Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 18. bis 24. August 2001
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
"Wie sehr das Bedürfnis nach Überwachung gewachsen ist, bezeugt der ungemeine Wert, der dem 'Datenschutz' zugemessen wird. Der Wettlauf mit der 'Datenverarbeitung' scheint von vornherein verloren, wenn wir bedenken, daß außer Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und vor allem den Medien noch andere Gremien mit der Durchleuchtung eines jeden sich bis in die Einzelheit beschäftigen. Somit liegt auch gegen jeden 'etwas' vor." |
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Ernst Jünger
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Die EU-Innenminister haben beschlossen, die Bekämpfung antikapitalistischer Demonstranten zu verbessern, indem sie Polizei und Nachrichtendienste zu verstärkter Kooperation anweisen. Vor allem grenzüberschreitend operierende Reisekader dürften so vermehrt zur Zielscheibe von Überwachungsmaßnahmen und Repressionen werden. Europol soll eine Schlüsselrolle bei diesen Aktivitäten übernehmen und kann damit wohl seine Aufwertung zum europäischen FBI einleiten. In jedem EU-Mitgliedsstaat sollen permanente Kontaktpunkte eingerichtet werden, um Informationen über Globalisierungsgegner zu sammeln, zu analysieren und auszutauschen. Vor jedem Gipfeltreffen auf internationaler Ebene wird ein Stab von Verbindungsbeamten und - offizieren zusammentreten, der von denjenigen Ländern beschickt wird, aus denen sogenannte "Risikogruppen" anreisen. Polizei und Nachrichtendienste werden eingesetzt, um Personen und Gruppen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, zu identifizieren. Informationen über diese Personen und Gruppen werden vom Schengen Informationssystem SIS und den nationalen SIRENE-Datenbanken kommen. SIS liefert grundsätzliche Daten, während Sirene selbst Fotos und Fingerabdrücke bereitstellt. Mit Hilfe dieser Nachrichten sollen antikapitalistische Demonstranten bereits an den Grenzen eines Gipfel-Gastgeberlandes abgefangen werden.
Im katalonischen Ferienort Salou an der Costa Dorada zündete die baskische Untergrundorganisation ETA eine Autobombe und setzte ihre Kampagne gegen den Tourismussektor fort. Die telefonisch gewarnten Sicherheitskräfte konnten 824 Menschen aus zwei Hotels und einem Wohnhaus evakuieren. Trotzdem gab es bei der Explosion der 50-Kilo-Bombe 13 Verletzte. In San Sebastián fand eine 62jährige Frau den Tod, als ein mit Schwarzpulver präpariertes Spielzeugauto detonierte. Der hinterhältige Anschlag, bei dem auch ihr Enkel schwerstens verletzt wurde, wird vom spanischen Innenministerium dem ETA-Umfeld zugeschrieben, was wiederum vom baskischen Innenministerium ausgeschlossen wurde. Der Vater des Kindes ist Aktivist einer ETA-nahen Gewerkschaft. Bei einer Razzia in der baskischen Provinz Guipuzcoa konnte die Polizei 8 mutmaßliche ETA-Mitglieder festnehmen. Kurz danach zerschlug die Polizei das Kommando Barcelona, wobei weitere 6 Etarras in Gefangenschaft gerieten. Beide Razzien bedeuten zudem für die ETA einen erheblichen Verlust an Waffen, Sprengstoff und Material.
Dem Buch "England for the English" des konservativen britischen EU-Gegners und Ökolandbaupioniers Sir Richard Body zufolge war die CIA rege an der Volksabstimmung von 1975 beteiligt. Damals ging es um den Verbleib Großbritanniens in der ungeliebten EU, und für die Dauer der Abstimmung richtete der US-Auslandsnachrichtendienst eine besondere Residentur in London ein. Als Leiter fungierte der erklärte EU-Anhänger Cord Meyer jr. Über indirekte Kanäle ließ man den EU-Befürwortern Gelder aus CIA-Kassen sowie von transnationalen Konzernen zukommen. Fast die gesamte britische Presse lehnte es damals ab, über die US-Intervention in Großbritannien zu berichten, was ebenfalls Bände spricht. Die Originaldokumente der CIA sind nunmehr in der Georgetown University einzusehen.
Die deutsche Minderheit in Tschechien hat an die Regierung in Prag appelliert, Entschädigungen für die nach dem Zweiten Weltkrieg geleistete Zwangsarbeit sowie für Inhaftierungen und Enteignungen an die Bevölkerungsgruppe zu leisten. Mindestens die Hälfte der etwa 60 000 Mitglieder seien betroffen, sagte der Verbandsvorsitzende Hans Korbel. Es gehe um Rückgabe oder Entschädigung für konfisziertes Eigentum sowie um Entschädigung für Freiheitsentzug und Zwangsarbeit.
Die serbische Regierung kam zu einer Sondersitzung in Novi Sad zusammen. Dabei wurde beschlossen, der mehrheitlich ungarisch besiedelten Provinz Vojvodina mehr Autonomierechte einräumen. Dies werde in "mehreren Etappen" erfolgen, sagte Regierungschef Zoran Djindjic. Die Regierung werde in den kommenden Wochen einen Teil ihrer Kompetenzen an die Provinz übertragen, bis Jahresende dann die Zuständigkeiten im Gesundheitswesen, in Bildung, Verwaltung und Justiz. Die 1974 eingeführte Autonomie der Provinz hatte der serbische Präsident Slobodan Milosevic 1989/1990 aufgehoben.
Die Zustände bei der Hamburger PDS nehmen immer chaotischere Züge an. Der Landesverband wird von einer Gruppe dominiert, die der KPF und dem Marxistischen Forum nahesteht und die Sozialdemokratisierung der Partei entschieden ablehnt. Als Konsequenz der Flügelkämpfe kandidieren mehrere Vertreter des rechten Parteiflügels auf der Regenbogenliste. Die Parteirechte und Regenbogen werden für diesen Wahlkampf die Unterstützung Gregor Gysis erhalten, welcher dem Hamburger Landesverband jede Eignung zu zukunftsfähiger Politik abspricht. Umgekehrt ist bei der Regenbogen-Liste, einer Abspaltung der Grünen, seit geraumer Zeit eine Hinwendung zur PDS zu beobachten.
Während sich das NATO-Vorkommando im Raum Skopje einrichtet und Fühlung zu Vertretern der mazedonischen Regierung und der albanischen UCK-Guerrilla aufgenommen hat, flauten die Gefechte im Raum Tetovo, dem Einsatzort des bundesdeutschen Kontingents, ab. Mazedonische Nationalisten blockieren jedoch die Hauptverkehrsstraße von Skopje ins Kosovo und stellten ein Ultimatum. Bis einschließlich 24. August sollen die Albaner alle entführten Zivilisten freilassen, die besetzten Straßen freigeben, ihre Minenfelder markieren, die slawischen Vertriebenen in ihre Heimatorte zurückkehren lassen und humanitären Hilfskonvois freien Zugang gewähren. Die mazedonischen Regierungstruppen haben den Abzug ihrer schweren Waffen aus den Kampfgebieten eingeleitet. Albanische Extremisten sprengten den historischen Klosterkomplex St. Anastasis bei Tetovo in die Luft. Die aus dem 12. Jahrhundert stammende Anlage ist eine Art mazedonisches Nationalheiligtum. Mazedonische Kreise befürchten, daß die NATO-Intervention letztendlich zur Bildung einer Pufferzone und zur Legalisierung der von der UCK betriebenen ethnischen Säuberungen führen wird. Die grüne Verteidigungsexperten Angelika Beer bestätigte im Interview mit dem "Hamburger Abendblatt", daß die albanischen Guerrilleros logistisch von den USA unterstützt werden, die sich an der NATO-Intervention nicht beteiligen.
Oberst Bernhard Gert als Vorsitzender des Deutschen Bundeswehr-Verbandes nimmt eine mehr als kritische Position zur Intervention in Mazedonien ein: "Ich habe noch keinen getroffen, der davon überzeugt ist, daß die NATO nach 30 Tagen wieder aus dem Land heraus ist." Nach Ablauf der Entwaffnungsoperation sei mit einer erneuten Zuspitzung der Lage zu rechnen, außerdem betrachte die UCK die NATO nach wie vor als eine Art Schutzmacht. Das sich abzeichnende längerfristige Engagement mache die Entsendung von mindestens 30.000 Mann erforderlich, von denen dann 5000 Mann von der Bundeswehr zu stellen wären. Diese Aufgabe ist angesichts der desolaten Situation bei der Truppe nur unter Truppenabzug aus Bosnien zu bewältigen. Offizier des britischen Vorkommandos sind übrigens mit Ausweisen ausgestattet, die bis Januar 2002 Gültigkeit haben, und die Task Force Harvest wurde bereits von 3500 auf offiziell 5000 Mann aufgestockt. Alleine Großbritannien verstärkte sein Kontingent von 1100 auf 2000 Soldaten. Angesichts der Abgabe von vielleicht 2300 Schußwaffen wird die UCK auch weiterhin kampffähig sein - ihr Arsenal wird auf 9000 Maschinenpistolen, 2000 halbautomatische Gewehre, Hunderte von Raketenwerfern und Boden-Luft-Raketen beziffert. Wie dem auch sei, der NATO-Rat stimmte der Operation zu und beauftragte die Militärs. Die Bundesregierung verzichtete auf einen möglichen Einspruch, obwohl der Bundestag noch nicht entschieden hat.
Der als Kriegsverbrecher in Den Haag angeklagte jugoslawische Politiker Slobodan Milosevic reichte über einen niederländischen und einen kanadischen Anwalt Klage bei einem niederländischen Gericht ein. Milosevic zielt auf die Zusammenarbeit der Niederlande mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal ab. Das Tribunal sei illegal, da es nicht von der UN-Vollversammlung, sondern vom Sicherheitsrat eingesetzt wurde. Zudem habe man ihn im Juni unter Bruch der serbischen und der jugoslawischen Verfassung aus Belgrad entführt und damit seine Menschenrechte verletzt. Milosevic fordert außerdem, ohne Überwachung mit seinen Anwälten sprechen zu können.
Bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen in Nicaragua fordert der Sandinist Daniel Ortega den liberalen Regierungskandidaten Enrique Bolanos heraus. General Ortega fungierte bis 1990 schon einmal als Staatsoberhaupt, bis er sich der bürgerlichen Opposition geschlagen geben mußte. Der ehemalige Bürgerkriegsheld der linksgerichteten Sandinisten gibt sich im Wahlkampf geläutert: Den früher von ihm bekämpften Miskito-Indianern versprach er die Autonomie, und sein Vizepräsidentschaftskandidat Agustín Jarquín war als Christdemokrat unter der sandinistischen Herrschaft sechsmal inhaftiert. Ortega distanziert sich mittlerweile von der sandinistischen Wirtschaftspolitik mit Verstaatlichungen und massiven Subventionen, aber dennoch drohte die Bush-Administration für den Fall seines Wahlsieges mit ernsten Konsequenzen. Der aussichtsreiche Linkskandidat verspricht der von Armut, Arbeitslosigkeit und Korruption gebeutelten Bevölkerung Maßnahmen zur Bekämpfung der ländlichen Armut und Hilfsmaßnahmen für die dahinsiechenden Kaffeepflanzungen.
Kolumbianische Sicherheitskreise befürchten, daß die linksnationalistische FARC-EP-Guerrilla in Bälde eine Großoffensive in den Städten starten wird. Das entsprechende Know-how stammt von "Militärberatern" der baskischen ETA und der irischen Provisional IRA. Zudem wurden in den Reihen der Untergrundkämpfer auch kubanische und venezolanische Experten gesichtet. Die vergangene Woche auf dem Flughafen von Bogotá verhafteten mutmaßlichen IRA-Mitglieder James Monaghan, Martin McCauley und Niall Connolly sehen nunmehr in der U-Haft ihrer Anklage entgegen, die FARC mit Trainingskursen und Bauanleitungen für Sprengsätze unterstützt zu haben. Ferner wird vermutet, daß die mit Kolumbien eng gegen die FARC zusammenarbeitenden USA ihre wohlwollende Haltung gegenüber Sinn Féin einer eingehenden Überprüfung unterziehen werden. Sinn Féin bezieht aus den USA Spendengelder in Millionenhöhe aus den Reihen der Amerika-Iren. Da diese vorwiegend der Demokratischen Partei nahestehen, dürfte der republikanische Präsident Bush wenig Hemmungen haben, Maßnahmen gegen Sinn Féin zu ergreifen. Der Fairness halber sei hinzugefügt, daß die drei Inhaftierten jede militärische Aktivität in Kolumbien beharrlich verneinen; auch das Oberkommando der FARC erklärte, Sinn der Drei-Mann-Mission sei es gewesen, die Übertragbarkeit des nordirischen Friedensprozesses auf Kolumbien zu überprüfen. IRA und Sinn Féin rieten bekanntlich auch der baskischen ETA, den militärischen durch den politischen Kampf zu ersetzen. Auch in Irland selbst gerät die Parteiführung um Gerry Adams unter Druck, denn mit der Zustimmung der irischen Regierung und der SDLP zum britischen Polizeireformpaket ist die seit Mitte der 90er Jahre bestehende "nationalistische Einheitsfront" zerbrochen.
Nach einer Meinungsumfrage des Londoner "Guardian" sind immer mehr Briten die Verwicklung ihres Landes in die nordirischen Angelegenheiten leid. Mittlerweile befürworten 41 % der Briten die Vereinigung der Unruheprovinz mit der Republik Irland. Als ausgesprochene Anhänger eines weiteren Verbleibs des Six Counties im Vereinigten Königreich können nur noch 26 % betrachtet werden. 64 % der Befragten sind der Ansicht, Katholiken wie Protestanten seien gleichermaßen an der verfahrenen Lage schuld. Unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung ist wohl ab 2011 damit zu rechnen, daß Großbritannien sich relativ zügig aus dem dann mehrheitlich katholischen Nordirland zurückziehen wird.
Am sogenannten Global Action Day protestierten bundesweit linksgerichtete Globalisierungsgegner gegen die Absicherung des internationalen Kapitalismus per Polizeigewalt und für die Freilassung der noch immer inhaftierten Aktivisten von Genua. Unter anderem drangen Demonstranten in das Willy-Brandt-Haus, die SPD-Zentrale in Berlin, ein. Pikanterweise wurde die Kundgebung nicht nur von der PDS, sondern auch von Grünen und Jusos organisiert. Die Demonstranten wiesen darauf hin, daß SPD-Politiker wie Bundesinnenminister Schily und sein Berliner Amtskollege Körting die Krawalle von Genua und Göteborg zur Einschränkung der Bürgerrechte ausnutzen würden. Auch das Wahlkreisbüro Ludger Volmers, des grünen Staatsministers im Auswärtigen Amt, wurde Ziel einer kurzfristigen Besetzungsaktion.
Einer Umfrage des Hochschul-Informations-Systems HIS zufolge fühlen sich die meisten bundesdeutschen Abiturienten nicht ausreichend auf Studium und Berufsleben vorbereitet. In Bremen, Sachsen und dem Saarland fühlen sich immerhin noch 39 % gut oder sehr gut vorbereitet. Im Bundesdurchschnitt liegt der Wert bei knapp 33 %. Schlußlicht ist Hamburg, wo rund 80 % der Abiturienten dem Ausbildungssystem glattes Versagen bescheinigen. Auch an den Unis steht es nicht zum besten. Die Hochschulen melden nur 4 % aller Patente an. Zahlreiche Professoren zögern bei der Verwertung ihrer Erkenntnisse, weil eine Patentanmeldung mit mancherlei bürokratischen Hürden verbunden ist. Allein der Siemens-Konzern meldet jährlich dreimal so viele Patente an wie die 25.000 bundesdeutschen Professoren.
Der vom Bundesvorstand vorgelegte Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm ähnelt nach Ansichten der Grünen Jugend und der Landesverbände Niedersachsen, Bremen und Thüringen "eher einer Regierungserklärung als einem grünen Zukunftsentwurf". Auch in der Bundestagsfraktion und sogar bei Regierungsmitgliedern wie Ludger Volmer wächst der Widerstand gegen die neoliberale Linie der Fischer und Kuhn. Die Kritiker bemängeln vor allem, daß die Parteiführung die antikapitalistische Herkunft der Grünen verleugne und ihre Ankunft in der Regierungsverantwortung beweihräuchere. Weder die wachsende Kritik an der Globalisierung noch eine klare Position zur Gentechnik fänden ihren Niederschlag im Programmentwurf. An die Stelle von sozialer Umverteilung ist die Devise "Soviel Markt wie möglich" getreten. Das Papier kümmert sich kaum um die soziale Ausgestaltung der Globalisierung und rückt die Grünen auch unter Vernachlässigung sonstiger sozialpolitischer Forderungen damit in eine Position noch rechts von der SPD, die sich zumindest verbal um eine Zähmung des Kapitalismus bemüht.
Auch die Nichtregierungsorganisation Attac distanzierte sich in scharfen Worten von dem Papier. Verteilungsgerechtigkeit bedeute im grünen Programmentwurf lediglich Armutsbekämpfung und Chancengleichheit. Dies entspreche genau neoliberaler Politik. Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich sei kein Thema. Im Bereich der Internationalisierung der Politik erkennen die Grünen laut Attac zwar richtigerweise die Notwendigkeit internationaler Kooperationen zur Durchsetzung sozialer und ökologischer Ziele an. Gleichzeitig gebe es fast keinen konkreten Politikvorschlag. Attac vermißt im grünen Programm insbesondere die Forderung nach einer internationalen Steuer auf Devisenspekulation, wie sie der Nobelpreisträger Tobin vorgeschlagen hat ("Tobin-Steuer"). Weiterhin fordert Attac entschlossene Maßnahmen gegen Steueroasen und verbindliche Regeln für das soziale und ökologische Verhalten von Konzernen. Sven Giegold von Attac fordert, die Grünen müßten "deutlich die Politik von IWF, WTO und Weltbank in den Ländern des Südens kritisieren." Mit der Unterstützung einer neuen umfassenden Handelsrunde durch Grüne und Bundesregierung drohe nun hingegen die Liberalisierung von Schulen, Universitäten, Gesundheitswesen und Wasserversorgung.
Ein beschämendes Paradebeispiel für Denunziantentum, Blockwart-Mentalität und Anbiederung an den Polizeistaat lieferten örtliche Anti-Faschisten im osthessischen Rotenburg an der Fulda. Im Rahmen eines kleinen Zeltlagers kam es hier zu einem zwanglosen Gedankenaustausch zwischen Vertretern rechts- und linksgerichteter Politszenen und Subkulturen, an dem sich im übrigen auch der geschätzte Karl Nagel beteiligte. Da derartiges offensichtlich den geistigen Horizont und die Programmierung der autonomen Automaten vor Ort überstieg, riefen selbige nach dem Polizeiknüppel und denunzierten die Veranstaltung als Neonazi-Gedenkfeier für Rudolf Heß. Hierzu Nagel: "Oh Gott, kreischen jetzt die 150prozentigen Antifaschisten unter Euch, das ist der Untergang! Tatsächlich, wir wollten nicht prügeln, brandschatzen, Steine werfen, stechen und schlitzen oder wenigstens Parolen brüllen, sondern einfach nur REDEN und das ist SCHLIMM! Das ist die vielgefürchtete QUERFRONT, der Untergang des Abendlandes und mit ihm vieler liebgewordener politischer Gewohnheiten! Das dachte sich wohl auch die örtliche Antifa - oder war's der Aufstand der Anständigen? - Wer kann das heute schon noch unterscheiden! Wer auch immer hier mutig die Initiative ergriff, rief schnurstracks Roland Kochs Polizei herbei, die endlich einmal beweisen konnte, wie beherzt sie gegen die 'Nazi-Gefahr' einzuschreiten bereit ist. Blühende antifaschistische Phantasie und Erfindungsgeist feierte erneute Triumphe, als der Polizei telefonisch 'Sieg-Heil-Gegröle', das 'Singen von indizierten Liedern', 'Schießen auf Pferde' und 'Zeigen von verfassungsfeindlichen Materialien' gemeldet wurde. Und um die Verfassung zu retten, wurde vom herbeigerufenen Sondereinsatzkommando der braune Mob nicht beim Absingen von Nazi-Liedern, sondern beim Fußballspielen und Baden überrascht und die teilweise völlig unbekleidet Badenden mit vorgehaltener Waffe empfangen sowie anschließend gefesselt. Womit die FKK-Party brutalstgefährlicher nackter Nazis erfolgreich gesprengt war. Bei der anschließenden Durchsuchung irritierte es den verordneten Antifaschismus der eingesetzten Beamten keineswegs, daß ein Großteil der festgenommenen 'Neo-Nazis' Anti-Nazi-Aufnäher und -sticker an den Klamotten trug und sogar ausgesprochen linke Biographien hätte vorweisen können, wenn man die Leute nur gefragt hätte. (...) Und auch die linken Medien haben selbstredend keine Probleme, den Polizeibericht einfach abzuschreiben und UNS als Beweis für die ständig wachsende Nazi-Gefahr vorzuführen. (...) Mit unserer Statistenrolle in diesem Nazi-Schauspiel haben wir immerhin dazu beigetragen, daß die Menschen in diesem Land ruhig schlafen können, denn Politik, Polizei und Antifa TUN schließlich etwas: denunzieren, lügen, verbieten, zuschlagen und wegschließen, ohne nach Sinn und Zweck zu fragen, nicht ohne zu behaupten, daß 'noch längst nicht genug gegen die Neonazis getan wird'. Wie soll ich mich da überhaupt erfolgreich gegen wehren können, in Erwartung all der Steigerungen wahllosen Verfolgungen, die noch kommen werden? Wenn die law-and-order-Fraktion nicht mehr nur unter Rechten, sondern mittlerweile auch unter Linken den Hals gar nicht mehr voll genug kriegt und letztere jeden militärischen Erfolg 'gegen rechts' frenetisch bejubeln, dann wünsche ich allen zur nächsten Bundestagswahl eine Regierung aus Edmund Stoibers CDU/CSU und der Partei von 'Richter Gnadenlos' Ronald Schill. Dann werden die staatlichen Antifaschisten mal zeigen, was 'ne Harke ist, und 'Rechte' und 'Linke' können im Knast ganze Fußballturniere austragen, statt die öffentliche Ordnung zu stören. (...) Keiner wird sich dafür interessieren, was Du denkst, fühlst, welche Meinung Du vertrittst, wenn Du nur den pawlowschen NAZI-REFLEX auslöst. Der Nazi-Verdacht wirkt wie eine Pestfahne, bei der sich auch niemand für die Wahrheit interessiert. Nur weg hier! Deine Freunde werden werden sich auf ein kleines Häuflein reduzieren, während sich der Rest fluchtartig absetzt, um nicht selbst in den Focus der Polizei- und Antifa-Maschinerien zu geraten. Sie werden Dir noch auf den Weg mitgeben, daß Du eben einfach 'Pech' gehabt hast und wohl auch selbst leider zu blöde oder zu leichtsinnig, zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen zu sein oder auch die falschen Leute zu kennen. Vielleicht aber hast Du wenigstens so die Chance, den Faschismus live zu erleben. Egal ob als Ordnungsmacht und in Uniform oder als selbstgerechter, blutgeifender und strafender Mob. Und Du wirst schnell merken, wen Du da vor Dir hast, wenn sie sich erbarmungslos Zutritt zu Deiner Wohnung verschaffen und zur Tat schreiten, um Dein Leben in einen Trümmerhaufen zu verwandeln."
Nachdem hysterische Medien und verantwortungslose Analysten jahrelang ein wahres Börsen-Eldorado herbeiphantasierten und vom "Volk der Aktionäre" faselten, kommt nun die Katerstimmung. Bedingt durch die von jedem, der auch nur halbwegs volkswirtschaftliche Kenntnisse sein eigen nennt, vorhersehbaren Kurseinbrüche maßlos überbewerteter Hasardeur-Aktien sind Milliardenwerte vernichtet worden. In den vergangenen Monaten haben Kleinanleger durchschnittlich 11.500 DM an bundesdeutschen Aktienmärkten verloren. Im Schnitt besitzen 29 % der Bevölkerung zumeist kleine Aktienpapiere. 59 % der Aktionäre haben finanzielle Verluste hinnehmen müssen: 9 % bis zu 1000 DM, 33 % bis zu 10.000 DM und 18 % mehr als 10.000 DM. Aber keine Sorge, 53 % Bundeskonsumbürger wollen auch weiterhin Geld in Aktien anlegen, weitere 32 % werden andere Anlageformen wählen. Bis zum nächsten Kurseinbruch dann.
In Israel befassen sich Juristen, Intellektuelle, Militärs und Regierungsvertreter immer offener mit vorbeugenden Maßnahmen gegen die rapide Zunahme der palästinensischen Bevölkerung. Diskutiert werden mittlerweile unverhohlen Massendeportationen oder die Einrichtung eines regelrechten Apartheidsystems. Bei gleichbleibendem Trend werden die Juden auch im israelischen Kernland von 1948 zur Minderheit werden. Derzeit leben im Gazastreifen, im israelischen Kernland und im Westjordanland 4,9 Millionen Juden und 4,8 Millionen Palästinenser. Im Jahr 2020 wird dieses Verhältnis sich auf 6,4 Millionen Juden und 8,8 Millionen Palästinenser verschoben haben. Bereits Mitte Juli befaßten sich der Knesset-Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und der Verteidigungsausschuß erstmals mit dem demographischen Problem. Der Rat der jüdischen Siedler kündigte eine internationale Kampagne an, um neue Wehrbauern für die zionistischen Zwingburgen im Westjordanland und im Gazastreifen anzulocken. Dem "Revolutionary Worker" entnehmen wir folgenden treffenden Hinweis darauf, daß der Staat Israel erst durch ethnische Säuberungen begründet wurde: " The fact is: Palestine has been stolen, at gunpoint, from the Palestinians. That is the defining point. It is a fact of colonialism - understandable to people all over the world. This theft of land was not in some distant past. Israel was born in ethnic cleansing - and it is still expanding, day after day, with every new Israeli suburb and settlement that goes up." In diesem Zusammenhang ist es nicht uninteressant, daß Politiker verschiedenster israelischer Parteien die einseitige Abschottung des überwiegend palästinensisch besiedelten Westjordanlands fordern. Dieses soll durch einen Grenzzaun geschehen - Israel würde sich gewissermaßen ein Homeland für billige Arbeitskräfte schaffen. Einem Forum zur Propagierung der Abriegelung haben sich namhafte Vertreter der Arbeitspartei, des Likudblocks und der Zentrumspartei angeschlossen. Widerstand gegen diese Pläne ist nicht etwa durch Humanitätsgedanken motiviert, sondern von der Befürchtung, man müsse dann die zionistischen Siedlungen aufgeben.
Vor diesem Hintergrund besitzt Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, die Stirn, sich vor dem Bertelsmann-Forum in Gütersloh über die angeblich kritische Lage für nationale Minderheiten in der BRD auszulassen. Spiegel, von dem bislang noch kein einziges Wort zur menschenverachtenden Behandlung von Muslimen in Israel zu vernehmen war, hält die derzeitige Situation für Minderheiten in der BRD "für so kritisch wie vielleicht noch nie in ihrer jungen Geschichte". Die gezielte Ermordung von politischen Vertretern dieser Minderheiten, die Zerstörung ihrer Behausungen durch Planierraupen oder ihre Zusammenfassung in riesigen Ghettos haben wir bislang jedenfalls noch nicht registriert.
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel geht derzeit davon aus, daß es Anfang 2002 über 4 Millionen registrierte Arbeitslose geben wird. Im Dezember werde die Arbeitslosigkeit um 100.000 über dem Niveau des Vorjahresmonats liegen. Bis Februar 2002 wird sich diese Zahl auf 4,2 Millionen erhöhen. Ein weiterer Anstieg ist zudem nur durch eine deutliche Konjunkturerholung zu vermeiden. Untersuchungen aus Gewerkschaftskreisen bestätigen diese Ansicht und gehen sogar davon aus, daß der Jahresdurchschnitt 2002 über dem von 2000 liegen wird.
Im Jahr 2000 wurden 36 Wohnungen Ziel eines Großen Lauschangriffes, also 5 Objekte mehr als noch 1999. In 18 Fällen soll die Überwachung Hinweise auf ein Verbrechen geliefert haben. Abgesehen von zwei Korruptionsaffären in Hessen und Niedersachsen drehten sich fast alle Großen Lauschangriffe um Drogen- und Morddelikte. Gab es noch 1997 7776 Anordnungen zur Telefonüberwachung nach § 100a und 100b der StPO, so stieg diese Zahl 1998 auf 9802 und 1999 auf 12.651 - eine Zunahme von rund 170 % läßt den Überwachungsstaat immer näher rücken.
Dem DGB scheint eine handfeste Korruptionsaffäre ins Haus zu stehen. IG Metall-Chef Klaus Zwickel steht im Verdacht, gemeinsam mit dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden Jürgen Ladberg bei der Übernahme des Mannesmann-Konzerns durch Vodafone die Hand aufgehalten zu haben. Zwickel und Ladberg waren Mitglieder im Ausschuß für Vorstandsangelegenheiten, dem auch der Deutsche Bank-Vorstand Josef Ackermann und der Mannesmann-Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk angehörten. Der Ausschuß hatte wenige Tage vor der Kontrollübernahme durch Vodafone beschlossen, 18 früheren Vorstandsmitgliedern 60 Millionen DM Abfindung zu zahlen. Insgesamt flossen im Zusammenhang mit der Übernahme 150 Millionen DM an aktive oder ehemalige Vorstandsmitglieder, Führungskräfte und deren Hinterbliebene, und die Rechtsgrundlage für einige dieser Zahlungen ist mehr als zweifelhaft. Unter den Begünstigten befinden sich auch drei Arbeitsdirektoren, also DGB-Funktionäre. Infolge der Verdachtsmomente ermittelt die StA Düsseldorf auch gegen die Mitglieder des Ausschusses. Klaus Zwickel beendete seinen Kanada-Urlaub vorzeitig.