Wochenschau
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Die politische Wochenschau
vom 16. bis 25. Februar 2000
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
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Zitat der Woche: |
Erfolg ist keine revolutionäre Kategorie, jeder Kampf hat seine Richtigkeit |
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Inge Viett
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In Paris legte die neun der zwölf Nationalistengruppen vertretende Dachorganisation Unita einen Friedensplan für Korsika vor, der u.a. eine Amnestie für alle verurteilten Nationalisten und die Einführung des Korsischen als Amtssprache vorsieht. Kaum annehmbar für die demokratischen Zentralisten an der Seine dürfte die Option auf die staatliche Unabhängigkeit der Insel sein. Die Delegation betonte, daß auch Yves Colonna, der vor zwei Jahren den Präfekten Erignac liquidierte, ein verdienter Kämpfer der ersten Stunde ist.
Die Verurteilung Jean-Marie Le Pens zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung, 5000 Francs Geldstrafe und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für ein Jahr wird rechtskräftig. Le Pen kündigte die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtes für Menschenrechte an und weigerte sich, seine Abgeordnetenmandate im Europaparlament und im Regionalparlament Provence-Alpes-Côte dAzur aufzugeben. Das Urteil ist in der Tat mehr als fragwürdig: Der wegen Korruption für zwei Jahre seiner Ehrenrechte verlustig gegangene Sozialist Henri Emmanuelli kehrte soeben per Nachwahl in die Nationalversammlung zurück (demokratischer Selbstreinigungsprozeß). Im Gegensatz zum eher konservativ orientierten Mégret titulierte Le Pen Jörg Haider übrigens sehr treffend als Steigbügelhalter der Konservativen.
Nach Hans von Sponeck, dem UN-Koordinator für humanitäre Hilfe im seit 10 Jahren einer völkerrechtlich bedenklichen Hungerblockade ausgesetzten Irak, ist auch seine Kollegin Jutta Burghardt, die Vertreterin des UN-Welternährungsprogrammes in Bagdad, zurückgetreten. Beide Diplomaten begründen ihren Schritt mit den katastrophalen Auswirkungen der vor allem von den USA befürworteten Blockadepolitik auf die irakische Zivilbevölkerung. Im Irak sterben mittlerweile 13 % aller Kinder vor dem fünften Lebensjahr an Unterernährung, und 25 % aller irakischen Kinder sind unterernährt. Bei Sponeck wird auch die Frustration über das rückgratlose Verhalten von Außenminister Fischer mitspielen, der eine zugesicherte Initiative zu einer internationalen Konferenz über die humanitäre Lage im Irak platzen ließ. Die UN-Mission der BRD in New York hat von Fischer bislang keinerlei Weisungen erhalten, wie der versprochene Einsatz für die Bedürfnisse der irakischen Bevölkerung aussehen soll.
In den Vereinigten Staaten sitzen nunmehr über zwei Millionen Strafgefangene ein, womit das Niveau der stalinistischen Sowjetunion Mitte der 50er Jahre übertroffen sein dürfte. Ein Viertel der weltweit acht Millionen Strafgefangenen brummt somit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Kosten hierfür liegen bei 41 Milliarden US-Dollar und betragen um die Hälfte mehr als der Etat für die 8,5 Millionen Sozialhilfeempfänger. Rund die Hälfte der Gefangenen sitzt für gewaltlose Delikte ein. Zum Vergleich: Noch im Jahr 1970 lag die Zahl der Strafgefangenen in God´s own country bei 200.000.
In der ersten öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre wurde offenbar, daß im Bundeskanzleramt nicht nur das Gros der Aktenbestände zur Leuna-Privatisierung, sondern auch die Unterlagen für alle anderen aufzuklärenden Transaktionen des Paten von Oggersheim (STERN) verschwunden sind. Dies gilt insbesondere für den Verkauf von Panzern an Saudi-Arabien, die Lieferung von Airbussen an Kanada und Thailand, den Verkauf von Hubschraubern an die kanadische Küstenwache und die Privatisierung der Eisenbahnerwohnungen. Das Verschwinden der Leuna-Akten ist bereits seit Mai 1997 bekannt, ohne daß sich bei den Verantwortlichen irgendeine Reaktion zeigte. Zum Vergleich: Kohl hinterließ im Kanzleramt ganze 12 Aktenordner, während sich im Bundesfinanzministerium 200 Aktenmeter und im Landesarchiv Sachsen-Anhalt gar 800 Aktenmeter finden. Mindestens an den Kopien im Bundesfinanzministerium ist jedoch manipuliert worden, außerdem waren Teile der fehlenden Bestände Unikate. Das BKA schaltete sich bereits in die Suche nach den verschollenen Akten ein. Der ehemalige Kanzleramtsminister Bohl will von nichts wissen oder hat vielleicht der Sache keine Bedeutung zugemessen. Mittlerweile wird bekannt, daß die Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen Schmiergelder des Thyssen-Konzerns in Höhe von 220 Millionen DM registriert haben. Als Figur der Schmiergeldaffäre taucht auch ein alter Bekannter auf: GSG 9-Begründer Ulrich Wegener, der seit seiner Pensionierung im Jahr 1990 als Militär- und Wirtschaftsberater tätig ist.
Bundeskanzler Schröder forderte in der ZEIT unter erneuter Zurschaustellung seines begrenzten außenpolitischen Verstandes allen Ernstes, bei einer erneuten Regierungsbeteiligung der Alleanza Nazionale in Italien müsse die EU nach dem Modell Österreich einschreiten. Der sinnigerweise gerade in El Alamein weilende italienische Staatspräsident Ciampi und Ministerpräsident D`Alema reagierten entrüstet, der Regierungschef hielt seinem bundesdeutschen Kollegen begrenzte Kenntnis der politischen Realität in Italien vor. Im Gegensatz zum Verhalten zahlreicher bundesdeutscher Politiker im Fall Österreich wiesen fast alle italienischen Parteien von der Alleanza Nazionale bis hin zu den Linksdemokraten die Einmischung zurück.
Im bayerischen Landtag verteidigte die europapolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Gote, die Sanktionen der EU gegen Österreich. Die einstige Reformbewegung marschiert Seite an Seite mit dem durch Brüssel verkörperten technokratisch-kapitalistischen Zentralismus, der augenscheinlich die Regierungen der Mitgliedsstaaten selber aussuchen möchte.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung können bereits zwei Drittel aller Grundschüler in München als ausgesprochene Spätentwickler klassifiziert werden - bedingt durch die Segnungen der Industriegesellschaft wie Dauerfernsehen auf niedrigstem Niveau, fehlende Geschwister und berufstätige Eltern. Die Zahl der deutschen und ausländischen Kinder, die in der zweiten Klasse keinen einzigen Satz schreiben können, steige zusehends an. Werden rund 50 % eines Jahrganges von den Eltern auf das Gymnasium geschickt, so schaffen noch 20 % dieses Jahrganges das Abitur - und das bei im Rahmen der seit den 60er Jahren zu beobachtenden Verpöbelung des Geistes- und Kulturlebens permanenter Absenkung der Anforderungen. In diesem Zusammenhang sei an eine bayerische Studie von 1997 erinnert, nach der jedes vierte Schulkind ernsthaft überzeugt ist, Kühe seien lila.
Auch in Nordrhein-Westfalen schrillen die Alarmglocken: Nach einer Untersuchung des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung an 71 Schulen in NRW hängen die Gesamtschüler Ende der 10. Klasse Gymnasiasten um drei und Realschülern um zwei Jahre im mathematischen Bereich hinterher. In Englisch, Physik und Biologie liegen die Rückstände bei zwei bzw. einem Jahr.
Der Jahreswirtschaftsbericht 2000 der Bundesregierung prophezeite einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen bis zum Jahresende um 300.000 Köpfe. Vergessen hat man den Hinweis, daß dieser Rückgang zu nicht unwesentlichen Teilen auf die 200.000 Pensionierungen und Sterbefälle zurückzuführen sein wird. Erinnert sei auch an die anstehende Rationalisierung im Banken- und Versicherungssektor, die bis zu 100.000 Arbeitsplätze kosten wird. In dieser Situation treten Bundesarbeitsministerium und DGB dafür ein, Asylbewerbern eine generelle Arbeitserlaubnis zu erteilen - gewerkschaftlich sanktionierte Lohndrückerei. Die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg hat nicht einmal genaue Statistiken für diesen Komplex, aber das ficht die Einheitsgewerkschaft offenbar nicht an. Die PDS (Fundamentalopposition adé) möchte die Massenarbeitslosigkeit lieber auf der Grundlage des um seine Parität zum Dollar ringenden Euro bekämpfen.
Auf der 10. UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) in Bangkok forderte die Bundesregierung ein weltweit gültiges Regelwerk für ausländische Direktinvestitionen. Laut Siegmar Mosdorf (SPD), dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, stellten nationale Gesetze nur Wettbewerbsverzerrungen dar. Zugpferd der Privatinvestitionen sei derzeit der Auf- und Ausbau des Verkehrswesens - lies: dessen Privatisierung. Hier geht es alleine auf dem Flughafensektor um Investitionen in Höhe von 350 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2005. Genosse Mosdorf tritt ebenfalls dafür ein, die Zollschranken der Industriestaaten abzubauen, damit die von den transnationalen Konzernen unter Ausbeutung von Bevölkerung und Ressourcen der Dritten Welt erzeugten Billigprodukte auch ja den Endverbraucher erreichen. An dieser Stelle sei auf den Artikel zum M.A.I.-Abkommen in der Rubrik Politik und Zeitgeschehen verwiesen.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung ermittelt die Staatsanwaltschaft München I wegen Volksverhetzung gegen die Internetbuchhandlung Buecher.de, da diese angeblich Adolf Hitlers Mein Kampf zum Verkauf angeboten haben soll. Die Hinweise kamen sowohl aus dem bayerischen Finanzministerium als auch aus dem Simon-Wiesenthal-Center. Buecher.de geriet bereits im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen, als der Fußballer Thomas Berthold im Rahmen einer Werbekampagne für sein Lieblingsfachbuch warb: Jan van Helsings Geheimgesellschaften im 20. Jahrhundert.
Nach einem Bericht im Magazin Focus geht die seit 1997 im Auftrag der baden-württembergischen Landesregierung tätige Zukunftskommission Gesellschaft 2000 davon aus, daß sich im Jahr 2030 der Ausländeranteil auf 17 % belaufen wird. Schwerpunkt desselben werden allerdings die städtischen Ballungszentren sein, in denen dann mit einem Anteil von bis zu 60 % zu rechnen ist. Die Tatsache, daß die Deutschen sich dort in der Minderheit befinden werden, beschönigt man mit dem Wortkonstrukt Sprachmehrheit. Eine weitere interessante Zahl der Kommission: Rund 15 % der erwerbstätigen Bevölkerung werden den Anforderungen des digitalisierten Zeitalters nicht gewachsen sein - weitere Arbeitsplatzverluste oder Absacken in Niedriglohnberufe sind also vorprogrammiert.
Laut bayerischer Kriminalitätsstatistik sind bei etwa gleichbleibendem Kriminalitätsniveau im vergangenen Jahr die Wirtschaftskriminalität um 16,3 %, der Waren- und Kreditbetrug um 14,6 %, die illegale Einwanderung um 9,2 %, Körperverletzungen um 5,8 % (gefährliche und schwere Fälle plus 4,4 %) und Drogendelikte um 5,3 % und Vergewaltigungen um rund 4,5 % angestiegen. Gegen mehr als 8000 Jugendliche unter 18 Jahren wurde wegen Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen ermittelt.
Nach Darstellung der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks, hat die illegale Beschäftigung in der BRD (man denke nur an den Neubau des Bundestages...) - wie offensichtlich auch die Politik - vermehrt Züge des Organisierten Verbrechens angenommen. Nach Einschätzung wirtschaftlicher Forschungsinstitute gingen dadurch rund eine halbe Million Arbeitsplätze, etwa 125 Milliarden DM an Steuereinnahmen sowie rund 110 Milliarden DM an Sozialversicherungsbeiträgen verloren.
In Stralsund beginnt vor dem Staatsschutzsenat des OLG Rostock der Prozeß gegen fünf Jugendliche aus Eggesin/Mecklenburg-Vorpommern. Die zwischen 17 und 20 Jahre alten Täter hatten im August 1999 Jagd auf zwei Vietnamesen gemacht und diese in nicht nur aus Gründen des zu erwartenden Strafmaßes von bis zu 15 Jahren wenig nachahmenswerter Weise schwerstens verletzt. Mit Rückendeckung des Bundesgerichtshofes tritt erstmals in einem solchen Verfahren die Generalbundesanwaltschaft auf den Plan. Generalbundesanwalt Kay Nehm erhofft sich abschreckende Wirkung. Warum ausgerechnet der unsägliche Schickeria-Anwalt Rolf Bossi als einer der Verteidiger auftritt, weiß wohl nur er selbst.
Friedbert Pflüger (CDU), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für EU-Angelegenheiten, wirft Schröder eine absurde politische Haltung vor. Einerseits treibe der Kanzler die Sanktionen gegen Österreich voran, während er andererseits Fidel Castro zur Expo einlade. In die gleiche Richtung gehe die Einladung an den libyschen Revolutionsführer Gaddhafi nach Brüssel. Hier sei festgehalten, daß der Verfasser keinerlei Antipathien gegen Castro oder Gaddhafi verspürt - jedem Land ein eigener Weg zum Sozialismus...
Haider scheint wider Erwarten doch zu etwas nütze zu sein: Seit Beginn der EU-Sanktionen ist in Dänemark die Zustimmung der Bevölkerung zum Euro-Beitritt von 53 auf 46 % abgesunken. Ferner sind 47 % der Dänen gegen die Sanktionen. Die Regierung spielt mittlerweile mit dem Gedanken, in gewohnt demokratischer Weise die für Jahresende angesetzte Volksabstimmung zum Euro auf einen genehmeren Termin zu verschieben. In Großbritannien würden zur Zeit 70 % der Bevölkerung gegen einen Euro-Beitritt stimmen. Aus FPÖ-Kreisen wird gedroht, eine Volksabstimmung über die weitere Zugehörigkeit zur EU anzusetzen. Hier sei angemerkt, daß die Maastrichter Verträge - beinahe einmalig in der Geschichte internationaler Abkommen - keine Rücktrittsklausel besitzen, ein Mitgliedsland sich also auf Gedeih und Verderb der Brüsseler Bürokratie und ihren Hintermännern ausliefert.
Die Staatssekretäre der Länder-Innenministerien einigen sich darauf, bei Anträgen auf Einbürgerung lediglich einen oberflächlichen Sprachtest anhand eines Zeitungsartikels durchzuführen (Sprachmehrheit, siehe oben). Hierbei hat der Einbürgerungswillige nachzuweisen, daß er den Inhalt verstanden hat. Bayern und Baden-Württemberg ergänzen die Vereinbarung durch schriftliche Prüfungen.
Jörg Haider will eine Expertenkommission zur Untersuchung der Lage der Minderheiten in Europa einberufen. Das soll und dürfte den Zentralisten vor allem in Frankreich, Belgien und Spanien wenig gefallen. In der Tat weigert sich beispielsweise das sozialistisch regierte Frankreich beharrlich und ungestraft, die EU-Minderheitenkonvention zu unterzeichnen. Der ehemalige schwedische Ministerpräsident Bildt verurteilte die Sanktionen unterdessen und wies darauf hin, daß weder Konzentrationslager am Wiener Stadtrand noch Vorbereitungen eines Einmarsches in Polen zu beobachten seien.
Im Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit droht die Spaltung: Eike Lascelle (CDU), Staatssekretär im Innenministerium, legte den Partnern angesichts einer Vorjahresziffer von 46 linksextremen Gewaltdelikten (die meisten linken Propagandadelikte und Sachbeschädigungen werden vom VS ohnehin nicht mehr gezählt) nahe, den Pakt auch auf die Bekämpfung linksradikaler Gewalt auszudehnen. Dies wurde von der Ausländerbeauftragten Almuth Berger (Bündnis 90/Grüne), der Einheitsgewerkschaft DGB (Bezirk Berlin-Brandenburg), dem Landesjugendring und dem Flüchtlingsrat Brandenburg aus nur zu offensichtlichen Gründen zurückgewiesen. Wolfram Meyer zu Uptrup, Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Grünen, pocht auf eine klare Ausrichtung und lehnt einen Friede-Freude-Eierkuchen-Verein ab. Auch Innenminister Schönbohm (CDU) sieht keinerlei Handlungsbedarf gegen linksextreme Übergriffe. Wieder einmal stellt sich die Frage, auf welcher Seite die Antifa eigentlich steht.
Auf dem Gelände der Uni Vitoria sprengte die baskische Befreiungsbewegung ETA per Autobombe den sozialistischen Sprecher des Regionalparlamentes, Fernando Buesa Blanco, und dessen Leibwächter in die Luft. Nur 200 Meter weite tagte die baskische Nationalregierung. Die gemäßigt nationalistische PNV kündigte als Folge die Zusammenarbeit mit der ETA-nahen Euskal Herritarok auf. In Paris wurden 12 Aktivisten der ETA abgeurteilt: Daniel Derguy (40) und Julian Achurra-Egurola (41) erhielten je 10 Jahre Haft, die übrigen Angeklagten kamen mit 5 bis 8 Jahren davon. Zu den zu 8 Jahren Verurteilten gehört auch Javier Arizcuen Ruíz, als Kantauri bekannter Aktivist des militärischen Flügels der ETA. Unter den Angeklagten befinden sich zehn spanische und zwei französische Staatsbürger, die ETA-Einheiten in Spanien mit Geld, Waffen, Munition und Sprengstoff versorgten. Der 1996 verhaftete Derguy wurde von der französischen Besatzungsjustiz bereits zweimal zu 10 Jahren Haft verurteilt. Er befindet sich seit 58 Tagen im Hungerstreik (20 Kilo Gewichtsverlust), so daß das Verfahren in absentia stattfand. Seit dem 01.11.1999 treten immer wieder einige der 82 baskischen Polithäftlinge in Frankreich nach dem Rotationsprinzip in den Hungerstreik, um in heimatnahe Gefängnisse verlegt zu werden. In Bayonne besteht ein Unterstützungskomitee für die Hungerstreikenden. Das französische Innenministerium ließ unlängst verlauten, auch nur die Einrichtung eines baskischen Departements widerspreche den Prinzipien der Republik.
Von 1995 bis 1999 ist laut Institut der deutschen Wirtschaft der durchschnittliche Fernsehkonsum der Bundesbürger um 11 Minuten auf 3 Stunden und 6 Minuten am Tag angestiegen. Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt mit 221 Minuten; die höchste Steigerung weisen Bremen (plus 30 auf 206 Minuten) und Mecklenburg-Vorpommern (ebenfalls plus 30 auf 213 Minuten) auf.
Nach einer Meldung des WDR soll US-Präsident Clinton den Aachener Karlspreis für Verdienste um die europäische Einigung erhalten. Unter anderem rechnet das zuständige Komitee den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien sowie das Engagement zur Zementierung der britischen Kolonialherrschaft in Nordirland zu genannten Verdiensten.
In den neuen Bundesländern stehen mittlerweile 1 Million Wohnungen leer, was einer Quote von 13 % und einer Verdoppelung seit 1998 entspricht. Einige Städte haben bereits einen Leerstand von 33 % erreicht. Betroffen sind vor allem Plattenbauten in der Nähe ehemaliger Industriekombinate.
Mit 333 Selbstmorden (220 Männer und 113 Frauen) hat Hamburg im Jahr 1998 die höchste Suizidquote aufzuweisen. Mit einer Rate von 19,6 Selbstmorden auf 100.000 Einwohner liegt die Hansestadt weit über dem Bundesdurchschnitt von 14,2.
Der Vizevorsitzende des Branchenverbandes Bitcom, Berthold, vermeldet einen Fehlbestand von 75.000 Fachkräften in der Informationstechnologie und fordert die Anwerbung von lohngünstigen Experten in Osteuropa. Bis zum Jahr 2002 werde sich der Fehlbestand nach Expertenmeldungen auf 250.000 Fachkräfte erhöht haben. Auf der anderen Seite sitzen 31.000 EDV-Fachleute und 54.000 Ingenieure arbeitslos auf der Straße. IT-Referent Reinecke vom BDI erklärt das mit unpassenden Personalprofilen - die Betroffenen sind zu alt und zu teuer. Der Bundesanstalt für Arbeit sind übrigens nur 13.000 offene Stellen im IT-Bereich bekannt. Bertholds Initiative stieß bei Reformkanzler Schröder und dessen Freunden bei BDI und DIHT auf Zustimmung, während DGB und BfA sie ablehnen. BDI-Präsident Henkel, zahlendes Mitglied bei Amnesty international, fordert nunmehr auch den Import günstiger Arbeitskräfte für die Pharmazeutik. Nach einer unter Verschluß gehaltenen Studie der OECD ist der Arbeitskräftebedarf der IT-Unternehmen weit übertrieben. Im IT-Sektor arbeiten mittlerweile 50 % der Beschäftigten ohne Betriebsrat.
Das Bundesverwaltungsgericht gibt einer Klage der Islamischen Föderation Berlin statt, und so wird es im nächsten Schuljahr an mehreren Berliner Grundschulen Islamunterricht für die 30.000 mohammedanischen Schüler geben. Der als liberal geltende Türkische Bund hält der Landesregierung nicht zu Unrecht vor, durch ihre Tatenlosigkeit in diesem Gebiet hätte sie den Erfolg der fundamentalistischen IFB erst ermöglicht. Auch in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg haben islamische Organisationen die Einführung von Islamunterricht beantragt. Der Richterspruch gilt ausschließlich für Berlin, da es hier nur freiwilligen Religionsunterricht gibt.
Das Bundessozialgericht entscheidet, daß Abgeordnete in Landtagen und im Bundestag neben ihren üppigen Diäten auch noch vorgezogene Altersrenten kassieren können. Da die Abgeordneten nicht weisungsgebunden seien, stelle eine Diät auch kein Arbeitsentgelt dar. Wirtschaftslobbyismus, Korruption und Fraktionszwang lassen dieses Urteil in einem seltsamen Licht erscheinen.
Staatsanwalt Winfried Maier, seit 1995 treibende Kraft im Fall des Waffenhändlers Schreiber, will als Richter ans OLG München wechseln, da ihm bedeutet wurde, bei der StA Augsburg könne er nicht mit einer Beförderung rechnen. Maier hat sich mit seinen Ermittlungen, welche die Parteispendenaffäre auslösten und auch das Firmennetzwerk von Max-Josef und Franz-Georg Strauß bzw. der bayerischen Kultusministerin Monika Strauß-Hohlmeier in die Schlagzeilen brachten, im Freistaat nicht gerade beliebt gemacht. In mehreren Fällen erhielten Verdächtige mindestens aus Kreisen der StA Hinweise über geplante Maßnahmen Maiers. Schon 1997 lehnte die Bundesregierung ein Rechtshilfeersuchen ab (aus gutem Grunde...). Augsburg gibt die per Rechtshilfe aus der Schweiz überlassenen Unterlagen nicht an den zuständigen Bundestagsausschuß weiter, da Bern diese nur den Strafverfolgungsbehörden zugänglich macht. Keine Staatsanwaltschaft in der BRD hat bislang ein Ermittlungsverfahren wegen der Schmiergeldzahlungen im Rahmen der Leuna-Privatisierung eingeleitet.
Im Hamburger Abendblatt sorgt sich Dr. Minnier, seines Zeichens Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Niedersachsen, die Parteispendenaffäre und die ausufernde Korruption des politischen Lebens könnten extremistischen Parteien Auftrieb geben. Die Zahl der Freien Kameradschaften in Niedersachsen beziffert er auf 15 mit ca. 350 Mitgliedern. Ein Verbot des Stahlhelm kommt für Minnier zur Zeit angeblich nicht in Betracht. Nach der Schließung des Heide-Heims in Hetendorf erwartet er ein Ausweichen der Schulungstätigkeit nach Amholz/Mecklenburg-Vorpommern, auch stört er sich am angeblichen Ankauf eines Kinos in Hameln durch Jürgen Rieger.
Beim feudalen Hamburger Mattthiae-Mal sitzen kritische Journalisten wie Peter Ahrens (tageszeitung), Dr. Klaus Asche (ZEIT-Stiftung), Günter Beling (Hamburger Morgenpost) Petra Bocken (Radio Hamburg), Freimut Duve (OSZE-Vertreter für die Freiheit der Medien), Jürgen Heuer (NDR Hamburger Journal), John Jahr (Gruner + Jahr Verlag), Ralf Jaksch (Die Welt), Klaus Karkmann (Harburger Anzeigen und Nachrichten), Christian Kersting (BILD), Reymer Klüver (Süddeutsche Zeitung), Hilde von Lang (Zeitverlag Gerd Bucerius), Jürgen Marks (Focus), Dr. Susanne Mayer-Peters (NDR Hamburg Welle), Norbert F. Pötzl (Spiegel), Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma, Dagmar Reim (NDR), Dr. Walter Richtberg (dpa), Ulf Rosin (BILD), Herbert Schalthoff (Hamburg 1), Andreas Schirmer (dpa), Ernst-Gerhardt Scholz (Hamburger Abendblatt), Prof. Dr. Bernhard Servatius (Springer) bei Seeteufelsuppe und Entenbrust Seite an Seite mit illustren Größen des kapitalistischen Establishments (Albingia Versicherungs-AG, Hamburger Sparkasse, Vereins- und Westbank, Blohm & Voss, M.M. Warburg & Co., Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank usw.) und konsularischen Vertretern aus berüchtigten Kriegs- und Folterstaaten wie El Salvador, Uganda, Rußland, Kolumbien, Ruanda, Türkei, Vietnam, Nicaragua, Indonesien oder Peru. Hinzu kommen Vertreter von SPD, DGB und CDU, natürlich darf mit Helmut Schmidt und Klaus von Dohnanyi die proamerikanische Loge Atlantikbrücke, Herzstück der Waffengeschäfte eines gewissen Karlheinz Schreiber, nicht fehlen. Unabhängiger Journalismus?