Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 25. November bis 1. Dezember 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Unterhaus schafft Extradition Bill ab

NPD-Demo in Berlin aufgelöst

Integrationskurse für Ausländer

DBAG und BGS schließen Sicherheitsvertrag

Haager Klimagipfel gescheitert

BRD als Hauptverliererin der Währungsunion

Parlamentswahlen in Kanada

Milosevic meldet sich zurück

Anti-EU-Volksbegehren in Österreich

SIGILL kuscht vor Antifa

Spannungen zwischen Kolumbien und Venezuela

Anschläge im Baskenland

Unruhen in Nahost flauen ab

Lage in Südserbien bleibt gespannt

China fordert Freihandelszone

Antifa versucht Standortbestimmung

Klima in rot-grüner Koalition kühlt sich ab

Irak droht Ölboykott an

Privatverschuldung nimmt zu

Prozeßfarce gegen Andrea Klump

Wahlen in Rumänien

Schottland weiter auf Autonomiekurs

 

Zitat der Woche:
"Optimismus ist heute eine dumme Schwärmerei, Pessimismus eine Lähmung. Das Beste zu erhoffen, auf das Ärgste gefaßt zu sein und auf der Grundlage einer harten, klaren, feststellenden, vorurteilslosen Wirklichkeitserkenntnis zu handeln, nur so ist ein Vormarsch des Nationalismus möglich. Der Rest ist Verlogenheit, die in den Abgrund führt."
- Franz Schauwecker

Das britische Unterhaus überstimmte mit 158 gegen 136 Stimmen eine Amending Bill des Oberhauses, und somit fällt das jahrzehntealte Gesetz, das Abgeordnete des Parlaments (Dáil) der Republik Irland von der Mitgliedschaft in Parlamenten des Vereinigten Königreiches ausschloß. Somit können nun im Dáil vertretene Politiker für das nordirische Regionalparlament und das britische Unterhaus kandidieren, was sich vor allem zum Vorteil Sinn Féins auswirken dürfte. Hintergrund ist die Absicht Londons, die gemäßigten Republikaner weiter in den "Friedensprozeß" einzubinden und von ihren militant-revolutionären Wurzeln zu trennen. Neben der gemäßigt nationalistischen SDLP unterstützten in Belfast auch die liberale Alliance Party und die Women´s Coalition die Initiative.

 

Baden-Württemberg hat einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, nach dem neue Einwanderer nur nach erfolgreichem Durchlaufen eines "Integrationskurses Deutsch" die Aussicht auf Einbürgerung erhalten sollen. Daniel Cohn-Bendit, Europaabgeordneter der französischen Grünen, brachte den Gedanken ins Spiel, zugunsten eines europäischen Asylrechts notfalls auf den Artikel 16 GG zu verzichten. Seine grünen Parteifreunde in der BRD und die SPD lehnten die Initiative entschieden ab, da man sich zugunsten einer Europäisierung nicht auf ein niedrigeres Niveau begeben könne. Begrüßenswert wäre es, wenn Berliner Politiker sich auch in anderen Belangen gegen den Brüsseler Zentralismus mit derartigen Argumenten wehren würden.

 

Das Scheitern des 6. Weltklimagipfels in Den Haag kann ruhigen Gewissens als eine Katastrophe bewertet werden. Der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland hielt vor allem den USA, Japan, Australien, Kanada und der OPEC eine Blockadehaltung vor. Greenpeace ließ verlauten, die 173 Teilnehmerstaaten hätten sich faktisch von konkreten Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung verabschiedet: "Offenbar reicht es nicht, daß schon heute die vom Menschen gemachte Klimaerwärmung Katastrophen immer größeren Ausmaßes verursacht." Wie Greenpeace forderte auch Klaus Töpfer als Leiter der UN-Umweltbehörde UNEP, notfalls müßten die Staaten im Alleingang Maßnahmen zur Treibgasreduzierung durchführen. Während die Niederlande den kompromißlosen Kurs Trittins für das Scheitern verantwortlich machten, schob dieser den schwarzen Peter den Kanadiern zu. Dennoch will der Bundesumweltminister so bald wie möglich gemeinsam mit den anderen EU-Staaten den USA ein neues Verhandlungsangebot machen. Kurz vor dem Ende des Klimagipfels hatten die USA, Großbritannien und wohl auch Frankreich einen Kompromiß ausgehandelt, der dann an der harten Haltung diverser Konferenzteilnehmer scheiterte. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge wird der Kohlendioxidausstoß der USA im Jahr 2010 nicht etwa wie in Kyoto vereinbart hinter den Stand von 1990 zurückgehen, sondern um 34 % ansteigen.

 

Die vorgezogenen Neuwahlen in Kanada endeten erwartungsgemäß mit einem Sieg der regierenden Liberalen unter Premierminister Jean Chrétien, die sich auf 41 % und 172 Sitze steigerten. Es folgten die konservative Kanadische Allianz mit 25 % und 67 Abgeordneten, der separatistische Bloc Quebecois mit 37, die linksgerichtete Neue Demokratische Partei mit 13 und die Progressive Konservative Partei mit 12 Abgeordneten. Während die Liberalen die bevölkerungsreichen atlantischen Provinzen dominierten, siegte die Allianz in Alberta, British Columbia und Saskatchewan. In Québec erlitten die Separatisten empfindliche Einbußen. Die kanadischen Indianer stimmten zumeist für die Liberalen, da die konservative Allianz sich gegen Sonderrechte für die Urbevölkerung und für die Aufhebung ihrer Steuerfreiheit aussprachen. Im frankophonen Québec lehnen die "Natives" den franko-kanadischen Separatismus ab und wollen bei Kanada bleiben. Mit 62,9 % lag die Wahlbeteiligung so niedrig wie seit 75 Jahren nicht mehr.

 

In Österreich ist ein Volksbegehren über den Austritt des Landes aus der EU angelaufen. Verantwortlich zeichnet die "Überparteiliche Aktion EU-Austritt". Die Organisatoren hoffen, daß bis zum Ende der einwöchigen Eintragungsfrist die erforderlichen 100.000 Unterstützungsunterschriften zusammenkommen. Bei einem Erfolg müßte sich das Parlament mit dem Thema befassen. Bezeichnenderweise unterstützt die angeblich europakritisch-patriotische FPÖ das Volksbegehren nicht.

 

Raul Reyes, Sprecher der kolumbianischen Befreiungsbewegung FARC, ließ verlauten, zwischen den linksnationalistischen Guerrilleros und der Regierung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez gebe es in verschiedenen Punkten Übereinstimmungen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen unterstützt der mit Fidel Castro befreundete Chavez die linke Untergrundarmee im Nachbarland, ferner gab es in letzter Zeit mehrere Grenzverletzungen durch venezolanische Truppen. Die Spannungen zwischen Bogotá und Caracas verschärfen sich zusehends, da Vertreter der FARC an einer antiamerikanischen Tagung des venezolanischen Parlaments  teilnahmen. Die FARC hielt dem kolumbianischen Präsidenten Pastrana vor, er lehne die Einmischung Venezuelas in kolumbianische Angelegenheiten ab, lasse aber eine Intervention der USA zu, die bekanntlich die kolumbianischen Armee- und Polizeikräfte mit Geld, Waffen und Ausbildern massiv unterstützen. Chavez sagte mehrere außenpolitische Termine ab, beide Staaten beorderten ihre Botschafter zur Berichterstattung nach Hause. Der wirtschaftlich-politische Vormarsch des US-Imperialismus in Lateinamerika zeigt sich auch dadurch, daß nach Ecuador nun auch El Salvador den US-Dollar als offizielle Landeswährung einführt.

 

König Abdullah von Jordanien, auf dessen Anweisung die jordanischen Krankenhäuser die Opfer des israelischen Terrors kostenlos behandeln, appellierte vor dem Parlament in Amman an die UNO: "Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, ihre Pflicht zu tun, und das Leiden und die Ungerechtigkeit zu beenden, die die Palästinenser durchmachen." UN-Hochkommissarin Mary Robinson forderte erneut die Entsendung internationaler Beobachter zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung.  Ferner forderte sie die sofortige Einstellung des zionistischen Siedlungsbaus und die Räumung provozierender Wehrdörfer in dicht besiedelten palästinensischen Gebieten. Hauptverantwortlich für die hohen Verluste auf palästinensischer Seite seien die überharten Reaktionen des israelischen Besatzungstruppen und die systematische Behinderung des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes durch die Sicherheitskräfte. Ägyptens Präsident Mubarak befürchtet bereits, daß ein Andauern der Krise das politische Ende für Palästinenserpräsident Arafat bedeuten könnte. Dieser hat unterdessen im Gazastreifen Gespräche mit Vertretern der israelischen Regierung aufgenommen, die angesichts der schwindenden parlamentarischen Unterstützung für Ministerpräsident Barak in eine kritische Lage geriet. Da die Regierung nach dem Ausscheiden der faschistischen Schas-Partei nur noch über 30 von 120 Abgeordneten verfügt, trat Barak die Flucht nach vorn an und kündigte vorgezogene Neuwahlen an. Da seine einzige politische Überlebenschance in einer Umfunktionierung der Neuwahlen zu einem Referendum über einen Ausgleich mit den Palästinensern besteht, bot Barak Arafat anstelle des Oslo-Abkommens von 1995 einen stufenweisen Friedensplan an. Eine Rückkehr der 3,5 Millionen Diaspora-Palästinenser oder eine Einigung über Jerusalem schloß der israelische Premier jedoch für den gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Zur Wochenmitte flauten die Zusammenstöße in Nahost erstmals deutlich ab, erstmals seit Wochen gab es tagelang kein einziges Todesopfer mehr. Dennoch sind nach Angaben des Roten Halbmondes bei den seit Ende September andauernden Unruhen 262 Palästinenser umgekommen, während Israels Verluste bei 37 Toten liegen dürften.

 

Auf dem 4. informellen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs des Verbandes Südostasiatischer Staaten ASEAN in Singapur legte der chinesische Ministerpräsident seinen Kollegen die Bildung einer gemeinsamen Freihandelszone nahe: "Es könnte auf lange Sicht für China und die Asean-Länder ratsam sein, die Einrichtung einer Freihandelsbeziehung zu sondieren." Peking will dazu übergehen, wettbewerbsfähigen chinesischen Unternehmen die Expansion ins Ausland zu gestatten, und hierbei ist Südostasien eine vorrangige Region.  Die ASEAN beschloß die Bildung eines Expertenrates, der die Aussichten einer Freihandelszone untersuchen soll. Diese würde neben China, Japan und Südkorea weiterhin Singapur, Indonesien, Thailand, Malaysia, Vietnam, Kambodscha, Brunei, Laos, Birma und die Philippinen umfassen und den Einfluß des erwachenden wirtschaftlichen Riesen China weiter vergrößern. Der chinesische Außenhandel wird im laufenden Jahr um geschlagene 33 % zulegen.

 

Der Parteivorstand der Grünen wies mit Bundestagsfraktion und Landesverbänden im Rücken die Initiative des Fraktionsvorsitzenden Rezzo Schlauch zur Zulassung untertariflicher Löhne bei "in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Betrieben" selten einmütig zurück. Angesichts zunehmender Spannungen zwischen den Koalitionspartnern, hervorgerufen vor allem durch die arbeitnehmer- und verbraucherfeindliche Haltung der Grünen, kriselt es spürbar in der rosa-grünen Bundesregierung. SPD-Generalsekretär Müntefering kündigte bereits an, die Sozialdemokratie werde bei den Bundestagswahlen 2002 keinen Koalitionswahlkampf führen, sondern sich als Partei präsentieren. Es spreche zwar nichts gegen eine Fortsetzung der Koalition, aber die zwei Jahre bis zur nächsten Wahl seien eine lange Zeit.

 

Durch - rückläufige - Spartätigkeit und den Anstieg der Aktienkurse vermehrte sich im Vorjahr das bundesdeutsche Privatvermögen auf 12,8 Billionen DM, von denen 7,45 Billionen DM auf Immobilien entfielen. Im Jahr 2000 werden die bundesdeutschen Privatschulden auf 3,1 Billionen DM anwachsen - im Vorjahr waren es noch 2,84 Billionen. Die Summe ist höher als die Bundeshaushalte der vergangenen 6 Jahre zusammen. Alleine zwischen 1991 und 1999 ist diese Verschuldung um 77 % angestiegen, betroffen sind bundesweit 2 Millionen Haushalte. In Thüringen und Sachsen kommt eine Zwangsvollstreckung auf jeden zehnten Einwohner, in Berlin ist die Quote noch höher. Schon 1999 stieg die Zahl der Eidesstaatlichen Versicherungen um fast ein Drittel auf 819.000 an. Die Firmenpleiten stagnierten indessen auf Vorjahresniveau - ein Zeichen mehr dafür, welche Bevölkerungsgruppen wirklich von der Neuen Mitte profitieren.

 

Die Parlaments- und Präsidentenwahl in Rumänien endete mit einer vernichtenden Niederlage der bürgerlichen Mitte gegen die Sozialdemokraten der PDSR und die nationalistische Großrumänien-Partei PRM. Im Parlament wurden die Sozialdemokraten mit 37,7 % der Stimmen zur stärksten Partei, gefolgt von der RPM mit 21,23 %, im Senat lautet das Verhältnis 37 % gegen 20 %. Die Regierungskoalition scheiterte teilweise an der Sperrklausel, und weiterhin sind nur noch die Nationalliberalen mit etwa 7-10 % und die ungarische UDMR mit 7 % im Parlament vertreten. Bei den Präsidentschaftswahlen ist eine Stichwahl zwischen dem in eine Schmuggelaffäre verwickelten Sozialdemokraten Ion Iliescu (36,5 %) und dem Nationalisten Corneliu Vadim Tudor (28,9 %) erforderlich. Iliescu sprach sich gegen weitere Privatisierungen und gegen einen Ausverkauf rumänischer Interessen bei den Verhandlungen mit EU und NATO aus. Der Sozialist fungierte nach dem Sturz Ceaucescus schon einmal als Staatsoberhaupt. Tudor wiederum stützt sich auf nationalistische und kommunistische Parolen. Für den Fall eines Wahlsieges hat er bereits die Verhängung des Ausnahmezustandes, eine brutale Abrechnung mit dem Organisierten Verbrechen und die Gründung eines "Komitees zur Verfolgung antirumänischer Aktivitäten" angekündigt. Zugleich verteilte er eine Liste mit den Namen von 180 Rumänen, die "liquidiert" werden müßten. Juden seien "die Quelle alles Bösen", Vertreter der ungarischen Minderheit Verräter, außerdem müsse man Sinti und Roma in Ghettos konzentrieren, um ihrem kriminellen Treiben ein Ende zu machen. Angesichts des chaotischen Zustandes in Rumänien erklärte Tudor, das Land könne nur "mit dem Maschinengewehr regiert werden". In seinen eigenen Worten ist Tudor "kein Extremist, sondern der Führer der Zerlumpten, Hungrigen und Verzweifelten". Amtsinhaber Emil Constantinescu verzichtete schon vor Monaten auf eine neue Kandidatur, weil ihn das aggressive politische Klima und die allgegenwärtige Korruption anwidern. Insgesamt hatten sich 64 Parteien um die Gunst der Wähler beworben. Die Inflation liegt seit 10 Jahren im zweistelligen Bereich, im laufenden Jahr voraussichtlich bei 40 %. Das durchschnittliche Monatseinkommen ist auf 2,5 Millionen Lei, was 233 DM entspricht, gefallen. In den Staatsbetrieben wurden seit Monaten keine Gehälter mehr gezahlt, und weite Kreise der Bevölkerung können ihre Heizungs- und Wasserrechnungen nicht mehr bezahlen. Eine eigentlich notwendige Schließung unrentabler Staatsbetriebe würde die derzeit bei 11 % liegende Arbeitslosigkeit noch weiter in die Höhe treiben. Rund 43 % der Bevölkerung leben unter der offiziellen Armutsgrenze. Rumänien wird am 01.01.2001 den Vorsitz der OSZE übernehmen.

 

Die Kundgebung der NPD in Berlin traf nicht unerwartet auf den Widerstand diverser Gegendemonstrationen von Antifaschistischer Aktion bis hin zur Initiative "Europa gegen Rassismus", für deren Mobilisierung der Bausenator und SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder verantwortlich zeichnete. Aufgehetzt durch das von Asphaltjournaille, Kanzler Schröder und Staatsanwaltschaft aufgebaute haltlose Lügengemäuer von Sebnitz skandierte der sich offensichtlich in Pogromstimmung befindliche Mob immer wieder "Kindermörder, Kindermörder". Nach Aufhetzung durch den Bundestagsvorsitzenden Wolfgang Thierse (SPD) und den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlins, Andreas Nachama, rottete die Menge sich vor der Neuen Wache und auf dem Alexanderplatz zusammen und blockierte die Marschrichtung der Nationaldemokraten. Der Bundestagsvorsitzende verging sich zu der Bemerkung, bei rechten Aufmärschen wäre nicht das Versammlungsrecht, sondern der Volkszorn zuständig. Thierses Aufforderung, den Rechten nicht die Straße zu überlassen, Folge leistend, bedachten die wehrhaften Demokraten den herannahenden Demonstrationszug mit Flaschen, Leuchtspurmunition und Pflastersteinen. Eine Räumung wäre für die Polizei nach eigenen Angaben eine Kleinigkeit gewesen, aber auf politische Weisung von oben löste der Einsatzleiter stattdessen die NPD-Demonstration auf. Stefan Paris als Sprecher von Innensenator Werthebach (CDU) erklärte dementsprechend: "Die Polizei hat sich gut und besonnen verhalten und das ihr zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium genutzt." Trotz ihres Nachgebens mußten die Sicherheitskräfte 980 Platzverweise gegen linksradikale Gegendemonstranten aussprechen und nahmen 37 vorläufige Festnahmen vor. Die NPD-Kundgebung fand weitgehend ohne Beteiligung der Freien Nationalisten Norddeutschlands statt, da diese sich von der bürgerlichen Parteiführung um Udo Voigt mittlerweile eindeutig distanzieren. Parteisprecher Klaus Beier bestätigte die Differenzen, fügte aber hinzu, die NPD bleibe weiterhin nach allen Seiten offen. Der etwas voreilig als politisch motiviert betrachtete Mordanschlag auf einen NPD-Funktionär im baden-württembergischen Hohenstedt hatte einen familiären Hintergrund. Als Tatverdächtige wurden die Ehefrau des Opfers und eine Freundin derselben festgenommen. Auch wir nehmen den Vorfall zum Anlaß, in derartigen Dingen noch mehr Objektivität walten zu lassen.

 

Bundesinnenminister Schily und Bahnchef Mehdorn unterzeichneten eine Ordnungspartnerschaft, um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Bahnbereich noch effektiver zu bekämpfen und die staatliche Überwachung des individuellen Reiseverkehrs zur Schiene voranzutreiben. Die Deutsche Bahn AG gibt jährlich 175 Millionen DM für Sicherheitsbelange aus. Neben den 4000 bahneigenen Sicherheitskräften werden auch weiterhin in Zügen und auf Bahnhöfen 6000 Mann Sondereinheiten des Innenministeriums (BGS) eingesetzt.

 

Nach Berechnungen des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung Ifo wird die Einführung des Euro als alleiniges Zahlungsmittel zum 1.1.2002 der BRD einen immensen finanziellen Verlust bescheren. Da die Gewinne der Bargeldschöpfung von den nationalen Notenbanken auf die EZB übergehen, gehen der BRD Zinseinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe verloren. Dieser sogenannte Geldschöpfungsgewinn entsteht dadurch, daß die Notenbank das von ihr geschöpfte Bargeld den Privatbanken zur Verfügung stellt und diese dafür Wertpapiere als Sicherheit hinterlegen. Für diese Wertpapiere erzielt die Notenbank einen Zinsgewinn, der in den Staatshaushalt einfließt. Die Geldschöpfungserträge der Eurozone werden von der EZB nach einem festen Schlüssel an die 11 Teilnehmerstaaten verteilt, der sich nach dem jeweiligen Anteil am Sozialprodukt und dem Anteil an der Gesamtbevölkerung richtet. Mit einem Verlust von 57,4 Milliarden DM ist die BRD der Hauptverlierer der Währungsunion, gefolgt von Spanien mit umgerechnet 21,6 Milliarden DM.

 

Auf einem Sonderparteitag in Belgrad wurde der gestürzte jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic mit 85 % der Stimmen als Parteivorsitzender der Sozialistischen Partei Serbiens SPS wiedergewählt. In einer kämpferischen Rede rief er die SPS zur "Verteidigung des Staates und der nationalen Interessen" auf. Der Westen versuche, die neue Führung Jugoslawiens finanziell und wirtschaftlich zu erpressen, bis eine Aufteilung des Staates durchgesetzt sei. Im Vorfeld des Parteitages wehrten sich einige Kreisverbände der Partei gegen ein Comeback des als Kriegsverbrecher gesuchten Milosevic.

 

Stephan Pockrandt, selbsternannter "konservativer Kulturrevolutionär" und Herausgeber der Magazine SIGILL und ZINNOBER, zeigte sich einmal mehr als eindeutiger Opportunist. Angesichts der zunehmenden Kampagne von Antifa-Seite gegen "rechtsextreme Tendenzen" in der "schwarzen Szene" (Stichwort Death in June) hatte "Kamerad" Pockrandt nichts besseres zu tun, als vor der von Antifaschistischer Aktion und PDS ferngesteuerten Initiative "Grufties gegen Rechts" (anstelle "schwarz statt braun" sollte deren Motto besser "rot statt schwarz" lauten) einen Kotau zu vollziehen. Neben dem zugegebenermaßen suspekten Josef Klumb (VAWS, Forthcoming Fire, Von Thronstahl) wurden auch viele andere interessierte Besucher des diesjährigen Wave- und Gothic-Treffens in Leipzig Gegenstand einer Distanzierungserklärung: "...ich bin aber nach wie vor der Meinung, das viele Nazis die Musik gar nicht mögen, sondern nur hingehen um sich solidarisch mit jenen zu zeigen, die in der Presse ganz böse hingestellt werden: KADMON oder DOUGLAS sind dafür nur ein Bsp. (Eigene dementsprechende Erfahrungen habe ich zu Hauf)." Erbärmlicher geht´s nicht mehr, daher seien Pockrandt seine eigenen Worte über Klumb ins Stammbuch geschrieben:  "Nur eitel, selbstgefällig, voller Selbstmitleid und ohne jegliche Souveränität." Die Fehler in Orthographie und Punktation haben wir beibehalten.

 

In Bilbao verübten Sympathisanten der baskischen Befreiungsbewegung ETA einen Sprengstoffanschlag auf eine Niederlassung des Telekommunikationskonzerns Teléfonica, während in Pamplona eine Bankfiliale Ziel eines Brandanschlages wurde. Spaniens Ministerpräsident Aznar lehnt weiterhin jegliche Verhandlungen mit der im Baskenland regierenden nationalistischen Volkspartei PNV ab und warf ihr vor, mit der Forderung nach Unabhängigkeit auf die Linie der ETA eingeschwenkt zu sein.

 

In der entmilitarisierten Zone zwischen dem Kosovo und Südserbien operieren mittlerweile rund 1000 albanische Partisanen der UCPMB, die in der vorigen Woche unter freundlichem Wegsehen der amerikanischen KFOR-Truppen eine Offensive eröffneten. Stojanca Arsic als Bürgermeister der serbischen Grenzstadt Bujanovac hielt der KFOR vor, sie käme ihrer Aufgabe nicht nach, die Aufständischen zu entwaffnen und vor allem Waffenlieferungen in die Sicherheitszone zu verhindern. Die jugoslawische Regierung entsandte Panzer und Nachschub in das Krisengebiet, um den überforderten Polizeieinheiten den Rücken zu stärken. Im Handstreich wurde die Ortschaft Lucane besetzt. Angesichts der jugoslawischen Drohungen verkündeten die Albaner einen Waffenstillstand, um ihre Position zu konsolidieren. Aus Furcht vor einem jugoslawischen Militärschlag flüchteten Tausende Angehörige der albanischen Minderheit in Südserbien über die Demarkationslinie ins Kosovo. Jugoslawiens Präsident Kostunica forderte den gemäßigten Albanerführer Rugova zu Verhandlungen auf. NATO-Generalsekretär Robertson reiste ins Kosovo und verlangte die politische und militärische Isolierung der UCPMB, die aus der von den USA aufgebauten UCK hervorging.

 

Einem Veranstaltungsaufruf der "AG Antirassismus und Antifa Aktion Potsdam" entnehmen wir, abgesehen von dem üblichen Gewäsch, folgende interessante Äußerungen. Angesichts der Sommerlochkampagne und dem prononcierten Antifaschismus des liberalkapitalistischen Staates (richtig erkannt: Motiv ist die Gefährdung des "Standortes Deutschland") heißt es: "Fast erweckt es den Anschein, daß die Antifa in der Mitte der Gesellschaft angelangt ist, was nicht zuletzt auf deren theoretische Schwächen und Versäumnisse in den letzten 2-3 Jahren zurückzuführen ist." Die bundesdeutsche Zivilgesellschaft sei nicht mit dem von Habermas untersuchten amerikanischen Kommunitarismus - der im übrigen das Treiben lumpenproletarischer Autonomer ebensowenig dulden würde wie das der "Plattenbaunazis", wie wir uns hier boshafterweise anzumerken gestatten - zu verwechseln. "Hier ist die aktive StaatsbürgerIn verlängerter Arm der Polizei, läuft Zivilstreife oder meldet Flüchtlinge beim BGS. Das denkt sich Rot/Grün in Zukunft anders: Ihr Inbegriff der Zivilgesellschaft ist der ehrenamtlich arbeitende, progressive und manchmal auch gewaltfrei ungehorsame Mensch, der sich für die Belange der 'Gesellschaft' einsetzt, da wo es der Staat nicht tut, bzw. wo der Staat dem historischen Wandel noch etwas hinterherhinkt." Durch antifaschistische Arbeit an Stammtischen und in Vereinen/Initiativen heimst der Staatsbürger Lob ein "und legitimiert dabei (fast) immer die herrschende Politik. Später gibt es auch noch die Option der völligen Integration (...). Daher wird die neoliberale Idee des Einspringens der vergesellschafteten Subjekte für die wegfallenden Zuständigkeitsbereiche des Staates, zumindest was antirassistische/antifaschistische Arbeit betrifft, bisher fast ausschließlich von der marginalisierten Linken und deren Veteranen mit Leben erfüllt. Dass solche Initiativen und Projekte nun vereinnahmt werden, (...) ist folgerichtig. (...) Die mit der Existenz von Nazis begründeten, repressiven Maßnahmen, wie z.B. Videoüberwachung und Einschränkung des Demonstrationsrechts, bieten - dies sollte trotz mangelnder Relevanz nicht unerwähnt bleiben - alle Anschlussmöglichkeiten für einen Kampf gegen 'linken Extremismus' bzw. sind teilweise übertragbar. Dass die Maßnahmen schon vorher geplant waren, darf jedoch nicht dazu führen, von Seiten der Linken die Debatte als pure Legitimationsgrundlage für den 'Überwachungsstaat' zu thematisieren. Vielmehr zeigt sich hier die Unfähigkeit der kapitalistischen Gesellschaft, dem durch sie erzeugtem Unglück der Individuen anders als mit Sanktionen zu begegnen. Während sich die Intentionen der an der Rechtsextremismusdebatte maßgeblich Beteiligten von denen einer radikalen Linken deutlich unterscheiden, sieht das bei der Abgrenzung einer antifaschistischen/antirassistischen Praxis von der von der Neuen Mitte protegierten Zivilgesellschaft schon schwieriger aus. Sind das Einfordern von Solidarität und die Gewährleistung von Schutz für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe genauso wie das Erzeugen von Aufmerksamkeit und die Mobilisierung von Gegenwehr bei Naziaktivitäten wichtig und richtig, so hat diese Praxis wenig bis gar nichts mit dem Kampf für eine bessere Gesellschaft zu tun. Auch wenn die Autonomen eine der wenigen gesellschaftlichen Kräfte in Deutschland waren, die sich gegen die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl einsetzten, so haben sie trotzdem Bestandserhaltung von Grundrechten in der deutschen bürgerlichen Gesellschaft betrieben. (...) Statt in den Wettstreit zu treten, was und wer denn nun die bessere Zivilgesellschaft sei, und weiter die 'Guten Deutschen' zu simulieren, sollte sich die Linke besser auf eine radikale Gesellschaftskritik besinnen."

 

Der Irak drohte damit, seine täglichen Ölexporte von 2,3 Millionen Barrel einzustellen, sofern die Abnehmer nicht eine Zusatzgebühr von 50 Cents pro Barrel an ein nicht der UN-Kontrolle unterstehendes Sonderkonto einzahlen. Die Drohungen der staatlichen Ölgesellschaft SOMO führten verständlicherweise rasch zur Aufnahme von Verhandlungen der UN mit Erdölminister Amer Mohammed Rashid. Zunächst kündigte Bagdad an, es werde seine Verpflichtungen aus bereits abgeschlossenen Lieferverträgen noch bis Januar erfüllen.

 

Im Hochsicherheitsknast von Stuttgart-Stammheim begann der Prozeß gegen Andrea Maria Klump. Die Generalbundesanwaltschaft wirft der im September 1999 in Wien verhafteten Klump Mitgliedschaft in der Widerstandsgruppe RAF vor. In dieser Funktion soll sie unter anderem am gescheiterten Bombenanschlag auf NATO-Militärs im spanischen Rota und am Herrhausen-Attentat beteiligt gewesen sein. Die Angeklagte erklärte, das Verfahren solle vertuschen, "daß Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft 15 Jahre lang die falschen Personen als RAF-Mitglieder gesucht haben und damit offen würde, daß sie seit Mitte der 80er Jahre weder wissen, wer der RAF angehörte, noch wer die ihr zugerechneten Anschläge begangen hat". Für den Beobachter sieht es in der Tat nach einem zweiten Fall Christoph Seidler aus. Das Verfahren gegen den wie Klump durch staatlichen Verfolgungsdruck gegen Oppositionelle in den Untergrund getriebenen Seidler platzte anhand völlig haltloser Anschuldigungen der GBA binnen kürzester Zeit.

 

Nach dem Rücktritt von Alex Salmond wurde der Parteirechte John Swinney mit deutlicher Mehrheit zum neuen Vorsitzenden der Scottish Nationalist Party SNP gewählt. Sein linksnationalistischer Gegenkandidat Alex Neill hielt dem neuen Parteichef vor, er wolle sich mit einer Teilautonomie Schottlands zufriedengeben. Swinney bestritt den Vorwurf energisch und erklärte, sein Ziel sei ein vollkommen von Westminster unabhängiges Parlament. Nach einem etwaigen Erfolg bei den Unterhauswahlen werde er hierüber eine Volksbefragung einleiten. Derzeit stellt die SNP 6 von 72 schottischen Abgeordneten im britischen Unterhaus, 2 Abgeordnete im Europaparlament und 35 der 129 Vertreter im schottischen Parlament.

 

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