegs von den schwedischen Sicherheitskräften aufgegriffen und 11 Stunden lang auf dem Gelände einer Militärkaserne festgehalten, ehe sie wieder nach Hause geschickt wurde. Als Reiseveranstalter firmierte die SAV. In Berlin waren die sattsam bekannte AAB und das Kreuzberger Köpi in die organisatorischen Vorbereitungen verwickelt. Unter den durch Polizeischüsse in Göteborg Verletzten befindet sich ebenfalls ein bundesdeutscher Staatsbürger.
Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Newsweek" besitzen die Vereinigten Staaten 5400 Langstreckenraketen sowie 1750 Atombomben und Marschflugkörper, die von B-2 und B-52-Jagdflugzeugen sofort abgeschossen werden könnten. Zudem gebe es 1670 taktische Atomwaffen und weitere 10 000 Sprengköpfe, die in Bunkern landesweit gelagert seien. Derzeit laufen übrigens Gerüchte um, nach denen die USA ihr Atomtestmoratorium aufkündigen und den Vertrag zur Ächtung bakteriologischer Waffen nicht unterzeichnen werden.
Die PDS-Bundestagsfraktion reichte vor dem Bundesverfassungsgericht Organklage gegen die Billigung des neuen NATO-Konzeptes vom April 1999 durch die Bundesregierung ein. Außenminister Joseph Fischer argumentierte, die neuen NATO-Beschlüsse seien weder ein Vertrag oder eine Vertragsänderung, sondern ein nicht der Zustimmung der Volksvertretung bedürfendes politisches Dokument. Zudem sei die neue NATO-Strategie nicht von den Staats- und Regierungschefs unterschrieben worden - offenbar gibt es andere Interessengruppen, die für die Einhaltung der Beschlüsse Sorge tragen. Das neue strategische Konzept der NATO sieht Eingriffe in Krisengebieten außerhalb des eigentlichen Bündnisgebietes vor. Hauptzweck des Nordatlantikpaktes ist es weiterhin, die Sicherheit der Bündnispartner zu gewährleisten, was nicht unbedingt mit "Krisenreaktionen" kollidiert. Ein zu weitgehendes Mitspracherecht der Volksvertretung schränkt laut Fischer den Spielraum der Regierung dramatisch ein und gefährde die Berechenbarkeit bundesdeutscher Außenpolitik. Die PDS lehnt die berüchtigten "friedensstiftenden Maßnahmen" der NATO nicht etwa ab, sondern will sie fallweise durch den Bundestag genehmigen lassen. Alle übrigen Fraktionen von den Grünen bis zur CSU sahen ihre Mitspracherechte nicht verletzt. Mit einer Entscheidung Karlsruhes ist im Herbst zu rechnen.
Die belgische Justiz hat gegen den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon Vorermittlungen wegen Kriegsverbrechen aufgenommen. Eine Gruppe von 28 Überlebenden des von libanesischen Christenmilizen verübten Massakers in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Shatila bei Beirut legte einem belgischen Untersuchungsrichter einen entsprechenden Antrag vor. Das Strafgesetzbuch Belgiens ermöglicht auch die Aburteilung von im Ausland durch Ausländer begangenen Kriegsverbrechen. Als Kriegsminister trug Sharon die Verantwortung für die logistische Unterstützung des 1982 an mehr als 1000 Wehrlosen verübten Massakers durch die israelische Armee - schon damals mußte er infolge heftiger Kritik durch eine israelische Untersuchungskommission seinen Sessel räumen. Als auch das belgische Fernsehen über Sharons Verwicklung in dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit berichtete, reagierte die israelische Regierung mit einem formellen Protest, nicht ohne die Antisemitismuskeule zu zücken.
Chris Hudson, aus der irischen Gewerkschaftsbewegung kommender Vermittler zwischen der irischen Regierung und der loyalistischen Miliz Ulster Volunteer Force, meldete sich angesichts von Forderungen aus Sicherheitskreisen nach Entwaffnung auch der Protestanten zu Wort. Dublin habe seit besorgniserregenden zwei Jahren keinerlei Fühlung mehr zur UVF unterhalten. Die Unruhe wuchs, seitdem Sicherheitskräfte in North Belfast beinahe eine halbe Tonne Sprengstoff bei der UVF sicherstellten, die für einen monströsen Sprengsatz ausgereicht hätte. UDA und UVF entwickeln mittlerweile Anziehungskräfte auf die kleineren Loyalistenmilizen: Während das Red Hand Commando sich der UVF angeschlossen hat, scheint die mit der UVF verfeindete Loyalist Volunteer Force Unterschlupf bei der UDA gefunden zu haben. Zudem hat der von den Loyalisten im Oktober 1994 verkündete Waffenstillstand nichts mit der Waffenruhe der IRA zu tun, sondern mit dem gesicherten Verbleib Nordirlands bei Großbritannien. Sollte dieser wie beispielsweise durch die demographische Entwicklung oder das immer größere Gewicht Sinn Féins infrage gestellt sein, ist eine Rückkehr zur Gewalt möglich.
Gerry Adams als Parteichef Sinn Féins verkündete in Belfast, die IRA werde nicht wie verlangt bis zum 1. Juli die Abgabe ihrer Waffen einleiten, und pochte auf die Einhaltung der britischen Entmilitarisierungsverpflichtungen. Damit hat die republikanische Bewegung das entsprechende Ultimatum des nordirischen Regierungschefs Trimble zurückgewiesen. Sollte die IRA bis zum genannten Termin nicht Entwaffnungsmaßnahmen ergriffen haben, ist mit dem Rücktritt Trimbles, mit dem möglichen Ende der nordirischen Selbstverwaltung und mit einer Eskalation der Spannungen zu rechnen.
Alle Jahre wieder: Die marching season sorgt in Nordirland für erhitzte Gemüter. In North Belfast kam es zwischen Protestanten und Katholiken zu mehrtägigen Zusammenstößen. Bei den Unruhen, den schwersten seit 1998, wurden bis zu 63 Polizeibeamte und eine unbekannte Zahl von Randalierern verletzt. Sowohl republikanische wie loyalistische Paramilitärs griffen in die Straßenschlachten ein und lieferten sich Feuergefechte mit der Kolonialpolizei RUC. UVF, UDA und jugendliche Protestanten verwickelten die RUC und das Militär zur nicht geringen Schadenfreude katholischer Beobachter in heftige Straßenkämpfe, bei denen die Sicherheitskräfte sogar mit Rohrbomben angegangen wurden. Haßerfüllte Loyalisten sollen gar einen mit verletzten Polizeibeamten belegten Krankenwagen mit Molotowcocktails angegriffen haben. Die Bewohner des katholischen Ardoyne-Viertels, die sich nicht zu Unrecht an die Endsechziger erinnert fühlten, schlugen mehrfach Angriffe von Loyalisten und Polizei auf ihre Wohngegend zurück. Im Umfeld der Krawalle wurde auch Billy Hutchinson, Abgeordneter der UVF-nahen Progressive Unionist Party, von Polizisten angegriffen und zusammengeschlagen. Ferner kam es zu wechselseitigen Rohr- und Brandbombenanschlägen auf protestantische und katholische Wohnhäuser. Auslöser der Unruhen waren Übergriffe der UDA auf katholische Grundschüler. Im für loyalistische Gewalt berüchtigten Larne verübte wahrscheinlich die Ulster Defence Association einen Bombenanschlag auf das Haus eines SDLP-Stadtrates. Auf die wachsenden Spannungen reagierte die britische Regierung mit der Entsendung von 1500 zustätzlichen Soldaten nach Nordirland, was die Zahl der Besatzungstruppen auf 15.000 Mann erhöht.
Erstmals in der Berliner Nachkriegsgeschichte wurde ein Regierender Bürgermeister durch ein konstruktives Mißtrauensvotum gestürzt. Der CDU-Mann Eberhard Diepgen hoffte bis zuletzt auf Überläufer aus der SPD, wurde aber mit 87 Stimmen abgewählt. Da die Mehrheit der Linkskoalition von SPD, Grünen und PDS bei 92 Abgeordneten liegt, löckten 5 Abgeordnete wohl von SPD und Grünen wider den Stachel. Neuer Regierender Bürgermeister ist nun der Sozialdemokrat Klaus Wowereit, der mit 89 gegen 78 Stimmen bei 2 Enthaltungen gewählt wurde. Der neue rosa-grüne Senat ist auf die Tolerierung durch die PDS angewiesen, die sich begründete Hoffnungen machen kann, nach den im Herbst anstehenden Neuwahlen in die Landesregierung aufzurücken. Auch in Sachsen-Anhalt hat die PDS sich dafür entschieden, nach den nächsten Landtagswahlen eine direkte Koalition mit der SPD anzustreben. Konrad Weiß, Begründer der nach der Annexion der DDR in den Grünen aufgegangenen Bürgerbewegung Bündnis 90, erklärte angesichts der in seinen Augen unheiligen Allianz in Berlin den Parteiaustritt.
Das ungarische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, welches den im Ausland lebenden Ungarn umfangreiche Sonderrechte einräumt. Die Vorlage garantiert ungarischstämmigen Bewohnern der Nachbarstaaten ein dreimonatiges Aufenthaltsrecht sowie Sozialversorgung, kostenlose Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Reisefreiheit. Profitieren werden die insgesamt 3,5 Millionen in Rumänien, der Slowakei, Jugoslawien, der Ukraine, Slowenien und Kroatien lebenden Ungarn. Die Zugehörigkeit zum Ungarntum wird künftig ein Nationalbürgerausweis bescheinigen. Für die Vergabe sind informelle Gremien in den Nachbarländern zuständig, vor denen sich Antragsteller zum Ungarntum bekennen und Sprachkenntnisse nachweisen müssen.
Die bulgarischen Parlamentswahlen endeten mit einem Sieg der Nationalen Bewegung des aus dem Exil heimgekehrten Exkönigs Simeon II. Mit 43.05 % der Stimmen ist die Nationale Bewegung aus dem Stand heraus zur stärksten politischen Kraft geworden und verfügt mit 121 Abgeordneten über eine knappe absolute Mehrheit im Parlament. Die bislang regierenden rechtsliberalen Vereinigten Demokratischen Kräfte ODS mußten sich mit 18,24 % geschlagen geben, die Sozialisten erreichten 17,35 %. Zu beachten ist ferner die Partei der türkischen Minderheit MRF, die rund 6,75 % der Stimmen erhielt. Zar Simeon II hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsieges das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen zu wollen. Nach offiziellen Angaben beträgt die Arbeitslosigkeit 18 %, während das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen bei umgerechnet 3400 DM im Jahr liegt. Da Zar Simeon nach seiner Rückkehr den Großteil der königlichen Besitzungen zurückerstattet erhielt, ist er einer der reichsten Männer des Landes.
Auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika ist am Sonntag der Journalist und Schriftsteller Nicolas Giudici ermordet aufgefunden worden. Von den Tätern fehlte zunächst jede Spur. Giudici hatte sich mehrfach kritisch mit der auf Korsika üblichen Vetternwirtschaft und Blutrache auseinander gesetzt und war bekannt als Gegner des Dialogs zwischen der Pariser Regierung und dem gemäßigten Flügel der korsischen Nationalisten.
Zum 60. Mal jährt sich der Jahrestag des deutschen Angriffes auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Wir halten vor allem zur "Präventivkriegsdiskussion" fest, daß die Wahrheit wieder einmal in der Mitte liegt. Sowohl Hitler als auch Stalin bereiteten in Osteuropa einen Angriff aufeinander vor - offensichtlich erkannte keine Seite das wahre Ausmaß der Vorbereitungen jenseits der Demarkationslinie. Beide Parteien waren von Anfang an gewillt, diesen Konflikt als einen weltanschaulichen Vernichtungskrieg zu führen - die gnadenlose Brutalität, mit der beide Militärmaschinerien von Anbeginn an kämpften, spricht Bände. Die Wehrmacht manövrierte sich, nicht zuletzt bedingt durch den hitleristischen Rassenwahn und die traditionelle Selbstüberschätzung deutscher Militärs gegenüber slawischen Gegnern in kürzester Zeit in eine Lage, in der den Befehlshabern der Einsatz von exzessivem Terror als einziger Ausweg erschien, um noch einen Sieg zu erringen. Zur schrittweisen Brutalisierung des deutschen Ostheeres sei an dieser Stelle die Studie "Hitlers Wehrmacht" aus der Feder des israelischen Militärpsychologen Omer Bartov, erschienen im Rowohlt-Verlag, empfohlen. Aufgrund überdehnter Fronten (die Vorräte und Transportmittel waren lächerlich gering bemessen!) hatten die deutschen Truppen weder genügend Ressourcen, um die hypertrophen Kriegsziele zu erreichen, noch genügend Soldaten zur wirkungsvollen Kontrolle der besetzten Gebiete. Die Versorgungslage zwang zur rücksichtslosen Beschlagnahme von Lebensmitteln zu Lasten der sowjetischen Zivilbevölkerung, hinzu kamen die Gewaltexzesse der Einsatzgruppen und auch von Wehrmachtseinheiten gegenüber Juden, Kommunisten und Kriegsgefangenen. Die deutschen Besatzer produzierten ihre Feinde teilweise selbst, da erst ihre gnadenlose Ausbeutungspolitik (Paradebeispiel ist die Ukraine) die Massen den Partisanen in die Arme trieb. Hierbei handelt es sich nur um eine Konsequenz des vom Hitlerismus eingeschlagenen Irrweges: Schon im März 1939 verließ das Dritte Reich durch die Besetzung der Rest-Tschechei das nationalstaatliche Prinzip und begab sich auf die Spuren des wilhelminischen Imperialismus - um weitaus katastrophaler als dieser zu enden.