Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 29. Juli bis 4. August 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Dubioser Bombenanschlag in Düsseldorf

Droht Machtkampf im Irak?

Zentralkartei rechter Gewalttäter geplant

Weitere Annäherung der koreanischen Teilstaaten

Rechte Gewalt fördert den Polizeistaat

ETA liquidiert sozialistischen Politiker

DPG fordert Recht auf Postkontrolle

Einkünfte der niedersächsischen Bevölkerung

Breite öffentliche Mobilisierung geplant

George W. Bush ist US-Präsidentschaftskandidat

Antifa-Pamphlete werden zitierfähig

Industriegelder für Bush in Rekordhöhe

Widerstand gegen Rechtschreibreform wächst

Werbecoup des Grabert-Verlages

US-KFOR-Soldat wegen Mordes verurteilt

Libyscher Außenminister in Moskau

Österreich: Linke und Muslime gegen Sanktionen

Chinesische Hacker bedrohen die USA

Folgen der UN-Sanktionen gegen den Irak

Massive Aufrüstung der Bundeswehr

 

Zitat der Woche:
"In jedem Land, wo die Demokratie der Interessenten in die Krise gerät, wird der Klassenkampf zum Entscheidungskampf um die Führung der Nation. Die Partei, die siegen will, muß ihren Führungsanspruch vor der ganzen Nation begründen, muß eine konkrete Stellung zu allen gesamtnationalen Problemen besitzen."
- Richard Löwenthal

 

Mysteriöses um den Bombenanschlag in Düsseldorf: Zunächst ließ die Polizei verlauten, bei dem Sprengsatz, der mehrere jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion teilweise schwer verletzte, handele es sich um eine Rohrbombe. Später wurde aus dieser eine umgebaute Handgranatenattrappe. Zu allem Überfluß behaupten Vertreter eines der modernsten Polizeiapparate der Welt auch noch, der Regen habe ihre Spurensicherung behindert. Obwohl es keinerlei konkrete Hinweise gibt, spricht seit dem Attentat die Öffentlichkeit in recht hysterischer Weise von einer "rechten Terrorwelle", was es den Regierenden einfach macht, die Sicherheitsgesetze zu verschärfen und den staatlichen Repressionsapparat weiter auszubauen. Am Tag nach der Tat drohte ein unbekannter Anrufer in Berlin, möglicherweise ein in Brandenburg lebender Angehöriger einer nicht näher bezeichneten Berliner Polizeieinheit, es werde weitere Vorfälle nach Art des Anschlages auf dem Münchener Oktoberfest 1980 geben, dessen genaue Hintergründe nie aufgeklärt wurden (BND- bzw. Gladio-Verwicklung möglich). Ferner kündigte eine unbekannte Frau in sehr aufgeregtem Zustand einen nahen Sprengstoffanschlag auf das Bundeskanzleramt an. Der Verfasser erinnert an den dubiosen Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna, der von der italienischen Regierung entsprechend zum Vorgehen gegen die radikale Linke ausgenutzt wurde.

 

Auf in den totalen Überwachungsstaat: Nach dem Vorbild der Hooligan-Kartei soll eine zentrale Datei polizeibekannter "rechter Gewalttäter" angelegt werden. Berlin baut seine VS-Abteilung für Rechtsextremismus aus (als wenn die Stadt keine anderen Sicherheitsprobleme hätte). Baden-Württemberg wird Hinweisstellen einrichten, an die sich Menschen mit Blockwart-Mentalität vertrauensvoll zur Denunziation vermeintlich rechter Aktivitäten wenden können. In diesem Zusammenhang denkt Thüringens CDU-Innenminister Köckert über ein Handy-"Meldesystem verantwortungsbewußter Bürger" nach.

 

Bayerns Innenminister Beckstein nutzt das Treiben politisch unorganisierter und sozialdarwinistischer Minusseelen aus, um seine alten "law and order"-Forderungen aus der Schublade zu kramen. Laut Beckstein sollen mal wieder "Brennpunkte von extremistischen Straftaten" per Video überwacht werden (die Bundesregierung wird zunächst die Bahnhöfe überwachen lassen), ferner sollen politisch motivierte Gewaltdelikte bei Tätern zwischen 18 und 21 Jahren nach Erwachsenenstrafrecht geahndet und der Verfassungsschutz verstärkt werden. Verdächtige sind schon beim Verdacht einer geplanten Gewalttat zur elektronischen Überwachung freigegeben. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) verpflichtete die Landespolizei zu einer Null-Toleranz-Strategie. Jedes Mal soll der Versuch unternommen werden, Aufzüge und Veranstaltungen von "Rechtsextremen" zu verbieten. Irritiert zeigte sich der Provinzpotentat aus Hannover darüber, daß es doch tatsächlich Richter gebe, die es wagten, rechtswidrige Verbotsverfügungen aufzuheben. Gabriel schloß sich auch der Forderung des bayerischen Innenministers Beckstein (CSU) nach einem NPD-Verbot an, die nun wohl von einer Arbeitsgruppe der Bund- und Länderinnenministerien überprüft werden wird. Ferner schwebt ihm ein Einsatz des BGS gegen "rechte Straftäter" vor, was auch im Bundesministerium des Inneren in Erwägung gezogen wird. Damit bewähren sich Gewaltkriminelle unter politischem Deckmantel als Geburtshelfer des bundesdeutschen FBI.

 

Die Deutsche Postgewerkschaft fordert durch ihre Sprecherin Schmied, deren Vorname ausgerechnet auf "Sigrun" lautet, eine Beförderungssperre für "rechtsextreme" Post. Bislang konnten die Genossen die Beförderung verweigern, wenn sich auf der Außenseite Hinweise auf rassistisches Gedankengut fanden. Der Hinweis, diese Regelung sei für Zeitungen nicht ausreichend, weist wohl darauf hin, daß die Gewerkschaft gerne ein Kontrollrecht erwirken möchte. Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des Industriellenverbandes BDI, schlug vor, als "Rechtsextremisten" auffällig gewordene Mitarbeiter kurzerhand zu entlassen. Das war bislang nur in sogenannten Tendenzbetrieben mit politischer, konfessioneller und künstlerischer Ausrichtung sowie in Medienunternehmen rechtens bzw. bei verhaltensbedingten Entlassungen.

 

Flankiert werden sollen alle diese Maßnahmen durch "Mobilisierung der Zivilgesellschaft" in Form von Bündnissen zwischen Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften zur sozialen Ächtung rechter Gewalt. In der Öffentlichkeit moralisch unterstützt werden diese Absichten des liberalkapitalistischen Systems auch durch die "Antifa". Die Jungs von der anderen Feldpostnummer haben mittlerweile ein Niveau erreicht, welches demjenigen der orthodoxen Rechten im Zusammenhang mit "Linksextremismus" entspricht. Kaum fabuliert Innenminister Schily ohne jeden Beweis vom "rechten" Hintergrund des Bombenanschlages in Düsseldorf, schon springt die Antifa, demonstriert gegen den "rechten Terror" und jammert genauso nach der starken Hand des kapitalistischen Staates wie die "Rechte" weiland gegenüber den Aktivisten der RAF.

 

Im Bericht der ap-Mitarbeiterin Isabell Scheuplein über das Thule-Seminar und die Neue Rechte, zu lesen z.B. im "Weser-Kurier" und in der "Rheinischen Post", tauchen alte Bekannte auf: Der staatserhaltenden Nachrichtenagentur erscheinen die "Antifaschistischen Nachrichten" zitierenswert, und unhinterfragt wird die daselbst verbreitete Behauptung übernommen, Pierre Krebs sei auf mehreren "Neonazi-Aufmärschen" gesichtet worden. Wenn alle Ausgeburten "autonomer" Paranoia unkritisch übernommen würden, könnte in der Öffentlichkeit leicht der Eindruck entstehen, die faschistische Machtergreifung stünde unmittelbar bevor. Ebenso wie die von Gedanken über den für eine zivilisierte Gesellschaft unverzichtbaren sozialen Minimalkonsens unberührten "Radauglatzen" müssen sich diese "Antifaschisten" den Vorwurf gefallen lassen, nichts weiter als nützliche Idioten für die polizeistaatlichen Interessen des Kapitals und seiner Kollaborateure zu sein. Die politischen Aktivisten haben das dann als angebliche "geistige Brandstifter" auszubaden. Der Großteil von ihnen scheint uns geradezu gelähmt (oder desinteressiert?) zu sein - wir vermissen überall eine deutliche Distanzierung von den zumeist durch niedrige Beweggründe motivierten Exzessen, die mit politischer Arbeit nicht das Geringste zu tun haben. Von irgendeiner Stellungnahme zur allgegenwärtigen Hetzkampagne ganz zu schweigen.

 

Der Deutsche Hochschulverband (DHV), Standesvertretung von 17.500 Dozenten, wird solange zur alten Rechtschreibung zurückkehren, bis eine Korrektur der "Reform" durch die Kultusministerkonferenz erfolgt ist. Nach einer Forsa-Umfrage sind mittlerweile 68 % der Bevölkerung für die Annullierung der Reform, während nur 27 % für ihre Beibehaltung einstehen. Der Deutsche Beamtenbund fordert ebenfalls die Rückkehr zur alten Schreibweise. Aus der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verlautete: "Diese Reform war von Anfang ein eine Mißgeburt."

 

In Würzburg verurteilt ein US-Militärgericht den 35jährigen Stabsunteroffizier Frank Ronghi zu lebenslanger Haft. Der ehemalige KFOR-Soldat wurde des sexuellen Mißbrauchs und der Ermordung eines 11jährigen albanischen Mädchens im Januar dieses Jahres für schuldig befunden. Augenscheinlich half mindestens ein Kamerad Ronghi, die Leiche verschwinden zu lassen. Die Todesstrafe blieb dem Angeklagten wohl nur aus Rücksicht auf die juristischen Gebräuche in der BRD erspart.

 

Finnlands Altpräsident Martti Ahtisaari, Spaniens ehemaliger Außenminister Marceloni Oreja und der bundesdeutsche Verfassungsrechtler Jochen Frowein weilten in Wien, um als Beauftragte der EU die Lage in Österreich zu überprüfen. Das Trio traf auf einhellige Ablehnung der EU-Sanktionen: Sowohl der Sprecher der österreichischen Grünen, Alexander Van Der Bellen als auch der SPÖ-Parteichef Alfred Gusenbauer schlossen sich der Forderung der österreichischen Bundesregierung nach Aufhebung der Sanktionen an. Innsbrucks Bischof Alois Kothgasser verwies im Magazin "Format" auf die Tatsache, daß es sich beim Kabinett Schüssel um eine demokratisch gewählte Regierung handle. Auch Anas Schakfeh, Sprecher der Muslime in Österreich, stellte sich gegen Brüssel und erklärte, das Klima für seine Glaubensbrüder habe sich eher unter der Großen Koalition von SPÖ und ÖVP verschlechtert als unter der nunmehrigen Mitte-Rechts-Regierung.

 

Zum zehnten Mal jährt sich der Jahrestag der - später vom Westen blutig verhinderten - irakischen Wiedervereinigung mit Kuwait. Nach Angaben Bagdads sind infolge der seit 1990 andauernden UN-Wirtschaftssanktionen bereits 1,3 Millionen Iraker verhungert oder an Krankheiten gestorben. Dennis Halliday, 1998 aus Protest zurückgetretener Koordinator der humanitären UN-Hilfe im Irak, wirft dem UN-Sicherheitsrat vor, vorsätzlichen Völkermord zu begehen. Rund 20 % der Kinder sind unterernährt, die Analphabetenrate ist auf 44 % emporgeschnellt, und das in dem arabischen Land, das einst den höchsten Bildungsstandard besaß. Seit Sanktionsbeginn fiel das Pro-Kopf-BIP von 3500 auf 700 US-Dollar. Verarmung, sozialer Verfall und Wirtschaftsnot im ehemals modernen Schwellenland Irak sind nach Ansicht von Experten "einmalig in der Geschichte der modernen Welt". Seit nunmehr 18 Monaten fliegen die USA ohne jegliches UN-Mandat beinahe täglich Luftangriffe auf Ziele im Irak. Scott Ritter als ehemaliger Leiter der UN-Inspektionstruppe UNSCOM nennt offen die Alternativen: Aufnahme eines konstruktiven Dialogs mit der irakischen Führung oder der Einmarsch von 250.000 Mann zum Sturz Saddam Husseins. Gamal Abdel Gawad vom Kairoer Al Ahram-Zentrum für politische Studien wirft den USA vor, den militärisch starken Irak 1990/91 als potentielle Bedrohung für die Sicherheit Israels und der arabischen Machtbalance ausgeschaltet zu haben, um sich selbst als wichtigsten Machtfaktor im Nahen Osten zu etablieren. Hinzu kommt, daß durch die Parteinahme vieler Mitglieder für den Westen die Arabische Liga faktisch lahmgelegt wurde. Die Vereinigung der arabischen Staaten trat seit dem Golfkrieg nur einmal (1996) in Kairo zusammen, weil sie sich nicht auf eine gemeinsame Linie gegenüber Bagdad einigen konnte. Nur in Saudi-Arabien und Kuwait steht die Mehrheit der Bevölkerung noch hinter dem irakfeindlichen Kurs, in allen anderen Mitgliedsstaaten wird vehement ein Ende der UN-Sanktionen verlangt.

 

Im Zusammenhang mit der Nachricht von der angeblichen Krebserkrankung Saddam Husseins mutet ein Bericht des "Sunday Telegraph" interessant an. Der Zeitung zufolge haben die irakischen Geheimdienste eine nachrichtendienstliche Offensive gegen die Exilopposition eingeleitet, wobei die hauptsächlichen Methoden Mord und Unterwanderung sind. Möglicherweise will Bagdad lästige Konkurrenten im zu erwartenden Machtkampf um die Nachfolge ausschalten.

 

Bei Regierungsgesprächen in Seoul verständigten sich Süd- und Nordkorea darauf, neue Wege zur Förderung von Versöhnung und Zusammenarbeit zu suchen. Die Gespräche sollen auf Ministerebene in regelmäßigen Zeitabständen fortgesetzt werden. Das seit 1996 vom Norden boykottierte Verbindungsbüro in Panmunjom an der waffenstarrenden innerkoreanischen Demarkationslinie sieht einer Wiedereröffnung entgegen, ferner besprach man die Wiederherstellung der Bahnlinie von Seoul ins nordkoreanische Shinuiju. In puncto Kulturaustausch und Sport wurden ebenfalls Annäherungen erzielt. Entgegen den südkoreanischen Erwartungen schickte der Norden keine Unterhändler für militärische und wirtschaftliche Fragen. Nach einem Bericht der Caritas Hongkong hat auch das Jahr 2000 Nordkorea eine Dürre gebracht, sie sich verheerend auf die Reisernte auswirken dürfte.

 

In Zaragoza verhinderte die Festnahme von zwei Angehörigen der baskischen Befreiungsorganisation ETA einen Bombenanschlag auf Bürgermeister José Atares. Unter den Festgenommenen befindet sich Aitor Lorente, der als einer der meistgesuchten Etarras gilt. In Tolosa bei San Sebastián, übrigens von einer Minderheitsregierung der ETA-nahen Euskal Herritarok verwaltet, töteten daraufhin zwei ETA-Aktivisten den ehemaligen Gouverneur der Provnz Guipuzcoa, Juan Maria Jauregui, am hellichten Tage in einem Café mit zwei Kopfschüssen. Jauregui gehört der sozialistischen PSOE an. Die Attentäter entkamen unerkannt und sprengten anschließend ihren Fluchtwagen mit einem Kilo Dynamit in die Luft. Das Attentat dürfte die Absichten des spanischen Ministerpräsidenten Aznar fördern, im Baskenland durch vorgezogene Neuwahlen eine Koalitionsregierung aus konservativer Volkspartei und Sozialisten zu etablieren. Der neue PSOE-Parteichef José Luís Zapatero erneuerte demonstrativ das Bekenntnis zur Loyalität im Kampf gegen den Terrorismus, und Aznar drohte der ETA öffentlich mit massiven Gegenschlägen der spanischen Sicherheitsorgane. Der spanischen Zeitung "El Correo" zufolge verschafften deutsche Waffenhändler der ETA zur Vorbereitung ihrer neuen Offensive 1,5 t Sprengstoff mit 1000 Zündern, 30 Gewehre, 145 Pistolen und 240 Handgranaten.

 

Nach einer Analyse des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik lebten im Frühjahr 1999 nur 40 % der Niedersachsen von ihren Arbeitseinkünfte. Von 7,8 Millionen Einwohnern wurden 32 % von Angehörigen unterstützt, weitere 3 % lebten vom Arbeitslosengeld. Bei den 2 Millionen, die ihren Lebensunterhalt aus Rente, Pension und Unterstützungen beziehen, stellen die Rentner 86 % und die Sozialhilfeempfänger 9 %, während 5 % BAFöG, Stipendien oder eine Ausbildungsvergütung erhalten. Nur 0,5 % der Niedersachsen können von den Erträgen ihres eigenen Vermögens leben, soviel zum Volk der Aktionäre und Erben.

 

Auf dem pompösen Wahlparteitag der amerikanischen Republikaner in Philadelphia wurde erwartungsgemäß  George W. Bush, der Sohn des Clinton-Vorgängers, zum Präsidentschaftskandidaten gewählt. Auf dem Kongreß setzten die Delegierten sich vehement für ein umfassendes Raketenabwehrsystem ein, das sowohl alle 50 US-Bundesstaaten einschließlich Alaska und Hawaii, alle in Übersee stationierten Truppen und die Verbündeten vor Atomraketen aus "Schurkenstaaten" schützt. Das bisher landgestützte NMD-System soll durch seegestützte Waffensysteme ergänzt werden. Zugleich sprechen die Republikaner sich für eine nukleare Abrüstung der USA und Rußlands auf das zur Landesverteidigung ausreichende Mindestniveau aus und erteilen dem "Gleichgewicht des Terrors" eine Absage. Die noch ausstehende Ratifikation des Atomteststoppvertrages durch die USA ist bei einem republikanischen Wahlsieg erklärtermaßen nicht zu erwarten, und auch der ABM-Vertrag erscheint Bush als überholt. Mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Richard Cheney steht Bush ein ausgesprochen konservativer Vertreter des militärisch-industriellen Komplexes als Vizepräsident zur Seite, hinzu kommt ex-Generalstabschef Colin Powell als Außenminister. Die designierte Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice kündigte bereits an, daß Bush im Ernstfall und immer in Abstimmung mit den Verbündeten "nicht davor zurückschrecken werde, Gewalt anzuwenden. Denn Sieg ist für George W. Bush kein schmutziges Wort." Ein friedliches Rußland habe von den USA nichts zu befürchten, aber Rice sieht eine chinesische Herausforderung auf "god´s own country" zukommen. Militaristen wie General Norman Schwartzkopf und Amerikas Vietnam-Kriegsheld John McCain propagieren offen die militärische Wiedererstarkung der USA unter dem neuen Präsidenten. Wir sehen, der american way of life infiziert nicht nur die weiße Bevölkerungsgruppe, denn Powell und Rice sind bekanntermaßen Farbige.

 

Für den Präsidentschaftswahlkampf gegen Al Gore hat Bush jr. 93,2 Millionen US-Dollar zusammenbekommen, die zuvorderst von Investmentbanken, Rechtsanwälten, Immobilienbranche, Gesundheitslobby, Petrochemie und Versicherungswesen kommen. Die Geberlaune der Investmentbanker erklärt sich dadurch, daß Bush angekündigt hat, ein Sechstel der Beiträge zur staatlichen Sozialversicherung in private Investmentfonds oder Versicherungen umzuleiten. Die Rechtsanwälte hoffen nach dem Microsoft-Debakel auf klientenfreundlichere Urteile, und da trifft es sich doch gut, daß der neue Präsident zwei Posten im Obersten Gerichtshof neu besetzen kann. Hier stehen ab 2001 Verhandlungen über die Strafzahlungen der Tabakindustrie oder die Entflechtung von Microsoft an, nur so nebenbei. Die Gesundheitslobby ist erfreut über die Ankündigung, durch Steuersubvention den Kreis potentieller Kunden der Medikamentenversicherung zu erweitern anstatt durch Staatsauflagen den Preiswucher der pharmazeutischen Industrie zu bekämpfen. Bush verteilt Geschenke in alle Himmelsrichtungen, um gewählt zu werden. Wir dürfen auf den Gegenzug der Demokraten gespannt sein.

 

Dem Tübinger Grabert-Verlag ist es gelungen, eine Anzeige im Programm zum Historikertag 2000 in Aachen zu plazieren. Johannes Fried als Vorsitzender des veranstaltenden Verbandes der Historiker Deutschlands sprach von einer technischen Panne. Immerhin erreichte die Grabert-Anzeige so 8000 Vertreter der Fachwelt. Die Einnahmen aus der Werbeanzeige sollen nun dem Verein für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gespendet werden.

 

Libyens Außenminister Abdel Rahman Shalgam übergab in Moskau die Einladung seines Revolutionsführers Muhammar al Gaddhafi an Präsident Putin, dem nordafrikanischen Staat einen Besuch abzustatten. Putin sprach sich im Rahmen des Gespräches für eine Aufhebung der derzeit nur suspendierten UN-Sanktionen gegen Libyen aus. Der russische Präsident setzt damit nach Nordkorea und dem Irak seine demonstrativen Kontakte zu mit den USA verfeindeten Staaten fort. Ferner verhandelte Shalgam über die Wiederaufnahme der militärisch-technischen Zusammenarbeit zwischen Libyen und Rußland. Tripolis ist vor allem an einer Überholung und Modernisierung von Luftwaffe und Panzertruppe interessiert. Im Oktober wird in der libyschen Hauptstadt eine gemeinsame Regierungskommission zusammentreten.

 

Wie die "Washington Times" berichtete, brachen um die Jahreswende 1998/99 Hacker eines chinesischen Forschungsinstitutes in Peking in den Rechner des US-Atomforschungszentrums Los Alamos ein und gelangten so an hochsensible Dokumente. Nach Angaben aus NSA-Kreisen wäre der Dokumentenstapel ausgedruckt etwa einen Meter hoch. Die Attacken aus Peking fallen in die Zeit der "Moonlight Maze", als es eine Serie weltweiter Hackerangriffe auf das US-Verteidigungsministerium gab. Alleine in den 90er Jahren hat laut FBI China mehr als 50 Angriffe gestartet, um an digitale Informationen zur Nuklearforschung der USA zu gelangen.

 

In den nächsten Jahren stehen bei der Bundeswehr Großbeschaffungen in Höhe von 75 Milliarden DM ins Haus. Für 8 Milliarden DM soll die Truppe durch bis zu 3000 Truppentransportpanzer GTK beweglicher gemacht werden. Das Fahrzeug ist radgetrieben, dabei aber weitaus manövrierfähiger als der Schützenpanzer Marder, der sich auf dem Balkan als Totalausfall in unwegsamem Gelände entpuppte. Strittig ist noch die Bewaffnung des GTK mit einer Bordmaschinenkanone, da man ansonsten auch den Radtransportpanzer Fuchs behalten könnte. Auf der Kippe steht die Modernisierung der Leopard II mit einem neuen Kanonenrohr für 300 Millionen DM, außerdem haben auch die 80 gepanzerten Kampfhubschrauber Tiger für 5,7 Milliarden DM keine absolute Priorität. Das eingeplante Kontingent von 134 Transporthubschraubern NH 90 für 7,25 Milliarden DM dürfte eher noch zu gering ausfallen, um wirkliche Beweglichkeit der Krisenreaktionskräfte sicherzustellen. In der Diskussion befindet sich die Ablösung der veralteten Transall-Lufttransporter durch 75 Modelle einer militärischen Airbus-Variante für 12 Milliarden DM, die eine Transporterflotte der WEU bilden sollen. Dies gilt auch für die 180 Eurofighter als Ersatz für die seit den frühen 80ern veralteten Phantom (mindestens 30 Milliarden DM). Die Marine will sich durch drei neue Flugabwehrfregatten Klasse 124 (4 Milliarden DM) als Ersatz für die alten Zerstörer der Lütjens-Klasse verstärken. Hinzu kommen 15 Korvetten für 6 Milliarden DM zur Ablösung der Schnellboote. In Marinekreisen wird auch eine Aufstockung des Kontingents der 4 U-Boote vom Typ 212 (3,4 Milliarden DM) mit ihrem revolutionären Brennstoffzellenantrieb gefordert. Die von den NATO-Partnern eingeforderte Ausstattung des Heeres mit modernen Kommunikationsmitteln oder Landungsschiffen für Invasionen ist hier noch nicht inbegriffen.

 

 

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