Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 16. bis 22. Dezember 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Irische Sondergesetze verurteilt

Neue KFOR-Gewalt gegen Kosovo-Serben

Radikalisierung der UDA

Linksterrorismus in Italien

Loyalisten zu Haftstrafen verurteilt

Rechter Bombenanschlag in Rom

Entwaffnungsverhandlungen mit IRA gescheitert

Deutsche Blauhelme und Kinderprostitution

Militär sabotiert Untersuchungskommission

Reformen in Syrien

Dortmunder Kessel

London verärgert Sean Connery

Polizeiüberfall auf Karlsruher Kulturzentrum

Berliner RZ-Prozeß

Neuorientierung der US-Außenpolitik

Zur Lage in Kolumbien

Vormarsch des Überwachungsstaates

Überalterung der SPD-Mitglieder

Düsseldorf-Anschlag: Kein rechter Hintergrund

BND-Agent in Weißrußland verhaftet

ETA tötet spanischen Polizisten

Sharon tritt gegen Barak an

Polizeizusammenarbeit Spanien-BRD

GBA-Kompetenzen ausgeweitet

Schily fordert Säuberung des Internet

Bonner Wüstenkonferenz beendet

Konzept zur Rentenreform geändert

Urangeschosse im Kosovo

Belgrad droht UCPMB

Autoritäre Einstellungen in der BRD

 

Zitat der Woche:
"Die großen Menschen gleichen Meteoren, dazu bestimmt, sich selbst verzehrend zu verbrennen, um ihr Jahrhundert zu erleuchten."
- Napoleon Bonaparte

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gab einer Klage gegen die Offences Against the State Act der Republik Irland statt. Dublin wurde verurteilt, drei in den 90er Jahren unter dem Verdacht paramilitärischer Aktivitäten und der IRA-Mitgliedschaft inhaftierten Personen Schadenersatz zu zahlen. Das von 1939 stammende Sondergesetz räumt den Sicherheitskräften weitreichende Vollmachten in der Terrorismusbekämpfung ein. In der Urteilsbegründung heißt es, die Offences Against the State Act verwehre Verdächtigen das Recht auf einen fairen Prozeß. Caoimhghin O´Caolain, einziger Abgeordneter Sinn Féins im irischen Dáil, forderte die Regierung zur Abschaffung der Regelung auf, die derzeit zur Bekämpfung dissidenter Republikaner wiederbelebt wird.

 

Nordirlandminister Mandelson geht gerichtlich gegen den Beschluß der Sentence Review Commission vor, nach dem Johnny Adair, Führer der UDA-Hardliner in der Shankill Road, unverzüglich wieder auf freien Fuß zu setzen ist. Die Paramilitärs warnten öffentlich, angesichts der weiteren Inhaftierung Adairs werde man die Haltung zum Karfreitagsabkommen überdenken müssen. Aus Kreisen der UDA-Führung verlautete, die Hardliner hätten dem Abkommen nur auf Betreiben Adairs zugestimmt - Mandelson spiele derzeit ein gefährliches Spiel. Innerhalb der Ulster Democratic Party, dem politischen Flügel der UDA, sammelt sich der Widerstand gegen die weitere Unterstützung des Karfreitagsabkommens. Parteichef Gary McMichael erlitt mit seinem Friedenskurs auf fünf Delegiertenkonferenzen vernichtende Abstimmungsniederlagen. Die loyalistische Basis befürchtet, das Karfreitagsabkommen werde langfristig zu einem wiedervereinigten Irland führen. Die britische Regierung ist in Sorge, der Fall Adair könne sich zu einem Junktim gegen die nach dem Karfreitagsabkommen mögliche erneute Inhaftierung freigelassener Paramilitärs auswachsen. In der Tat dürfte es schwerfallen, Adair eine Verantwortung für den Ausbruch der unlängst beendeten Fehde mit der UVF nachzuweisen. Auf republikanischer Seite wurde nur das dissidente IRA-Mitglied Gearoid Mag Uaidan wieder inhaftiert, als er mit einer Wagenladung Sprengstoff ertappt wurde.

 

In Antrim urteilte ein Gericht vier loyalistische Paramilitärs der nicht im Waffenstillstand befindlichen Orange Volunteers ab. Mervyn Armstrong erhielt 6 Jahre Haft, sein Bruder Paul Armstrong 3 Jahre und Stuart Wilson 4 Jahre. Die Armstrong-Brüder waren zudem Mitglieder einer Loge des protestantischen Orange Order. Alan Lynn kam mit einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe von 4 Jahren davon. Alle Orange Volunteers waren mit automatischen Waffen ausgerüstet. In Belfast wurde der UDA angehörender Schutzgelderpresser zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Angaben der RUC kommt die Erpressung von Unternehmern mittlerweile ausschließlich bei der UDA vor, die anderen loyalistischen Gruppen und die Republikaner haben diese Methode der Geldbeschaffung geächtet. Auf einer Müllhalde bei Belfast wurde unterdessen der offensichtlich von den eigenen Kameraden hingerichtete UDA-Aktivist und Schmuggler James William Rocket aufgefunden - vielleicht ein Zeichen für ein Umdenken.

 

Die Verhandlungen zwischen der IRA, den Briten und der für die Entwaffnung der Paramilitärs zuständigen Chastelain-Kommission wurden ergebnislos von London abgebrochen. Angesichts mangelnder Erfüllung der vertraglichen Zusicherungen Großbritanniens, vor allem hinsichtlich der Entmilitarisierung Nordirlands, wächst der Unmut an der republikanischen Basis. Ein Vertreter Sinn Féins warnte Tony Blair öffentlich davor, die nordirischen Angelegenheiten dem überforderten Nordirlandministerium zu überlassen. Es könne verhängnisvoll enden, wenn die Briten sich darauf verließen, daß der von der IRA verkündete Waffenstillstand immerwährend sei.

 

Die seit beinahe 10 Jahren laufende Untersuchung der Stevens-Kommission über die Verbindungen zwischen britischen Nachrichtendiensten und der UDA Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre droht zu scheitern. Der Einsatz loyalistischer Paramilitärs als Todesschwadron zur Niederhaltung der katholischen Community wurde für London zu einer unangenehmen Angelegenheit (man nennt so etwas Staatsterrorismus). Nun sollte der unter dem Tarnnamen Martin Ingram bekannte Hauptzeuge Einzelheiten über erkannte aber nicht verhinderte IRA-Operationen verraten. Die Aussage hätte jedoch unter Umständen den britischen Spitzenagenten auffliegen lassen, der unter der Bezeichnung "steak knife" in der republikanischen Führung aktiv war (und ist!). Neben steak knife unterhielten die Briten noch rund 40 weitere wohlbezahlte Spitzel in der republikanischen Bewegung. Ingram wurde massiv aus Kreisen der armeenachrichtendienstlichen Spezialeinheit FRU bedroht, der über die UDA zwischen 1987 und 1991 mindestens 14 Katholiken ermorden ließ. Den seinerzeitigen FRU-Chef Brigadier Gordon Kerr hat man mittlerweile als Militärattaché nach Peking abgeschoben. Die in Nordirland stationierten Armeenachrichtendienstler sind Berichten der britischen Presse zufolge über die Stevens-Untersuchung derart beunruhigt, daß bereits psychotherapeutische Betreuung vonnöten ist. Das britische Verteidigungsministerium schreckte nicht davor zurück, Blätter wie den "Sunday Herald" massiv vor einer Berichterstattung zu warnen. Die UDA drohte bereits damit, die Zusammenarbeit mit den Briten vollkommen offenzulegen, wenn London nicht die Untersuchungen gegen ihre Mitglieder einstelle.

 

Anläßlich einer Kundgebung des Nationalen Widerstandes in Dortmund kam es zu u.a. von DGB, Schülerschaft und VVN organisierten Gegendemos. Am Dortmunder Hauptbahnhof wurden zwei mutmaßliche "Neonazis" von einer Horde Autonomer überfallen und erheblich verletzt, und 250 Linksextremisten versuchten vergebens, eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Zur Verhinderung von weiteren Zusammenstößen kesselte die Polizei 573 Gegendemonstranten (darunter 201 Jugendliche) ein, ferner wurden 22 "Linke" und 3 "Rechte" nach Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften bzw. Verstoßes gegen die Demonstrationsauflagen vorläufig festgenommen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Buntenbach und ihre nordrhein-westfälische Parteifreundin Steffens (MdL) kritisierten den Polizeieinsatz als "völlig unverhältnismäßig" und zur "Kriminalisierung von friedlichen, meist jugendlichen Demonstranten" beitragend. VVN-Chef Ulrich Sander hielt der Politei "Massenfestnahmen von Antifaschisten" vor. Inwieweit der Aufruf der nordrhein-westfälischen DGB-Chefs Eberhard Weber, die Demonstrationsstrecke "vom Dreck der Neonazis" zu säubern, zur aggressiven Atmosphäre beigetragen hat, mag jeder für sich selbst entscheiden. In Neuruppin verhinderte die Polizei anläßlich eines linksgerichteten Konzerts einen Zusammenstoß zwischen den Besuchern und anrückenden rechten Jugendlichen.

 

In Karlsruhe kam es zu einer mehr als fragwürdigen Polizeiaktion gegen das linke Kulturzentrum in der Schwarzwaldstraße/Hauptbahnhof-Süd (ex-Steffi). Zwei Hundertschaften der nicht nur in Karlsruhe für ihre Übermotivation im Umgang mit oppositionellen Kreisen bekannten Bereitschaftspolizei stürmten gemeinsam mit Sondereinsatzkommandos den leerstehenden Teil des Komplexes. Die Ordnungskräfte wüteten anschließend vier Stunden lang und zerstörten die Räumlichkeiten systematisch. Hintergrund ist die im Jahr 1997 ausgehandelte Vereinbarung, daß die von der Hochschule für Gestaltung angemieteten - aber nicht genutzten - Räumlichkeiten auf absehbare Zeit dem Kulturzentrum zur Verfügung gestellt werden sollten. Nun scheint die Stadt Karlsruhe jedoch darauf erpicht zu sein, das Gelände Hauptbahnhof-Süd einer wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen - offensichtlich befürchtete die Verwaltung eine Hausbesetzung. Vertraglich wäre Karlsruhe verpflichtet gewesen, mit den Bewohnern des Kulturzentrums Nutzungsverhandlungen aufzunehmen, ließ aber stattdessen lieber den Polizeiknüppel kreisen.

 

George W. Bush, designierter Präsident der USA, hat die Nominierung des ehemaligen Generalstabschefs Colin Powell zum Außenminister der Vereinigten Staaten bestätigt. In einer Pressekonferenz legte Powell seine außenpolitischen Maximen dar. Der General a.D. versicherte, Amerika werde sich nicht hinter seine Mauern zurückziehen, sondern weltweit engagiert bleiben: "Wir werden mit unseren Alliierten zusammenarbeiten und diese Allianzen zum Zentrum unserer Außenpolitik machen." Die Streitkräfte seien aber derzeit durch internationale Einsätze ausgedünnt, und deshalb werde man im nächsten Jahr sofort die Auslandseinsätze vor allem in Bosnien und dem Kosovo "überprüfen". Etwaige Herausforderer der US-Hegemonieansprüche haben auch weiterhin mit harten Reaktionen Washingtons zu rechnen. Bezüglich der harten Haltung gegen den Irak und des Raketenabwehrsystems NMD wird die Bush-Administration auch Konflikte mit der EU, Rußland und China nicht scheuen. Der Nahe Osten soll weiterhin eine der Hauptprioritäten bleiben, aber man werde nicht nur die Interessen Israels, sondern auch diejenigen der Palästinenser berücksichtigen. Zur Beruhigung vor allem Chinas erklärte Powell, Peking und auch Moskau seien keine potentiellen Feinde, sondern Nationen, die ihren Weg suchen. Als strategische Partner gelten sie jedoch nicht mehr. Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice fügte an die Adresse der europäischen NATO-Partner hinzu, man werde keine Truppenkontingente abziehen, ohne Rücksprache gehalten zu haben. Bush berief den hispanischen Richter Alberto Gonzales zum juristischen Berater und Karen Hughes zur Beraterin für strategische Planung. Damit sitzen bereits zwei Schwarze, zwei Frauen und ein Hispanic in der Kernmannschaft der US-Regierung.

 

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, zeigte sich besorgt über die Zunahme der Telefonüberwachungen. Alleine von 1998 auf 1999 sei die Zahl der richterlich angeordneten, also legalen Telefonüberwachungen von 9800 auf 12.600 gestiegen. Die Sicherheitsorgane würden der Öffentlichkeit ausreichende Informationen über Anlaß und Wirksamkeit der Überwachungen vorenthalten. Es sei nicht sicher, ob Abhörmaßnahmen noch das letzte Mittel oder bereits eine Standardmaßnahme geworden seien. In Hamburg wurden nunmehr das polizeieigene Datenverarbeitungssystem Comvor und sein Pendant bei der Staatsanwaltschaft, Mesta, miteinander vernetzt. Comvor sendet Daten über ermittelte Fälle an Mesta, während die StA angelegte Aktenzeichen an die Polizei weiterleitet. Ist das Verfahren beendet, werden die Informationen in das polizeiliche Auskunftssystem Polas eingegeben.

 

Dieter Wixfort als Leiter der Ermittlungskommission Ackerstraße berichtete vom aktuellen Stand der Ermittlungen um den Sprengstoffanschlag in Düsseldorf, bei dem mehrere jüdische Einwanderer aus Rußland teilweise erheblich verletzt wurden. Ganz im Gegensatz zur Diktion der Bundesregierung, der Medien und der "Anti-Faschisten" heißt es nun von Polizeiseite, ein rechtsradikaler Hintergrund des Verbrechens sei "eher unwahrscheinlich". Auch Staatsanwalt Johannes Mocken rechnet nicht mit einer rechtsextrem motivierten Tat. Nähere Angaben über den verwendeten Sprengsatz können noch immer nicht gemacht werden. Nachdem eine Untersuchung durch die Bundeswehr nichts erbrachte, wurde nun eine Privatfirma beauftragt.

 

Die spanische Polizei konnte einen Bombenanschlag von Sympathisanten der baskischen Befreiungsorganisation ETA auf die publizistische Fakultät der Uni Bilbao vereiteln. Der in einem Fahrstuhl entdeckte Sprengsatz war besonders perfide getarnt - als ein Karton mit Büromaterial. In Barcelona erschossen zwei ETA-Aktivisten den Polizeibeamten Juan Miguel Gervilla, als dieser sie bei der Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages in der Innenstadt überraschte. Eine Gruppe spanischer Anarchisten versandte Paketbomben an Redakteure der Zeitschriften "El Mundo", "La Razón" und "Interviu"; diese wurden jedoch bei der routinemäßigen Röntgenkontrolle in der Verteilstelle Madrid-Chamartín entdeckt.

 

Bundesinnenminister Schily und sein spanischer Amtskollege Mayor Oreja vereinbarten eine engere polizeiliche Zusammenarbeit in der Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität. Diese wird erleichterte Auslieferungen, gemeinsame Ermittlungsgruppen und den wechselseitigen Einsatz von Undercover-Agenten beinhalten. In puncto ETA werden BKA und spanische Sicherheitsbehörden ihren Informationsaustausch verstärken. Schily erklärte den Kampf gegen den baskischen Separatismus zum gesamteuropäischen Anliegen.

 

Schily zum 2.: Auf einer SPD-Konferenz in Karlsruhe pochte der Innenminister auf verstärkte internationale Zusammenarbeit zwecks Bekämpfung des Rechtsextremismus im Internet. Mehr als 90 % der bekannten 800 rechten Websites seien in den USA oder Kanada angesiedelt. Das Thema hat Schily bereits mit dem Direktor des amerikanischen FBI besprochen.

 

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen vollendeten die durch den DGB und die Trägerverbände eingeleitete Demontage von Bundesarbeitsminister Riester und segneten das geänderte Konzept zur Rentenreform ab. Ab 2011 wird das Rentenniveau für Neurentner von derzeit 70 % bis 2030 auf 67-68 % anstatt 64 % sinken. Die heute bei 19,1 % liegenden Beiträge zur Rentenversicherung werden bis 2030 auf maximal 22 % steigen. Berlin läßt sich jedoch eine Hintertür offen, indem die von den Gewerkschaften verlangte Mindestrente von 67 % nicht in der Vorlage verankert wird. Auf Nettolohnbasis beträgt das künftige Rentenniveau nur 64 % - Riester plante 61 %. Trotz der vernichtenden Kritik von allen Seiten sieht Walter Riester (SPD) keinen Anlaß zum Rücktritt.

 

Die Regierungen Jugoslawiens und Serbiens haben sich in einer gemeinsamen Erklärung an den UN-Sicherheitsrat gewendet. Der Sicherheitsrat solle den "albanischen Terroristen" der UCPMB im Südserbien ein kurzfristiges Rückzugsultimatum stellen. Zugleich wurde KFOR aufgefordert, endlich energisch gegen die albanischen Nationalisten vorzugehen. Sollte der Sicherheitsrat keinen Aktionsplan verabschieden, werde Jugoslawien "sein legitimes Recht beanspruchen, das Problem selbst zu lösen". Sofern KFOR den Auftrag zur Entwaffnung der Albaner erhält, wird Belgrad abwarten, ob dieses auch gelingt. Bleibt der Auftrag aus oder versagen die UN-Truppen, ist mit einer jugoslawischen Offensive zu rechnen. Nach Meldungen der jugoslawischen Streitkräfte bereitet die mittlerweile auf mehrere 1000 Mann angewachsene UCPMB eine Großoffensive an der Demarkationslinie zwischen dem Kosovo und Serbien vor. Möglicherweise werden die Partisanen die besetzten serbischen Gebiete bereits am 27. Dezember für unabhängig erklären und an das Kosovo anschließen. Nachdem selbst die Amerikaner den Nachschub für die UCPMB sperrten, werden die albanischen Verbände offenbar mit Hilfe ihrer Landsleute in Mazedonien versorgt. Der serbische Politiker Zoran Djindjic analysierte nach Fühlungnahme mit Griechenland, Mazedonien und Balkankoordinator Bodo Hombach, die Albaner wollten offensichtlich den Eisenbahnweg von Belgrad nach Skopje unter Kontrolle bringen, um ihre Aggression danach gegen Mazedonien zu richten. Der UN-Sicherheitsrat begnügte sich mit einer papierenen Auflösungs- und Rückzugsforderung an die UCPMB. General Carlo Cabigiosu (Italien), Kommandeur der KFOR, leitete die Forderung offiziell an die Partisanen weiter und erklärte sie zu Gesetzlosen. Mittlerweile scheinen 100 albanische Nationalisten in UN-Haft zu sitzen, und KFOR und die serbische Regierung haben einen Informationsaustausch über albanische Aktivitäten eingeleitet. In der entmilitarisierten Zone haben albanische Guerrilleros serbische Zivilfahrzeuge und ein Dorf beschossen. Amerikanische und russische KFOR-Soldaten lieferten sich ein Feuergefecht mit albanischen Partisanen.

 

In Leposavic im Norden des Kosovo kam es zu Zusammenstößen zwischen serbischen Zivilisten und KFOR-Einheiten. Nachdem an einem Kontrollpunkt belgische UN-Soldaten einen Serben verhafteten, attackierte die aufgebrachte Menge eine Militärstreife und ein Gebäude der UNMIK. Die KFOR-Soldaten und Angehörige der mehrheitlich albanischen Polizeitruppe KPS töteten durch "Warnschüsse" einen Serben, ein weiterer erlag einem Herzinfarkt. Ein anderer "Warnschuß" verletzte einen serbischen Demonstranten. Durch Tränengaseinsatz trieb man die Menge auseinander. Da hier offensichtlich Überreaktionen der Sicherheitskräfte vorliegen, wurden die KPS-Beamten aus Leposavic abgezogen. In der Republika Srpska der bosnischen Serben wurde unterdessen Mirko Sarovic, Mitglied der Karadzic-Partei SDS, als Präsident vereidigt.

 

Auf dem Dach des Mailänder Doms wurde eine von der Gruppe "Solidarieta Internazionale" plazierte Zeitbombe entdeckt und entschärft. Die SI grüßte in ihrem Bekennerschreiben die "kämpfenden Häftlinge" und erklärte, sie werde sich mit "aktiver, revolutionärer und internationaler Solidarität" für die Milderung der Haftbedingungen von Terroristen in Spanien, Griechenland und Italien einsetzen. Sicherheits- und Regierungskreise fürchten bereits seit einiger Zeit eine Wiederbelebung der linksextremen Untergrundorganisation Brigate Rosse in Gestalt anarchistischer Kleingruppen. Rekrutierungsfeld der Militanten sind die Centri Sociali, deren Aktivisten bei den Nizza-Krawallen auf sich aufmerksam machten. Junge Anarchisten aus der Hausbesetzerszene vollziehen den Schulterschluß mit begnadigten BR-Veteranen. Bereits seit 1996 sitzt der italienische Linksextremist Claudio Lavazza in einem spanischen Hochsicherheitstrakt, weil er eine Bank in Córdoba überfiel und dabei zwei Polizisten erschoß. 1999 wurde aus Protest gegen den Kosovo-Krieg in Rom der Gewerkschafter Massimo D´Antona erschossen. Den Fluchtwagen lenkte möglicherweise der kürzlich bei einem Banküberfall festgenommene Girgio Pannizzari, ehemaliges Mitglied der Brigate Rosse, der 28 Jahre lang inhaftiert war.

 

Ende der Woche wurde in Rom der Rechtsextremist Andrea Insabato schwer verletzt, als eine von ihm vor der Eingangstür des Redaktionsgebäudes der kommunistischen Zeitung "Il Manifesto" plazierte Bombe vorzeitig detonierte. Insabato gehörte der MSI und der Terza Posizione an, 1976 war er in eine Schießerei mit Kommunisten verwickelt. Anfang der 90er gründete der Aktivist die Gruppe Rinascita Nazionale, 1992 wurde er zu 18 Monaten Haft verurteilt, nachdem er eine jüdische Flagge verbrannte. In der Folgezeit scheint der Schwerpunkt der Aktivitäten in rechtskatholischen Kreisen gelegen zu haben. Insabato wird auch der Bewegung Forza Nuova zugeordnet, die sich umgehend von dem Anschlag distanzierte.

 

Einem Bericht des ARD-"Weltspiegel" zufolge haben bundesdeutsche KFOR-Soldaten, ganz der westliche Herrenmensch, in Mazedonien Bordelle mit minderjährigen und versklavten Frauen besucht. Alleine in Mazedonien ermöglichen die "Verteidiger der westlichen Wertegemeinschaft" die Kinderprostition von rund 1000 Mädchen. Die Zahl der die Bundeswehr betreffenden Fälle scheint in die Hunderte zu gehen, und die Reaktion der Hardthöhe läßt darauf schließen, daß auch in Bosnien und dem Kosovo entsprechende Beobachtungen gemacht wurden. Der Verteidigungsausschuß des Bundestages wird sich der unwürdigen Vorfälle annehmen, Scharping kündigte disziplinarische Konsequenzen an. Als verantwortlich können die üblichen Strukturprobleme der reaktionären Männer-Truppe Bundeswehr genannt werden: Sexismus und Männlichkeitswahn bei den Mannschaften, gefördert durch primitive Unteroffiziere und toleriert durch zur Führung unfähige Offiziersdienstgrade.

 

Als Symbol für die langsam anlaufenden innenpolitischen Reformen in Syrien hat Präsident Bashar el-Assad das berüchtigte Mezzeh-Gefängnis bei Damaskus schließen lassen. Als letzte Gefangene wurden 46 Libanesen und 8 Palästinenser auf freien Fuß gesetzt. Assad hat auch nach seinem Amtsantritt als Generalsekretär der Baath-Partei und als Staatspräsident die Förderung moderner Kommunikationsmethoden beibehalten und den Import ausländischer Filme liberalisiert. Die Pressezensur wird gemäßigter gehandhabt, mittlerweile ist vorsichtige Kritik am Staatschef gestattet. Im Parlament wurde die Zusammenlegung der konkurrierenden Geheimdienste und der Rückzug der alten Bürokraten- und Politikergarde gefordert. Bashar el-Assad kündigte die Gründung privater Banken an, um Wirtschaftsreformen einzuleiten und die verkrustete Bürokratie im staatlichen Wirtschaftssektor aufzubrechen. Damaskus denkt angeblich bereits über einen Ausgleich mit den maronitischen Christen im Libanon und einen stufenweisen Abzug der syrischen Besatzungstruppen nach. Der Einfluß Syriens über sein libanesisches Protektorat soll jedoch wirtschaftlich und kulturell weiter aufrechterhalten werden. Hinsichtlich des israelischen Totalrückzugs von besetzem syrischen Territorium auf den Golanhöhen und am See Genezareth ließ Assad sich auch bei einem kürzlichen Besuch der US-Außenministerin Albright zu keinen Zugeständnissen bewegen.

 

Zwischen dem in Spanien lebenden schottischen Schauspieler Sir Sean Connery und der britischen Regierung kam es erneut zu Streitigkeiten. Ein neues Gesetz des Labour-Kabinetts verbietet es im Ausland lebenden britischen Staatsbürgern, größere Geldsummen an Parteien zu spenden. Ausgenommen sind nur Bürger Nordirlands. Connery, der als überzeugter Nationalist der schottischen SNP monatlich umgerechnet 15.000 DM überweist, wetterte: "Ich bin ein stolzer Schotte, ein Ehrenbürger meiner Heimatstadt Edinburgh und ein Bürger Großbritanniens, aber dieses Gesetz behandelt mich wie einen Ausländer." Connery verwies darauf, daß Labour schon gegen seinen Ritterschlag durch die Queen opponierte. Der Schotte zürnte: "New Labour - neue Hemmnisse."

 

Im Berliner Prozeß gegen die Revolutionären Zellen wurde das erste Urteil gesprochen. Kronzeuge Tarek Mousli kam wegen Beteiligung an Terroranschlägen mit 2 Jahren auf Bewährung davon, nachdem er umfassend aussagte und ehemalige Kampfgefährten massiv belastete. Da Mousli auch in weiteren Terroristenprozessen aus Hauptbelastungszeuge vorgesehen ist, befindet er sich nunmehr an einem "sicheren Ort" unter Bewachung von BKA-Personenschützern.

 

In der kolumbianischen Provinz Antioquía wurde die Kleinstadt Granada bei einem Angriff der Fuerzas Armadas Colombianas Revolucionarias FARC nach 18stündigen Straßenkämpfen schwer zerstört. Die Friedensverhandlungen mit der Regierung sind seit über einem Monat unterbrochen, da Bogotá mit den rechtsradikalen Paramilitärs des Carlos Castano zusammenarbeitet. Im Sommer 1998 überantwortete die Zentralregierung ein Gebiet von der Größe der Schweiz der Kontrolle der FARC, um diese verhandlungswilliger zu machen. Die letzte Verlängerung dieser Konzession läuft am 31. Januar 2001 aus, was wahrscheinlich eine militärische Eskalation nach sich ziehen wird. Im Rahmen des Plan Colombia zur Beendigung des seit mehr als 40 Jahren tobenden Bürgerkrieges erhält die Regierung US-Militärhilfe in dreistelliger Millionenhöhe. Demnächst steht die Anschaffung amerikanischer Kampfhubschrauber für 500 Millionen Dollar auf den Programm. Landesweit könnte die FARC derzeit bei Wahlen auf die Unterstützung von 10 % der Bevölkerung rechnen, aber die Kolumbianer betrachten den FARC-Kommandeur Manuel Marulanda als die wichtigste politische Kraft im Land - noch vor den USA. Präsident Pastrana ist hier mit 10 % deutlich abgeschlagen. Ecuadors Wirtschaftsminister Luís Yturralde ist nach einem Streit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Steuererhöhungen zurückgetreten. Yturralde hatte sich bis zuletzt gegen die Erhöhungen von Abgaben ausgesprochen, die im April mit dem IWF vereinbart worden waren. Der IWF macht die Auszahlung weiterer Kredite von den zugesagten Steuererhöhungen abhängig. In diesem Zusammenhang korrigieren wir uns: Die wichtigste ecuadorianische Erdölpipeline wurde nicht von der FARC gesprengt, sondern von einem Kommando der kleineren ELN.

 

Seit 1990 ist die Zahl der SPD-Mitglieder um 184.000 auf 736.000 zurückgegangen. Nur 11 % der Genossen sind jünger als 35 Jahre, der Anteil der unter 25-Jährigen liegt bei verschwindenden 2,8 %. Bei einem gleichbleibenden Trend wird sich die Zahl der Juso-Mitglieder infolge ihrer Überalterung bis 2005 auf 40.000 halbieren. Um die politische Attraktivität der Sozialdemokratie zu erhöhen, sollen bei der nächsten Bundestagswahl 10 Parteilose und 30 Personen unter 40 Jahren auf der SPD-Liste kandidieren. Schlimmer ist die Lage in Frankreich, wo die Sozialisten binnen 10 Jahren die Hälfte ihrer Mitglieder verloren.

 

Wie bekannt wurde, hat die weißrussische Spionageabwehr bereits im September einen bundesdeutschen Staatsangehörigen festgenommen. Der offensichtlich für den BND tätige Agent soll weißrussische Staatsbürger zu "subversiven Tätigkeiten" angeworben haben. Die Aktivitäten des BND sind Bestandteil einer gemeinsamen Operation von mehreren NATO-Nachrichtendiensten, um oppositionelle Strukturen gegen den autoritär regierenden Staatspräsidenten Lukaschenko zu stärken. Im Libanon vermittelte BND-Chef Hanning persönlich zwischen Israel und der Hizbollah, um einen Gefangenenaustausch herbeizuführen.

 

In erster Lesung stimmte die israelische Knesset einem Gesetz zu, daß auch Nicht-Abgeordneten die Kandidatur für das Amt des Regierungschefs ermöglicht. Sollten auch die beiden anderen Lesungen erfolgreich verlaufen, so steht der Kandidatur des über Unpopularität und Korruption gestürzten ehemaligen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei den Neuwahlen nichts mehr im Wege. Netanjahu hat allerdings bekanntgegeben, er werde nur bei gleichzeitigen Parlamentsneuwahlen gegen Barak antreten. Die faschistische Schas-Partei verhinderte die hierfür erforderliche Selbstauflösung der Knesset jedoch, da sie mit deutlichen Stimmenverlusten rechnen muß. Nach dem Ausfall des Hardliners Netanjahu war neben dem Likud-Führer Sharon und Ministerpräsident Ehud Barak für die Arbeitspartei noch Friedensnobelpreisträger Shimon Peres als "Friedenskandidat" im Gespräch. Dessen Kandidatur scheiterte jedoch an der Ablehnung der Meretz-Partei - ein Kandidat benötigt die Unterstützung von 10 Knesset-Abgeordneten. Oppositionsführer Sharon hat angesichts neuerlicher Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern angekündigt, eine von ihm geführte neue Regierung werde alle von Premier Barak ausgehandelten Abkommen nicht anerkennen. Die Opferzahlen betragen mittlerweile mindestens 318 Gefallene auf der palästinensischen und 41 auf der israelischen Seite, hinzu kommen 17.000 Verletzte. Michel Sabbah, der Lateinische Patriarch Jerusalems, forderte Israel zu voller Gerechtigkeit gegenüber dem palästinensischen Volk auf und sprach den palästinensischen Demonstranten seine Bewunderung aus. Im Palästinensischen Legislativrat PLC in Ramallah braut sich derweil Ungemach für Arafat zusammen. Vor einem Untersuchungsausschuß übten Medienvertreter heftige Kritik an der autoritären Innenpolitik der Autonomiebehörde. Noch immer hat Palästinenserpräsident Arafat die Verfassung nicht unterschrieben, und bei Vergabe und Entzug von Medienlizenzen herrscht völlige Willkür. Ein weiteres Übel ist ebenfalls die polizeistaatliche Behandlung von oppositionellen Gruppierungen wie der Hamas-Bewegung. Durch die schweren Unruhen und die israelischen Sanktionen ist die Arbeitslosigkeit auf 50 % und die Industrieproduktion auf 25 % gefallen.

 

Der Bundesgerichtshof hat die Kompetenzen von Länder- und Bundesjustiz abgegrenzt. Die Generalbundesanwaltschaft kann fortan die Ermittlungen an sich ziehen, wenn eine schwere Gewalttat das verfassungsrechtliche Toleranzgebot gegen Minderheiten verletzt, das internationale Erscheinungsbild der BRD beeinträchtigt oder Signalwirkung für Nachahmungstäter haben könnte. Bisher konnte Karlsruhe nur bei Spionage, Terrorismus und Gefährdung der inneren Sicherheit eingreifen, nunmehr auch bei Taten "die das innere Gefüge des Gesamtstaates oder Verfassungsgrundsätze beeinträchtigen". Die Entschlossenheit des Staates zur Bekämpfung rechtsextremer Straftaten solle unabhängig von der Zuständigkeit durch hohe Haftstrafen deutlich werden. Die Kompetenzabgrenzung wurde im Rahmen der Ablehnung der Revisionsanträge gegen die Urteile im Eggesin-Prozeß verkündet.

 

Nach dem Haager Klimagipfel endete auch die UNCCD-Konferenz der UN-Wüstenkonvention in Bonn in Zwietracht. Die Entwicklungsländer zeigten sich enttäuscht vom mangelnden Engagement der Industriestaaten gegen die fortschreitende Desertifikation. Hama Arba Diallo als Direktor des UN-Wüstensekretariats verwies auf die mangelnde finanzielle Unterstützung durch die reichen Länder. Die Vertreter der Industriestaaten lehnten die Bildung eines internationalen Finanzfonds ab, die auch von UN-Generalsekretär Annan gefordert wird, und pochten auf die Selbstverpflichtung der Entwicklungsländer im Rahmen bilateraler Abkommen. Die Einrichtung einer Überwachungsbehörde trifft ebenfalls auf die Ablehnung der Industrienationen. Immerhin signalisierte der Norden Bereitschaft, die Umsetzung der Wüstenkonvention UNCCD durch Mittel aus dem Globalen Umweltfonds zu unterstützen. Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sprach jedoch von eine voranschreitenden Umsetzung der UN-Konvention gegen die Wüstenbildung, die bereits das Leben von 1,2 Milliarden Menschen bedroht. Alleine China verliert jährlich 2550 Quadratkilometer Land durch Desertifikation, aber katastrophal ist die Lage in den Staaten der afrikanischen Sahelzone. Rund 40 % der afrikanischen Bevölkerung lebt in Gebieten mit sich ausdehnender Wüstenbildung, und 40 % der Erdoberfläche sind bereits gefährdet. Alleine in den nächsten Jahren werden 100 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen, weil die Bodenerträge zurückgehen. Da wir beim Thema sind: Die Clinton-Administration in Washington ließ als eine letzte umweltpolitische Großtat die in Oslo angesetzte Folgekonferenz des Haager Klimagipfels platzen.

 

Die italienische Öffentlichkeit zeigt sich beunruhigt über mysteriöse Todesfälle unter ehemals im Kosovo eingesetzten Soldaten. Das Verteidigungsministerium räumte 3 Todesfälle ein, die im Zusammenhang mit dem Einsatz hochgiftiger Uranmantelgeschosse durch die NATO stehen könnten. Nach Angaben eines privaten Vereins hat es bereits 7 Tote gegeben, weitere 12 Soldaten sind an Strahlenschäden erkrankt. Während des Kosovo-Krieges wurden rund 31.500 Uranmantelgeschosse abgefeuert, was eine Gesamtmenge von 9 Tonnen strahlenden Materials ergibt. Fast die Hälfte der Projektile liegt in der italienischen Besatzungszone im Kosovo. Bereits 1999 sagte der walisische Biologe Roger Coghill voraus, an den Folgen der Verstrahlung könnten 10.000 Menschen sterben. Im Golfkrieg 1991 rechnete die britische Atombehörde mit sage und schreibe 500.000 Strahlentoten in Kuwait und dem Irak. Zur Vergiftung der Soldaten und der Bevölkerung durch das Einatmen radioaktiven Staubs kommt die Verseuchung des Grund- und Trinkwassers.

 

Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung stellte eine Studie über die "gesellschaftliche Akzeptanz von Rechtsextremismus und Gewalt" vor.  Demnach sind autoritäre Einstellungen und Xenophobie auch bei Angehörigen der bürgerlichen Mittelklassen zu finden, ironischerweise geschürt durch die hysterische Sommerlochkampagne über die "Gewalt von rechts". Im Osten sind 26 %, im Westen 21 % der Befragten der Ansicht, Recht und Ordnung seien in der BRD in Gefahr. 20 % der Befragten forderten eine "starke Hand für Deutschland", weitere 44 % tendierten zu derartigen Ansichten. Mehr als die Hälfte waren der Ansicht, "nur einer, der durchgreift und eine starke Partei im Rücken hat, kann es schaffen, die gegenwärtigen Probleme in den Griff zu kriegen". Anhänger der Volksparteien SPD und CDU weisen mit gleicher Häufigkeit autoritäre Einstellungen auf, bei der Klientelpartei Grüne tauchen solche Denkmuster weitaus weniger auf. Der Anteil von Ausländern an der Gesamtbevölkerung wird von 10 % der Befragten mit 31-45 % dramatisch überschätzt. Weitere 15 % nehmen 21-30 % an, 36 % rechnen mit 11-20 %. Die offizielle Quote liegt jedoch bei 9 %. Die Überschätzungen dürften mit der Konzentration der Einwanderer auf städtische Ballungsräume zusammenhängen. Mehr als ein Drittel der Befragten betrachtet Ausländer als Konkurrenten um Arbeitsplatz und Wohnraum, 12 % zeigen Verständnis für gewalttätige Aktionen. Weitere 15 % können als als heimliche Sympathisanten rechter Straßengewalt betrachtet werden. Beinahe die Hälfte der Bevölkerung ist der Ansicht, Ausländer würden durch ihr Verhalten Ausländerfeindlichkeit provozieren. Als Hochburgen der Zustimmung können die neuen Länder und das sich gerne als weltoffen-multikulturell beweihräuchernde Ruhrgebiet angesehen werden. Ein Drittel lehnt Heiraten deutscher Frauen mit Ausländern ab. Gegen den Import fügsamer weiblicher Elendsflüchtlinge durch deutsche Männer hat man(n) offensichtlich nichts einzuwenden. Die Ergebnisse ähneln insgesamt der höchst umstrittenen Sinus-Studie von 1981 über rechtsextreme politische Grundeinstellungen in der Bevölkerung. Autoritäre Einstellungen sind, wie die ZEIT treffend bemerkt, "ein Problem der bürgerlichen Mitte geblieben, die sich bereitwillig zur staatlichen Protestkundgebung gegen den Rechtsextremismus versammelt, die NPD verbieten möchte, mit dem Finger auf ein paar Außenseiter am Rande zeigt und guten Gewissens unverändert die Reflexion über ihre eigenen Widersprüche, Ängste und Ressentiments abwehrt".

 

 

Zur Startseite!