Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 17. bis 23. Juni 2000  

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Bonapartist kandidiert auf Korsika

Sozialdumping auf der EXPO

Korruptionsprozeß um Elf Aquitaine verschoben

Rußland kritisiert Balkan- und Nahostpolitik

Datenvernichtung im Kanzleramt

BRD-Manager gegen shareholder value-Prinzip

KFOR geht gegen Albaner vor

WAZ-Chef aus der SPD ausgeschlossen

Deutscher Bürgermeister in Rumänien gewählt

Privatvermögen in der BRD verdoppelt

EU-Gipfel in Portugal

Vivendi übernimmt Seagram

Bashar el-Assad neuer Parteichef in Syrien

WTO fordert Handelsliberalisierung

Saddam Hussein bereichert sich

Kohl fühlt sich verfolgt

Bundesumweltbericht 1999

Scharping-Kritiker aus OSZE entfernt

Irans Staatspräsident in China

Kirchenkampf in Griechenland

China gegen atomares Wettrüsten

Real IRA-Anschlagsversuch auf Nordirlandministerium

NMD in der Kritik

Taiwan schlägt China Gipfeltreffen vor

Unis in der Krise

Grüne nehmen Atomkonsens an

Forum demokratische Linke der SPD

Konservative RPF in Frankreich spaltet sich

   

Zitat der Woche:
"Jedes Land, jede Nation, jedes Volk, klein oder groß, schwach oder stark, jede Region, Provinz oder Gemeinde besitzen das absolute Recht, über ihr Schicksal zu verfügen, ihre eigene Existenz zu bestimmen, ihre Bedürfnisse zu wählen, sich zu vereinigen und zu trennen nach ihrem Willen."
- Michail Bakunin  

 

Im korsischen Ajaccio kandidiert Prinz Charles Napoleon, Nachkomme des jüngsten Bruders von Napoleon I., als "parteiloser Demokrat und Republikaner" für das Amt des Bürgermeisters. Die Bürgermeister Ajaccios sind traditionell Bonapartisten. Im Berufsleben hat der Prinz sich als Wirtschaftswissenschaftler hervorgetan.

   

In Frankreich wurde der Korruptionsprozeß gegen den ehemaligen Außenminister Roland Dumas und sechs weitere Angeklagte auf Mitte Januar 2001 verschoben. Dumas steht aus "gesundheitlichen Gründen" derzeit nicht für das Verfahren um die Schmiergeldzahlungen des Erdölkonzerns Elf Aquitaine zur Verfügung. Ein kanadisches Gericht hat seine Entscheidung über die Auslieferung des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber an die BRD ohne Angabe von Gründen auf den 6. Juli vertagt. Wie wir sehen, haben nicht nur in der BRD die staatlichen Organe keinerlei Interesse an einer Erhellung der nicht nur auf die CDU beschränkten "Spendenaffäre".

   

Nach der Wahlniederlage von 1998 ließ die Regierung Kohl vor der Übergabe der Amtsgeschäfte an Schröder zwei Drittel ihrer Datenbestände im Intranet des Kanzleramtes löschen. Hiervon waren rund eine Million Textdokumente (1,2 Millionen Seiten) und eine halbe Million Textbausteine betroffen, die nun jedoch wieder lesbar gemacht und dem Untersuchungsausschuß zur Verfügung gestellt wurden. Für die in drei Nächten vorgenommenen flächendeckenden Löschungen hat es keinerlei Rechtsgrundlage gegeben. Bislang hatten Kohl-Vertraute aus dem Kanzleramt nur eingeräumt, in geringem Umfang politische Konzepte gelöscht zu haben. Mittlerweile ermittelt die StA Düsseldorf gegen 6 ehemalige oder amtierende Thyssen-Manager wegen Hinterziehung der Körperschaftssteuer - es geht um astronomische Schmiergeldzahlungen in Höhe von 220 Millionen DM. Im Rahmen der Ermittlungen wurden Büros des Thyssen-Krupp-Konzerns, die Privatwohnungen der Manager und die Wohnung der berüchtigten Agnes Hürland-Büning, weiland Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium, durchsucht. Nach neueren Erkenntnissen war Anfang der 90er Jahre Schäuble entgegen seiner eigenen Aussage wesentlich stärker in den Versuch Schreibers involviert, eine Panzerfabrik für Thyssen in Kanada zu etablieren, und sackte die bekannten 100.000 DM möglicherweise als Schmiergeld ein.

   

Im Kosovo wurde nur knapp eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen UN-Truppen und albanischen Extremisten vermieden. In der Stadt Pec nahm das aus der UCK hervorgegangene Kosovo-Schutzkorps widerrechtliche Verhaftungen vor. Als KFOR-Soldaten und UN-Polizisten eingriffen, stellte sich heraus, daß das "zivile und entwaffnete" Schutzkorps durch die Bank mit halbautomatischen Gewehren ausgerüstet war, die es ohne zu zögern auf seine UNO-"Freunde" richtete. KFOR hob nahe dem Hauptquartier von "General" Agim Ceku, dem Kommandeur des Schutzkorps, bei Pristina das bislang größte im Kosovo entdeckte illegale Waffenlager aus.

   

Erstmals seit 1945 wurde im siebenbürgischen Hermannstadt/Sibiu wieder ein Siebenbürger Sachse zum Bürgermeister gewählt. Der deutsche Physiker Klaus Johannis setzte sich mit 69,17 % der Stimmen gegen den rumänischen Postkommunisten Ion Cindrea durch. Ursachen des Wahlsieges sind eine geschickte Kampagne und die Hoffnung der Bevölkerung, daß der deutsche Bürgermeister Investoren und Geldgeber aus dem Ausland anlocken werde.

   

Auf dem EU-Gipfel im portugiesischen Feira wurde beschlossen, im November eine Geberkonferenz für die geplanten EU-Krisenreaktionskräfte abzuhalten. Während die anderen Mitgliedsstaaten konkrete Angaben vermieden, kündigte die BRD bereits an, 12-15.000 Mann zu stellen und 20 % der Kosten zu übernehmen. Der EU-Sicherheitsbeauftragte Jolana stellte klar, daß die EU-Streitmacht notfalls auch ohne die NATO operieren soll. Bis Jahresende ist die Durchführung der EU-Reform als Voraussetzung für die Neuaufnahme osteuropäischer Staaten eingeplant. Neben Reformen der politischen Struktur soll es auch ermöglicht werden, daß einige Staaten bereits auf dem Wege zum europäischen Zentralismus vorangehen und eine verstärkte Zusammenarbeit einleiten. Im Jahr 2001 sollen konkrete Beitrittsverhandlungen mit den Ländern der zweiten Runde wie Malta, Rumänien, der Slowakei, Lettland, Litauen und Bulgarien aufgenommen werden. Mit Polen, Ungarn, Tschechien, Estland, Slowenien und Zypern laufen bekanntlich bereits (schwierige) Verhandlungen. Die Türkei wird weiterhin als Beitrittskandidat anerkannt, soll sich aber zunächst westlichen Rechtsstandards annähern. Als 12. Land wird Griechenland zum 01.01.2001 den Euro einführen. Nicht zuletzt auf Druck der kleineren EU-Mitglieder wie Dänemark und Finnland will die portugiesische Ratspräsidentschaft versuchen, zwischen Frankreich und Österreich zu vermitteln. Ferner beschlossen die EU-Staaten, bis 2003 in der Lage zu sein, bis zu 5000 Mann Polizei in Krisenregionen einzusetzen. Um Zustände wie im Kosovo künftig zu verhindern, soll diese Polizeitruppe nur die Vorhut für Richter, Staatsanwälte und Strafvollzugsexperten darstellen. Kurz nach dem EU-Gipfel regte die BRD eine neue Regierungskonferenz für spätestens 2004 an, um daselbst die Kompetenzverteilungen zwischen EU, Mitgliedsstaaten und föderalen Einheiten zu regeln. Der Reformgipfel von Nizza wäre damit um einen Stolperstein ärmer, und die Forderungen der Bundesländer sähen sich auf die lange Bank geschoben.

   

Der 9. Parteitag der syrischen Baath-Partei wählte erwartungsgemäß Bashar el Assad zum neuen Generalsekretär. In Damaskus wird nun erwartet, daß Bashar el Assad das Regionalkommando (= Politbüro) säubert, um zwei Drittel der 21 Mitglieder durch jüngere Kader zu ersetzen. Vizepräsident Chaddam forderte die Parteimitglieder auf, sich den neuen Zeiten nicht zu verschließen und erklärte, das Verhältnis von Staat und Partei müsse überdacht werden. Er mahnte umfassende Wirtschaftsreformen an, die wohl der von Bashar designierte neue Ministerpräsident Mustafa Miro angehen wird. Miro erwarb sich als Gouverneur von Aleppo den Ruf eines fähigen Organisators und gilt als unbestechlich.

 

Baath-Partei zum 2.: Seit 1997 hat der irakische Staatschef Saddam Hussein durch Erdölschmuggel und sonstige wirtschaftliche Aktivitäten sein Privatvermögen um 2 auf 5 Milliarden US-Dollar vergrößern können. Ferner bereitete der Iraker sich schon lange vor dem Golfkrieg auf Krisenzeiten vor und investierte Milliarden in Tarnfirmen im Westen. Beispielsweise hält Saddam Hussein über die in Panama ansässige Montana Management 8,4 % der Anteile am französischen Hachette-Verlag oder kaufte über die Technology and Development Corporation, London, den britischen Werkzeughersteller Matrix Churchill samt einer Tochterfirma im US-Bundesstaat Ohio.

 

Der Umweltbericht 99 der Bundesregierung verkündete, daß 24-32 Millionen Bundesbürger Allergiker sind - mit steigender Tendenz. Auslöser ist zumeist ultrafeiner Staub, der von Kraftwerken, Industriefeuerungsanlagen, Privatheizungen, metallverarbeitender Industrie und natürlich dem Autoverkehr (Dieselmotoren!) stammt. Mit bereits vorhandenen Filtertechnologien könnten die Emissionen der Pkw um 90 % verringert werden. Ferner sind 50 % der bundesdeutschen Bevölkerung einer zu hohen Lärmbelastung ausgesetzt. Dieses führt zu Herz-Kreislauferkrankungen, Magen-Darm-Problemen und Immunschwächen.

 

Der iranische Staatspräsident Mohammed Chatami absolvierte einen Staatsbesuch in Peking. Gemeinsam mit seinem chinesischen Amtskollegen Jiang Zemin verabschiedete er eine Erklärung, in welcher eine multipolare Welt gefordert wurde. Es gelte, eine politische und ökonomische Ordnung ohne Hegemonial- und Machtpolitik zu entwickeln, was sich deutlich gegen die One World-Strategie der US-Imperialisten richtet. Die Volksrepublik China und der Iran werden ihre Handels- und Wirtschaftsbeziehungen ausbauen. Vor allem auf den Gebieten Telekommunikation, Bankwesen und Umweltschutz vereinbarten beide Länder enge Zusammenarbeit. Der chinesische Außenminister betonte, man habe nur nichtmilitärische Fragen erörtert.

   

Beim Besuch der US-Außenministerin Albright in Peking forderte die Volksrepublik mit Nachdruck einen Verzicht auf das Raketenabwehrsystem NMD. NMD werde das internationale strategische Gleichgewicht untergraben und die nukleare Abrüstung behindern. China betrachtet die US-These von einer Bedrohung durch die "Schurkenstaaten" Iran, Irak, Nordkorea oder Libyen als unhaltbar. Zhu Bangzao, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, sprach sich auch gegen das nordkoreanische Raketenprogramm aus, das ein Wettrüsten auf der Halbinsel auslösen könne und den USA als Vorwand für NMD diene. Außenminister Tang Jiaxuan warnte die USA vor einer Einbeziehung Taiwans in die NMD-Pläne und forderte ein Ende der amerikanischen Waffenlieferungen an die als abtrünnige Provinz betrachtete Insel. Albright wiederum rang den Chinesen ein Entgegenkommen bei der Exportbeschränkung für Raketentechnologie ab und rief sie zum Dialog mit Taiwan auf.

   

Eine Expertenkommission des Pentagon um General Welch, ehemals Oberbefehlshaber der US Air Force, kam zu dem Ergebnis, die NMD-Raketen seien mangelhaft erprobt und könnten wahrscheinlich echte Flugkörper nicht von Atrappen unterscheiden. Laut "Washington Post" warnte auch die CIA Clinton vor der Reaktion der Volksrepublik China. Peking könnte sich animiert fühlen, sein bislang vernachlässigenswertes Arsenal von 20 land- und 12 seegestützten Interkontinentalraketen drastisch aufzustocken. NATO-Generalsekretär Lord Robertson machte Clinton unmißverständlich klar, daß die Europäer vor einer Entscheidung über NMD gehört werden wollen. Die gesamte Gemeinschaft Unabhängiger Staaten GUS stellte sich in der Ablehnung von NMD mittlerweile hinter Moskau. Sicherheitsexperte Zbigniew Brzezinski, Eingeweihten aus der Trilateralen Kommission bekannt, warnte die US-Regierung, Rußland strebe an, einen Graben zwischen die USA und die EU zu treiben, wozu sich die NMD-Debatte hervorragend eignet. Mittlerweile forderte eine Gruppe von 50 Kongreßabgeordneten der Demokraten, also von Clintons eigener Partei, das FBI auf, dem Verdacht nachzugehen, interessierte Kreise hätten die Testergebnisse von NMD schönfärberisch manipuliert. Infolge des massiven Drucks von allen Seiten gab Clinton nach und halste die endgültige Entscheidung über NMD seinem Nachfolger auf.

 

Mittlerweile machen 27,5 % jedes bundesdeutschen Altersjahrganges ihr Abitur, womit diese Quote sich seit 1970 verdoppelt hat. Die Anzahl der erfolgreichen Hochschulabsolventen ist mit 11,5 % jedoch konstant geblieben. Fast 20 % aller Abiturienten wollen grundsätzlich nicht mehr studieren, was wohl ruhigen Gewissens mit den haarsträubenden Zuständen an den Unis und Fachhochschulen erklärt werden kann. An diesen hat die Studienabbrecherquote beispielsweise unter den Lehramtsstudenten besorgniserregende 40 % erreicht, so daß in Bälde mit einem regelrechten Akademikermangel zu rechnen ist. Bei Maschinenbau und Jura brechen ebenfalls 40 % aller Lehramtsstudierenden ihre Ausbildung ab, bei Elektrotechnik und Physik 50 %, bei Wirtschaftswissenschaften und Informatik 60 % und bei Mathematik gar 70 %.

 

Der seit den 60ern bestehende Frankfurter Gesprächskreis der SPD-Linken hat sich als Forum demokratische Linke 21 e.V. konstituiert, um die Parteilinke innerhalb der Organisation zusammenzufassen. Vorsitzende des Vereins soll die ehemalige Juso-Chefin Andrea Nahles werden, als Vize ist Detlev von Larcher, der führende Kopf des Frankfurter Kreises, vorgesehen. Das Forum will zur Verbreitung seiner Thesen auch Kontakt zu sozialen Bewegungen außerhalb der Parteistrukturen suchen. Nahles stellte selbstkritisch fest, bislang habe die SPD-Linke eine "Doppelrolle von Sündenbock und Dummem August" gespielt. In einer Erklärung hielt der entstehende Verein der Bundesregierung vor, die soziale Frage zu vernachlässigen und die Wahlversprechen nicht zu erfüllen. 

   

Die "Zukunft der Arbeit" (EXPO-Motto): Infolge der schwachen Besucherzahlen bei der Heerschau des Globalisierungskapitalismus haben die Zeitarbeitsfirmen Randstad und Adecco bereits 2000 Entlassungen vorgenommen. Hierbei handelt es sich überwiegend um von den Arbeitsämtern zur Zeitarbeit abgeschobene Arbeitslose, die nun wohl den Gang zum Sozialamt antreten dürfen. Laut Betriebsrat hat Adecco "willkürlich und ohne Berücksichtigung der sozialen Kriterien" gekündigt. Niedersachsens DGB-Chef konstatierte einen "Widerspruch zwischen der ausgestellten Zukunft der Arbeit und der haarsträubenden Realität".

   

Im UN-Sicherheitsrat kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, da Rußland sich als Sprachrohr der arabischen Welt weigerte, den Rückzug Israels aus dem Libanon als vollzogen anzuerkennen. Hintergrund ist die weitere Besetzung des Gebietes um die Farmen auf den Sheba-Höhen durch zionistische Truppen. Israel und der Westen gehen jedoch davon aus, daß die israelische Armee sich vollständig hinter die der UN-Resolution 425 (1978) zugrundeliegende Demarkationslinie zurückgezogen hat. Nur unter Enthaltung Rußlands, das gegen die Nichtanhörung Jugoslawiens bei allen Balkanplanungen protestiert, konnte der Sicherheitsrat die Verlängerung des UN-Mandats für Bosnien verabschieden. Nachdem Rußland, China, die Ukraine und Namibia vergebens beantragten, Jugoslawien zu den Balkanverhandlungen einzuladen, verließ der russische Delegierte das Gremium. Die Abstimmung kam zustande, weil das Nichtmitglied BRD Frankreich ermunterte, über die Einladung Belgrads zu entscheiden. Nun ist der Weg frei für eine weitere Abstimmung - über die Einladung der BRD als zweitgrößten Geberlandes für Südosteuropa.

   

Einer Umfrage des Magazins "Capital" zufolge wächst in bundesdeutschen Managerkreisen das Mißtrauen gegenüber dem Prinzip der shareholder value. Seit 1996 ist die Quote derjenigen, die eine rücksichtslose Orientierung an den Interessen des Aktionärskapitals befürworten, von 42 auf 34 % gefallen. Fast 70 % der Führungskräfte sind der Ansicht, eine derartige Ausrichtung zwinge die Vorstände zu kurzfristigen Entscheidungen und verhindere eine mittel- und langfristige Strategie - reine Menschenfreundlichkeit ist hier also mitnichten anzunehmen. Mehr als 50 % konstatieren außerdem, das Management achte vermehrt auf seinen persönlichen Vorteil und weniger auf den Erfolg des Unternehmens. 

   

Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Bonn hat Erich Schumann, den geschäftsführenden Gesellschafter der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", aus der Partei ausgeschlossen. Schumann hatte bekanntlich dem korrupten Exkanzler Kohl 800.000 DM zukommen lassen, mit denen dieser die von ihm in die Kassen der CDU gerissenen Finanzlücken stopfte. Der Hinauswurf Schumanns, der nach eigenen Worten aus "demokratiepolitischen Gründen" gehandelt haben will, dürfte der SPD einige Schwierigkeiten mit dem einflußreichen WAZ-Verlag einbringen.

   

Jeder Leser sei zum Kassensturz aufgerufen: Laut Juni-Bericht der Bundesbank hat sich das Geldvermögen der bundesdeutschen Privathaushalte seit 1990 auf 6,75 Billionen DM verdoppelt. Die Erklärung für diese den meisten Bürgern sicherlich rätselhafte und auch vollkommen neue Verdoppelung ihres Vermögens wird gleich mitgeliefert: Seit 1990 haben sich die Aktienkurse verdreifacht. Immerhin stellen die Bundesbanker fest, daß sich aufgrund der ungleichen Verteilung des Wertpapierbesitzes die Vermögensentwicklung "sehr unterschiedlich entwickelt" hat.

 

Der französische Mediengigant Vivendi erreichte sein Ziel einer Übernahme der kanadischen Seagram-Gruppe. Der neue Mischkonzern Vivendi Universal verdrängt damit Bertelsmann vom Platz des zweitgrößten Medienkonzerns der Welt - sein Umsatz wird weltweit 110-130 Milliarden DM betragen, der Börsenwert erreicht 200 Milliarden DM. Einziger Vizepräsident von Konzernechef Jean-Marie Messier wird im übrigen ein gewisser Edgar Bronfman junior sein, womit der Abqualifizierung seines Vaters, des Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, als Schnapsmilliardär hoffentlich ein Ende gesetzt ist. Bei der Bronfman-Familie handelt es sich nicht um dahergelaufene Destillenwirte, sondern um eine überaus gerissene und mächtige Unternehmerdynastie. Ihren Getränke- und späteren Mischkonzern bauten die Bronfmans ab 1924 während der Prohibition in den USA auf, im Klartext machte man wie der Kennedy-Clan mit Alkoholschmuggel und Mafiakontakten ein Vermögen und reinvestierte dieses. Bronfman junior wird mit 8 % der Anteile der größte Anteilseigner des neuen Konzerns sein. Vivendi, ohnehin durch die Canal plus-Gruppe (ARTE) auf dem französischen Fernsehmarkt stark vertreten und Besitzer der Nachrichtenagentur Havas, steigt mit dem weltgrößten Musikunternehmen Polygram und den Universal-Studios von Seagram nun auch in andere Mediensektoren ein.

 

Mit dem MAI-Abkommen in eine herrliche Zukunft: In einer in Genf veröffentlichten Untersuchung erhebt die Welthandelsorganisation WTO die Handelsliberalisierung zu einem Beitrag zur Überwindung der Armut. WTO-Generalsekretär Moore erklärte, die Handelsliberalisierung gebe den Armen in den Entwicklungsländern Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Als Beispiel führt man Südkorea an, das seit 1970 seinen Lebensstandard vom Niveau Ghanas auf dasjenige Portugals angehoben hat. Die Liberalisierung ermögliche eine bessere Ausnutzung des produktiven Potentials und schütze vor den negativen Auswirkungen willkürlicher politischer Entscheidungen. Die Einkommen der Armen steigen laut Weltbank proportional zum nationalen Wachstum an - die Vermögensverteilung bleibt also beim alten, nur die multinationalen Konzerne können billiger produzieren. Die anfänglichen negativen Auswirkungen einer Liberalisierung wie steigende Arbeitslosigkeit und Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen können laut Moore durch soziale Maßnahmen abgefedert werden - aber die werden die Multis wohl kaum bezahlen. Warum sollten sie auch.

 

Kohl verglich im ZDF den Aufruf der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) zum Boykott seiner Sammelaktion mit der Boykottierung jüdischer Geschäfte während des Dritten Reiches. Auch damals hätten die Spitzen der SPD geschwiegen. Wir sind versucht, zu fragen, was denn Kohls industrielle Hintermänner (Flick!!!) oder die meisten Altfunktionäre seiner klerikal-konservativen Partei während der NS-Herrschaft so getrieben haben (Stichwort "Märzgefallene") und sich nicht vielleicht gar aus dem Vermögen der Boykottierten und Verfolgten, mit denen der Spätgeborene Kohl sich zu vergleichen wagt, ungeniert bedienten. 

 

General a.D. Heinz Loquai, bekannt geworden als schärfster Kritiker der Lüge Scharpings vom serbischen Hufeisenplan zur systematischen Vertreibung der Kosovo-Albaner, verlor auf Betreiben des Bundesverteidigungsministeriums seine Stelle als Berater bei der OSZE in Wien. Obwohl Auswärtiges Amt und OSZE den Exmilitär gerne behalten hätten, verhinderte die Hardthöhe die Verlängerung seines Vertrages.

 

In Athen demonstrierten auf Aufforderung der griechisch-orthodoxen Kirche 200.000 Menschen gegen die von der Regierung geplante Abschaffung des Religionsvermerks in den Ausweispapieren. Der orthodoxe Klerus vertritt die Ansicht, durch die Abschaffung des Vermerkes würden die Griechen ihre kulturelle und nationale Identität verlieren. Vertreter der 10 % der Bevölkerung ausmachenden islamischen, katholischen und jüdischen Minderheiten begrüßten den Plan der Regierung hingegen.

 

Ein Bombenanschlag auf Hillsborough Castle, den Amtssitz des britischen Nordirlandminister Mandelsohn nahe Belfast, konnte vom Militär verhindert werden. Die britische Kolonialmacht vermutet hinter den Bombenlegern die Splittergruppe Real IRA, die kürzlich einen Sprengstoffanschlag auf eine Brücke in London verübte. Nachdem es in den vergangenen Tagen zu Angriffen von Katholiken auf protestantische Wohnviertel im Norden und Westen von Belfast kam, drohten die protestantischen Ulster Freedom Fighters mit einem Ende des Waffenstillstandes. Die UFF behält sich seit dem 21.06. um 0.00 Uhr vor, jede Person zu erschießen, die protestantische Häuser angreift. 

 

Taiwans Präsident Chen Shui-bian hat der chinesischen Führung überraschend ein Gipfeltreffen nach dem Vorbild der beiden koreanischen Staaten vorgeschlagen, um die Streitigkeiten zu überwinden. Peking fordert jedoch die Anerkennung seines Alleinvertretungsanspruches für ganz China, bevor es sich auf Verhandlungen mit Taiwan einlasse. Auch die von Chen ins Spiel gebrachte Einbeziehung der USA wies die Volksrepublik als Einmischung in eine innerchinesische Angelegenheit zurück.

 

Erwartungsgemäß unterzeichneten die Grünen auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz in Münster ihre endgültige Kapitulationsurkunde vor dem kapitalistischen System und stimmten dem Atomkonsens zu. Die Parteivorsitzende Antje Radcke verzichtete daraufhin wie angekündigt auf ihre erneute Kandidatur. Sehr treffend scheint der hämische Kommentar des FDP-Stehaufmännchens Möllemann: "Tauschbörse - Prinzipien gegen Dienstwagen". Bei einigen im TV zu bewundernden Beiträgen zweifelte der Verfasser am Geisteszustand der Redner, so die unvergeßliche Jungpolitikerin, die als Paradebeispiel für den Technologietransfer in die Dritte Welt ausgerechnet die Einrichtung eines Glasfasernetzes in Gambia anpries - im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt.

 

Ein Machtkampf zwischen dem Altgaullisten Charles Pasqua und dem Rechtskonservativen Philippe Le Jolis de Villiers läßt die Spaltung des Rassemblement pour la France erwarten. Noch bei den Europawahlen erreichte das RPF aus dem Stand 13 % der Stimmen, wohl vom desolaten Zustand des Front National profitierend. Hintergrund sind die Streitigkeiten zwischen dem eher kleinbürgerlichen Pasqua-Flügel und den royalistisch-katholisch angehauchten Gefolgsleuten von Villiers, der seinerzeit seine Bewegung für Frankreich MPF in das RPF einbrachte. Zu allem Überfluß wurde bekannt, daß Generalsekretär Jean-Jacques Guillet Anfang der 90er Jahre Schmiergelder von Elf Aquitaine annahm. 

 

 

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