Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 29. Dezember 2001 bis 4. Januar 2002

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Duhalde gewinnt Machtkampf in Argentinien

Neujahrsbotschaften von INLA und UDA

 

 

Zitat der Woche:
"Alle Versuche,... das Privateigentum zu versittlichen, müssen der Natur der Sache nach scheitern; sie enden in einem heuchlerisch verlogenen Gerede, das handfesten privaten Eigennutz nicht beschränkt, sondern nur verschleiert."
- Ernst Niekisch

Die durch die schwere Wirtschaftskrise ausgelösten Unruhen in Argentinien hielten an. Nachdem die aufgebrachte Menge das Kongressgebäude in Buenos Aires stürmte, bot die gerade erst ernannte neue Regierung Staatspräsident Rodríguez Saá ihren Rücktritt an. Nur wenige Tage nach dem über Ex-Wirtschaftsminister Cavallo wegen illegalen Waffenhandels und krummen Geschäften mit zur Umschuldung vorgesehenen Staatsanleihen verhängten Hausarrest berief Rodríguez Saá den für seine Korruption geradezu berüchtigten Carlos Grosso, ehemals Bürgermeister von Buenos Aires, zum Chefberater und löste einen nationalen Aufschrei aus. Im Rundfunk warnte der einflussreiche peronistische Parteifreund und Senator Eduardo Duhalde vor einem Bürgerkrieg. Als die Mehrheit der mächtigen peronistischen Provinzgouverneure ihm die Unterstützung verweigerte, reichte Rodríguez Saá seinen Rücktritt ein. Mit ihm ging der als Übergangspräsident vorgesehene Senatspräsident Ramón Puerta. Nach einem Intermezzo unter Eduardo Camano, dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, hieß der neue Präsident Argentiniens Eduardo Duhalde. Der neue starke Mann fungierte zweimal als Gouverneur des Bundesstaates Buenos Aires und unterlag 1999 bei den Präsidentschaftswahlen. Seine Machtübernahme wurde durch die peronistischen Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments und 45.000 Mann Polizei und Militär in den Straßen der Hauptstadt abgesichert. In Buenos Aires kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Peronisten. Duhalde kündigte eine Rückkehr zu den sozialen Prinzipien des Peronismus und die Abkehr vom globalisierten Neoliberalismus an. „Dies ist der Augenblick der Wahrheit: Argentinien ist am Ende.“ Die neoliberale Politik seit Anfang der 90er Jahre habe Millionen in Armut gestürzt, den Mittelstand vernichtet, die Industrieproduktion einbrechen lassen und Arbeitsplätze vernichtet.

 

Die Verschuldung des Staatshaushalts in Argentinien ist zum 30. September 2001 gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres um 9,3 % auf 141,25 Milliarden Dollar gestiegen. Allein im Vergleich zum Juni 2001 stieg der Schuldenstand um 8,39 Milliarden Dollar. Von Juli bis September 2001 erhielt Argentinien vom IWF 6,41 Milliarden Dollar, von der Interamerikanischen Entwicklungsbank 1,08 Milliarden Dollar, von der Weltbank 1,04 Milliarden Dollar und von anderen Institutionen 1 Milliarde Dollar. Angesichts drohender Anarchie am la Plata setzte sich die US-Regierung beim IWF für eine technische Unterstützung von dringend notwendigen Wirtschaftsreformen ein. Bekanntermaßen hatte erst die Kreditsperre des IWF den politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch Argentiniens ausgelöst. Buenos Aires steckt in der Klemme. Eine Abwertung des an den Dollar gekoppelten Peso würde die öffentlichen und privaten Dollarschulden geradezu explodieren lassen und damit den wirtschaftlichen Mittelstand ruinieren. Einziger Profiteur wäre die von transnationalen Konzernen dominierte Exportwirtschaft, für die Argentinien als Billiglohnland attraktiv würde. Bei Aufrechterhaltung der Dollarbindung oder kontrollierter Abwertung wäre Argentinien jedoch auf Kredite des IWF angewiesen, der auf noch radikalere und destabilisierender Sparprogramme drängt. Die USA forderten Duhalde auf, mit dem IWF zusammenzuarbeiten und an der Freien Marktwirtschaft festzuhalten. Bei Vorlage eines „glaubwürdigen Wirtschaftsprogrammes“ werde man Buenos Aires zusammen mit anderen Staaten über IWF und Weltbank unter die Arme greifen. Das Thema Argentinien wird auf der Finanzministerkonferenz der G-7 im kanadischen Ottawa Anfang Februar zur Sprache kommen. Duhaldes erste Schritte werden die Abwertung des Peso um 40 % und Finanzspritzen für den öffentlichen Sektor sein, um die marode Wirtschaft anzukurbeln. Die Abwertung soll durch neue Steuern beispielsweise auf Erdölexporte und Preisbindungen für lebensnotwendige Waren wie pharmazeutische Produkte abgefedert werden.

 

Turnusgemäß übernahm am Neujahrstag Spanien die EU-Präsidentschaft aus der Hand Belgiens. Ministerpräsident Aznar stellte seine Pläne vor: Innerhalb der spanischen Amtszeit soll vor allem die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz auf EU-Ebene (Eurojust, Europol) unter Einbindung von Drittstaaten verstärkt werden. Unter Madrids Ägide treten auch die Beitrittsverhandlungen mit Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern in das entscheidende Stadium. Unter der Tarnbezeichnung „wirtschaftliche und soziale Entwicklung Europas“ strebt Aznar die Liberalisierung des Energie- und Erdgasmarktes innerhalb der EU an. Mitte März ist hierzu ein EU-Gipfel in Barcelona angesetzt, im Mai wird es zudem den 2. EU-Lateinamerika-Gipfel in Madrid geben.

 

Auch im Jahr 2001, mehr als 10 Jahre nach der Annexion der DDR durch den kapitalistischen Separatstaat im Westen, ist die wirtschaftliche Lage wenig erfreulich. Rund 200.000 Menschen vor allem unter 35 Jahren verließen ihre Heimat und wanderten in die alten Bundesländer ab. Da die statistischen Landesämter nur diejenigen registrieren, die sich offiziell abgemeldet haben und außerdem Pendler nicht erfasst werden, ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen. Besonders stark betroffen ist der Regierungsbezirk Südwest-Sachsen, der seit 1995 40.000 Einwohner zwischen 15 und 25 Jahren verloren hat. Geradezu kolonialistische Züge trägt die Ansiedelung hochmoderner Neubetriebe, die den eingesessenen Unternehmen oftmals die qualifizierten Arbeitskräfte abwerben. Aus DGB-Kreisen wurde gewarnt, die neuen Länder seien dabei, sich in das Armenhaus und das Altenheim der BRD zu verwandeln. Kein Wunder, dass sich einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung zufolge nur 42 % der Bevölkerung in den neuen Ländern bereit finden würden, die BRD bei einem bewaffneten Angriff zu verteidigen. Zum Vergleich: Bei den in der Bundesrepublik lebenden Türken liegt diese Zahl höher als 50 %.

 

Die afghanische Übergangsregierung stimmte dem durch den UN-Sicherheitsrat beschlossenen Einsatz der UN-Schutztruppe ISAF zu. Die hauptsächlich aus Großbritannien und der BRD kommenden Einheiten sollen in Sicherheitsfragen mit Polizei und Sondereinheiten der Übergangsregierung zusammenarbeiten. Bei Angriffen auf ihre Soldaten besitzen sie das Recht zum vollen Einsatz militärischer Gewalt. Durch hartnäckige Verhandlungsführung drückte die Nordallianz die Stärke ISAFs von geplanten 10.000 auf 4500 Mann herab. Der geforderte Totalabzug der Nordallianz-Truppen aus der Landeshauptstadt unterbleibt ebenfalls – Truppenteile dürfen in den Kasernen Kabuls stationiert werden. Völlig unklar ist die Befehlsgebung bei den aus ISAF und Nordallianz-Soldaten zu bildenden Sicherheitspatrouillen im Falle von Unruhen. Nach Ablauf von drei Monaten werden die Briten sich nach dem Vorbild der Mission Amber Fox in Mazedonien aus dem heiklen Unternehmen zurückziehen und die Führung der Türkei überlassen. Bundeskriegsminister Scharping dachte bereits öffentlich über eine Verlängerung des auf 6 Monate befristeten Einsatzes auf 2 Jahre nach. Zunächst sollen die Protektoratstruppen sich in Kabul festsetzen, doch Premier Karsai schloss auch eine Entsendung in andere Städte nicht aus, um seine unsichere Macht zu festigen.

 

Nach den schweren Luftangriffen der vergangenen Tage, die sich in mehreren Fällen wahllos gegen Zivilziele richteten, hat die Zahl der zivilen Opfer des anglo-amerikanischen Bombenterrors die Zahl 4000 bei weitem überschritten. Das Niveau der afghanischen Übergangsregierung wurde durch Justizminister Zafir demonstriert: Zu seinen Reformen gehört es, Ehebrecher nur noch mit kleinen Wurfgeschossen zu steinigen und öffentlich Gehängte bereits nach 15 Minuten und nicht mehr nach 4 Tagen vom Strang zu schneiden. Vom angeblichen Kriegsziel einer demokratischen und humanen Neuordnung bleibt nichts übrig – bis auf die westlichen Erdölinteressen in Zentralasien. US-Präsident Bush ernannte den aus Afghanistan stammenden Regierungsberater Zalmay Khalilzad zum Sonderbeauftragten für das Land.

 

Im La Habana trat das diesjährige Sao Paulo-Forum der linksgerichteten Organisationen und Parteien Lateinamerikas unter Leitung der Abteilung für Internationale Beziehungen der kubanischen KP zusammen. Abteilungsleiter José Ramón Balaguer konstatierte einleitend, die Anschläge des 11. September, würden in einer tragischen Art und Weise die Gültigkeit der seit Jahren vom Sao Paulo-Forum vertretenen Thesen aufzeigen. Eine kleine Gruppe mächtiger Staaten könne nicht Reichtum, Entwicklung, Technologie, Kultur, Bildung und Volksgesundheit der gesamten Welt monopolisieren und gleichzeitig immun gegen die durch diesen Prozess provozierten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen sein. Zu Recht verwies Balaguer auf die verheerenden Auswirkungen der US-Freihandelskampagne in Lateinamerika. Auf die Aktivitäten der Transnationalen Konzerne gehen Privatisierung, Sozialabbau, Steuererleichterungen für Reiche und erhöhte Belastung der Armen, Arbeitslosigkeit, Wahlbeeinflussung, Korruption, Gewalt, Kriminalität und die Marginalisierung breiter Bevölkerungsschichten zurück. Mittlerweile ist Lateinamerika mit 750 Milliarden Dollar bei westlichen Banken verschuldet und muss 56 % seiner Einkünfte für den Schuldendienst aufwenden. Solidaritätsbekundungen gingen von den Regierungen Indiens, Syriens und des Irak ein.

 

Das Jahr 2001 endet mit einer erschreckenden Bilanz für das angeblich im Friedensprozess befindliche Nordirland, eine der letzten Kolonien in Europa. Insgesamt wurden 19 Menschen ermordet, davon 14 durch die Loyalisten, 2 durch die Provisional IRA und 3 durch andere republikanische Gruppen. Bei Anschlägen und Unruhen gab es ferner 1010 Verletzte, darunter 613 Zivilisten. Während sich die Morde der Republikaner vornehmlich auf Drogenhändler konzentrieren, entfällt der größere Teil der loyalistischen Opfer auf die blutigen Rivalitäten zwischen den verschiedenen protestantischen Milizen. Insgesamt kamen bei den Auseinandersetzungen innerhalb des loyalistischen Lagers insgesamt 40 Menschen um. Mit Martin O´Hagan wurde zudem der erste Journalist seit Ausbruch des Bürgerkrieges (durch die Loyalist Volunteer Force) ermordet.

 

Infolge des Versagens der Polizei bei der Verbrechensbekämpfung nehmen die republikanischen und loyalistischen Paramilitärs in den Arbeitervierteln auch derartige Funktionen wahr. Die punishment beatings und punishment shootings haben 2001 das höchste Niveau seit Beginn des Bürgerkrieges Ende der 60er Jahre erreicht. Von 262 im Jahr 2000 erhöhte sich die Zahl der Bestrafungsaktionen auf 328. Es gab 185 Fälle von Schusswaffengebrauch und 143 Prügelattacken gegen echte oder vermeintliche Kriminelle und Asoziale. Auf dem Sektor dieser einst von der Provisional IRA begründeten rough justice wurden die Republikaner längst von ihren loyalistischen Widerparts überholt. Die protestantischen Paramilitärs waren für 119 Schusswaffeneinsätze und 91 Prügelattacken verantwortlich, während die Vergleichszahlen bei den Republikanern sich auf 66 bzw. 52 belaufen. Mehr als 700 Personen mussten Nordirland nach Ausweisungsbefehlen der protestantischen und katholischen Untergrundorganisationen verlassen – eine Zunahme von 50 % gegenüber 2000.

 

Umfrageergebnissen zufolge hat sich der Hass zwischen den nordirischen Bevölkerungsgruppen seit den Waffenstillstandserklärungen der IRA und der großen loyalistischen Organisationen anno 1994 nicht gelegt, sondern vielmehr noch gesteigert. Als besonders anfällig erweisen sich die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren, obwohl ihre Erinnerungen an den offenen Bürgerkrieg nur gering sind. 68 % aller Einwohner Belfasts in diesem Alter gaben an, noch niemals ein sinnvolles Gespräch mit einem Angehörigen der anderen community geführt zu haben. Zwischen 1991 und 2001 ist der Anteil derjenigen, die in zu mehr als 90 % von Katholiken oder Protestanten bewohnten Gegenden wohnten, von 63 auf 66 % gestiegen. Die entlang der Mauern und Absperrungen zwischen den Stadtvierteln lebenden Belfaster nehmen zu 58 % doppelt so lange Wege in Kauf, um nicht in als unsicher empfundenen “feindlichen” Stadtteilen einkaufen zu müssen. Mittlerweile hat der Hass ein solches Ausmaß erreicht, dass 72 % der Bevölkerung sich nicht mehr in Gesundheitszentren behandeln lassen, die in von der anderen community dominierten Gegenden liegen. Auch die Arbeitslosen meiden zu 62 % die in solchen Stadtteilen gelegenen Sozialämter. In mehrheitlich von Protestanten bewohnten Stadtteilen sind nur 5 % der Arbeitsplätze von Katholiken besetzt, umgekehrt liegt die Zahl bei 8 %. Zogen zwischen 1994 und 1996 noch 3000 vornehmlich katholische Familien in in protestantische Stadtteile um, so wanderten zwischen 1996 und 2000 beinahe 8000 wieder ab.

 

Die Führung der Irish National Liberation Army bekannte sich in einer Neujahrsbotschaft erneut zu ihrem am 22. August 1998 verkündeten Waffenstillstand. Allerdings warnten die Paramilitärs vor der schweren Belastung und Bedrohung der katholischen Bevölkerungsgruppe durch den loyalistischen Straßen- und Bombenterror. Sollte die Lage sich nicht in absehbarer Zeit bessern, seien republikanische Vergeltungsmaßnahmen unvermeidbar. Den großen unionistischen Parteien UUP und DUP schrieb die INLA ins Stammbuch, sie würden tatenlos der sozialen Marginalisierung der protestantischen Arbeiterklasse zusehen – welche letztendlich ein bedeutender Grund für das Erstarken der loyalistischen Milizen ist. Eine weitere Neujahrsbotschaft kam von der Führung der Ulster Defence Association, mit mindestens 3000 aktiven Mitgliedern die stärkste Untergrundorganisation Nordirlands. Die Loyalisten riefen beide Bevölkerungsgruppen auf, den endlosen Zusammenstößen in North Belfast ein Ende zu setzen, da sich aus diesen eine Wiederaufnahme der militärischen Operationen ergeben könne. Nordirland stehe am Rande des Abgrundes. In einigen Protestantenvierteln sollen UDA-Einheiten die Teilnahme der Einwohner an weiteren Straßenschlachten verhindert haben. Die Friedensbekenntnisse erschienen in einem seltsamen Licht, denn just dieser Tage sprengte sich in Coleraine der 19jährige UDA-Aktivist William Campbell beim Anfertigen einer Rohrbombe selbst in die Luft und war damit das erste Opfer des Bürgerkrieges auf Sparflamme im neuen Jahr. Seit Oktober 2000 war die UDA alleine in North Belfast in mehr als 300 Rohrbombenanschläge auf katholischen Wohnraum verwickelt. Der Raum Coleraine erlebte in den letzten 12 Monaten 100 derartige Attentate.

 

Im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen Indien und Pakistan kappten beide Seiten die Telekommunikationsverbindungen zum feindlichen Nachbarn. Die vor allem an der Demarkationslinie im Kaschmir ausgetragenen Feuergefechte und Artillerieduelle hielten an. Insgesamt sind bei den seit Mitte Dezember andauernden Kampfhandlungen sowie bei Gefechten zwischen islamistischen Partisanen und indischen Besatzungstruppen im Kaschmir weit über 100 Menschen umgekommen. Mittlerweile haben 6 indische Divisionen an die Demarkationsline aufgeschlossen. Indiens Regierung verlangt nunmehr neben einer Zerschlagung der von Pakistan aus operierenden islamistischen Untergrundorganisationen auch die Auslieferung einer Reihe von „Terroristen“. Nachdem die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich Islamabad zum Einlenken rieten, ging Pakistans Diktator Musharraf mit Verhaftungen und Kontensperrungen gegen die seinem eigenen Geheimdienst nahestehenden islamistischen Terrorgruppen vor.

 

Die gemäßigt nationalistische baskische Autonomieregierung und die spanische Zentralregierung liefern sich derzeit einen Machtkampf. Da Madrid den Basken Mitsprache in der Europapolitik verweigert, hat der baskische Ministerpräsident Juan José Ibarretxe die in der Verfassung verankerten Zahlungen an den Zentralstaat um geschlagene 240 Millionen Euro gekürzt. Allerdings besitzt das Baskenland als einzige spanische Region das Recht auf eigenständigen Einzug der anfallenden Steuern. Der cupo für Außenpolitik, Militär und Guardia Civil muss jedoch an Madrid abgeführt werden. Nachdem Ende 2001 die Verhandlungen über eine Neuregelung scheiterten, verlängerte das spanische Zentralparlament die seit 1981 bestehende Regelung einseitig. Konkret fordert Ibarretxe für das Baskenland eine Vertretung im Wirtschafts- und Finanzministerrat der EU. Bei den traditionellen Sylvesterkrawallen im spanischen Teil des Baskenlandes kam es in Guernica zu Zusammenstößen zwischen Sympathisanten der Untergrundarmee ETA und der Polizei. In der Kleinstadt setzten Aktivisten aus dem ETA-Umfeld 4 Bankfilialen in Brand.

 

Nachdem das sozialistische Kuba bereits auf dem Bildungssektor Spitzenergebnisse erzielte (wir berichteten), so kann La Habana sich jetzt auch ein vorbildliches Gesundheitswesen zugute halten. Mit einer Rate von 6,2 auf 1000 Lebendgeburten hat die Kindersterblichkeit den niedrigsten Stand in der Geschichte der Insel erreicht. Die Vereinigten Staaten erreichen eine Rate von 7,0 und liegen damit – wie bei der Alphabetisierung und Schulbildung der Bevölkerung – hinter der Karibikinsel. Auf Kuba ist die durchschnittliche Lebenserwartung auf 76 Jahre angestiegen. Alle diese Erfolge wurden trotz eines rund 40jährigen Wirtschaftsembargos der USA erreicht.

 

Im Zusammenhang mit dem als “Krieg gegen den Terror” verbrämten imperialistischen Hegemoniefeldzug der USA steigerte sich auch der internationale Druck auf die kolumbianische Befreiungsarmee FARC-EP. Die marxistische Guerrilla sieht sich vermehrt in die Nähe von Terrorismus und Drogenhandel gerückt. Vergebens verwies sie darauf, dass gerade die Regierungen der USA und Kolumbiens nicht die moralische Autorität besitzen, irgendjemanden als Terroristen zu brandmarken. Die Partisanen beteiligen sich im Gegensatz zu den von den USA und den kolumbianischen Sicherheitskräften insgeheim unterstützten rechten Paramilitärs der AUC nicht direkt am Drogenhandel, sondern erlegen am Drogengeschäft beteiligten Farmern und Händlern eine Revolutionssteuer auf. Im Dezember hob die EU alle Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen für Vertreter der FARC und der kleineren ELN auf. Darauf reagierte das Oberkommando der FARC mit der drohenden Feststellung, die EU verlasse den Pfad der Neutralität. Der amerikanische Plan Colombia dient vorgeblich der Drogenbekämpfung, soll aber wohl eher den Zusammenbruch der kapitalistischen Ordnung in Kolumbien verhindern. Die Regierung in Bogotá erhält mehr als 1,5 Milliarden Dollar an Militärhilfe, und rund 500 US-“Militärberater” befinden sich im Land. Aufgabe der Amerikaner ist die Aufstellung von helikoptergestützten Luftlandeeinheiten zur flexiblen Partisanenbekämpfung. Seit dem 11. September werden die Kämpfer der FARC im offiziösen Sprachgebrauch nicht mehr als „Guerrilleros“, sondern als “Terroristen” oder noch besser “Narco-Terroristen” bezeichnet. Die kolumbianische Regierung hob das Überflugverbot für die den Partisanen von FARC und ELN eingeräumten Kontrollzonen auf. Ungeachtet sich steigernder Gefechtstätigkeit zwischen Armee, Paramilitärs und FARC haben beide Seiten weitere Verhandlungen über ein stabiles Friedensabkommen aufgenommen. Präsident Pastrana setzte jedoch eine Frist bis zum 20. Januar, nach deren Ablauf die Streitkräfte wieder die Kontrolle über die nun von den Rebellen verwalteten Gebiete übernehmen sollen. Im Mai stehen Präsidentschaftswahlen an, und sowohl der rechte Kandidat Horacio Serpa als auch sein liberaler Widerpart Álvaro Uribe Vélez sprachen sich für ein schärferes militärisches Vorgehen gegen die Guerrilleros aus.

 

Die zwischen dem nationalen Widerstand des palästinensischen Volkes und dem zionistischen Staat hin- und herlavierende Autonomiebehörde Arafats hat ihre bislang gegen den Islamischen Heiligen Krieg und die Hamas gerichteten Polizeimaßnahmen nunmehr auf die linksnationalische PFLP ausgeweitet. Im Gegensatz zu den islamistischen Gruppen ist die PFLP eine Fraktion der PLO wie Arafats Fatah-Bewegung. Nach Arafats Aufruf zum Verzicht auf militärische und terroristische Gewalt hat sich die Lage infolge eines deutlichen Rückganges der palästinensischen Guerrillaaktivitäten entspannt. Dennoch kündigte der Palästinenserpräsident noch für 2002 die Ausrufung eines eigenen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt an. In Jerusalem sprengte die zionistische Polizei eine Pressekonferenz Mustafa Marghoutis, des Präsidenten der Palästinensischen Medizinischen Nothilfekomitees UPMRC. Westliche Teilnehmer der Pressekonferenz wurden mit Tränengas angegriffen, Marghouti wurde verhaftet, aus Jerusalem abgeschoben, erneut verhaftet und von Polizeibeamten misshandelt. Die von Konservativen, Ultraorthodoxen und Rechtsextremisten beherrschte Regierung Israels verhinderte eine Friedensrede des eigenen Staatspräsidenten Katsav vor dem Palästinenserpräsident in Ramallah.

 

Der Palästinenseraufstand und die US-Konjunkturschwäche haben Israel von einer florierenden Konjunktur in die schlimmste Wirtschaftskrise seit fast 50 Jahren gestürzt. 2001 schrumpfte die israelische Wirtschaft nach Angaben des statistischen Amtes um 0,5 %. Dies war das schlechteste Ergebnis seit 1953 mit einem Minus von 1,4 %. Im Vorjahr war die Wirtschaft noch um 6,4 % gewachsen. Besonders betroffen waren die israelischen Hightech-Unternehmen, die von der Entwicklung in den USA abhängen. Die israelischen Exporte fielen im Berichtszeitraum um 13,1 %. Im Fremdenverkehr waren die Einnahmen 47 % niedriger als im Rekordjahr 2000.

 

Mit massiven Staatsausgaben hat China trotz weltweiter Konjunkturschwäche bislang einen Einbruch des rasanten Wachstums vermeiden können . 2001 legte die chinesische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 % zu, nach 8,0 % 2000 und noch 7,9 % zur Jahresmitte 2001. Mit der Schwäche großer Abnehmerländer wuchsen Chinas Ausfuhren nach diesen vorläufigen Zahlen nur noch um 5 % - nach 27,8 % im Jahr zuvor. Handelsminister Shi Guangsheng sagte, China stehe im neuen Jahr vor einer schwierigen internationalen Situation und werde versuchen, dennoch ein Exportwachstum zu erreichen. Daher werde China seine "aktive Finanzpolitik" mit massiven Staatsausgaben fortsetzen. Ein positives Zeichen ist die Zunahme der Anlageinvestitionen, die bis November 2001 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16,3 % zulegten. Im gleichen Zeitraum wuchs die Industrieproduktion um 10 %. Zeng Peiyans Planungskommission kündigte bereits an, sie werde den Baubeginn geplanter Großprojekte im neuen Jahr vorziehen. Die in London ansässige HSBC-Bank will für 63 Millionen Dollar 8 % Anteile an der Bank of Shanghai kaufen und wäre damit die erste ausländische Bank mit einer direkten Beteiligung an einem chinesischen Geldinstitut.

 

Sergej Kasjanow als Vorsitzender des russischen Rates für Außen- und Sicherheitspolitik hielt den USA vor, durch ihre einseitige Kündigung des ABM-Vertrages die internationale Stabilität zu schwächen. Russland sei bereit gewesen, den Vertrag zum Verbot von Raketenabwehrsystemen zu „modernisieren“, aber Washington war fest zur Kündigung entschlossen. Das amerikanische Raketenabwehrsystem MD ist laut Kasjanow kein Problem für die russischen Nuklearstreitkräfte, auch wenn es zu einer Vereinbarung über den Abbau strategischer Atomwaffen komme. Präsident Putin strebt weiterhin einen solchen Vertrag an. Als Gegenleistung für die Zurückhaltung gegenüber den amerikanischen Raketenabwehrplänen hofft Moskau auf Konsultation in Sicherheitsfragen, Entgegenkommen in der Schuldenfrage und die Aufnahme in die Welthandelsorganisation WTO. Dennoch Russland und China eine enge Kooperation in der umstrittenen Raketenabwehr-Frage vereinbart. Sie seien sich einig, dass ein "Kontrollsystem für Abrüstung und globale Sicherheit" bewahrt werden müsse, wie das chinesische Außenministerium erklärte. Der russische Rüstungskonzern Rosoboronexport wird die aufrüstende chinesische Marine zudem mit zwei modernen Zerstörern beliefern.

 

 

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