Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 16. bis 22. September 2000
Zitat der Woche: |
"Die bürgerliche Gesellschaft pflegt ja nicht die laute und verbale, sondern die schweigende, die 'instinktive' Einstimmung zu fordern, ihre verbalen und nachvollziehbaren Programme sind nicht unbedingt die eigentlichen, auch pflegen sie zu wechseln, sie folgen ja der Mode - nein, was diese Gesellschaft fordert, ist streng genommen nur die Gefolgschaft, die Unterwerfung unter die je stärkeren Bataillone, damit die Geschäfte weitergehen können. Paradoxerweise können diese Bataillone auch dort noch für sie unterwegs sein, wo sie förmlich 'antibourgeoise' Programme auf ihre Fahnen geschrieben haben." |
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Wolfgang Kaempfer
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Am Ende der Woche intervenierten verschiedene Notenbanken zugunsten des nicht zuletzt infolge der völlig konfusen Äußerungen europäischer Politiker zur Währungspolitik auf Kellerkurs befindlichen Euro. Neben der mit der Situation offensichtlich überforderten EZB beteiligten sich die amerikanische Fed sowie die Zentralbanken Japans, Großbritanniens, Frankreichs, der BRD und Italiens an massiven Stützungskäufen. Auch der IWF scheint Druck auf die Europäer ausgeübt zu haben. An den Devisenmärkten sprang der Euro daraufhin kurzfristig über 0,90 US-Dollar, um aber - wenn auch in verlangsamtem Tempo - sofort wieder nachzugeben. Zuvor löste Intel mit der Nachricht, daß infolge des schwachen Euro mit Gewinneinbußen zu rechnen ist, einen deutlichen Kurseinbruch am Neuen Markt aus. Vor allem die Intervention Washingtons wurde nicht vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten 2001 erwartet, aber die US-Regierung beugte sich dem Druck der um ihre Gewinne aus dem Export in die EU fürchtenden Unternehmer und Finanzkreise. Die schlechte Weltmarktgeltung des Euro wirkt sich mittlerweile auch in Preiserhöhungen bei Fischereiprodukten (Erdöl) und Geflügelfleisch (Soja) aus. Da vor allem Saudi-Arabien und der Irak mittlerweile deutlich mehr Erdöl fördern, liegt die OPEC bereits jetzt deutlich über ihrer zum 1. Oktober angekündigten Förderquote von 26,2 Millionen Barrel am Tag. Hierauf ist auch ein allmähliches Nachgeben des Ölpreises zurückzuführen.
Im Vorfeld des IWF-Gipfels in Prag bereitet die tschechische Hauptstadt sich auf bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen vor. Die Initiative gegen wirtschaftliche Globalisierung INPEG hat angekündigt, sie wolle die Delegierten im Tagungszentrum per Verkehrsblockade so lange einschließen, bis die Auflösung von Weltbank und IWF beschlossen werde. Am Eröffnungstag des IWF-Gouverneursrates, dem 26. September, werden schätzungsweise 20.000 Globalisierungsgegner 18.000 Polizisten gegenüberstehen. An den Konferenzen in Prag nehmen insgesamt 15.000 Mitarbeiter, Regierungsvertreter, Bankiers, Medienvertreter und Angehörige unabhängiger Organisationen teil. Schon vor Tagungsbeginn hat der IWF auf Druck des US-Finanzministeriums beschlossen, die nun einmal zumeist in die Dritte Welt erfolgende Kreditvergabe zu reformieren. Die Laufzeit der Kredite wird um ein Jahr verkürzt, zugleich steigen die Zinsen an. Weltbankpräsident Wolfensohn kritisierte den Rückgang der Entwicklungshilfe: Die OECD-Staaten wenden statt der vereinbarten 0,7 % ihres BSP nur noch 0,2 % auf. Mittlerweile bringen 20 % der Staaten 80 % des weltweiten Sozialproduktes auf. Aus der ungleichen Verteilung entstehen soziale Unruhen, die laut Wolfensohn auch die Stabilität der Industrieländer bedrohen können. Bis Jahresende wollen Weltbank und IWF 20 der ärmsten Länder in das Entschuldungsprogramm HIPC überführen. Dadurch werden die Schulden um 65 % reduziert, und das durch den Schuldenerlaß eingesparte Geld müssen die Entwicklungsländer in Sozialprogramme zur Armutsbekämpfung investieren. Das HIPC-Programm kann jedoch noch nicht anlaufen, da der US-Kongreß die Freigabe der Mittel verweigert. Die BRD gibt 0,26 % des BSP für Entwicklungshilfe aus - die rot-grüne Bundesregierung hat das Niveau des Kohl-Regimes nicht angehoben.
In seiner Wirtschaftsprognose prophezeit der IWF das weltweit größte Wirtschaftswachstum seit 1988, sieht jedoch einige Risikofaktoren. Zu diesen gehört das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den USA und der EU. In den Vereinigten Staaten bewirke die starke Konsumnachfrage riesige Importe aus den EU-Ländern, denen in Europa kein vergleichbares Gegengewicht gegenüberstehe. Bereits 1999 hat das Leistungsbilanzdefizit der USA die Rekordhöhe von 331,5 Milliarden Dollar erreicht und wird im laufenden Jahr auf über 400 Milliarden Dollar klettern. Hierin ist der Hauptfaktor für die Exportüberschüsse der EU-Staaten zu suchen. Die UN-Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad) warnt mittlerweile vor einem wirtschaftlichen Einbruch in den USA. Dieser könne durch den Rückgang der Sparquoten und den Anstieg der Privatverschuldung, durch das enorme Handelsbilanzdefizit mit einer Importzuwachsrate von 12 % und durch den sinnlos aufgeblähten Neuen Markt zu einem unerwarteten und schlagartigen Wachstumsrückgang und einem Börsenkrach führen. Schon in den 70er und 80er Jahren habe sich gezeigt, wie schnell internationale Investoren das Interesse an Dollar-Investitionen verlieren können. Der Wachstumrückgang werde sich wiederum auf die wirtschaftliche Entwicklung in der EU und in Japan auswirken.
Von April 1999 bis April 2000 hat sich die Zahl rassistischer Übergriffe in London verdoppelt. In diesem Zeitraum wurden in der Themse-Metropole 23.346 Vorfälle registriert, von denen 14.699 gewalttätiger Natur waren. Zwischen 1998 und 1999 kam es in ganz Großbritannien nur zu insgesamt 23.049 rassistischen Übergriffen. Im Vergleich dazu kam es in der BRD im Vorjahr zu 746 rassistischen Gewalttaten. In den Niederlanden, dem antifaschistischen Musterländle aller Multikulti-Utopisten, wurden 1998 313 rassistische Straftaten gemeldet, was gemessen an der Bevölkerungszahl eine recht beachtliche Quote ergibt. Infolge höchst lustloser Aufklärung konnten nur in 22 Fällen die Täter festgestellt werden. Auch 1999 wurden 25 % aller Verfahren gegen "Rechtsextreme" eingestellt. Die Staatsanwaltschaft verfolgte nur 50 % aller bekannt gewordenen Fälle von rassischer Diskriminierung. Bei der Einstufung derartiger Delikte gibt es vom Streifenpolizisten bis hin zum Innenminister den Konsens, die Vorfälle herabzuspielen. Kürzlich bedachte eine Gruppe Jugendlicher ein Asylbewerberheim mit Brandsätzen - Innenminister de Vries sprach von einer Handlung aus "Übermut".
In Hamburg hat der Rechtsbeugungs-Prozeß gegen Amtsrichter Ronald Schill, den Begründer der Partei Rechtsstaatliche Offensive PRO, begonnen. Schill hatte im Mai 1999 während eines Strafprozesses gegen einen linksextremen Sympathisanten der Roten Flora gegen zwei linke Störer je drei Tage Ordnungshaft verhängt und soll die eingelegte Beschwerde nicht unverzüglich an das OLG weitergeleitet haben. Die Beschwerdeführer kamen daher erst kurz vor Ablauf der Ordnungshaft auf freien Fuß. Das ganze Verfahren erscheint dem Verfasser als völlig unsinnig: Die Beschwerden sind "sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen dem Beschwerdegericht vorzulegen" - das Amtsgericht Hamburg legt den Schwerpunkt auf die Dreitagesfrist, nicht auf das "sofort". Weder das angebliche Kantinengespräch, in dem Schill sich äußerte, er wolle die Störer "in der Haft schmoren" lassen, noch der laut BGH unbedingt erforderliche Tatvorsatz konnten dem umstrittenen "Richter Gnadenlos" nachgewiesen werden. Es stellte sich heraus, daß der Staatsanwaltschaft das Aktenmaterial nur höchst selektiert vorlag bzw. von dieser nur selektiv genutzt wurde. Zudem hatte zuvor einer der Festgenommenen eine Justizbeamtin angegriffen und war möglicherweise an der Verfassung eines linken Flugblattes beteiligt, in dem zur Störung des Flora-Prozesses aufgerufen wurde. Im Vorfeld des Prozesses erhielt Schill telefonische Morddrohungen von links. Da die Hamburger Polizei keinerlei Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, mußte der Richter professionelle Leibwächter anheuern.
Auf der Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Industrie in Kuala Lumpur warnte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller die asiatischen Staaten vor "Wirtschaftsnationalismus". Indien wurde aufgefordert, seinen Markt zu öffnen und mit der WTO neue Liberalisierungsprogramme auszuhandeln. Nur offene Märkte könnten wurtschaftliche Krisen rasch überstehen. Malaysia hat sich unlängst aus der Asiatischen Freihandelszone AFTA zurückgezogen, um seine Automobilindustrie zu schützen. Kurz darauf wurde Südostasien von einem Börsenkrach erschüttert: Der gescheiterte Verkauf von Daewoo Motors an Ford löste in Seoul derartige Kursverluste vor allem bei den an der Konzernsanierung beteiligten Banken aus, daß der Handel erstmals seit 1997 vorübergehend ausgesetzt werden mußte. Die südkoreanischen Familienunternehmen sind mit mehr als 1,4 Billionen DM verschuldet - 220 Milliarden DM davon lasten als unbediente Problemkredite auf den Banken. Die Landesregierung ist bereits dazu übergegangen, den Kreditinstituten Firmenschuldtitel abzukaufen. Im indonesischen Jakarta brachen die Kurse aus innenpolitischen Gründen (Bürgerkriegsfurcht) ebenfalls ein, und Hongkong litt unter durch Euroschwäche und Erdölkrise ausgelösten Panikverkäufen. Internationale Anleger zeigen ernste Zweifel an einem schnellen Aufschwung des Fernen Ostens, außerdem wurden Thailand, die Philippinen und Indonesien aus dem weltumspannenden Börsenbarometer von FTSE gestrichen.
Im ölreichen Norwegen, dem zweitgrößten Erdölexporteur nach Saudi-Arabien, wirkt die Treibstoffkrise sich zusehends auf die innenpolitische Lage aus. Carl I. Hagens Fortschrittspartei fordert unter Hinweis auf die beträchtlichen Erdöl- und Erdgaseinnahmen der Regierung eine Verwendung von Mitteln aus dem sogenannten Ölfonds. In diesem werden seit 1996 die Überschüsse aus dem Öl- und Gasgeschäft gesammelt, um die Renten künftiger Generationen und andere Sozialleistungen für die Zukunft zu finanzieren. Auf der anderen Seite zahlt der norwegische Autofahrer für einen Liter Super 2,65 DM - dank Benzinsteuer, Umweltsteuer und Mehrwertsteuer. Das Gesundheitssystem steckt in der Krise, die Wartezeiten für einen Operationstermin können bis zu einem halben Jahr betragen. Krankenhäuser, Altersheime und Bildungseinrichtungen sind oftmals in einem heruntergekommenen Zustand. Zur Abhilfe fordert die Fortschrittspartei, Gelder aus dem Ölfonds in Gesundheit und Bildung zu investieren, hinzu sollen Steuersenkungen kommen. Bei Meinungsumfragen liegt die Fortschrittspartei mit 34 % erstmals vorne, gefolgt von 22 % für die regierenden Sozialdemokraten. Der Energiekonzern Statoil erzwang unterdessen durch die Drohung, Polizeieinsätze zu erwirken, den Abbruch der Blockade von neun Raffinerien. Im Herbst 2001 stehen in Norwegen Parlamentswahlen an.
Im südkoreanischen Imjingak eröffnete Präsident Kim Dae Jung die Bauarbeiten für die Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie zwischen den beiden koreanischen Hauptstädten Seoul und Pjöngjang. Neben der bis Herbst 2001 in Betrieb zu nehmenden und zunächst dem Güterverkehr vorbehaltenen Bahnstrecke ist eine Autobahn vorgesehen. Für die Zukunft beabsichtigt Südkorea, die 318 km lange Bahnlinie zwischen Seoul und Shinuju an der chinesischen Grenze an das internationale Bahnnetz nach Europa und Japan anzuschließen. Da die Bahnfracht ein Drittel günstiger ist als der Schiffstransport, könnte das koreanische Verkehrswesen so wichtige Impulse gewinnen. Kim erklärte: "Heute haben wir angefangen, unser geteiltes Vaterland wieder miteinander zu verbinden." Tausende von Soldaten müssen zunächst einmal die Minen im Bauabschnitt räumen.
Nordkoreas Außenminister Paek Nam Sun hat sich in Briefen an seine Amtskollegen in Berlin und Paris gewandt und ersuchte um Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der BRD und Frankreich. Erst im Januar hatte Italien den kommunistischen Staat anerkannt, gefolgt von den Philippinen und Australien. Weitere Angebote Pjöngjangs gingen an den EU-Außenkommissar Chris Patten, an Griechenland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Spanien und Großbritannien. Neben den Italienern unterhalten noch die EU-Staaten Schweden, Finnland, Portugal, Dänemark und Österreich Beziehungen zu Nordkorea.
Das kurzfristig von der französischen EU-Präsidentschaft angesetzte Treffen der EU-Verkehrsminister mußte angesichts des Volkszornes vom hektischen Brüssel ins ruhige Luxemburg verlegt werden. Die BRD sah das Treffen mit Unbehagen, da sie den Ölpreisgeschädigten keine weiteren Hoffnungen auf staatliches Entgegenkommen machen wollte. Hauptgegenstand der Verhandlungen ist die Harmonisierung der EU-Verkehrspolitik. Im Gespräch sind die Anhebung der Mindeststeuersätze auf Dieseltreibstoff, um vor allem die Südeuropäer endlich zu einer umweltverträglichen Politik zu bewegen, die Forderung nach einer einheitlichen Steuerpolitik der EU-Staaten, der Ausbau des ÖPNV und vor allem die Steigerung des Gütertransportes auf der Schiene. Als guter Kommunist hat Frankreichs Verkehrsminister Gayssot auch noch ein Sozialpaket mit Arbeitszeitbegrenzung, Minimallöhnen und Ausbildungsstandards auf die Tagesordnung gesetzt, was vor allem die neoliberale Regierung der Niederlande mit wenig Begeisterung sieht.
Nach einer Prognose des Bundesverkehrsministeriums wird sich bis zum Jahr 2015 der Lkw-Verkehr von 236 auf 426 Milliarden Tonnen je Kilometer verdoppeln. Das Aufkommen der Bahn wird sich von 73 auf 93 Milliarden Tonnenkilometer erhöhen. An diesen Entwicklungen dürfte auch die ab 2003 geplante Lkw-Maut nicht viel ändern. Im Jahr 1999 lag der Anteil der Lkw an den Gütertransporten bei 81 %, während die Bahn gegenüber 1998 von 13 auf 7 % zurückfiel. Binnenschiffe befördern 5 % des Güteraufkommens. EU-weit wird der Anteil der Lkw-Transporte im Jahr 2000 um 4 % ansteigen. Der Verband der Automobilindustrie VDA fordert den Bau einer durchgehenden 3. Autobahnspur sowie eine aus Mautgebühren und Krediten finanzierte Modernisierung des Straßennetzes. Hier sei angemerkt, daß die BRD mit einem Verkehrsnetz von 4,6 % der Landesfläche bereits den höchsten Anteil in der gesamten EU aufweist. Die Zahl der auf dem Weg zur Arbeit per Pkw über Gemeindegrenzen hinweg pendelnden Arbeitnehmer hat sich seit 1960 verdoppelt. Ganz nach britischem Vorbild droht das Bundesinnenministerium etwaigen Straßenblockierern mit dem Einsatz der Polizei und - auf Anforderung der Länder - auch des BGS. Bundesverkehrsminister Klimmt hat der Deutschen Bahn AG zugesagt, für die kommenden 10-15 Jahre jährlich 2-2,5 Milliarden DM für Neuinvestitionen zur Verfügung zu stellen. Das Geld soll aus den Zinsersparnissen kommen, die durch den Einsatz der UMTS-Milliarden zur Schuldentilgung freiwerden.
Derzeit jammert das Speditionsgewerbe über seine ölpreisbedingte Krisensituation, was angesichts des steigenden Transportaufkommens etwas irritierend anmutet. Die eigentlichen Ursachen für die Krise sind nicht bei der Ökosteuer oder beim beliebten arabischen Feindbild zu suchen, sondern in hausgemachten Strukturproblemen. Mit 41.000 zumeist mittelständischen Unternehmen ist das bundesdeutsche Speditionsgewerbe hoffnungslos überbesetzt, und die Kleinbetriebe können im ruinösen Preiskampf kaum noch mithalten - die Großunternehmen (nur 1 % der Betriebe) sind effektiver und bieten deutlich erweiterte Leistungen an. Das Lkw-Transportgewerbe führt mittlerweile die Insolvenzstatistiken an, und seit Herbst 1999 sind die Treibstoffkosten um 60 % gestiegen und machen nun etwas mehr als 24 % der Gesamtkosten aus. Im Fernverkehr sind dank der Marktöffnung längst Firmen aus den westlichen Nachbarländern Belgien, Frankreich und Niederlande mit Billigkräften und Steuervorteilen führend. Im grenzüberschreitenden Fernverkehr sind 13,5 % aller auf der Straße befindlichen Lkw ohne Ladung unterwegs, im Nahverkehr (80 % der Tonnenkilometer) sogar 37,7 %. Der alternative Verkehrsclub Deutschland VCD und das Bundesamt für Güterverkehr gehen sogar von einem Lkw-Leerstand von 42,8 % aus. Der SPIEGEL spricht nicht zu Unrecht vom "Offenbarungseid moderner Speditionslogistik". In Planung befindet sich derzeit das Verkehrsleitsystem Floating Car Data, das alle Verkehrsteilnehmer über eine Zentrale vernetzen wird. Diese Methode kann auch zur Schaffung einer Transportbörse genutzt werden, indem man die Lkw interaktiv mit einem Zentralrechner verbindet. So könnten die Speditionsdisponenten jederzeit feststellen, wo sich welcher Lkw mit wieviel Rest-Ladekapazität befindet. Im Bereich der Seehafenspedition ist man auf logistischem Gebiet schon seit den frühen 90ern erheblich weiter als die Lkw-Spediteure.
In einer Panikreaktion hat der dänische Ministerpräsident Pul Nyrup Rasmussen die EU gebeten, die 14 Regierungschefs mögen schriftlich die Nichtantastung der dänischen Sozial- und Rentenpolitik garantieren. Bereits in der vorigen Woche entschuldigte Rasmussein sich bei der dänischen Bevölkerung für seine Zustimmung zu den EU-Sanktionen gegen Österreich. Bekanntlich stimmt Dänemark am 28. September über den Beitritt zur Eurozone ab. Nach einer Umfrage in "Berlingske Tidende" sprechen sich mittlerweile 49 % der Dänen gegen den Euro und nur 37 % für die Gemeinschaftswährung aus. Rund 14 % der Stimmberechtigten sind noch unentschlossen. Da die dänische Krone bereits seit längerer Zeit durch feste Wechselkurse an die DM gekoppelt ist, wird das Land dem Sog des Euro auch bei einer Ablehnung kaum entgehen können.
Nachdem man Bundeskanzler Schröder immerhin ausreden konnte, ausgerechnet dem Pulverfaß San Sebastián einen Besuch abzustatten, reisten Spaniens Ministerpräsident Aznar und König Juan Carlos gemeinsam mit dem hohen Staatsgast zur Eröffnung des Chillida-Museums ins baskische Hernani. Die Stadt wird von der parlamentarischen Separatistenplattform Euskal Herritarrok mit absoluter Mehrheit regiert und gilt als Hochburg des Widerstandes gegen den Verbleib bei Spanien. Kurz vor dem Eintreffen des hochrangigen Trios konnte die Polizei auf einem 500 Meter vom Museum entfernten Hügel acht geladene, selbstgebastelte Granatwerfer sicherstellen. Die Effektivität der Abschußvorrichtungen ist strittig, so daß der Attentatsversuch vielleicht eher propagandistisch zu werten ist. Man vermutet einen Anschlag der ETA, deren Kommando jedoch im letzten Augenblick gestört wurde und sich absetzen mußte. Der Besuch wurde planmäßig fortgesetzt, und Schröder ließ sich auch von der Straßenschlacht zwischen Polizei und ETA-Anhängern nicht beeindrucken. Während der Straßenkämpfe fiel ein sozialistischer Stadtrat der aufgebrachten Menge in die Hände und wurde krankenhausreif geschlagen. In Galdacano bei Bilbao wurde die Kommandozentrale des ETA-Kommandos Vizcaya von der Polizei ausgehoben. Im nahegelegenen Nobelviertel Getxo brannten Separatisten die Niederlassung eines Autohändlers nieder. Ein ETA-Kommando richtete in Sant Adria del Besos bei Barcelona den konservativen Stadtrat José Luís Casado buchstäblich hin. Die spanischen Gewerkschaften verurteilten den Anschlag als einen "Akt des Faschismus". Unterdessen erklärte die konservative Volkspartei, die Sozialisten bei einem Misstrauensantrag gegen den baskischen Regierungschef Ibarretxe (PNV) unterstützen zu wollen, falls dieser keine vorgezogenen Wahlen ankündige.
Im Raum Bayonne wurde der ETA-Spitzenkader Ignacio García Arregui, der auch als Inaki de Renteria bekannt ist, verhaftet, ferner nahm die französische Polizei weitere 16 Festnahmen von Separatisten und Sympathisanten vor. Unter den Verhafteten befinden sich vier für den Bombenbau zuständige "Ingenieure" sowie die Paßfälschungsexpertin María del Rosario Delgado Iriondo. Die Franzosen hoben ferner zwei Sprengstofflager auf baskischen Bauernhöfen und eine Waffenfabrik der ETA aus. Sicherheitsexperten in Madrid und Paris geben keinesfalls Entwarnung: Es sei nun mit dem Einsatz bislang unbekannter Reservisten durch die ETA zu rechnen, außerdem habe der militärische Flügel der Organisation stets einen intakten Parallelapparat vorbereitet. "Diario 16" berichtete unterdessen, García Arregui sei schon seit Jahren nicht mehr die Führungspersönlichkeit der ETA-militar.
In der kurdischen Sicherheitszone im Nordirak kam es zu Gefechten zwischen der im Irak ansässigen PUK und aus der Türkei eingesickerten PKK-Verbänden, bei denen es 15 Tote gab. PUK-Kommandeur Jalal Talabani weilte kurz vor Beginn der Kämpfe in Ankara, wo er unter anderem von Ministerpräsident Ecevit empfangen wurde. Ferner soll eine türkische Militärdelegation Talabani kurz vor Beginn der Kämpfe aufgesucht haben. Möglicherweise strebt die Türkei danach, mit Hilfe Talabanis die aus Anatolien in den Nordirak ausgewichenen PKK-Verbände in die Zange zu nehmen.
Im UN-Sicherheitsrat gerät das zivile Flugverbot gegen den Irak zunehmend unter Druck. Neben der Air France erwägt die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot, Bagdad ab Oktober wieder in ihren Linienplan aufzunehmen. Mit UN-Genehmigung hat Aeroflot bereits eine Gruppe russischer Erdölexperten in den Irak eingeflogen. Auch Jordanien hat eine Wiederaufnahme des Flugverkehrs mit Bagdad bei der UNO beantragt und wird inoffizielle Gespräche mit dem US-Außenministerium führen. Das UN-Embargo wird durch den Fall des Flugverbotes zwar nicht aufgehoben, aber immerhin gelockert. Saddam Hussein verschärft indessen die innenpolitische Repression: Neben der Einführung barbarischer Verstümmelungsstrafen werden die Aktivisten der Baath-Partei zu einer einjährigen militärischen Ausbildung verpflichtet. Obwohl der Sicherheitsrat eine schrittweise Lockerung des Embargos in Aussicht stellte, verwehrt der Irak der neuen UN-Inspektorentruppe UNMOVIC weiterhin die Einreise, da London und Washington immer neue Vorwände zur Verlängerung der Sanktionen vorbringen würden. Frankreichs Außenminister Vedrine drängt zwar ebenfalls auf Zusammenarbeit mit UNMOVIC, bezeichnet das Embargo aber andererseits als "primitive Herangehensweise" und in sozialer Hinsicht "grausame Maßnahme". Tarik Asis als stellvertretender Ministerpräsident regt eine schnellere Problemlösung durch Wiederaufnahme ziviler Flugverbindungen und Freigabe humanitärer Verträge an.
Einem Bericht der "Times" zufolge gelang es dem Staatssicherheitsdienst der DDR in den 80er Jahren, die britische Denkfabrik Royal Institute of International Affairs zu infiltrieren. Unter dem Decknamen Eckart soll ein SSD-Agent mindestens sechs Jahre lang Ostberlin mit hochkarätigen Insiderinformationen beliefert haben. Zu den von Eckart ausgekundschafteten Personen zählte auch Maggie Thatcher.
Im zweiten Wahlgang der Kölner Oberbürgermeisterwahlen setzte sich der CDU-Kandidat Fritz Schramme mit 52,3 % gegen die Sozialdemokratin Anke Brunn mit 47,7 % der Stimmen durch. Die Wahlbeteiligung lag bei gerade 39 %, so daß Schramma eigentlich nur von 20,3 % der Kölner gewählt wurde. Durch den Wahlsieg behält die Koalition von CDU und FDP im Rat der viertgrößten Stadt Deutschlands ihre Mehrheit von einer Stimme.
Die USA und die BRD beabsichtigen den Abschluß einer Vereinbarung zum Umgang mit Rüstungstechnologie. Washington wird Berlin Einblicke in bislang als geheim geltende Projekte gewähren, und als Gegenleistung willigt die BRD in die einvernehmliche Festlegung von Käuferstaaten für einzelne Waffensysteme ein. Damit unterliegt der Export bundesdeutscher Rüstungsgüter nach Afrika, Asien oder Nahost den Bestimmungen der USA. Bundeswehr und Rüstungsfirmen haben vor allem an Raketen- und Radartechnik sowie an Computerprogrammen reges Interesse angemeldet.
Vojislav Kostunica, Präsidentschaftskandidat des Oppositionsbündnis DOS bei den anstehenden Wahlen in Jugoslawien, gewährte dem SPIEGEL ein Interview. Kostunica äußerte, bei einer erneuten NATO-Intervention etwa im Falle von Unruhen nach Wahlfälschungen durch Milosevic gebe es auch für die serbische Opposition keinen politischen Spielraum mehr. "Das Beispiel der Serbischen Republik in Bosnien zeigt, daß unter dem Protektorat der internationalen Gemeinschaft Politik jeden Sinn eingebüßt hat." Nach dem Sturz des Milosevic-Regimes werde sich die Präsenz der USA in Südosteuropa deutlich verringern. Die Russen sollten hingegen bleiben, da sie als Teil Europas die Probleme auf dem Balkan besser verstehen als die Amerikaner. Kostunica ist vor allem an bundesdeutscher Kapitalhilfe interessiert. Die Opposition tritt für wirtschaftliche Annäherung an die EU, Schuldenerlaß für Jugoslawien und Einführung der DM als Zeitwährung ein. Eine Auslieferung des amtierenden Staatschefs an die alliierte Siegerjustiz lehnt Kostunica ab, denn sein größtes Verbrechen habe Milosevic am serbischen Volk begangen. "Die NATO-Intervention im Kosovo war ein großes Fiasko. Es wurde nichts erreicht - das Chaos ist größer als zuvor...Amerikas Nationalismus ist extremer als meiner. Denn der verbreitet sich über die ganze Weltkugel. Meine Sorge gilt ausschließlich der Situation meines Volkes - ohne Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern." Die Repression des Belgrader Regimes schwankt unterdessen zwischen brutalen Polizeiaktionen gegen Oppositionelle, militärischen Drohungen des Generalstabs und bisweilen bizarren Verunglimpfungen des politischen Gegners. Als Beobachter der kommenden Wahlen sind Vertreter Chinas, Indiens und Rußlands sowie Kriegsgegner aus den NATO-Ländern zugelassen. Die US-Regierung hat derweil beschlossen, bis zum nächsten Jahr die jugoslawische Opposition mit 77 Millionen Dollar zu unterstützen.
In Brüssel besprachen die EU-Außenminister die Lage auf dem Balkan. Im Falle eines Kostunica-Wahlsieges in Jugoslawien wird die EU dem Land Wirtschafts- und Wiederaufbauhilfe sowie politische Unterstützung bei der Rückkehr in die internationale Staatengemeinschaft gewähren. Ferner werden Kroatien, Albanien, Bosnien, Mazedonien und das Kosovo einen erleichterten Marktzugang zur EU erhalten. Diese Liberalisierung kommt vor allem den zollfreien Industrieprodukten zugute. Als Voraussetzung für die Bildung einer an die EU angekoppelten Freihandelszone werden Demokratisierung und engere wirtschaftliche Verflechtung der Balkanstaaten untereinander genannt.
Im Nordwesten Kolumbiens lieferten sich Verbände der Befreiungsbewegung FARC und Regierungstruppen anhaltende Kämpfe. Im Raum Dabeiba nördlich Medellín verlor die kolumbianische Armee mehr als 60 Mann, die Verluste bei der FARC werden ebenfalls als nicht unbeträchtlich eingestuft. Die Regierungstruppen führen hier mit Unterstützung amerikanischer Black Hawk-Kampfhubschrauber einen Präventivschlag gegen Bereitstellungen der Guerrilleros. Mit General Peter Pace ist der neue US-Befehlshaber für Militäreinsätze in Lateinamerika zu einem 3tägigen Besuch in Kolumbien eingetroffen. Pace verhandelte in Bogotá mit dem kolumbianischen Oberbefehlshaber General Tapias und dem Polizeichef General Gilibert über die geplanten Aufrüstungs- und Ausbildungsmaßnahmen für die Regierungstruppen. Wohl als Verzweiflungstat kann man das Angebot der Regierung werten, sie würde bei Einstellung der Kampfhandlungen und der Entführungen die Finanzierung der Guerrilleros übernehmen. Allein in der ersten Jahreshälfte wurden in Kolumbien nach der Schätzung einer Stiftung 1.750 Menschen gekidnappt. Davon entfielen 477 Entführungen auf die FARC und 381 auf die rivalisierende Guerrillabewegung ELN; der Rest geht zu Lasten von Drogenbaronen und Todesschwadronen.
In Belgrad wurde der Kriegsverbrecherprozeß gegen 14 westliche Führer wie Bill Clinton, Madeleine Albright, Tony Blair, Jacques Chirac, Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Rudolf Scharping, Javier Solana und NATO-Oberbefehlshaber General Wesley Clark eröffnet. Die Anklageschriften wurden den abwesenden Angeklagten auf diplomatischem Wege zugestellt; sie werden vor Ort durch Pflichtverteidiger vertreten. Nach dem jugoslawischen Strafrecht lautet die Anklage auf Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, Verwendung illegaler Kampfmittel wie Splitterbomben und Uranmantelgeschosse, Verletzung der territorialen Souveränität und Mordversuch am Staatspräsidenten. Die NATO-Bomber haben mindestens 503 Zivilisten sowie 240 Soldaten und 147 Polizisten getötet. Amnesty international ist ebenfalls der Ansicht, daß die NATO vor allem mit der Tötung von Zivilisten und der Bombardierung nichtmilitärischer Ziele Kriegsverbrechen begangen hat.
Die konservative Parlamentsmehrheit in Litauen hat beschlossen, daß der Unabhängigkeitserklärung von 23. Juni 1941 derselbe rechtliche Rang zukomme wie denjenigen von 1918 und 1990. Gegen den Beschluß protestierten linke und jüdische Organisationen, da die Regierung vom Juni 1941 eng mit den deutschen Invasoren zusammenarbeitete. Auch hier scheiterte eine effektive Kooperation am Wahnsinn der hitleristischen Ostpolitik: Anstatt den kollaborationsbereiten Litauern die Unabhängigkeit zu gewähren, gliederte man das Land in das Reichskommissariat Ostland ein.
Auf der Magdeburger Regionalkonferenz der PDS bekräftigte die designierte Bundesvorsitzende Gabriele Zimmer ihren Führungsanspruch. Roland Claus als parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion erhob "gesellschaftliche Mehrheiten für eine Mitte-Links-Politik" zum Ziel der Partei. "Und wir brauchen die Kunst, auf der Grundlage unserer Konzepte Kompromisse einzugehen und trotzdem die ursprüngliche Vision nicht aus den Augen zu verlieren." Zimmer ermunterte die PDS zu einer bürgernäheren Politik und zur Abkehr von den selbstzerstörerischen internen Diskussionen. Nach Berlin zeigen sich nun auch in Brandenburg deutliche Anzeichen für eine politische Annäherung zwischen SPD und PDS - in beiden Bundesländern regieren die Sozialdemokraten gemeinsam mit der ungeliebten CDU.
Die von 500 Personen besuchte Solidaritätskundgebung für den "Club 88" in Neumünster hatte sich mit einer nicht gerade friedlichen Gegendemo auseinanderzusetzen. Eine Horde von 150 Autonomen, angereist aus Hamburg, Berlin und Kiel, verbrüderte sich mit örtlichen Straßenbanden türkischer Chauvinisten und lieferte sich Auseinandersetzungen mit den anwesenden Polizeibeamten. Die Sicherheitskräfte tätigten 101 vorläufige Festnahmen und zeigten 17 Personen wegen Landfriedensbruches, Sachbeschädigung und Diebstahl an. Einsatzleiter Pistol (sic!) beklagte sich über das wie üblich würdelose Auftreten der Autonomen, es bleibe ein bitterer Nachgeschmack, "wenn vermeintliche Retter der Demokratie Steine schmeißen". Indem sie sich mit Flaschen, Steinen und Farbbeuteln bewerfen ließen, könnten die "Nazis" den Eindruck erwecken, sie wären friedfertig.
Die unnachgiebige Haltung Tony Blairs in der Erdölkrise brachte der Labour-Regierung einen Tiefstand in der Wählergunst ein. Erstmals seit 1992 ist die Labour Party in einer Umfrage hinter die Konservativen zurückgefallen. Während die Tories auf 38 % der Wählerstimmen kommen, liegen die Sozialisten nur noch bei 36 %. Eine weitere Umfrage sieht beide Parteien gleichauf. In den Augen von 73 % der Befragten ist Blair arrogant und hat keinerlei Bezug zur Basis mehr. Sehr ungelegen kommt in dieser Situation der Skandal um eine illegale Millionenspende des Formel Eins-Chefs Bernie Ecclestone. Das Geld strich Blair kurz nach seinem Wahlsieg 1997 ein; sein von ihm persönlich informierter Schatzkanzler Brown dementierte wider besseres Wissen.
Die "Berliner Zeitung" führte ein Interview mit Viktor Orban, dem Ministerpräsidenten der ungarischen Regierung aus Rechtsliberalen und Konservativen. Obwohl die Regierung in Budapest dem Kabinett Schüssel in Wien nicht unähnlich ist und gegebenenfalls mit Sanktionen zu rechnen hätte, wird sie die Entscheidung über den Beitritt Ungarns zur EU einer Volksabstimmung überlassen. Ein Volksentscheid in den EU-Staaten wäre jedoch eine Beleidigung des nationalen Selbstwertgefühls der Ungarn. Auch wenn die EU sich nicht auf einen Zeitplan für die Beitrittsverhandlungen einigen kann, will Orban das wirtschaftliche Anpassungsprogramm fortsetzen. Die EU wird aufgefordert, endlich konkrete Standpunkte zur Agrarpolitik, zum Strukturfonds, zur Freizügigkeit der Arbeitskräfte und zur Umsetzung des Schengener Abkommens an den ungarischen Grenzen zur Slowakei und zu Rumänien zu formulieren. Im Hinblick auf die ungarischen Minderheiten in diesen Staaten heißt es: "Wir erörtern derzeit, welchen Status die jenseits der ungarischen Grenzen lebenden Ungarn erhalten sollen. Wie sie Arbeit aufnehmen dürfen, welche Bildungsmöglichkeiten und welche medizinische Versorgung sie haben sollen. Und zu welchen Bedingungen sie die ungarische Grenze überschreiten dürfen."
In der nordirischen Grafschaft Down zündete die paramilitärische Unionistengruppe Loyalist Volunteer Force eine Haftbombe an einem Pkw. Die Ladung sprengte den Sicherheitschef eines Nachtklubs in Bangor in die Luft, welcher der LVF in seinem Etablissement ihre Drogengeschäfte verwehren wollte. Wenige Stunden zuvor zerstörte ein Sprengsatz der Ulster Volunteer Force UVF in Belfast ein Büro zur Betreuung inhaftierter Paramilitärs der Ulster Defence Association UDA. Bei Nachwahlen im Wahlkreis South Antrim verlor die Ulster Unionist Party von Nordirlandpremier David Trimble ihren Unterhaussitz an William McCrea von Ian Paisleys Democratic Unionist Party, die bekanntlich den Friedensprozeß entschieden ablehnt.
Mit einem spektakulären Raketenwerferanschlag auf die festungsartig gesicherte Zentrale des britischen Auslandsgeheimdienstes Secret Intelligence Service (ehemals MI-6) in London wurde auch die Öffentlichkeit in England wieder auf die Spannungen in Nordirland aufmerksam gemacht. Obwohl der Sachschaden durch die eingesetzte RPG-7 russischer Bauart nur gering war, löste die Sperrung von Straßen und Bahnlinien in der Umgebung ein Verkehrschaos aus. Auch die Zugverbindung Paris-London durch den Eurotunnel mußte vorübergehend stillgelegt werden. Alan Fry, Leiter der Antiterrorabteilung der Londoner Polizei, vermutet die Täter in den Reihen der Real IRA, die sich 1997 von der Friedenspartei trennte und das "Friedensabkommen" für Nordirland ablehnt. Im Juni zündete die Real IRA eine Bombe unter der Londoner Hammersmith-Brücke, und im Juli deponierten die Republikaner am U-Bahnhof Ealing zum 100. Geburtstag der Königinmutter eine Paketbombe. Beide Male entstand durch das Verkehrschaos erhebliche volkswirtschaftliche und psychologische Wirkung. Die erstarkte Real IRA deckte sich in Kroatien und dem Libanon wahrscheinlich schiffsladungsweise mit Waffensystemen ein - erst kürzlich beschlagnahmte der irische Zoll eine Ladung Granat- und Raketenwerfer aus Kroatien. Nach Angaben des "Daily Telegraph" besitzt die Real IRA mindestens 40 RPG-7, die Mitte der 80er Jahre aus Libyen nach Irland geliefert wurden.
Mit 83 gegen 15 Stimmen stimmte auch der US-Senat der Normalisierung der Handesbeziehungen mit China zu. Hiermit traf der US-Kongreß die wichtigste handelspolitische Entscheidung seit dem NAFTA-Gesetz von 1993. Die Normalisierung wird mit dem Beitritt der VR China zur Welthandelsorganisation WTO um die Jahreswende herum in Kraft treten. Washington verspricht sich freien Zugang zum chinesischen Markt und Exportzuwächse allein in der Landwirtschaft von bis zu 2 Milliarden Dollar. Die Gewerkschaften befürchten jedoch Arbeitsplatzverluste durch chinesische Billigwaren und die Verlagerung von Betrieben ins Reich der Mitte. Bis zum Jahr 2004 wird China die Agrarzölle von durchschnittlich 31 auf 14 % senken; im Automobilsektor stehen bis 2006 Senkungen von 100 auf 25 % an. Unter Auflagen werden beispielsweise Telekommunikation und Versicherungsmarkt für ausländische Firmen geöffnet. Ministerpräsident Zhu Rongji erhofft sich Rückenwind für die erforderliche Reform vor allem der oftmals maroden Staatskonzerne, die den Großteil des Kreditvolumens verschlingen und damit Volksvermögen vernichten. In wettbewerbsfähigen Industrien und im Dienstleistungsbereich sollen Arbeitsplätze geschaffen werden, doch zunächst ist einmal mit einem Anpassungsschock zu rechnen. Viele der bislang staatlich geschützten chinesischen Unternehmen werden zusammenbrechen, und die Bauern können nicht mit billigen Agrarimporten konkurrieren. Schon jetzt werden alleine in den ländlichen Regionen 40-100 Millionen Arbeitslose vermutet. Die OECD warnt Peking dennoch davor, seine Reformen mitten in einem kritischen Stadium einzufrieren.
Ausschreitungen gegenüber der Zivilbevölkerung scheinen bei der US-Soldateska auch bei "UN-Missionen" zum guten Ton zu gehören: Nach den Vorfällen in Mosambik sollen sich US-Truppen auch im Kosovo durch die Mißhandlung von Zivilisten sowie durch sexuelle Belästigungen hervorgetan haben. Hinweise auf derartige Vorfälle wurden von den vorgesetzten Offizieren ignoriert. Schwerpunkt der Vorfälle scheint das 504. Luftlandebataillon der ruhmreichen 82. Airborne Division zu sein, wo mittlerweile gegen 4 Offiziere und 5 Mannschaften und Unteroffiziere zum Teil niedrige Disziplinarstrafen wegen Mißhandlung albanischer Zivilisten verhängt wurden. Albanischen Quellen zufolge taten sich die in Vitina stationierten Amerikaner vor allem durch Saufexzesse und Sexorgien hervor. Das Divisionskommando weitete in seinem Sektor seine Zuständigkeiten willkürlich auf die Zerschlagung albanischer Splittergruppen und der völlig korrupten albanischen Ortsverwaltung aus, was wiederum auf das Fehlen einer effektiven UN-Polizei zurückzuführen ist. Mit Polizeiaufgaben sollte man keine Truppe betrauen, die auf schnelles und aggressives Vorgehen in Kriegsgebieten gedrillt ist, wie schon die Briten beim Bloody Sunday feststellen mußten.
Drei Rebellen aus den Reihen der südserbischen Albaner-Guerilla UCPMB sind bei Schießereien mit der serbischen Polizei bei der Ortschaft Dobrosin getötet worden. Die Tageszeitung "Koha Ditore" berichtete, es gebe wachsende Spannungen entlang der Verwaltungsgrenze zum Kosovo.
In Venedig eröffnete die Lega Nord ihren Wahlkampf für die italienischen Parlamentswahlen. Parteichef Umberto Bossi und seine Grünhemden verzichteten auf separatistische Propaganda, um die Koalition mit Berlusconi nicht zu gefährden. Die Parole lautet nunmehr als Devoluzione, also auf eine Stärkung der italienischen Regionen. Themen der Legisten sind u.a. Agitation gegen "gleichmacherischen" Sozialismus und "unnatürliche" Homosexualität, die rassische Erziehung hin zum "Keltentum" sowie die angeblich von Freimaurern gesteuerte Einwanderungswelle der letzten Jahre. Bossi sollte sich besser nicht über Vergleiche mit der rechtsreaktionären FPÖ oder den deutschnationalen Parteien in der BRD beschweren.
In der "Hindustan Times" kommt der indische Sicherheitsexperte und Wissenschaftler A.P.J. Abdul Kalam zu Wort. Kalam informiert die Öffentlichkeit, die Atommacht indien sei zum Entwurf und Bau von Interkontinentalraketen imstande. Die Regierung in Neu-Delhi müsse sich jetzt entscheiden, ob sie auch tatsächlich solche Waffensysteme produzieren wolle. Der Iran testete eine Mittelstreckenrakete der neuen Baureihe Schahab 3D, die offiziell als nichtmilitärisches Forschungsprojekt gilt.
Der niederländische Europa-Staatssekretär Dick Benschop hat im Namen seiner Regierung die Einführung korrektiver Referenden in der EU ins Gespräch gebracht. Auf diesem Wege könnte die Bevölkerung innerhalb einer bestimmten Frist Beschlüsse der EU rückgängig machen. Benschop sieht im Referendum eine politische Notbremse, falls die Bevölkerung bei einer wirklich brisanten Frage mit der parlamentarischen Entscheidung unzufrieden ist. Die EU würde auf diese Weise gezwungen werden, sensible Vereinbarungen unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses zu treffen. Ferner treten die Niederlande für eine begrenzte Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips ein. In Asyl- und Einwanderungspolitik, Umweltfragen, Personalentscheidungen und bestimmten Bereichen des Steuerwesens sollen Mehrheitsentscheidungen eingeführt werden. Die Bildung einer EU-Avantgardegruppe á la Fischer wird von Den Haag jedoch entschieden abgelehnt. Wenn einige Länder den Integrationsprozeß vorantreiben wollen, sollten sie hierbei auf Parallelinstitutionen verzichten.
Entgegen früherer Aussagen weilte Kohls Finanzberater Horst Weyrauch auch nach dem April 1992 in der Schweiz, um daselbst ein bislang unbekanntes Schwarzgeldkonto zu betreuen. Damit erhält der Verdacht neue Nahrung, daß die zwei Kohl-Millionen nicht von anonymen Spendern stammen, sondern tranchenweise von diesem neuentdeckten Konto in die CDU-Kassen transferiert wurden. Die Pariser Zeitung "Le Monde" berichtete, der untergetauchte Holger Pfahls, Staatssekretär im Verteidigungsministerium und ex-Chef des Verfassungsschutzes, sei im Zuge der Leuna-Privatisierung mit 6 Millionen DM bestochen worden. Diese Elf-Gelder wurden ihm durch den Mittelsmann Dieter Holzer zugeleitet. Das Geld wurde mit Hilfe der Luxemburger DSL-Bank über Briefkastenfirmen in Panama gezahlt. Bislang war nur bekannt, daß Pfahls im Rahmen der Panzeraffäre 3,8 Millionen DM von Siemens kassierte. Interessant scheint auch die Nachricht, daß der seit April 1999 mit internationalem Haftbefehl gesuchte Pfahls noch im Juni 1999 incognito unbehelligt nach Großbritannien einreisen konnte.
Im Jahr 1999 zahlte die BRD einen Nettobeitrag von 18,5 Milliarden DM an die EU und ist damit vor Großbritannien und den Niederlanden der größte Nettozahler. Den größten finanziellen Nutzen konnten Spanien (14 Milliarden DM), Griechenland, Portugal und Irland erzielen, die weitaus mehr Geld erhielten als sie selbst einzahlten. Die BRD zahlt fast 30 % der EU-Ausgaben, erhält aber nur einen wesentlich geringeren Anteil aus dem Brüsseler Haushalt zurück. Mindestens bis zum Jahr 2006 wird sich an diesem Zustand nichts ändern.
In einem offiziellen und nicht als geheim eingestuften Bericht räumt die CIA erstmals einige ihrer Aktionen in Lateinamerika ein. Unter anderem war der US-Nachrichtendienst in die Entführung und Ermordung des chilenischen Armee-Oberbefehlshabers General Schneider im Jahr 1970 verwickelt. Eine direkte Beteiligung am Putsch Pinochets 1973 streiten die Amerikaner ab, geben aber immerhin zu, von den Vorbereitungen unterrichtet worden zu sein. Ferner werden Kontakte Pinochets Geheimpolizeichef General Contreras Sepulveda erwähnt, der zwischen 1974 und 1976 für die CIA arbeitete. Natürlich habe man nicht etwa 1976 den chilenischen Sozialisten Orlande Letelier in Washington mit einer Autobombe ins Jenseits befördert. Keinerlei Erwähnung fand der dreijährige Wirtschaftskrieg gegen die Regierung Allende.
Die UN stellten ihren Weltbevölkerungsbericht vor, nach dem jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben vergewaltigt oder mißhandelt wird. Weltweit haben 150 Millionen Frauen keinen Zugang zu Verhütungsmitteln, und von jährlich 80 Millionen ungewollten Schwangerschaften werden zwei Drittel durch oft illegale Abtreibungen beendet. Hierbei sterben im Jahresmittel 78.000 Frauen. Die OECD-Staaten haben 1999 weniger Geld für die Familienplanung in der Dritten Welt ausgegeben, als die BRD für die EXPO verschleuderte. 1999 starben 60 Millionen Frauen an Vernachlässigung, Mißhandlung oder selektiver Abtreibung wie in Indien und China. Zur Prostitution gezwungen werden 2 Millionen Mädchen zwischen 5 und 15 Jahren. In den Entwicklungsländern liegt die Zahl der HIV-positiven Frauen um 600 % über derjenigen der Männer. In Botswana sei die Lebenserwartung durch AIDS bereits von 61 auf 40 Jahre gefallen. Nach Berechnungen der Weltbank geht weiblichen Arbeitskräften jedes fünfte Lebensjahr durch schlechte Arbeitsbedingungen verloren. Insgesamt erhalten Frauen nur die Hälfte des Männerlohnes.
Nach Strom, Gas, Post und Telekommunikation plant die Bundesregierung nunmehr die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung. Die kommunalen Wasserwerke sollen durch private Betreiber abgelöst werden. Nach Ansicht der Liberalisierungsbefürworter würden die Trinkwasserpreise deutlich fallen - während ein Kubikmeter in der BRD 2,85 DM kostet, liegen die Preise in Großbritannien bei 1,70 DM und in Spanien bei 0,40 DM. Für die großen Versorgungskonzerne ist der bundesdeutsche Wassermarkt mit einem Umsatzpotential von bis zu 40 Milliarden DM im Jahr eine Goldgrube. Internationale Marktführer sind Vivendi mit 80 Millionen und Suez-Lyonnaise des Eaux mit 77 Millionen Kunden, beides transnationale Konzerne aus Frankreich. Hinzu kommen die britischen Unternehmen Thames Water mit 20 Millionen und United Utilities mit 25 Millionen Kunden. Ins deutsche Wassergeschäft will vor allem der aus der Fusion von Veba und Viag entstandene Versorgungsriese E.ON. Mit Qualitätsverlusten ist zu rechnen: Während in der EU bis zu 50 mg Nitrat je Liter zugelassen sind, haben die meisten Kommunen diesen Wert auf 10-20 mg gesenkt.
Im vergangenen Jahr genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 5,92 Milliarden DM. Hiervon entfallen 2,9 Milliarden DM auf Kriegsschiffe, 765 Millionen DM auf militärische Ketten- und Radfahrzeuge, 646 Millionen auf Flugzeuge und Flugzeugteile sowie 461 Millionen DM auf Handfeuerwaffen. Bei 9373 genehmigten Einzelanträgen wurden von SPD und Grünen ganze 85 Anträge im Wert vom 10,2 Millionen DM abgelehnt. Viele Anträge werden jedoch schon vor dem Verfahren zurückgezogen. Rund zwei Drittel der Genehmigungen beziehen sich auf Staaten in EU oder NATO sowie auf die Schweiz, Japan, Neuseeland und Australien. Für alle diese Staaten sehen die rot-grünen Exportrichtlinien die grundsätzliche Genehmigung jeder Waffenlieferung vor. Die Türkei beispielsweise erhielt Lieferzusagen über "Marinetechnik" für 1,9 Milliarden DM, Israel für 477 Millionen DM. Die tatsächlichen Lieferungen, die teilweise noch auf Exportgenehmigungen der Regierung Kohl zurückgehen, liegen bei 2,84 Milliarden DM - der Großteil der Geschäfte wird erst deutlich nach dem Genehmigungsverfahren abgewickelt. Hier führt Israel mit U-Booten für 940 Millionen DM.
Die EU-Kommission sicherte zu, sie werde sich nicht in die Finanzierung kommunaler Einrichtungen wie Schulen oder Feuerwehren einmischen. Im Falle der öffentlich-rechtlichen Sparkassen und der Landesbanken behält Brüssel sich jedoch die Genehmigung staatlicher Finanzhilfen im Einzelfall vor. Die Landesbanken und Sparkassen wurden nicht wie von den Bundesländern gewünscht als Bestandteil der Daseinsfürsorge anerkannt und müssen in einigen Fällen mit Strafzahlungen für unzulässige staatliche Beihilfen rechnen. Bestandteile der Daseinsfürsorge sind beispielsweise staatliche Hoheitsaufgaben, Bildungswesen, Sozialversicherungen und Wohlfahrtsverbände. Die EU-Kommission erkennt an, daß es Angelegenheit der Mitgliedsstaaten ist, die Leistungen der Daseinsfürsorge zu definieren. Staatliche Finanzhilfen für die Daseinsfürsorge dürfen jedoch nicht so hoch ausfallen, daß sie den Wettbewerb verzerren.
Die EU-Kommission hat Mindestnormen für das Asylverfahren vorgeschlagen, um diese zu verkürzen und zu vereinfachen. Die eigenen Verfahren der Mitgliedsländer werden beibehalten, sofern sie die neuen Standards nicht unterschreiten. Zu den Standards gehört das Recht des Asylbewerbers auf einen Rechtsbeistand, auf eine persönliche Anhörung und auf ein Berufungsverfahren. Die Berufung ist jedoch auf zwei Instanzen beschränkt. Nach Vorbild der BRD dürfen die EU-Staaten Sonderregeln für offensichtlich unbegründete Asylfälle einführen - gemeint sind die Definition sicherer Drittländer und das Flughafenverfahren, bei dem Flüchtlingen unter bestimmten Umständen noch an der Grenze verweigert wird. Auch hier sind gemeinsame Standards festzulegen. Mit dem Vorschlag der Kommission müssen sich nun der Ministerrat sowie das Europäische Parlament befassen. Im letzten Jahr haben nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) rund 250.000 Menschen in den Ländern der EU um Asyl nachgesucht. Der größte Teil davon waren Kosovo-Albaner, gefolgt von Irakern und Afghanen.
Auf Schloß Ecouen bei Paris kamen die EU-Verteidigungsminister zu einem informellen Treffen zusammen, um über die geplante schnelle Eingreiftruppe zu beraten. Die Krisenreaktionskräfte sollen 2003 in einer Stärke von bis zu 60.000 Mann einsatzbereit sein. Bedenklich erscheint die Absicht, diese Streitmacht von einem nur 90 Offiziere zählenden Führungsstab befehligen zu lassen. Bundesverteidigungsminister Scharping stellt 18.000 Mann in Aussicht. Gemeinsam mit den Niederlanden wird die Bundeswehr ihre Transportkapazitäten zur Luft und zur See ausbauen, womit wohl klar ist, daß das deutsch-niederländische Korps auch ein Führungsstab der geplanten NATO-Eingreiftruppe sein wird. Die künftige EU-Streitmacht soll in bis zu 4000 km Entfernung ein Jahr lang operieren können. Am 20. November wird eine "Geber"-Konferenz die Zusammensetzung der Truppen klären. Auch die NATO-Mitglieder Norwegen und Türkei haben bereits Interesse angemeldet.
Die Bundesregierung wird das Arbeitsverbot für Asylbewerber aufheben. Nach einer Wartezeit von einem Jahr stehen Asylbewerber und Geduldete dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Für sie gilt eine Nachrangigkeitsprüfung: Wenn Deutsche und EU-Bürger die offene Stelle nicht annehmen, kann sie an diese Personengruppen vergeben werden. Steht eine Verlängerung der Arbeitsverträge an, wird es keine Prüfung mehr geben. Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge mit Aufenthaltsbefugnis sowie "traumatisierte Flüchtlinge" dürfen sich ohne Wartezeiten ins Arbeitsleben stürzen, für Traumatisierte entfällt sogar die Nachrangigkeitsprüfung. Derzeit gilt das Arbeitsverbot für 118.000 Menschen - die Kommunen sparen 900 Millionen DM an Leistungen ein. Der zu erwartende Beitrag zum BIP liegt selbst bei einer Beschäftigung in unteren Lohngruppen bei 3,3 Milliarden DM, die Mehreinnahmen der Sozialversicherung betragen 1,3 Milliarden DM.
Die IG Metall zieht gegen die nicht dem DGB angehörende Deutsche Angestelltengewerkschaft DAG vor Gericht. Hintergrund ist der im April zwischen der Zeitarbeitsfirma Randstad und den Gewerkschaften DAG und ÖTV abgeschlossene Tarifvertrag. Zu Jahresbeginn schluckte das Leiharbeitsunternehmen den Konkurrenten Timepower, wo die IG Metall die stärkste Gewerkschaft war. Bei Randstad wiederum dominierte die DAG, so daß auf beiden Seiten das Streben nach Vorherrschaft im expandieren Zeitarbeitssektor ein Motiv ist. Zu allem Überfluß rekrutiert die DAG ihre Kandidaten für die vereinbarten sechs Regionalbetriebsräte ausgerechnet aus Niederlassungsleitern und Personaldisponenten, also aus Nutznießern des sozialparasitären Menschenhandels. Genau hiergegen wird die IG Metall klagen. Die Metallergewerkschaft kritisiert völlig zu Recht den abgeschlossenen Tarifvertrag und kündigt eine Klage gegen Randstad wegen Lohndumpings an. In Bremen mußte sich Randstad in einer arbeitsgerichtlichen Urteilsbegründung bereits des Lohnwuchers bezichtigen lassen, da die Tariflöhne um bis zu 30 % unter den ortsüblichen Entgelten liegen. Zur Verbesserung der Lage der Mitarbeiter will die IG Metall einen Tarifvertrag durchsetzen, nach dem die Zeitarbeiter die gleichen Löhne und Sozialleistungen erhalten wie die dortige Stammbelegschaft. Randstad, hier ganz der Prototyp des kapitalistischen Volksschädlings, zahlt Stundenlöhne von 12,57 DM bei gewerblichen und 13,78 DM bei kaufmännischen Mitarbeitern - sofern diese mindestens seit einem Jahr beschäftigt sind. Im Osten gibt es sogar reduzierte Einstiegslöhne mit Abschlägen von bis zu 24 %. Stolz verkündet der DAG-Funktionär Grape: "Wir haben bei Randstad ein Niveau festgeschrieben, daß in anderen Zeitarbeitsfirmen noch lange nicht erreicht ist."