Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 1. bis 7. Dezember 2001

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

 

Zitat der Woche:
"Eins der Mittel zur Vorbereitung eines neuen und kühneren Lebens besteht (...) in der Zerstörung der Erziehungsarbeit, die das bürgerliche Zeitalter am Menschen geleistet hat. (...) Es gehört zu den hohen und grausamen Genüssen unserer Zeit, an dieser Sprengarbeit beteiligt zu sein."
- Ernst Jünger

Die Stichwahlen der Bürgermeisterwahlen in Brandenburg waren ein weiterer Indikator für das Erstarken der PDS auch auf kommunalpolitischer Ebene. Bereits im 1. Wahlgang wurden die sozialistischen Amtsinhaber in Neuruppin und Schulzendorf bestätigt, und in den Stichwahlen errang die PDS nunmehr auch die Bürgermeisterposten in Prenzlau, Königs Wusterhausen, Eichwalde, Wildau und Elsterswerda. Damit schließt das Brandenburger Ergebnis sich nahtlos an die sozialistischen Erfolge in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern an. Seit Ende 2000 steigerte die PDS sich von 174 auf 202 Bürgermeister, Landräte und Ortsvorsteher. In Hessen sind die Sozialisten statt 4 mit 20 Abgeordneten in Kommunalparlamenten vertreten, in Niedersachsen mit 13 statt 7. Generell erreichte die PDS bei Kommunalwahlen im Westen in urbanen Regionen zwischen 2 und 6 % der Stimmen, was eine gute Ausgangsposition für die kommenden Bundestagswahlen darstellt. Die Parteiführung gab unlängst die Parole aus, man wolle im September 2002 drittstärkste Partei im Bundestag werden.

 

Auch in dieser Woche nahm die Gewalt im angeblich voll im Friedensprozeß befindlichen Nordirland kein Ende. In North Belfast wurde der katholische Drogenhändler Frankie Mulholland erschossen – ausnahmsweise nicht von der IRA-nahen Direct Action Against Drugs, sondern von loyalistischen Paramilitärs der berüchtigten Red Hand Defenders, die er bei einem Drogengeschäft übervorteilt hatte. Der Mord ist nach Angaben aus loyalistischen Kreisen Teil einer Kampagne, um die katholischen Drogenhändler vom hartumkämpften Markt zu verdrängen. Bei den katholischen Republikanern genoss Mulholland als mutmaßlicher Polizeispitzel und ehemaliges Mitglied der sektiererischen Irish People´s Liberation Organization keinerlei Sympathien, so dass die RHD ein kalkulierbares Risiko eingehen. In North Belfast scheiterte ferner der Versuch loyalistischer Paramilitärs, einen katholischen Passanten mit einem Pkw zu überfahren und zu töten. Das Opfer, Vater von 7 Kindern, überlebte wie durch ein Wunder mit leichten Blessuren. In U-Haft sitzt derzeit der mutmaßliche Kommandeur der Loyalist Volunteer Force, Mark „Swinger“ Fulton. Auch die republikanische Seite hält keine Ruhe: Die im Waffenstillstand befindliche IRA soll seit Juni bei einer Serie von großangelegten Überfällen im Raum Belfast beinahe 5 Millionen Pfund erbeutet haben, um so die finanzielle Abhängigkeit der republikanischen Bewegung von Zuwendungen der Nordamerika-Iren zu verringern. Das mit dem Waffenstillstand und der drohenden Entwaffnung der Untergrundarmee unzufriedene „Hooligan-Element“ an das Basis soll durch derartige Operationen beschäftigt werden, zudem geht ein Teil der Erlöse aus der Organisierten Kriminalität zuzuordnenden Aktivitäten an die Beteiligten. Eine Bombendrohung der Real IRA gegen den Flughafen von Belfast sorgte für erhebliches Durcheinander. Die Bahnverbindung zwischen Dundalk und Belfast wurde durch eine – entschärfte – Sprengladung der RIRA gestört und für mehrere Tage unterbrochen.

 

Der britische Doppelagent Brian Nelson, der zwischen 1985 und 1990 sowohl für den Armeenachrichtendienst FRU arbeitete als auch als Feindaufklärungsleiter der loyalistischen Ulster Defence Association fungierte, war nach neueren Erkenntnissen in insgesamt 8 Morde an Katholiken bzw. Republikanern (darunter der legendäre Menschenrechtsanwalt Pat Finucane) verwickelt. Nelson wurde 1990 verhaftet und verhinderte eine eingehendere Untersuchung der schmutzigen Machenschaften der FRU, indem er sich als zweier Morde schuldig bekannte. Von seinen 10 Jahren Haft saß Nelson lediglich 5 ab und tauchte anschließend mit einer neuen Identität versehen unter. Eine Untersuchung der Affäre in der sogenannten Stevens Inquiry scheiterte im Frühjahr an der mangelnden Kooperation der britischen Sicherheitsorgane. Vor dem Krongericht in Belfast scheiterte zudem jetzt das Verfahren gegen William Stobie, einen ehemaligen Quartiermeister der UDA – einen Agenten der nordirischen Geheimpolizei Special Branch, welcher ebenfalls in den Mord an Finucane verwickelt war. Im kommenden Jahr steht sehr zum Ungemach der britschen Kolonialherren eine internationale Untersuchung der verdeckten Operationen der FRU in Nordirland an. Hier wären beispielsweise eine zumindest stillschweigende Duldung von mehr als 300 loyalistischen Morden zu untersuchen oder die Belieferung der Loyalisten mit südafrikanischen Waffen. Zudem machen die Ermittlungen bezüglich des Mordes an der katholischen Anwältin Rosemary Nelson im Jahr 1999 Fortschritte. Nelson wurde mit einer Autobombe getötet. Für die Tat übernahmen die Red Hand Defenders, eine Tarnorganisation von UDA und Loyalist Volunteer Force, die Verantwortung. Auch hier wird eine Verwicklung britischer Nachrichtendienste nicht ausgeschlossen. Für weiteren Druck auf die britische Regierung sorgte das irische Außenministerium, indem es die Herausgabe von Unterlagen durchsetzte, die eine mögliche Beteiligung bzw. Mitwisserschaft britischer Geheimdienste bei der berüchtigten forgotten campaign von 1974 belegen könnten. Damals starben durch loyalistische Bombenanschläge in Irland 33 Menschen – die blutigste Operation der Troubles noch vor dem Anschlag der Real IRA in Omagh.

 

Dem maoistischen „Revolutionary Worker“ entnehmen wir, dass sich jüdische Faschisten in den USA an der Hetzjagd gegen alle Gegner des US-Interventionskrieges in Zentralasien beteiligen. Die sogenannte Jewish Defense Organization, welche über enge Beziehungen zur reaktionären Siedlerbewegung in Palästina und zum israelischen Geheimdienst verfügt, fordert das Verbot von dem westlichen Imperialismus ablehnend gegenüberstehenden Organisationen und Einrichtungen. Zudem drohen die militanten Zionisten damit, die persönlichen Daten von Friedensaktivisten zu veröffentlichen, um beispielsweise ihrem beruflichen Fortkommen Hindernisse in den Weg zu legen. Gemeint sind vor allem die Revolutionary Communist Party RCP, das International Action Center und der Bürgerrechtler Stanley Cohen.

 

Der schmähliche Zustand des bundesdeutschen Bildungswesens wurde offenbar, als die Ergebnisse der internationalen PISA-Studie zum Leistungsvergleich von 15jährigen Schülern aus 32 Staaten vorlagen. PISA untersuchte Lesekompetenz, mathematische Grundbildung und naturwissenschaftliche Grundbildung der Jugendlichen und förderte ein erschreckendes Abschneiden der bundesdeutschen Schüler zutage. In allen drei Bereichen liegen die Leistungen unterhalb des Durchschnittes aller einbezogenen Staaten, was der BRD Rang 25 von 32 einbrachte. Selbst die leistungsstärksten Schüler der Bundesrepublik sind im internationalen Vergleich nur Durchschnitt. In Mathematik und Naturwissenschaften liegen laut „Focus“ die bundesdeutschen Schüler auf Platz 20. Fast jeder vierte 15jährige besitzt das mathematische Können eines Viertklässlers. Hinsichtlich der Lesekompetenz wird das Versagen des BRD-Schulsystems nur noch von dem Luxemburgs, Mexikos und Brasiliens überboten. 22,6 % der Jugendlichen erreichen hier nur die niedrigste Leistungsstufe oder nicht einmal diese, sind beispielsweise nicht einmal imstande, eine Bahnverbindung aus einem Fahrplan herauszusuchen. Beinahe die Hälfte dieser Gruppe verlässt die Schule mit dem Status eines totalen Analphabeten. Damit ist ein geschlagenes Fünftel der Jugend den Anforderungen einer Berufsausbildung jedweder Art nicht mehr gewachsen. Kein Wunder – 60 % aller 16jährigen lesen nicht mehr. Vor allem der männliche Nachwuchs hat eine regelrechte Lesefeindlichkeit entwickelt – nur die höhere Lesebereitschaft und –begeisterung der Mädchen verhinderte ein noch größeres Fiasko. Die Bildungsmaschinerie der BRD ist immer weniger imstande, die Jugendlichen auf die Herausforderungen des Lebens und die Erfordernisse der Zukunft vorzubereiten. Die Mehrheit der leistungsschwachen Schüler ist männlich und stammt aus einem sozial schwachen Milieu; vor allem bei den Nachkommen von Einwanderern ist die sprachliche Integration in weiten Teilen unzureichend. Bemerkenswert erscheint vor allem, dass im Klassenstaat BRD die Leistungsstreuung weitaus höher ausgeprägt ist als in anderen Ländern. Einer großen Anzahl sehr schwacher Schüler steht eine relativ große Anzahl von Schülern der höchsten Leistungsstufe gegenüber. Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks reproduziert sich die Studentenschaft im Klassenstaat weitgehend selbst. Die Kinder von einstigen Studenten nehmen mit großer Wahrscheinlichkeit selbst ein Studium auf, und der Zugang zu Universitäten ist laut DSW nur bestimmten Bevölkerungsgruppen möglich. Im Klartext: Während 75 % aller Akademikerkinder studieren, trifft dies nur für 7,5 % der Arbeiterkinder zu. Die ergänzende Studie PISA-E auf nationaler Ebene zum Leistungsvergleich der einzelnen Bundesländer wird derzeit noch ausgewertet. Grundlegende Strukturprobleme können jedoch schon jetzt benannt werden: Eine im internationalen Vergleich zu kurze Grundschulzeit mit frühzeitiger Abkoppelung von Leistungsschwachen und Spätentwicklern, eine im internationalen Vergleich viel zu späte Einschulung mit im Schnitt 6,8 Jahren, der vollkommene Zerfall der für schulflankierenden Bildungstransfer bedeutsamen familiären Infrastrukturen, verheerende Ausbildungsmängel in der Lehrerschaft, zuviel Frontalunterricht in zu großen Schulklassen, mangelnde Förderung Begabter aus sozial schwachen Familien und eine negative Sozialisation in einer oberflächlichen Konsumgesellschaft, die sich offensichtlich die vollständige Verdummung der breiten Massen aufs Panier geschrieben hat.

 

Passend hierzu ist das Niveau des Fernsehens – Politik spielt eine immer unbedeutendere Rolle. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern nahm die politische Berichterstattung im laufenden Jahr um 4 % ab, bei den Privaten um 0,5-2 %. Die Primetime zwischen 18 und 23 Uhr wird bei ARD und ZDF zu 60 % mit Unterhaltungsformaten bestritten, bei den Privaten sind diese Werte noch höher. RTL, Sat. 1, ProSieben und Vox senden zu 75-80 % Unterhaltung. Den traurigen Rekord halten RTL II und Kabel 1 mit einem Nettounterhaltungswert von 90 %.

 

Bei einer Verkehrskontrolle im südfranzösischen Pau gerieten die Verkehrspolizisten mit zwei mutmaßlichen ETA-Aktivisten aneinander. Es entwickelte sich ein Feuergefecht, bei dem zwei Polizeibeamte lebensgefährlich verwundet wurden. Die baskische Untergrundorganisation kündigte unterdessen eine Offensive gegen Angehörige der baskischen Regionalpolizei an, die sie als Instrument der spanischen Fremdherrschaft definiert. In den Industriegebieten Arrankudiaga und Amorebieta bei Bilbao verübte die ETA zwei Bombenanschläge auf Firmenniederlassungen.

 

Nach hektischen Verhandlungen, die sich über 9 Tage hinweg erstreckten, ist die Afghanistan-Konferenz der Vereinten Nationen auf dem Bonner Petersberg zu einem Abschluss gekommen. Die Verhandlungsparteien einigten sich auf die Bildung einer Übergangsregierung unter dem paschtunischen Stammesführer Hamid Karsai, der sich damit gegen die Alte Garde um Rabbani durchgesetzt hat. Der designierte Ministerpräsident steht einer monströs aufgeblähten Regierung gegenüber, die offensichtlich eher als Selbstbedienungsladen für die diversen politischen Fraktionen denn als handlungsfähiges Subjekt gedacht ist. 17 der 30 (!) Ressorts gehen an Vertreter der Nordallianz. Karsai hat die Aufgabe, innerhalb von 6 Monaten die Einberufung einer Loya Jirga, der Versammlung aller afghanischen Stammesfürsten, vorzubereiten. Diese soll dann, erweitert um zivilgesellschaftliche Gruppen und soziale Organisationen, über die Bildung einer weiteren Übergangsregierung auf 18 Monate entscheiden. Parallel hierzu werden Parlamentswahlen und eine neue Verfassung vorbereitet. Zudem wird (unter bundesdeutscher Beteiligung) eine UN-Friedenstruppe an den Hindukusch geschickt, um die Lage im Raum Kabul zu stabilisieren und humanitäre Maßnahmen für die bis zu 7 Millionen Hungernden zu erleichtern. Der Westen und die UNO stellten Afghanistan eine Finanzhilfe von 6 Milliarden DM bis 2006 in Aussicht. Die Einrichtung eines Übergangsparlaments wurde auf Druck der Nordallianz von der Tagesordnung gestrichen. Paschtunische Warlords und die schiitischen Hazara kritisierten offen die tadschikische Überrepräsentation auf der Petersberger Konferenz und pochten auf eine ausgedehntere Machtbeteiligung. In der Tat kontrollieren Tadschiken die Schlüsselressorts für Äußeres, Inneres und Verteidigung, und gegenüber den drei tadschikischen Generälen im Ministerrang wird Karsai sich kaum durchsetzen können – er verfügt kaum über eigene Verbände, und die Macht kommt in Afghanistan aus den Gewehrläufen. Zu allem Überfluss war der gefürchtete Usbekenführer Rashid Dostum, Aspirant auf das afghanische Verteidigungsministerium, nicht gewillt, seine Fraktion mit den Ministerien für Justiz, Wasser und Energie sowie Bergbau und Industrie abspeisen zu lassen und verweigerte der Regierung Karsai die Anerkennung.

 

Im Raum Kandahar endeten die Kämpfe zwischen Anglo-Amerikanern, Nordallianz und Taliban-Einheiten mit der Kapitulation der letzten Taliban-Hochburg. Osama bin Ladens al-Quaida-Islamisten stellten sich den Amerikanern in der Bergfestung Tora Bora zum letzten Gefecht. Die anglo-amerikanischen Luftangriffe gingen trotz des offensichtlichen Zusammenbruches der Taliban mit unverminderter Rücksichtslosigkeit weiter. Alleine im Raum Tora Bora zählte Ärzte ohne Grenzen als Folge der US-Terrorangriffe in nur einer Woche 80 Tote und 50 Verletzte unter der Zivilbevölkerung. In dem ostafghanischen Dorf Kama Ado massakrierten die „Verteidiger der westlichen Wertegemeinschaft“ mit Raketen und 1000-Kilo-Bomben 155 der 300 Einwohner. In Kandahar starben in dieser Woche 115 Zivilisten durch alliierte Terrorangriffe. Neueren Meldungen zufolge sind bei dem gemeinsam von Amerikanern, Briten und Nordallianz-Verbänden verübten Massaker an den in Qala Jangi internierten Kriegsgefangenen sogar 800 Menschen ermordet worden. Es mutet wie ein Hohn an, wenn George Bush in Erinnerung an den 1941 von den USA provozierten japanischen Überfall auf Pearl Harbor erklärt, man kämpfe derzeit wie damals für die „Freiheit.“

 

Ein Beispiel für die Skrupellosigkeit, mit welcher USA und Großbritannien ihren „Krieg gegen den Terror“ betreiben, ist der Fall der britischen Reporterin Yvonne Ridley. Ridley befand sich einige Wochen in Taliban-Gefangenschaft, als sie versuchte, sich verkleidet nach Kabul zu schleichen. Da aus volkspädagogischen Gründen Märytrer gebraucht wurden, spielten CIA und SIS den Taliban ein falsches Memorandum zu, in dem sie als Agentin dargestellt wurden. Nach ihrer Freilassung Ende Oktober erregte Ridley den Unwillen des Westens, als sie die Praktiken der Nachrichtendienste anprangerte und gar behauptete, sie sei von den Taliban „mit Respekt und Höflichkeit“ behandelt worden. Ihr Überleben verdanke sie einzig der Klugheit der Taliban-Führung: „Die haben gesehen, dass sie und ich zum Instrument gemacht werden sollen.“

 

Dem Sozialreport 2001 zufolge sehen die Menschen in der ex-DDR ihre Lebensverhältnisse zunehmend negativ und empfinden immer stärkere Existenzängste. Die rosa-grüne Bundesregierung hat ihren Schröder-Bonus von 1998 restlos verbraucht: 59 % der Bevölkerung befürchten eine weitere Verschlechterung der Arbeitssituation, 55 % haben Angst um ihre soziale Sicherheit und 58 % sehen den Osten auf dem Weg zum „Armenhaus der BRD“. 11 Jahre nach der Annexion der DDR durch die kapitalistische BRD fühlen sich nur 25 % der Bevölkerung als Bundesbürger, und 9 % wünschen sich geradezu die DDR zurück. Nur jeder Zehnte hält seine politischen Einflussmöglichkeiten in der bürgerlichen Demokratie für ausreichend.

 

In der UN-Vollversammlung verabschiedeten 131 Staaten eine Resolution zur friedlichen Lösung der Krise in Palästina, die auch den zionistischen Staatsterrorismus verurteilte. Verurteilt wurden ferner die widerrechtliche Verwaltung ganz Jerusalems durch Israel, die völkerrechtswidrigen Siedlungen sowie alle Regierungen, die den Sitz ihrer Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegten. Die USA, Palästina und 4 ehemalige US-Kolonien im Pazifik stimmten gegen die Resolution. Durch die EU ging hier ein Riss: Während 11 Mitgliedsstaaten um Frankreich, Italien und Spanien sich für eine israel-kritischere Haltung aussprachen, kuschten vor allem die BRD und Großbritannien vor Washington bzw. Tel Aviv und enthielten sich der Stimme. In Nahost eskalierte die Gewalt mit einer Serie von Selbstmordattentaten, bei denen 26 Israelis getötet und 200 verletzt wurden. Auf internationalen Druck ordnete Palästinenserpräsident Arafat eine Verhaftungswelle gegen die Widerstandskämpfer von Islamischem Heiligen Krieg und Hamas an, um die Pfründe seiner von Korruption bis ins Mark zerfressenen Autonomiebehörde zu retten. In Gaza kam es daraufhin zu Straßenschlachten zwischen Hamas-Anhängern und der Palästinenserpolizei. Ungeachtet der Kollaborationsbemühungen Arafats schlug das israelische Militär mit gewohnter Härte und Rücksichtslosigkeit zurück. Nach massiven Luftangriffen rief die Autonomiebehörde den UN-Sicherheitsrat um Hilfe an. Die USA erklärten die Hamas zur terroristischen Organisation und froren ihre Guthaben bzw. diejenigen ihr nahe stehender Organisationen ein. Israels Premier Sharon definierte die Autonomiebehörde als eine den Terrorismus unterstützende Organisation. Direkt zu terroristischen Organisationen wurden Arafats Eliteeinheit Force 17 und die Tanzim-Milizen der Fatah erklärt. Ironischerweise dürften Autonomiebehörde und Palästinenserpolizei kaum zum geforderten effektiven Vorgehen gegen die militanten Gruppen imstande sein, wenn Israel weiterhin ihre Infrastruktur zerschlägt. Das Vorgehen Sharons erhielt die Rückendeckung der USA, was für eine weitere Verbitterung auch bei prowestlichen arabischen Regierungen führte. 114 Mitgliedsstaaten der Genfer Konvention forderten Israel auf, endlich auf gezielte Mordaktionen, Folter und die extensive Zerstörung von Eigentum zu verzichten. Die betreffende Konferenz wurde bezeichnenderweise von den USA und Israel boykottiert – in Washington und Tel Aviv greift man nur auf die Genfer Konvention zurück, wenn es wie in Jugoslawien um die Rechtfertigung des eigenen Imperialismus geht. Die Opferzahlen der seit rund 14 Monaten andauernden neuen Intifada haben sich mittlerweile auf 824 Tote auf palästinensischer und 229 auf israelischer Seite erhöht.

 

In Frankreich verschärfen sich die Spannungen zwischen der nach Millionen zählenden islamischen Bevölkerungsgruppe und den rund 600.000 Juden. Roger Cukierman als Präsident des jüdischen Dachverbandes Crif beklagt ein „mächtiges Wiedererwachen des Antisemitismus“, worunter selbstredend auch Kritik an der zionistischen Schreckensherrschaft in den Palästinensergebieten fällt. Großrabbiner Joseph Sitruk argwöhnte, infolge ihres größeren Stimmenpotentials würden französische Politiker die Muslime bevorzugen. Frankreichs Juden gelten als Befürworter der israelischen Palästinenserpolitik und damit der klerikal-faschistischen Regierung Sharon. Für Unmut sorgt auch die traditionell araberfreundliche Tendenz Frankreichs, das gegenüber Israel eine weitaus kritischere Haltung einnimmt als andere EU-Staaten wie die BRD. Die Organisationen der muslimischen Bevölkerung weisen hingegen auf den überproportionalen Einfluss der Juden in Regierung, Parlament, Kultur und Medienlandschaft hin.

 

In Berlin scheiterten die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen nach rund 4 Wochen erwartungsgemäß an den unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Gesprächspartnern. Gerüchten zufolge provozierte SPD-Spitzenkandidat Wowereit die Liberalen zum Abbruch der Verhandlungen, indem er schlagartig Steuererhöhungspläne hervorzauberte. Somit stehen die Zeichen auf eine rosa-rote Koalition in der Bundeshauptstadt, was weder bei der Bundes-SPD noch bei der US-Botschaft auf Gegenliebe stoßen dürfte. US-Botschafter Coats drohte schon im Vorfeld der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, im Falle einer Regierungsbeteiligung der PDS werde es spürbare Einschnitte bei amerikanischen Investitionen im Raum Berlin geben. Ein deutlicher Fingerzeig für die Sozialisten war bereits vergangene Woche die Ankündigung des amtierenden Innensenators Körting (SPD), der Verfassungsschutz werde die Beobachtung des Marxistischen Forums, einer linksradikalen Fraktion innerhalb der PDS, einstellen. Damit steht an der Spree nur noch die Kommunistische Plattform unter – sehr lockerer – Überwachung durch den VS.

 

Nach einem Bericht der CDU-Bundesgeschäftsstelle leiden die Christdemokraten unter spürbarem Mitgliederschwund. Zwischen Ende 1999 und dem 31. Oktober 2001 kehrten rund 30.000 Mitglieder der Partei den Rücken. Alarmierend für die Parteiführung und nur zu bezeichnend für den Beobachter nimmt sich der Umstand aus, dass nur 2,1 % der CDU-Mitglieder zwischen 16 und 24 Jahre alt sind. Auch die SPD hat mit Auszehrungserscheinungen zu kämpfen, denn sie verlor zwischen 1999 und Ende 2000 rund 20.000 Genossen.

 

Nach Konsultationen in La Habana kündigte Belgien als Inhaber der EU-Ratspräsidentschaft die Wiederaufnahme der politischen Beziehungen zwischen der EU und dem sozialistischen Kuba an. Brüssel brach die Kontakte 1996 ab, nachdem die kubanische Luftwaffe eine Maschine der terroristischen Organisation Hermanos al Rescate abgeschossen hatte. Bei den Hermanos al Rescate handelt es sich um eine exilkubanische Gruppe, die eng mit der CIA zusammenarbeitet. Die EU passt sich den realen Gegebenheiten an, da Kuba 40 % seines Handelsvolumens mit ihren Mitgliedsstaaten abwickelt. Die EU und Kuba kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung die seit 40 Jahren aufrechterhaltene völkerrechtswidrige Wirtschaftsblockade der USA gegen die Karibikinsel. Erst in der vergangenen Woche sprachen sich 167 Staaten in der UN-Vollversammlung gegen das illegale Embargo aus. Befürworter waren nur die USA, Israel und die pseudosouveränen Marshall-Inseln im Pazifik.

 

Auch im November 2001 setzte sich der Anstieg der Arbeitslosigkeit fort. Die offiziell eingestandene Arbeitslosigkeit ist gegenüber dem Vormonat um 63.000 auf 3,788 Millionen angestiegen. Erneut entfällt diese Zunahme fast ausschließlich auf den Westen der Republik. Damit liegt die Erwerbslosigkeit um 143.700 Köpfe über dem Vorjahresmonat. In den alten Bundesländern sind 2,467 Millionen Arbeitslose (7,4 %) und im Osten 1,321 Millionen (16,9 %) registriert. Saisonbereinigt ist die Statistik bereits bei 3,936 Millionen Arbeitslosen angelangt. Die Anzahl der Kurzarbeiter stieg auf 169.200. Der DGB erwartet für Anfang 2002 das Überschreiten der Marke von 4 Millionen Erwerbslosen.

 

Durch Ausfallzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen entstehen der Industrie nach Schätzungen der Caritas jährlich Kosten von 4,8 Milliarden Mark. 39 % der Bevölkerung leiden an psychischen Beeinträchtigungen und Stresserkrankungen, jeder 7. Bundesbürger benötigt eine allgemeinärztliche und jeder 25. eine fachpsychiatrische Behandlung.

 

Die BRD muss sich in den kommenden Jahren auf einen fortgesetzten Mangel an Ingenieuren und Lehrern für naturwissenschaftliche Fächer einstellen. Seit 1994 ist die Zahl der Studienanfänger in naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen um 25 % gesunken. Das Statistische Bundesamt erwartet, dass die Zahl der Hochschulabsolventen in den Ingenieurswissenschaften noch mindestens bis 2003 weiter zurückgehen wird.

 

In Kolumbien tobt bekanntlich seit Jahrzehnten ein blutiger Bürgerkrieg zwischen der kapitalistischen Regierung, rechtsgerichteten Paramilitärs und den USA auf der einen und den Guerrilleros von FARC und ELN auf der anderen Seite. Die oftmals in den USA ausgebildeten Führer der Paramilitärs arbeiten vor dem Hintergrund der sozialen Spannungen mit nordamerikanischen Konzernen zusammen, um die Gewerkschaftsbewegung mundtot zu machen. Alleine bei Panamco, dem lokalen Ableger von Coca Cola, wurden in den vergangenen 13 Jahren 7 Gewerkschafter ermordet, zu weiteren 7 Liquidierungen kam es bei Nestlé. Panamco unterhält seit August 1998 regelmäßige Kontakte zu den Paramilitärs und unterstützt deren Aktivitäten finanziell. Da die Paramilitärs seit Anfang 2001 sage und schreibe 128 Gewerkschaftsmitglieder töteten, ist der Organisationsgrad unter der kolumbianischen Arbeiterschaft auf nur noch 3,2 % abgesunken. In der laufenden Woche töteten die Paramilitärs 24 Menschen, weitere 200 Todesopfer gab es bei Gefechten mit der FARC in der Provinz Choco. Die Justiz- und Polizeibehörden flankieren den Terror durch willkürliche Verhaftungen und konstruierte Anklagen wegen Unterstützung des „Terrorismus“ von FARC und ELN. In diesem Zusammenhang wird immer wieder Generalstaatsanwalt Luís Camilo Osorio genannt. Kolumbiens Regierung weist alle Anschuldigungen aus UNO- und Menschenrechtlerkreisen zurück. In den vergangenen Jahren verdreifachten die rechten Paramilitärs ihre Stärke auf 6-8000 Mann.

 

Im Abgeordnetenhaus der argentinischen Provinz Buenos Aires untersucht man derzeit im Rahmen eines Anhörungsverfahrens die Zusammenarbeit des Daimler-Benz-Konzerns mit den Militärdiktatoren der 70er Jahre. Die Untersuchung dreht sich namentlich um das mysteriöse Verschwinden von 14 Betriebsratsmitgliedern, die im August 1977 im Mercedes-Werk verhaftet wurden und seitdem nie wieder auftauchten. In die Affäre ist auch der heutige Niederlassungsleiter Juan Tasselkraut verwickelt. Er stellte seinerzeit als Produktionsleiter den berüchtigten Sicherheitschef Ruben Lavallen ein. Dieser war zugleich Geheimdienstfunktionär der Militärdiktatur und leitete ein Konzentrationslager für politische Gefangene. Tasselkraut soll den Geheimdienst auch mit den Privatadressen aufmüpfiger Arbeitnehmer beliefert haben, die dann auf Nimmerwiedersehen verschwanden.

 

Die US-Regierung hat die maßgeblich von ihren Geheimdiensten und der albanischen Mafia geschaffene mazedonische Untergrundarmee UCK auf die Liste terroristischer Organisationen gesetzt. Dieses Schicksal traf auch die den Kampf um die Unabhängigkeit der albanischen Siedlungsgebiete in Mazedonien fortführende AKSh. Der latente Bürgerkrieg in dem instabilen Balkanstaat schwelt noch immer auf Sparflamme weiter. Im Nordosten und Norden Mazedoniens kommt es immer wieder zu Überfällen von AKSh-Partisanen auf Polizeieinheiten sowie zu Bombenanschlägen. Staatspräsident Trajkovski ersuchte nunmehr die NATO um eine Verlängerung ihrer Mission Amber Fox. Damit ermöglicht die AKSh wie zuvor die UCK durch ihre Operationen die Einbeziehung des für den Bau des „Energiekorridors 8“ vom Schwarzen Meer an die Adria wichtigen Mazedonien in den direkten Machtbereich des Westens – weiterhin ist Heuchelei ein Grundprinzip westlicher Balkanpolitik.

 

An der Demarkationslinie auf Zypern kamen Glafkos Klerides, Staatspräsident der Republik Zypern, und sein Kollege Rauf Denktasch aus der Türkischen Republik Nordzypern zusammen und durchbrachen den seit Jahrzehnten anhaltenden Stillstand im Konflikt auf der geteilten Insel. Im Januar 2002 werden beide Seiten Verhandlungen aufnehmen, um unter UN-Schirmherrschaft sämtliche Streitfragen auszuräumen. Denktasch pocht auf die Erfüllung der Garantien der Verfassung von 1960, die 30 % der öffentlichen Ämter für Angehörige der türkischen Volksgruppe vorsieht, sowie auf die Festschreibung der Rolle der Türkei als Garantiemacht. Die griechische Bevölkerungsgruppe wiederum strebt nach der Enosis, der Vereinigung Zyperns mit dem griechischen Mutterland. Da diese auch von Athen nicht gewünscht wird, strebt Klerides seit einiger Zeit den Beitritt Zyperns zur EU an. Für die Türkei wiederum sind ohne entsprechende Sicherheitsgarantien beide Möglichkeiten problematisch: Vom Dodekanes über Kreta und Rhodos nach Zypern schneidet Griechenland bzw. die sich eng an Athen anlehnenden griechischen Zyprioten die Türkei vom offenen Mittelmeer ab. UN-Vermittler brachten die Errichtung einer Föderation aus zwei autonomen Gebieten mit unter den Volksgruppen rotierender Präsidentschaft ins Spiel.

 

Nach dreijährigen Verhandlungen willigte die Türkei in eine militärische Kooperation zwischen der EU und der NATO ein. Damit kann die EU für Einsätze ihrer geplanten Eingreiftruppe auf den Planungsstab und andere Einrichtungen der NATO zugreifen. Damit hat die EU endgültig auf den Aufbau einer eigenen militärischen Infrastruktur verzichtet, was angesichts des anglo-amerikanischen Drucks nicht weiter verwundert. Als Gegenleistung räumte die EU der Türkei ein Mitspracherecht bei militärischen Operationen ein – schon der Nizza-Vertrag stellte Ankara eine Beitrittspartnerschaft und damit die Zusicherung einer Aufnahme in absehbarer Zukunft in Aussicht. Die Türkei behält sich ein faktisches Vetorecht bei EU-Einsätzen im Irak, am Persischen Golf, im Nahen Osten, auf dem Balkan und im Kaukasus vor. Im Falle von Interessengleichheit kann die EU jedoch auf die Hilfe der Türkei zählen. Der „Berliner Zeitung“ zufolge hat die EU auch zugesichert, sich nicht in Konflikte zwischen NATO-Partnern wie Griechenland und der Türkei einzumischen.

 

 

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