Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 9. bis 15. September 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Kanadische Medienkonzerne fusionieren

UN-Abrüstungskonferenz in Genf

EU hebt Sanktionen gegen Österreich auf

Kommission empfiehlt höhere Politikerbezüge

Wien hebelt Sozialpartnerschaft aus

NATO baut Krisenreaktionskräfte aus

GMX lädt zur Denunziation

Tag gegen Gewalt im Kosovo

OECD bei jugoslawischen Wahlen unerwünscht

Kommunalwahlen in Mazedonien

USA fordern militärische Stärkung der UNO

Grüne diskutieren Rüstungsexporte

Fischer für Ausbau und Reform der UNO

Ukraine nähert sich Rußland an

USA fordern Senkung ihrer UN-Beiträge

DDR plante Besetzung Westberlins

Kuwait zapft irakische Ölfelder an

Israel testet Raketenabwehrsystem

Militärische Spannungen im Baltikum

Zahl der Internetsüchtigen steigt

Spanien verschärft Kampf gegen ETA

Bundeshaushalt 2001

Korruption in der BRD nimmt weiter zu

Linksregierung 2004 in Berlin geplant

Hate crime-Gesetze in der Diskussion

Wahlschiebung bei Hamburger Grünen

Zwangsarbeiter-Entschädigungen nicht ausgezahlt

Landminenkonferenz in Genf

Chase Manhattan schluckt J.P. Morgan

Neues zur Einwanderungsfrage

 

Zitat der Woche:
"Der sogenannte totale Krieg muß sowohl als Aktion wie auch als Zustand total sein, wenn er wirklich total sein soll. Er hat daher seinen Sinn in einer vorausgesetzten, begrifflich vorangehenden Feindschaft. Deshalb kann er auch nur von der Feindschaft her verstanden und definiert werden. Krieg in diesem totalen Sinne ist alles, was an Handlungen und Zuständen aus der Feindschaft entspringt."
- Carl Schmitt

 

In Kanada kündigten die Telefon- und Fernsehgesellschaft BCE Inc. und die Thomson Corporation ihre Fusion an. Das gemeinsame Medienunternehmen wird einen Marktwert von 6,1 Milliarden DM aufweisen. Zu den Bestandteilen der neuen Gesellschaft gehören u.a. Kanadas führende Tageszeitung "The Globe and Mail", die größte private Fernsehfirma CTV, der Internet-Anbieter Globe Interaktiv und das Internet-Portal Sympatico. Bei 4000 Mitarbeitern setzt der Konzern 1,3 Milliarden Kanadische Dollar im Jahr um. BCU wird 70,1 % der Gesellschaft halten, Thomson 20 % und die Woodbridge Company Ltd., die private Holding von Kenneth Thomson, die restlichen 9,9 %. Kenneth Thomson pumpt 385 Millionen Kanadische Dollar in bar in die Firma.

 

Die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Österreich kam trotz des eindeutigen Berichtes der "drei Weisen" nicht ganz freiwillig zustande. Die EU-Kommission, Großbritannien und vor allem Dänemark scheinen nicht zuletzt aus innenpolitischen Gründen massiven Druck auf Paris ausgeübt zu haben. Bereits während des UN-Millenniumgipfels hielten mehrere der kleinen EU-Staaten Frankreichs Präsident Chirac vor, er führe sich auf wie der "Oberbefehlshaber Europas". Wien drohte unverhohlen damit, vor dem EU-Gipfel von Nizza eine Volksbefragung über das Verhältnis zur Union abzuhalten. Die BRD hielt sich aus der Angelegenheit heraus und überließ die Entscheidung der französischen EU-Präsidentschaft. Vor allem in Hinblick auf die im Frühjahr anstehenden italienischen Parlamentswahlen streben Berlin und Paris nach einem verbindlichen Verfahren, wie die EU fortan rechtsgerichteten Kabinetten begegnen wird. Auch Dänemark könnte angesichts seiner immer stärker werdenden Volkspartei in der Zukunft von Sanktionen betroffen werden. Um die BRD braucht man sich in Brüssel angesichts der totalen Politikunfähigkeit ihrer "Rechten" jeder Schattierung keine Sorgen zu machen. Das politische Verhältnis zwischen Wien und der EU, vor allem aber der BRD, kann als vollständig zerrüttet angesehen werden. Kanzler Schüssel erklärte, selbst nach der Schlacht von Königgrätz 1866 sei Österreich von den Preußen nicht so schlecht behandelt worden wie unter der Regierung Schröder-Fischer. Israel und die USA teilten mit, sie würden auch jetzt keine normalen Beziehungen zu Österreich aufnehmen.

 

Die in Österreich regierende Mitte-Rechts-Koalition von ÖVP und FPÖ verschärft ihren durch umfangreiche Privatisierungen und Rationalisierungen eingeleiteten sozialreaktionären Kurs. Mit der geplanten Abschaffung der Arbeiter- und Angestelltenkammern wird ein wesentlicher Eckpfeiler der österreichischen Sozialpartnerschaft wegfallen. Diese fußt traditionell auf den von Kammern, Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten Preis- und Lohnabsprachen. Der Gewerkschaftliche Linksblock der KPÖ und der linke Flügel der Einheitsgewerkschaft ÖGB fordern als Alternative eine umfassende Reform der Kammern.

 

Der Münchener Freemailprovider GMX droht allen Mitgliedern, die unliebsame politische Ansichten vertreten und in ihren e-mails verbreiten, die umgehende Sperrung ihres mailaccounts und die Denunziation bei den "zuständigen Behörden" an. Auffällige e-mails sollen an eine Beschwerdestelle weitergeleitet werden. "Sie können sicher sein, wir veranlassen das Notwendige." Auch der Internetprovider NWH-Team knickt vor der Denunziationskampagne gegen volkspädagogisch unerwünschte Netzinhalte ein: Auf Druck von links wurde die Homepage des Siegener Bärensturmes aus dem Angebot gelöscht, ferner können künftige Beanstandungen direkt per e-mail an eine Mitarbeiterin der Pressestelle gerichtet werden. Im übrigen sei dem Verfasser der betreffenden NWH-Presseerklärung der Besuch des Volkshochschulkurses "Deutsch für Anfänger" nahegelegt, denn der schauderhafte Satzbau grenzt an funktionalen Analphabetismus.

 

Die jugoslawische Regierung will bei den anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen keine westlichen Beobachter zulassen, um ihre Souveränität und territoriale Integrität zu wahren. Belgrad wird jedoch Beobachter aus befreundeten Staaten wie China, Rußland, Indien und der Ukraine einladen. Informationsminister Matic richtete heftige Angriffe gegen die Opposition, die er als vom Westen ferngesteuert bezeichnete. Vor allem Vertreter von Springers "Welt" und des US-Senders ABC News haben das Mißfallen Belgrads erregt, und das Zentrum für Freie Wahlen und Demokratie Cesid wurde als mutmaßliches "Instrument amerikanischer Agenten" von der Polizei durchsucht. Mittlerweile hat sich auch Vojislav Seselj, der bisherige Verbündete des jugoslawischen Präsidenten Milosevic, mit seiner Serbischen Radikalen Partei SRS eindeutig gegen die Regierungskoalition von Sozialisten (SPS) und Jugoslawischer Linker JUL gestellt. Seinen eigenen Präsidentschaftskandidaten Nikolic wird Seselj jedoch nicht zugunsten des aussichtsreichen Oppositionskandidaten Kostunica zurückziehen. Dieser wurde in Kosovska Mitrovica bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der serbischen Regierung und der Opposition leicht verletzt.

 

Im UN-Sicherheitsrat sprach Bill Clinton sich mit Nachdruck zur Stärkung der UN-"Friedenstruppen" aus. " Wir müssen mehr tun, um die Vereinten Nationen für das auszurüsten, was wir sie zu tun auffordern.  Sie müssen in der Lage sein friedenserhaltende Truppen hervorzubringen, die schnell entsandt werden können, gut ausgebildet und ausgerüstet sind und glaubwürdig Stärke ausstrahlen. Vor der UN-Vollversammlung sekundierte nebst Bundesaußenminister Fischer seine US-Kollegin Albright, man müsse die "Maßnahmen zur Friedensbewahrung" verstärken. "Dies wird mehr ständiges Personal für die Friedensbewahrung erfordern, wobei wir die fähigsten und erfahrensten Mitarbeiter brauchen, die wir finden können. Es erfordert die Erkenntnis der militärischen Planungsstäbe weltweit, daß die Ausbildung für Friedenseinsätze ein legitimer Teil der Sicherheitsstrategie aller Länder ist. Es erfordert die Fähigkeit, nicht nur Streitkräfte der Vereinten Nationen rasch zu entsenden, sondern auch Zivilpolizei sowie Experten der Strafverfolgung und der Reform der Justiz. Es erfordert verbesserte Koordination zwischen militärischen Friedenstruppen und zivilen Friedensarbeitern, so dass begonnene Missionen auch beendet werden und das durch Versöhnung Erreichte Fuß fassen kann."

 

Da wir gerade so schön beim Zitieren sind, lassen wir nun Fischer etwas ausgiebiger zu Wort kommen: "Die Globalisierung eröffnet gerade auch den Entwicklungsländern große Chancen. Wenn sie dennoch so starke Gegenreaktionen hervorruft, so liegt dies an der Unausgewogenheit dieses historischen Prozesses...Im 21. Jahrhundert werden wir zur Lösung der globalen Herausforderungen mehr denn je eine Art global governance benötigen. Hierbei wird den Vereinten Nationen eine zentrale Bedeutung zukommen...Ihre Handlungsfähigkeit entscheidend zu stärken, ist eine Schicksalsfrage für die Menschheit. Hierzu gehört neben der zentralen Reform des Sicherheitsrats, daß sie neue Partnerschaften mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft eingehen. Deutschland unterstützt nachdrücklich die Idee des Generalsekretärs eines Global Compact mit großen Wirtschaftsunternehmen...Das zweite große Thema dieser Generalversammlung ist die Friedenssicherung... Deutschland wird sich daran beteiligen. Friedenseinsätze brauchen ein robusteres Mandat und eine verbesserte personelle und materielle Ausstattung...Wir planen zudem eine 'Aktion Ziviles Friedenspersonal', durch die ein Pool von qualifizierten und kurzfristig einsetzbaren Experten für internationale Missionen geschaffen wird."

 

Ungeachtet aller schönen Worte forderte Albright vor der 55. Vollversammlung eine deutliche Senkung des amerikanischen Mitgliedsbeitrages, bevor Washington sich auch nur bequemt, seine Milliardenschulden an die UNO zu zahlen. Die Stärkung der militärischen Kapazitäten sei nur bei einer breiteren Lastenverteilung dauerhaft möglich. Washington schuldet den UN derzeit 1,8 Milliarden Dollar und sind der weitaus größte Beitragsschuldner. Durch die Zahlungsverschleppung wollen die USA eine Senkung ihres Beitrages von 25 auf 22 % erzwingen, was nicht zuletzt auf Kosten der BRD geschehen wird. Die Bundesrepublik ist mit 9,9 % der drittgrößte Beitragszahler nach Japan.

 

Das irakische Erdölministerium hat Kuwait vorgeworfen, es zapfe in grenznahen Ölfeldern die irakischen Reserven an. Bagdad kündigte "geeignete Schritte" an, während Kuwait die Vorwürfe zurückwies. US-Außenministerin Albright drohte dem Irak mit militärischen Schlägen, falls es zu Aggressionen käme. Durch diese etwas unüberlegte Handlung lief Washington den Irakis ins offene Messer - der Erdölpreis kletterte umgehend auf fast 36 Dollar je Barrel und erreichte ein weiteres Zehnjahreshoch. Die Spannungen um die grenznahen Vorkommen zählten 1990 zu den unmittelbaren Auslösern des irakischen Einmarsches im kleinen Nachbarland.

 

Im Baltikum mehren sich angesichts des litauischen Strebens nach einem NATO-Beitritt die militärischen Spannungen. Bereits im Sommer übten russische Panzerstreitkräfte in provozierender Form direkt an der litauischen Grenze den Durchbruch in die Enklave Königsberg. Moskau bemüht sich seit Jahren um militärische Transitrechte durch Litauen und Polen. Nun haben Rußland und Weißrußland die Bildung eines gemeinsamen Oberkommandos bis Jahresende angekündigt. Diesem Stab werden der Großteil der weißrussischen Armee und die russischen Truppen im grenznahen Raum unterstehen. In dieser Woche wurden erstmals seit 1995 wieder nuklear bewaffnete Bomberverbände der Russen auf weißrussischem Territorium stationiert, was Polen dazu veranlaßte, seine Luftabwehr in Alarmbereitschaft zu versetzen. Verteidigungsminister in Weißrußland ist zu allem Überfluß General Wladimir Uschoptschyka, 1991 Kommandeur der sowjetischen Garnison in Wilna.

 

Mit Reformen von Strafgesetzbuch und Jugendstrafrecht will die spanische Regierung gegen das jugendliche Umfeld der baskischen Befreiungsbewegung ETA vorgehen. Auf Verherrlichung und Rechtfertigung des Terrorismus stehen künftig ein bis zwei Jahre Gefängnis, ebenso auf die Demütigung und Verächtlichmachung von Angehörigen der Opfer. ETA-Sympathisanten zwischen 18 und 21 Jahren können in Bälde zu Strafen von bis zu 20 Jahren verurteilt werden, die Sanktionen gegen Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren werden ebenfalls verschärft. Die jugendlichen Separatisten haben sich künftig vor dem Nationalen Gerichtshof zu verantworten. Xavier Arzalluz von der gemäßigt nationalistischen PNV erklärte, Spaniens Regierungschef Aznar verstehe sich nur auf Repression, und selbst von den zentralistischen Sozialisten kam Kritik. Die ETA-nahe Wahlplattform Euskal Herritarrok bekräftigte ihren Entschluß, nicht mehr im baskischen Regionalparlament mitzuarbeiten. Juan José Ibarretxe (PNV) als nunmehriger Ministerpräsident einer Minderheitsregierung hat bereits die Sozialisten um Unterstützung gebeten. Mit der Festnahme von 20 Personen führte die spanische Polizei einen Schlag gegen die politische Infrastruktur der ETA. Die Inhaftierten werden verdächtigt, Anführer der Dachorganisation EKIN zu sein, welche die Aktivitäten der baskischen Separatisten koordiniert. Arzalluz erklärte hierzu, durch die Festnahmen wolle Madrid über seine mangelnden Erfolge bei der Terrorismusbekämpfung hinwegtäuschen. Der Separatistenführer Otegi warf Aznar vor, er wolle alle für einen unabhängigen baskischen Staat eintretenden Organisationen in den Untergrund drängen. Der militärische Flügel der ETA antwortete, indem er den ehemaligen baskischen Justizminister José Ramón Recalde in San Sebastián mit einem Kopfschuß schwer verletzte. Aznar bekräftigte seine unbeugsame Haltung und verkündete, er werde bis zur Ausrottung des Terrorismus kämpfen. Die baskischen Separatisten verglich er in ihrem Totalitätsanspruch mit den deutschen Nationalsozialisten.  Mit Ignacio Gracia Arregui verhaftete die französische Polizei Freitagnacht den mutmaßlichen ETA-Chef. Der 44jährige Arregui lebte seit 20 Jahren im Untergrund. Die Reaktion bestand in einer erneuten Welle der Gewalt. In Bilbao, Galdako und San Sebastián gingen mehrere Bankfilialen in Flammen auf, in San Sebastián kam es außerdem zu einer Straßenschlacht mit der Polizei. Ein Berufungsgericht in Paris urteilte unterdessen, daß der in Frankreich inhaftierte ETA-Führer Javier Arizcuren-Ruíz, auch als Kantauri bekannt, an Spanien ausgeliefert werden kann.

 

Transparency International stellte seinen neuen Korruptionsindex vor. Nach Ansicht von Geschäftsleuten und internationalen Investoren hat sich die Korruption in der BRD in den letzten Jahren deutlich vermehrt. In der Rangfolge der am wenigsten korrupten Staaten liegt die BRD hinter Singapur, Hongkong und den USA nur noch auf Platz 17, unter den 15 EU-Staaten belegt sie Rang sieben. Den bedenklichen Methoden bundesdeutscher Konzerne auf internationalem Parkett habe erst die Antikorruptionskonvention der OECD ein Ende gemacht. Vorher konnten die Unternehmen ihre Bestechungsgelder sogar noch von der Steuer absetzen. Laut TI-Chef Peter Eigen erwecke die in der BRD übliche illegale Parteienfinanzierung den Eindruck, die politischen Entscheidungen seien käuflich. Da wir bei Statistiken sind: In der internationalen Kaufkraftstatistik ist die BRD im Jahr 1999 von Platz 20 auf Platz 25 zurückgefallen; beim Pro-Kopf-BSP konnte sie ihren 8. Platz halten.

 

Auf einer Veranstaltung der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung und der taz in Berlin wurde die Übernahme der aus den USA bekannten "hate crime"-Gesetze durch die BRD diskutiert. In den USA werden seit 1994 Übergriffe auf Menschen aufgrund ihrer Rasse, Nationalität oder Religion als besondere Straftat geahndet. Volker Beck, Parlamentarier der Grünen, lehnte einen solchen Vorstoß als "symbolische Politik" ab und gab dem Täter-Opfer-Ausgleich oder einem zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz den Vorzug. Die US-Teilnehmer Wayne Besen, Aktivist der Homosexuellenbewegung, und Dimitria Clayton, Mitarbeiterin des nordrhein-westfälischen Zentrums für Zuwanderung, erklärten die "hate crime"-Gesetze demgegenüber zum Mittel der gesellschaftlichen Ächtung von gegen Minderheiten gerichteten Gewalttaten.

 

Die Partnerorganisationen des Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft in Polen, der Ukraine, Rußland, Weißrußland und Tschechien sowie die jüdischen und nichtjüdischen Partnerorganisationen in der BRD haben Presseangaben zufolge mehrfach die Auszahlung von Entschädigungsgeldern an amtlich anerkannte Opfer des NS-Sklavereisystems verweigert. Die Begründung lautete in kaum mehr zu überbietendem Zynismus, die Betroffenen seien ja freiwillig im Arbeitslager gewesen. Lothar Evers, Geschäftsführer des Bundesverbandes für NS-Verfolgte, äußerte, es sei keinesfalls sicher, daß die Gelder im Falle einer Verteilung durch die Partnerorganisationen wirklich die Opfer erreichen. Nach Angaben Gabriel Schoenfelds in der "Süddeutschen Zeitung" hat ein unabhängiges US-Juristentribunal 80 % der überprüften Forderungen an Schweizer Banken als, vorsichtig ausgedrückt, ungerechtfertigt abgelehnt.

 

In den USA kündigt sich eine neue Milliardenfusion an: Für 36 Milliarden Dollar wird die Chase Manhattan (Rockefeller!) das Bankhaus J.P. Morgan übernehmen. Die ebenfalls interessierte Deutsche Bank hatte hier das Nachsehen. Chase baut mit der Übernahme ihr Investmentbankgeschäft und ihre Position als drittgrößte US-Bankengruppe aus. Sie wird künftig 720 Milliarden Dollar Vermögenswerte verwalten und mit einer Bilanzsumme von 660 Milliarden Dollar sich dem Branchenzweiten Bank of America (680 Milliarden Dollar) annähern. US-Marktführer ist die Citigroup mit einer Bilanzsumme von 800 Milliarden Dollar.

 

In einer mit "Man drischt auf die NPD ein - meint aber Deutschland" übertitelten Erklärung hielt Horst Mahler den USA vor, sie seien nicht für die "Herrschaft der Menschenrechte" in den Zweiten Weltkrieg eingetreten, sondern um das Britische Empire zu beerben und die US-Weltherrschaft zu errichten. Zur Zementierung ihrer Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent würden die USA mit Hilfe der UNO danach streben, Millionen von Menschen aus Asien und Afrika nach Europa zu verpflanzen. Der EU-Raum soll so in einen ethnischen Hexenkessel nach dem Vorbild des Balkans verwandelt werden, in dem sich auf Jahrhunderte hinaus keine stabile Machtstruktur mehr herausbilden könne. "Äußere Mächte - wer wohl? - könnten nach Belieben ethnische Konflikte schüren, Massaker provozieren, Militärputsche organisieren und so Vorwände für ein militärisches Eingreifen des 'Weltpolizisten USA' schaffen." Auf Schleichwegen hätten die USA und ihre Helfershelfer in Bonn bzw. Berlin mit der Anwerbung von Gastarbeitern und der ausufernden Anwendung des Asylrechts gewissermaßen einen ethnischen Brückenkopf von 5-6 Millionen Menschen gebildet. Seit Anfang der 90er kam die erforderliche ideologische Untermauerung durch das Modell der multikulturellen Gesellschaft hinzu. "Die Feindkräfte weichen daher aus auf die Mobilisierung der sogenannten Zivilgesellschaft. Kollaborateure sollen private Verfolgungs-Organe schaffen, die in der Lage sind, unter Umgehung des staatlichen Gewaltmonopols und unter Aushebelung der gerichtlichen Tatsachenfeststellungskompetenz die Liquidation der Deutschen, die es noch sein wollen, im wirtschaftlichen, beruflichen, geselligen und familiären Umfeld zu bewirken. Wir erleben zur Zeit die Wiederkehr der antik-römischen Proskriptionen (Ächtung), der wirksamsten Bürgerkriegswaffe." So weit, so gut. Ob man allerdings - wie Mahler - die bürgerlich-reaktionäre NPD und ihre Skinhead-Klientel zur letzten Hoffnung des deutschen Widerstandes emporloben muß, sei dahingestellt. Mahler setzt sich selbst in die Rolle eines "Geschäftsführers ohne Auftrag für das Deutsche Reich", was den Verfasser an die seinerzeitige Bemerkung der "konkret" erinnert, der ehemalige RAF-Mitbegründer leide unter einer verschleppten Knastpsychose. Als höchst bedenklich erscheint ferner die zunehmende Fixierung Mahlers auf die Standpunkte eines Nur-Rassisten. Beim Schlußsatz "Es lebe das Heilige Deutschland!" dürfte der unvergessene Graf Stauffenberg wohl im Grabe rotieren.

 

Bundespräsident Rau erklärte in der "Bild am Sonntag" den Kampf gegen Gewalt und Extremismus zur nationalen Aufgabe der gesamten Bevölkerung. Ob er mit "Parteien kann man verbieten, Menschen und ihre Gesinnung nicht" wissentlich ein abgewandeltes Zitat Adolf Hitlers zur KPD benutzte, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir empfehlen Rau angesichts der eingenommenen Standpunkte den Beitritt zur NPD, so weit liegen die National-Demokraten und ihre liberal-demokratischen Verfolger mental nicht auseinander.

 

Erstmals seit 175 Jahren hat sich das dem US-Innenministerium unterstehende Büro für Indianische Angelegenheiten für die unter seiner Mitwirkung an der amerikanischen Urbevölkerung begangenen Verbrechen entschuldigt. Büroleiter Kevin Govner erklärte, die Behörde habe furchtbare Dinge getan. Zunächst habe sie in der ersten Hälfte des 19.  Jahrhunderts mit Drohungen, Täuschung und Gewalt die großen Stämme im Südosten der USA zur Umsiedlung nach Westen gezwungen, um Platz für die Einwanderer aus Europa zu schaffen. "Als die Nation im Westen nach neuem Land Ausschau hielt, beteiligte sich diese Behörde an der 'ethnischen Säuberung', die den Stämmen im Westen widerfuhr. Es muss zugegeben werden, daß die vorsätzliche Verbreitung von Krankheiten, die Dezimierung der mächtigen Bison-Herden, der Gebrauch des Giftes Alkohol zur Zerstörung von Geist und Körper und der feige Mord an Frauen und Kindern eine Tragödie solch grässlichen Ausmaßes bewirkt haben, dass man sie nicht als unvermeidbare Konsequenz des Zusammenpralls konkurrierender Lebensweisen abtun kann." Als weitere Verbrechen nannte Govner die Zerstörung der indianischen Wirtschafts- und Regierungsweise sowie die Vernichtung der indianischen Kultur.

 

Eine Jury unter Vorsitz des Medienunternehmers Karlheinz Kögel wählte US-Präsident Clinton zur Persönlichkeit des Jahres 1999 und damit zum Träger des Deutschen Medienpreises. Es hieß, Clinton habe die Macht der USA und den Einfluß seines Amtes für den Kampf gegen Unterdrückung und Mißachtung von Menschenrechten genutzt. Selbst die "Süddeutsche Zeitung" wies auf die Verantwortung Clintons für die völkerrechtswidrige Hungerblockade gegen den Irak, das inhumane und auf reine Vergeltung ausgerichtete Strafvollzugssystem in den USA, die Beibehaltung der Todesstrafe, die absurde wirtschaftliche Härte gegenüber dem notleidenden Kuba, den Mißbrauch der Menschenrechte zur Tarnung imperialistischer Großmachtpolitik oder das Heraufbeschwören von Kriegen wie im Kosovo hin. Mitglieder der Jury sind u.a. die Chefredakteure Mathias Döpfner ("Die Welt"), Wilm Herlyn (dpa), Manfred Bissinger ("Die Woche") und Hans Mahr (RTL). Preisträger der Vergangenheit waren u.a. Francois Mitterand, Nelson Mandela, Yassir Arafat und König Hussein von Jordanien.

 

Südkorea wird dem von Dürre und Naturkatastrophen heimgesuchten Nordkorea mit 700.000 Tonnen Reis und Mais unter die Arme greifen. Da die südkoreanischen Getreidepreise zu hoch sind, wird Seoul den Reis aus Thailand und den Mais aus China beziehen. An den Olympischen Spielen in Sydney nehmen beide Teilstaaten mit einer gemeinsamen Mannschaft teil.

 

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will seiner Vergreisung und schleichenden Auszehrung mit einer 10 Millionen DM teuren Propagandaaktion begegnen. Zwischen 1988 und 1999 ist die Zahl der DGB-Mitglieder beispielsweise in München von 193.000 auf 133.150 gefallen. In den neuen Ländern gingen seit 1990 mehr als 1 Million Mitglieder verloren. Seit 1985 (16 %) ist der Rentneranteil innerhalb des DGB rapide angestiegen. Bei der IG Metall befinden sich 20 % der Mitglieder im Rentenalter, bei der IG Bau 38,3 %, bei der Gewerkschaft der Eisenbahner 40,8 % und bei der Postgewerkschaft sogar 57,2 %. Die Auszehrung schwächt die Macht der Gewerkschaftsbewegung bei Tarifverhandlungen und verringert die zur Verfügung stehenden Finanzmittel.

 

In Versailles kamen die EU-Finanzminister angesichts der Erdöl- und Eurokrise zu einem informellen Ecofin-Treffen zusammen. Während Reformen des Verkehrsnetzesnicht einmal erörtert und finanzielle Erleichterungen für die Bevölkerung wie in Frankreich, Portugal und Italien mehrheitlich kritisiert wurden, forderte man die OPEC auf, durch höhere Förderquoten die Preise zu drücken. Mehrere Staaten drängen die Ratspräsidentschaft in Paris bereits zu Direktverhandlungen mit der OPEC. Bundesfinanzminister Eichel (SPD) möchte den Erdölpreis bei 25 US-Dollar je Barrel sehen. Die OPEC hat sich selbst verpflichtet, die Produktion zu erhöhen, sofern der Barrelpreis an mehr als 20 aufeinanderfolgenden Tagen über 28 Dollar liegt. Die Mehrheit der Finanzminister lehnte eine verringerte Besteuerung von Erdöl und Erdölprodukten als falsches Zeichen ab. Finanzielle Erleichterungen für die Verbraucher müssen den wettbewerbspolitischen Statuten der EU entsprechen und von der Kommission in Brüssel abgesegnet werden. Die EU wurde aufgefordert, Energiesparmaßnahmen zu fördern und die Nutzung alternativer Energiequellen auszubauen. Die BRD und Frankreich streben mittlerweile nach einer engeren Abstimmung der Steuerpolitiken, und zwar durch Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips auf diesem Sektor. Vor allem die Niederlande zeigten jedoch wenig Bereitschaft, sich ihre Steuerpolitik von den großen Mitgliedsstaaten vorschreiben zu lassen. Die Finanzminister wollen einer Erweiterung der EU nur zustimmen, nachdem sie jeden der 10 Beitrittskandidaten auf seine wirtschaftliche Stabilität überprüft haben. Eine Intervention zugunsten des ins Bodenlose fallenden Euro wird nicht mehr ausgeschlossen. Frankreich sieht hierin auch ein Mittel, das Gewicht des Ministerrates gegenüber der EZB zu stärken, während die BRD die Bedeutung der Eurokrise herunterspielt. EZB-Chef Duisenberg warnte unterdessen, der Verfall des Euro berge die Gefahr steigender Inflation in sich.Die EZB gab weiter bekannt, sie werde Zinseinkünfte aus Devisenreserven für rund 2,5 Milliarden Euro (knapp fünf Milliarden Mark) verkaufen. Finanzexperten erklärten, dieser Schritt sei schon fast als eine Intervention zu werten. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sprach sich für eine gemeinsame Intervention der Notenbanken Europas, der USA und Japans aus. Der Außenwert des Ezro sei enttäuschend niedrig. Als Hauptursache für die Euroschwäche hat Prodi das Fehlen einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik ausgemacht. Der EZB fehle ferner der politische Partner für einen Dialog.

 

Ermuntert durch die französischen Steuererleichterungen, intensivierte sich die EU-weite Protestwelle gegen die hohen Treibstoffpreise. Während das bundesdeutsche Transportgewerbe sich noch verhältnismäßig zurückhaltend zeigte, eskalierte die Lage in anderen EU-Staaten. In Italien blockierten die Fischereiverbände die 21 wichtigsten Häfen des Landes, auf Sizilien wurde die Erdölraffinerie von Priolo blockiert. Verkehrsblockaden stürzten Brüssel in ein Chaos, und in Spanien drohen massive Blockadeaktionen durch Landwirtschaft, Taxiunternehmen und Spediteure. In Großbritannien mußte die Labour-Regierung (mit Billigung der Gewerkschaften und gestützt auf Sondervollmachten der Queen) mit Polizei- und Militäreinsatz drohen, um die Ordnung wiederherzustellen. Blair hat nun 60 Tage Zeit, um soziale Ausgleichsmaßnahmen vorzustellen, ansonsten droht die Wiederaufnahme der Blockademaßnahmen. Die jeweiligen Oppositionsparteien in den betroffenen Staaten nutzen die Lage und werfen wie die CDU/CSU zwecks Mobilisierung niedrigster Instinkte den Regierungen vor, sie würden vor allem die Autofahrer über Gebühr mit Abgaben und Steuern belasten. Berlin kontert mit der Feststellung, man werde die 3. Stufe der Ökosteuer nicht verschieben, und fordert vielmehr zu Energiesparmaßnahmen auf. Die Opposition wird mit der Behauptung richtig liegen, daß durch den steigenden Erdölpreis der Verbraucher von den Erleichterungen der Steuerreform nicht sonderlich viel bemerkt. Die eigentliche Welle der Preiserhöhungen setzt jedoch gerade erst ein. Unter den Grünen wird die Forderung laut, wenigstens den öffentlichen Verkehr (wo eine wahre Preisexplosion droht) und erneuerbare Energieträger von der Ökosteuer auszunehmen. Solange breite Kreise der Bevölkerung mit dem Sechszylinderwagen zum Zigarettenautomaten fahren oder drei Pkw vor dem Haus stehen haben, kann´s in der Tat so schlimm nicht sein.

 

Energiefachleute aus Nordamerika und der EU sehen angesichts der gegenwärtigen Lage auf dem Erdöl- und Erdgasmarkt die ersten Indikatoren für eine regelrechte Energiekrise im Winter aufkommen. Die OPEC müsse statt den angekündigten 800.000 mindestens 1-1,5 Million Barrel täglich mehr fördern, um ein Fiasko zur Jahreswende zu verhindern. Der Druck des Westens verstärkt jedoch die Spannungen innerhalb der OPEC. Saudi-Arabien und die Golfstaaten gelten als Parteigänger der USA, während Venezuela und vor allem der Irak den westlichen Forderungen Widerstand entgegensetzen. Der irakische Erdölminister Amir Mohammed Raschid erklärte, die Lagerbestände reichten aus, um die globale Nachfrage zu befriedigen. Verantwortlich für die Preissteigerungen sei nicht die Verknappung des Angebotes, sondern die Spekulation im Rohöltermingeschäft. In der Tat setzte der seit 1998 anhaltende Preisauftrieb sich auch nach den Erhöhungen der OPEC-Fördermengen im März und Juni fort. Saudi-Arabiens Kronprinz Abdullah forderte die Verbraucherstaaten auf, ihre hohen Steuern auf Kraftstoffe zu senken. Venezuelas Ölminister Ali Rodríguez wies ebenfalls auf die hohen Energiesteuern und auf die Engpässe in der Raffinerie- und Transportwirtschaft sowie die Rohstoffspekulation hin. Die Kosten für das Rohöl seien nur zu 12 % an den Verbraucherpreisen in den Industriestaaten beteiligt. Hingegen hätten die Förderkapazitäten ihre Grenze erreicht, und nur Saudi-Arabien und der Irak könnten noch nennenswerte Steigerungen durchführen. In den USA sind derzeit Lagerbestände von 289 Millionen Barrel Rohöl vorhanden - das niedrigste Niveau seit 1976. Mit 199 bzw. 112,9 Millionen Barrel sind auch die Reserven an Benzin und Heizöl in den Vereinigten Staaten kritisch gering. In den staatlichen Tanklagern der BRD befinden sich nur noch 835.000 Tonnen, und die Reserven der Ölkonzerne reichen nur für 20-25 Tage. Die erdölfördernden Nordseeanrainer hatten aus Kostengründen Neuinvestitionen in den Ausbau der Förderkapazitäten gescheut und müssen nun ebenfalls die Zeche zahlen. Hinzu kommt, daß nach Ansicht bedeutender Fachleute wie Professor Professor Frederic Vester, Mitglied des Club of Rome, die Erdölvorkommen in der Nordsee und in den USA im Jahr 2010 erschöpft sein werden.

 

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet trafen in Lyon 2000 Fachleute und Politiker zusammen, um die auf dem Klimagipfel von Kyoto beschlossene Verringerung der Treibhausgasemissionen umzusetzen. In Kyoto hatten sich die Industrieländer 1997 erstmals völkerrechtlich verbindlich zu einer Reduzierung des Treibhausgasausstoßes um fünf Prozent im Vergleich zu 1990 verpflichtet. Bislang haben 22 der 83 Unterzeichnerstaaten die Vereinbarung ratifiziert. Sie tritt erst in Kraft, wenn mindestens 55 Vertragsparteien die Ratifizierung abgeschlossen haben. Die politischen Streitpunkte Emissionshandel, Gutschriften, Treibhausgassenken und Kontrollmechanismen sollen jedoch erst im November auf einer Ministerkonferenz in Den Haag behandelt werden. Vor allem die USA streben nach Schlufplöchern, um ihre Reduzierungsverpflichtung möglichst gering zu halten. Washington will Emissionshandel und Gutschriften für Klimaschutzprojekte voll auf die Reduzierungen anrechnen, ebenso die Treibhausgassenken seiner riesigen Waldgebiete. Frankreichs Premier Jospin appellierte in Lyon an die Amerikaner, man müsse die Konsum- und Produktionsgewohnheiten tiefgreifend ändern. Bis zum Jahr 2100 werden die Durchschnittstemperaturen zwischen 1 und 3 Grad Celsius ansteigen, hinzu kommt ein Anstieg des Meeresspiegels um 15 bis 95 Zentimeter. Zuvor schaffte Frankreich groteskerweise die Kfz-Steuer ab und sicherte Landwirten, Spediteuren und Taxiunternehmern einen Ausgleich für ihren maß- und rücksichtslosen Treibstoffverbrauch zu. Die steigenden Treibhausgasemissionen in Frankreich sollen durch Ausbau der Atomwirtschaft reduziert werden. Ein weiteres Sorgenkind ist der Clean Develpoment Mechanism CDM. Schadstoffsünder können sich in bestimmten Grenzen von ihren Klimaverpflichtungen freikaufen, indem sie auf einer internationalen "Kohlendioxidbörse" von Ländern mit geringem Schadstoffaufkommen Emissionszertifikate erwerben. In den USA existiert dieser Handel mit Verschmutzungsrechten bereits. Errichtet ein Land beispielsweise Atomkraftwerke, erwirbt es Emissionsrechte, die gewinnbringend auf dem Weltmarkt veräußert werden können. Ein 700-Megawatt-Atomreaktor spart 4,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid ein - die Emissionsrechte würden bei einem Preis von 30 US-Dollar je Tonne 1,35 Milliarden Dollar auf dem Weltmarkt einbringen. Neben Frankreich setzen die USA, Großbritannien, Japan und Kanada, aber auch Südafrika, China und Indien auf diese Atomvariante. Da es zu keinerlei Vereinbarungen kam, kann das Vorbereitungstreffen für die Haager Klimakonferenz als gescheitert betrachtet werden.

 

In Genf trat die UN-Abrüstungskonferenz zu einer ihrer drei turnusmäßigen Sitzungen im Jahr zusammen. Der chinesische Botschafter Hu Xiaodi hielt den USA vor, sie wollten über ihr Raketenabwehrprojekt NMD andere Staaten mit der Drohung eines Atomkrieges erpressen. Eine für die Einrichtung von NMD erforderliche Änderung des ABM-Vertrags zwischen den USA und Rußland von 1972 sei inakzeptabel: "Das Land, das diesen grundlegenden Vertrag ändern will, trägt die Verantwortung dafür, die internationale Stabilität und Sicherheit zu untergraben und für alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben." China forderte umgehende Verhandlungen über eine Begrenzung der Weltraumrüstung, die vom Westen seit Jahren abgelehnt werden.

 

Kurz vor der Vorstellung des Gutachtens zur Neuordnung der Regierungsbezüge in Nordrhein-Weszfalen und Bayern hat der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim die 15köpfige Kommission unter Protest verlassen und die Schlußfolgerungen als unvertretbar bezeichnet. Das Gutachten empfiehlt eine drastische Anhebung der Amtsbezüge von Ministerpräsidenten und Ministern, wofür die Politikerprivilegien und Vergünstigungen fallen sollen. Die Regierungschefs sollen 650.000 DM im Jahr statt wie bisher 330.000 DM erhalten, die Minister 500.000 statt 300.000 DM. Vorsitzender der Kommission ist der Unternehmensberater Roland Berger. Arnim wetterte, die politische Klasse der BRD versuche offensichtlich, bei den umstrittenen Politikerbezügen von der Defensive in die Offensive zu kommen. Nach dem Vorschlag der Kommission bekämen die Ministerpräsidenten auf rund 50.500 DM im Monat, während der Bundeskanzler knappe 41.000 DM erhalte. Jeweils am Ende einer Legislaturperiode sollen die Parlamente die Bezüge für die nächsten 4 Jahre festlegen. Die Kommissionsmehrheit erzwang Arnims Ausscheiden durch die Verweigerung eines Minderheitenvotums. Auch die Adressaten des Gutachtens, die Ministerpräsidenten Stoiber und Clement, zeigten sich alles andere als begeistert.

 

Die NATO befindet sich derzeit in Planungen, um notfalls drei internationale Kriseneinsätze gleichzeitig abwickeln zu können. Vorbild für jeden dieser Einsätze ist die rund 50.000 Mann starke KFOR-Truppe im Kosovo, die vom Hauptquartier des Eurokorps befehligt wird. Da bei längeren Missionen auch Ablösungen erfolgen sollen, werden zusätzlich zu den 150.000 Mann der ersten Welle rund 300.000 Mann als Reserve benötigt. Insgesamt verfügen die 19 NATO-Staaten über 4 Millionen Mann. Jeder der drei Führungsstäbe für Krisenreaktionen soll 300 bis 1000 Offiziere und Spezialisten zählen. Derzeit ist nur das Allied Rapid Reaction Corps ARRC in Mönchengladbach für Kriseneinsätze vorbereitet. Als weitere Führungsstäbe werden das Eurokorps in Straßburg, das deutsch-niederländische und das deutsch-dänisch-polnische Korps gehandelt. Die Bundeswehr könnte zukünftig ihre 150.000 Mann starken Kriseneinsatzkräfte einbringen, das gleiche gilt für die geplanten Krisenreaktionskräfte der EU. Das Hauptproblem liegt bei der Anschaffung der erforderlichen modernen Ausrüstung und vor allem der Transportmittel.

 

Im Kosovo demonstrierten am "Tag gegen Gewalt" in acht Städten Tausende von Albanern gegen die noch immer vorherrschende Gewalttätigkeit. UN-Verwalter Kouchner appellierte an die albanische Bevölkerung, ihre ethnischen Säuberungen einzustellen. Für die Ende Oktober stattfindenden Wahlen im Kosovo fordert der Schweizer Victor Ruffy, der Chef der internationalen Beobachtermission, verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Neben einem reibungslosen Ablauf der Wahlen müßte vor allem die Sicherheit der 120.000 Kosovo-Serben verbessert werden, von denen sich ganze 2000 in die Wahllisten eingeschrieben haben. Ruffy empfiehlt die Entsendung von weiteren 10.000 Mann UN-Truppen ins Kosovo.

 

In Mazedonien wurden in den mehr als 120 Distrikten des Landes Kommunalwahlen abgehalten. Ministerpräsident Georgievski hatte für den Fall eines deutlichen Erfolges der Opposition vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt. Die Wahlen wurden überschattet zwischen Schießereien zwischen Anhängern der rivalisierenden Albanerparteien PDP und DPA. Im Regierungslager stehen Georgievskis VMRO-DPMNE, die Demokratische Alternative und die DPA. Die Opposition um Branko Crvenkovski wirft der Regierung indessen ihre Korruption und einen antimazedonischen Kurs vor. Nach Angaben der OSZE kam es zu massiven Wahlfälschungen durch die Regierung, mit denen die Opposition um ihren Wahlerfolg betrogen wurde. Das Land gleicht einem Pulverfaß: Die Mazedonier befürchten, daß die albanische Volksgruppe auf einen Abspaltungsversuch nach dem Muster des Kosovo hinarbeitet, während die Albaner die Anerkennung ihrer Sprache und mehr Posten im Staatsdienst verlangen. In den letzten Wochen häufen sich Hinweise, daß aus dem Kosovo Waffen in die albanischen Gebiete Mazedoniens verschoben werden.

 

Innerhalb der grünen Bundestagsfraktion wird derzeit zum Entsetzen der Parteilinken über neue Bedingungen für Rüstungsexporte sinniert. Ein Mitarbeiter Joschka Fischers formulierte, Menschenrechte seien auf die Dauer als Hauptkriterium nicht tauglich. Die Verhinderung möglichst vieler Rüstungsgeschäfte durch Verknüpfung mit den Menschenrechten sei ein taktisches Vorgehen, aber noch längst kein hinreichendes Prinzip. Eine zweite Analyse befaßt sich mit einer "politisch motivierten Steuerung des Rüstungsexports". Durch die zunehmenden internationalen Einsätze der Bundeswehr nehme die Notwendigkeit einer genauen Eingrenzung der Waffenlieferungen zu, damit die Exportwaren nicht eines Tages gegen bundesdeutsche Truppen zum Einsatz kommen. Ferner könne man den Export von Rüstungsgütern an die Erfüllung von menschenrechtspolitischen Forderungen koppeln. Zwischen SPD und Grünen wurde erneut ein politischer Kuhhandel abgeschlossen: Der Juniorpartner in der Bundesregierung stimmt der Lieferung einer deutschen Munitionsfabrik in die Türkei zu, und dafür erteilt die BRD dem vieldiskutierten Export von 1000 Leopard 2-Panzern eine Absage. Hier handelt es sich um reine Augenwischerei: Während der schwere Kampfpanzer im Bergland Kurdistans kaum einsetzbar ist, ist das bei den Produkten der geplanten Fabrik für Gewehrmunition wohl zweifelsohne der Fall. Ferner besteht der nun alternativ von den Türken gekaufte amerikanische Abrams-Panzer in seinen wichtigsten Komponenten aus deutschen Bauteilen.

 

Die vorübergehend stark zur EU hin orientierte Ukraine zieht ihre Konsequenzen aus der Zurückhaltung des Wunschpartners. In Kiew wird bereits über den Rücktritt des prowestlichen Außenministers Boris Tarasjuk spekuliert. Präsident Kutschmas Berater Wladimir Gorbulin fordert neuerdings eine vermehrte militärtechnische Zusammenarbeit mit Moskau. Da die Ukraine ihre Energieschulden von 3 Milliarden US-Dollar nicht bezahlen kann, wird Rußland als Ausgleich Anteile an der staatlichen ukrainischen Gasgesellschaft erhalten. Ein weiterer Wink an den Kreml ist die Abschwächung der kulturellen Ukrainisierungskampagne im Land, dessen Ostteil mehrheitlich von Russen bewohnt wird.

 

Der Militärhistoriker Otto Wenzel und der Berliner Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen präsentierten Aktenmaterial, nach dem die DDR ab Ende der 60er Jahre detaillierte Pläne zur militärischen Wiedervereinigung mit Westberlin ausarbeitete. Im Ernstfall hätten Pioniereinheiten der NVA 59 Breschen in die Berliner Mauer geschlagen. Durch diese und über die anderen Grenzabsperrungen um Westberlin herum wären dann 35.000 Mann mit 300 Panzern zum Angriff gegen die westlichen Besatzungstruppen angetreten. Politische Zentren, Flughäfe, Bahnhöfe und Industrieanlagen sollten nach genauen Plänen besetzt werden. Unter Federführung des Ministeriums für Staatssicherheit wurde parallel die Ablösung der Westberliner Kollaborationsbehörden durch kommunistische Verwaltungen vorbereitet.

 

Die israelische Armee testete erstmals ihre neue antiballistische Rakete Arrow. Das Waffensystem dient der Abwehr anfliegender Kurz- und Mittelstreckenraketen aus Syrien, dem Irak und dem Iran und wurde unter mehrheitlicher Finanzierung durch die USA von der Israeli Aircraft Industry entwickelt. Arrow wird die veralteten amerikanischen Patriot-Systeme ablösen. Nach Ansicht israelischer Militärexperten ist die Rakete noch weit von der Tauglichkeit zur Abwehr von Mittelstreckenraketen entfernt.

 

Schätzungen zufolge gibt es in den USA bereits 800.000 und in der BRD 300.000 Internet-Süchtige. Die Betroffenen fühlen ein starkes Verlangen nach Internet-Gebrauch, vergessen vor dem Bildschirm Gott und die Welt und zeigen bei Entzug deutliche Nervositätssymptome. Hinzu kommen soziale Isolation und Probleme in Partnerschaft und Berufsleben. Ein Drittel der Internet-Junkies leidet unter Depressionen, mehr als die Hälfte zusätzlich an Persönlichkeitsstörungen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 28 Jahren, die Mehrzahl ist männlichen Geschlechts.

 

Nach zweiwöchigem Hickhack zwischen SPD und Grünen brachte Finanzminister Eichel den Haushalt 2001 in den Bundestag ein. Mit Ausgaben von 478,7 Milliarden DM liegt der Etat um 100 Millionen DM unter den Aufwendungen von 1999. Die Nettoneuverschuldung sinkt von 49,5 auf 46,1 Milliarden DM und soll möglichst unter 45 Milliarden DM gedrückt werden. Der größte Einzelhaushalt ist trotz einer Kürzung um 1,2 % mit 168,3 Milliarden DM wie üblich derjenige des Arbeitsministers. Die Zinszahlungen für die Bundesschuld von beeindruckenden 1,5 Billionen DM liegen bei 82 Milliarden DM und sind faktisch der zweitgrößte Haushaltsposten. Zweitgrößter Einzelhaushalt sind die 46,8 Milliarden DM für das Verteidigungsministerium; dieser Posten wurde mit Zustimmung der Grünen um 3,2 % erhöht. Minister Scharping stellte klar, daß die Bundeswehr bis 2010 Investitionen in Höhe von 20 Milliarden DM benötige. Verkehr und Bau werden um 9,8 % auf 44,9 Milliarden DM zusammengestrichen, stellen aber mit 24,3 Milliarden DM den größten Investitionshaushalt. Insgesamt gehen die Investitionen des Bundes jedoch um 3 auf 54,6 Milliarden DM zurück. Bildung und Forschung steigen um 5,3 % auf 15,4 Milliarden DM. Allerdings sind die 99,4 Milliarden DM aus der UMTS-Versteigerung noch nicht berücksichtigt, was nachträgliche Änderungen wahrscheinlich macht. Die UMTS-Milliarden sollen komplett zur Schuldentilgung verwendet werden, und die eingesparten Zinszahlungen gehen in die Bereiche Verkehrswesen, Altbausanierung, Bildung und Forschung.

 

Die von SPD und Grünen mit der PDS vereinbarte Wahl des Sozialisten Dieter Hildebrandt zum Bezirksbürgermeister des neuen Großbezirks Friedrichshain-Kreuzberg entpuppt sich zusehends als ein Versuchsballon für die Landtagswahl von 2004. Da die Große Koalition von SPD und CDU sich bei beiden Parteien nicht allzu großer Beliebtheit erfreut, spekuliert der SPD-Landesverband offensichtlich auf eine reine Linksregierung in der Bundeshauptstadt. Auch die Grünen sprachen sich bereits offen für eine breite Linkskoalition im Jahr 2004 aus. Der PDS-Vorstand hat bereits für die Bundestagswahl die Marke von 6 % der Stimmen angepeilt.

 

In Hamburg wurde Antje Radcke zur neuen Sprecherin des Landesvorstandes der Bündnisgrünen gewählt. Sie setzte sich im zweiten Wahlgang mit 103 zu 101 Stimmen gegen Heike Opitz von der Parteijugend durch. Im ersten Wahlgang lautete das Ergebnis auf 107 für Opitz zu 104 für Radcke. Bei der Auszählung wurden jedoch 215 abgegebene Stimmzettel errechnet, obwohl nur 214 Stimmkarten ausgegeben sein sollen. Versammlungsleiter Rainer Scheppelmann kam zu dem Schluß, ein Delegierter habe zwei Stimmkarten abgegeben. Hiergegen legt die Grüne Jugend nun Widerspruch beim Parteischiedsgericht ein, da es in der Tat 215 Stimmkarten für ebenso viele Delegierte gab. Ferner benötigt Radcke zur gültigen Wahl die absolute Mehrheit, und diese gab es auch im zweiten Wahlgang nicht - man rechnete kurzerhand die ungültigen Stimmen ab. Hintergrund des Konfliktes ist die Tatsache, daß die in Hamburg dem Realoflügel zuneigende Grüne Jugend nach Verjüngung und Erneuerung des Landesverbandes strebt, was Teilen der Altmitglieder mißfällt. Als zweiter Vorstandssprecher setzte sich Kurt Edler, Bürgerschaftsabgeordneter und Vordenker der Realos, mit 120 zu 76 Stimmen gegen den ebenfalls gemäßigten Altgrünen Jo Müller durch. Im neuen Parteivorstand haben die Realos eine 4:3-Mehrheit.

 

In Genf konferierten Vertreter der Unterzeichnerstaaten des Abkommens zum Verbot von Landminen. Bislang ratifizierten 101 von 138 Unterzeichnerstaaten den Vertrag. Seit Inkrafttreten im März 1999 ist es gelungen, vor allem den Export und den Einsatz von Tretminen zurückzudrängen. Zu den Nichtunterzeichnern gehören indessen China (110 Millionen Minen im Waffenarsenal), Rußland (60-70 Millionen), Weißrußland (10-15 Millionen) und die USA (11 Millionen), während sich unter den Unterzeichnern ausgerechnet der für massiven Mineneinsatz bekannte Bürgerkriegsstaat Angola befindet. Zum Abschluß stellten die durch einen Beobachter vertretenen USA ihren Beitritt bis 2006 in Aussicht.

 

Unter den nunmehr 48.340 Schülern der Münchener Volksschulen verfügt jeder dritte nicht über die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft. Die durchschnittliche Klassenstärke ist mit 23,9 Schülern geringer als an Realschulen und Gymnasien, so daß man hier eigentlich effektive Unterrichtsbedingungen erwarten könnte. In Berlin jedoch ist die Anzahl der im Öffentlichen Dienst in einer Berufsausbildung stehenden ausländischen Jugendlichen seit 1992 von 232 auf 35 zurückgegangen - als Hauptursache werden die trotz des zusätzlichen Sprachunterrichtes abnehmenden Deutschkenntnisse der Einwanderergruppen genannt. Grüne und PDS verlangten spezielle Förderkurse, um ausländischen Jugendlichen den Eintritt in den Öffentlichen Dienst zu ermöglichen. Opposition und Regierungsparteien forderten den Berliner Senat auf, bis Dezember Pläne zur Steigerung des Ausländeranteils unter den Auszubildenden vorzulegen. Hier erscheint uns das 10-Punkte-Programm der Münchener Grünen erwähnenswert. Diese fordern, daß das unausweichliche Einwanderungsgesetz von einem von den Einwanderern verpflichtend zu durchlaufenden Maßnahmenpaket aus Sprachkursen und sechsmonatigen Integrationskursen flankiert wird. Die Einwanderer sollen nach nordamerikanischem Vorbild auf ökonomisch bestimmte Quoten verteilt werden. Die Grünen gehen von einer Einwanderung von jährlich 300.000 Personen aus, womit sie hinter den Forderungen der Industrie zurückbleiben - die Konzerne wünschen eine Quote von 500.000 Personen im Jahr. Das Grundrecht auf Asyl als eine der Heiligen Kühe des politischen Diskurses bleibt selbstredend unberührt.

 

In Winnipeg befaßt sich auf Einladung Kanadas eine internationale Konferenz mit dem Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten. Seit 1990 kamen weltweit mehr als 2 Millionen Kinder bei Kriegen ums Leben, mehr als 6 Millionen wurden verwundet, rund 1 Million verloren ihre Eltern und mehr als 10 Millionen wurden durch Gewalterfahrungen traumatisiert. Auf die einleitenden Besprechungen von Nichtregierungsorganisationen und Fachleuten wird ein Treffen auf Regierungsebene folgen, an dem sich 118 Staaten beteiligen. Derzeit sind 300.000 Kindersoldaten unter 18 Jahren an 30 zumeist innerstaatlichen Konflikten beteiligt. Internationale Verträge wie die Kinderrechtskonvention von 1989 oder die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohlergehen der Kinder werden schlichtweg nicht eingehalten.

 

Im australischen Melbourne hielt das Weltwirtschaftsforum WEF seinen Asien-Pazifik-Gipfel ab. Den Schwerpunkt bildeten die Chancen der zunehmenden Technisierung in Ostasien. Im Umfeld kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizeieinheiten und Globalisierungsgegnern, bei denen bis zu 150 Demonstranten verletzt wurden. Die Brutalität der berittenen Polizei führte zu einem Protestmarsch der australischen Gewerkschaften. Der allseits beliebte Microsoft-Chef Bill Gates erklärte, wenn man durch Protektionismus den weltweiten Handel blockiere, gehörten die armen Menschen zu den Verlierern. Unter dem Strich beschlossen die Wirtschaftsvertreter eine Absichtserklärung, nach der sie den Dialog mit den Globalisierungskritikern suchen wollen.

 

Die Weltbank legte ihren jährlichen Entwicklungsbericht vor, nach dem wirtschaftliches Wachstum alleine die Armut nicht beseitigen kann. Die internationale Staatengemeinschaft solle sich stärker in die Sozialpolitik der Dritten Welt einmischen. Mit 2,8 Milliarden Menschen lebt knapp die Hälfte der Weltbevölkerung in Armut und zwar von weniger als 2 Dollar am Tag. In den 20 reichsten Ländern ist das Durchschnittseinkommen 37 mal höher als in den 20 ärmsten Staaten. Seit 1990 hat sich die Lage allerdings in Ostasien, Nordafrika und dem Nahen Osten deutlich verbessert. Demgegenüber schnellte die Zahl der Armen beispielsweise in Osteuropa und Zentralasien von 1 auf 24 Millionen empor. Nicholas Stern als Chefökonom der Weltbank fordert, der Freihandel müsse von effizienter Einkommensverteilung durch progressive Steuersysteme und von einem öffentlichen Bildungswesen begleitet werden. Mithin wird die Weltbank also vermehrten Einfluß auf die politischen Systeme in der Dritten Welt anstreben.

 

Einem Bericht des bundesweit erscheinenden Hochschulmagazins "Unicum"  zufolge weisen mittlerweile 15 % aller Studierenden eine "rechtsradikale" Orientierung auf. Ein Drittel der zu rechtsgerichteten Positionen Neigenden könne als deutschnational, rassistisch und antidemokratisch eingeordnet werden. In Fächern wie Ingenieurswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Jura seien bei bis zu 25 % der Studierenden rechte Einstellungen nachweisbar. Eine stabile demokratische Überzeugung und Engagement für die Demokratie zeigten nur 10 % der Studierenden.

 

Im November wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über die Urteile der BRD-Siegerjustiz gegen den früheren DDR-Staats- und Parteichef Egon Krenz, den ehemaligen Verteidigungsminister Heinz Keßler, dessen Vize Fritz Streletz sowie einen Soldaten der Grenztruppe verhandeln. Die Verurteilten, denen die Verantwortung für zahlreiche Maueropfer angelastet wird, streben eine Verurteilung der BRD wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention an, da ihr Handeln nach DDR-Recht nicht strafbar gewesen sei. An dem Verfahren, von dem eine grundlegende Signalwirkung für die Aburteilung von wahren oder vermeintlichen Straftaten der DDR-Führung erwartet wird, werden sich in Straßburg 17 Richter aus 16 Staaten beteiligen.

 

Im Europaparlament sorgt die neue Informationspolitik des EU-Sicherheitsbeauftragten Javier Solana für Unruhe. Durch Einstufung als "geheim" und "vertraulich" will Brüssel außen-, militär- und sicherheitspolitische Dokumente in zunehmendem Maße der Öffentlichkeit vorenthalten. Die mit den entsprechenden Vermerken versehenen Dokumente tauchen gar nicht erst in der öffentlich zugänglichen Registratur des Ministerrats auf. Heidi Hautala, Europa-Abgeordnete der finnischen Grünen, äußerte: "Die Aktion gleicht einem militärischen Überraschungs-Coup. Grundlegende demokratische Rechte werden eingeschränkt...Der Ministerrat wollte dies alles in der Sommerpause über die Bühne bringen, um eine Debatte mit den Europa-Abgeordneten zu vermeiden." Der Rechtsausschuß des Europaparlament berät eine Klage gegen den EU-Ministerrat vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Der Beschluß über die restriktive Informationspolitik des Ministerrats fällten die Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten in Brüssel bereits Ende Juli. Anscheinend ist zunächst die Kosovo-Politik der Schwerpunkt der neuen Geheimhaltungsmaßnahmen. In Brüssel wird vermutet, daß der ehemalige NATO-Generalsekretär Solana auf Druck seiner ehemaligen US-Auftraggeber handelt.

 

In China schreitet die Liberalisierung des Treibstoffmarktes nunmehr voran. Im Oktober werden Exxon Mobil, Royal Dutch/Shell und BP Amoco für bis zu 1,8 Milliarden US-Dollar 10 % der Sinopec-Aktien übernehmen. Mit dem Einstieg bei der China Petroleum & Chemical wollen die Ölmultis einen besseren Zugang zum lukrativen Treibstoffmarkt im Reich der Mitte erlangen. Peking nutzt das durch den hohen Ölpreis entstandene Interesse an Energiewerten, um Aktien seiner drei großen Ölgesellschaften Sinopec, Petro China und China National Offshore Oil an den Mann zu bringen. Jährlich nimmt die chinesische Nachfrage nach Erdöl um 10 % zu, und durch Beteiligungen erhalten die Konzerne das Recht, ein limitiertes Tankstellennetz in China zu unterhalten.

 

Bundesinnenminister Schily (SPD) hat nach dem Vereinsgesetz die Skinhead-Organisation Blood & Honour und deren Jugendverband White Youth verboten. Zwischen B&H und der NPD bestehen laut Schily enge Verbindungen, die bei einem eventuellen Antrag auf ein Parteiverbot zu prüfen seien. Das Programm der Organisation lehne sich "an das Programm der NSDAP von 1924" an. Offensichtlich ist Schily unbekannt, daß die NSDAP infolge des Hitler-Ludendorff-Putsches vom November 1923 bis Anfang 1925 unter einem reichsweiten Verbot zu leiden hatte, aber lassen wir das. Unter Beschlagnahme und Einzug des Vermögens beider Organisationen wurden mehr als 30 Objekte in 14 Bundesländern durchsucht. Schily hatte kürzlich mit dem FBI-Direktor Louis Freeh eine engere Zusammenarbeit gegen internationale Netzwerke von Rechtsextremisten vereinbart.

 

Die EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio leitete ein Verfahren gegen mehrere Mitgliedsstaaten ein, weil sie ihre Gasmärkte nicht fristgerecht liberalisiert haben. Obwohl die BRD ihren Gasmarkt seit 1998 zu 100 % privatisiert hat, droht wegen rechtlicher Beschränkungen des Wettbewerbs auch ihr ein Verfahren. Betroffen sind vor allem Frankreich, das erst 20 % des Marktes liberalisiert hat, Luxemburg mit 51 % und Portugal. Frankreich und Luxemburg haben die Gesetzentwürfe zur Umsetzung des EU-Rechts noch nicht vom Parlament ratifizieren lassen, und Portugal hat nicht einmal die in der EU gültigen Mindestvorschriften umgesetzt. Lissabon kann sich allerdings auf eine bis August 2000 befristete Ausnahme von der Liberalisierungspflicht berufen.

 

Bundesaußenminister Fischer hielt eine programmatische Rede an der renommierten Georgetown-Universität in Washington. Fischer betrachtete die Präsenz der USA auch in einem vereinten Europa als unverzichtbar für die europäische Stabilität. Er warnte die Amerikaner vor einem einseitigen Vorgehen in der Sicherheits- und Außenpolitik wie im Falle von NMD. Über die Sicherheitsbeziehungen hinaus sollen USA und EU ihre ökonomische Verflechtung als Integrationspotential nutzen. "Wir dürfen eine transatlantische Freihandelszone nicht aus dem Auge verlieren."

 

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